Gothic Friday April: Melancholie ist das Vergnügen, traurig zu sein (Diana)

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Diana hat einen für mich faszinierenden Szeneeinstieg hingelegt. Sie trug nicht etwa die Szenezugehörigkeit in ihren Beruf, sondern der Beruf machte Sie in gewisser Weise zu dem, was Sie heute ist. In ihrem Beitrag zum Gothic Friday Thema im April gibt Sie uns einen kleinen Einblick in ihre Haltung und Lebenseinstellung, die Sie sich in ihrem Beruf als Erzieherin weitestgehendst erhalten kann. 

Welchen Beruf übst du aus oder strebst du an?

Ich bin gelernte Heimerzieherin. Meine Ausbildung habe ich vor 26 Jahren gemacht, damals noch als eine der letzten speziellen Klassen, die auf den Heimbereich spezialisiert waren. Danach habe ich elf Jahre im Kinderheim gearbeitet. Während dieser Zeit wurde ich schleichend, was ich heute bin: schwarz. Durch einen Jugendlichen unserer Wohngruppe. Anfangs war es reines Interesse für den Jugendlichen. Aber sehr bald erkannte ich mich selbst in vielen „schwarzen Themen“ wieder. Durch meine drei Kinder, die ich zwischendurch bekommen habe, war ich insgesamt acht Jahre in Elternzeit. Währenddessen habe ich aber immer ein paar Stunden weiter gearbeitet. Dann merkte ich irgendwann, dass ich mich beruflich neu orientieren wollte.

Also machte ich eine Zusatzausbildung als Systemische Familien- und Sozialberaterin. Im Anschluss arbeitete ich ein halbes Jahr als Betreuerin für psychisch kranke Erwachsene. Die Arbeit war auch toll und spannend, aber sie raubte mir zuviel Energie, machte mich selber psychisch fertig. Das war eigentlich nicht das, was ich wollte. Also versuchte ich mein Glück im Elementarbereich, also in einer Kindertagesstätte (KiTa) für Null bis Dreijährige. Anfangs war es schwer für mich, aber nun, nach fünf Jahren in diesem Bereich kann ich voller Überzeugung wieder sagen: ich habe den besten Job der Welt!

(Wie) Lassen sich Gothic und Beruf verbinden und ist das überhaupt wichtig?

Eine gute Frage. Mir ist das schon wichtig, den ich BIN schwarz. Durch und durch. Ich möchte auch Kleidungsmäßig das tragen, was ich möchte. Und das ist nun mal schwarz. (Plus meine Schwäche für rote Schuhe…) Ebenso sind mir „meine wichtigen Themen“ immer wichtig, privat wie auch beruflich. Ich kann mir nicht vorstellen, meine Szenezugehörigkeit zur Gothic-Szene an einer Einrichtungstür abzulegen, innerlich wie äußerlich.
Für mich steht Gothic auch in keinster Weise meinem Beruf als KiTa-Erzieherin im Wege. Für mich ist Gothic zutiefst positiv, da ich meinen negativen Gefühlen ja Ausdruck verleihe. Ich kann die negativen Gefühle voll ausleben, frei nach dem schönen Motto: „Melancholie ist das Vergnügen, traurig zu sein.“ Und gerade dann kann ich auch all meine positive Energie authentisch nach außen tragen! Ein schönes Gleichgewicht!

Welche Abstriche nimmst du bei deinem Äußeren im Kauf oder würdest du in Kauf nehmen?

Klar trage ich bestimmten Schmuck nicht, da ich sonst damit die Kinder verletzen würde. Alles, was Nieten hat, trage ich nicht bei der Arbeit. Aber ich trage durchweg schwarz, auch viele Totenköpfe. Die älteren Kids finden das sogar cool: sie sehen es als ein Piraten-Outfit! Und meine Schwäche für die „Minions“, „Wonder Woman“ oder „Hello Kitty“ kommt mir da ja auch entgegen! (Ja, das gibt es auch in schwarz!)
Ich könnte mir nie vorstellen, jeden Tag in „Berufskleidung“ herumzulaufen. Einzige Ausnahme habe ich beim Vorstellungsgespräch gemacht: da trug ich etwas weniger schwarz, als sonst.

Welche Vorurteile oder Probleme tauchen im Umgang mit Chefs, Kollegen oder Kunden auf?

Einmal habe ich in einer KiTa schlechte Erfahrungen gemacht: die Chefin dort war früher selber mal „schwarz“. Nun war sie das aber nicht mehr und kleidete sich sehr bunt, was offensichtlich für sie ein Zeichen von „Erwachsen sein“ geworden war, was sie auch so äußerte. Dumm nur, dass ich nun also zu meinem Schwarz sein stand. Noch in der Probezeit bekam ich von heute auf morgen meine Kündigung mit dem Hinweis, ich solle meine Probleme in den Griff kriegen.

Ansonsten habe ich aber keine Probleme oder Vorurteile erlebt. Ich bin auch an mehreren Stellen tätowiert, was aber nie ein Unbehagen ausgelöst hat. Die Kinder fragen einfach oder die ganz Kleinen reißen schon mal an meinem Shirt, um die Engel auf meinem Dekolletee vollständig sehen zu können. Auch Eltern und Kollegen waren und sind mir gegenüber immer positiv aufgeschlossen gewesen. Ich denke, das liegt auch daran, dass ich ein positiver herzlicher Mensch bin und es so zweitrangig ist, welche Farbe meine Kleidung hat. In meiner derzeitigen Arbeitsstelle habe ich eine Kollegin, die auch schwarz ist, was ich logischerweise ganz toll finde!

Gothic Friday April: Sterben und Tod, nicht nur eine Szenethema (Ronny)

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Ronny ist seit nunmehr 18 Jahren in der Pflege tätig und ist dabei sich und „seiner“ Szene treu geblieben. Für meinen Artikel des Pfingstgeflüsters 2015 habe ich Ihn bereits über seine Beweggründe der Berufswahl befragt und möchte nun den relevanten Teil, im Rahmen des Gothic Friday im April, veröffentlichen. Ronny hat noch zwei Bilder beigelegt, die für ihn das Thema symbolisieren.

Der Beruf des Altenpflegers – ist für mich Tribut an die Szene und eine Berufung, denn reich wird man damit nicht. Jedoch bekommt man jeden Tag die Bestätigung – in Form von Worten und Blicken, dass man seine Arbeit richtig macht und mit dem Herzen. Schließlich arbeitet man mit Menschen, welche Ihr Leben bereits hinter sich haben und man sollte Ihnen jetzt noch einen schönen Lebensabend bereiten. Leider sehen dies nicht alle so, die in diesem Beruf arbeiten , was auch schon oft zu Diskussionen geführt hat , da ich kein Blatt vor dem Mund nehme und meine Meinung auch äußere.

Die Entscheidung in meiner Berufswahl, entdeckte ich in meiner Zeit als Zivildienstleistender, welche ich damals in einem Pflegeheim verrichtete. Menschen zu helfen, die auf andere angewiesen, ja sogar „ausgeliefert“ sind ist eben eine Berufung und nicht nur irgendein Beruf.

Mein Beruf als Tribut an die Szene, damit meine ich die Akzeptanz der Andersartigkeit. Ich möchte die Neugier der Außenstehenden dazu benutzen, ihnen näher zu bringen nicht über einen Menschen zu urteilen, nur weil er ein wenig „anders“ ist das der Rest der Menschheit. Ich werde oft von Bewohnern oder Angehörigen gefragt ob die Dinge, die in den Medien immer wieder mit Gruftis in Verbindung gebracht werden, wirklich so sind. Ob wir in Särgen schlafen oder auf den Friedhof gehen, um Gräber zu schänden. Ich kläre dann geduldig auf und ernte meist ein „Dankeschön“.

