Was zunächst als merkwürdig regelmäßige Wellenform von den Radioteleskopen aufgefangen wurde, klang für die Wissenschaftler merkwürdig. War das eine alte, längst vergessene musikalische Klangreihenfolge, die man vor rund 30 Jahren auf unserem Planeten entwickelte? Womöglich ein interstellares Echo, das die von uns ausgesendeten Signale zu uns zurückspiegelte? Analysen ergaben jedoch, dass es sich um ein stark verzerrtes und vereinfachtes Abbild der ursprünglichen Sequenzen handelte. Als hätte eine fremde Intelligenz die Funkwellen unseres Planeten aufgefangen, remoduliert und zu uns zurückgeschickt. Konnte das sein? Eine Botschaft? Tiefere Analysen förderten zu Tage, dass eine verborgene Trägerwelle in den Klangmustern mehr Informationen mit sich trug als sie für die Generierung von Tönen nötig gewesen wäre. Selbst Dechiffrierungsexperten aus aller Welt sahen sich nicht in der Lage, das komplexe Signal zu entschlüsseln. Einem Zufall ist es zu verdanken, dass das Signal nun doch entschlüsselt werden konnte. Praktikant New Dave war in seiner Nachtschicht gerade mit Reinigungsarbeiten beschäftigt, als er die immer noch laufende Übertragung in den menschenleeren Forschungsräumen hörte. Er schloss einen Fernseher an und koppelte das Signal mit dem Antenneneingang. Was dabei herauskam, war unglaublich!
In den nächsten Tagen überschlugen sich die Ereignisse. Schnelle formte man Antwortnachrichten auf gleicher Modulation und nahm Kontakt mit dem unbekannten Planeten auf, von dem die Signale gekommen waren: Gothic II – Spontis ist mehr als glücklich, euch einen Mitschnitt der Übertragung präsentieren zu können. Hier zunächst das uralte Ausgangsmaterial von unserem Planeten, Gothic I:
Und hier nun, EXKLUSIV in einer völlig überarbeiteten Version der Übertragung, die die Wissenschaftler mit der zufälligen Hilfe von Praktikant „New Dave“ entschlüsseln konnten, Gothic II:
Gothic II? Bestes Rollenspiel für den PC, auch etliche Jahre nach seiner Veröffentlichung noch ;)
Ach so, das Video da. Glücklicherweise hat mich von den auftretenden Künstlern beim M’era Luna (fast) überhaupt nichts angesprochen, sodass ich mich gar nicht erst näher damit befasst habe. Und wie ich gerade sehe, gibt es schon für 2015 viele fettgedruckte Gründe, nicht hinzugehen. Und das Video da. Ist ja furchtbar.
Da beschränke ich mich dann doch lieber aufs WGT, kleine Festivals sowie natürlich Einzelkonzerte…
Wenn ich die Quintessenz richtig verstand, so lautet die Aussage, dass Tor 1 geweihte Nostalgie beinhaltet und Tor 2 den Zonk der Neuzeit.
Daher möchte ich gerne mal den Advocatus Diabolie mimen und behaupten, dass beide Videos von Darstellern durchzogen sind, die sich in Sachen überladener Selbstdarstellung gegenseitig den Kitsch in die Hand geben. Zugegeben, Video 1 besitzt eine bessere Farbgebung und atmosphärische Musik, aber ansonsten…
Bizarres Schauspiel par excellence. Man mag sich im Video Dunkelbunt wiedererkennen und im Video HD sämtliche Ästhetik und Ideal parodiert sehen. Natürlich, nur zu. Aber doch alles rein subjektiv. Da in beiden Fällen nur Bilder und keine geistigen Hintergründen transportiert werden.
Ansonsten empfehle ich einmal einen Selbstversuch, nämlich die Sicht auf die eigene Person mit dem Blick eines Fremden. Wem das gelingt, der wird erkennen, dass es keinen Unterschied zwischen einer geplatzten Haarspraytulpe und Augen-Kriegsbemalung oder einem venezianischer Karnevalsschmuck bzw. einer Schädelmaske gibt. Beides sieht sich im gleichen Maß in der Pflicht zur Befremdlichkeit.
Und das ist ein Denken, dass in der Masse sehr oft fehlt. Ein Denken, dass auch mir persönlich fern liegt. Zwar versuche ich es stellenweise, um zu schauen, ob meine Normalität nicht doch noch zu radikal wirkt, schließlich steht man als Bildungssöldner in der Verantwortung, mit seinem Auftreten den Auftragsgeber zu repräsentieren, aber im Alltag will ich dahingehend auch nicht mit gutem Beispiel vorangehen.
Dennoch, man lässt sich schnell dazu hinreißen, dass man sich und sein persönliches Grotesk als Norm verklärt, um damit das Grotesk des anderen als Abnorm anzuklagen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, dass es nur eine Frage des Standpunktes und der Willkür darstellt. Das mag legitim sein, wenn man die Freundlichkeit besitzt und zu seiner Intoleranz steht. Aber anderenfalls leidet darunter mindestens die eigene Wahrhaftigkeit.
Klar ist das jetzt stark vereinfacht ausgedrückt, denn grundsätzlich gilt es hierbei noch zu argumentieren, ab wann eine Norm angebracht wäre bzw. gar gebraucht wird, um die Grenze zu schaffen, die eine Szene überhaupt als Szene definieren kann. Denn ohne Grenze keine Identifikation; das ist schon richtig.
Auch darf man sich fragen, ob eine Abnorm der Abnormalität nicht der einkehrenden Normalität geschuldet ist. Bzw. nicht doch wieder den Willen zu einer Rückführung zur Normalität darstellt. Quasi die Freude am temporären Abnormalen als Ventil, um sich dann wieder völlig frei der Normalität hingeben zu können.
Aber für einen wie mich, der sich auf reinen Gotenabenden höllisch langweilen würde, weil er seit Jahrzehnten auf marschiermäßige Knusperbässe schwört, und in dementsprechendem Publikum verkehrt, besitzen beide Videos einzig den Charme einer Comic-Con und eine Reaktion, die besagt: Ach schau, wie niedlich.
Oh, das ist ja wie dritte Überarbeitung der klassischen Star Wars – Trilogie :D
Nun, Ian, das heißt ja, dass es noch deutlich schlimmer sein könnte: Immerhin ist es nicht die zweite Star-Wars-Trilogie. ;)
Den Vergleich könnte man natürlich weiterspinnen: Entweder es handelt sich um eine immer noch sehr gute Basis, die im Laufe der Jahre unter ein paar Fehleinschätzungen und falschen Entwicklungen gelitten hat oder es ist die leere Hülle dessen, was die alten Klassiker ausgemacht hat und von dem einige wenige denken, dass sie die Fortsetzung derselben doch eigentlich ganz gut hinbekommen haben. Hmmm…
Um das klarzustellen: Das Missfallen, was ich gegenüber dem M’era-Luna-Video geäußert habe, hat nichts mit Nostalgie zu tun. Da geht es mir ein wenig wie Guldhan, wenn auch nicht unbedingt aus den gleichen Motiven. Nur, weil ich mit dem zweiten Video nichts anfangen kann, heißt das nicht, dass ich das erste großartig finde. Der Star-Wars-Vergleich klingt natürlich ein wenig so, aber da wollte ich einfach Ians Vorlage aufgreifen.
Und natürlich, wenn jemandem das Gezeigte gefällt, von welchem Video auch immer, sei ihm oder ihr das unbenommen. Ich will gar keine “Trve Goth”-Diskussion anstoßen, weil ich vermutlich eines der ersten Opfer einer solchen wäre ;) Aber ja, Comic-Con trifft das zweite schon ganz gut, und ganz ehrlich, dieses Lied im Hintergrund könnte auch im Radio laufen.
@ Guldhan Wenn man es so sieht, dann sind auch aufgepumpte Frösche „putzig“. Man umgibt sich eben gerne mir dem, was man ästhetisch findet – zum Beispiel mit geplatzten Haarspraytulpen (?) – und Gothic II ist nicht ästhetisch sondern scheußlich. Ganz einfach eigentlich… ;-)
In der Tat. Die Frage war deshalb nur, inwieweit man die persönliche Ästhetik zum Werteschema werden lassen kann.
Ach, es geht dabei doch nicht um weltbewegende Dinge – zumindest bewegen diese Dinge allenfalls die eigene kleine Welt – kratzen an dem, was man mag, ärgern ein wenig. Das allumfassende „Werteschema“ an sich steht drei Stufen darüber. Sollte es zumindest. Robert hat das Ganze ja auch eher lustig verpackt und das ist doch auch die richtige Herangehensweise. Man tut sich gerne mit den Leuten zusammen, die einen ähnlichen Sinn für Schönheit und Ambiente haben und vielleicht sogar noch ähnliche Vorstellungen von Freizeitgestaltung, Lebensart und Prioritäten. Ansonsten sind wir doch ohnehin alle Einzelgänger. Gothic I ist mir und sicher vielen anderen hier im Blog einfach näher als Gothic II – Ich nehme die Entwicklung in der Großveranstaltungen-Szene – also im schwarzen Mainstream – mittlerweile mit Humor. Ist nicht mein Ding und ich bleib bei Pikes, Wallegewand und Turm.
Wer/ Was auf Gothic II so alles lebt: Joker(00:34), Hello Kitty ( 00: 40), Prinzessin Lillifee (2:46) Wikinger , Zombies… und scheinbar gibt es dort keinen Sauerstoff ( warum sonst die Atemmasken )
Gothic I war der Ausdruck eines Lebensgefühls der damaligen Zeit zu dem die Musik und die damalige eher isolierte Lebensumgebung (ohne Internet und nur wenige Informationen bzgl. Szene…oftmals Cliquen-Bildung) beitrugen und der noch weitestgehend unentdeckte Kontrast der damaligen Gesellschaft..Gothic II ist ein Kostümball auch weil das gedankliche „Feind-Bild“ Normalo-Bevölkerung (überspitzt formuliert aber man sieht heutzutage ja häufig T-Shirts mit komischen Sprüchen gegen bunt/normal blabla) mittlerweile gar nicht mehr soooo normal und spiessig ist..jedenfalls was das Outfit und Einstellung betrifft (Tattoos, Piercings etc., viele der damaligen Tabus sind gebrochen) und man immer noch meint man wäre total anders…auch irgendwie total schräg nur auch nicht gerade authentisch.
