Ich bin Vegetarier. Angefangen habe ich damit, als ich meine Ehefrau kennenlernte, weil ich es unhöflich fand, neben ihr einen Burger zu verdrücken, während sie aus Überzeugung seit über 30 Jahren auf Fleisch verzichtet. Ich darf behaupten, wir sind keine militanten Fleischverweigerer, die andere krampfhaft davon überzeugen müssen, kein Fleisch zu essen. Für mich fühlt sich das sowieso falsch an, weil ich bis vor ein paar Jahren noch gerne Fleisch gegessen habe. Außerdem habe ich von meiner Frau gelernt, wie man still und leise – einfach nur durch das Vorleben einer anderen Ernährungsweise, Menschen überzeugen kann. Wir leben jedoch in Zeiten, in denen man glaubt, nur mit Provokationen und Kontroversen in die Köpfe der Leute vorzudringen. Mit dem einzigen Erfolg, dass sich jetzt manchen Menschen dazu berufen fühlen, ihren Fleischkonsum möglichst absurd in Szene zu setzen. So findet sich im Blog des Lieferdienstes Lieferando der Eintrag eines „glücklichen Fleischessers„, der es für „Veranlagung hält„, Fleisch zu essen und es anscheinend bis vor ein paar Tagen sogar als sein „Geburtsrecht“ proklamierte. Diese Formulierung wurde jedoch offenbar nach ein paar Tagen entfernt. UPDATE: Und weil der ganze Artikel nicht so ganz toll aufgenommen wurde, hat man ihn inzwischen ganz gelöscht. Doch kein so ganz glücklicher Fleischesser?
Wenn ich schätzen müsste, habe ich in den letzten Jahren rund 1.000 Pizzen verdrückt, die ich über Lieferando bestellt habe. Heute habe ich meinen Account gelöscht und werde trotz des Quasi-Monopols des Lieferdienst-Riesen mit rund 47 Milliarden Bestellung pro Jahr, eine Alternative finden. Man hält es offensichtlich für eine tolle Idee, einer möglichst breiten Käuferschicht zu gefallen, in dem man sich erst mit einem überzeugten Vegetarier ein Interview führt, um gleich danach den Fleischliebhabern eine Ode an das „saftige Fleisch“ zu präsentieren. Ich finde es einfach nur zynisch. Mache heute Abend selbst eine Pizza, die ich dann beim Lesen meiner eigenen Wochenschau genießen könnte. Und ihr so?
A Global Mess. Eine SubkulTOUR durch Südostasien | TAZ
Wer an Punk denkt, denkt in der Regel nicht an Südostasien. Warum man trotzdem einen Blick riskieren sollte, erklären möglicherweise Buch und/oder Film „A Global Mess“. „Trägt ein Punk Springerstiefel, Lederjacke und Iro? Oder Vans, Hoodie und Baseballkappe? Es gibt wohl keine Subkultur, in der nicht darüber gestritten wird, wer dazugehört. Dass diese feinen Unterschiede an der Oberfläche selbst im dezidiert konsumkritischen Punkrock ein Thema sind, ist schade, aber nichts Neues. Dass der „Nietenpunk vs. Skatepunk“-Streit nicht nur im sogenannten Westen, sondern selbst auf den Philippinen ausgetragen wird, dagegen schon. Von dieser und weiteren Kuriositäten erzählt der Reportageband „A Global Mess“. Mehrere Monate haben die Autorin Diana Ringelsiep und der Musikmanager Felix Bundschuh Südostasien bereist. Abseits ausgetretener Backpacker-Pfade haben die beiden Freunde nicht nur auf den Philippinen, sondern auch in Indonesien und Singapur, auf Malaysia und in Thailand eine Antwort auf die Frage gesucht, welches Lebensgefühl junge Menschen aus alternativen Szenen weltweit miteinander verbindet.“