Seit 18 Jahren arbeite ich in der Pflege, 16 davon in Dauernachtwache und das nicht nur, weil ich die Nacht und das Dunkel liebe, sondern auch weil man die Ruhe und die Zeit hat um auf die Bewohner einzugehen, welche am Tag nur schnell abgefertigt werden.

Auch das Thema „Sterben und Tod “ mit dem ich fast täglich konfrontiert werde, gehört mit zur Szene und zu meinem Beruf. Als ich damals meine Ausbildung machte und zum Schluss meine Hausarbeit erstellen musste, war genau das mein Thema. Leider schieben viele dieses Thema bei Seite – obwohl es zum Leben dazu gehört, genauso wie essen und trinken. Ich habe schon viele Menschen bis zum letzten Atemzug begleitet – meist saß man daneben und hielt die Hand, so dass der Betroffene merkte, dass er in seinen letzen Minuten nicht allein ist.

Persönlich hab ich keine Angst vor dem Tod – nur die Art und Weise, wie es dazu kommt, beschäftigt einen. Mein geliebter Partner, mit dem ich 7 Jahre verheiratet war, starb 2011 in meinen Armen. Wenn ich sterbe, werde ich meinen Ehemann endlich wieder treffen. Mein Beruf hat mir auch in dieser schlimmsten Zeit geholfen, denn ich konnte meinen Mann, der 2010 an Krebs erkrankte, bis zu dem Tag im Jahr 2011 begleiten, als er in meinen Armen friedlich eingeschlafen ist.

Ronny Rabe - PflegeberufAber bis dahin hat es hoffentlich noch ein bisschen Zeit. Auch wenn es banal klingt „Carpe Diem“ ist und bleibt meine Philosophie, was nicht heißt, dass man nicht voraus plant .Ich beziehe dieses eher auf den jeweiligen Tag, dass man immer das Beste daraus macht und genießen soll, denn es geht manchmal schneller als man denkt und das Leben wirft einen aus der Bahn.

Die Zeit unserer Ehe war perfekt und obwohl mein Mann nicht aus der Szene kam, lernte ich ihn durch diesen kennen. Er begleitete mich zu Konzerten, zum WGT und lernte auch Lacrimosa zu schätzen.

Einen geliebten Menschen zu verlieren, seinen Lebenspartner bis in den Tod zu begleiten ist ein Erlebnis, das sehr schmerzvoll ist aber auch eine Erfahrung für die Ewigkeit ist. Mein Kartenhaus stürzte damals ein – ich verlor nicht nur meinen geliebten Mann, sondern musste von null anfangen. Manchmal gibt es Situationen wo einfach die Tränen fließen, wo Erinnerungen wieder kommen und man sich diese schönen Jahre zurück ersehnt. Den Verlust habe ich mit verschieden Tattoos auf meiner Haut verewigt. Wie ein Porträt von meinem Mann , von unseren Hunden , bis hin zu einem Grabstein auf dem sein Todestag steht. Immer wenn ich traurig bin schaue ich in das liebe Gesicht von meinem Mann und zwinkere Ihn zu ;-)

Gothic Friday April: Beruf und Freizeit trenne ich strikt (Mia)

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Als eine der Ersten schickte mir Mia eine E-Mail mit ihrem Beitrag zum Gothic Friday Thema im April. Seit rund 2 Jahren ist Sie examinierte Altenpflegerin. Ein Beruf, bei dem sich aus meiner Erfahrung tatsächlich eine gewissen Häufung unter den Szene-Mitgliedern herauskristallisiert. Ist das somit schon ein typischer Beruf für Gothics? Soweit würde ich noch nicht gehen, fest steht lediglich, dass es sich um einen „Frauenberuf“ handelt und der Anteil männlicher Altenpfleger seit Jahren konstant unter 20 Prozent bleibt. Mia erzählt in ihrem Beitrag, warum sie sich für die Altenpflege entschieden hat und in wie weit sie Abstriche hinsichtlich ihrer Existenz als Szene-Mitglied machen muss. Sie hat sich dazu ein paar Fragen herausgepickt um sie zu beantworten.

Welchen Beruf übst du aus oder strebst du an?
Seit 2014 bin ich examinierte Altenpflegerin; mein Wunschberuf. Vorher habe ich Sozialassistentin gelernt, um in meinen heutigen Beruf einsteigen zu können. In naher Zukunft strebe ich eine Fortbildung zur Palliativ-Fachkraft an. Das heißt, ich kann anschließend auf Intensivstationen in Krankenhäusern, in Hospizen und in der allgemeinen Schwerstpflege, wie beispielsweise mit Wachkoma-Patienten in Altenheimen, arbeiten. Die Arbeit am und mit dem Menschen ist mir sehr wichtig. Ich bin ein sozialer Mensch – womöglich mit ausgeprägtem Helfersyndrom.

(Wie) Lassen sich Gothic und Beruf verbinden und ist das überhaupt wichtig?
Ich trenne Beruf und Freizeit strikt. Das heißt aber nicht, dass ich mir selbst untreu werde. Ich bleibe immer noch ich selbst, schließlich ist Gothic eine Lebenseinstellung und der Beruf etwas, was mir Spaß macht und womit ich mein Geld verdiene. In meiner Freizeit trage ich nicht nur schwarz, ich lebe auch meine Hobbies (was sicher nicht immer einfach ist) und tue allgemein, wonach mir der Sinn steht.

Welche Abstriche nimmst du bei deinem Äußeren im Kauf oder würdest du in Kauf nehmen?
Nun ja, die Altenpflege ist meiner Erfahrung nach tolerant. Es spielt keine Rolle, welche Haarfarbe oder Frisur jemand trägt. Die Anzahl der Tattoos ist irrelevant. Piercings stellen kein Problem dar. Natürlich müssen diverse Sicherheits- und Hygienerichtlinien befolgt werden. Das bedeutet, dass übergroßer Schmuck abgedeckt oder für die Dauer der Arbeitszeit entfernt werden muss.

Ich bin weder tätowiert, noch übermäßig gepierct. Wäre dem so, würde ich mich für den Beruf den ich mir ausgesucht habe, in gewissem Maße anpassen. Immerhin stellt das Tragen von Körperschmuck, an dem man hängenbleiben oder an welchem sich ein Bewohner oder Patient festhalten könnte, ein Sicherheitsrisiko dar. Und mir persönlich ist meine eigene und die Sicherheit meiner mir anvertrauten Personen wichtiger, als irgendein Schmuckstück. Meine Haare sind, oh Wunder!, schwarz. Daran nimmt keiner Anstoß und ich ließe mir auch nicht verbieten, meine Haare zu färben. Ich habe einen Sidecut, an dem sich ebenso niemand stört.

Gäbe es einen Arbeitgeber, der sich an Banalitäten wie Frisuren stören würde, wäre er für mich definitiv nicht der Richtige. Und dass man gepflegt im Beruf und vor allem in der Alten- oder Krankenpflege auftritt, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Mein Arbeitgeber mir die Arbeitskleidung. Das bedeutet mit anderen Worten: Weiß. Daran störe ich mich nicht. Für die Dauer der Arbeit ist sie praktisch – und auch hygienisch.

