Soziale Verantwortung ist in diesen Tagen eine wichtige Begrifflichkeit, um uns und vor allem unsere Mitmenschen vor der Pandemie zu schützen. Sicher, als freie Menschen können wir mit unserem Körper machen, was wir wollen. Wer Lust hat, leckt Klobrillen ab oder filmt sich dabei, wie man Alkohol möglichst schnell zu sich nimmt, um an der „Corona-Desinfektons-Challenge“ teilzunehmen. Was jedoch verloren gegangen zu sein scheint, ist die soziale Verantwortung, um Andere vor diesem „Freiheits-Gefühl“ zu schützen. Ungebremst grassiert der „ICH-Virus“, der selbst Corona in den Schatten stellt. Es wird ausgenutzt, was erlaubt wird – und zwar exzessiv und völlig zweckentfremdet. Demonstrationen jetzt ohne Teilnehmerbeschränkung? Prima, machen wir eine Rave-Party draus. Auch anderswo wird für jeden Unsinn demonstriert, weil man sich und seine kleine Welt in Gefahr sieht. Ich glaube jeder von Euch, lieber Leser, hat schon mit diesem Virus zu tun gehabt. Ich hoffe jedoch sehr, ihr steckt Euch nicht an.
Umstrukturierung im Gange | In eigener Sache
Aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein: es gab wieder eine Umstrukturierung unter der Motorhaube dieser Internetseite. Rein äußerlich haben sich nur ein paar Kleinigkeiten verändert, allerdings wurde mal wieder das Design auf ein anderes Fundament gestellt, das uns in Zukunft mehr Freiheiten einräumt. Auch in den nächsten Wochen werden wir die Veranstaltungsfreie Zeit intensiv dazu verwenden, hier weiterzuarbeiten. Ein neues Kommentarsystem steht schon in der Startlöcher, der Festival- und Veranstaltungskalender (der zurzeit einfach nicht gebraucht wird) wird überarbeitet und auch so ein lästiger Cookie-Hinweis, der jetzt aufpoppt, wenn man die Seite zum ersten Mal besucht, ist Pflicht geworden. Ihr seht, ich denke gar nicht daran, aufzuhören. Euer Zuspruch zur jüngsten „Krise“ war so unfassbar groß, dass ich voller Elan weitermache. Auch das Spontis-Magazin wird parallel dazu fertig gemacht, aber dazu gibt es demnächst noch einen eigenen Artikel.
Martina Weith (Östro 430): „Soziale Verantwortung ist Punk“ | TAZ
40 Jahre nach den goldenen Zeiten des Punks muss sich Martina Weith die Frage gefallen lassen, ob sie sich selbst noch als Punk sieht: „Kommt drauf an, wie man es definiert. Wenn es darum geht, sein Ding zu machen und soziale Verantwortung für sich und sein Umfeld zu übernehmen, dann bin ich Punk. Schnorrend auf der Straße sitzen, ist für mich noch kein Punk. Da wird es nur Ausrede. Bei unseren Anfängen in Düsseldorf galten wir mehr als die „Gymnasium-Punks“, wie es Peter Hein mal definiert hat. Anders als viele der englischen Punks, die proletarische Wurzeln hatten, kamen wir aus der Mittelklasse. Unpolitisch waren wir aber nicht.“
„Ich sehe den Tod nicht als etwas Negatives“ | Schemenkabinett
Das Schemenkabinett hat Künstlerin Sillycut interviewt. Die „Vergänglichkeitskünstlerin“, wie man sie vielleicht nennen könnte, beschäftigt sich mit dem Tod, um das Leben sinnvoll zu nutzen: „So sehe ich allerdings den Tod nicht als etwas Negatives, sondern als unabdingbares Element dieses Kreislaufs. Ich bediene mich oft der Vanitas-Symbolik und anderen Boten des Todes. Durch sie erinnern meine Werke den Rezipienten an die Endlichkeit seines jetzigen Lebens, gleichzeitig ist dabei die wichtigere Erkenntnis, das Leben sinnvoll und für sich erfüllend zu nutzen. Manche mögen diese Thematik als düster und pessimistisch wahrnehmen, für mich ist jedoch das Gegenteil der Fall. Da ich mich aktiv mit dem Tod auseinandersetze, kann ich das Leben viel achtsamer wahrnehmen und bewusster erleben. Ich habe also keine Todessehnsucht, vielmehr Lebensfreude.“
Schwarzes durch die rosa Brille | Freie Presse
Tim Hofmann hat sich die Dokumentationen des MDR, die zum ausgefallenen WGT an Pfingsten gezeigt wurden, auch angesehen, kommt aber zu einer völlig anderen Meinung, als wir, wie in diesem Artikel zu lesen war. Für ihn, so schreibt er in seinem Artikel, ist die Doku ein „Rohrkrepierer“. Weiter schreibt er: „Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schwarze Szene selbst in der Hochburg Deutschland sehr klein ist und zudem seit Jahren schrumpft: Was man jedes Jahr in Leipzig sieht, das ist wirklich so ziemlich die ganz globale Community plus Zaungäste, und das WGT ist einer ihrer letzten verbliebenen Höhepunkte.“ Einer der strittigen Punkte seines Textes, die wohlmöglich schon in der Definition – wer während des WGT Szene und wer Zaungast ist – scheitert. Dennoch: Hofmann hat in vielen Punkten völlig recht und bringt einige kritische Aspekte auf Tisch, die wir in unserer Betrachtung außer Acht gelassen haben. Bei Bedarf (Kommentare nutzen) mache ich gerne einer tiefergreifende Auseinandersetzung mit seinem Text.
Vom Ende der Genres in der Musik | rbb24
Bei rbb24 widmet man sich der Frage, ob Musikgenre ausgedient haben. Ein Trend, der sich in den USA breit machte, formt Bands, die sich keinem Musikgenre zuordnen lassen (wollen). Auch in Deutschland und Europa kann man vor allem auf Festivals beobachten, wie scheinbar unwichtig Genre geworden sind: „Selbst Festivals wie Rock am Ring, die sich traditionell einem Genre verschrieben hatten, holen nun Rap- und Popkünstlerinnen und -künstler ins Line-up. Dass auf Berlins größtem Festival, dem Lollapalooza, Besucher erst zu EDM (elektronischer Tanzmusik) abfeiern und dann zu Hip Hop steilgehen, ist inzwischen das Normalste der Welt. Genauso Genre-offen funktionieren viele der meistgeklickten Playlisten auf dem Musik-Streamingdienst Spotify. Sie ordnen Songs nicht nach Genre, sondern nach Stimmung oder Kontext: „Feel Good Friday“, „Songs to sing in the Shower“, „Coffee Break“.“ (Danke Tanzfledermaus)
Shan Dark auf dem 1. Inoffiziellen Wave-Gotik-Treffen 2020 | Der schwarze Planet
Lest beim schwarzen Planeten, wie es in diesem Jahr auf dem ersten inoffiziellen Treffen war, denn die Wahl-Mainzerin ist für einen Tag nach Leipzig geflogen und hat ihre Eindrücke aufgeschrieben: „Einziger Wermutstropfen des WGT 2020: die Spenden-Boxen. Oh ja, ich habe gespendet und auch sehr gern. Da alles ohne Eintritt war, war die Bitte auch sehr verständlich. Gleichzeitig wird’s mir dabei in diesen Zeiten ganz traurig und bang um unsere kleine Subkultur und um alternative Clubs und Veranstaltungsorte. Wie viele der WGT-Locations werden bis 2021 überleben und verfügbar sein als Spielstätten? Darüber mache ich mir ernsthaft Gedanken. Aber vielleicht ergibt sich so automatisch eine Verkleinerung der Besucherzahl, ein verringertes Angebot und dadurch Reduzierung auf systemrelevante Besucher. Apropos: Wie viele waren eigentlich dieses Jahr da? Bestimmt circa 20.000.“
Das langsame Sterben der Clubs | ttt – titel, thesen, temperamente
Ein ARD-Bericht über Club in der Krise: „Seit Beginn der Corona-Krise sind die Clubs in ganz Deutschland geschlossen – ohne Aussicht auf Öffnung. Womöglich wird es viele nach der Krise nicht mehr geben. Was das für die Kulturszene bedeuten wird, lässt sich nur erahnen.“ Es gibt keine eindeutige Meinung, nur zwei Ansichten. Clubkultur ohne Clubs? Für die Einen ist das durchaus möglich, sie wünschen sich vielleicht ein Gesundschrumpfen der Szene, andere sind entsetzt, denn damit würden wichtige Orte sozialer Interaktion sterben.
Sie verlassen den amerikanischen Sektor – New Wave Rock in Berlin | YouTube
Eine Dokumentation, die 1980 ausgestrahlt wurde, zeichnet ein kleines Stück der damaligen Berliner Musikkultur nach. Die heimliche Hauptstadt war seinerzeit einer der wichtigsten musikalische Schmelztiegel Europas, die selbst internationale Künstler wie David Bowie oder Depeche Mode in ihren Bann zogen. Für deutsche Bands war die geteilte Stadt einer der wichtigsten Knotenpunkte der eigenen Entwicklung. Diese Dokumentation zeichnet anhand von „Ideal“, „PVC“ oder auf den „Insisters“ einen kleinen Teil dieser wahnsinnig aufregenden Zeit nach.
I’m A Pastel Goth | Hooked On The Look
Für sie ist es eine Erweiterung ihrer Persönlichkeit, sie mag Make-Up und alternative Formen sich auszudrücken. Und hier schließt sich möglicherweise der Kreis zu einem Thema von weiter oben: Es gibt keine Genre mehr. Ohne musikalische Genre also auch keine Identifikationsgrundlage und Subkultur. Daher ist Jessica aus dem Video auch sowieso wie ein subkulturelles Patchwork. Von allem ein bisschen beeinflusst. So ein bisschen wie der Real Life Space Goblin.
Nabend. Ja, bitte den „rosa roten Brillentext“ von Tim Hofmann hier behandeln. Danke :-)
Ich schließe mich da Wiener Blut an. An einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Text von Tim Hofmann wäre auch ich interessiert. Ich habe mir seinen Artikel natürlich durchgelesen und gebe ihm in einigen Punkten durchaus auch recht. Daher wäre ich sehr gespannt Robert wie deine Sichtweise darauf ist und ob wir da zu ähnlichen Schlüssen kommen.
Ich schließemich meinen Vorrednern an. Da gäbe es einiges zu sagen, auch hinsichtlich der medialen und vor allem akademischen Behandlung des ganzen Themenkomplexes „Schwarze Szene“ im allgemeinen.
Zum Thema Clubsterben und kleine „Szene“. Das Clubsterben…. ich würde es „schleichendes Schließen der alternativen Dorfdiscos“ nennen, ist ein Phänomen das mindestens 15 Jahre und älter ist. Dieses führt dazu, das junge Leute schlechter „alternative“ Musik auf die Ohren bekommen, seltener die Chance haben in ihrem Umfeld (Fahrtzeit maximal 20 Minuten) zu dieser Musik zu tanzen und zu feiern, und seltener ähnliche junge Leute mal live zu Gesicht bekommen…. Kennenlernen außerhalb von diese komische Internetzdings…. ungefiltert, frisch parfümiert oder nicht. Die Schuppen die übrig bleiben, sind entweder (bitte nicht in den falschen Hals bekommen) Russendiscos oder Bauerndiscos. Die wenigen alternativen Discos die in der Fläche bleiben, haben nur selten echte „schwarz/punk/grunge…alternative“ Veranstaltungen… und da muss man schließlich auch grade Zeit oder Lust haben. Was als junger Mensch schon nervig… und teuer… ist, fahren 40/50/60 Minuten… EIN Weg… PkW was sonst… wird im Alter natürlich nicht besser. Dazu kommt, das die alternative Szene auf dem Land immer gemischter, ruhiger und durchlässiger erscheint bzw erschien, als Szenen im urbanen Umfeld mit „Urbanen Menschen“. Bitte korrigiert mich wenn ich da ganz irre. Kurz: Wenn Dorfgruftis auf Dorfgruftis in ihrer Nähe treffen, und in der Nähe ausgehen können, gehts leichter. Fällt da etwas weg, muss das unweigerlich zum Rückgang der Szene führen. Ob die wachsenden Städten, mit ihren Szenen, und ihren Angeboten, dieses Phänomen aufwiegen können, glaube ich persönlich nicht. Das Getippe im Internet ist auch kein Ersatz für Disco, Stammtisch, Kneipe, private Treffen.
Dazu kommt eine gesteigerte berufliche Flexibilität…. mehr arbeiten zu unmöglicheren Zeiten, örtliche Flexibilität, und weniger Möglichkeiten sich durch Familie und Nachbarn mal Zeit frei schaufeln zu lassen (nicht immer, aber doch immer wieder mal wieder). Außerdem winkt und blinkt ja überall Konkurrenz in der Freizeit, als diese mit „grufteligen Dingen“ zu verbringen. Und zuletzt…. die Gesellschaft ist im Grunde doch noch ganz schön muffig spießig…. wollen Menschen also den Stress wenn sie aktiv sind oder zu erkennen…. und wenns nur der Blöde Spruch oder das blöde Vorurteil ist. Und wenns nicht direkt kommt, kommts von hinten rum.
Und als Letztes…. die Szene hat keine wirkliche Stammtisch oder Vereinskultur… niedrigschwellige Angebote für unter der Woche und am Wochenende. Klar, die Mitglieder wären auch weiter gestreut als ein Doppelkopfclub, ganz einfach weil es mehr Doppelkopfspieler als Schwarzkittel gibt, aber ich denke nicht das räumliche Distanz das einzige Hindernis ist.
Den Bereich Festivals, Kommerzialisierung… etc…. spare ich hier mal aus.
Und wir leben hier in einer sehr weit entwickelten, sehr vollständigen Demokratie, mit hohem Wohlstand. Ich will mir nicht ausmalen, wie eine Szene in einer fundamentalistisch, konservativen Gewaltherrschaft, mit minimalen Jahreseinkommen, schlechter Gesundheits- und Sozialvorsorge, und hoher Arbeitslosigkeit, aussehen würde. Und viele Aspekte davon finden wir ja in vielen Ländern dieser Erde. Viele Länder entwickeln sich auch von dem erreichten Maß an Demokratie wieder zurück, sind wirtschaftlich und menschlich eingeschränkt, oder schränken aktiv ein.