New Model Army begeistert in kleinem Dorf Taarstedt | NDR
Die Band New Model Army ist nicht nur bekannt für ihre Musik, sondern auch für ihre treuen Fans, die den Briten seit den frühen 80ern treu ergeben sind. So kommt es, das sich vielen Menschen in einem Dorf in Schleswig Holstein treffen, um den Punk-Folk ihrer Lieblinge zu huldigen: „Dass ihm manche Fans um die halbe Welt hinterherreisen, ist ihm natürlich nicht entgangen. Er berichtet von einem weiblichen Fan der Band, die im gleichen Flugzeug nach Istanbul saß. Sie habe ihm erklärt, dass sie gern Istanbul sehen wolle. Und das könne sie entweder als Tourist machen – oder sie könne dorthin fliegen und ihre Lieblingsband sehen und Gleichgesinnte treffen. In das kleine Dorf Taarstedt hat die Band die Einladung des Festival-Veranstalters gebracht. Der Sänger erzählt: „Manchmal landen wir an so interessanten, wunderlichen Orten wie hier.“
Who Are The People That Walk Around Spitalfields In Ridiculously Colourful Clothes? | Londonist
In London gibt es eine brandneue Gegenbewegung zur Goth-Scene, den Colour Walk. Könnte aber auch eine Reinkarnation der New Romantics sein oder eine tiefe Sehnsucht nach Karneval? „I’ve often wondered if I’m the most colourful person in the city, but who are the other contenders and where could I track them down? Stationing myself on Brick Lane to spy on who purchases rainbow bagels proved unfruitful. Those who eat colourfully don’t necessarily dress it. But geographically, I wasn’t far off. East London is where a kaleidoscope of chromatic characters meet every month for the Old Spitalfields Market Colourwalk.“
Schon wieder ein Teil von Ian Curtis Grabstätte in Macclesfield entwendet | Cheshire Live
Schon wieder haben sich Diebe am Grab von Ian Curtis, dem Sänger von Joy Division, der 1980 Selbstmord beging, zu schaffen gemacht. Da der Grabstein mit der Inschrift nach einem Diebstahl im Jahr 2008 einbetoniert wurde, nahm man diesmal eine Abdeckplatte mit, die mit einem Loch für Blumenvasen versehen war. Schleierhaft bleibt allerdings, was man mit einer Platte mit einem Loch in der Mitte, die keinerlei Bezug zur Grabstätte hat, möchte. Das bleibt wohl das sahnige Geheimnis des Diebes.
Goth-Bergwerk-Party mit Live-Sprengung | FM1
Ja warum da noch keiner drauf gekommen ist! Gothics sind ja von Natur aus todessehnsüchtig und ständig auf der Suche nach kreativen Wegen, ihr Leben zu beenden. In der Schweiz kam man bei einer Bergwerk-Party auf eine tolle Idee: „Neben düsterer Musik und dazu passender Geisterbahn dürfte das Highlight vieler Besucher eine Sprengung sein, die in einem Nebenstollen durchgeführt und eigens für die Party organisiert wird. «Die Live-Sprengung wird von Profis durchgeführt und entspricht strengsten Sicherheitsvorschriften», sagt Niessner. So seien zur Sprengung nur 70 Zuschauer zugelassen und der Stollen, in dem sie stattfindet, wurde extra für die Explosion angelegt.“ Beim nächsten mal: Live-Sprengung von Gothics, die sterben wollen. In der Schweiz kein Problem.