Welche Vorurteile oder Probleme tauchen im Umgang mit Chefs, Kollegen oder Kunden auf?
Bisher habe ich keine Vorurteile oder Probleme erlebt. Sicher fragen die Leute, was es mit dem Gruftitum auf sich hat. Man erklärt, wo man kann. Auch die Heimbewohner fragen teilweise – oder interessieren sich nicht dafür. Sieht ein Mitarbeiter mich im Privatkleidung, werde ich häufig gelobt. Ohne arrogant sein zu wollen. Und Komplimente hört sicher jeder gern. Selbst wenn jemand ein Problem mit meiner privaten Erscheinung hätte, stünde ich darüber. Immerhin obliegt es mir, wie ich mein Privatleben gestalte!

Gothic Friday 2016: SchwarzArbeit – Zwischen Beruf und Berufung

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Wir wissen nun, wie die Leser in die Gothic-Szene gekommen sind und was sie immer noch darin hält, welche Facetten der „schwarzen Musik“ sie hörten und hören und welchen besonderen Stellenwert die Musik in ihrem Leben einnimmt. Marion Levi vom Gothic-Friday-Team interessiert sich für Gothics und ihre Berufe und übernimmt die Fragestellung und das Resümee des Gothic-Friday Themas im April:

Gothic ist keine Jugendkultur. Diejenigen, die Teil der Szene sind oder Szenemitglieder kennen wissen das und jeder andere kann sich mit einem Blick auf die Besucher diverser Festivals oder durch das Lesen der Beiträge für den Gothic Friday im Februar davon überzeugen. Wie die Altersverteilung der Szenen nun genau aussieht wage ich nicht zu sagen, doch was feststeht ist, dass Gothic, zumindest auch zu einer Erwachsenenkultur geworden ist. Viele rutschten in ihrer Jugend mehr oder weniger zufällig in die Szene und blieben ihr treu, andere fanden erst in späteren Jahren den Weg ins Dunkel. Dies bedeutet unter anderem, dass viele einem Beruf nachgehen und eben darum soll sich der Gothic Friday des Monats April drehen.

Gibt es Berufe, die von Anhängern der Gothic Szene überdurchschnittlich oft ergriffen werden? Hierzu existieren mehrere Theorien. Manche behaupten, Gothics seien besonders oft im sozialen Bereich anzutreffen während andere wiederum glauben, diese wären eher im IT oder im künstlerischen Bereich tätig, sei es als Fotograf, Model oder DJ. Gibt es Gruftis die im Samtkleid oder mit toupierten Haaren zum Vorstellungsgespräch gehen? Die in Lederkluft und mit Tonnen an Silberschmuck im Büro sitzen? Oder umgekehrt solche, die sich für die Arbeit in Jeans und T-Shirt (ver)kleiden oder eine Uniform überwerfen (müssen)?

Um an dieser Stelle etwas mehr Licht ins Dunkel der Verwirrung zu bringen lauten die konkreten Fragen des Gothic Friday im April:

  • Welchen Beruf übst du aus oder strebst du an?
  • (Wie) Lassen sich Gothic und Beruf verbinden und ist das überhaupt wichtig?
  • Welche Abstriche nimmst du bei deinem Äußeren im Kauf oder würdest du in Kauf nehmen?
  • Welche Vorurteile oder Probleme tauchen im Umgang mit Chefs, Kollegen oder Kunden auf?

Selbstverständlich dürfen und sollen auch diejenigen teilnehmen, die (noch) keiner Erwerbsarbeit nachgehen. Auch Erlebnisse aus Praktika oder Überlegungen rund um die Berufswahl dürfen und sollen im Rahmen dieses Gothic Friday Platz finden. Worauf der Fokus des Artikels gelegt wird bleibt wie immer den werten Teilnehmern selbst überlassen.

Jetzt seid Ihr wieder an der Reihe. Erzählt uns von eurem Beruf oder Berufung. Gibt es tatsächlich den typischen Gothic-Beruf? Wie ist es als Schüler oder Student, hat man da wirklich die Freiheit so herumzulaufen wie man möchte? Reicht Eure Texte oder Links bis spätestens zum 29. April 2016 ein. Ob Ihr das per E-Mail macht oder euren eigenen Blog benutzt, bleibt Euch überlassen. Mehr Informationen zur Teilnahme findet ihr hier. Es wäre schön, wenn Ihr die Kommentare – neben möglichen Fragen – auch dazu verwendet, Eure Einsendung oder Veröffentlichung (bitte auch verlinken!) mitzuteilen.

Resümee März: Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum

Das Ende ist da! Zumindest das des Monates März, in welchem ihr uns erneut fleißig eure Beiträge zugesendet habt. Dort ging es zuerst darum, mit welcher Musik ihr in die Schwarze Szene gerutscht seid. Musik, die euch so sehr angesprochen hat, euch innerlich so berührt hat, dass ihr weiter Ausschau hieltet und jegliches akustische Ambrosia aufgesaugt habt, welches euer Weg euch einschenkte. Im Vergleich mit dem Gothic Friday 2011 zeigen sich einige Unterschiede, welche bei genauerem Betrachten einem größtenteils ausgetauschten Fundus an Schreiberlingen geschuldet ist. Von den 20 Teilnehmern dieses Jahres sind nur 6 darunter, welche auch schon 2011 zum damaligen Musikthema geschrieben haben.
Eure musikalische Vielfalt und die entsprechende Entwicklung haben wir versucht mit einer Grafik darzustellen, zu der Guldhan freundlicherweise maßgeblich beigetragen hat. Ihr findet sie im Fazit am Ende dieses doch sehr umfangreichen und aufschlussreichen Artikels. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an ihn.

Der Einstieg

Teil I – Wie zu erwarten, wurden wir – auch von neuen Schreiberlingen verstärkt – mit einer Vielzahl an Musikstilen und Gruppen bombardiert, die letztlich für den Einstieg in die Musik der Schwarzen Szene gesorgt haben. Von denen stachen einige besonders heraus:

Gothic Rock ist mit The Cure und The Sisters Of Mercy offenbar der dominanteste Musikstil, der bei Fogger, Lea, Malte, Marion Levi, Mr. Niles, Stoffel, Svartur Nott & Tanzfledermaus das Interesse und die Leidenschaft an der Schwarzen Szenemusik weckten. Weitere maßgeblich einflussreiche Musikstile sind sowohl Elektro Wave und Synthpop mit Project Pitchfork, Deine Lakaien bzw. Depeche Mode & Visage (für GM, Guldhan, Mr. Niles, Robert, Stoffel & Tanzfledermaus wichtig), die Neue Deutsche Todeskunst mit Das Ich oder Lacrimosa (bei Ronny Rabe, Guldhan und Svartur Nott der Auslöser für den Szeneeinstieg), Mittelalter-Rock in Form von Schandmaul oder Subway to Sally (Trigger für Prinzessin & Gruftfrosch) als auch der Dark Rock, vertreten durch ASP (insbesondere für Fledermama und Magister Tinte ausschlaggebend), welche letztlich den Einstieg bewirkten. Über die Gefilde des Industrial Rocks der Nine Inch Nails und Gothic Metals, vertreten durch Tiamat, gelangten Cookie und Flederflausch in unsere Runde. Rena fand ihren Weg hinein durch Postpunk und Postpunk beeinflussten Indierock der New Model Army.