Sooooo….. tippe tippe tipp tipp tipp…. Quak hier, Quak da….
Ja, auch ich sehe den Ist-Zustand nicht rosarot und die Entwicklung verfolge ich sehr skeptisch, aber nicht ohne Hoffnung.
Warum habe ich überhaupt gefragt? Nun, so soll es sein, ich werde meine Meinung zum Artikel von Tim Hofmann in einem neuen Beitrag niederschreiben.
Wiener Blut : Auch wenn ich Dir soweit folgen konnte, fehlt mir eine Schlussfolgerung deiner Ansicht. Ist Clubsterben die unweigerliche Folge gesellschaftlicher Entwicklungen? Begrüßt du das „Sterben“ im Sinne eines „gesundschrumpfens“ der Szene? Sorgt eine geringere Verfügbarkeit vielleicht sogar für eine Rückkehr zu einem Art „Kern“ der Szene?
dieser Virus ist gefährlich und richtet immense Schäden an den inneren Organen an. Wer behauptet, es sei nur eine Erkältung, sollte sich eingehend erkundigen. Der Virus greift zum Beispiel das Herz an und verursacht Langzeitschäden. Bitte nicht verharmlosen. Die Masken tragen wir nicht nur zu unserem Schutz, sondern auch um andere zu schützen, falls man diese gefährliche Virus in sich trägt. Wie Robert richtig schreibt, es geht hier auch um soziale Verantwortung.
Herr Hofmann schicke ich selbstverständlich einen Liebesbrief, ich kann seine kritischen Worte verstehen und könnte diese sogar noch bin zum Exzess weiter vertiefen.
Ein Punkt der mich sehr verwundert ist, seit Jahren gibt es nur noch vereinzelt junge Menschen, die sich fürs Gothsein interessieren. Es ist einerseits seltsam, da es da musikalisch und philosophisch viel zu entdecken gibt, verstehen kann ich es allerdings schon. Wenn ich an diese mdr Doku denke, als 15 jähriger, hätte mich diese immens abgeschreckt und nicht unbedingt neugierig gemacht.
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Der Grund warum sich junge Menschen nicht mehr für`s Gothsein begeistern können, ist eben genau der hier kritisierte Umstand. Selbstverliebte Langeweile ohne Ideen, zieht niemand an. Neuzugänge müssen viel Glück haben, jemand kennen zu lernen, der sie erst einmal tiefer in die Materie hinein führt. Wie oft kritisch bemerkt, die Gothic Szene hat sich in den letzten 20 Jahren einerseits zu tode toleriert (geiles Wortspiel gell^^), andererseits wird „anders“ sein sofort mit „ich bin mehr Gothic als du“ honoriert. Dieses alles zu tode tolerieren hatte eben den Effekt, die Gothicszene passte sich der schwarzen Szene an, die alles absorbierte, was eigentlich nicht da hinein passte. Ein Paradox, welches offensichtlich nicht funktionierte. Anders die metalszene, die sich in Form von depressive black metal, funeral doom etc immer einen ominösen Underground bewahrt hat und stets auch Scharen junger Leute begeistern konnte. Ich erinnere mich an eine Diskussion, wo die Jugend als graue langweilige Masse beschrieben wurde, es kaum noch Individualität gäbe. Daran sind teils auch die Lehrer an den Schulen, die Medien und sogar die Politik schuld, denn diese haben eine Aufgabe übernommen, die ihnen eigentlich nicht zusteht. Sie beeinflussen und drängen in eine bestimmte Richtung, anstatt neutral Möglichkeiten aufzuzeigen, was eigentlich ihre Aufgabe wäre. Eine Diskussion in der Schule sieht oft so aus, alle müssen einer Meinung sein, wer da nicht mit macht, wird diffamiert, eine Diskussion findet also nicht statt. Dieses sophistische Gebahren ist allerdings gefährlich, denn da bleibt kaum Platz für Individualität.
Da in der „schwarzen Szene“ auch kaum noch Individualität gefeiert wird, kann sie folglich auch kaum jugendliche Rebellen anziehen.
Zu dem „Pastel Goth“-Punkt. Erster Gedanke war…aha..eine die nicht weiß ob sie „Sweet Lolita“ oder „Gothic Lolita“ tragen soll und der dann noch jemand mit der Kanone Farbe ins Gesicht geschossen hat. Wie man auf den eingeblendeten Bildern sehen kann hat sie früher auch anscheinend richtig gute Lolita-Outfits gehabt.
Naja sie kann ja rumlaufen wie sie will.
PS: Tut dieses riesige Septumdingsi nicht weh..?
Zum „Brillentext“:
Was der Autor meines Erachtens bei seiner Anmerkung über das Schrumpfen der Szene völlig außer acht läßt, ist daß die schwarze Szene – nach meiner Beobachtung – mit bedingt durch eine zunehmende Kommerzialisierung ab ca. der Jahrtausendwende einen immensen Schub erfahren hat. Plötzlich gab es hier nicht eine Disco, die alle paar Wochen mal was für die Gruftis angeboten hat, sondern in einem Kreis von grob 20km derer fünf oder sechs, die überwiegend wöchentlich was gemacht haben und jedesmal voll waren. Und mit „voll“ meine ich ein „wenn Du nach elf Uhr abends erscheinst, wartest Du in ner Schlange und siehst dann drinnen rund um die Tanzfläche den Fußboden nicht mehr, weils so voll ist; scheißegal, ob das nun donnerstags, freitags, samstags oder sonntags ist“-Voll.
Und ja, damals war das eigentlich ein fester Bestandteil der Woche, so zwei bis drei dieser Läden jede Woche aufzusuchen und als sein zweites Wohnzimmer zu betrachten. War eine wundervolle Zeit, und ich bin glücklich, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gewesen zu sein.
Aber schon damals war klar, daß dieses Wachstum nur temporär sein konnte. Wäre das so weitergegangen, gäbe es heute keine bunten Klamotten mehr zu kaufen ;-)
Wenn ich mal blind peilen darf, würde ich tippen, daß seinerzeit vielleicht
– 60% der Leute in Wirklichkeit z.B. frustrierte Technohörer und auf der Suche nach elektronischer Musik waren, da die Mainstream-Großraumdiskos der Endneunziger entweder dichtgemacht oder auf -urgs- Hiphop umgestellt hatten, den Elektro cool fanden und sich halt passend gekleidet haben, weil es gerade „in“ war.
– 20% aus der blühenden Mittelalterszene kamen oder Metaller waren, die halt „noch“ da waren (schließlich waren das überwiegend alte Rockschuppen, wo wir rumgegeistert sind) und ebenfalls mit Gothic nicht so viel am Hut hatten,
– und allerhöchstens 20% der Leute entweder Grufties waren oder als potentieller „Szenenachwuchs“ gelten konnten und ernsthaft an dem interessiert waren, was denn eigentlich Sinn und Hintergrund der schwarzen Szene ist.
Ein ganz ordentlicher Teil der „Nicht-wirklich-Goths“ ging damals auch mit aufs WGT – weil Freunde hingingen oder einfach aus Neugierde oder wegen der Party.
Inzwischen ist von diesen 20% „Ernsthaften“ ein Teil aus den unterschiedlichsten Gründen „zurück ins Licht“ gegangen, eine Menge (in meinem Bekanntenkreis der größte Teil) ist einfach zu häuslich geworden – und nur ein kleiner Rest ist noch da, geht regelmäßig weg und eben auch aufs WGT. Und einige sind auch einfach nicht mehr am Leben…
Gleichzeitig ist der Nachwuchs weitgehend ausgeblieben, auch wenn in meiner Stammdisco gefühlt die Talsohle langsam durchschritten war (und dann kam Corona…). Soweit ich das mitbekomme, haben aber viele Mainstream-Veranstaltungen hier mit demselben Problem zu kämpfen. In Zeiten von „Alles-on-demand“ und sozialen Medien scheinen viele Leute nicht mehr Wert darauf zu legen, regelmäßig wegzugehen; das beobachte ich auch an den Kindern, die ich so mitkriege. Das einzige, was gefühlt noch echten Erfolg hat, sind Mainstream-Festivals, wobei die prozentual auch nur wenige Leute anziehen, gemessen am potentiellen Publikum.
In anderen Ländern sieht das in der Tat ganz anders aus, da hat der Autor recht. Ich bin in Guatemala City mal über einen winzigen 1m²-Stand in einem Kaufhaus mit zwei offensichtlichen Schwarzkitteln gestolpert und habe mich mit denen etwas unterhalten. Wie man mir sagte, hatte ich zufällig den einzigen Gothicladen in Guatemala gefunden. Bei solche Zufallsbegegnungen fällt schon auf, wie winzig die Szene in Wirklichkeit woanders ist…
Gemessen daran ist das WGT und die deutsche Szene schon ein echtes Phänomen.
… und jetzt hab ich so viel getippt, daß ich die anderen Punkte, die mir aufgefallen sind, nur kurz anreiße:
– Kreativität: in dem Maße, wie die Szene kommerzialisiert wurde, wurde der Druck kleiner, sich selber kreativ einzubringen (Beispiel: Klamotten). Umgekehrt habe ich das Gefühl, daß nun, wo die großen Anbieter verschwinden, wieder mehr Kreativität eingebracht wird: mehr kleine Stände von kleinen Ein-Personen-Unternehmen auf dem WGT, mehr Leute, die sich am Selbermachen versuchen. Möglicherweise auch mehr kleine Bands. Ob das wirklich so ist oder nur der Wunsch Vater des Gedankens? Ich weiß es nicht.
– Einflüsse: der Autor bezeichnet einen Einfluß der Szene als absurd. Dem würde ich so uneingeschränkt nicht zustimmen; allerdings kamen Einflüsse aus der Szene IMHO nur „über Bande“, und die daraus entstehenden Produkte beeinflußten ihrerseits erheblich die Szene. Als kleines Beispiel: dadurch, daß „der Mainstream“ uns in irgendeiner Weise aufgegriffen hat, wurden irgendwann auch ein paar Typen in Hollywood auf uns aufmerksam, bastelten sich ein Bild zurecht, machten ein paar Filme draus – die dann wieder ihrerseits einen erheblichen Einfluß auf die Szene hatten.
Einen Einfluß auf das Denken und Handeln des Mainstream hatten wir denke ich nie, nicht mal bei zentralen Anliegen wie der Akzeptanz des Todes als natürlichen Teil des Lebens. Ich könnte aber nicht bestätigen, daß ein solcher Einfluß je ein Ziel der Szene war…
– Neofolk und die daraus hergeleitete Nähe zur Identitären Bewegung spare ich hier aus. Soweit ich das beurteilen kann, ist das ein berechtigter Kritikpunkt, von dem ich selbst aber nichts mitbekommen habe; die DJs in „meinen“ Discos hatten ein sehr scharfes Auge darauf, sowas auszusparen und die zum Glück wenigen Leute, die offen rechte Tendenzen zeigten, wurden von Gästen und Türstehern gemeinsam vor die Tür gesetzt.
Insgesamt betrachte ich die MDR-Dokureihe als einen nach bestem Wissen recherchierten Bericht auf eine schwer zu greifende Szene aus einem bestimmten Blickwinkel, teilweise verklärt und sicher ohne Anspruch auf Vollständigkeit; aber absolut sehenswert.
Auch wenn ich Dir soweit folgen konnte, fehlt mir eine Schlussfolgerung deiner Ansicht. Ist Clubsterben die unweigerliche Folge gesellschaftlicher Entwicklungen? Begrüßt du das “Sterben” im Sinne eines “gesundschrumpfens” der Szene? Sorgt eine geringere Verfügbarkeit vielleicht sogar für eine Rückkehr zu einem Art “Kern” der Szene?
Danke fürs Nachfragen Robert… meine Antworten.
1. Ja, ist sie für mich. Ist ein wenig wie in der Schweinebranche… wachsen oder weichen, konzentrieren oder verlieren, in der Zahl weniger aber dafür mehr, am Ende bleiben die Massenbuden über…. dafür ist das Endprodukt schön gleich frisch und sieht gleich aus.
Eine Gegenkultur dazu, also mehr Läden aufmachen, mehr Abwechslung, mehr hingehen, beobachte ich selber nicht in meinem regionalen Umkreis. Vielleicht jemand anderes hier? Ich schreibe von der Gesamtfläche, nicht vom Urbanen Raum.
2. Nein, ich sehe das sterben und die geringere Verfügbarkeit kritisch. „Harte“ Kerne wird es so oder so geben, auch wenn es weniger Kerne bzw kleinere geben wird/könnte/…. durch die Entwicklung. Kerne können sich aber nur aus ersten Kontakten, und regelmäßigen Möglichkeiten zum Kontakt, bilden bzw verdichten über die Zeit. Die Hülle verflüchtigt sich irgendwann, Kerne, wie „gesund“ auch immer bleiben. Oft sind es auch die Kerne, die dann irgendwann als letztes zerfallen, oder eben zum Glück nicht.
Das Problem das ich habe, ist aber, je weniger Leute, um so weniger Aktive und Kreative… das ist ja überall so. Und um so weniger Aktive und Kreative, um so weniger Aktivität und Kreativität kommt auch am Ende dabei raus. Persönlich gehe ich da vom Begriff Kern weg, hin zur Perle im Ozean. Weniger Ozean weniger Perlen. Immer alte Perlen zu bewundern wird ja irgendwann fad.