Man lies allzuhäufig Retro wäre doof und die Szene müsste sich entwickeln..bloß wer sich entwickelt (in punkto Outfit, Musik) geht mit dem Zeitgeist und wer mit dem Zeitgeist geht passt sich den jeweiligen Trends der Gesellschaft an, von der man sich eigentlich abheben will…deshalb Grusel-Karneval mit eher konventioneller, radiotauglicher oder aber ganz bööööser Musik…crazy! „Schwarz“ oder „Gothic“ oder wie auch immer wirkt durch so eine Darstellung heutzutage oftmals wie ein künstlich von aussen am Leben erhaltenes Gedankenmuster, daß immer weniger der eigentlichen Realität standhält.
Hach, ich liebe diesen Blog! Wo sonst wie die Bedeutung dieser Videos so differenziert aufgegriffen?
Grundsätzlich habe ich die beiden Videos in einem eher humorvollen Zusammenhang gegenüber gestellt. Als ich das Mera Luna 2014 Video gesehen habe ist mir aufgefallen, dass ich dort KEINE visuellen Parallelen mehr zu der Subkultur gesehen habe, die das erste Video repräsentiert. Für mich dann doch eine Art Wendepunkt, denn bislang hat es in der Wahrnehmung immer wieder Überschneidungen gegeben.
Darüber hinaus habe ich beim Mera Luna 2014 erstmals das Gefühl NICHTS verpasst zu haben, ein Gefühl, dass sich sonst irgendwie bei jedem Festival einschleicht. Mal mehr, mal weniger. Liegt wohl daran, dass ich mich mit nichts vom gezeigten identifizieren kann. Mit anderen Worten: Gothic II ist mir völlig fremd.
Eine humorvolle Herangehensweise ist – so wie Orphi bereits schrieb – für mich die Richtige. Letztendlich kann ich „Entwicklungen“ nicht aufhalten und Trends nicht daran hindern, in die Szene einzudringen. Möchte ich ein Teil der Szene sein (und das möchte ich) muss ich akzeptieren, wie sie sich entwickelt.
ABER (extra groß): Halte ich mich nicht mit Kritik zurück, auch wenn die in diesem konkreten Fall eher unterschwellig stattfindet. Goth sei dank versammelt dieser Blog so großartige Menschen wie Euch, die jede noch so kleine Facette erkennen und für sich ansprechen. GROßARTIG!
@Irmin: Volle Zustimmung! Stundenlang habe ich gespielt und jeden noch so kleinen Winkel von Khorinis erforscht.
Guldhan: Jein (in der Erfassung deiner Quintessenz), bis auf „geweiht“ stimmt alles soweit. Video 1 symbolisiert für mich den „Geist“ der alten Zeit. Auch wenn das ein wenig vage klingt und nicht objektiv zu greifen ist. Dazu passt ganz gut „The Drowning Mans“ Kommentar, der bringt es auf den Punkt. Natürlich steht deiner knallharte Analyse und dem runterbrechen auf das wesentliche NICHTS entgegen. Video 2 hingegen widerspricht dagegen allem, was ich von der Szene erwarte. Nicht nur durch das Gesehene, sondern auch dem Randprogramm. Allein die Nominierung zum „Helga-Award“ steht für sich allein.
Orphi: Ganz exquisit meine Liebe, ganz exquisit. Ich stimme Dir voll und ganz zu. Man könnte meinen, wir hätten was miteinander <3
@Shanti: Sehr schöne Analyse der unterschiedlichen Strömungen, die mittlerweile auf Gothic II ihre neue Heimat finden.
@The Drowning Man: Besser hätte ich sachliche Kritik am Gesehenen auch nicht niederschreiben können. Heutzutage fehlt doch jegliche (visuelle) Kritik an der Gesellschaft. Man möchte möglichst anerkannt, intergriert und für harmlos gehalten werden und tritt mittlerweile äußerlich auch genauso auf. Ein Spiegel der Gesellschaft mit einem leicht andersartigen Klamottengeschmack. Hechelnd nach Anerkennung und Beachtung mit immer neuen Extremen, immer höherer Geschwindigkeit und möglichst viel Abwechslung. Ganz so wie die Informationsflut des Negativen, die mit ähnlicher Geschwindkeit steigt und täglich mit neuen Tabubrüchen die Wahrnehmung des Informierten beansprucht.
Finde den Kommentar von The Drowning Man auch prima!
Zum Thema „Entwicklung der Szene“ hatte ich am WE ein kurzes Statement eines jungen (ok, 27 Jahre) Gruftis aufgeschnappt, der in etwa sinngemäß sowas zu mir sagte wie: Er verstünde gar nicht, was der Quatsch soll von wegen „die Szene müsste sich weiter entwickeln“. Er z. B. will das gar nicht. Ihm wäre lieber, er könne die Uhr zurück drehen. Und er würde uns (Älteren) soooo sehr darum beneiden, daß wir früher „dabei“ waren und die Zeit miterleben durften…
Soviel zu „unserem“ wundervollen Nachwuchs. :-)
(Es gibt sie, auch wenn es nur eine Handvoll Leute sind!)
@Mone vom Rabenhorst: Worin liegt denn dieses „Nachtrauern“? Was – abgesehen vom Styling – wünscht man sich denn zurück? Entwicklung ist unaufhaltsam, die Zeit kann man nicht zurück drehen. Ich denke, wir müssen uns den „Feind“ (die Entwicklung) zum „Freund“ machen und selbst entwickeln anstatt permanent zu jammern, dass etwas verloren gegangen ist.
Worum beneidet der Nachwuchs denn die „Älteren“? Okay, das Zwischenfall als Institution wäre ein Argument. Aber worum denn noch (außer dem Styling)? Das würde mich tatsächlich mal interessieren.Für mich ist das ein Ausdruck einer Form von Unzufriedheit. Der Nachwuchs lässt sich dann vom schöngezeichneten Bild der Vergangenheit blenden anstatt die eigene Vergangenheit im Jetzt mitzugestalten.
Heute gibt es soviel mehr Möglichkeiten der Entwicklung in Szene und eigener Entwicklung, meinetwegen auch mit dem Bewusstsein der Vergangenheit. Ich möchte ganz ehrlich gesagt die alten Zeiten nicht mehr zurück. Klar, wenn es heute wieder mehr Leute in der Szene geben würde, die so aussehen wir früher, fänd ich das schön, aber nochmal in die 80er zurück? Bitte nicht.
Ich werde mal nachhaken und Dir berichten. :-)
Früher war auch nicht alles so toll, wie viele es heute nachträglich zu romantisieren versuchen. In jeder Clique gab es Leute, die mit Herz und Seele dabei waren und die Szene lebten, aber auch ein Paar von denen, die eben ausschließlich die Musik und die Kleidung mochten.
Gerade die Letztgenannten waren in den 90 Jahren die Leute, die aus der Szene verschwunden sind oder den damals neuen Trends, wie New Romantic, hinterher gerannt sind. An dieser Stelle wiederholt sich auch die Geschichte: Was damals die New Romantics waren, eben ein Haufen von Karnevalisten, sind 201x die Neoromantiker. Jene Personen, die damals wie heute einen elitären Status für sich beanspruchen wollen und sich gleichzeitig nach außen hin als ganz normale und biedere Bürger geben.
Nur was sucht dieser Menschenschlag in der Szene (abgesehen von einer stetigen Aufmerksamkeits-Befriedigung), wenn sie doch völlig normal sind? Bei Gesprächen, etwa auf dem „Viktorianischen Picknick“, fiel mir auf, dass ich mich dort mit Gesprächspartnern umgab, denen es an Dingen, wie den Hang zum Morbiden, Todessehnsucht, Interesse am Okkulten, et cetera fehlt. Sie mögen schön ausschauen, sind aber allesamt ohne Substanz.
Auch durch eine modische Flexibilität zeichnen sich heute viele „Szenezugehörige“ aus.
Wie Mone vom Rabenhorst schon treffend bemerkt hat: Glücklicherweise gibt es auch heute noch Ausnahmen und die bestätigen bekanntlich die Regel.
Es würde mich sehr interessieren, was das ganze denn noch mehr ausmacht, ohne jetzt jemandem zu nahe zu treten. Ok, eine schwarz eingerichtete Wohnung kommt evtl. noch hinzu, möglicherweise „gruftige“ Literatur á la Poe oder Lovecraft. Und was fehlt dann noch?
Genau Ian, Musik & Kleidung waren die wichtigsten Säulen. Musik war der Einstieg und das „Transportmittel“ für Stimmungen und gewisse Sichtweisen…ohne die Musik wäre alles weitere (Kleidung, Wohnungsgestaltung, Literatur, Kokettieren mit Symbolen etc.) und somit eine sogenannte „schwarze“ Identität für mich nicht denkbar gewesen. Und natürlich sehe ich die Vergangenheit romantisch-verklärt….denn irgendwie war ich ja auch romantisch-verklärt..bis es mir zu gruselig wurde..hahaha..nein..irgendwann sah ich halt alles relativ und sogenannte Szene-Musik (d.h. Musik die sich der Szene anbiedert und dementsprechend kalkuliert rüberkommt) gab mir einfach nichts.
@Chemantra: New Romantic halte ich für eine Mode-Erscheinung der Früh-80er, in den 90ern gab es sowas eigentlich nicht mehr…aber ok..Erbsenzählerei! Vielleicht meintest du „Endzeit-Romantiker“.
@Mone vom Rabenhorst: Gute Idee. Mich würde aber auch Deine Meinung zu diesem Thema sehr interessieren!
@Chemantra: Genauso sehe ich das auch. Es gab und wird immer Mitläufer und Poser geben, die mit den Themen oder sogar mit der Musik nicht viel verbinden, sondern einfach nur trendy, stylisch oder böse aussehen wollen. Auch die Versammlung von allerlei Subkulturen unter dem schwarzen Schirm „Gothic“ bleibt. Früher waren es eben Grufties, Waver, EBMler und Punker, die sich lose mischten.
Was mir jedoch tatsächlich fehlt – und dafür steht symbolisch dieser Videovergleich – ist die Substanz, von der auch Du schon gesprochen hast. Ich bin damals ganz ähnlich eingestiegen. Wollte cool aussehen, dazu gehören, fand die Musik toll. Ich schnupperte Grabesduft und begann auch Paralleln in Interessensgebieten auszumachen. Okkultismus, Mystik, Vergangenes, historisches Zeitgeschehen, Religion, Romantik, Melancholie, usw. Das Identifikationspotential stieg, ich fühlte mich mehr und mehr als Teil einer „Szene“. Von diesen Dingen – wie du auch schreibst – ist leider nicht mehr viel übrig geblieben, die Szene ist mehr und mehr „glattgebügelt“ und nur noch schwerlich für solchen Themen, die meiner Ansicht nach immer noch interessant sind, zu begeistern. Dabei sollte man meinen, das im Zeichen der Vernetzung die Anzahl derer, die ähnliche Interessen haben, steigt. Tut sie aber nicht.
