Irgendwie war es früher doch passender, als in regelmäßigen Abständen fabuliert wurde, die Gothic-Szene sei tot. Ihr wisst schon, wegen „tot“. Jetzt wird die Szene in immer kürzeren Abständen wiedergeboren, steht auf oder erlebt ein Revival – wenn man den Artikeln in der Presse Glauben schenkt. Sei es, weil immer mehr ähnlich ästhetischen Inhalten in Film und Fernsehen eben das suggerieren, oder weil „die Zeiten wieder so sind„. Menschen auf diesem Planeten befinden sich wieder im Selbstzerstörungsmodus – das ist eigentlich keine Neuigkeit. Doch offenbar zieht es den sogenannten Mainstream ausgerechnet jetzt in die schwarze Szene, weil … ja, warum eigentlich? Bestimmt, weil Unheilig wieder auftreten werden.
Schmerz, schwarz und schwärzer
„„Goth hat das Undenkbare getan. Nach Jahren des Herumlungerns in der kulturellen Wildnis, ist Goth, dank der zunehmend düsteren Zeiten, in denen wir uns derzeit befinden, gepaart mit einem noch nie dagewesenen Livestream-Zugang zu Kultur, wie sie sich abspielt, endlich in den Mainstream gestürzt.““ Die TAZ hat sich ebenfalls an das Phänomen „Gothic-Revival“ angenommen und einen mehr oder weniger informativen Artikel dazu veröffentlicht, der gut geschrieben ist, eine eigene Sichtweise oder Einordnung vermissen lässt. Es hätte mich doch sehr interessiert, ob die Autorin Beate Scheder die aktuelle Szene selbst für ein Revival oder eine Auferstehung hält.
Neil Gaiman nach Missbrauchsvorwürfen gecancelt
Im Juli 2024 wurden erstmals Vorwürfe gegen den britischen Fantasy-Autor laut. Die Podcast-Serie von „Tortoise Media“ enthüllte, dass fünf Frauen Gaiman des sexuellen Missbrauchs beschuldigten. Er bestritt dies vehement und erklärte in einem Blogeintrag namens „Breaking The Silence“, er sei stets nur an einvernehmlichen Begegnungen beteiligt gewesen. Gaiman betonte, er habe seine damaligen Nachrichten mit den Frauen erneut gelesen und sehe darin weiterhin einvernehmliche Beziehungen. Am 13. Januar 2025 veröffentlichte „The New York Magazine“ gemeinsam mit „Vulture“ neue Anschuldigungen: Acht Frauen werfen ihm sexuellen Übergriff und Missbrauch vor, einige davon waren bereits an den Vorwürfen von 2024 beteiligt. Jetzt wurde er von seinem Verlag und von Netflix gecancelt. Ob seine Stellungnahme daran noch etwas ändert?
Andrea Völkner: Die Gothic-Pfarrerin
„Gothic-Pfarrerin Andrea Völkner trägt Schwarz nicht nur auf der Kanzel. Die promovierte Theologin hat eine Vorliebe für die „schwarze Szene“. Mit Orgelmusik kann man sie jagen, Gothic-Rock, Dark-Wave und Post-Punk sind eher ihr Ding. Seit Andrea Mitte 20 ist, trägt sie schwarz: schwarze Haare, schwarze Kleider, gerne extravagante Kostüme. Sie liebt die Nacht; tagsüber arbeitet sie als Pfarrerin bei der Berliner Stadtmission, wo sie Familien von Jesus erzählt. Wie beides zusammenpasst, was sie an der „schwarzen Szene“ fasziniert, um was es in ihrem ersten Fantasy-Roman geht und wie ihr Gott auf dem Weg in den Abgrund begegnet ist, davon erzählt sie im Podcast mit Steffen Kern.„, den ihr Euch bei Hit Radio Antenne 1 anhören könnt.
Hier stehen die wohl komplexesten Musikinstrumente der Welt
„Im Keller des Berliner Musikgeschäfts „Schneidersladen“ steht Jessica Kert vor einem Kasten, der an ein Raumschiff erinnert. Mit bunten Kabeln verbindet sie Anschlüsse, drückt Knöpfe, und aus einem zuvor dröhnenden Brummen wird ein sphärischer Sound – typisch für einen modularen Synthesizer. Zufrieden blickt sie auf: „Das macht einfach unglaublich Spaß.“ Dutzende von Modulen reihen sich im Keller des Neuköllner Musikgeschäfts aneinander, flankiert von Bergen an bunten Kabeln. Wer möchte, kann hier das – manchmal als komplexestes Musikinstrument der Welt bezeichnete – Gerät ausprobieren. Unterstützung gibt es von Kert, die hier arbeitet und selbst eine leidenschaftliche Modular-Künstlerin ist.“ (Danke, Caro!) – Quelle: Tagesschau
Unheilig sind wieder zurück auf der Bühne
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Steht in diesem dicken Buch irgendwo als Gebot. Die Schlager-Gothics von Unheilig, die 2015 mit einer Abschiedstournee in der Versenkung verschwunden sind, kehren offenbar Ende 2025 wieder auf die Bühne zurück. Trotz der damaligen Versicherung, jetzt wirklich aufzuhören zu wollen, meldet er sich nun zurück. Hat er also gelogen, der Schelm. Jetzt ist er also ganz offiziell „Unheilig“, wenn man so möchte. Natürlich macht er gleich volles Programm und die Fans scheinen auch nicht sauer zu sein, denn die ersten Konzerte der „Wieder zurück“ Tour sind bereits ausverkauft. Bleibt nur zu hoffen, dass sich seine Ankündigung ebenso als Lüge herausstellt. „Ich möchte Euch gerne sagen, dass wir mit UNHEILIG in diesem Jahr unser Comeback feiern werden. Wir sind wieder zurück und wir werden jetzt auch bleiben.“ Für knappe 140€ kann man dem Grafen dann am Konzerttag auch kurz die Hand schütteln.