Ich schreibe nicht im Gedanken an die Styl Ikone oder Superband, sondern um schöne Menschen, bei schönen Veranstaltungen, mit schöner Musik (Band), bei mittleren und/oder kleinen Veranstaltungen…. nicht nur beim Massenevent WGT und Co. Um wieder ein Sinnbild zu bemühen: Wenn es weniger Entlein und Teiche gibt, um so weniger Schwäne können sich daraus entwickeln. Und um so weniger Schwäne es gibt, um so weniger Anreize haben die Entlein. Das können die angerupften Altschwäne gut oder schlecht finden. ;)
Wiener Blut : Hier in der Gegend ganz sicher. Es sind Discotheken jeglicher Couleur und Größe betroffen. Die Gründe sind vielfältig – vom Rauchverbot, das einen massiven Rückgang ausgelöst hat, den viele Läden bis heute nach eigenem Bekunden nicht verwunden haben, über einen (dadurch vielleicht mit ausgelösten?) Wandel des Konsumverhaltens bis hin zu örtlichen Gegebenheiten, die man unter „dumm gelaufen“ einordnen muß (z.B. die Verlagerung eines kompletten Unicampus). Corona hat die Sache nach meienr Ansicht nur beschleunigt, aber nicht ausgelöst.
Was das Schrumpfen für die Szene ausmacht, wird nur die Zeit zeigen. Einerseits kann es dazu führen, daß die schwarze Szene mehr zu ihren Wurzeln zurückkehrt, sich ein Stück weit und am Ende vielleicht dadurch sogar gestärkt wird. Oder wir altern und sterben langsam aus… ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Old goths don’t dye – we just fade to grey…
Die nichtssagende Bedeutungslosigkeit der Mainstreammusik hat sicher auch zum Clubsterben geführt. Denn es verschwinden ja nicht nur die Undergroundclubs, die Großraumdissen sind mindestens ebenso betroffen. Abgesehen vom Hip Hop, identifizieren sich Teenager heute kaum noch mit Musik. Tanzen gehen, Clubs, etc. haben schon länger keinen hohen Stellenwert mehr. Zu meinen Zeiten waren die Media Control- Charts Dauerthema auf dem Schulhof. Und auch das Radio hatte eine ganz andere Qualität und konnte durchaus Inspirationsquelle für andere Musik sein.
Und noch etwas ist mir aufgefallen:
Der Drang sich abzugrenzen, einer Subkultur anzugehören, ist beinahe völlig verschwunden. Jugendliche orientieren sich komplett am Mainstream und den Facebook Profilen anderer und wirken deshalb sehr austauschbar.
Und mal ehrlich: Wann habt ihr das letzte Mal einen Rockabilly gesehen, einen Skinhead? Noch dazu einen, der nicht auf die 50 zugeht?
Und Goth selbst? Es gibt momentan extrem gute Sachen im Post Punk- und Synthwave Bereich. Allerdings sehen die meisten dieser Bands so überhaupt nicht „anders“ aus.
Diese Subkultur ist aber eben auch entstanden, weil ganz früher mal Fans die Outfits ihrer Lieblingsbands nachahmten. (Die Klischees und das sogenannte „Lebensgefühl“ wurden dann später „hinzugefügt“)
Woran also sollte sich ein Teenager heute orientieren, der auf Whispering Sons, Soviet Soviet oder Linea Aspera steht?
Shizzo: Ich Stimme dir in den meisten Punkten vollkommen zu..so sehe ich es auch. Nur das „Post Punk“ im Grunde ja ein weites Feld war welches nicht unbedingt outfitbezogen war (The Chameleons waren outfitmässig auch nicht sooo anders..die Musik drückte nur etwas Eigenes aus, die mehr goth-affinen Bands aus dem Bereich schon eher..bei manchen Bands aus den 80ern kann man ja sowohl diesen als auch jenen Begriff verwenden. Aber bspw. Gang of Four oder The Sound auch wenn sie noch so melancholisch klingen halte ich nicht für explizit schwarze Bands..die sahen auch nicht wirklich hochgradig „anders“ aus).
shizzo :
Geht das möglicherweise mit dem aussterben der Musik-Genre einher? (siehe oben) Musikfestivals, die gewohnheitsmäßig ja mittlerweile alle möglichen Musikrichtungen zusammenwürfeln, eignen sich ja bestens dafür, die eigene musikalische Abgrenzung über den Haufen zu werfen.
Und: Ist eine Abgrenzung vom „Mainstream“ überhaupt noch möglich? Der hat nämlich in den letzten Jahren nie damit aufgehört, Musik aus Subkulturen zu assimilieren und zu „vermainstreamen“. Wenn wir ehrlich sind: Was bleibt uns denn noch, um uns musikalische Abzugrenzen?
Das Ende von Genres beobachte ich seit Jahren. Es gab immer wieder Bands, sie sich schwer einem einzigen bestimmt Genre zuordnen ließen. Ich habe das Gefühl, das manche Künstler oder Bands so viele Menschen wie möglich ansprechen wollen und bloß niemanden vergraulen wollen, weil sie sich einem Genre zuordnen. Und am Ende gibt es dann einen kommerziellen massentauglichen Einheitsbrei. Manchmal bleiben da auch Entwicklung und Kreativität völlig stehen, da man ja eh von allem ein bisschen was macht.
Bei HipHop zählt mittlerweile auch das ganze Drumherum, nicht nur die Musik an sich, sondern der ganze „Lifestyle“. Das kann man am Deutschrap gut beobachten. Da wird den Kindern und Jugendlichen ein Komplett-Paket angeboten, mit allem was so dazu gehört: Meinung, Musik, Einstellung, Klamotten, etc. Und das alles ohne sich selbst was zu überlegen.
Robert
Du scheinst vorauszusetzen, dass musikalische Abgrenzung nur über Genres verlaufen kann. Für meine Person kann ich das so nicht bestätigen. Ich beurteile Musik nicht nach stilistischen Merkmalen, sondern nach Stimmungen. Gothic z.B. höre ich nicht wegen der Gitarrenspielweise, sondern wegen der Dunkelheit.
Mit Genres, Stilen und Szenen lockt man anno 2020 keinen mehr hinterm Ofen vor. Authentische Seelenfinsternis hingegen vermag dies durchaus noch oder wieder. Klingt „edgy“? Soll es auch.
Wichtlhexe
Da gebe ich dir schon recht. Manche Bands scheinen sich wirklich nicht festlegen zu wollen und geben dann höchst schwammige Mischformen an, in der sie sich bewegen wollen. Das wirkt dann auch auf mich so ein wenig wie „von allem ein bisschen, aber von nix so richtig“
Andererseits kann ich es aber auch den Künstlern nicht verdenken. Sich auf ein bestimmtes Genre festzulegen kettet eine Band ja auch künstlerisch irgendwo fest und lässt keinen Spielraum mehr zu um zu experimentieren, sich weiterzuentwickeln oder gar gänzlich neue Wege einzuschlagen. So ganz einfach macht es die Hörerschaft den Künstlern dabei dann ja auch nicht. Kaum bewegen diese sich auch nur einen Schritt weit von ihrem anfänglich eingeschlagenen Weg fort, so ist das Geschrei der Anhängerschaft oft schon vorprogrammiert. Manche Leute kennen da ja durchaus herzlich wenig Pardon, sobald die favorisierte Band nicht mehr die selben 4 Melodiebögen spielt wie gewohnt. Da habe ich durchaus schon die absurdesten Anfeindungen unter den Kommentaren und Bewertungen gelesen.
Yorick
Das halte ich ganz ähnlich. Klar, wenn eine Band glaubt mir glasklaren Metal als Gothrock zu verkaufen, dann werde ich sicherlich auch grummelig. Doch geht es mir beim hören von Musik auch viel mehr um die erzeugte Stimmung, als um die genaue Handhabe der Instrumente. Das dabei die Spielart durchaus einen Einfluss hat, dass streite ich gar nicht ab, doch hat für mich der überlieferte Inhalt mindestens genauso viel Bedeutung. Das Gesamtbild muss eben stimmen, damit mich ein Song mitnimmt. Oder anders gesagt: Wenn eine Band davon trällert fröhlich Blümchen zu pflücken und im Kreis zu tanzen, dann hilft es mir auch dann nicht, wenn sie das im stilistischem Gothrock macht. Dann würde ich mich höchstens fragen, ob die mich nun veräppeln wollen oder ich den tieferen Sinn hinter dem Song nicht verstehe. ;)
Graphiel: Ganz genau..sich musikalisch nicht festlegen zu wollen find ich sogar im Gegenteil richtig richtig gut…wenn man bedenkt das bspw. die Sisters oder auch eine Band wie Play Dead sich nie festlegen wollten..den „Gothic“ Begriff sogar nicht mochten..und trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb für mich sowas wie die Prototypen des Begriffes „Gothic-Rock“ erschufen (sprich „First And Last And Always“ oder „From The Promised Land“). In meiner Wahrnehmung sind Definitionen und Schubladen als DJ relevant und hilfreich…damit auch weiss an welchem Abend man dann auch landet. Als Musiker hingegen empfinde ich sie als hinderlich..weil es in der persönlichen Expression auch limitiert. Wenn ich nur auf Schubladen fixiert bin kann nun wirklich keinen wirklich persönlichen Ausdruck entwickeln. Wobei es schon einen Unterschied macht ob es letztlich die Summe meiner Einflüsse ist (die ja sowieso unvermeidlich und auch durchaus ok ist) oder eben die Fixiertheit auf ein Genre. Im Endeffekt haben doch sowie nur hauptsächlich Journalisten die Etiketten draufgeklatscht..der musikalische Ausdruck ist jedenfalls so wie er ist..entweder man geht damit in Resonanz oder eben nicht. Aber ich mag musikalisches Bürokratentum auch nicht so wirklich. Das ist ja meiner Wahrnehmung nach auch doofe an der heutigen zeit..eben jene Fixiertheit auf ein Genre, was man auch vermarktungsmässig ausschlachten kann und was die Sache dann zu einer „Stylie-Geschichte“ macht…während es in früheren Zeiten eher ein atmosphärisches Feld war in denen sich die Bands bewegten frei nach dem Motto „alles kann man machen“.
Graphiel Ich kann deine Punkte durchaus nachvollziehen. Als Künstler sich irgendwo festzuketten schränkt massiv ein.
Andererseits sehe ich bei einigen „genre-losen“ Künstlern und Bands, das sie eben nie komplett in ein Genre eingetaucht sind und am Ende nur an der Oberfläche kratzen. Ich mag es, wenn Künstler was von ihrem „Handwerk“ und einem Genre verstehen, um anschließend damit kreativ zu arbeiten, z. B. sich einem komplett einem anderen Genre widmen, sich aus anderen Genres bedienen, etc. Das komplette Loslösen der Genres fördert ein gewisses Stümper-Dasein, das mit Möchtegern-Argumenten über „künstlerischer Freiheit“ gerechtfertigt wird. Das gibt es auch natürlich in Genres, wie z. B. in Punk: du kannst nicht singen, kein Instrument wirklich spielen, deine Texte handeln von Abneigung gegen Staat und frischen Socken, es gibt keine Proben, etc. …eigentlich ist alles Scheiße, aber du rechtfertigst es damit, das es eben „Punk“ ist. Oder du fängst an in total kindlicher Manier auf deinem Instrument herumzuspielen, und nennst es dann „Jazz“ (und das ist ja sowas von intellektuell! Jazz muss man ja „verstehen“ können.). Kannst überhaupt nicht singen? Wurst, dann wird eben im Studio brachialer Autotune draufgelegt, dann passt das schon.
Innerhalb eines Genres gibt es ja auch Strömungen und Entwicklungen, das sollte man nicht außer acht lassen. In dem Artikel kommt es fast so rüber, als hätten das einige der Künstler vergessen, oder halt eben „nicht gelernt“.
Und ja, Ausnahmen bestätigen die Regel. Es gibt sie. Die Künstler und Bands, die sich keinem Genre zuordnen wollen und einfach großartig sind.
Wichtlhexe Bands, die ihre eigene Unfähigkeit damit rechtfertigen wollen, dass sie frei von irgendwelchen Genre ihrer Kreativität ungezügelten Lauf lassen gibt es natürlich auch. Aber sind das denn die Mehrheit oder eine zu verschmerzende Minderheit, die man kritisieren und dann wieder vergessen darf? Ich finde ja die meisten Stümper fallen dann auch ziemlich schnell mit ihrer Unfähigkeit auf und verschwinden wieder dahin wo sie herkamen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Künstler, die gerade weil sie sich nicht irgendwo festlegen wollen in ihrer Gesamtheit ganz tolle Werke hervorbrachten. Und das obwohl sich diese stilistisch teils gänzlich unterscheiden. Das bedeutet natürlich nicht, dass ich auch alles davon lieben muss, doch bei wie vielen Bands trifft es schon zu, dass die komplette Discographie ein Traum ist? Also mal von Bands abgesehen, die aus welchen Gründen auch immer nicht über 1-2 Scheiben hinaus gekommen sind. Spontan fällt mir da gerade keine einzige Band ein, bei der dies für mich zutrifft.
Aber auch bei den Bands, die sich auf ein Genre festlegen sind bei Leibe nicht alle Goldstücke. Bei mir gehen zum Beispiel immer die Alarmglocken an, wenn eine Band so Sätze von sich gibt wie „Wir machen hauptsächlich Genre XY im Stil von Bands wie X und Y.“ In 9 von 10 Fällen (so meine Beobachtungen) läuft es darauf hinaus, dass sich die Band dann auch anhört wie eine (oft schlechte) Kopie ihrer stilistischen Vorbilder. Das geht dann teilweise soweit, dass diese Künstler versuchen den Gesang ihrer Vorbilder „nachzuahmen“. Wenn ich Musik im Stil von The Cure (ein gern genommenes Vorbild) hören möchte, dann höre ich mir The Cure an. Da brauche ich dann keine Kopie die versucht wie Robert Smith zu klingen. Das finde ich dann persönlich sogar noch viel schlimmer, als Bands bei denen ich von Song zu Song immer wieder neu reinhören muss, weil ich aufgrund ihrer Vielseitigkeit nicht weiß was mich erwartet. ;)
Graphiel
Bands, die ihre eigene Unfähigkeit damit rechtfertigen wollen, dass sie frei von irgendwelchen Genre ihrer Kreativität ungezügelten Lauf lassen gibt es natürlich auch. Aber sind das denn die Mehrheit oder eine zu verschmerzende Minderheit, die man kritisieren und dann wieder vergessen darf?
Ich glaube, das ist ein sehr stark subjektives Empfinden. In den letzten Jahre, für mich, leider eine Mehrheit. Ist aber auch nur subjektiv.