Und da sind wir beim Mera Luna. 2009 fand auch dem Zeltplatz schon nur noch das statt, dem ich zu entkommen versuchte. Saufgelage, Lästerreien, langweiliges Geschwafel und die Rufe nach „Helga“. Gemütlich Runden bei Grablicht mit der Diskussion über Bestattungsrituale? Fehlanzeige.
@Ian von Nierenstein: Wie bereits bei Chemantra angeklungen, gibt es noch deutlich mehr. Jedenfalls nach meiner Definition. Selten als Einstieg, vielmehr als Erweiterung und Festigung der Identifikation.
@The Drowning Man: „Gab mir einfach nichts“ oder „gab mir einfach nichts mehr“? Relativierung als Prozess der Individualität? Oftmals kommt es mir so vor, als würden sich viele Ältere (nicht auf Dich gemünzt) selbst entfremden. Sie finden es irgendwann „albern“ oder „schon zu oft durchgekaut“ oder als „zwecklos“ sich weiter auseinanderzusetzen. Auch die Ansprüche an die Musik steigen, neue Strömungen werden abgelehnt. Verklärte Romantik? Das Leben zerstörete die Antennen dafür. Die Realität und der Alltag sind viel zu mächtig um sich dauerhaft zu entziehen. Ist es nicht so?
@ The Drowning Man:
Ich find Deine Beiträge echt prima. :-)
Genau in dieser Phase des „romantisch-verklärten“, die ich genau so nachfühlen kann wie Du beschreibst, hast Du, wie Du schreibst, die Szene/Musik „relativiert“. Ich für meinen Teil bin zu diesem Zeitraum „von jetzt auf gleich“ komplett raus (Ausnahme Musik!) und habe mich völlig anderen Dingen zugewendet, die bis dato nur immer nebenher liefen und nun für die nächsten 20 Jahre zu meinem Lebensinhalt werden sollten.
Vielleicht reagiere ich deswegen so „sensibel“ auf alte Videos? Weil es für mich quasi wie „gestern“ war und ich sehe die Leute wieder, mit denen ich zusammen Zeit verbracht habe, wie z. B. in dem 1. Video? Keine Ahnung. Ich schrieb schon mal irgendwo, ich bin nicht so gut im Gefühle beschreiben. Mit den „Kostümierungen“ (Hello Kitty und Co.) in den neuen Videos kann ich einfach nichts anfangen.
Seit Mitte 2012 finde ich nach langer Abstinenz langsam wieder den Weg zurück und durch verschiedene persönliche Erlebnisse seit 2012 merke ich, wie sehr mir das alles doch gefehlt hatte. Leider fehlt mir für viele Themen/Aktivitäten heute leider einfach die Zeit. Im Prinzip „feiere“ ich für meinen Teil daher den „guten, alten Zeiten“ hinterher und freue mich immer, wenn ich „Nachwuchs“ erblicke, der – zumindest erstmal rein optisch gesehen-, sein Herz ebenso am „Grufti Old Style“ verloren hat.
Was mir persönlich aber das Wichtigste ist: Daß ich mich aktuell richtig wohl so fühle, in dem was ich mache und tue und was mit mir grad passiert.
@ Robert:
Was ICH mir zurück wünsche? Die Atmosphäre (auf privaten Treffen und Partys in ganz Deutschland) mit interessanten Menschen insgesamt, die ich mit Worten leider nicht beschreiben kann und die heute nirgendwo mehr zu finden ist.
Ansonsten bin ich so oft Deiner und auch Orphis Meinung in vielen Eurer Textbeiträge, so daß ich mich nicht veranlasst sehe, das Ganze in neue Worte zu fassen. Einmal reicht für mich, find ich, hab ich Anfang des Jahres gemacht, da sprudelte es mal kurz aus mir heraus – wenns auch nur eine spontane Kurzfassung war. Neue Weisheiten wirst Du daher von mir nicht erwarten dürfen. Mein Leben besteht im Gegensatz zu Dir, Robert, nicht darin, täglich in der Freizeit nach der wahren Trveness des Gruftisdaseins zu suchen und das immer wieder neu zu formulieren. :-* (Da wir uns ja ein ganz kleines bisschen privat kennen, weißt Du ja, was „Alltag“ für mich bedeutet. ;-) )
@ Chemantra:
Weder damals – noch heute, kannte/kenne ich jemanden, der wirklich „Todessehnsucht“ hatte. Mir ist auch kein (persönlicher) Fall von Grufti-Selbstmord bekannt, und mein Bekanntenkreis zog seinerzeit sehr weite Kreise.
@Ian:
Säulen trifft es gut. Die Musik kann man auch als Katalysator für das innere Gefühl bezeichnen und ich finde schon, dass es mehr ist, als nur Musik zu hören und düster auszuschauen. Treffend und völlig allgemein würde ich sagen, dass es alles das ist, was heute als Klischee bezeichnet wird; The Drowning Man und Robert benennen es:
Damals wie heute gibt es Themen und ganze Themenbereiche, die als Quasi-Indikator herhalten könne, wie etwa das San Bernardino alle Ossa in Mailand; dort fiel mir besonders auf, wie viele sich angewidert abwenden.
Vieles ist heute in Vergessenheit geratren, wie etwa die Zelebrierung der Sonnenwenden, an denen man sich mit dem Kern der Alten Clique am Feuer zusammenfindet, um über Gott und die Welt zu reden.
@Drowning Man: Es war irgendetwas mit Romantik. Ich meine auch, dass damals die Bravo ausführlich darüber berichtet hatte.
@Robert:
Der Einstieg ist bei allen ein Prozess. Bei mir war es die „The Head on the Door“, die mich in die deutsche Szene trieb und bei „Kyoto Song“ sterbe ich heute noch innerlich tausend Tode! Vieles kam dann mit den Jahren und wie du schon angemerkt hast, so etwas braucht auch Zeit. Eine Binsenweisheit sagt auch: „Was schnell heiß wird, kühlt rasch ab.“
Die Beobachtung vom Mera Luna trifft es, es wunderbarer Szene-Indikator.
Die Debatte über eine kaputte Szene läuft nun schon seit über 20 Jahren: Nach der Deutschen Einheit war sie kaputt, gegen Ende der 90er Jahre war sie auch kaputt, ein paar Jahre später, heute, morgen wird sie es auch noch sein.
Ich persönlich dachte, dass mit dem Zusammenbruch des 2000er Treffens eine Art von Heilung einsetzen würde und die Selektion beginnt, aber es wurde alles noch schlimmer.
Aus persönlicher Sicht würde ich sagen, dass insgesamt ein allgemeiner Zusammenhalt fehlt. Ganz massiv war dieser auf den ersten Treffen zu spüren. Schon damals war die Szene nicht mehr Homogen, aber es fühlte sich so an.
@Mone vom Rabenhorst:
Es ist vielmehr ein Schlagwort, das ich ebenso gut als Melancholie oder fixe Gedanken hätte benennen können. Mir selbst ist auch niemand bekannt, was aber nicht heißen soll, dass es das nicht in der BRD gegeben hat.
Am Schluss will ich noch betonen, damit die Einstellung über der Kleidung liegt. Gerade bei der älteren Generation wisch der Teller/das Vogelnest einem konventionelleren Erscheinungsbild und die Spitzschuhe packt man auch nur noch zu ganz besonderen Anlässen aus. Wohl denen, die nach 25 Jahren noch true ausschauen.
Um die Frage mal aufzugreifen, da ich auch zu denen gehöre, die in den 80er Jahren noch nicht mal in Planung waren: ich für meinen Teil hätte einfach unglaublich gerne erlebt, wie das, was mir so wichtig ist ersteht, sich entwickelt und wächst. Generell wären die 80er voll mein Ding gewesen und ich hätte auch das Miterleben der damalig gesellschaftlich herrschenden Umstände, die solche Bewegungen mitformen, unglaublich gerne miterlebt. Das Gefühl und die Atmosphäre von der mein heute mein, dass sie damals existierte. Eben weil, wie du sagst, man heute nur das Bild des „ewig besseren Damals“ hat. Klar, ist das verklärt und sicher ist der Wunsch, damals dabei gewesen zu sein an romantisierten Idealen orientiert. Ja, irgendwie ist es auch ein bisschen Unzufriedenheit. Weil es so unglaublich schwer erscheint heute noch mitzugestalten und Menschen zu treffen die ähnlich empfinden wie man selbst. Weil sich die ganze Sache in einer endlosen Differenzierung aufzulösen und an Substanz zu verlieren zu scheint. Weil mich dieses blöde, wir sind alle ganz nett und eigentlich nur ein Otto-Normal-Verbraucher in schwarz nervt. Weil „meine Generation“ mir nur zu häufig als unreflektiert, meinungslos, konsum- und medienverblendet und ja mal so gar nicht rebellisch erscheint, eher im Gegenteil.
Grundsätzlich bin ich aber auch der Meinung, dass man nur bemüht sein kann sich das jetzt so zu gestalten, wie man selbst sich das vorstellt, zumindest in seinem eigenem Umfeld.
Auch ich wollte die Frage aufgreifen, „wieso der Nachwuchs die ‚Älteren‘ beneidet“, aber Flederflausch hat es schon exakt auf den Punkt gebracht!!
