Spontis Wochenschau #02/2013

Faszinierend. Im Schwimmbad sind wir alle gleich. Oder? Erkennt man eine subkulturelle Zugehörigkeit in Badeanzug oder Badehose? Gut, es gibt Tätowierungen, Piercings, Sidecuts und gefärbte Haare, aber das sind auch schon lange keine Alleinstellungsmerkmale mehr. Hausfrau Gabi trägt stolz ihre chinesischen Schriftzeichen auf dem Rücken spazieren, Petra, die sich als kaufmännische Angestellte ihre Brötchen verdient, zeigt Gabi stolz ihre ausrasierten und pink gefärbten Seiten. Zwei aus ihrem Büro hätten ihr jetzt nachgeeifert, erzählt sie stolz. Ihre Männer, Dirk und Michael, geben sich cool und tragen ihre monströsen Muskeln zur Schau, während sie in stylischen Badelatschen immer wieder vor den Sprudel-Liegen auf- und ablaufen. Dass diese Menschen, deren Namen ich geändert habe zusammen gehören, erschließt sich mir im Laufe meines eigenen Besuchs der Sprudel-Liegen. Denn hier dringen neben platzenden Luftblasen auch immer wieder Gesprächsfetzen an mein Ohr. Der Unterschied ist allerdings marginal.  Je weniger wir anziehen, desto gleicher werden wir, denke ich bei mir. Und dennoch erkennt man Unterschiede, der Körper spricht seine eigene Sprache. Es gibt Menschen, die strahlen ihre Andersartigkeit einfach aus. Andere Menschen strahlen überhaupt nicht, obwohl sie nicht zu übersehen sind. Ein Besuch im Schwimmbad kann da befreiend wirken, oder heilend. Je nach Sichtweise. Viel Spaß bei der Wochenschau.