Bei mir gehen zum Beispiel immer die Alarmglocken an, wenn eine Band so Sätze von sich gibt wie “Wir machen hauptsächlich Genre XY im Stil von Bands wie X und Y.” In 9 von 10 Fällen (so meine Beobachtungen) läuft es darauf hinaus, dass sich die Band dann auch anhört wie eine (oft schlechte) Kopie ihrer stilistischen Vorbilder. Das geht dann teilweise soweit, dass diese Künstler versuchen den Gesang ihrer Vorbilder “nachzuahmen”. Wenn ich Musik im Stil von The Cure (ein gern genommenes Vorbild) hören möchte, dann höre ich mir The Cure an. Da brauche ich dann keine Kopie die versucht wie Robert Smith zu klingen.
Wo muss unterschreiben? Da gebe ich dir Recht. Ich finde es schön, wenn man hört, von was die Band inspiriert wurde, welche Musik sie beeinflusst hat und welche Künstler sie geprägt haben, aber ich will auch keine 08/15-Coverbands haben. Dann lieber dem Original lauschen.
doch bei wie vielen Bands trifft es schon zu, dass die komplette Discographie ein Traum ist? Also mal von Bands abgesehen, die aus welchen Gründen auch immer nicht über 1-2 Scheiben hinaus gekommen sind. Spontan fällt mir da gerade keine einzige Band ein, bei der dies für mich zutrifft.
Mir fallen ein paar wenige ein. Das sind meistens Bands, die nach 5-6 Alben dann auch beschlossen haben, nicht mehr weiter zu agieren. Oder das sind Bands/Künstler, die eine so starke Fanbase haben, das sie auch mal schlechte Alben rausbringen können. Jene Bands, die einen fulminanten Start hingelegt haben, wurden beim ersten Album so stark gehyped, dass sie tatsächlich beim zweiten Album Ende-Gelände war. Da waren die Erwartungen dann zu hoch für alle Beteiligten. Da sind auch echte Talente dann verheizt worden.
Vielleicht liegt ja da auch das Problem. Es muss halt Gewinn abwerfen, für alle. Da ist dann kein Platz für Entwicklung oder ´nen Fehlgriff mehr vorhanden. Und deswegen sehe ich das pauschale „kein Genre“ auch etwas kritisch (bin aber nicht gänzlich abgeneigt). Am Ende muss man es halt doch können, sowohl das eine, als auch das andere.
Graphiel
Noch ein kleiner Gedankengang von mir. Da würde ich mich echt über deine Meinung freuen.
Vielleicht ist das Agieren der Künstler und Bands in das genre-lose Dasein eine logische Entwicklung der generellen Musikindustrie. Angefangen bei der CD. Da konnte man ja super auf „Weiter“ drücken, wenn einem das Lied nicht so sehr gefallen hat, oder auf „Zurück“, um es nochmal zu hören. Da machte es vielleicht nicht mehr so viel aus, wenn sich nicht so gut gelungene Lieder aufs Album schmuggelten. Mit Musik-Streaming-Diensten ist das noch eine Stufe krasser geworden. Gefällt nicht? Egal…next Song please. Dazu noch die vorgefertigten Playlists, da klappt das noch besser. So hat sich ja alles generell verändert. Ein Lied muss innerhalb von wenigen Sekunden überzeugen, damit man es sich zu Ende anhört. Da haben es die genre-unabhängigen Bands/Künstler natürlich leicht. Sie bieten alles an, und du drückst auf „Weiter“, wenn es deiner „Coffee-Break-Mood-Playlist“ nicht entspricht.
Ich fand auch schon immer, das es wenige Leute gibt/gab, die gute Playlists, Mixtapes oder Mix-CDs erstellen konnten. Als Schallplatten-Fan, fällt mir das zunehmend auf. Es gab früher deutlich mehr Alben, die man von Anfang bis Ende super durchhören konnte. Die waren echt gut aufgebaut, in sich stimmig und haben einen guten abwechslungsreichen Flow. Da ist was mit der CD einfach abhanden gekommen.
Wichtlhexe Hm.. also ich glaube auch dass Entwicklungen in der Musikindustrie eine Teilschuld an der Sache haben. Allerdings vermute ich eher das hier andere Gründe vorliegen. Wenn eine noch junge Band mit ihrer Leidenschaft zur Musik nicht nur finanzielle Miese fahren will, dann kommt sie sicherlich nicht drumherum in relativ kurzen Abständen neue Werke zu veröffentlichen. Vor allem dann nicht wenn sie wegen fehlender Mittel nicht in der Lage ist ihre Musik selbst zu vermarkten, oder einfach nur das Pech hatte an das falsche Management geraten zu sein. In Teilen hat dies meiner Meinung nach aber auch mit der Hörerschaft selbst zu tun, die zwar auf eine Art eigentlich immer nur das gleiche hören will, aber andererseits eine CD gerne nach 1-2x hören in die Ecke wirft und was neues fordert. Streamingdienste haben diesen Vorgang darüber hinaus vermutlich noch beschleunigt. Das läuft dann natürlich darauf hinaus, dass einige Alben auch mit sehr vielen Lückenfüllern gefüllt werden müssen. Nicht jede Band schafft es in einem überschaubaren Zeitraum lückenlos grandiose Werke zu produzieren.
Und da kommen wir dann auch zu einem weiteren Punkt in meiner Überlegung. Es gibt inzwischen auch einfach unglaublich viele Bands, die um Gehör miteinander wetteifern. Weit mehr, als es noch zu Zeiten der Schallplatte waren. Das dabei natürlich auch eine ganze Menge Müll produziert wird bleibt bei der Menge da auch einfach nicht aus. Da besteht heutzutage wohl die Kunst in erster Linie darin in dem ganzen Angebot die wirklichen Perlen zu finden.
Graphiel
Und da kommen wir dann auch zu einem weiteren Punkt in meiner Überlegung. Es gibt inzwischen auch einfach unglaublich viele Bands, die um Gehör miteinander wetteifern. Weit mehr, als es noch zu Zeiten der Schallplatte waren. Das dabei natürlich auch eine ganze Menge Müll produziert wird bleibt bei der Menge da auch einfach nicht aus. Da besteht heutzutage wohl die Kunst in erster Linie darin in dem ganzen Angebot die wirklichen Perlen zu finden.
Ich glaub, es gibt nicht unbedingt mehr Bands. Die Dichte an Künstlern ist direkt proportional zum Umkreis, in denen sie agieren. Alles Dank Internet. Es gibt glaub ich mehr Bands, die sich mehr erhoffen, und das nicht nur als Hobby machen möchten. Da gibt es fantastische Geschichten, von Bands/Künstlern, die über Youtube, MySpace, Soundcloud, Facebook usw. ja entdeckt wurden, jetzt berühmt sind/waren und dabei mal eben Geld gemacht haben. Die extreme Kommerzialisierung der Musik, durch Streamingdienste, hat auch damit gelockt, das man eben plötzlich „ganz einfach“ Geld mit seiner Musik verdienen kann. Es ist nichts anderes, als früher, wo man nach einem Gig seine Kassetten oder CDs dann verkauft hat. Ich kenn´viele Bands, die sich damit zufrieden geben, weils halt einfach das Hobby finanziert und man auf Null rauskommt (okay…sind alles Punkbands). Mit den Streamingdiensten sind allerdings viele aufs Glatteis geführt worden. Ich kann mich an einen Fernsehbeitrag vor vielen Jahren erinnern, wo u.a. eine Band darüber berichtet hat, das sie bei den Streamingdiensten zwar gut und schnell untergekommen sind, damit ihre Musik schnell und unkompliziert weiterbringen, aber es sehr sehr wenig Geld dafür gibt.
Wichtelhexe et Graphiel, prinzipiell bin ich für Genres. Man sucht und findet mit entsprechenden Suchbegriffen. Allerdings kann ich gut verstehen, wenn Bands und Projekte die in den letzten 10 Jahren gegründet wurden, sich schwer damit tun, sich als eindeutig fest zu legen. Darkwave, Gothic Rock, etc diese Richtungen hatten ihre Hochblüte vor sehr langer Zeit. Ich kann durchaus verstehen, wenn man dem neue Nuancen hinzu fügen möchte und sich dann mit einer klaren Genre Bezeichnung schwer tut. Ich selbst kann bestätigen, man findet so viele unterschiedliche Genres geil, versucht daraus ein eigenes Gebräu zu machen um dann später da zu sitzen und überlegt, wie soll ich dies bezeichnen, es ist nicht dies oder jenes, davon inspiriert, aber etwas ganz anderes. Demnach würde ich jüngere Künstler schon dazu ermuntern, sich eigene Genrebezeichnungen auszudenken. Horror Vacui nennen ihre Musik schlicht: Darker as Punk and Punker as Dark…. und treffen den Nagel auf den Kopf. Anna Varney nannte ihren Stil mal „Medieval Doom Folk“. Volltreffer. Man darf hier beachten, Anna entstammt der alten Szene in der Begriffe wie „Doom + Gloom als Bezeichnung für Gothic Rock oder Darkwave geläufig waren. Andererseits hat Sie auch eine Vorliebe für die Band Black Sabbath, an den letzten beiden Alben, merkt man dies nun auch. Solche Eigenbezeichnungen machen also durchaus Sinn, stellen dar, es ist etwas anders, neues. Ich selbst bin mit Gothic und Darkwave aufgewachsen, aber ich bin skeptisch, wenn neue Bands sich als Gothic Rock oder Darkwave bezeichnen, da diese ein völlig anderes Gefühl transportieren. Was ich hingegen unverschämt finde, ein Stöbern auf Bandcamp mit Begriffen wie Darkwave oder Gothic Rock, endet zu 95% im Fiasko. 08/15 Pop oder medddäl, verwendet diese Begriffe, ganz der Zeitgeist, man äfft nach, ein Hinterfragen findet nicht statt.
Wichtelhexe, das es heutzutage mehr Bands gibt glaube ich nicht. Ich entdecke seit vielen Jahren dutzende Bands, die zwischen 1980 und 1990 veröffentlich haben. Wie bereits erwähnt, alle Darkwave und Gothic relevanten Veröffentlichungen dieser 8 -9 Jahre zu katalogisieren, wäre eine Lebensaufgabe. Es gibt hunderte Veröffentlichungen, die sehr wenigen bekannt sind, auch den älteren Herrschaften nicht, was kein Vorwurf ist. Und heutzutage ist auch ein Problem, Band XYZ behauptet : Unser GEnre „Gothic Rock“. Dazu die Einträge auf DISCOGS. MEhr als die Hälfte, hat mit Gothic Rock, rein musikalisch, so viel zu tun wie die berüchtige Helene F. Nix. Mit einem dicken MINUS Symbol.
Nossi : Das machen Bands aus meiner Einstiegszeit ja durchaus auch. ASP zum Beispiel nennt seine Musik Gothic-Novel Rock, womit er für mein Dafürhalten eine klare Distanz zwischen seiner Musik und klassischem Gothrock schafft. Auch Subway to Sally haben meines Wissens nach nie behauptet Gothrock zu produzieren. Andere Bands dieser Generation bezeichnen ihre Musik als Darkrock, wobei dieses Genre meinen Beobachtungen nach inzwischen ähnlich inflationär verwendet wird, wie einst Gothic Rock. Die Genreunterscheidungen gab es also schon, so ist es ja nicht…
Allgemein muss man hier meiner Ansicht nach aber noch darin unterscheiden wie ein Künstler seine Musik nennt und was andere (Lables, Medien, aber auch Hörer) daraus machen. Was bringt es also wenn beispielsweise ein Chris Pohl zum 100sten mal sagt, er würde düstere Popmusik machen, wenn seine Anhängerschaft ihn auch weiterhin stur bei der Umfrage nach den 10 Lieblings-Gothrock Bands nennt und sich dabei weigert dass es bei dieser Frage gar nicht um das englische Adjektiv Gothic, sondern um das Musikgenre geht? Richtig, herzlich wenig.
subway to sally haben noch nie behauptet GothRock zu machen? Hmmmm, Verdammte Tat- sehr seeehr seltsam, ist mir vollkommen unverständlich.
– :D Eigentlich schade, dann hätte immer einen guten Scherz auf Lager. Da haben Sie mich auf dem falschen Gebein erwischt Graphiel ….
Scherz beiseite, im Zusammenhang mit Gothic Rock würde ich besagte Band nicht nennen wollen/können.
Dazu wurden die verschiedenen Stilrichtungen des Gothic Rock der 80ger oder 90ger zu klar definiert. Dieser Kommentar ist nun auch nicht gehässig zu verstehen. Manche vergessen wohl oder wissen nicht, Gothic Rock ist ein Musikgenre welches definiert wurde durch prägende stilelemente wie beim metal, Jazz oder Punk, gibt es auch hier Abweichungen und Erweiterungen klar, aber hier irgendwo subway to sally zu verorten, halte ich für sehr weit hergeholt um nicht zu sagen, total abwegig.
Selbstverständlich ist das abwegig, deshalb habe ich sie ja in meine kurze Aufzählung aufgenommen. Weil du kannst Wetten darauf abschließen, dass diese und andere Bands erstmal pauschal mit in den Raum geschmissen werden, wenn es um Fragen geht, welche Gothic-Rockmusik denn so gehört oder empfohlen wird. Zumindest dann, wenn du dich nicht mehr in den tieferen Ebenen der Szene bewegst. Manche Menschen wissen es dabei wohl wirklich nicht besser, andere wollen es scheinbar aber auch gar nicht besser wissen und kontern bei entsprechenden Hinweisen dann gerne, dass Gothic nichts mit Musikgenres zu tun habe sondern eine Frage der Einstellung sei.