Vielleicht greife ich einfach ein paar Punkte auf:
So geht es mir auch! Wie anderer Stelle schon öfter erwähnt, fühle ich mich dieser Zeit, der Zeit der 80er, einfach sehr verbunden. Sehr gerne hätte ich miterlebt, wie sich die „ersten Grufties“ zusammenrotteten, sich trafen, den Klängen der neu aufkommenden Musik lauschten und in studendenlangen Gesprächen bei Kerzenschein über Sinn und Unsinn des Lebens und der Welt diskutierten – sowas gibt es einfach nicht mehr, zumindest nicht in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Wahrscheinlich kommt dieses Vorstellungsbild der beschriebenen Szenerie aus Büchern, die ich über die Anfänge der Szene laß, Videos die ich sah und Gesprächen, die ich mit ‚Älteren‘ führen durfte und ja, wahrscheinlich ist dies alles verklärt-romatisiert, aber das ist m.E.n. etwas allzu menschliches – im Nachhinein wird die Vergangenheit immer romantisiert. Wahrschienlich war früher nicht „alles besser“ – ganz im Gegenteil wahrscheinlich: Ich könnte mir vorstellen, dass es damals noch schwieriger war einfach mal so durch die Stadt zu laufen ohne komische Blicke oder abwertende Kommentare über sich ergehen lassen zu müssen und von der Zeit in der DDR mit Stasi-Verfolgung etc. wollen wir erst gar nicht anfangen…
Ich weiß nicht, ob ich es „Unzufriedenheit“ nennen würde, aber mir fällt auch kein besseres Wort ein – ich weiß was du meinst, Flederflausch! Erneut kann ich dir nur voll und ganz zustimmen! Auf Partys (ich rede jetzt von den „normalen“ Wochenend-Partys in meiner Region und nicht von irgendwelchen Konzerten oder (Mini-) Festivals, denn da ist es Gott sei dank ganz anders!) bin ich eigentlich immer so ziemlich die Einzige, die diesen „Trad-Goth-Style“ in Anlehnung an die 80er noch hat. Es vergeht kein Wochenende, an dem ich nicht (hauptsächlich von Älteren) auf meine toupierten Haare angespochen werde – dies sind immer sehr positive Komplimente à la „Das finde ich ja so schön, dass sich heute noch jemand die Mühe macht, sich so zu sytlen“ oder auch mal „krass, geile Haare“. Natürlich freut man sich über solche Aussagen, dennoch fühle ich mich manchmal sehr alleine und frage mich, ob ich überhaupt noch zwischen diesen „Band-T-Shirt-tragenden-Normalo-Grufties“ und „Gasmasken-Trägern“ richtig bin. Deswegen auch der „Wunsch“ danach in den 80ern gelebt zu haben: Es gab einfach mehr Leute (denke ich zumindest), die so aussahen und man hätte sich wohl nicht ganz so alleine gefühlt… Aber das ist natürlich auch nur eine Mutmaßung. Generell habe ich das Gefühl, dass es „damals“ einfach einen besseren Zusammenhalt gab, wie hier auch schon in einigen Kommentaren anklang – wahrscheinlich liegt dies auch daran, dass es damals noch nicht so viele Splittergruppen gab (!?). Und hinzu kommt noch: die Musik! Mit dem heutigen als „düstere Musik“ deklarierten Zeug kann ich einfach nichts anfangen… Die damalige Entwicklung von heutugen Größen wie Cure, Bauhaus, Banshees etc. etc. hätte ich einfach gerne miterlebt. Natürlich finde ich es total schön, dass heutige, kleine Underground-Bands diesen Sound aufgreifen und es viele gute „neue“ Bands gibt, die sich an den alten Meistern orintieren, aber da klingt auch wieder meine „Retro-Verklärung“ durch… ;) Deswegen kann ich mich auch mit dem ersten Video sehr gut identizifieren und frage mich bei dem zweiten, was das alles soll, das ist für mich nicht „meine Szene“.
Besser kann ich es nicht formulieren! Bloß nicht auffallen wollen ist m.E.n. die Devise Vieler geworden. Die Gesellschaft verlangt angepasste, sich an den Normen orientierte Spießbürger, ansonsten wirst du schief angeschaut, belächelt, degradiert, abschätzig behandelt – und wer will das schon? Wer „traut“ sich das? Wer möchte auf seinen Traumjob oder seine Traumwohnung verzichten, nur weil er für den Personaler oder Markler nicht in das Bild des „anständigen Bürgers“ passt?
Kleine, dazupassende Annekdote zum Schluss: Ich wurde gerade letztes Wochenende früh Morgens nach dem Feiern am Bahnhof von einem Herren meines Alters mit offenen Mund angestarrt und auf meinen fragenden Blick hin, sprudelte es aus ihm heraus: „Wow, du bist ja mutig, dass du dich traust so herum zu laufen…“ Tja, was soll man dazu noch sagen? Mir fällt nichts ein… Ich finde es eigentlich nur noch traurig…
Flederflausch + @Black Bat: Ich verstehe, was ihr meint. Ich versuche meine Eindrücke aus dieser Zeit zu schildern. Die 80er waren rückblickend ein sehr bewegtes Jahrzehnt, das von politischen Umbrüchen, kaltem Krieg und Katastrophen geprägt war. Im Gegensatz zu Heute waren allerdings die Medien nicht ganz so omnipräsent, mit 15 oder 16 habe ich nur Nachrichten geguckt, weil die vor dem Film oder dem Krimi liefen. Die Schule war dann eher der Schmelztiegel der Meinungen, Rebellion und Opposition. Ich habe einfach viel weniger von allem mitbekommen.
„Meine Generation“ war in ihrer Jugend genauso unreflektiert, meinungslos und konsumverblendet wie die heutige Jugend, die ihr anprangert. Wenn du damals keine Jeans von Vanilia hattest warst du unten durch, ein Walkman mit Autoreverse war Pflicht und auf dem Sweatshirt musste ein übergroßes Logo prangern. Meinung? Fehlanzeige. Abends traf man sich zum lästern und flirten oder im Jugendclub zum kickern. Im Sommer ins Freibad und am Wochenende in die Disco. Niemand hat sich dafür interessiert, dass man ein paar Kilometer von meinem Wohnort entfernt Langstreckenwaffen stationierte. Die neuesten Platte von Madonna oder der neueste Kuschelrock-Sampler waren wichtiger, jedenfalls für die, die schon einen CD-Player hatten. Ich will mich da gar nicht ausschließen.
86 hatte ich das erste mal Angst, als man alle Salate wegschmeißen musste, die Spielplätze gesperrt wurde und in den Nachrichten täglich über „die Wolke“ berichtet wurde. Man fühlte sich hilflos und ausgeliefert. „Da muss man doch was unternehmen!“ Hat man auch, in Brockdorf und sonstwo hat man demonstriert. Aber ohne mich. Das Taschengeld habe ich lieber für die neueste Platte von Depeche Mode ausgegeben. Verdammt, ich war so unreflektiert!
Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber das sind meine Erfahrungen.
Es gibt lediglich eine Sache von „früher“, die tatsächlich besser war. Der Zusammenhalt (Chemantra hat es angesprochen) war größer, es war mehr Verlass aufeinander. Warum war das so? Nun, ich kann nur spekulieren. Vermutlich liegt es an den eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten. Es gab den Schulhof, das Telefon und (bei uns) die Treppen vor dem Theater, wo man sich immer traf. Hast du Dich verabredet, musstest du dich auch daran halten, schnell mal absagen via Mail, SMS oder Handy war ja nicht. Warst du nicht verlässlich, wurdest du nicht mehr gefragt. Fertig. Heute unvorstellbar, aber damals trafen wir uns Freitags Nachmittags an der Treppe vor dem Theater mit 20-30 Leuten, nur weil man sich innerhalb der Woche ansprach und einander einlud. Heute unvorstellbar. Es gäbe ständig Rückfragen, FB-Einträge, Zusagen und Absagen im stündlichen Wechsel und die, die sonst immer kommen schreiben schnell eine SMS, dass sie später kommen.
Über den Sinn und Unsinn des Lebens haben wir jedoch nicht gesprochen, sondern häufig über Liedtexte, die wir mit rudimentären Englischkenntnissen übersetzt haben. Aber ansonsten gab es die üblichen Lästereien und erstaunte Fragerunden, woher man den das silberne Kreuz um den Hals hatte.
Ich möchte an dieser Stelle provokant nachfragen: In deinem Bekanntenkreis gibt es sowas nicht mehr? Wartest du darauf, dass sowas von alleine kommt? Das klappt nicht. Du musst die Sache selbst in die Hand nehmen. Einen neuen Bekanntenkreis aufbauen, dich mit Leute treffen und verabreden. Das ist anstrengend, weil du dich durch hunderte schwarze Blender kämpfen musst. Cliquen wie in den 80ern beruhen auf Verlässlichkeit und darauf, dass man sich nicht schon via Mail, FB und SMS austauschten.
Das Internet ist Fluch und Segen. Ende der 80er bin aus der Szene raus, alle Grufties in Mönchengladbach waren weg – oder nicht mehr sichtbar. Und alleine in schwarz rumzulaufen ohne den Kontakt zu Gleichgesinnten verändert Dich. Entweder du bist Individualist genug oder orientierst dich neu. Freundeskreise in den 80er mussten gepflegt werden, sonst hat man sich schlicht aus den Augen verloren und nie wieder gesehen.
Heute haben wir das Internet. Ihr habt das Internet. Ein tolle Möglichkeit! Nutzt die Möglichkeiten um das Gefühl, dass ihr in den 80er vermutet, ins heute zu transportieren. Also ich 2007 wieder zur Szene gehören wollte, hatte sich in Mönchengladbach nicht viel getan. Ich war allein mit meinen Vorlieben, Interessen und Gedanken. Mit dem reflektieren in diesem Blog habe ich unzählige Menschen kennengelernt und erkannt, dass es viele gibt, die „Gothic“ noch so begreifen wie ich. Und mittlerweile findet sich sogar wieder eine Art Clique, mit der man sich trifft und über Goth und die Welt spricht. Fast so wie früher.
Und wisst ihr was das Beste ist? Alles, was ich von damals vermisse, finde ich in aktueller Form. Auch düstere Musik von neuen Bands. Düstere Menschen, Friedhofsliebhaber und Pikesträger jeden Alters. Es gibt die guten Gespräche auch mit jungen Leuten, viel Potential, viele Gedanken und Grablichter sind immer noch günstig. Die Melancholie, die zum Gruftie-Sein dazugehört, gibt es auch noch. Die Ängste und Sehnsüchte haben nur neue Gesichter.
Erstickt nicht an der schwarzen Oberfläche, hier unten gibt es noch viel mehr zu entdecken ;)
Vielen Dank, Robert, für deinen lebhaften Bericht aus den 80ern!
Sicher, das von dir beschriebene Szenario wird wohl immer so bleiben. Ich sprach jedoch nicht unbedingt von der „Jugend“ von 14-18-jährigen (im Sinne des Jugendschutzgesetzes), sondern Mitte/Ende 20-jährigen. Da man von Erstgenannten wohl kaum schon eine so differenzierte Weltsicht erwarten kann, da eben, wie du auch schriebst, andere Dinge wie Jungs/Mädchen, Klamotten oder heute vielleicht noch das neuste Smartphone wichtiger sind. Aber ab einem gewissen Alter kann man m.E.n. schon eine gewisse Auseinandersetzung mit den Themen der Welt „verlangen“, aber dies findet – soweit ich es mitbekomme – auch unter den „älteren Jugendlichen“ nicht mehr oder nur sehr bedingt statt.