  • Schwarz trifft weiß | Wochenspiegel Sachsen
    Als ich den Artikel über eine Ladeninhaberin aus Hohenstein-Ernstthal las, war mir schnell klar, dass ich das für die Wochenschau verwenden musste. Wenn eine gelernte Nährerin aus ihrem Beruf und ihrer Passion ein Leben macht, finde ich das äußert großartig. Gerne hätte ich die Adresse oder einen Link zum Laden herumgereicht, doch genau hier patzt der Artikel. Immerhin erfahren ich, dass Evelin Josts auch keine Sargmöbel zu Hause hat (schade eigentlich) und viele Kunden hat, die nicht erkannt werden wollen: „„Viele ziehen sich nur so an, wenn sie ausgehen. Ärzte, Rechtsanwälte, Krankenschwestern – viele wollen auch nicht fotografiert oder gefilmt werden, aus Angst, sich zu outen“, berichtet die Frau mit dem flott geschnittenen leuchtend roten Haarschopf aus Erfahrung.
  • Wer Heavy Metal hört, geht öfter klauen | Ärzte Zeitung
    Ja, genau. Ihr habt richtig gelesen. Diese Überschrift stammt zudem nicht aus einer Boulevard-Zeitung, sondern aus einem renommierten Ärzte-Blatt, dessen zugehöriger Artikel sich sogar noch auf eine aktuelle Studien stützt. „Straftaten wie Laden- und Bagatelldiebstahl sowie Vandalismus werden demnach häufiger von jenen Jugendlichen begangen, die zuvor unorthodoxen Musikrichtungen wie Heavy Metal, Gothic, Gangsta-Rap, Punk oder Hardhouse gefrönt haben. […] Jugendliche, die brav die Hitparade hörten oder sogar Jazz- und Klassikplatten ins CD-Laufwerk schoben, zeigten sich in der aktuellen niederländischen Studie übrigens ebenso brav in ihrem Verhalten. Hier bestanden sogar schwach negative Korrelationen mit strafbaren Handlungen.“ Hach, ich liebe Studien. Ohne sie hätte wir definitiv weniger zu lachen.
  • Typologie der Festivalgäste: Vandalen, Jünger und Choleriker | UNIspiegel
    Ganz langsam aber sicher machen sich die Ersten wieder Gedanken über die bevorstehenden Festivals. Ich mache mir Gedanken darüber, wie ich möglichst schöne Live-Musik mit möglichst wenigen Menschen erleben kann. Um zu vermeiden auf Festivals zu kommen, die ich nicht mag, empfehle ich diese Lektüre: „In seinem Buch „Überleben auf Festivals – Expeditionen ins Rockreich“ hat er für die Saison 2012 aufgeschrieben, was Novizen über die musikalische Großveranstaltung Festival wissen sollten. Denn Festivalbesucher sind, sobald sie das Auto abgestellt und die erste Palette Dosenbier ausgeladen haben, nicht mehr sie selbst. Sie mutieren zu ganz bestimmten Typen, denen man auf einem langen Musikwochenende irgendwo im nirgendwo immer wieder begegnet: Einer kümmert sich rührend um seine Mitzelter. Ein anderer sitzt wie eine Sphinx inmitten des Chaos und man weiß nicht, was er hier eigentlich will. Und der Fahrer des alten VW-Busses ist zwar bald Mitte-Dreißig, hat aber trotzdem seinen Punkrockgeschmack aus den Neunzigern beibehalten.
  • Diary of Dreams geheimes Nebenprojekt: comkill | Facebook
    Der Mensch braucht Mythen und Utopien. Auch im kleinen. So mag es Diary of Dreams Fans freuen, dass Adrian Hates und Gaun:A bereits seit 1996 an diesem geheimen Projekt arbeiten: „Seit 1996 bereits arbeitet man bei Diary of Dreams hinter den Kulissen an einem geheimen Nebenprojekt. Nie jedoch führte man dieses Projekt zur Vollendung. Nie, so schien es, war der richtige Zeitpunkt, und stets kreiste der gesamte Fokus um den Koloss Diary of Dreams. Doch das soll sich nun ändern, Adrian Hates und Gaun:A haben ihre Ketten gesprengt und die Grenzen ihrer musikalischen Arbeit um ein weiteres Schaffenswerk ausgedehnt: „.com/kill“ kommt – soviel ist sicher … und auch schon sehr bald. Sicherlich gibt es Momente, in denen das musikalische Erbe .com/kills kurz aufflammt, doch dominieren die Momente und Titel, die unterschiedlicher zum Mutterschiff nicht sein könnten. Wütend stampfend wie eine Horde wilder Notenstürme prasseln Phrasen, Fragmente und voodoo-ähnliche Rhythmen auf den staunenden Hörer ein. Ungewohnt hart und heftig geht es hier zu, was die Clubwelt sehr freuen wird.
  • Vom Rattenkönig und dem blutenden See | Der schwarze Planet
    „Links zum Abbiegen“ nennt Shan Dark ihre neue Rubrik gesammelter Fundstücke aus den Untiefen des Netzes. Der Januar 2013 befriedigt dann auch die Erwartungen mit unzähligen Links, die einfach jeden morbiden Geschmack bedienen. Mit von der Partie sind der unentwirrbare Rattenkönig, der blutende See, eine Nacht auf der Bahre, Ruhe in Frieden, Chaos, eine Kathedrale, Gräber und eine dämliche Sandspinne. Um mehr zu erfahren genügt ein Klick. „Dieses Internet ist manchmal zum Verzweifeln! Ich weiß ja nicht, wie es euch so geht, aber ich lese täglich viele interessante Artikel und Webseiten, kann sie aber nur selten festhalten. Geteilt, gepostet und empfohlen in diversen Netzwerken und schwupps – vergessen! Vergessen, wo der Artikel zu lesen war oder wie irgendetwas hieß oder wo sich manche Reiseziele befinden.
  • Gothic glam und der Fake-Sidecut | Express + YouTube
    Nein, nein und nochmals nein. Die sogenannten „Smokey Eyes“, die heute immer wieder gerne als „Gothic-Makeup“ gestempelt werden sind eine 100%-ige Erfindung der Fashion-Industrie. Ganz sicher haben auch verschiedene Visagisten ihre Hände im Spiel, denen simpler Kajal und reichlich Theater-Schminke zu plump gewesen ist. „„Lightly contour in the hollow of the cheeks using bronzer. Alternatively, using a neutral-tone blush on the cheek revives the gothic look from the classic 80s ghostly gothic style and adds sculpture to the face, lightly contouring to give softly sunken cheekbones and making the look more modern and wearable,“ explains Kirstin.“ Fashionblubb. Als wäre das nicht genug, tauchen jetzt immer mehr „Fake-Sidecut“ Videos bei Youtube auf, damit der Wochenendgruftie am Samstag Abend auch so richtig böse aussieht, ohne gleich zum Rasierer zu greifen.
    www.youtube.com/watch?v=XDwyD9lUJ78
  • Frankenweenie: Robuste kleine Seelen | Süddeutsche
    Danke Gothic! Wer immer schon auf der Suche nach dem gewesen ist, was Gothic für die Gesellschaft getan hat, wird hier fündig. „„Zu düster“: Vor 30 Jahren packte Disney einen Kurzfilm von Tim Burton über einen Jungen und seinen toten Hund in den Giftschrank. Heute hat sich der Gothic Style durchgesetzt – und Burton darf im Animationsfilm „Frankenweenie“ endlich Untote, Geister und Monster auf die Kinder loslassen.“ Der Rest ist Geschichte. Tim Burton verließ Disney und wurde im Zuge der aufstrebenden Gothic-Szene der 80er immer gefragter. Seine Werke gehören in jede persönliche Gothic-Bibel. Okay, vielleicht bin ich heute ein wenig überheblich.
    www.youtube.com/watch?v=W7ZUGU5x7Jw
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Axel
Axel (@guest_32183)
Vor 11 Jahre