Eine interessante Beobachtung war die Tatsache, dass mindestens 11 Beitragsschreiber durch die Musik der 80er Jahre in Form von Synthesizerklängen, der NDW oder anderer alternativer Musik vorgeprägt wurden, was sicherlich eine Brücke zu den genannten Einstiegsstilen baute. Prinzessin kennt dies beispielhaft von sich selbst: „Mein Papa hat eine sehr umfangreiche CD-Sammlung und ich habe oft als kleines Kind bei ihm im Arbeitszimmer gespielt, während Die Ärzte, Die Toten Hosen oder Rammstein liefen. Die Grundrichtung war also ein wenig vorgegeben.“

Die weitere Entwicklung

Nach dem Einstieg – ob nun in Etappen oder plötzlich – erschlossen sich alle Teilnehmer nach und nach neues musikalisches Terrain.

So verbrachte Ronny Rabe im Plattenladen seiner Heimatstadt „viel Zeit und Geld mit Musik hören und entdeckte so eine Menge neuer Musik.“ Wenn nicht allein, dann halfen auch Geschwister, Partner oder Freunde, an neue Musik zu kommen. Für Flederflausch öffnete sich die Musiksammlung ihres damaligen Partners, während Malte von Freunden das bekam, „(…) was die anderen noch nicht kannten und bereitwillig weitergaben.“ Die Tanzfledermaus “ (…) erweiterte anfangs mit einer Freundin über Brieffreundschaften und Kassettentausch (…) “ ihren musikalischen Horizont, später dann mit Hilfe des Internets, mit welchem auch Magister Tinte neue Schätze auszubuddelt, wenn er nicht den Second Hand-Laden seines Vertrauens durchwühlt. Neben dem Internet sind natürlich auch Festivals Fundorte neuer musikalischer Inspiration, wie beispielsweise für den Gruftfrosch, Marion Levi oder GM. Kompilationen bieten die Möglichkeit, in viele Bands einfach mal hineinzuschnuppern. Lea ist so zum Beispiel nach Jahren der Abstinenz durch solch ein Format in die heutige Schwarze Szene wieder hineingerutscht.

Wie kamt ihr an die Musik?

In jeder Generation wurden dabei so gut wie alle Medien und Möglichkeiten genutzt, um an Musik heranzukommen. So berichtet Fogger aus Zeiten, in denen es das Internet noch nicht gab, dass man „(…) nur die Wege über Freunde, (Zeitschriften, wie die) Zillo, Disko (Keine Szene-Dissen) und Stöbern im Plattenladen“ hatte, um an neue Musik zu gelangen. Mr. Niles ergänzt in einer eben solchen Aufzählung noch das Medium Radio, welches für Satoria in Form von Ecki Stiegs „Grenzwellen“ maßgeblich einflussreich war: „Irgendwann stieß ich auf die abendlichen Grenzwellen, (…) die wurden zu meinem Elixier. Egal wie übermüdet ich am kommenden Donnerstag (bzw. anfangs Montag) in der Schule war! Seitdem saß ich davor, lauschte Eckis hypnotischer Stimme (…) und schnitt mit, was das Zeug hielt“. Auch heute noch ist es in Form von Internetradios immer noch vital und wird so beispielsweise von GM intensiv zum Entdecken neuer Musik genutzt. Das Internet hat seit Etablierung offenbar generell einen hohen Stellenwert bei der Suche nach neuer Musik eingenommen. So gut wie jeder Beitrag erwähnt es als Quelle, zum Beispiel wie bei Stoffel in Form von Streaming „(…) unter anderem, um in Alben hineinzuhören und wenn es gefällt das Album in Scheibenform zu erwerben.

Musikalische Vielfalt

Welche Stile haben die Beitragsschreiber nach ihrem Einstieg für sich entdeckt? Welche sind besonders populär? Eine Antwort auf diese Frage ist alles andere als einfach. Jeder Beitragsschreiber ist offen für eine Vielzahl der Musikstile innerhalb, als auch außerhalb der heutigen Schwarzen Szene und häuft im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte durchschnittlich über 10 unterscheidbare Musikstile an (Ermittlungsgrundlage: Bandnennungen und -Zuordnungen in den Beiträgen), abhängig von seinen eigenen, wechselnden Vorlieben und keinem erkennbaren Muster folgend. Robert beschrieb es treffend mit folgenden Worten: „(…) ich inhalierte im Laufe meiner musikalischen Laufbahn unzählige Musikrichtungen, von denen immer ein Stückchen hängen geblieben ist.“

Bei Einem Blick über die Band- und Musikprojekt-Angaben stehen Gothic Rock, Elektro WaveElektro & Synthpop hervor, die im Prinzip von jedem Beitragenden mehr oder weniger in in Form einer ihrer angegebenen Bands rezipiert werden. In der Übersicht am Ende des Beitrags seht ihr, wer sich welchen Stilen geöffnet hat, dort ist alles noch ein wenig detaillierter.

Faszinosum „Schwarze Musik“

Teil II – Des Weiteren wollten wir wissen, was euch an eurer Musik so fasziniert. Sind es eher die Klänge der Instrumente, die Stimmen, Melodie, Beat oder doch die Texte – oder einfach das Zusammenspiel all dessen?

Auf die Frage was euch an eurer Musik so fasziniert, zeigen sich die Antworten diffizil. Von der technischens Seite  spielen einzelne Komponenten der Musik für einige eine stärkere Rolle als andere Elemente. Bei Maltemüssen die Texte nur zum Rhythmus passen, und die Musik sollte tanzbar sein.“ Für den Gruftfrosch „(…) vermittelt die Melodie – die Komposition – mehr als ein Text es je könnte. Er wirkt nur noch ergänzend, während die Melodie in Klang- und Gedankenwelten entführt, die einen entschweben lassen. Dann könnte ich einfach nur da liegen, die Augen schließen und träumen.“ Dem schließt sich Fogger an und ergänzt: „Für mich ist die Komposition von Stimme und Musik von großer Bedeutung. Dabei liegt der Schwerpunkt noch eher auf der Stimme. Hervorragende Musik kann durch eine bis zur Unkenntlichkeit gesampelten Stimme zerstört werden.“ Doch sind natürlich auch die Texte nicht zu vernachlässigen. Prinzessin findet „Texte so unglaublich bedeutend!„, wobei Fledermama dies genauso sieht und hinzufügt, dass sie „(…) ein Lied nicht wirklich mögen kann, wenn sie den Text bescheuert findet.GM schätzt „(…) die Geschichten, die teils märchenhaft erzählt werden und in eine ganz andere Welt führen. Träume, die in gewisser Weise vorgeben sind, die jedoch mit jeder Gefühlslage neu interpretierbar werden.“ Sie liebt „das Mystische, das Gesagte, das irgendwie nicht handfest belegbar ist und doch greifbar, die vertonte Lyrik.