Ich habe mich eine ganze Weile gefragt wie man immer wieder stur zu diesem heutzutage wirklich absurden Schluss kommen kann, wo doch mit wenigen Klicks im Internet ersichtlich werden sollte, welche Stilelemente für Gothic Rock ausschlaggebend sind. Eine mögliche Erklärung, die mir neben blinder Ignoranz, Interessenlosigkeit oder fehlendem geistigen Vermögen dazu in den Sinn gekommen ist wäre (und damit können wir bequem den Bogen zum letzten Thema der Wochenschau schlagen), dass sich manche dieser Leute inzwischen tatsächlich soweit vom Genre Gothic-Rock entfernt haben, dass es für sie keine Rolle mehr spielt. Menschen, welche sich nicht mehr über das Musikgenre Gothic-Rock, sondern nur noch über das englische Adjektiv Gothic definieren und daher vielleicht auch gar keine fest abgesteckten Genres mehr haben wollen. Damit stellen sich mir jedoch auch neue Frage, welche du mir, lieber Robert vielleicht beantworten kannst:
1. Geht ohne das musikalische Genre die Subkultur wirklich verloren?
2. Kann sich eine Subkultur nicht auch über einen anderen Angelpunkt, wie dem Substantiv Gothic, also einer von Tod und Vergänglichkeit geprägten Faszination völlig neu erfinden bzw sich von der ursprünglichen Subkultur abspalten, so wie es einst auch geschah, als sich der Grufti über Postpunk vom klassischen Punk löste und seinen eigenen Weg einschlug?
2. Ist es in dem Zusammenhang dann nicht auch immer ein wenig paradox, die Vergänglichkeit zu feiern, sie gleichzeitig jedoch entschieden abzulehnen sobald das eigene erlebte Szenebild davon betroffen ist?
Graphiel
„Menschen, welche sich nicht mehr über das Musikgenre Gothic-Rock, sondern nur noch über das englische Adjektiv Gothic definieren und daher vielleicht auch gar keine fest abgesteckten Genres mehr haben wollen.“
Dann sollten sie aber ganz ehrlich damit aufhören, mit dem Gothic-Begriff um sich zu werfen. Denn dieser ist unzweideutig auf ein Genre und eine Szene bezogen. Die vermeintliche Unterscheidung zwischen Goth und Gothic ändert daran nichts.
Ob die Szene ohne das Genre aufrechtzuerhalten ist? Ganz klar nein. Die Subkulturen, die sich im Laufe der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts entwickelt haben, sind Musikszenen, die an Genres mit klar definierten Stilmerkmalen gebunden sind. Nimm das Genre raus und die Szene bricht zusammen.
Aber jetzt kommts: So what? Dass Genres Stile und Szenen ihrem Ende entgegengehen, finde ich nämlich ein Glück und kein Pech. Ich habe in diesem Blog schon öfters geschrieben, dass ich nicht nur die Anwendung des Gothic-Begriffs auf die schwarze „Szene“, sondern auch den Szenebegriff als solchen in diesem Kontext falsch finde. Denn die schwarze „Szene“ wie sie sich in den 90ern entwickelt hat, zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie das Subkulturelle eigentlich hinter sich lassen will. Damals hat man die Stilkorsette aufgebrochen und unter dem Einfluss der Romantik, die seit jeher die Verwischung von Konturen und Gattungen betrieb, das Ganze auf eine neue „Grundlage“ in Gestalt einer diffusen Atmosphäre zu stellen versucht. Daher rühren auch all die Verweise auf eine nebulöse „Lebenseinstellung“/“Mindset“, die um die Jahrtausendwende so populär waren. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass die schwarze Nicht-Szene somit als eine Art Vorreiter dessen gelten kann, was heute als Post-Subkultur und Ende von Genres diskutiert wird. Und es ist auch absolut angebracht, das zu würdigen. Stattdessen hat es leider einen konservativen Backlash gegeben und man will sich wieder in rein stilistisch definierte und dementsprechend inhaltsleere Szenenischen zurückziehen. Davon ist z.B die Metalszene ebenso betroffen wie die Goths.
“ Ist es in dem Zusammenhang dann nicht auch immer ein wenig paradox, die Vergänglichkeit zu feiern, sie gleichzeitig jedoch entschieden abzulehnen sobald das eigene erlebte Szenebild davon betroffen ist?“
Voll ins schwarze. Buchstäblich.
Dazu fällt mir eine Diskussion in einer Fbook „Gothic Gruppe“ ein. Es ging um eine metalband und meine Kritik, was an 08/15 metal mit Keyboards bitte Gothic Rock sein soll. Die Antwort war so profan, ich wäre fasst vom stuhl gefallen. So verwies man mich darauf, die Band würde schließlich im sonic seducer vorgestellt und dieses sei immerhin die Speerspitze der Gothic Bewegeung. Als ein Bekannter von mir daraufhin (immerhin seit den 1980gern ein riesen Gothic Rock Fan und Sammler) zu bedenken gab, Gothic Rock sei eine klar definierte Musikrichtung, gab es nur Spott, Beleidigungen und ähnlich unsachliches.
Die Argumentationskette warum Schlagerbands oder gähnende popmetal Bands oder Bierzeltfolk Bands „Gothy“ wären, ist teilweise so dünn und tatsächlich habe ich dieses Thema schon mit bekannten Musikjournalisten diskutiert und zu meinem Erstaunen waren deren Argumente auch nur stumpfe unsachliche Beleidigungen.
Ebenso wird oft ein gewisses Gothic Magazin zur Beweisführungen erwähnt, weshalb Bierzeltband nummer 546478 nun Gothic sei. Meine Antwort darauf ist stets ein Link, in welchem ein Herr Sprissler, seines Zeichens Chef der genannten Zeitschrift klar und deutlich erklärt, jenes Gothic Magazin berichtet über metal etc aber NICHT über Gothic Musik.
Dieser Link wird nie wahr genommen oder kommentiert.
Hier beginnt die Krux und sie endet darin, die Gothic Szene hat seit sehr vielen Jahren keine musikalischen Ideen mehr. Diese sind aber dringend nötig um junge Menschen zu begeistern. Bands wie Sopor, Lakeien, Erben, Lacrimosa etc waren nur so erfolgreich, weil Sie etwas neues wagten.
Und daher konnte sich die metalszene oder hiphopszene bis heute bewahren, junge Menschen zu begeistern. Lebendiger Underground. Neues wagen. Tabus brechen. Experimente wagen und dann gibt es da eben auch den Rückhalt aus den Medien.
Wenn du heute ein Gothic Medium öffnest, sei es Print oder ONline, werden dort Gothic Bands vorgestellt? Nö. Aber dafür harpyie und lauter so Quatsch.
Da müsste man eigentlich ansetzen, hier müsste man aktiv werden, auf ominöses verweisen, den Underground fördern und lebendig halten.
So lange dies nicht geschieht, sieht es ganz miserabel aus, wird es nur noch gähnend langweiligen Gleichschrittmarschton geben, in vielerlei Hinsicht.
ÜBRIGENS FALLS IRGENDJEMAND BOCK HAT MIT MIR AN EINEM BLOGG ÜBER UNDERGROUNDBANDS ZU SCHREIBEN, ICH WÄRE SOFORT DABEI, ALLEINE HABE ICH ALLERDINGS KEINE LUST :D
Solche Argumente kenne ich auch und finde sie immer wieder kurzsichtig bis lächerlich. Zum einen da Zeitschriften wie der Sonic Seducer zwar musikalische Zeitschriften der schwarzen Szenelandschaft darstellen, aber mit Sicherheit nicht die Speerspitze der Gothicbewegung bilden. Das Argument finde ich dabei besonders albern, da der Seducer vor einer Weile selbst einen Genreguide veröffentlichte der tatsächlich Gothrockbands präsentierte. Nicht perfekt und natürlich wie zu erwarten mit den üblichen bekannten Verdächtigen der 80er gefüllt, aber immerhin besser als gar nichts. Aber das ist halt das was ich vorher ja auch schon sagte. Da spricht man über das Thema Gothic im Kontext Musikgenre und dann kommt irgendwer aus der Ecke hervor und feuert Bands dazwischen die mit dem Genre nichts, aber auch gar nichts zu tun haben. Warum? Weil er/sie nur das Wort Gothic gelesen hat und daraus gleich schließt es würde um Musik mit Inhalten gehen, wie sie auch im 18 Jahrhundert unter dem Begriff Gothic Verwendung gefunden hätten. Natürlich geht einem da die Hutschnurr hoch.
Und ich gehe mit dir konform, dass auch ich mir wünschen würde, die größeren Medien, so auch die Printmedien würden sich endlich mal ihrer Verantwortung bewusst werden und damit anfangen vernünftig mit dem Thema umgehen. Versteh mich da nicht falsch: Ich habe absolut nichts dagegen, dass schwarze musikalische Szenemagazine auch über Düstermetal und Düsterpop schreiben (sofern sie sich nicht als spezifisches Gothicmagazin betiteln). Aber wenn darin lieber das 50. Chris Pohl Projekt behandelt wird (was sich meinen unmaßgeblichen Ohren nach wie die anderen 49 zuvor anhört), anstatt auch mal im Underground zu schauen, was sich da so tut, dann ist das einfach nur erbärmlich und selbst eines schwarzen, not-only-Goth-Magazines unwürdig.
wobei mich immer noch eines erstaunt. Früher hörte man sich begierig alles neue an, in der Hoffnung etwas gutes zu entdecken. Heuer kann eine neue unbekannte Band grad machen was sie will, es interessiert niemand, weder jung noch alt, ABER vor allem die jüngeren nicht. Erstaunlich oder?
Nossi, ich fürchte, das hat was mit der heutigen medialen Überreizung/Übersättigung zu tun. Früher gab es nicht so viele, permanent verfügbare Quellen für neue Musik. Da waren die „Verbreiter“ meist Freunde/Mitschüler, dunkle Tanzveranstaltungen/Festivals, Musikmagazine und alternative Radio- oder TV-Sendungen. Da sickerte immer nur häppchenweise und mit Pausen was durch – außer man trieb sich permanent in Plattenläden rum, um sich dort massenweise Musik anzuhören. Aber wer hatte dafür schon die Zeit und das nötige Geld? Im Internet ist Musik 24h/7 Tage kostenlos abrufbar, lässt sich nebenbei konsumieren, man muss nichtmal das Haus verlassen oder kann unterwegs auf dem Smartphone neue Musik anhören. Da geht vieles in der Masse unter, wird nur oberflächlich wahrgenommen… und weniger wertgeschätzt. Das soll nur ein Erklärungsversuch sein, keine Entschuldigung für diesen Wandel.
Tanzfledermaus damit hast du sicher recht, wobei ich dann wiederum nicht verstehen kann, weshalb dann gerade junge Leute sich lieber Szenefremde Musik von Bands anhören, die aus meiner Sicht altbacken klingen, mit all diesen typischen 90ger Jahre keyboards und / oder peinlichen Polka und Schunkel Einlagen.
Finde ich bisschen befremdlich.
Dies gibt mir nun die Möglichkeit, ein sehr brisantes Thema anzusprechen.
Da ich niemand da mit hineinziehen will, im eigenen Kommentar.
Vorweg, es sei den Verwaltern dieser Seite vorbehalten, diesen Kommentar zu löschen, falls ihr dieses Thema zu brisant empfindet.
Was ich befremdlich finde, ist dieser neue Trend, wie Personen die weder Gothic Musik hören noch sonst irgendwie auch nur einen Hauch von Gothic an sich haben, nur aufgrund dem mögen oberflächlicher germanen und wikinger Themen, wohlgemerkt oberflächlicher Natur, darauf kommen, sich selbst als Gothics zu bezeichnen!!!!
Liebe Freunde der oberflächlichen germanen und wikingervereehrung, ich hoffe der ein oder andere von euch wird diese Zeilen lesen.
Die Gothicszene entstand nicht aufgrund von oberflächlicher wikingerverehrung und entsprechend langweiligem SchunkelFolk.
Wie zur Hölle kommt ihr dazu euch als Gothics zu bezeichnen? Es ist nicht schlimm, nicht offensichtlich wie ein Gothic auszusehen. Ich bin da wirklich offen und tolerant. Aber ein 08/15 skinhead outfit und das liken von oberflächlichen wikingerseiten macht aus euch garantiert keine Gothics. Aber garantiert definitiv nicht.
Auch an alle eher normalen Leute die hier ab und dann schmöckern. Rechte stramme Germanenboys die behaupten Gothics zu sein, haben nichts aber garnichts von der Gothickultur verstanden, werft uns bitte nicht mit solchen oberflächlichen Leuten in einen Topf. BITTE NICHT!
Entschuldigung an alle, aber das musste ich mal los werden.
@Nossi: Kein Grund sich zu entschuldigen, du hast völlig recht. (Allein schon das aggressiv martialisch-machohafte das diesen Zeitgenossen zu eigen ist, ist für mich schon inkompatibel mit „Gothic“, von rechtem Gedankengut (ein Widerspruch in sich ;) ) mal ganz abgesehen.
Nossi
Ich kann mir das allenfalls dadurch erklären, dass diese Typen Goth mit dem germanischen Stamm der Goten verwechseln. Wobei die Appropriation des Germanischen durch Rechtsextreme schon an und für sich ein absolutes Unding ist. Die Germanen waren keine Nazis.
Graphiel : Fragen zu beantworten!
1. Geht ohne das musikalische Genre die Subkultur wirklich verloren?
Nein, meiner Meinung nach nicht. Aber ohne musikalische Genre und ohne die Zuordnung wird die Subkultur an den Rändern unscharf. Sie fleddert aus, vermischt sich mit anderen Stilen und wird irgendwann davon aufgesogen. Bisher waren das musikalische Genre „Gothic-Rock“ die Initial-Zündung für die Szene. In den 80ern war dann die Szene „Gothic“ geboren, die allerdings schon nicht mehr nur Gothic-Rock hörte, sondern längst die Fühler ausgestreckt hatte nach Musik, die „passte“. Das sorgte auch für Diversität auf der Tanzflächen. Punks, Mods, Waver, Rocker und eben Gruftis. Erst in den 90ern haben wir uns den Luxus erlaubt, fast ausschließlich mit Musikstilen der „schwarzen Szene“ zu tun zu haben. Seit den 2000ern mischen wir wieder kräftig durch. Verloren geht die bisherige Subkultur nicht, aber sie wächst nicht mehr nach, weil Identifikations-Merkmale wegfallen. Klares visuelles Auftreten auf der Bühne, morbide oder melancholische Inhalte in der Musik, usw. Es fehlt einfach die Abgrenzung zum Mainstream, wenn wir die Genre auflösen und Gothic als Subkultur betrachten, die sich vielleicht noch gemeinsam auf Friedhöfen rumtreibt.