Das sich Menschen nicht als Gothics oder Metaller outen wollen, hat Gründe:
http://web.archive.org/web/20121016011848/http://www.metal4.de/panorama/diskriminierung-von-metallern-keine-namen

Denn wenn sich das dann gerade in eher konservativ besetzten Berufen wie eben Rechtsanwalt, Arzt, etc. rumspricht, ist man seinen Job schneller los als man denkt. Und heutzutage geht das mit dem soziale Abstieg bekanntlich sehr fix. „Ein halbes Jahr maximal und Du bist raus“ sagte einmal eine Betroffene in dem Buch Katrin Hartmanns „Wir müssen leider draußen bleiben“. Ob man in solchen Berufen wie Rechtsanwalt oder Arzt so schnell ne neue Stelle bekommt ist fraglich. Immerhin ist man als Hörer anderer Musik nunmal anfällig für kriminelle Energien. Solche Berichte wie in der Ärzte Zeitung verschärfen diese Denke. Dumm wenn dann von einem praktizierenden Arzt ein Foto auf Facebook die Runde machen würde, wie er in ner Szene Disco in einschlägigen Klamotten unterwegs ist.
Da passen dann solche Erscheinungen wie Fake-Sidecuts auch sehr gut ins Bild.

Was lernen wir daraus? Unsere Gesellschaft gibt sich tolerant, ist es aber nicht. Die Medienwelt und die Lebenswirklichkeit sind meistens sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite scheint es kaum noch Tabus zu geben, aber dann gibt es doch dieses eine Tabu: sein Gesicht verlieren.

Verzwickt…

Dodo
Dodo (@guest_32184)
Vor 11 Jahre

Hallo zusammen,

über ein Schwimmbad habe ich noch nie nachgedacht, aber du hast so Recht.
Ich gehe meist von meinem Beruf aus. Bin in der Altenpflege tätig, laufe dort weiß/rot herum und auch sonst sind mir meine Denkweisen haartechnisch etc. nicht anzusehen.
Dementsprechend groß ist das Erstaunen, wenn mir wer vor/in der Umkleide oder im Alltag begegnet.