Genau das ist das, was ich so traurig finde! Sicherlich ist über das Internet/Social Media Vieles leichter, aber auch um einiges schnelllebiger. Ich glaube, ich bin da vielleicht auch einfach „altmodisch“ was Verabredungen angeht – einmal zugesagt, bleibt es auch dabei – aber ich erlebe natürlich Viele, die sich erst nicht definitiv festlegen wollen und dann kurz vor knapp doch meinen noch absagen zu müssen… Und irgendwo irgendwen einfach mal ansprechen!? Da wird man auch eher komisch angeschaut oder man bekommt die Nachfrage, ob es ein „Test“ sei ;)
Natürlich warte ich nicht darauf, dass so etwas alleine kommt! ;) Ich erlebe jedoch auf (wiederholte) Nachfrage, dass einfach Niemand ein wirkliches Interesse daran hat. Sogar gemeinsame Festival-/Konzert-Besuche werden lieber über Facebook per Nachrichtschreiben geplant als persönlich. Jeder hat immer irgendetwas anderes vor und es findet sich kaum Zeit für gemeinsame Stunden. Klar, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – von daher gehe ich einfach mal davon aus, dass der Wille nicht allzu groß ist.
Ich versuche immer wieder neue Leute kennen zu lernen und ich bin froh, dass mir das auch gelingt und ich dabei viele liebe Menschen kennenlernen durfte, die in der ein oder anderen Hinsicht genauso denken wie ich! Leider ist es aber vielfach auch so, dass es sehr, sehr schwierig ist Anschluss bei schon etablierten Freundeskreisen zu finden. Das ist wohl überall so – auch in der Gruftie-Szene, denke ich!
Vielleicht darf man nicht immer alles so „schwarzzeichnen“, denn so schlimm ist es alles auch nicht – wie du schon gesagt hast, Robert, es gibt viele positive Dinge in der heutigen Zeit – es ist ja nicht so, dass ich resigniert in der Ecke sitze und mir wünschte in einer anderen Zeit geboren worden zu sein. Man muss selbst aktiv werden und versuchen das zu ändern, was einen stört und das versuche ich tagtäglich. ;)
Was genau meinst du mit „Oberfläche“?
Ganz genau! Wäre es anders, würde ich mich wohl in der Szene auch nicht so wohlfühlen! Wie gesagt, es ist nicht alles so schelcht und früher war auch nicht alles besser! ;)
Na, da muss ich jetzt aber mal heftig widersprechen, Herr Forst. Es mag sein, dass DU unreflektiert warst und dass Du Dein Geld nur für Depeche Mode und Freibad ausgegeben hast.Bei mir war das absolut nicht so. Wir waren sehr engagiert in Sachen Umweltschutz – es gab damals die ersten Schulhefte aus Recycling-Papier, Jute statt Plastik, Atomkraft, nein danke! Karl, der Käfer, wurde nicht gefragt… Wir haben Altpapier gesammelt (damals sind wir noch mit Traktoren rumgefahren und haben „Pakete“ aufgelesen), wir haben im Dritte Welt Laden eingekauft und und und – Tschernobyl war DER Supergau – von da an war nichts mehr, wie es vorher war. Wir haben gegen Gewalt und den (kalten) Krieg protestiert, wir waren sehr aktiv. Hey, wir haben sogar für die Kumpel in Duisburg-Rheinhausen protestiert und für Falcos Jeanny (Jeanny lebt!)
Allerdings hatte das alles null komma gar nix mit der schwarzen Szene zu tun. Es war der Zeitgeist.
Orphi: Schön Dich zu lesen :) Ich hoffe doch sehr, dass du mir widersprichst, sonst wäre ich enttäuscht. Aber Schulhefte aus Recycling-Papier, Jute-Beutel und Anti-Atomkraft-Aufkleber als Engagement in Sachen Umweltschutz zu deklarieren finde ich mutig ;) Vom Karl dem Käfer hatte ich sogar die Platte! Okay, das mit dem Altpapiersammeln lasse ich gerade eben noch so durchgehen. Ich habe bedrucktes Papier in die Briefkästen geworfen, weils Kohle dafür gab ;)
Ich dachte bei meinem Kommentar eher an „größere“ Sachen, so wie du bei den Protesten gegen den kalten Krieg und die Demo in Rheinhausen, obwohl die sicherlich nichts mit Umweltschutz zu tun hatte. Da war leider nicht viel los. Ich habe zwar von den meisten Sachen gewusst, war aber eher mit mir selbst beschäftigt und hatten nicht den richtigen Freundeskreis. Die kleine schwarze Szene, in der ich steckte, hatte zwar eine Ablehnende Haltung (Anti Atomkraft-Sticker und markige Sprüche auf den Schultaschen) aber der Protest war eher passiv.
Wie gesagt, ich habe (habe ich doch?) nur von mir und meinem Bekanntenkreis gesprochen. Und ja, ich war unreflektiert, naiv und nahezu frei von Rebellion. Das hole ich heute alles nach, jedenfalls ein bisschen. Ich frage mich jedoch, inwieweit die Impulse von Dir ausgegangen sind oder ob du „nur“ mit der Clique mitgeschwommen bist. Ich vermute, dass ich in einer anderen Clique ähnliche Erfahrungen gemacht hätte.
Und: Lag es überhaupt in der Intention der schwarzen Szene aktiv zu protestieren? Ich kann mich nicht wirklich daran erinnern.
@black bat:
Das was du als Eindruck in den Discotheken beschrieben hast: „ dennoch fühle ich mich manchmal sehr alleine und frage mich, ob ich überhaupt noch zwischen diesen “Band-T-Shirt-tragenden-Normalo-Grufties” und “Gasmasken-Trägern” richtig bin.“ Das ist die Oberfläche. Im prinzipg bist du richtig. Diesen Eindruck hatte ich in den 80ern genauso. Ich stand in dem Jugendclub zwischen jeden Mengen Blue-Jeans trägern und Punks in Bierlaune, zwischen Fönfrisuren aus der Bravo und Neonfarbenen Röcken um „The Cure“ zu hören. Aber wie früher sind auch heute Leute darunter, die einen zweiten Blick verdient hätten ;) Ich weiß aber, dass du fündig wirst. Du scheinst mir viel von dem zu haben, was mir fehlte.
Ja das kenne ich! Leider geht es mir auch so. Ich muss mir gemeinsame Stunden auch immer erkämpfen. Es ist ja nicht so als wäre ich das leuchtende Beispiel für Verabredungen, im Gegenteil. Ich bin schon ein wenig traurig, dass ich offensichtlich nicht viel von „früher“ festhalten konnte und dem Zeitgeist erlegen bin. Daher sie es nicht als „du bis doof und ich bin viel besser“, sondern eher als gemeinsames aufraffen in einer bessere „frühere“ Zeit ;)
Warum? Als Teenager kann man ja nun nicht viel mehr machen, als sich aktiv mit solchen Themen auseinanderzusetzen und ein Bewusstsein für diese Dinge zu schaffen – vielleicht auch bei den Eltern. Meine haben zumindest ziemlich irritiert geschaut, als ich verkündet habe, dass ich kein Fleisch mehr essen werde. Ob das mit der Clique zu tun hatte? Möglicherweise. Ich war im evangelischen Jugendzentrum aktiv damals – dort waren diese Dinge nicht zuletzt durch recht viele „Ökos“ immer Thema. Das war die Stufe vor der „schwarzen Szene“. Das Bewusstsein war also schon da, als ich mich in die Gruft begab. :-) Dass ich mich aber DESWEGEN in die Gruft begab, ist unwahrscheinlich. Das waren dann doch eher die Musik und die ästhetische Heimat rund um Herrn Smith und Co.
Nein, lag es nicht. Ich schrieb ja: Mit der Szene hatte das nichts zu tun. Dort haben sich vielleicht auch (!) Leute eingefunden, die „weiter“ und „tiefer“ gedacht haben, aber ich habe keine aktive Protestaktion mit Schwarzkitteln in Erinnerung – ganz im Gegenteil. Das war dann eher Protest-Party ;-)
Black Bat, in einigen Punkten hast du mich schön ergänzt und ich sehe einiges das ähnlich wie du :)
So geht es mir auch von Zeit zu Zeit. Mitunter kommt nur das vor wie ein riesen Großer Zirkus. Ich darf aber immer wieder die Erfahrung machen, dass, schaut man genau hin, sich das als Trugschluss erweist. Oftmals hilft es da den Mut zu haben und mit den Leuten in Kontakt zu treten, da zeigt sich dann mehr als man anfangs vermutete.
Auf der einen Seite kann ich das nachvollziehen, vieles von dem was heute musikalisch so unterwegs ist entspricht nicht meinem Geschmack. Auf der anderen Seite muss ich aber auch sagen, dass ich doch finde, dass die Szene musikalisch heute noch viel zu bieten hat, wenn man sich über das, was gängiger Weise so kursiert hinaus bewegt und etwas Recherchearbeit betreibt.
Robert, danke für den Bericht deines Erlebens und danke auch, dass du die ganze Schwarzmalerei etwas vertreibst. Was „deine Generation“ angeht hast du sicher Recht. Vermutlich ist das ein Problem jeder Generation (schon die Griechen motzten ja über „die Jugend von heute“) und ich denke aus der jüngeren Perspektive sieht man das gerne verblendet bzw. nimmt auch nur das wahr was dargestellt wird und das erscheint einem ebenso „besser“. Es geht mir, wenn ich mich darüber mokiere, nicht vorrangig darum, dass alle sich irgendwo engagieren und versuchen die Welt zu retten, was ich oft vermissen, ist der Eindruck, dass solche „schwereren“ Themen Eingang in die Gedanken finden und man sich kritisch damit auseinandersetzt. Schon das schwarz sehe ich für mich als eine Art stummen Protest und Abgrenzung. Nur wollen sich heute viele (junge Menschen), jetzt nicht explizit auf die Szene bezogen, scheinbar nicht mehr abgrenzen, ob subtil oder ganz aktiv (was das ist, was man als junger Mensch eigentlich tun sollte, den, entschuldigt die flapsige Ausdrucksweise, Alten und Ewiggestrigen mal Parole bieten), sondern besser voll dabei sein. Aber ja, du hast Recht, so was ist auch immer abhängig von der Gruppe in der man sich bewegt und sicherlich kann ich es nachvollziehen, dass man als junger Mensch mitunter ganz andere Prioritäten hat.
Schön, dass du diesen einen Eindruck, den ich von früher habe, bestätigen kannst. Das ist etwas, was mir heute so ein bisschen fehlt, was aber trotzdem mit einigen Menschen noch zu finden ist.
Und schön, dass es diesen Blog gibt und er eine Nische bietet für vieles was man sonst manchmal an Themen vermisst.