Musik = Gefühl

Einig sind sich alle, dass die Musik sie emotional anspricht, dass „man sich damit identifizieren kann„, wie Cookie es beschreibt. Auch Ronny Rabe meint: „In erster Linie muss mich die Musik fesseln und in seinen Bann ziehen. Wobei die Musik und der Text bzw. die Stimme eine Einheit ergeben (…)“ – „Es muss alles zusammen passen„, wie es Prinzessin kurz und bündig sagt. Mr. Niles meint dazu: „Alles ist Klang: die Stimme, der Rhythmus, die Instrumente. Manchmal entstehen durch das Zusammenspiel magische Momente.“ Bei Foggerlöst die Musik Emotionen aus, was andere Kunstrichtungen in dieser Form nicht machen.Guldhan sagt es ebenfalls deutlich: „Musik ist Emotion (…). Droht mein Schädel vor Wut oder Hass zu explodieren, schreit es die Musik für mich heraus. Droht es mich zu zerreißen, heult es die Musik für mich gen Mond. Und bin ich allem so verdammt überdrüssig, erinnert sie mich daran, dass sie einzig das Privileg der Lebenden ist. (…) Man kann sich dadurch neu erschaffen, sich aufbauen, zertrümmern oder einfach zum Neutrum zurückgleiten lassen. (…) Den Kopf leeren, bevor dieser platzt oder man beginnt, sein Gesicht zu verlieren. Trost schöpfen oder sich der Trauer ergeben, um diese hinfortzuspülen. Tanzfledermaus führt aus: Musik kann aufwühlen, trösten, zum Träumen einladen, zum Tanzen animieren, Spannung abbauen, abschalten lassen„. Auch für Flederflausch „(…) zählt dabei vor allem eines: was ich fühle. Und was ich fühle hängt damit zusammen, in wie weit ich die Musik als authentisch betrachte, als Komposition eines Gefühls. In welcher Übersetzung das transportiert wird spielt erstmal keine Rolle. Stimme, Stimmung, Rhythmus, Text – das Gesamtwerk muss stimmen und was stimmt ist je nach Stück sehr unterschiedlich (…)“. Für Satoria bietet Musik eine Art Heimat und auf spirituelle Weise „Selbst-Erfahrungs-Räume jenseits des Sagbaren, verbleibt im Fühlbaren. In der Musik kann ich mich auflösen, eins werden, (…) kann mir tiefe Geborgenheit schenken.

Die Bandbreite der Musik innerhalb der Schwarzen Szene ist für viele eine Möglichkeit, ihre ebenso variationsreichen Stimmungen anzusprechen und auszuleben. Um es erneut mit den Worten Flederflauschs zu sagen: „Was mich an der Bandbreite der dunklen Musik fasziniert und fesselt ist das Gefühl und die Variation. Von schwer und düster über seidig und leicht. Dunkle Ströme, die einen treibend-tragen und Rhythmen, welche die Beine in Bewegung setzen. Schwermütiges, Trauriges, Rebellisches, Tanzbares, Heiteres, es ist Alles dabei.“ Für Rena kann Musik „(…) sagen, was Worte allein nicht schaffen. Musik kann in Orte in einem eindringen, die man sonst verbirgt, oder sie kann gänzlich neue Orte erschaffen, auch eine Art Refugium sein.

Musik scheint also „eine akustische Droge sein, die einen völlig gefangen nimmt.„, wie die Tanzfledermaus treffend beschreibt. Man „lässt seine Stimmung von der Musik treiben“ (Fledermama). Dahingehend ist es den meisten Beitragsschreibern wichtig, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Satoria beschreibt es wundervoll: „(…) mit geschlossenen Augen, ein Hingegeben an die Musik. (…) das Dahinfließen, das Eins-Sein mit der Musik; wenn sich die Beine und alles wie von selbst bewegen, ohne mein Zutun, ohne meinen Willen. Tanzen, so im Tanzen aufgehen, dass ich alles vergesse.“

„Schwarze Musik“ und ihre Texte

Doch wieder zurück in diese Welt: Ihr konntet uns im März aufzeigen, welche Liedtexte für euch einen ganz besonderen Stellenwert haben. Dies waren, jeweils den zuerst aufgeführten Songtext genommen:

Soft Cell – Tainted Love (Fogger), Die Erde – Graben (Mr. Niles), Cinema Strange (Svartur Nott), The Chameleons – As high as you can go (Flederflausch), The Chameleons – Second Skin (Tanzfledermaus), Lacrimosa – Ich verlasse heut‘ dein Herz (Ronny Rabe), Das Ich – Mann und Frau gehen durch die Krebsbaracke (Guldhan), ASP – Und wir tanzten (Fledermama).

An dieser Stelle die einzelnen Lieder und ihren Inhalt zu analysieren überlassen wir euch. Denn letztlich soll jeder selbst die Erfahrung machen, ohne vorgegebene Interpretationen und Scheuklappen.

Eure Musiktipps

Teil III – Zuletzt boten wir euch die Gelegenheit der Leserschaft mitzuteilen, welche Projekte und Bands ihr aktuell toll findet, welche eurer Meinung nach unterschätzt werden oder (noch) unbekannt sind, es aber verdient haben, gehört zu werden.

Es wurden im Laufe des Monats eine Menge expliziter Musiktips aus den unterschiedlichsten Sparten (Schwarzer) Musik gegeben. Dabei wurden zwei Gruppen häufiger genannt: She Past Away & The Frozen Autumn.

Desweiteren wurden erwähnt: Abney Park, Allah-las, Another Tale, Autodafeh, Azar Swan, B.F.G., Behind The Scenes, Black Swan Lane, Chelsey wolfe, Cinema Strange, Data Bank A, Deine Lakaien, Der Blaue Reiter, Der Prager Handgriff, Dronning Maud Land, Emily Autumn, Endraum, Enter and fall, For Against, Get Well Soon, Infernosounds, Invisible Limits, Molly Nilsson, Les Rita Mitsouko, Lycia, Mystery Gang, Olms, Opera Multi Steel, Religious To Damn, Sally Dige, Sanne De Neige, Siglo XX, Sixth June, Solar Fake, Steampowered Giraffe, Still Patient?, The Northern Territories, The Villions & Wynardtage.

Leider war es ab und an nicht eindeutig zu erkennen, ob aufgeührte Bands direkte Tipps oder „nur“ Bestandteil der Entwicklung waren. Wer sich übergangen fühlt, mag dies in den Kommentaren anmerken, sodass das Missverständnis behoben wird und die Bands hier aufgeführt werden.

Top 5 & Flop 5

Mit euren 5 ewigen Lieblingsliedern, sowie den aktuellen Top- und Flop5 schlossen wir die Fragerunde. Es zeigte sich, dass vor allem 6 Musikformationen über die Generationen dauerhafte Beliebtheit aufweisen: Deine Lakaien (7 Nennungen), The Cure (7) & The Sisters Of Mercy (5), sowie, Depeche Mode (4), Clan Of Xymox (3) und Silke Bischoff (3) waren signifikant häufig in den Ewigen Top 5+ vertreten. Dies deckt sich mit der anfangs in Teil I gemachten Beobachtung, nach welcher besonders Gothic Rock und Elektro Wave eine große Anziehungskraft ausüben.

Weitere Mehrfachnennungen waren ASP, Christian Death, Das Ich, Dead Can Dance, Joy Division, Kirlian Camera, Peter Murphy, The Bollock Brothers, The Frozen Autumn & VNV Nation (mit jeweils 2 Nennungen).

Bei den Flops ließen sich einerseits des Öfteren Vetreter technoid-eletronischer Musik oder solche der NDH wahrnehmen – sofern überhaupt Flops angegeben wurden, da unpassende Musik von den Hörern schlicht einfach vermieden wird.

Fazit

Gothic Friday - Zeitstrahl Musikthema von Guldhan

Hier der Link zur PDF um die Grafik in voller Auflösung zu sehen: Zeitstrahl-x

Teil I – Der musikalische Zugang in die Schwarze Szene ist vielfältig, es gibt jedoch Musikprojekte, die eine besondere Stellung einnehmen. Namentlich sind dies The Cure, The Sisters Of Mercy & Depeche Mode. Im Laufe ihrer weiteren Entwicklung fokussierten sich die Beitragenden nicht nur auf die jeweiligen Schlüsselgenres Gothic Rock, Elektro Wave & Synthpop, sondern öffneten sich auch zahlreichen weiteren Stilen, sodass letztlich eine große Bandbreite an Musik, primär aus der Schwarzen Szene, gehört wird. Hier besteht kein großartiger Unterschied zum GF 2011.