„Sojemand kann sich so gut um andere Menschen kümmern?“
„Aber wollt ihr nicht lieber Bestatter werden?“

Ich gestehe, ich bin sonst eher misanthropisch veranlagt, weil heute einfah keiner mehr auf den Anderen Rücksicht nimmt und auch sonst irre Verhaltensweisen an den Tag legt, aber ich mag diese Generation, die noch nie alten Werte vertritt. Auch wenn sie diese je nach Diagnose ablegen…

Musikklischees, yiiiiiiieha! Ich komm eher aus der metallischen Ecke, habe aber tatsächlich noh nie etwas geklaut.
Muss ich etwas ändern?

Auf Festivals bin ich eher der Typ…naja…der einfach Spaß hat. ;D
Ich liebe Festivals. Kleine wie auch die ganz großen.

Grüße.

shan_dark
shan_dark (@guest_32205)
Vor 11 Jahre

Nicht nur im Schwimmbad – in der Sauna sind wir erst recht alle gleich ;)

Musste mir natürlich unbedingt den Beitrag über die sehr-viel-jünger-aussehende-52jährige Inhaberin des Gothic-Shops in Hohenstein-Ernstthal (HOT) ansehen. Meine Eltern haben 15 Jahre in einem Nachbarsort von HOT gewohnt und an so einen Shop hätte ich mich erinnert. Aber hat ja erst Ende 2012 aufgemacht. Von daher ist ein erfolgreiches Überleben zu wünschen, denn es ist echt eine sehr kleine Stadt und Chemnitz ist nicht weit weg. Die Frage ist, wie gut/schlecht es dort mit „Szene-Läden“ aussieht.

So eine Gothic-Frauentausch-Geschichte gab es auch schon im deutschen TV vor Jahren. War meines Erinnerns noch skandalöser/krasser und hatte natürlich wieder Satanismus an Bord…

Und nachdem ich jetzt den Trailer für „Frankenwheenie“ geschaut habe, werde ich mir den wohl ansehen. Ich war erst skeptisch, aber wird wohl doch gut sein (in 3D gibts den auch).

PS: Lieben Dank fürs Erwähnen der „Links zum Abbiegen“.

Alsuna
Alsuna (@guest_32210)
Vor 11 Jahre

Frankenweenie ist ein absolut putziger,megasüßer Film..*G*.

Ian Luther
Ian Luther (@guest_32216)
Vor 11 Jahre

Na, da bin ich aber froh, dass ich weder Metal noch Gothic höre :D Nur Wave, ach wie schlimm :D

Irmin
Irmin (@guest_32218)
Vor 11 Jahre

Das mit der „Studie“ ist ja recht einfach zu erklären, da hat mal wieder wer Korrelation mit Kausalität verwechselt, um vermutlich ein in sein Weltbild passendes Ergebnis zu bekommen. Manchmal wünscht man den Autoren solcher „Studien“ als jemand, der Statistikvorlesungen in der Uni gehört hat und zu einem gewissen Maße darauf angewiesen ist, dass die Methoden auch ernst genommen werden, einen langsamen, qualvollen Tod. Wobei, eigentlich nicht nur manchmal.

Der Unispiegel-Artikel ist mit ein Grund dafür, warum ich mir bspw. einen WGT-Besuch deutlich angenehmer vorstelle als einen Wacken-Besuch, obwohl ich wohl rein von der Musik her bei beiden genügend für mich finden würde. Was mich daran erinnert, dass ich es vielleicht ja dieses Jahr endlich mal zu Pfingsten nach Leipzig schaffe… ;)

Und nachdem ich letztens durch zwei Tim-Burton-Themenabende auf arte wieder auf den „Geschmack“ gekommen bin (wobei, Sleepy Hollow ist echt schlechter als ich ihn in Erinnerung hatte..), reizt mich Frankenweenie schon ein wenig. Mal sehen, ob ich ihn mir noch im Kino ansehe.

