Spontis Wochenschau #21/2011

Da vermutete doch eine gute Freundin, Frisch & Schwarz, die neue Rubrik zum Thema „schwarze“ Musik, würde die Wochenschau ersetzen.  Macht sie natürlich nicht, der eigentliche Grund liegt darin, dass beides zu mischen den Rahmen einer einzelnen Wochenschau sprengen würde und sonst das eine oder das andere Gefahr laufen würde, unterzugehen. Die meisten großartigen Links, die hier zu finden sind, habe das nicht verdient. Denn sie entstammen großartigen Quellen und sind handverlesen. Was nicht gut genug erscheint, wird entsternt (Google Reader), entsorgt oder schonungslos gelöscht.

Was macht sie qualitativ hochwertig? Mein Gefühl dafür. Zum Fantasy-Filmfest möchte ich gerne hinfahren, Gedichte vorlesen wollte ich auch schon mal, Jugendsünden habe ich reichlich begangen und ich hätte gerne in die Gesichter beim Nazi-Waschtag geschaut. Die Unruhen in London bewegen mich, die verlassene Insel finde ich faszinierend, den Ursprung von Bandnamen oder die Bestattungsrituale in Indien hochinteressant. Und ja, ich habe auch alle Videos geguckt, gelacht, geschmunzelt, mich aufgeregt oder getobt, je nachdem. Und genau deshalb dauert es auch immer etwas länger mit den Links. Die Qualitätskontrollen durchlaufen die härtesten Kontrollen und leben alle von einer Tatsache: Genau so hätte ich das auch gerne machen oder bloggen wollen. Neid ist kein Gefühl des Missgunst, sondern meine höchste Form der Anerkennung.

  • Lexikon der Jugendsünden: Halbwüchsige in peinlichem Kosmopoliten-Outfit | SchulSPIEGEL
    Das Hard-Rock-Cafe-Shirt war ein Indikator dafür, wer es auf der Welt schon wohin geschafft hatte und dabei vor allem: Wer schon mal mit den Eltern in Amerika war, denn bereits eine Reise „in die Staaten“ unternommen zu haben galt als große Auszeichnung. Diejenigen, die nach den großen Ferien in einem Hard-Rock-Cafe-Shirt mit dem Hinweis „San Francisco“ in der Schule einliefen, wurden neidisch beäugt. Allerdings war es unsinnigerweise möglich, in jeder Stadt zumindest gefälschte T-Shirts mit jedem beliebigen Stadtaufdruck zu kaufen – und einigen war es nicht zu blöd, in München ein T-Shirt mit der Aufschrift „Tokio“ zu kaufen. Aufgrund dieser Verwässerung wurde es für die weitgereisten Kosmopoliten zunehmend schwer, anzugeben.“ Genau so war das. Dämlich, oder? Ich war so stolz auf mein „Hard-Rock-Café London“ Shirt.
  • Aussteigerinitiative EXIT verteilt trojanische T-Shirts an Nazis | KFMW
    Einem Aufruf, dem ich mich uneingeschränkt anschließen möchte: „…zum einen weil es eine großartige Aktion ist, über die sich spätestens heute einige der Nazi-Knüppel ärgern dürften, zum anderen weil Initiativen wie EXIT-Deutschland immer wieder Probleme damit haben, genügend Gelder für ihre wichtige Arbeit zusammen zu bekommen. Von Staatsseite wird derlei Arbeit ja, wie man weiß, als nicht so wichtig angesehen, dass man das generell und ohne weiteres finanziell unterstützen würde.“ Worum geht es? Auf dem Rechtsrockfestival „Rock für Deutschland“ verteilte die Initiative 250 Shirts, die nach dem Waschen ihre wahre Botschaft offenbarten. Aussteigen statt mitfahren.
  • „Nothing, but nothing, justifies what happend“ | Linksammlung
    Der Satz stammt nicht etwa von Cameron, der sich in ähnlicher Wortwahl mit den Londoner Unruhen auseinandersetzte, sondern von Margaret Thatcher, die vor ziemlich genau 30 Jahren so die Unruhen in Brixton kommentierte. Weitere interessante Links zu den geistigen Quellen der Unruhen hat der Spreeblick zusammengefasst. Robert Basic versucht sich in einer Verschiebung der Blickwinkel und beschreibt in seinem Artikel „Wut“ die verschiedenen Sichtweisen und würzt das ganze mit seiner ganz eigenen Sicht. „Wir züchten Menschen heran, die das Ich vor das Du stellen.“ Manchmal spreche auch Bilder eine deutliche Sprache. Und in 30 Jahren erinnern Lieder an die Nächte in London, während irgendwo wieder ein Feuer tobt.
  • Gunkanjima – Die Kriegsschiff-Insel | Rosa Chalybeia
    Sinnbilder der Ausbeutung von Natur und Mensch: „Von 1897 bis 1974 wurde auf dieser Insel unterseeischer Kohleabbau betrieben. Zu diesem Zweck lebten die Arbeiter mit ihren Familien direkt auf der Insel, dazu wurden neben dichtgedrängten Wohnhäusern auch zahlreiche andere Gebäude errichtet die unter Anderem eine Badeanstalt, eine Polizeistation, Tempel, Geschäfte, ein Kino, eine Turnhalle und sogar ein Bordell beherbergten. Auf engstem Raum wohnten hier bis zu 5.000 Menschen, was eine der höchsten Bevölkerungsdichten der Welt ergab.
  • Bandnamen und ihre Wurzeln: Sie nannten sich „Fäkalien“  | einestages
    Und ja, es gibt noch ganz andere Bandnamen. „Ein Bandname ist wie ein Versprechen. Eine Combo namens Cannibal Corpse wird keine gut gelaunte Popmusik machen. Wer sich The Bee Gees nennt, wird seine Konzertbesucher wohl eher dazu verleiten, sich in die Arme zu schließen, als die Metaller-Mähne zu schütteln, bis der Nacken schmerzt. Bandnamen beflügeln außerdem die Phantasie der Hörer. Sie erzeugen ein Bild im Kopf (so wie Alice In Chains, Backstreet Boys oder eben auch Cannibal Corpse), vermitteln ein Gefühl (De La Soul, The Velvet Underground oder Echt) oder deuten eine Haltung an (Public Enemy, Rage Against The Machine, The Exploited). „
  • The Rendevouz – WTF auf Teufel komm raus | Spiegeloffline
    Stichwort Fäkalien. Der oben stehende Link darf nicht losgelöst vom künstlerischen Anspruch betrachtet werden. Wo Kunst Kitsch ist und wo Kunst bewegt, liegt im Auge des Betrachters. Unter dem Link der Design-Generation befinden sich einige verstörende Videos, die absurd und grotesk, widerlich und abstoßend sind und man sich nach dem wegsehen fragt, ob sich einfach alles Kunst nennen darf. „Immer wieder beschweren sich Leser über das all zu dick aufgetragene Intelektuellengehudel auf Spiegel Offline. Zu durchsichtig die Liebäugelei mit der Frankfurter Schule, zu plump die Anbiederei an das Bildungsbürgertum. Betrachtet folgenden Clip als subtile Akzentuierung des Markenkerns. Mit feiner Klinge, wie man so schön sagt.
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Karnstein
Karnstein(@karnstein)
Vor 13 Jahre