2. Kann sich eine Subkultur nicht auch über einen anderen Angelpunkt, wie dem Substantiv Gothic…
Nein. Faszination für Vergänglichkeit und Tod reicht nicht für eine Subkultur. Musik war immer ein zentrales Element der Szenebildung. Letztendlich sind es Festivals, sowie Clubs und Discotheken, die immer noch eine gemeinschatliche Relevanz haben. Sie sind wichtige soziale Erlebnispunkte der Gothics. Auch in Zeiten des Internet. Musik stiftet gerade für junge Nachwuchs-Goten ein enormes Identifikations-Potential. 90% des Nachwuchses kommt über die Musik und nicht über die Faszination für Vergänglichkeit. Sonst wäre die Lost-Placer und keine Gruftis geworden. Das Interesse an Tod und Vergänglichkeit wächst aus der Leidenschaft für die Musik UND dem Interess an der Szene. Darüber hinaus darfst du nicht vergessen dass die Bühne immer noch ein wichtiger Style-Vorreiter ist. Die Leute vor der Bühne leben sich visuell so aus, wie auf der Bühne.
3. Ist es in dem Zusammenhang dann nicht auch immer ein wenig paradox, die Vergänglichkeit zu feiern, sie gleichzeitig jedoch entschieden abzulehnen sobald das eigene erlebte Szenebild davon betroffen ist?
Ist da so? Mache ich das? Nicht das ich wüsste. Vielleicht musst du hier konkret ausführen, was du meinst. Redest du vom Altern? Demnach wohnt darin tatsächlich ein kleines Paradoxon. Eigentlich müsste alte Gothics sich viel besser fühlen, als junge Gothics. Stichwort Verfall :) Du darfst dabei allerdings nicht vergessen, dass die Gothics SEHR eitel sind und demnach auch sehr darauf bedacht sind „gut“ auszusehen. Und „gut“ ist in unserer Gesellschaft eben jung, faltenfrei, androgyn, whatever.
Robert
„Erst in den 90ern haben wir uns den Luxus erlaubt, fast ausschließlich mit Musikstilen der “schwarzen Szene” zu tun zu haben. Seit den 2000ern mischen wir wieder kräftig durch.“
Ich würde eher sagen, dass dieses genre-sprengende, post-subkulturelle Konglomerat namens „Schwarze Szene“ erst in den 90ern als solches entstanden ist. Das ging solange gut, wie es von einer dunkelromantischen Grundstimmung getragen war. Als diese sich verflüchtigte, was ich in meiner Wahrnehmung Mitte der 2000er ansetzen würde, gewannen Cybertekkno, Emoschlager und anderer dezidiert undüsterer Murks die Oberhand. Ich finde, dass Darkwave durchaus eine atmosphärische Kontinuität aufweist z.B. zu Melodic Death Metal. Zu pseudomittelalterlicher Schunkelmusik schon deutlich weniger.
„Verloren geht die bisherige Subkultur nicht, aber sie wächst nicht mehr nach, weil Identifikations-Merkmale wegfallen. Klares visuelles Auftreten auf der Bühne, morbide oder melancholische Inhalte in der Musik, usw.“
Das sehe ich nun weniger in der Genre-Auflösung begründet. Ich würde im Gegenteil sagen, dass die „Identifikations-Merkmale“ deswegen wegfallen, weil man unter dem Vorwand der Szene-Bewahrung Gothic auf einen formalen Stil reduziert und den Inhalt, den diese Form einst auszudrücken bestimmt war, als „Klischee“ abwehrt, nicht zuletzt aus Angst vor Kontroversen, denn die Szene ist inzwischen in die Jahre gekommen und „arriviert“ und man möchte sich bitteschön seitens der bürgerlichen Gesellschaft als „Kultur“ anerkannt wissen. Da hält man sich eben an die Normen, die vom Bürgertum für „Kulturen“ aufgestellt werden.
Ich weiß, dass ich mich mit dieser Ansicht hier nicht beliebt mache, aber ich finde das meiste, was in den letzten fünf Jahren oder so im Zuge des Synthwave-befeuerten Goth-Revivals an neuer Musik zusammenkam, nicht besonders ansprechend. Das ist mir alles tendenziell viel zu lebensfroh, auch wenn es noch so „stilistisch korrekt“ sein mag. Ich würde sagen: Formal alles richtig gemacht, Geist verfehlt. Ich gestehe sogar ein, dass mein Missfallen teilweise auch dem Umstand geschuldet sein mag, dass die CD als Medium derzeit dabei ist, historisch zu werden und ich demzufolge nicht mehr so viel neue Musik mitbekomme wie früher. Aber seien wir doch mal ehrlich, ewig die 80er nachzumachen ist auch nicht das Gelbe vom Ei, zumal Gothic erst in den 90ern so richtig inhaltsbezogen wurde, also als sie in die post-subkulturelle schwarze „Szene“ einging.
Robert und Yorick nach langer Überlegung, bin ich zu einem Punkt gekommen, der dann doch in die Richtung geht, stirbt die Gothic Szene ohne entsprechendes Musikgenre aus. Inzwischen tendiere ich zu einem sehr deutlichen JA.
Aus einfachem Grund. Stellt euch eine Jazz Szene ohne Jazzmusik vor. Eine Metalszene ohne Metalmusik. Ohne Darkwavemusik und ohne Gothic (GothRock) gibt es keine Gothicszene. Natürlich stimme ich ALLEN Vorwürfen, diese Musikrichtungen seien im Laufe der letzten 15 Jahre nicht mehr gewachsen und mit der Zeit gegangen, zu. Ich werde aber auch nie müde zu erwähnen, in der Gothic Szene gab und gibt es zu wenig Spezialgebiete und zu wenig Akzeptanz dieser Spezialgebiete. DeathRock ist nicht Gothic Rock. Ebm ist nicht Gothic, sondern eben Ebm usw. Da hatte und hat uns die Metalszene einiges vorraus. Black Metal ist eine extreme Nebennische, davon wiederum depressive Black Metal eine Nebennische usw…. ein Metalfan hört nicht automatisch all diese Genres, die es darin gibt.
Der musikalische Aspekt wurde in der Gothicszene zu sehr vernachlässigt, in den letzten 15 Jahren und ich bin überzeugt, genau dieser Umstand führte zu ihrem Zerfall und dem Umstand, es gibt kaum Nachwuchs. Du siehst heute immer noch Teenies mit Black metal shirts. Viele junge Leute begeistern sich für irgendeine spezielle Metalspielart, im Moment ist glaube ich Trash Metal wieder sehr trendy.
Dieser Aspekt fällt in der aktuellen Gothic Szene komplett weg und wenn man mal ein paar Tage darüber nachdenkt, kommt man irgendwann zu dem Punkt, AAAH genau hier ist des Rätsels Lösung obgrund der zunehmenden Oberflächlichkeit und dem Zerfall zu finden.
Die meisten jüngeren die ich in den letzten 10 Jahren kennen lernte hören entweder 1980ger Oldies oder szenefremde Musik.
Was sagt uns dies? Es gibt wohl offensichtlich kaum Bands, die offensichtlich Gothic oder Darkwave relevante Musik machen, welche die jungen Generationen zu begeistern wissen.
Es ist alles zu unspeziell, zu schwammig.
Die letzte große Gothic Rock Welle gab es nach meinen Recherchen 1990-1995 und dann war Finito. War nicht schlimm, weil es viele interessante Musiker und Künstler aus dem alten Darkwave Umfeld gab, die auf ihre Art den dunklen Weg zelebrierten. Aber auch hier war spätestens 2003 die Luft raus. Und dann kam eben nix mehr.
Fazit: Aus meiner Perspektive, zerfällt die Gothic Szene, weil es kaum eindeutige Musikgenres gibt, die deutlich erkennbar Gothic sind.
Jetzt existiert dieses Problem aber seit ungefähr 15 Jahren.
Seit 10 Jahren überschwemmen neue Bands den Markt. Ihre Musik ist oft belanglos, ihr visuelles Auftreten ist oft belanglos.
Yorick gibt zu bedenken:
Geist verfehlt
und exakt dies, ist der treffende Punkt.
Nossi
„Ich werde aber auch nie müde zu erwähnen, in der Gothic Szene gab und gibt es zu wenig Spezialgebiete und zu wenig Akzeptanz dieser Spezialgebiete. DeathRock ist nicht Gothic Rock. Ebm ist nicht Gothic, sondern eben Ebm usw. Da hatte und hat uns die Metalszene einiges vorraus. Black Metal ist eine extreme Nebennische, davon wiederum depressive Black Metal eine Nebennische usw…. ein Metalfan hört nicht automatisch all diese Genres, die es darin gibt. “
Dass Gothic als Stil einigermaßen eng umrissen ist, ist nachvollziehbar. Der springende Punkt ist nämlich, dass es genaugenommen selbst nur eine Teilmenge von Darkwave ist. Dennoch hat es seinerseits nochmal eigene Unterkategorien wie Batcave und Endzeitromantik – ganz ähnlich also wie Black Metal. Darkwave in seiner Gesamtheit ist durchaus breit genug aufgestellt würde ich sagen. Ich gehe eigentlich nicht davon aus, dass z.B ein Virgin-Prunes-Fan einem, der auf Illuminate steht, allzuviel zu sagen hat.
Ich brauche keine weiteren Unterteilungen der „schwarzen“ Stile, der Fächer an musikalischem Spektrum ist doch so schon sehr unübersichtlich.
Viele hören eben nicht nur eine einzige Sparte, sondern je nach Lust, Laune und Anlass was aus dem dunkelbunten Haufen. Ich kenne keinen einzigen Grufti, der ausschließlich Gothrock, Batcave, Darkwave oder was auch immer hört und alles andere beiseite lässt.
Wenn es im Metal-Bereich Usus ist, sich auf ein Subgenre zu beschränken, bitteschön, wer’s braucht. Ich mag lieber aus der Vielfalt schöpfen. Alles andere wäre mir zu langweilig. So sehr ich klassischen Gothrock auch liebe, ausschließlich solchen zu hören, wäre mir auf Dauer zu eintönig.
Ich muss auch nicht jede Band in eine Kategorie pressen können, wenn diese sich im Laufe ihres Schaffens weiter entwickelt. Das muss mir micht gefallen, aber dafür gibt es auch Bands, mit deren Frühwerken ich nichs anfangen kann, deren neuere Alben mir aber richtig gut gefallen (z.B. Klimt 1918).
Es ist richtig, dass inzwischen vieles in die Gothic-Schublade geschmissen wird, was damit eigentlich kaum etwas gemeinsam hat. Wer hier kritisch und genauer hinschaut und mehr als die paar „Szene“-Magazine als musikalische Quelle nutzt, wird schon merken, dass es da himmelweite Unterschiede gibt und eben einige verschiedene Genres innerhalb dieser großen Schublade. Wer nur an der Oberfläche kratzen will, kann dort bleiben, wird aber wenig Tiefe finden und beraubt sich so der Möglichkeiten einer Horizonterweiterung. Wer interessiert ist, wird auf jeden Fall Quellen finden, tiefer einzutauchen und kann sich daraus das Passende zusammensuchen. Das ist doch okay. Nischenpartys und -Festivals gibt es zum Glück noch, ebenso etliche gute neue Bands, daher bin ich derzeit unbesorgt, was den musikalischen Fortbestand unserer Szene betrifft. Stillstand ist was anderes.
Yorick : Das mit dem „Inhalt“ sehe ich etwas anders. Meiner Ansicht nach, haben wir uns den erst im Laufe der frühen Szene-Zugehörigkeit angeeignet. Für mich waren besagte Inhalte NIE der ausschlaggebende Punkt als Grufti herumzulaufen. Grundpfeiler des Einstiegs waren meine Ansicht nach immer Abgrenzung, Provokation und musikalischer Geschmack. Ich fand die Inhalte der Musik inspirierend, aufregend anders und irgendwie sinnstiftend. Erst später wuchs daraus handfestes Interesse für Tod, Vergänglichkeit und sonstige abseitige Inhalte. So ist auch die Musik der 90er für mich die logische Konsequenz aus diesem Interesse. Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis Menschen aus dem Umfeld der Szene FÜR die Szene Musik kreierte, die genau diese Synapsen bediente und den Inhalt in Sachen Morbidität deutlich intensivierte. Ich trauere den 80ern nicht nach, ich schätze die 90er sehr, haben sie doch die Szene genau um diesen Inhalt erweitert. Allerdings finde ich es nach wie vor fraglich, ob eine Inhaltsbasierte Szene ohne einen musikalischen Nenner Bestand und gemeinschaftliches Identifikationspotential besitzt.
Tanzfledermaus : Ja, auch ich liebe die musikalische Vielfalt. Ich habe durch die „Auflösung der Genre“ allerdings das Gefühl, das die schwarze Szene so „bunt“ wird, das wir Festivals, Partys, Veranstaltung und andere Rückzugsorte an eine breite Masse aufgeben, die uns eben das Gemeinschaftsgefühl versaut. Schau doch mal zum Mera Luna, die schon seit geraumer Zeit zusammenwürfeln, wie es ihnen beliebt. Ich fand „The Prodigy“ auf dem Mera Luna einst richtig stark, aber Gothic ist das nicht. Und tatsächlich gibt mir die Stimmung auf jüngeren Festivals recht, Party, buntes Treiben und Musik jeder Couleur. Das gefällt mir nicht. Aber vielleicht hast du recht und es entwickeln sich neue Rückzugsorte, mit „richtiger“ Musik. Dann müssen wir wohl von Zeit zu Zeit alte Mäntel abstreifen.
Ich habe zwar nicht alle obigen Artikel gelesen bzw. Videos angesehen, aber ich habe mir die gesamten Kommentare einmal angesehen und bin positiv angetan davon, wie intensiv Gothic bzw. die Szene in ihre Einzelbestandteile aufgespalten wird und wie angestrengt doch darüber nachgedacht wird, wie alles angefangen hat, wie es sich entwickelt hat, und wie es im schlimmsten oder besten Falle werden könnte. Wenn die Szene schrumpft, manche sagen, gesundschrumpft, bleiben allerdings auch weniger Meinungen übrig, der Diskurs könnte ebenfalls abnehmen. Ob das insgesamt vorteilhaft ist, für was auch immer, weiß ich nicht.