Da habe ich gespaltene Erfahrungen gemacht. Bei der überwiegenden Zahl ist es tatsächlich so – da stimme ich dir zu, aber leider hat sich auch schon oft der erste Eindruck bestätigt: leider keine dahinteliegende Tiefgründigkeit. Party, Abzappeln, Betrinken und eigentlich ziemlich unreflektiertes Schwarztragen. Aber wie gesagt, das ist eher die Minderheit! Ich erwarte ja nicht von jedem, dass er sich die Haare toupiert und Pikes trägt, aber – und da bin ich vielleicht auch arrogant oder eingebildet oder sonstwas – eine gewisse Auseinandersetzung WARUM man denn eigentlich schwarz trägt (egal welchen Stil man dabei verfolgt) und was dahintersteckt möchte ich von Menschen, mit denen ich mich umgebe, schon erwarten (jetzt auf Freunde und Bekannte aus der Szene bezogen!).
Wie ich ja auch schrieb geht es mir da ähnlich. Ich bin immer auf der Suche nach neuer Musik und sehr dankbar, wenn ich mal wieder eine tolle neue Band entdeckt habe. Wie gesagt, es gibt viele tolle neue Bands, die den „alten“ Sound aufgreifen und die zu meinem täglichen Musikreportoire dazugehören und auch viel, was nicht „80er-like“ ist und dennoch großartig! ;)
Auch hier stimme ich dir schon wieder zu! ;) Ich glaube aber auch einfach – wie bereits angedeutet – dass es dabei nicht immer um „Wollen“, sondern auch um „Können“ handelt. Eben weil die Gesellschaft es nicht akzeptiert, wenn man so gar nicht mit den gesellschaftlichen Konventionen konform geht und man dann schnell „abgestempelt“ wird – gewollt oder ungewollt.
Natürlich, da kann ich dir nur Recht geben ;) Manche sind einfach so „platt“ wie man sich vorher schon dachte. Aber wie du auch sagst, manche nicht.
Das mit der Musik wollte ich nur noch mal bekräftigen ;)
Ich versteh, was du mit „wollen“ und „können“ sagen möchtest ;). Was das können zum Problem macht, ist ja eher, man kann rein theoretisch, aber man möchte nicht mit den Konsequenzen leben, oder mit den Konsequenzen von denen man meint, dass es sie gibt, die es aber vielleicht gar nicht in allen Bereichen gibt. Natürlich begegnet man aber auch Schubladen denken, wie du es ansprichst, das ist aber wohl der Lohn für jeden der irgendwie über die Maße „anders“ ist.
Ich hatte auch gehofft, dass es so ist. Doch offensichtlich ist die Zahl derer, die schwarz aus einer Protest-Haltung heraus geringer ist als vermutet. Rund 30 ausgewertete Fragebögen für einen Artikel im aktuellen Pfingstgeflüster lassen mich nur zum dem Schluss kommen, das es sich bei schwarz doch nur um eine Farbe handelt. Ich wünschte, mehr Menschen würden mit ihrem äußeren auch eine Art „Haltung“ oder „Bedeutung“ verbinden. Sicher, schwarz sieht gut aus, man fühlt sich darin wohl, es macht edel und erhaben. Sollte da nicht mehr sein? Die Farbe der Trauer ist jeden Tag aktuell.
Genau darum geht es doch. Hat man sich nicht schwarz gekleidet um genau DAS zu erreichen? NICHT von der Gesellschaft akzeptiert zu werden? Die aufgedrückten Stempel sind die Folge dieser Haltung und eigentlich eine Anerkennung des „Andersseins“?
Einen gewissen Spagat muss man sicherlich versuchen, einfach um seine eigene Existenz zu sichern. Wir müssen Geld verdienen um zu leben, da ist ein gewisser Grad der Anpassung an gesellschaftliche Normen unabdingbar. Ein kompletter „Ausstieg“ ist für mich persönlich kein erstrebenswertes Ziel. Seit ein paar Jahren versuche ich auch nicht mehr krampfhaft mich zu erklären, weil die eigenen Beweggründe für den Außenstehenden nicht nachvollziehbar sind und man sich dann doch oftmals so vorkommt, als würde man wieder um Verständnis buhlen. Tatsächlich interessierten Menschen gebe ich offene Antworten, allen anderen lasse ich ihre Schubladen. Schließlich war das ja auch das ursprüngliche Ziel.
Richtig! Das ist ja auch EIN Grund, weshalb ich schwarz trage… Aber ich wollte mit der Aussage nur noch einmal deutlich machen, dass es sich genau deswegen viele Leute vielleicht nicht trauen sich abzugrenzen. Vielleicht haben sie Angst in diese Schubladen gesteckt zu werden, denn du schreibst es ja selbst, wir müssen alle Geld verdienen und je nachdem welchen Job man hat ist eine Anpassung sinnvoll und unabdingbar – mal mehr, mal weniger.
Genau das ist ja das, was ich versucht habe deutlich zu machen (ich glaube, ich drücke mich manchmal einfach falsch aus): Bei einigen „Schwarzen“ steckt leider kein tieferer Hintergrund mehr dahinter und das finde ich ja so schade! Da ist es auch egal welchen „Stil“ sie verfolgen.
Genrell halte ich es auch so. Aber bei einigen Menschen, wie beispielsweise meiner Familie, würde ich mir manchmal mehr Verständnis wünschen. Da die sich jedoch auch nicht wirklich dafür interessieren und gar nicht auf die Idee kamen zu irgendeiner Zeit mal nachzufragen, WIESO ich denn schwarz trage und nicht ihrem Gesellschaftsbild entspreche, hat es auch keinen Sinn sich zu rechtfertigen.Ich wünschte manchmal, ich könnte es so locker sehen wie du, Robert. ;)
Die Farbe der Trauer. Warum Trauer? Trauer ist Resignation und Ergeben. Für mich allzu widersprüchlich passiv für die bewusst aktive Abgrenzung, die im Schwarzvolk so propagiert wird.
Davon mal abgesehen ist es immer eine Frage, auf welchem Parket man sich bewegt. Denn beruft man sich auf die Darstellung der Trauer und erhebt sowas wie das WGT beispielsweise zum internationalen Vorstadtfriedhof, so muss dann aber auch für den Anblick von Weiß, Gelb, Rot und sogar Blau gewappnet sein. Alles Farben der Trauer, kosmopolitisch gesehen.
In anderen Kulturen oder alten Religionen wird dem Schwarz durchaus viel Positives zugesprochen. Oder zumindest das Wiederauferstehende bzw. der Kreislauf des Seins mit einbezogen. Sodass Schwarz in seiner Bedeutung im Grunde ein Gleichgewicht darstellt. Zumindest bis man alles nachplapperte, was die damalige Kirche so erzählte.
Diese war es nämlich, die im frühen mittelalterlichen Dasein das Schwarz als Farbe von Tod, Trauer, Teufel und Trübsal abstempelte und damit aus der Ausgewogenheit riss. Der Rest schwappte vom damit provozierten Aberglauben des Pöbels in unser Bewusstsein über.
Wer demnach schwarz heutzutage mit diesen Begriffen reiner Düsternis und Negativität belegt, der hält sich brav an Dogmen eines Vereins, den er womöglich zugleich vom tiefsten atheistischen Herzen ablehnt.
Schwarz als Farbe der Trauer habe ich in meinen Teenager-Jahren getragen, weil ich dachte, das müsse ja „gothic“ sein. Vampire etc. Mittlerweile verbinde ich mit all diesen Themen andere Dinge, aber bestimmt nicht „gothic“… Ist aber nur mein eigener Eindruck, mögen es andere nicht so sehen.
Ich verstehe Trauer nicht als Resignation oder Ergeben, eher als Ausdruck des Schmerzes, eine Form von Verarbeitung. Darüber hinaus war die schwarze Szene noch nie für ihre aktive Abgrenzung bekannt, sondern tatsächlich für eine passive Form der Rebellion. Aktiv abgegrenzt haben sich dann doch eher andere Subkulturen.
Selbstverständlich halte ich mich an die Dogmen des Vereins, sonst würde der passive Protest ja auch keinen Sinn machen. Idealistisch gesprochen nehmen wir Symbole und Farben der Gesellschaft (und des „Vereins“) und führen ihr durch Umkehrung oder Auslebung die Fehlerhaftigkeit vor Augen.
Ich greife mir mal exemplarisch ein paar Zitate aus der Diskussion heraus, die (meiner Meinung nach) für häufig geäußerte Aspekte stehen:
Ich für meinen Teil überhaupt nicht. Aber für mich sind die Szenegrößen von damals auch nicht viel mehr als eben das: Ich weiß um ihre geschichtliche Bedeutung und ich mir gefällt die Musik, aber es ist nicht so, dass ich sie besonders häufig hören würde oder mich dabei ein Schauer der Glückseligkeit samt melancholischer Sehnsucht nach der Vergangenheit überkommt. Darum sehe ich auch dies hier anders:
Gut, mit dem letzten Satz sagst du selbst, dass dein Blick (oder deine Ohren?) etwas gefärbt ist (sind). Trotzdem möchte ich da mal nachfragen: Was meinst du mit dem „heutigen als ‚düstere Musik‘ deklarierten Zeug“? Das, was man heutzutage wohl Szenegrößen nennen würde, finde ich auch zu großen Teilen zum Wegschmeißen. Ob jetzt Schlager, Düsterpop oder -techno (na, wer errät die zugehörigen Bands?), das ist tatsächlich alles nur mehr deklariert (und meistens auch noch mit falschen Etiketten!) und, naja, nicht gleich etwas für den Massengeschmack, aber fast. Wie hab ich es mal so schön irgendwo gelesen, „Alternative heißt, dass es nach dem Mainstream die zweitgrößte Zielgruppe anspricht“.