Teil II – Musik und Gefühl sind für alle Beitragenden eng miteinander verbunden und bedingen bzw. beeinflussen einander wechselseitig, was hier im Märzthema, als auch bereits im Musikthema des Gothic Friday 2011 sehr deutlich wurde. Instrumentalisierung, Melodie, Beat und Texte sind in individueller Ausprägung ebenfalls wichtig, jedoch nicht so sehr, wie die emotionale Atmosphäre, welche ein Musikstück zu vermitteln vermag. In dem Zusammenhang stach die zweifache Zitation der Chameleons hervor. Und damit wären wir auch schon beim letzten Punkt.

Teil III – Die Beitragenden geben sich und den Lesern eine vielfältige Auswahl an hörenswerten älterer, aber vor allem aktueller Musikprojekthinweise mit auf die weitere Reise. Dabei wurden She Past Away und The Frozen Atumn häufiger genannt. Bei den ewigen Top 6 der Lieblingslieder stehen die Interpreten Deine Lakaien, The Cure, The Sisters Of Mercy, Depeche Mode, Clan Of Xymox & Silke Bischoff auf Rang 1 bis 6.

Video: Ex-Grufti Jonathan ist dem Teufel entkommen

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In der Hölle ist es dieser Tage ein wenig kälter geworden. Der Teufel sitzt traurig vor dem Fegefeuer und stochert lustlos mit seinem Dreizack in den glimmenden Holzscheiten. Gerade hat er schon wieder einen möglichen Anhänger an die helle Seite verloren. Als wäre das nicht schon schlimm genug, entdeckte er bei einer Internet-Suche zu diabolischer Musik zu allem Überfluss noch ein Youtube-Video des Verflossenen, in dem der auch noch eine der Rekrutierungsstätten schamlos enthüllt. Jonathan, der im Alter von 18 Jahren die Grufti-Szene für sich entdeckte, hat „In der Szene (…) erlebt, wie der Okkultismus betrieben wurde, wo ich doch eine starke Präsenz des Teufels spürte und mich so etwas abgehalten hat mich mehr darauf einzulassen.“ Zahlreiche Schicksalsschläge musste der heute 29-jährige dann ertragen, bis er durch einen Arbeitskollegen zu einem Jugendgottesdienst gekommen ist und sich dann letztendlich „für ein Leben mit Jesus entschieden“ hat. Auf der Seite von „MyStory“, die vom schweizerischen „Campus für Christus“ betrieben wird, erzählt Jonathan im April 2013 seine Geschichte. Zusätzlich sind Videos dazu erschienen, in den er seine Geschichte noch einmal erzählt und ein anderes Video, das seinen Werdegang in einer Bildercollage zeigt. Und nein, wartet nicht auf die Pointe, denn die bleibt leider aus und auch ein „April, April“ ist nicht die Auflösung dieses Artikels.

Man soll mich bitte nicht falsch verstehen, ich respektiere die Entscheidung des jungen Mannes, seine Lebenskrisen durch die „Liebe zu Jesus“ in den Griff bekommen zu haben. Doch warum macht er seine Geschichte zu einer plumpen Missionierungskampagne? Und warum lautet die Überschrift seiner Geschichte „EX-Grufti“ und nicht „Liebe zu Jesus“?

Gewürzt wird die Geschichte dann noch mit „Okkultismus in der Szene“ und dem Teufel, der dort angeblich sehr präsent ist. Wir klären auf: Okkultismus in der Szene ist meiner Erfahrung nach ein Mythos. Hier passiert nichts, was nicht irgendwie von jugendlicher Neugier abgedeckt werden würde. Verwechselt man wieder einmal das Interesse an einem Randbereichs-Thema mit einer potenziellen Gefahr?

Der Teufel, der für die Kirche das gesammelte „Böse“ – oder das was sie dafür hält – verkörpert, soll in der Szene also eine „starke Präsenz“ haben. Mir hat er sich noch nicht präsentiert und bis auf ein paar Kostümierte auf dem WGT auch noch nicht begegnet. Euch etwa? Und vor allem: Wie spürt man die Präsenz des Teufels eigentlich? Woran wird das deutlich? Worauf sollte man achten? Aber so ist das mit dem Glauben, wenn man selbst – so wie ich – keinen Zugang dazu hat, bleiben auch alle damit verbundenen Effekte und Wahrnehmungen aus. Ich bin wohl einfach nicht „empfangsbereit“ für solche Strömungen. Aber was soll’s? Glauben und glauben lassen. Ich glaube ja auch, dass mir eine Nacht auf der Tanzfläche der Grufti-Discothek die Seele reinigt.

Glaube ist etwas Persönliches und hat nichts mit der Szene zu tun. Die Gothic-Szene ist unpolitisch, weder rechts noch links und auch nicht in eine Religion einzuordnen. Sicher, es gibt immer wieder Individuen, die versuchen ihr Ideale in der Szene anzupflanzen, doch mit steter Ignoranz und Gleichgültigkeit oder auch wahlweise mit Intelligenz und Rebellion wehrt sich die Szene erfolgreich gegen jede Form der Vereinnahmung. Sprecht der Szene nicht pauschal die Fähigkeit ab, sich mit dem auseinanderzusetzen, womit sie sich beschäftigt. Auch wenn das eben die Randbereiche der breiten gesellschaftlichen Wahrnehmung tangiert. Die Welt ist leider nicht nur schwarz und weiß, gut und böse.

Zurück zu „Joni“, wie er in vielen Videos in einem Youtube-Channel genannt wird. Muss man tatsächlich, so wie in den Videos zu sehen ist, seine dunkle Seite bekämpfen und wahre Befreiung zu erleben? Und auch hier wieder: Was sind dunkle Seiten? Sind es die Emotionen wie Traurigkeit, Wut oder Hass die es zu bekämpfen gilt? Ist es Egoismus, Narzissmus oder gar die Wollust die uns zerfrisst und uns an einem „besseren“ Leben hindert? Die Fragen könnt ihr alle für Euch selbst beantworten, vielleicht nutzt ihr ja die Kommentare, um eure Meinung zu teilen.

Gothic Friday März – Musik als Heimat und Zuflucht (Satoria)

Satorias Beitrag ist wohl der letzte und zugleich auch der umfangreichste des Märzthemas. An dieser Stelle jetzt eine Kurzbeschreibung zu geben, wäre ein Paradoxon, dennoch ein kleiner Hinweis: Es gibt eine gewisse Konstante, die sich durch Ihre musikalische Laufbahn zieht. Welche das ist und was ein Flug von Indien über Abu Dhabi damit zu tun hat, erfahrt ihr beim Lesen der folgenden Zeilen.

Es ist Ostermontag 2016 und das passende Lied lautet Erschießen von Ideal. Heute, hier, jetzt. Jedoch nicht aus Langeweile. Lief gestern als eines der Highlights im übervollen „Sauna“-Duncker.

Einiges in meinem Text könnte für manchen Leser etwas drastisch klingen und wäre mit einem anderen emotionalen Hintergrundrauschen auch anders. Aber ich will authentisch sein – und so empfinde ich jetzt gerade. Es gibt ein grundlegendes Problem in der Fragestellung des Monats – wie soll man denn nur Emotionales, persönliche Geschichte, Szene(rück)einstieg und Musik separieren? Das ist höchstpersönlich und kaum zu trennen. Also, ich lege den Schwerpunkt auf Musik, aber in den persönlichen Kontext gesetzt.