Rosas Artikel zu Gunkanjima habe ich bereits fasziniert gelesen… solche abgelegenen und menschenvergessenen Orte beflügeln irgendwie immer meine Fantasie…
Der Artikel über Bandnamen ist auch sehr interessant – so RICHTIG hinterfragt habe ich das eigentlich nie, aber es leuchtet bei den vorgebrachten Beispielen wirklich ein. Und ich weiß ja auch aus eigener Erfahrung, dass man mit der Wahl des Namens etwas über die Musik vermitteln will.

Vielen Dank für die Erwähnung meiner kleinen Lesung. Ich finde sie zwar im Nachhinein betrachtet etwas hektisch, aber das nehme ich dann einfach für’s nächste Projekt mit: Längere Pausen ^^

tobikult
tobikult(@tobikult)
Vor 13 Jahre

Das Design-Generation-Video ist der beste Bee Gees-Musik-Clip, den ich je gesehen habe! Und der Bestatterweblog wird auch noch genauer unter die Lupe genommen. Nach den Wasserleichenbildern gehe ich jetzt erst mal ein wenig an die frische Luft…

Schatten
Schatten (@guest_16108)
Vor 13 Jahre

So um mit Karnstein anzufangen, so freut es mich, das man endlich mal wieder, und zwar wortwörtlich, etwas von ihm hört :D
Bin ja ein großer Fan seiner sprachlichen Werke.

Das NPD-Video is sowas von doof, ich musste ernsthaft lauthals lachen als ich das gesehen hab.

Die Bestattungsweise am Ganges is wirklich etwas, das auf den Magen schlägt, sehr harter Tobak.

Besonders interessant auch die Bandnamen, bei mir is es lustigerweise umgekehrt, ich hab genug Ideen für Bandnamen. Der eine, den ich am meisten favorisiere, falls ich denn mal dazu komm Musik zu machen, wurde sogar durch einen Artikel in diesem Blog inspiriert :D

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