@Ian: Das sind die Schlimmsten!

Irmin
Irmin (@guest_32219)
Vor 11 Jahre

Nachtrag (konnte man seine Beiträge hier nicht mal ne Viertelstunde lang editieren?):

Ich habe mir gerade dieses Machwerk der Ärztezeitung durchgelesen. Der Satz „Die Korrelationskoeffizienten erreichten dabei signifikante Werte bis 0,31.“ hat mich dann doch mehr erheitert als alles andere. 0,31 ist alles, aber sicher nicht „signifikant“. Ich muss mich ob der Verwechslung von Korrelation und Kausalität korrigieren, hier ist ja nicht mal die Korrelation gegeben.

Kathi
Kathi(@kathi)
Vor 11 Jahre

Die Shopbesitzerin scheint ja echt nett zu sein wenn man mal in der Ecke unterwegs ist wird dem aufjeden Fall ein Besuch abgestattet.

Oh wie böse ich hab noch nie was mitgehen lassen auch in meiner Metal- und Klischeegothicphase nicht. Dem Autor wird sogar von nem kollegen die Unsinnigkeit des ganzen bescheinigt. Wie kommt man auf sowas?

Na ja insgesamt wieder interessante Artikel.

Ursula
Ursula (@guest_32237)
Vor 11 Jahre

Hallo alle miteinander!
Sehr amüsanter Wochenrückblick, bei dem mir just diese Folge Frauentausch in den Sinn kam, jener Ausgeburt des Trash-TV, das auch immer wieder gerne sog „Gothicfans“ vorführt.
Schaut mal: Dieter und Stefan – Frauentausch Folge 238
Da wird der spießige Rentner zum coolen Gothopa umgebastelt, eieieiei!

Ian Luther
Ian Luther (@guest_32252)
Vor 11 Jahre

„Gothicfan“… klingt ja mal echt absurd :D Gibt’s auch Normalo-Fans? :D

Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 11 Jahre

Mag sein, dass jeder im Schwimmbad gleich ist. Aber nur rein anatomisch. Ansonsten findet man auch dort jene geistigen Klüfte, welche sämtliche anderen Lebenssituationen durchziehen. Der eine prahlt mit seiner Existenz, der andere fühlt sich im Körper so unwohl wie irgendmöglich. Der eine ist aus Gewohnheit dort, der andere aus Zwang. Den einen ist es egal, die nächsten fühlen jeden Blick wie eine Spießroute. Ich glaube, man ist in solchen Einrichtungen nicht gleich, denn ebenso so blank und schonungslos wie dort der Körper gezeigt wird, offenbart sich auch zwangsläufig die eigene Mentalität.

[…]Straftaten wie Laden- und Bagatelldiebstahl sowie Vandalismus werden demnach häufiger von jenen Jugendlichen begangen, die zuvor unorthodoxen Musikrichtungen wie Heavy Metal, Gothic, Gangsta-Rap, Punk oder Hardhouse gefrönt haben.[…]

Im Grunde klingt das schon relativ plausibel. Wobei ich das »relativ« betont haben möchte. Denn manche Musiksparten verkörpern eine nicht zu unterschätzende Aggressivität. Die Melodieführung, Texte, die Art der Vertonung, vieles entwickelt eine brachiale Stimmung. Fast schon martialisch. Und derartiges schürt beim Hörer natürlich eine Gemütsbewegung, welche die Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft senken könnte. Und wenn dies nur unterschwellig geschied.
Musik ist Emotion und zwar mehr als alles andere, welches wir wahrnehmen. Mehr als das Bild, mehr als das Wort und mehr als dessen Kombination.
Allerdings ist die Formulierung der Erkenntnis ebenso plump geschehen wie die polemische Aussage, dass Ego-Shooter als Killerspiele die Mordlust anheizen. Mensch, die bei Bagatelldelikten weniger in Verlegenheit kommen, neigen stärker zum Konsum solcher Musik. Das klänge schon ein wenig anders, trifft meiner Meinung nach aber besser den Kern der Sache. Allerdings würde das für die Aussagekraft einer Studie zu sehr relativieren und das möchte man ja möglichst vermeiden.