Schreinerei aus Dortmund bietet Möbel der Serie „Memento Mori“ | Wooden Ace
Jens Schneider aus dem Ruhrgebiet schrieb mir, dass man jetzt Deko-Särge und Sarg-Regale in seiner Schreinerei kaufen könne, um sich seine gruftige Behausung noch schöner – und stilechter – einzurichten. „Für den düsteren Geschmack biete ich Deko-Särge, Sarg-Regale und Sarg-Schmuckkästchen in verschiedenen Größen an. Holzfarbe und Inlay (Samtausstattung, Pumalook etc.) können Sie auswählen. Ich lade Sie gerne zum Probeliegen in meine Werkstatt ein. Hier können wir uns in aller Gelassenheit über Ihre „letzte Ruhestätte“ unterhalten.“
Neue Singlebörse und Dating-Community für Gruftis | woven.black
Wie mir Martin, der Betreiber, schreibt, hat „Woven Black“ seit Juni 2019 seine Türen für einsame schwarze Herzen geöffnet und bietet neben ausführlichen Profilen, Nachrichtenfunktionen und Umkreissuche auch einen großen Bereich für Musik. Nutzer können ihre Lieblingsbands markieren, so das andere einsame Herzen sehen können, wer noch für diese Künstler schwärmt. Woven Black ist kostenlos und bereits gut besucht, macht auch von innen heraus einen guten und modernen Eindruck. Ob das – und die neuartigen Verknüpfung mit Szene-Bands – reicht, um den mittlerweile etwas nostalgisch anmutenden Platzhirsch „Schwarzes-Glück“ vom Thron zu stoßen, bleibt abzuwarten. Es ist ja auch nichts gegen eine gesunde Alternative einzuwenden.
Wie Edeka der Tochter des Teufels ein Lächeln abringt | Horizont
Werbung ist immer wieder ein Quell für ein völlig verstörtes Bild unserer Jugend und ihrer Subkulturen. Edeka macht wieder mal Werbung mit einer sogenannten Satansbraut: „Teenager sind kompliziert. Grenzwertig wird es vor allem dann, wenn eine Mutter beim Einkaufen ihre permanent schlechtgelaunten Gothic-Tochter im Schlepptau hat. Außer sie gehen zu Edeka. Denn im neuen TV-Spot des Handelsriesen findet selbst die schwarzgestylte Satansbraut etwas, das sie für einen kurzen Moment aus ihren düsteren Gedanken reißt. Denn der freundliche Edeka-Mitarbeiter an der Frischetheke lässt bei seiner Gebrauchsanweisung für Heidelbeer-Smoothies einen Schlüsselbegriff fallen, für den auch die genervte Tochter ihre Kopfhörer abnimmt.“
In Finnland gibt es eine Weltmeisterschaft im Heavy Metal-Stricken | Testspiel
„In Finnland gibt es eine Weltmeisterschaft im Heavy Metal-Stricken, genauer gesagt „Heavy Metal Knitting“. Ähnlich wie bei Luftgitarren-Wettbewerben beurteilt beim Heavy Metal-Stricken die Kandidaten hinsichtlich ihrer Einstellung, ihren darbieterischen Fähigkeiten, Interaktion mit dem Publikum sowie – natürlich – ihrem Strick-Können.“
Sowohl zu Liefer ran du!, wie auch zur Werbung der teutschen Kolonialwaren Händler Vereinigung, kann ich nur schreiben: Marketing soll verkaufen und Aufmerksamkeit erwirken, Hauptsache der Rubel rollt. Ein künstlerischer, oder paedagogischer Höhenflug ist da eben nicht zu erwarten, weil diese eben oft sch….ße ankommen bzw immer wieder gewollt im falschen Hals landen. Darauf erstmal einen richtig duhuuuunkl wahaaabernden Pudding. https://youtu.be/072LrlGvSq8 P.S. Wo wir beim Konsumismus sind: Juhu, im den Weichmacher ausdünstenden Plunderläden ist die Hallo Wien Saison eröffnet. *freu*
Wiener Blut Marketing kann aber auch völlig nach Hinten losgehen, wir das Beispiel von Lieferando eindeutig zeigt, die Aufmerksamkeit, die man erregt, schlägt dann eher in einen Verlust um. Ich habe weder künstlerische noch pädagogische Höhenflüge erwartet, aber zumindestens ein wenig Sachverstand. Du kannst als Unternehmen nicht mit Füßen treten, wenn sich immer mehr Kunden für eine fleischfreie Ernährung interessieren.
Auch wenn mein „Ausstieg“ nicht unbedingt die Umsatznadel nach unten drückt, so finde ich es doch wichtig, darauf zu reagieren. Und wer weiß? Vielleicht machen das immer mehr Menschen in Zukunft :)