Das alles heißt aber nicht, dass man nicht doch feine Dinge findet, wenn man nur sucht. Aber ja, suchen muss man. Und ganz ehrlich, ich wünsche mir die Achtziger auch musikalisch nicht zurück. Heutzutage gibt es doch so viele schöne Nischen… Übrigens finde ich Bands, die sich zu sehr an alten Stilen „orientieren“ meistens furchtbar und/oder langweilig. Ja, das kann gut sein, oftmals frage ich mich aber schon, ob zumindest ein paar eigene Ideen nicht ganz hilfreich wären…
Wie dem auch sei, die Szene ist größer geworden, ob nun mit oder ohne die Leute, bei denen wenig bis nichts „dahinter steckt“, die Musik ist deutlich vielfältiger geworden, und wie Robert es mal so schön sagte, im Grunde genommen ist jeder auf der Suche nach der Schublade, die genau für einen selbst und für sonst niemanden passt. Keine dieser Dinge sehe ich übrigens vornehmlich negativ. Letzteres mag zwar einer der Gründe für den auch in der Diskussion angesprochenen fehlenden Zusammenhalt sein, aber ich gebe da eher Ersterem die Schuld. Wenn 20.000 Leute aufs WGT kommen (nur, um mal irgendeinen Maßstab zu haben), erwarte ich gar nicht, dass ich auch nur mit einem Zehntel der Leute da längerfristig gut zurecht käme. Zumindest würde mich das doch eher überraschen. Das heißt aber nicht, dass alles schlecht ist und die Szene sowieso kaum mehr existiert. Denn trotzdem gehe ich davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, dort jemanden zu treffen, mit dem ich gut auskomme, deutlich größer als in der „normalen Welt“ ist. Man muss eben weiter suchen und die Auswahlparameter erweitern. Oder anders ausgedrückt:
Dadurch, dass jeder seinen eigenen Stil und seine eigene Lebenseinstellung pflegt, was Interessen, Musik- und Kleidungsstil angeht, wird eine rein äußerliche Beurteilung meiner Meinung nach schwierig:
Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, insbesondere auf den Kleidungsstil nicht zu viel zu geben. Und ja, das liegt auch an mir selbst, schließlich bin ich ein „Band-T-Shirt-tragender-Normalo-Gruftie“ ;) Und das Wort „Gruftie“ oder „Goth“ käme mir in einer Selbstbeschreibung nie über die Lippen, es sei denn, es wurde vorher von jemand anderem geäußert. Ob ich dann irgendeine „Tiefsinnigkeit“ für mich in Anspruch nehmen kann? Keine Ahnung. Was ist denn ein „richtiger“ Hintergrund für einen Szenegänger? Bin ich das überhaupt? Ich gebe gerne zu, dass ich mit dem schon angesprochenen „In meine Schublade passt sonst keiner!“-Verhalten ein wenig kokettiere, von daher bin ich wohl auch
OpferTäter des Individualismus. Weil ich in Wahrheit gar kein Gote bin und mir stattdessen einreden muss, etwas ganz Spezielles zu sein. Oder, auf der anderen Seite, vielleicht bin ich gar nicht so speziell wie ich immer tue ;) Wie dem auch sei: Ich widerspreche nicht, wenn mich jemand in diese Schublade packt, aber ich beschreibe mich selten als Angehöriger der Szene.Braucht es dieses Nachdenken über das Wesen der Szene, die eigene Beziehung dazu und die eigene „Begründung“, (mehr oder weniger) dazuzugehören? Aber was soll das sein, wenn es einigermaßen „tiefsinnig“ sein soll? Eine eingehende Beschäftigung mit dem
LebenTod, dem Universum und allem? Aber das tun viele, und längst nicht alle davon sind Goths. Der Musikgeschmack? Na gut, aber dann muss ich ja auch alle der o. g. „Wochenendgoten“ dazu zählen, offensichtlich mögen sie ja die Musik. Oder zumindest einen Teil davon. Also ein Musikgeschmack, der das „zweite Untergeschoss“ beinhaltet? Na, ich weiß nicht. Eine Absage an die Spaßkultur? Das klingt so politisch, außerdem, bin ich dann gotischer als die Goths, die in Clubs gehen, weil das nicht so meins ist? Einfach eine hinreichend große Auswahl möglicher „gotischer“ Interessen oder erfüllter, vorgenannter „Kriterien“? Vielleicht, aber das klingt doch zu sehr nach „Deutschland sucht den Supergoten“. Also: Wenn man davon spricht, dass bei zu wenigen Leuten etwas „dahinter steckt“, schwarz zu tragen, was erwartet man denn dann? Die Antwort „Es sieht gut aus und passt immer, ob auf Geburtstagsfeiern oder Beerdigungen“ kann man von mir übrigens auch bekommen, wenn ich keine Lust habe, mich lang und breit zu erklären. Die meisten Leute, die das fragen, würden die Antwort vermutlich sowieso nicht verstehen. Oder doch, verstehen schon, nur nicht nachvollziehen. Also sowieso vergebene Liebesmüh‘. Was nicht heißt, dass ich es nicht doch tue, wenn man mich darum bittet. Es fällt aber nicht mal jedem auf, von daher noch ein Kommentar hierzu:Ja und nein. Wie oben geschrieben, gehöre ich wohl eher zu der „subtilen“ Fraktion, zumindest, was das Äußere angeht. Das hat zum einen den Grund, dass ich aufgrund, sagen wir mal, physischer Eigenschaften, die ich nur sehr bedingt ändern kann, nicht noch unbedingt auf eben diese aufmerksam machen will und es mir ganz gut in den Kram passt, wenn die Masse an mir vorbei schaut. Zum anderen war ich immer der Meinung, dass man nicht auf die eigene Gefährlichkeit für das System hinweisen muss, sondern es am besten von innen zerstört ;) Okay, das war jetzt wieder politisch (und vermutlich auch etwas arrogant)…
Ja gut, aber das ist doch nicht verwunderlich, wie schon Robert sagt. Schließlich ist auch eine Subkultur Ergebnis einer Gesellschaft und muss in ihrem Kontext betrachtet werden, selbst, wenn sie sich als Gegengesellschaft sieht. Das ist wie mit dem Markt für Kapitalismuskritiker ;) Wenn die Kirche nicht das Abendland geprägt hätte, ergäbe ein umgedrehtes Kreuz als Provokation/Protest/wasauchimmer ja gar keinen Sinn, da die Grundlage fehlen würde.
@Irmin, ich versuch mal ein paar Punkte aufzugreifen:
Na, sowas, was oft in die eher „Mainstream-Düster-Richtung“ geht, wenn ich es mal so sagen darf. Ehrlich gesagt fallen mir nicht wirklich Beispiele ein, da ich soetwas, wie gesagt, nicht höre und wenn ich mal „reinhöre“ (ich kann schließlich nichts abneigend gegenüberstehen, was ich mir nicht zumindest mal kurz angehört habe), dann vergesse ich es auch ganz schnell wieder… ;) Spontan fällt mir z.B. Umbra et Imago, Das Ich oder Goethes Erben ein (ja, alles nichts wirklich „Neues“, aber die Richtung, die ich meine… und so ziemlich alles aus dem EBM.Bereich, was ich gern mal als „Geschramnel“ oder „Gestampfe“ bezeichne – sorry, an alle, die das mögen, ich mag es halt lieber melodisch).
Stimmt, deswegen schrieb ich ja auch, dass diese 80er-Richtung nur einen Teil meines Musikreportoires ausmacht. Um es vielleicht mal vielleicht ein wenig deutlicher zu machen, schmeiße ich mal ein wenig mit ein paar Genre-Begriffen um mich – man möge es mir verzeihen: New-/Cold-/Minimal-Wave, Post-Punk, Batcave/Death-Rock, das ist so das, was ich gern mag. Wie gesagt, melodisch… ;) Und da ich diese Genre-Einordnungen auch immer schrecklich finde, nenne ich gerne ein paar (neuere) Bands, wenn gewünscht!? ;)
Ich meine mit „Tiefgründigkeit“ und „Hintergrund“, dass man sich darüber bewusst sein sollte, WIESO man schwarz trägt! Was willst du damit ausdrücken? Ist es „nur“ Abgrenzung, weil du anders sein willst (sorry, ich beziehe das jetzt natürlich nicht nur auf dich, Irmin, sondern meine es im Allgemeinen)? Oder hast du dich bewusst dafür entschieden, weil du mit der Gesellschaft, deren Normen, den Probleme der Welt etc. nicht konform gehst und nicht dazugehören willst? Was willst du den Menschen durch dein Äußeres zeigen, soll das evtl. sogar diese zum Denken anregen? Das sind ein paar provokative Fragen, ich weiß, aber das ist das, was ich mit „Tiefgründigkeit“ meine. Oder ist es „einfach“ so, dass, wie schon angesprochen wurde, dir schwarz gut steht, es schick ist, man sich nicht jeden Tag darum Gedanken machen muss, welche Farben zusammenpassen etc.? War das verständlich? ;)
Und mit „Hintergrund“ meine ich, dass man sich als Szenegänger vielleicht mal in der ein oder anderen Weise damit auseinandergestzt haben sollte, woher die Szene kommt, was ihre Ursprünge sind und was „damals“ dahintersteckte. Ich finde, dass das schon wichtig ist und wie angesprochen gibt es unter den „jüngeren“ Szenegängern heute einfach sehr viele, die dann eben komisch gucken oder fragen, wenn man mit toupierten Haaren und Pikes daherkommt, weil sie es gar nicht wissen, was das ist und wieso das auch „zur Szene gehört“. ;) Und deswegen:
Das ist ganz richtig. Ich meine ja auch nicht, dass man sich mal mit den Hintergründen auseinandergesetzt haben sollte, um es anderen verständlich zu machen – wie du auch schriebst, viele können das eigene Schwarzsein nicht nachvollziehen – sondern für sich selbst. Aber vielleicht geht das auch nur mir so. Ich kann und will mich nichts zugehörig fühlen, wenn ich die Ursprünge/Anfänge/Hintergründe/Gründe dafür nicht kenne. Vielleicht kommt das aber auch nur durch meine 80er-Verbundenheit!? Oder kommt diese dadurch, dass ich mich mit den Hintergründen beschäftigt habe..!? Keine Ahnung.
Sehe ich auch so und gebe auch Robert recht, der schrieb, dass die Szene nie wirklich aktiv etwas bewegen wollte, sondern durch stillen Protest. Dazu zähle ich mich wohl auch. Aber „auffällig schwarz sein“ steht dazu ja in keinem Widerspruch – oder doch?
„Geschramnel“ kann auch melodisch sein. Wer kam denn auf die Idee, EBM als gänzlich unmelodisch zu deklarieren? Ich höre hier, hier oder hier beispielsweise reichlich Melodie heraus. Das sind doch recht klassische EBM-Strukturen und -Sequenzen. Wie in jedem Genre muss man sich die Perlen natürlich heraussuchen…
@black bat:
Na, da muss man aber schon differenzieren. Das Ich haben zumindest ein paar wirklich gute Lieder in ihrem Repertoire, gerade die älteren sind da zu nennen. Mit Goethes Erben konnte ich allerdings nie was anfangen, zumal mich der gute Mann mit seinem Gehabe sowieso etwas nervt. Umbra et Imago… ich glaube, das erste Mal, dass ich von denen mehr als ein Lied freiwillig gehört habe, war die Aufzeichnung vom diesjährigen WGT. Das hat die Sache nicht besser gemacht, zumal der gute „Mozart“ im Interview ziemlich wirres Zeug dahergequatscht hat.