Ich gehöre zu den Menschen, die ganz schwer Musik-Stile auseinanderhalten können und selten Treffer landen, wenn sie anhand der ersten Sekunden Lied und Interpreten bestimmen sollen. Ich erinnere mich immer noch fasziniert an die Rückfahrt vom Breslaufestival im Oktober, als die im Auto anwesende DJane großartig und geduldig die verschiedenen Stile erklärte und Songs dazu anspielte. Hammer! Aber leider vergesse ich das umgehend.

Die Tiefe

MUSIK

Musik ist für mich Heimat. Ich habe sonst keine – worunter ich sehr leide. Wie auch? Ich lebe in Berlin, da kann man nicht wurzeln. Da ist nur Sand, Treibsand. Berlin – für mich die Hauptstadt der Heimatlosen. Da wollte ich nie hin. Trotzdem ist es passiert. Vielleicht auch, weil meine eigentlichen, jahrhundertealten Wurzeln von Berlin aus nicht so weit weg sind, noch weiter im Osten liegen, nun aber für immer ausgerissen sind. Meine Großeltern sind alles Vertriebene. Ich dachte immer, ich sei die „Einzige“ damit, doch als ich auf die Thematik der „Kriegsenkel“ stieß, wandelte sich meine Wahrnehmung grundlegend. Und wie ich das gerade schreibe, wundere ich mich plötzlich nicht mehr, warum die Schwarze Welt in Deutschland so groß ist.

Musik ist für mich eine Art „Be-Heimat-Ung“. Musik bietet mir Selbst-Erfahrungs-Räume jenseits des Sagbaren, verbleibt im Fühlbaren. In der Musik kann ich mich auflösen, eins werden. Musik kann tiefe Geborgenheit schenken, auch gute Texte können das – egal, ob in der Musik oder in der Lyrik von zum Beispiel R. M. Rilke, Hermann Hesse, Erich Fried oder Ulla Hahn. Und natürlich gibt es das auch auf vielfältige Art und Weise in der Prosa (Monika Maron, Christoph Peters). Sprache, ausgefeilte Sprache ist für mich ebenso Heimat.

TANZEN

Ich kann (bislang) irgendwie nicht gut mit jemandem tanzen, ich tanze am liebsten für mich, mit geschlossenen Augen, hingegeben an die Musik. Am leichtesten gelingt mir das bei elektronischer Musik. Das Dahinfließen, das Eins-Sein mit der Musik; wenn sich die Beine und alles wie von selbst bewegen, ohne „mein“ Zutun, ohne meinen Willen. Tanzen, so im Tanzen aufgehen, dass ich alles vergesse.

Und dann gibt es solche ganz intensiv erlebten Momente von „Dancing with tears in my eyes“ – in denen ich die Musik so innig spüre, dass ich mich an einen, den geliebten Menschen hinter mir anlehnen und mit ihm gemeinsam in der Musik aufgehen möchte um sich darin auflösen und darin zu zerfließen.

Tanzen gehe ich noch nicht so lange. Warum, folgt noch.

Getanzt habe ich immer nur auf Konzerten auf „meinen“ WGT’s 1995-2000 und höchst selten danach. In meiner Düsseldorfer Zeit um 2000/2001 rum waren wir hin und wieder noch in Bochum tanzen – sowohl im Zwischenfall als auch im Matrix. So richtig den inneren Rappel gekriegt zum Tanzen habe ich tatsächlich erst Anfang 2015. Spontis habe ich übrigens entdeckt, als ich verzweifelt danach suchte, wo man anno 2015 denn überhaupt noch schwarz tanzen kann. Früher, als es noch „richtige“ schwarze Clubs gab, stand ja alles seitenweise im Orkus. Ja, aber da habe ich keine mehr, alle 2007 beim Umzug in die Tonne gehauen, samt der seligen Zillos. Ja, ich wollte diese zig Kilo nicht weiterschleppen und bildete mir ein, dass man sich von manchen Dingen eben trennen muss. Von den Tapes schweigen wir auch, die kamen 2013 sehr schweren Herzens auch dorthin, weil ich dachte, dass ich nie mehr in meinen Leben ein Kassettenabspielgerät haben würde.

TEXTE

Ich dachte bislang nicht, dass ich viel auf Texte höre. Ja, gute deutsche Texte, gern mit Sprachwitz, die mit der Musik eine Einheit bilden, wie Malaria Kaltes klares Wasser. Oder, frisch durch Robert & Fogger entdeckt: Großstadtgeflüster – Fickt-Euch-Allee – das habe ich erst einmal gehört und fand den hintersinnigen Betonungswitz so gelungen, da werde ich noch mal reinhören. Mein Stil ist es allerdings nicht.

So, aber vorhin sitzt der Fogger auf meinem Sofa und es läuft Depeche Modes „Delta Machine“ und ich sag‘ ständig völlig begeistert: „Hör dir den Text an, hör dir den Text an“ – und anhand seiner Reaktion wird mir klar, dass ich bei englischen Liedern eigentlich nur bei DM wirklich genau hinhöre. Ich entdecke darin so viel, oft sind es für mich quasi spirituelle Texte. Martin Gore sagte mal in einem Interview, dass er oft beim Schreiben wie in einem anderen geistigen Raum sei und sich hinterher frage, was er da eigentlich geschrieben hat. Bei mir landet er damit total!

Ansonsten hat mir immer gefallen, wie Depeche Mode mit sexuellen Inhalten und potentiellen Abgründen umgehen, großartig. Ich wollte schon mal eine passende DM-Playlist für eine Hochzeit zusammenstellen, aber es kam nicht dazu ;)

Sollte ich in diesem Leben noch heiraten, fände ich das ein Hammergeschenk für mich!

STIMME

Stimmen sind unsagbar wichtig. Eine Stimme, die mein Herz erreicht: Alexander Veljanov. Ganz oben auf meinem privaten Olymp. Diese Tiefe und diese Wärme, das schafft Geborgenheit.

Gleich danach kommen Dave Gahan und dann irgendwie auch Felix Flaucher, der so wunderbar fragil und berührbar klingt. Hohe Frauenstimmen kann ich nicht gut ertragen. – (Ich habe schon eine Nachbarin, die zu Hause ihren Sopran übt und deren Tonleitern durch jede Wand sowie Mark und Bein gehen!) – Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Qntal, Estampie, Sarband.

Und es gibt immer wieder Sänger, die nicht singen können, wie Phillip Boa und es ist komplett egal. Klingt trotzdem gut.

Die Vergangenheit

DAS DORF ÜBER-LEBEN

Au Mann, da erinnere ich mich nicht gerne dran. Keine guten Zeiten, ich war wohl die einzige Schwarze in einem Kaff im stramm katholischen Eichsfeld. Komplett in der Pampa, abgeschnitten von der Welt, kein ÖPNV, nur Schulbusse… Ich war gleichsam scheu und schüchtern, wie ich für das „Anderssein“ auch angefeindet wurde. Intrigen, Verachtung, mindestens Unverständnis – das prägt sehr tief. Ich verweise hier gern auf das neue WGT-Ausstellungsbuch S. 123f. Janine, wenn auch aus Mecklenburg, hat es so treffend beschrieben: „Als Grufti stand man einfach ganz unten in der Hackordnung.

Leider fehlt mir komplett die Erfahrung, als schwarze Seele die schützende Geborgenheit einer ganzen Clique zu spüren, das daraus resultierende Selbstbewusstsein und Selbstverständnis oder zusammen tanzen zu fahren. Nein, das kenne ich leider nicht, mit mehreren Freunden zusammen in der Disko zu sein und Spaß zu haben, das habe ich nie erlebt, keine Ahnung, ob und wie gut sich das anfühlt. Ich war unfreiwilliger Einzelgänger und es gibt in mir viel Trauer, dass es so war, irgendwie immer so schwer war. Ich war sogar mit 16 Jahren alleine auf dem WGT und sowas von viel zu schüchtern für jedwede Kontaktaufnahme.

