Der Jahreswechsel steht vor der Tür und die Zeit der Besinnlichkeit weicht der Zeit des individuellen Jahresgefühls. Wie ist es gewesen, das 2018? Die Wahrnehmung des Einzelnen hängt wohl an unzähligen Erinnerung und Emotionen, die manchmal von globalen Einflüssen, aber auch häufig genug von eigenen Befindlichkeiten geprägt und gefühlt werden. Benennen wir lieber, was ich 2018 am meisten vermisst habe: Zeit. Die grauen Männer waren gierig und haben sich – völlig subjektiv versteht sich – all meiner Freizeit bemächtigt. Eigentlich waren es aber die Zeitfresser, die sich willentlich oder unwillentlich in das Leben geschlichen haben. Womit wir beim Thema wären. Zeitfresser sind nämlich nicht wirklich schlimm, im Gegenteil. Einen Tag mit seinen Lieblingsfilmen verbringen? Was anderen wie Luxus vorkommt und mir – geschnürt aus diesen Vorwürfen – wie Zeitverschwendung, ist doch im Grunde das, was ein tolles 2018 erst ermöglich hat. Machen wir uns nichts vor: Trotz aller Melancholie und Weltschmerz im Hinblick auf jüngste globale Entwicklungen, ging es uns doch prima. Die explodierende Nutzungsdauer der Mediatheken, von Netflix, YouTube oder Twitch sprechen da eine ganz deutliche Sprache. Vielleicht habt ihr ja noch ein bisschen Zeit, euch durch die Wochenschau zu klicken. Es lohnt sich.
Schläfst du eigentlich im Sarg? Vom aufregenden Leben als Grufti | Osnabrücker Zeitung
Autorin Melanie Heike Schmidt bezeichnet sich selbst als Grufti, obwohl sie – wie sie selbst sagt – Messdienerin war und auch keinen Sarg zu Hause stehen hat. Für einen Artikel der Osnabrücker Zeitung gibt sie ein wenig Einblick in „ihre“ Szene und Leben als Grufti, ihre Sichtweise und ihre Sorgen: „Allerdings ist die Subkultur in Gefahr. Sie wird unterwandert, fasert aus. Immer mehr Nicht-Szene-Leute entdecken die schwarzen Festivals für sich, wo es viel zu erleben und noch mehr zu gucken gibt. Die Schau-Werte auf den Szene-Treffs sind enorm, was Medien und Hobbyfotografen anzieht wie Motten das Licht. Hier tummeln sich auch Mode-Gruftis, die mit Musik nichts mehr am Hut haben, sowie Gothic-Blogger, die auf YouTube teils Hundertausende Abonnenten zählen und sich dort als Über-Gruftis inszenieren. Doch es gibt eine Gegenbewegung: Solche, die sich auflehnen, die kleinere Festivals, Konzerte, Partys oder Lesungen organisieren und so dem Gothic-Mainstream ein schwarzes Schnippchen schlagen. Es ist unklar, wohin diese Entwicklung führt.“
Searching for the True Meaning of Goth in 2018 | Noisey
Ziemlich klarer Blick auf das, was wir so als Szene auserkoren haben. Denn schon wieder wurden wir totgesagt oder als Modeerscheinung gebrandmarkt. Punk sei angeblich die letzte der „echten „Subkulturen. Der Autor und meine Wenigkeit sehen das anders: „I felt unexpectedly sad on the journey home, already mourning my return to the dullness of non-goths and their light-wash jeans. But overall, my perspective of goth after three days of full immersion confirmed what I knew deep down already: that Goth in 2018 is the same as it’s always been. It’s not really about how many skulls you wear on a daily basis – although obviously the more the better – but about celebrating creativity and self-expression in whatever form that takes. And because of this general openness and elasticity, goth essentially has the potential to be immortal.“
Gothic-PTA: Endlich Mama mit 40 | Apotheke Adhoc