Zumal ich Studien mit einer Delinquentenausbeute im niedrigen dreistelligen Bereich nie wirklich ernst nehmen kann. Ca. 11 Millionen Jugendliche gibt es in Deutschland in dem Alter, aus denen 300 für diese These herangezogen worden waren. Warum kann man für eine repräsentative Studie nicht ein paar mehr einfangen als 0,0003 Prozent. Eine Zahl, lieber weiterhin den Bereich der Mutmaßung stützen sollte.

Was ich von dem Fake-Sidcut halten soll? Unter dieser Bezeichnung rein gar nichts. Da fällt dieser für mich in dieselbe Sympathie wie Klebetattoos, Magnetpiercings oder diese damaligen Cyberdreads, bevor man zu den noch albernen Plastikgestecken griff. Warum sollte man etwas vorheucheln, was man nicht hat. Weil man sich entweder nicht dazu traut, nicht wirklich dazu steht oder dieses nicht darf. Letzteres ist natürlich bedauerlich und deshalb habe ich eigentlich nichts gegen die Frisur ansich. Ich finde den Namen nur unpassend. Da dieser auf das Unvermögen der freien Entfaltung hinweist und das sollte man nicht propagieren.

Was die Toleranz der Gesellschaft angeht. So halte ich Toleranz weiterhin für nicht ungefährliche Utopie. Da diese nicht differenziert werden kann. Es gibt keine geteilte oder relativierte Toleranz. Vielleicht im Schöngeist aber nicht in der Logik des Begriffes. Entweder man übt sich in der Toleranz und unterbindet damit sein Recht auf Protest, Inakzeptanz und Empörung oder man gesteht sich die Intoleranz als Mittel zur Meinungsäußerung ein. Und Intoleranz hat nichts mit Bösartigkeit zu tun, sondern mit Selbstschutz und natürlicher Skepsis. Beides Wesenzüge, die nicht von ungefähr in unserem Bewusstsein verankert sind.
Daher plädiere ich auch auf Intoleranz innerhalb der Gesellschaft, da diese sonst in Duldungsstarre zu verfallen droht. Bösartige Intoleranz, welche natürlich kritisiert werden darf, hat allerdings zumeist noch etwas mit Dummheit zu tun. Und was kann die Intoleranz für ihre minderwertigen Trittbrettfahrer oder Mitesser.

Zudem machte ich die Erfahrung, dass gerade in den akademischen Berufen verstärkt die Kompetenz das Maß der Dinge ist. Das Aussehen wird zumeist toleriert wenn der Kopf dahinter den geforderten Fähigkeiten entspricht. Natürlich wird es selten zugepiercte Anwälte geben oder Ärzte. Aber das eine wird wahrscheinlich mit der jeweiligen Mentalität zusammenhängen und das andere mit den Hygienebestimmungen.
Zudem hat das Einhalten einer gewissen Norm nichts mit Intoleranz zu tun. Eher mit dem respektieren von Übereinkünften, die innerhalb einer Gesellschaft getroffen worden sind. Und wer nicht mit unangebrachter Radikalität dagegen stürmt, der kann sich auch im guten Kompromiss selbst treu bleiben.

Ich jedenfalls machte noch keine negativen Erfahrungen. Sei es als Arbeitnehmer im staatlichen Sektor noch in meinen »akademischen« Untrieben. Auch wenn ich mich natürlich in Berufskleidung hülle, so ist aber dennoch der Einschlag weiterhin deutlich zu erkennen. Zumal mich meine Schulleiterin und diverse Schüler schon in Zivil erblickten.
Die einzigen blöden Sprüche bekam ich im Treppenhaus, und das auch nur von anderweitigen Kursteilnehmern, die mit im Haus gastieren und mich daher zum einen nicht kennen -wohl eher für einen der ihrigen oder Berufsschüler hielten- und zum anderen, um jetzt einmal in billigen Stammtierjargon zu verfallen, merklich nicht der studierenden Zunft angehörten.