Nach dem Lesen der Kommentare, die ich alle sehr schätze, sind mir jedoch unweigerlich ein paar Gedanken in den Kopf geschossen, die ich einfach mal ausschütte. Kann ja nicht schaden, auch wenn ich nicht so spezifisch die Gesamtentwicklung beurteilen und reflektieren kann, wie manch andere hier.
Ich bin Jahrgang ’85. Ergo habe ich die Anfänge schon mal nicht miterlebt. Ich wäre frühestens Ende der 90er in dem Alter gewesen, in die Szene einzusteigen. Anfänglich mit Bravo und Viva aufgewachsen, war es klar, dass ich irgendwann in die Richtung einer Subkultur tendieren würde. Bei mir war es der Black Metal. Die Phase ist vorbei. Warum, das ist eine andere Geschichte. Von strangen Typen über eine zu nihilistische Gesinnung ist vieles dabei. Ich habe mich erst ca. 2012 in die jetzige Szene eingebracht und eingelebt. Und ich muss hier einmal eine Lanze brechen für die Genrebildung, die es in dieser musikalischen Landschaft ja sehr wohl gibt. Oder gab. Im Black Metal war es übrigens ebenso. Da ist von true über depressive bis hin zu black gaze alles vertreten. Und die Szenediskussion gab es dort, vor allem auf Konzerten und in einschlägigen Foren, ganz genau so, wie hier. Das war nicht immer angenehm. Es war halt eine Phase, in der hitzige Köpfe wissen und letztlich vielleicht entscheiden wollten, wer denn nun dazugehört, und wer nicht. Ich bin nicht gegen diese Diskussionsneigung. Das macht jede Subkultur irgendwann durch. Sie darf nur nicht zu absurd und feindlich werden.
Eigentlich ging es mir gerade um die Genre-Aufteilung. Und konkret denke ich hier an die Entwicklung der 90er. Viele tun so, als wären die dortigen, sehr morbiden und depressiven Auswüchse ein Cut gewesen, der entweder als der Anfang vom Ende gesehen, oder einfach totgeschwiegen wird (siehe hierzu die spärlichen Reaktionen auf den Tod von F. Flaucher, zu dem es hier im Blog einen Artikel gibt). Also wenn zum Beispiel die Neue Deutsche Todeskunst heute nicht als relevant gesehen wird, insofern, dass sie keine Chance für die Zusammenführung und Verschmelzung der Szene hätte sein können, dann bin ich schwer verwundert. Die hat dieser Subkultur doch erst den richtig schwarzen Anstrich gegeben. Wenn ich diese alten Dokus so sehe aus der Zeit, dann bin ich immer sehr beeindruckt von den Styles und dem Habitus, der dort vertreten war. Und ich glaube, dass das auf mich als Teenie ebenfalls eine ungeheure, fast magnetische Wirkung gehabt hätte.
Damit komme ich auch zu dem Punkt, der mir sehr wichtig war, als ich damals eingestiegen bin. Eine gewisse Identifizierung mit anderen über eine gewisse Haltung, die eine gewisse Musik transportiert. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht dort gelandet wäre, wenn es Bands wie Erben, Lacrimosa, Silke Bischoff und Sopor in den 90ern nicht gegeben hätte. Die haben mir in ihrer anfänglich fast nicht zu steigernden expressiven Depressivität vermittelt, dass es okay ist, nicht zu den Normalos zu gehören und es mir erleichtert, das langsam zu akzeptieren. Es zieht einen immer dorthin, wo man glaubt, Gleichgepolte, Gleichgesinnte, Ähnliche zu finden. Irgendwo will man sich verorten, jeder und jede sucht doch nach dem, was ihn oder sie ausmacht. Der Großteil der Gesellschaft wird „normal“, er trägt sich von selbst. Eine Subkultur aber muss daran arbeiten, nicht unterzugehen, und wenn man als Erwachsener standhaft dafür einstehen will, noch dazuzugehören, muss es in der Szene eine Entwicklung gegeben haben, die legitimiert, dass sie immer noch erhaltenswert ist. Dem stehen die medialen und digitalen Entwicklungen der letzten 10 Jahre natürlich ein bisschen entgegen, ich glaube, da sind wir uns alle einig. Vor allem, weil auf allen Kanälen, in jeder Werbung, vermittelt wird, wie schön doch das Leben ist und wie bedeutsam die Jugend und ihre Ideen sind. Alles hat sich da sehr in Richtung Philanthropie entwickelt, der Mainstream ist nebenbei „in“ geworden.
Ich arbeite unter anderem in einem Jugendzentrum, und ich merke, dass diejenigen, die in eine Subkultur wollen a) in Richtung Punkrock gehen und b) allesamt Parallelen aufweisen, was von der Norm abweichende Kindheits- und Jugend-Entwicklungen- und Erfahrungen angeht, vorwiegend mit Bezug auf schwierige Elternhäuser. Die meisten werden dort heute durch den deutschen Gangsterrap abgeholt. Ein Millionengeschäft, das heute noch viel, viel mehr kritisiert werden müsste, wie damals die okkulte, satanische Gothic-Szene. Es ist teilweise kaum zu ertragen, was sich dort Grundschüler und Grundschülerinnen an kriminellen Ideologien aneignen, ich habe es selbst erlebt. Sollen sie machen, auch das halte ich nur für eine Phase. Kein Mensch mit Hirn vertritt das noch als Erwachsener. Um den Bogen noch zurückzuschaffen: In einer Silke Bischoff-Gruppe auf Facebook hat mal jemand sinngemäß geschrieben, dass in der Szene viele vertreten waren, die schwer an ihrer Opferrolle zu tragen hatten. Und ich bin überzeugt davon, dass es gut war für diese Leute, dass sie sich zusammensammeln und austauschen konnten, in Zeiten ohne Internet. In meinen Augen hat die NDT hier als Genrespezifikum überragende Arbeit geleistet und auch mich dort abgeholt, wo auch immer, als es jedenfalls dringend Zeit war, abgeholt zu werden.
Ich verstehe aber auch, dass diese Zeit in den Clubs längst der Vergangenheit angehört, und wenn es nicht bunter, vor allem musikalisch, auf den Tanzflächen geworden wäre, dann gäbe es heute schon keinen einzigen Club mehr, auch nicht in den Großstädten. Selbst die durchmischten Orientierungen in den Kalendern der aktuellen Schuppen stehen doch seit Jahren immer am Rande des Exitus. Die sind nicht zu beneiden, und auch wenn ich dort kaum meine musikalische Ausrichtung wiederfinde, halte ich sie für unterstützenswert. Die kleinen spezifischen Partys, wie ich sie gerne hätte, werfen doch heute nichts mehr ab, das ist eher ein Minusgeschäft. Meine Frage bei all dem ist dennoch: Sind die Jugendlichen heute psychisch immer mehr auf einem same level, sodass melancholische und weltschmerzende Musik nicht mehr der richtige Weg ist, eine gefühlte Andersartigkeit, die ich übriges schon in meiner Kindheit tief gespürt habe, ausgedrückt zu wissen? Manch jemand hier mag diesen Nenner vielleicht nicht als so relevant empfinden, wie ich, doch für mich hat er eklatant mit meinem Gefühl zur Szene zu tun. Und wenn es keine Anknüpfungspunkte mehr gibt, wie in den überwiegend internetlosen Zeiten zu Anfang der 90er, wieso sollte man dann riskieren, in einer zersplitterten, sich vermeintlich auflösenden, Subkultur um Kontakte zu bemühen, für die man seinen Standpunkt unter seinen Mainstream-Freunden- und Freundinnen aufs Spiel setzt. Ich glaube, der Reiz und die Bereitschaft, sich hochgradig abzugrenzen, was die Gothic-Subkultur unter anderem ausmacht, ist einem Prozess des Austausches untereinander gewichen, der natürlich, aber auch kaum mehr zu beherrschen ist. Lange Texte wie hier in den Kommentaren will doch kaum mehr ein junger Mensch in Insta-Spalten lesen, es geht um schnell und unkompliziert. Beides widersprüchliche Attribute bezüglich des gesamten Szenegefühls, meiner Empfindung nach.
Ach, eigentlich wollte ich doch nur mitteilen, dass die NDT und ihr damals vermittelter Schwermut für mich einen festen Platz im schwarzen Getummel haben und dass ich gerne zu dieser Zeit in den Clubs gewesen wäre.
ColdAsLife Ich denke die meisten hier sehen im Bereich NDT dasselbe wie du, nur wird das Kind nicht beim Namen genannt. Ich selbst zähle diese Bands und Künstler zum Darkwave Umfeld, aus einem kontroversen Grund. Die meisten NDT Bands die von Medien als solche bezeichnet wurden, haben diese Bezeichnung stets abgelehnt oder wollten mit dieser Bezeichnung nichts zu tun haben. Ich schmöckere ja gern Interviews, insbesondere solche welche die Anfangszeit eines Künstlers beleuchten. Hier ist auffällig, irgendwann wurde da jede Band rein gepresst, die deutsche Texte verwendete, auch Lacrimosa, auch Sopor Aeternus, sogar Sanguis et Cinis, auch Christian Dörge usw. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, sehr viele Künstler wollten nicht Teil dieses NDT Genres sein. Aber dieses neuartige reduzierte, fand/finde auch ich extrem faszinierend. Auch heute noch.
Und nach meinen Beobachtungen, haben diese Künstler ala NDT/german Post Darkwave, damals auch eine immense Wirkung auf junge Leute gehabt.
Genau hier setzten ja meine Gedanken weiter unten an. Die Gothicszene siecht dahin und zerfällt weil es keine neuen musikalischen Impulse gibt und weil seit vielen Jahren, eine Generation von jungen Menschen fehlt, die neue Impulse setzen. Hier zu inzestieren nach dem Motto Schubladen und Genres bräuchte man nicht, dann akzeptiert man damit auch stillschweigend den Niedergang und die pervertierung der gesamten Szene.
Genau deshalb verwies ich eben weiter unten auf die Black Metal Subgenres, die auch heute noch junge Menschen begeistern und wiederum junge Künstler inspirieren.
Diese Impulse gibt es in der Gothicszene nicht und deshalb hat sich auch die halbe Szene in einen Maskenball der Eitelkeiten entwickelt. Wenn es keine neuen musikalischen Impulse gibt, wird sich dieser Niedergang und die damit eingehende Dekadenz fortsetzen bis zum finalen Kollaps.
ColdAsLife:, @Nossi: Ich setze an Nossis letztem Kommentar an. Wenn ColdasLife sagte, es fehle den (jungen) Menschen heutzutage an Empfindsamkeit, nicht nur in der Musik, dann ist das meiner Beobachtung nach richtig. Ich hatte die Musik des “Gothic/Darkwave“ immer als eine Vielzahl nicht nur negativer Emotionen gesehen. Als Katalysator aller möglichen Emotionen, vor allem als Schwelgen in Melancholie. Wenn die Musiker an eben dieser Stelle andocken, dem Publikum wieder Emotionen zurückzugeben, dann ist die Musik der Szene nicht verloren. Vielleicht gibt es in Zukunft wieder neue musikalische Impulse, die der Szene eine tiefere Qualität der Musik und Empfindungen geben können.
@Nossi: Da magst du sicherlich recht haben, Neue Deutsche Todeskunst ist ja auch ein sehr extravagant klingender Begriff, den würde ein fachfremder Mensch vielleicht eher in der bildernischen Kunst verorten, die ein paar Jahrhunderte zurückliegt. Dass der ein oder anderen Band das zu irreführend und sperrig klang, kann ich verstehen. Zum Darkwave würde ich sie hingegen ohne Weiteres zählen, ja.
Die Frage nach der musikalischen Inspirationslosigkeit sollte berechtigterweise gestellt werden. Ich frage ich aber a), ob es überhaupt noch Neuerfindungen geben kann, oder nicht schon alles abgeschöpft ist (-> deswegen auch aktuelle, recht gute Kopien, jedoch mit „verfehltem Geist“) und ob b) nicht das Ende aller Subkulturen, wie man sie vor der Digitalisierung kannte, ausgerufen werden muss. Denn wenn ja, wieso sollte Gothic da verschont bleiben? Vor ihr sind doch schon zig andere Subkulturen für immer eingegangen. Und Black Metal-Zuwuchs hin oder her – ist der denn so merklich, dass er diesem Metal-Sub-Genre die Zukunft sichert? Ich fand vor Jahren schon, dass es sich auch dort totgerockt hat, weil alles so reduntant war. Nun gut, die verfügen womöglich dennoch über eine andere (Fan/Band)Dynamik. Darüber hinaus geht es hierbei vorwiegend um Konzertbesuche, jedenfalls wäre mir eine Szene, die auf Black Metal-Parties geht relativ neu. Als Metaller in Vollmontur wirst du überdies immer noch wesentlich weniger schräg angesehen, denn als Gothic in Vollmontur. Metal an sich ist gesellschaftlich akzeptierter, von der Musik und auch der entsprechenden Optik her. Gothic weniger, weil diese Musik kaum jemand zuordnen kann, ebenso, wie den Bekleidungsstil. Behaupte ich zumindest.
@Sylvia Plath: Ob pauschal gesagt werden kann, es fehle jüngeren Menschen heute an Empfindsamkeit, weiß ich nicht, aber wenn das so wäre, dann würde einer wie ich das vielleicht traurig finden. Andere wiederum würden sagen: „schaut, wir müssen nicht mehr so auf Gegenkurs zur Gesellschaft rebellieren (abgesehen von politischer Motivation), schaut, wir können unsere negativen Emotionen heute viel schneller in positive umwandeln, die pastellfarbenen, runden Medien und die weltweite Vernetzung machen es möglich, wir erfahren jeden Tag im Sekundentakt neue, positive messages, die mir sagen, dass ich mein Leben lieben soll. Meine Freunde machen da auch mit, also passt doch alles.“
Im Prinzip kann ich dagegen gar nichts Fundiertes kontern. Das Interesse an tristem Tiefschwarz kommt halt noch als Rebellionsform aus einer Zeit, in der so gegen das zu Hause und die Norm Stellung bezogen werden konnte. Das geht aber heute einfacher, bunter, selbstbewusster, mit Millionen von anderen, die deine Haltung stützen.