Die deutschen Apotheken haben ihre Vorzeige-Gothic-PTA verloren. Doch nicht etwa an ein anderes Unternehmen, sondern eine andere Szene. Claudia Knaus, die Pharmazeutisch-technische Assistentin aus dem Baden-Württembergischen Angelbachtal, ist mit 40 Mutter und Reggae Girl geworden. Berichtete Spontis 2015 noch von der Gothic-PTA mit der schwarze Seele, so hat sie nun eben diese an die jüngst zum Weltkulturerbe erklärte Reggae-Musik verloren. „Doch wie so oft, ändert ein Kind so einiges. Das war auch bei Knaus so. Die PTA hat jetzt mit 40 Jahren ein Kind bekommen. „Ich falle immer noch auf, aber eher durch meine ruhige, freundliche und offene Art“, sagt sie. Zwar habe sie immer noch ihren eigenen Stil, doch der wird heute von den Menschen positiv bewertet. Wie ein Grufti sieht sie heute aber auch nicht mehr aus: „Mittlerweile bin ich ein Reggae-Girl. Das hat sich durch meinen Freund ergeben, der diese Musik Richtung hört.““ Durch ihr Kind, so Knaus, hat sich die Leere in ihrem Leben mit Inhalt gefüllt. Wir sind gespannt, mit welcher Verkleidung uns die Selbstinszenierung-PTA in einer der nächsten Wochenschauen beglückt. (Danke an Mone vom Rabenhorst)
Vampir-Bestattung gegen Malaria | Schemenkabinett
In der italienische Region Umbrien entdeckten Archäologen ein Kinderskelett mit einem Stein im Mund auf einem Friedhof, auf dem vor Hunderten Jahren Malaria-Opfer begraben wurden. Das Schemenkabinett nimmt sich der Sache an und berichtet: „In dem nun entdeckten Grab stießen die Archäologen hingegen auf das Skelett eines rund zehn Jahre alten Kindes. Es ist somit das mit Abstand älteste Kind, das bislang auf dem Friedhof gefunden wurde. Doch das ist beileibe nicht das einzig Ungewöhnliche an dem Fund: In dem weit aufgesperrten Kiefer des Kinderskelettes befand sich nämlich ein großer Stein. Die Forscher vermuten, dass der Stein gezielt im Mund des verstorbenen Kindes platziert wurde, um es davon abzuhalten, von den Toten zurückzukehren.“
The Beauty Of Gemina im Interview: Michael Sele über die Dramaturgie der Stille | Gruftbote
Der Gruftbote hat sich in Berlin mit Michael Sele getroffen, um sich mit ihm über die Band, ihre Musik, die Schweiz und auch (Un)-Berechenbarkeit in ihrer Musik zu unterhalten. „Gruftbote: In einem Schweizer Blog haben wir über Eure neue Platte gelesen: ‚The Beauty of Gemina sind endlich wieder unberechenbar.‘ Michael: Ja, das habe ich auch gelesen. Das finde ich spannend. Es suggeriert natürlich, dass man vorher quasi berechenbar gewesen wäre. Diese Meinung teile ich aber nicht. Ich denke, wir haben unseren Fans immer wieder einiges zugemutet. Da kam zum Beispiel unser Song „Dark Rain“ mit den Country-Einflüssen und alle sagten: Das kannst Du nicht machen. Wir haben es dann damals beim Amphi Festival ausprobiert, weil wir uns gesagt haben, wo, wenn nicht hier? Und alle waren begeistert. Das neue Album hat auch wieder besondere Stücke, etwa „Suicide Day“, mit einer fast apokalyptischen Stimmung. Das Album wird insgesamt als ziemlich düster eingestuft.“
Norwegian Crash Course | Caroline Sometimes
Die quirlige Caroline ist nicht nur Grufti, sondern auch mit Herz und Seele Norwegerin und möchte uns im düsteren Alltag ihre Blogs einen kleinen Einblick in die norwegische Kultur und den dortigen Sprachgebrauch geben: „We celebrate on the 24th, and we eat “ribbe“ (pork ribs) and / or “pinnekjøtt“ (literally “stick meat“, salted and dried ribs of sheep). Other foods we eat is julepølse (sausages), medisterkaker (fatty meatballs), and, yes; lutefisk. Earlier in the day we often eat rice pudding, and it’s tradition to put an almond into it, and the person who gets it wins a prize (usually a marzipan pig). In the evening some people go around the tree and sing songs, and children might have “santa“ visit. We call santa claus “julenissen“, and we also have “nisser“, which I guess are mischievous elves? They sell tons of creepy little dolls here. Anyway, then we open presents. This is very much a family day, you usually don’t celebrate with friends.“ Neben Erklärungen zu Weihnachten gibt es auch eine ausführlicher Erklärung des norwegischen Wortschatzes abseits der gedruckten Übersetzungen.