Die einzige Erfahrung, die ich machte, war, dass der Ruf nach Toleranz oft von denen getätigt wurde, die selbst nicht wirklich damit hausierten. Denn wenn ich ein gewisses Maß an Toleranz besitze, dann zeige ich Verständnis für die Änderungswünsche der anderen. So wäre es für mich in Ordnung, die Haare wieder in eine gewisse Länge zu bringen und mich von den Piercings zu befreien. Eine Pflicht zur Komplettrasur würde ich hingegen mit Intoleranz aka Mißachtung abstrafen. Was ich auch dürfte. Was mir hingegen nicht zusteht ist, dann meinen Arbeitgeber der Intoleranz zu bezichtigen und dieses anzuprangern, wenn ich damit zeitgleich keine Toleranz hinsichtlich dessen Anliegen aufbringe.

Mr. Niles
Mr. Niles (@guest_32315)
Vor 11 Jahre

Dass Leute, die Straftaten begehen, diese Art von Musik hören, impliziert also, dass alle, die diese Musik hören, Straftäter sind? Soosoo!

Schön´Ahmt!

Jörg

„Jedes Frettchen ist ein potentieller Marder“

Guldhan
Guldhan(@guldhan)
Vor 11 Jahre

Grundsätzlich könnte man alle Genussmittel zu Luxusartikel werden lassen. Nicht unbedingt verbieten, denn wie sinnvoll das ist lehrte uns ja das Amiland der frühen 30er Jahre. Aber wie du schon sagst: Alkohol. Wobei guter Alkohol auch jetzt schon seinen stolzen Preis hat. Tabakwaren, Süßwaren, Fleischwaren. Alles was man nicht zum Überleben braucht. Schätze, dann hätte man auch ein paar Sorgen weniger. Zumindest was den Körperfettanteil und diverse Krankheitsbilder angeht.

Brachiale Musik züchtet keine Täter, aber ich denke, dass sich Täter von dem Gewaltpotenzial der Musik hingezogen fühlen können. Natürlich könnte der unentdeckte Schlächter auch Mozart hören oder der notorische Ladendieb auf Hansi Hinterseer stehen. Aber bezogen auf die Jugend kann es schon sein, dass manch einer seiner innewohnenden Wut mit der dazugehörigen musikalischen Emotion Ausdruck verleiht. Wobei… wenn ich mir so manchen Grunz-Röhr-Metal anhöre, dann frage ich mich, wie man sich als Liebhaber derartiger klänge überhaupt aus dem Haus trauen kann. Aber das ist wohl Geschmackssache.

Was den Körper angeht, so hast du natürlich Recht. Kam das von mir so rüber? Ich meinte, dass die Körper alle anatomisch gleich sind; zumindest im Rahmen. Aber der mehr oder weniger nackte Körper beim Menschen auch dessen Seele offenlegt. Somit unterscheidet man natürlich nur an Gestik und Mimik, aber darin dafür umso maßgeblicher. Mit anderen Worten: Im Schwimmbad ist nicht jeder gleich, sondern so unterschiedlich wie irgend möglich.
Zumindest nach meiner Erfahrung. Der Körper lügt nicht. Zumindest nicht nur. Das Wort kann eine ewige Lüge sein. Das Lächeln falsch. Der Händedruck geheuchelt. Aber die Augen, der Blick, die Körperhaltung, der Gang. Das ist der Mensch und sein Wesenszug.

Vielleicht projiziere ich auch, da ich nichts, absolut nichts für Schwimmbäder oder Wassersport jeglicher Art übrig habe.

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