„Geschichten aus der Gruft“, die komplette Zeichentrick-Serie als DVD Komplettbox
Die Geschichten aus der Gruft – oder im englischen Tales from the Crypt – ist eine ganze Tradition von gruseligen Kurzfilmen, die Ende der 80er auf dem Bildschirm erschien. Die bewegten Ableger der 50er-Jahre Comicreihe wurden für „Hartgesottene“ als echter Film und für Weicheier, wie mich, als Animationsserie umgesetzt. Irgendwann Anfang der 90er erschien das ganze auf RTL und ist jetzt – für Nostalgiker – als DVD-Box erhältlich. Hier und bei Amazon könnt ihr Euch das möglicherweise in den Warenkorb legen.
My Summer As A Goth (2018)
Über dieses „Meisterwerk“ möchte ich schon länger berichten und suche von Zeit zu Zeit nach Motivation, mir den Film in ganzer Länge anzuschauen. Ich halte es aber nicht durch. Ich finde den so sterbenslangweilig, dass ich immer wieder abschalten. Daher kann ich auch keine fundierte Meinung dazu äußern. Schmerzfreie Leser sind eingeladen, sich dieser Herausforderung zu stellen.
Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.
Zitat TAZ-Artikel: Gothic sei allgegenwärtig, man könne nach Belieben in die Kultur eintauchen und sie wieder verlassen.
Ne sorry, bekomme ich nicht hin :-).
Naja, die Autorin relativiert ja auch gleich. Aber sie hat trotzdem in gewisser Weise recht. Ich erlebe es bei Veranstaltungen immer wieder, dass Normalos solche besuchen. Manche gehen wieder, andere kommen davon nicht mehr los und werden zum festen Teil der Szene. Das ist nun mal der oft betitelte schwammige Rand der Szene, aus dem sich die Szene nährt, aus dem die Szene Zulauf bekommt, ohne dem die Szene wirklich aussterben würde. Das gilt im Prinzip für alle Szenen, auch wenn ein Hard-Core-Goth das nicht gerne sieht, was man dann wohl als Gatkeeping versteht.
Puh, ich wäre schon mit dem Begriff Normals vorsichtig. Wie mache ich einen Normalo aus? Ich wüsste über die Jahre vielleicht eine Hand voll Situation mit störenden Menschen die offensichtlich auf der falschen Party waren. Ansonsten wäre ich eher vorsichtig. Gerade die 50+ 60 Leute takeln ja optisch oft sehr ab, sind aber immer wieder relevant vertreten und tanzen auch viel bzw gehen auf Konzerten gut ab. Gut, man muss schon ein Verständnis und eine Freude an subkulturellen Genres haben… Musik, Locations, Outfits, ansonsten halte ich das für schwierig. Genauso habe ich übrigens über die Jahre ein Problem mit der Abgrenzung der Subkulturen entwickelt. Wie will man die richtig abgrenzen? Das widerspricht total den subkulturellen Gedanken, und auch den Interessen vieler Menschen in den Kulturen. Wo meine Grenze wäre: Es ist und bleibt kein Pop, ist nicht chin chin schick in, und gehört auch nicht in den ZDF Fernsehgarten.
Die Tatsache, daß „Unheilig“ wieder zurück sind, finde ich ehrlich gesagt deutlich gruseliger als den neuen „Nosferatu“… 😁
Das ist der wahre Horror des Jahres.
Ich erlebe keine Verjüngung der Szene zwischen Bremen und Herford/Osnabrück. Eher das die Alten weiter abends wechgehen. Nachwuchs… najaaa. Was ich aber erlebe in Bezug auf das Lebensgefühl und unsere Zeit: 80er Partys. 70er/80er Partys scheinen gerade zu boooomen. Und was will man sagen: Packt mich mehr als vieles Neues Zeug. Da schafft es neben Oldschool EBM und Wave auch Punk und Ska mich abzuholen. Passt ja auch wieder in die Zeit: Nicht nur Umweltzerstörung, Waffenliebe und Kriegsgerassel, feuchte Atom Träume…. auch Salon und Straßen Nazitum scheinen ja wieder schwer in Mode national und international. Ich war immer sehr gut in Geschichte und fühle mich wie in einer verrückten Zeitmaschine. Very aggressive times isn it? Bevor ich also schwindelig in die Ecke k*tze lasse meinen Ärger darüber lieber im Punk, Ska, EBM etc raus. Für schwülztige Gruftgedichte bin ich leider zu alt, sorry. Ich bin ein alter grantiger Mann… für jammern im Stillen habe ich keine Zeit mehr. Bewegen! Die Subkulturen sind tot, es leben die Subkulturen. Auch wenn das Alter steigt und steigt.
Also ich erfreue mich der Tatsache, dass kleinere Indie Bands aus jüngeren Leuten den Postpunk entdecken. 2024 war ein gutes Jahr für die Musik und ich denke mal 2025 wird auch spannend. Meine Youtube Playlist freut sich auf jeden Fall.
Jetzt kommt es darauf an welchen Post-Punk Du meinst. ;-)
Was soll man als armer Graf denn machen, wenn das Geld alle ist? 🤣😂🤣