Ad Vitam – Wenn Selbstmord zur Rebellion wird | ARTE
Im Augenblick ist diese In einer neuen 6-teiligen Science-Fiction-Serie des Senders ARTE ist die Menschheit unsterblich geworden. „Die Wahrheit ist doch, dass wir keine Kinder mehr brauchen.“ Ein Gruppe von Jugendlichen begeht kollektiven Selbstmord und ein Kommissar ermittelt in den Kreisen der Sterblichkeitsfanatiker. Verkehrte Welt? Ein spannende Kurz-Serie, die die Frage aufzuwerfen scheint, was das Leben wert ist, wenn wir alle unsterblich sind? Anmerkung: Zum Zeitpunkt des Sammelns von Links für diese Wochenschau war die Serie online verfügbar, im Moment ist sie aber auf alle Kanäle verschwunden. Ich hoffe es handelt sich um ein kurzfristiges Phänomen.
https://www.youtube.com/watch?v=D9bW49F0SZ4&list=PLDaIgKHTp4nA1vvHjx7Hi3WnO4xh_lEwF
An animated History of Siouxsie and the Banshees | Post-Punk
https://youtu.be/IuOu8rdCaww
Die Serie hab ich durch Zufall gefunden und alle 6 Teile hintereinander gesehen,hat mir sehr gefallen. Und der erste Beitrag ist super vor allem ich hab Probe gelegen Särge sind unbequem. Von mir aus kann die Szene öffentlich als Tot hingestellt werden,dann bleiben vielleicht die anders sein wollenden Wochenend Hipste Gothic Leute weg. Letztens waren meine Haare wieder völlig wild und da der Wind gegen mich war klebten sie mir alle im Gesicht. Nee Frau grinste und fand das es gut aussieht…hm is das jetzt gut oder schlecht? Meine Nichtfrisur soll ja eben keinem gefallen aber so ist es eben heute irgendwie finden alle alles gut,es nervt.
Danke für das Fundstück aus der Osnabrücker Zeitung. Heike Schmidt spricht mir ja in vielem aus der Seele – schöner Blick auf die Szene, nicht anbiedernd, ehrlich und ich musste schmunzeln bei „Und weil die Welt in meinen Augen nicht genug schwarze Spitzenkanten hat, nähe ich überall welche dran.“
@Verrückte Wölfin: Mit Frisuren – oder in Deinem Fall Nicht-Frisuren – lockst du heute keine Ablehnung mehr hinter der Maske des Stinos hervor :-) Da musst du deutlich stärkere Geschütze auffahren.
@Shan Dark: Den Beitrag von Heike finde ich auch sehr schön. Es ist eben doch etwas anderes, ob jemand über etwas oder von etwas schreibt. Ich teile auch ihre Ängste bezüglich der Ausfaserung doch meine Erfahrung sagt mir, dass sich immer unter den Oberfläche neue Ausläufer der Szene bilden, die wir so sehr schätzen :)