Also ja, im Grunde genommen meinen wir da das Gleiche. Das kann man allerdings ganz gut ignorieren und trotzdem (nein, gerade deswegen) hat man genug Gutes zur Auswahl. Ja, es mag ein wenig schade sein, dass solches Zeug irgendwie für die Szene steht, zumindest in der Öffentlichkeit. Auf der anderen Seite ist natürlich die Frage, warum einen überhaupt interessieren sollte, welches Bild die Öffentlichkeit von der Szene hat. Das war „früher“ schließlich auch irrelevant. Gut, ich wäre auch lieber Satansanbeter als Umbra-et-Imago-Hörer… ;)
Bezüglich EBM möchte ich mich da Death Disco anschließen. Es wird ja auch viel als EBM (oder Industrial) bezeichnet, was damit auch im entfernteren Sinne eher wenig gemein hat (gut, meist ist es immerhin elektronische Musik…). Aber ich nehme mal an, dass du das sowieso nicht meintest.
Nun, unsere musikalische Übereinstimmung der Kern-Genres ist wohl nicht ganz so groß, aber ich habe nie etwas gegen Musiktipps ;) Ein bisschen über den eigenen Tellerrand schauen schadet ja nicht…
Gut, aber ist die Anzahl der Leute, die frei heraus „zugeben“, schwarz ohne „Hintergrund“ zu tragen, wirklich so groß? Robert scheint das ja zu bestätigen, dann bin ich wohl immer zu optimistisch an die Sache herangegangen… Auf der anderen Seite muss ich aber auch sagen, dass mir einige deiner aufgezählten Gründe gar nicht so richtig in den Sinn kommen. Will ich andere zum Denken anregen? Na, wenn das einfach dadurch möglich wäre, sich ein wenig monochromer als der Rest zu kleiden, wäre ja schon viel gewonnen ;) Ich weiß nicht, für solch hehren Ziele ist mein Welt- und Menschenbild zu zynisch, denke ich. Darunter hat auch ein wenig mein „Sendungsbewusstsein“ gelitten, denke ich. Weniger Weltverbesserungswillen, mehr Bemühen, selbst eine Nische zu finden und die bekloppte Welt bekloppte Welt sein zu lassen. Was nicht heißt, dass ich nicht immer noch die Welt verbessern will. Das durch die Kleidungsfarbe auch nur anzuregen, finde ich aber eher vermessen, um ehrlich zu sein.
Nein, da stimme ich dir voll zu. Wie schon erwähnt, fühle ich mich mit den Achtzigern gar nicht verbunden, aber so ein bisschen Kenntnis der Hintergründe kann man in der Tat verlangen. Und Pikes richtig zuzuordnen ist nun wirklich Minimalwissen. Und ich habe noch nie welche getragen und werde das auch nie tun ;)
Nun, „auffällig schwarz sein“ ist nach dem, was ich oben schrieb, in der Tat kein Widerspruch zu stillem Protest – wenn ich schon nicht glaube, dass eine monochrome Farbwahl irgendwen zum Nachdenken anregt. Zum Thema „das System von innen zerstören“ passt es aber mMn nicht, schließlich stellst du dich ja durchaus als außerhalb des „Systems“ stehend dar. Meine Einstellung wird erst bemerkt, wenn es zu spät ist ;)
@ Irmin:
Genrell ist der Musikgeschmack ja sehr subjektiv! Und gerade in der Szene gibt es so viele verschiedene Richtungen, da ist es doch sehr positiv, dass sich jeder „seine Musikwelt“ aussuchen kann. Von daher „lohnt“ die Diskussion um „was-gefällt-mir-was-gefällt-dir“ nicht so wirklich. ;)
Deswegen mag ich diese Genre-Grenzziehung nicht! Wahrscheinlich verstehen wir unter den gennanten Richtungen teilweise etwas anderes. Klar, da gebe ich dir und Death Disco Recht, EBM kann natürlich auch melodisch sein (vielleicht war das auch einfach das falsche Verb meinerseits), aber, wenn ich mir die Links anhöre, höre ich dort trotzdem „Gestampfe“. Das kann man mögen – ich aber nicht. ;) Das heißt ja nicht, dass ich nur Gitarren-Musik mag, ganz im Gegenteil der ganze Synthie-Bereich (was ja auch „elektronisch“ ist) ist auch etwas, was ich sehr gern mag. ;)
Da eine Band-Auflistung an dieser Stelle wohl den Rahmen sprengen würde, hier vielleich mal 2-3 Sachen neuerer Bands, die ich ganz schick finde: Könnte man vielleicht dem Minimal-Wave zuordnen, ein wenig italienischer Post-Punk und dies hier ist auch schick. :)
Da meinst du wohl diese „Dokumentation“ im Rahmen des „Rockpalasts“!? Fand ich auch ganz grausig… Fremdschämen trifft es bei sowas wohl ganz gut, denn mit dem dort Gezeigten kann ich mich so gar nicht identifizieren und das schließt die Musik ein (bei bspw. der Konzertaufzeichnung von Umbra et Imago habe ich nach einem Lied weggeschaltet, da ich das nicht Aushalten konnte).
Ich glaube „zugeben“ tut dies keiner. ;) Das ist meine – vielleicht auch subjektive – Einschätzung, die mir in Gesprächen auffällt. Wie gesagt, wenn mich schon Jemand fragt, wieso ich so „komische spitze Schuhe“ trage… Oder Bands wie Einstürzende Neubauten und Bauhaus nicht kennt…
Das war ja nur EIN denkbarer Grund. Dies ist auch nicht meiner, aber könnte ja sein, oder? Ich glaube auch nicht, dass man Leute nur aufgrund seines Äußeren zum Nachdenken anregen kann, zumindest niemanden der dich zufällig auf der Straße sieht. Der wird sich dann nicht zuhause hinsetzen und sich fragen, „wieso hat der / die vorhin denn so komisch schwarz ausgesehen und was will er / sie damit ausdrücken?“ ;) Das wäre wirklich sehr vermessen zu glauben! Aber vielleicht kannst du Menschen in deinem näheren Umfeld (sofern sie nicht sowieso schon schwarz sind), mal dazu anregen über gewisse Dinge nachzudenken!? Was natürlich nicht heißen soll, dass man andere zum „Schwarzsein“ bekehren soll (ganz im Gegenteil), aber vielleicht mal etwas differenzierter über einige Dinge nachzudenken. Dies kommt aber, und da hast du sicherlich Recht, nicht „nur“ durch das Äußere, sondern natürlich auch durch Gespräche mit dir, insofern sie sich dafür interessieren und mal nachfragen, was der Grund für diese (äußere) Abgrenzung ist.
Da stellt sich ja auch die Frage, was denn „auffällig schwarz“ ist. Ich selbst würde mich nicht als solches beschreiben. Andere haben mich jedoch schon als „auffällig gruftig“ beschrieben – Wieso auch immer. Ja, in gewisser Weise stelle ich mich durch mein Äußeres (wenn auch nicht immer, da es nicht immer geht, wie Job etc.) schon „außerhalb des Systems stehend“ dar, aber eben „nur“ durch mein Äußeres, nicht durch proaktives Handeln. Deine Einstellung wird erst bemerkt, wenn es zu spät ist? Soso, was genau ist denn dann „zu spät“?
Sicherlich wird man aufgrund seines Äußeren schnell in Schubladen gesteckt, was aber nicht heißt, dass die Schubladen „richtig“ sind, d.h. nur, weil mich jemand als „auffällig gruftig“ deklariert heißt es ja nicht, dass er meine Wertevorstellungen/Einstellungen/Lebensvorstellungen etc. richtig einordnet. Das geht m.E.n. weder bei „auffällig gruftig“ noch „unauffällig, von innen heraus“. Dazu muss man einen Menschen doch erstmal ein wenig kennen lernen. ;)
Da sich die Diskussion hier ja schon maßgeblich weiterentwickelt hat greife ich mir nur mal ein paar Aspekte heraus
Ich glaube Haltung und Bedeutung sind Dinge, die heute nicht mehr immer so hoch im Kurs stehen -.- Weitergehend wurde hier ja schon viel geschrieben, was ich mitunert ähnlich sehe
„Manchmal frage ich mich, was andere Leute über mich denken und dann fällt mir wieder ein, dass die meisten Menschen ja gar nicht denken und ich bin wieder beruhigt.“ ;)
Je älter ich werde um so mehr glaube oder meine ich zu erkennen, dass die Angst vor dem was andere denken oft größer ist, als das Ausmaß in dem andere einen einordnen oder über einem denken. Natürlich nicht bei allen, für manche scheint es ja die Tagesbeschäftigung zu sein sich über andere Gedanken zu machen und zu meinen, glauben und besser zu wissen, aber dann ist man, egal ob beruflich oder privat , eh am falschen Platz…
Interessant wie anders man das sehen kann^^ Ich finde Trauer ist etwas sehr Aktives und ein Werdensprozess, der auch viele gute Elemente enthält.
Ich erinnere mich nur noch an etwas, das so in die Richtung klang: „als wir damals auf Ibiza Gothic erfunden haben“ oO Aber bei vielen Interviews die im Rahmen des WGTs/Mera Lunas und wie sie alle heißen ausgestrahlt werden, kommt mir das kalte Grauen. In dem Zusammenhang: es gibt übrigens auch vom NDR ein Mera Luna Reportage, die man sich im Netz ansehen konnte, allerdings habe ich nach Dreivierteln des Beitrags aufgegeben…
@black bat:
Och, über guten Geschmack oder sowas ähnliches will ich ja gar nicht diskutieren, aber man kann sich ja mal austauschen. Das lohnt denke ich immer. Na gut, meistens. :>
Danke, werde ich mir gleich mal zu Gemüte führen :)
Ja, die meine ich. Und ich wollte mich mal offen zeigen und diese Doku einfach komplett ansehen. Ich weiß auch nicht mehr, wie ich auf diese bescheuerte Idee gekommen bin…
Na gut, das tue ich sicherlich. Ich diskutiere sehr gerne über alle möglichen Dinge, insbesondere, wenn ich zu einem gewissen Thema etwas provokante Thesen aufstellen kann ;) Das hilft schließlich auch dabei, sich selbst zu hinterfragen. Und nein, „bekehren“ will ich eigentlich niemanden. Die einen tolerieren meinen Musikgeschmack, die anderen müssen ihn aushalten :>
Ich habe die Diskussion über diesen Aspekt ja schon mit einem Zwinkersmiley begonnen, dementsprechend sollte man meine Äußerungen dazu nicht allzu ernst nehmen.
Das ist sicherlich richtig. Und selbst nach dem Kennenlernen schaffen es manche Leute, mich in allzu unpassende Schubladen zwängen zu wollen.
@Federflausch:
Außerdem noch: „In den Neunzigern hat sich das dann gespalten, die einen sind in Richtung Techno gegangen, Kraftwerk und so, und die anderen sind beim Gothic geblieben, so wie wir.“ So viel Blödsinn muss man erst mal in einen Satz packen können. An der Stelle hab ich mich dann doch gefragt, ob der Typ mich eigentlich verarschen will.