Und alles, was jetzt noch an „Innovationen“ aus der und für die Szene käme, würde doch nicht lange ein special issue bleiben. Alles geht umgehend viral, deswegen gelten die Bands der letzten 10 Jahre (no offense, ich mag viele davon), doch eben – nicht – als Reformation der Szene. Ich wüsste im Moment auch einfach nicht, wie das noch gehen sollte. Alles Gute war schon da.
Sorry, falls ich etwas zu pessimistisch klingen sollte.
Robert
Nun unter diesen Gesichtspunkten hast du dann natürlich recht. Beziehen wir es auf das schwarze Sammelbecken für düster Musikspielarten aller Art, dann verschwimmen natürlich irgendwann die Grenzen so sehr, dass es kaum mehr möglich ist zwischen den einzelnen Strömungen zu unterscheiden. Ja, in dem Kontext gebe ich dir recht, da machen Genres nach wie vor Sinn. Ich sehe es aber ebenfalls so, dass der Startschuss dieses Sammelbeckens der Musik nicht erst in den 2000ern seinen Anfang nahm, weil dort besonders stark die Genres vermischt wurden. Meines Erachtens nach muss man hier bereits in den Anfängen der Szene nach den Wurzeln suchen, jedoch den 90ern mindestens die Rolle eines reichhaltigen Düngers dieser Saat zuschreiben, wenn nicht sogar eine erste Überdüngung. Das geht natürlich nicht, indem man nur die Musik alleine betrachtet, doch Musik und atmosphärischer Inhalt (selbst wenn dieser nur oberflächlich und lächerlich sein mag) gehen stets Hand in Hand.
Meiner Ansicht nach, war der Inhalt, also die düstere Grundstimmung durchaus schon in den 80ern vertreten. Jugendlich gruftige Rebellion in Form von Provokation, sowie der Wunsch nach Abgrenzung wächst nicht allein aus dem musikalischen Geschmack heraus. Dafür muss meiner Ansicht nach schon eine gewisse schwermütige Grundneigung existieren. Schließlich existierten neben den klassischen Punks und Gruftis auch noch gänzlich andere jugendkulturelle Formen, die mit Melancholie überhaupt nichts am Hut hatten. Und trotzdem gab es auch hier ein Aufbegehren gegen die Norm. Die 90er gossen hier nun aber eine größzügige Schicht Dünger drauf, indem sie diese bis dahin eher weltlich gerichtete melancholische Grundstimmung nun mit Themen aus dem Überweltlichen bereicherten. Ich erinnere hierbei einfach mal an das „esoterische“ Geschwafel über irgendwelche Weltuntergangsprophezeihungen der Marke Nostradamus, wie in deinem vorletzten 90er Video. Das wäre genau so ein Beispiel für diesen Dünger, den ich meine. Und ja, auch Bands der NDT waren hier nicht untätig, indem sie die ehemals weltlich gerichtete Schwermut in überweltliche Formen gossen. Von hier aus kann ich dann aber auch Übergänge zu heutigen Themen der schwarzen „Szene“ bauen, in welchen das Musikgenre bedauerlicherweise nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Seit ich meine eigene Szeneposition (auch dank Spontis) und einem über die Jahre veränderten Musikgeschmack neu ausrichtete lernte ich inzwischen sogar Gruftis der ersten Stunden kennen, die für sich die Eigenbezeichnung Gothics aus genau diesem Grund strikt ablehnen. Gerade weil man in den 90ern mit dem überweltlichen Tamtam anfing. Das sind dann aber auch eher die Gruftis, welche die 90er verfluchen anstatt darin auch die positiven Seiten zu sehen. Ich persönlich sehe darin positives. Auch ich mag diese schwarzbunte Vielfalt, selbst wenn mein musikalischer und inhaltlicher Schwerpunkt nicht mehr der gleiche ist, wie noch am Anfang. Deshalb mag ich aber auch diese Nischenbildung, die meiner Meinung nach nicht eine Rolle rückwärts bedeutet, sondern die Chance auch den ursprünglichen Geschmäckern und Stilen einen Platz zu bieten. Die Großevents wie das Mera Luna sehe ich dabei heutzutage eher in der Rolle des Zusammentreffens und des Austausches der verschiedenen Nischen. Wobei dabei natürlich eine ausgewogenere Vielfalt an Musik der wünschenswerte Zustand wäre. Für alles speziellere gibt es ja noch ganz tolle kleine Festivals.
Und damit komme ich abschließend dann nochmal zu meiner dritten Frage, die ich beim ersten mal offenbar nicht verständlich genug formulierte. Denn nein: Ich meinte damit kein Paradoxon im Bezug auf das Altern und dem scheinbaren Erhalt von jugendlicher Frische. Nein, ich rede hier klar von der Romantisierung des Grabes und des Vergänglichen im Bezug auf die verschiedenen Szenebilder der vergangenen Jahrzehnte. Die Szene der 90er war nicht mehr die Szene der 80er, die der 2000er nicht mehr die der 90er, usw. Wenn ich nun Diskussionen verfolge, welche das „Gothic sein“ zum Thema haben, dann wird von denen, die das heutige Szenebild ablehnen neben dem hören von Musik mit düsterem, melancholischer Stimmung fast immer die Neigung zu Vergänglichkeit, Tod und morbiden Themen als Kriterium des „Gothic seins“ genannt, die du ja in den 90ern als Start verordnest. Wie passt das aber damit zusammen, das die Vergänglichkeit des eigenen erlebten Szenebildes rigoros abgelehnt wird? Das ist das Paradoxon, welches ich meinte und welches (glaube ich zumindest) Yorick auch erkannt hat.
Edit: Mir fiel auf, dass da ein Satz unvollständig war. Hab ihn noch korrigiert
Graphiel
Man könnte auch einfach sagen in der schwarzen „Szene“ wird man schnell alt. Ich war 20 und konnte schon von „alten Zeiten“ erzählen.
ColdAsLife Ob es Neuerfindungen geben kann:
Ja, diese Möglichkeit besteht. Allein mir würden unzählige Variationen einfallen, auf denen man aufbauen könnte. Warum ich es nicht tue? Mir fehlt Talent und Geduld. Aber aus meiner Sicht wäre so etwas möglich.
–
Diese Sucht nach dem perfekten digitalen Klang ist sehr weit verbreitet und erstickt jede Bildung einer individuellen Soundfindung im Keim.
Viele Bands aus den Usa oder Russland, hatten ganz großartige Ideen und dachten ernsthaft, sie könnten, zumindest in der Gothichochburg Deutschland, etwas erreichen. Ich stand / stehe mit vielen Künstlern in Kontakt und es herrscht bei einigen schon eine Verwunderung, weshalb sie schlichtweg ignoriert wurden/werden, obwohl man ihnen wirklich nicht vorwerfen könnte, sie seien lahm, langweilig, untalentiert etc…
Diese Sucht nach dem perfekten digitalen Klang, sollte ein jeder einmal überdenken, der an jungen Bands und Künstlern stetig herum nörgelt.
Black Metal Beispiel. Was ich beobachtet habe, dieses Genre hat Generation für Generation junge Menschen begeistert. Ich urteile nicht darüber, mir ist diese Szene sehr egal, ich finde es nur faszinierend, wie diese Musik seit meiner Jugend Generation nach Generation junge Leute anzieht.
Und dies obschon hier nicht so viel künstlerisches Potential liegt/läge wie in den verschiedenen Kunstbereichen dessen was man weitläufig als Gothic/Darkwave/PostIndustrial/Post Punk bezeichnet.
„Stimmt nicht“ werden nun einige denken.
Sicher? Die Möglichkeiten aus denen da ein junger Künstler schöpfen könnte sind doch gigantisch. Ein Freund von mir versucht eine seltsame Mischung aus Cure, Vendemmian und noch einigen anderen Einflüssen und ich finde, das macht er nicht schlecht.
Etwas neues ist es nicht, war auch nie sein Begehr, ich will nur sagen, man könnte aus einem reichhaltigen Erbe schöpfen, wenn man wöllte. Es gab mal ein Projekt die Dronemusik mit etwas kreuzten, mir erschien es sehr von Bauhaus inspiriert. … Möglichkeiten gäbe es also.
Ich glaube auch immer noch, Bands die einen individuell fordern, unbequem sind, ausufern, nicht den perfekten digitalen Klang verwerten, werden wieder populär. Der Erfolg solcher Bands wie Egrets on Ergot, die wirklich keine leicht verdauliche kost machen, im Grunde ist es sehr kranker lauter Punk, allerdings mit einer Verneigung vor dem PostPunk (JD,BH etc), kommt nicht von ungefähr.
Ende der subkulturen ausrufen? ich bin sicherlich für obskure Individualität. Spreche mich aber für einen Erhalt und die Förderung von Subkulturen aus. Gerade jetzt wo unbqueme Zeiten auf uns zukommen, muss man sich Nischen des Zusammenhaltes suchen.
Allerdings, sollte in diesen Nischen berücksichtigt werden, auch individuelle Freigeister haben darin Platz, nicht nur die genehmen Fähnchwindendreher.
Nossi
Also ich weiß nicht so recht. Ich hatte hier vor sehr langer Zeit mal irgendwo geschrieben, dass das Prinzip Subkultur heute (oder genaugenommen schon seit einiger Zeit) an einem ähnlichen Punkt steht wie die „hohe“ Kunst seit den 1950ern – mithin seitdem Rock’n Roll groß geworden ist. Der sich steigernde Innovationslauf der modernen Kunst hatte sich totgelaufen, irgendwann waren alle möglichen Ausdrucksformen ausgeschöpft. Der avantgardistische Impuls verschwand jedoch nicht, er wechselte lediglich sein Operationsgebiet. So entstanden die Subkulturen, die Avantgarden der Popmusik unter Stichworten wie Alternative/Independent/Underground, und auch hier gab es einen sich immer mehr radikalisierenden Innovationsschub von Rockabilly bis Black Metal und Noise. Nur dass die Bewegungen hier nich auf -ismus endeten (Impressionismus, Expressionismus, Surrealismus etc.) sondern eben Beat, Punk oder EBM hießen.
Die Sache ist nun, dass auch die Pop-Avantgarde sich spätestens Mitte der 2000er totgelaufen hatte. Was waren denn die prägenden Szenen der späten 2000er? Cyber, Emo und Visual Kei. An diesen war nichts, aber auch gar nichts innovatives mehr, es waren nur noch lauwarme Aufgüsse bzw. sogar kommerzialisierte Verschlimmbesserungen von Sachen, die es lange vorher schon gab. Was aber ist aus dem avantgardistischen Impuls geworden? Nun, er hat einfach wieder sein Revier gewechselt, nämlich diesmal von der Popmusik zum Internet. 2005, also ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, als die Ära der Subkulturen endete, entstand Youtube. Und Youtube sollte fortan zur maßgeblichen Plattform gesellschaftlich prägender Bewegungen werden. Und auch hier sieht man dieselbe Überbietungslogik am Werk wie in der alternativen Popmusik vor 50 Jahren und der modernen Kunst vor 100 Jahren – allerdings gesellt sich hier eine stärker weltanschauliche und vor allem politische komponente hinzu. In den späten 2000ern waren die Atheisten die prägende Bewegung im Netz als Reaktion auf den Evangelikalismus unter Bush II. Ca. 2013 kam es dann zur Spaltung aufgrund der erstarkenden neuen autoritären Linken und die feminismuskritische „Skeptiker“-Bewegung gewann die Oberhand. Diese driftete allerdings mehr und mehr nach rechtsaußen ab, so dass sich seit etwa zwei Jahren eine neue explizit linke Gegenbewegung formiert hat, die das autoritäre Gebaren weitgehend abgestreift und sich die libertäre Mentalität und Kommunikationsgepflogenheiten des Netzes angeeignet hat: Lefttube bzw. „Breadtube“.
Diese Bewegungen, die mitnichten als Subkulturen zu verstehen sind, sind die eigentlich prägenden gesellschaftlichen Bewegungen unserer Tage. Darin sehe ich den Hauptgrund dafür, dass Subkulturen heute etwas eigenartig gestriges anhaftet. Hier im Blog wird gelegentlich beklagt, dass die Jugendlichen sich angeblich nicht mehr trauen würden, sich alternativ anzuziehen. Ich kann dem nicht zustimmen. Ich sehe es im Gegenteil eher so, dass man mit äußerlichem Stilgebaren nicht mehr wirklich wen hinterm Ofen vorlocken kann. In einer Zeit, in der sogar Bankangestellte mit Undercut rumlaufen, muss Nonkonformismus sich auf grundsätzlich andere Weise Geltung verschaffen. Im Netz kommt es nicht auf Klamotten an (naja, allenfalls auf Fashion/Beauty-Kanälen, die bezeichnenderweise den Großteil von Gothic-Youtube ausmachen) sondern auf weltanschauliche INHALTE. Hier auf Spontis titelte vor ein paar Monaten ein Artikel dass „Das Äußere schon lange nicht mehr ausreicht um sich abzugrenzen“. Und genau so ist es.
Der Niedergang der Subkulturen hat leider auch einen dramatischen Bedeutungsverlust der Musik mit sich gebracht. Ich hatte ja schon seit langem eine dunkle Ahnung davon, dass meine Einstiegszeit in die „Szene“ eigentlich eine Endzeit war. In den frühen 2000ern lag die Ära der Subkulturen in den letzten Zügen. Damals hatte Musik, hatten Bands, Konzerte, Festivals, Clubs und DJs noch einen völlig anderen Stellenwert als heute. Ich glaube das können die heute nachwachsenden „Zoomer“ sich überhaupt nicht mehr vorstellen. Die heutigen Dark-Synthwave-Bands können an den 80ern alles kopieren – nur nicht die gesellschaftliche Relevanz, die die Szene damals hatte. Die Welt hat sich weitergedreht.