Dass der großartige John Peel Zeit seines Lebens nicht weniger als 25.000 Alben und 40.000 Singles gesammelt hat, macht ihn nicht zur Legende. Dass er aber seine Arbeit stets unbekannten und unbeachteten Künstlern widmete, sie förderte und ihnen in seinen „Peel Sessions“ eine Plattform bot, machte ihn zu einer der wichtigsten musikalischen Institutionen der späten 70er. Er brachte hunderte Künstler auf ihren Weg und sprengte die Ketten der Erfolglosigkeit.
Was wäre aus Siouxsie & The Banshees geworden, wenn sie nicht am 29. November 1977 bei John Peel eine Session eingespielt hätten? Wäre „Hong Kong Garden“ 1978 jemals auf Platz 22 der Charts gelandet und hätte der Band damit die Möglichkeit eröffnet, den Weg in die Ohren vieler Hörer zu finden? Wären aus Robert Smith und The Cure jemals Ikonen geworden, wenn sie nicht am 4. Dezember 1978 in einer Peel Session „10.15 Saturday Night“ und „Boys don’t Cry“ aufgeführt hätten? Wir wissen es nicht. Fakt ist, dass Peel damit ein wichtiger Wegbereiter des Gothic-Rock war.
Dem 2004 verstorbenen John Peel möchte man nun auf eine ganz großartige Weise ein Museum widmen.
Ein Museum ist ein Ort, an dem Relikte längst vergangener Zeiten an das erinnern sollen, was war. In Glasvitrinen, Schaukästen und hinter Absperrungen werden sie von den allzu neugierigen Besucher geschützt, die alles anfassen, berühren oder mitnehmen wollen. Es ist meist still in einem Museum. Viele Besucher verschränken die Arme hinter ihrem Rücken und lesen aufmerksam die angebrachten Texte, die dem gezeigten den nötigen Hintergrund verleihen. Glücklicherweise ändern sich die Zeiten und Museen werden erlebbarer, unterhaltsamer und interessanter. Bringt man das ganze ins Internet, wird daraus ein für jeden erlebbarer Raum, in dem man mit dem Mauszeiger seinen eigenen Weg geht. Die Glasscheiben bleiben jedoch.
Wie der NME berichtet, soll dem legendären Radio-DJ ein Online-Denkmal gesetzt werden. Seine gesamte Musiksammlung soll digitalisiert werden und in einem Internet-Museum für jeden zugänglich gemacht werden. In einem interaktiven Museum soll dem Besucher die Möglichkeit eingeräumt werden, alle Titel zu hören, während man dazu seine persönlichen Notizen lesen kann und auf Bedarf auch Interviews sehen kann, in denen die Künstler von einst über ihre Erfahrungen berichten. Schade ist lediglich, dass aus der Idee des Museums eine Ausstellung werden wird, denn das britische Digital-Archiv „The Space“ will die Sammlung nur von Mai bis Oktober 2012 zur Verfügung stellen.
It is the first step in creating an interactive online museum with access to the entire collection, one of the most important archives in modern music history (…) The idea is to digitally recreate John’s home studio and record collection, which users will be able to interact with and contribute to, while viewing Peel’s personal notes, archive performances and new filmed interviews with musicians.
Fraglich bleibt, wie Rechteverwerter und Plattenfirmen damit umgehen werden und ob das ganze in Deutschland überhaupt zu sehen sein wird. Ich gebe die Hoffnung nicht auf und bleibe optimistisch und weiß jetzt schon, welche Seite ich zwischen Mai und Oktober öfter besuchen werde. Allein schon wegen dem hier:
Wer jetzt neugierig geworden ist, der sollte sich auch die Dokumentation „John Peel’s Record Box“ anschauen, die ich bei Nerdcore fand. Erinnert mich immer wieder an Klaus Farin, der sagte „Männer sammeln Musik, Frauen hören sie„. So ganz trifft das auf John Peel wohl nicht zu. Er sammelte nicht nur, sondern hörte, sortierte und sendete sie auch. Die Dokumentation gibt einen Vorgeschmack auf das, was uns erwartet. Vielleicht. Hoffentlich.
(Bildquelle: Jim Barker@flickr.com, CC-by-nc-sa)
Yep: „Dieses Video wurde vom Nutzer entfernt“
@Mr. Niles: Vielen Dank für den Hinweis, ich habe den Link durch einen neuen ersetzt.