Eingestiegen bin ich irgendwie über Metal, denn das „hörte man damals“ dort auf dem Dorf. Dabei blieb ich aber nicht lange, vielleicht so etwa von 1993-94?

„Aufgewacht“ bin ich lange davor – über das Radio in meinem Elternhaus wohl Ende der 80er? Alles, was irgendwie „Synthie“ war, fand ich als „größeres Kind“ geil: Visage Fade to grey, Soft Cell – Tainted Love, OMD – Electricity… Naja und Sisters of MercyTemple of love lief auch zuweilen im Radio – aber der Kracher war meine erste Schuldisco, so ca. 1991: Temple of love das erste Mal richtig laut – das ging mitten ins Herz. Wahnsinn. Mich konnte nichts mehr halten, ich musste tanzen, egal wie, das war so kraftvoll, so sehr ich. Was ein endloser Moment.

Danach die eiskalte Dusche: Ich wurde von einigen aus meiner Klasse lauthals für mein Tanzen ausgelacht. Ich schämte mich für meine Gefühle, war fassungslos, zutiefst verunsichert, traurig und erniedrigt. Das führte zu langjähriger größter Verunsicherung im Tanzen und hielt viele Jahre vor.

Cut.

Ich erwische mich bei dem Anspruch, einen vollständigen musikalischen Lebenslauf zu schreiben. Schwierig für eine Perfektionistin, diesen runterzuschrauben.

Ich versuche es.

EINFLÜSSE

Also, wer hat mich beeinflusst? Zuvorderst: Zillo, Ecki Stiegs Grenzwellen auf Radio FFN und Holger.

Ich war ja irgendwie einsam auf einer Insel. Immerhin erlebte ich, dass ich nicht die Einzige bin, als ich die Zillo und später den Orkus entdeckte. Die musikalischen Beschreibungen in den Zeitschriften waren jedoch wenig hilfreich. Irgendwann stieß ich auf die abendlichen Grenzwellen, vielleicht so ’94, mit 15? Die wurden zu meinem Elixier, egal wie übermüdet ich am kommenden Donnerstag (bzw. anfangs Montag) in der Schule war! Seitdem saß ich davor, lauschte Eckis hypnotischer Stimme (manchmal machte er wirklich VIEL ZU VIELE Worte – ich wollte doch Musik hören!) und schnitt mit, was das Zeug hielt: Klaus Schulze, Nico, Tangerine Dream, Project Pitchfork, Fortification 55, The Eternal Afflict, Frontline Assembly, Front 242, And One, Deine Lakaien, Estampie, Qntal, In the Nursery, Kirlian Camera, Silke Bischoff, Dead can Dance… Fasziniert war ich von den geradeaus respektlosen DAFDer Mussolini“ – eines meiner alten Lieblingslieder, das ich dort auch das erste Mal hörte.

Über die Zillo-Rosa-Seiten bin ich wohl auf Lacrimosa gestoßen, deren Texte für mich in meiner gefühlten und faktischen Einsamkeit und Pubertät sehr hilfreich und unterstützend waren. Naja, und ohne meine Brieffreundschaften wäre es wohl unerträglich gewesen. Auch das Mozartrequiem habe ich zu der Zeit rauf und runter gehört, es ist so wunderschön.

Ab ’95 durfte ich hin und wieder alleine nach Erfurt fahren, der Enge des Dorfes entfliehen und ein Workshopwochenende im katholischen Jugendhaus verbringen. Motto: Hauptsache raus. So schlimm, wie das jetzt klingt, war es nicht, so lange dieses Haus von Gregor geleitet wurde, der empathisch, freigeistig und klug war. Über seinen Nachfolger schweigen wir lieber. Ich fuhr immer gleich freitags nach der Schule hin, damit ich genug Zeit bei WOM und Müller in der Musikabteilung hatte. Leisten konnte ich mir trotzdem fast nichts.

Im Leistungskurs hatte ich dann einen Mitschüler, der mir erstmals was von London After Midnight mitbrachte – wow!! Und irgendwie landete ich so ’95 rum auf dem WGT zufällig auf einer Cold Meat Industry Party, wow, Ambient… Raison d’etre. Festivals habe ich geliebt, bin ab 1995 auf das WGT und ab 1996 aufs Zillo und Konzerte – was so ging. Als eines der Highlights habe ich das 2000er Konzert von The Cure in Berlin in Erinnerung, ich meine, es waren 11 Zugaben? Leider habe ich kaum Eintrittskarten aufgehoben.

Über eine bis ins Heute und mehrfach bedeutsame Orkusanzeige im September 1997 lernte ich unter anderem Holger kennen, der aus mir die tiefe Liebe für Depeche Mode herausschälte, mir viele Tapes zusammenstellte und CDs schenkte (siehe die folgenden beiden Photos). Das wird sich sicher nie wieder ändern.

Satoria - Depeche Mode CDsUm 2000 rum entdeckte ich Die Form, VNV Nation, Covenant, Apoptygma Berzerk, Icon of Coil und hatte eine recht intensive Futurepopzeit – und mein vorerst letztes WGT.

FREMDE UFER

Ab 2004 änderte sich Einiges in meinem Leben, ich entwickelte mich in eine andere Richtung und viel Schwarzes flog aus dem Kleiderschrank (hach, auch so schöne Dinge, die ich heute bereue, weggeworfen zu haben) und neue Musik zog ein: Weltmusik, Singer Songwriter in Deutsch und Englisch, aber auch Belle & Sebastian, Franz Ferdinand, Moby, Element of Crime, Silly, Leonard Cohen, Mumford & Sons, Klaus Hoffmann… allerdings hat keine der alten CDs je mein Regal verlassen, ich habe sie nur nicht gehört – meine schwarze Musik blieb mir heilig. Durch meine Indienreisen entdeckte ich noch den Amerikaner Krishna Das und seine Interpretationen uralter indischer Bhajans (diese Stimme, so warm und weich – diese auf dem Mount Kailash…;), das passt ja nun überhaupt nicht mehr rein ins schwarze Klischee. Aber ich bin ja auch ich. Ein Konzert mit ihm 2014 war die pure Trance, das Totalverlieren im Sein. Durch die Zeit in Australien kam noch dortige Musik dazu, wie zum Beispiel Midnight Oil und Xavier Rudd (Achtung: Naturfreak, Surfer, Singer, Songwriter).

Dazu liebe ich die Musik von Johann Sebastian Bach aus tiefstem Herzen, vor allem seine Orgelwerke. Ich besaß zwei mir wichtige Platten: Closer von Joy Division und eine mit Orgelstücken von Bach – beide haben leider einen Umzug nicht überstanden. ;(

Die Gegenwart

UNERWARTETE BERÜHRUNG

Ich war bestimmt 10 Jahre aus der schwarzen Musik draußen, aber nie aus der dazugehörigen inneren Welt. „Rein“ bin ich wieder mit Karacho – vor einem Jahr, Anfang 2015. Zum einen tauchte urplötzlich meine alte schwarze Jugendliebe wieder auf und zum Anderen gab es einen verkorksten Rückflug aus Indien beziehungsweise Abu Dhabi, der damit in Verbindung steht. Die Hintergründe der sehr intensiv erlebten Indienreise wiederum haben genau genommen mit jener Orkusanzeige aus dem September 1997 zu tun…

Ich wurde unfreiwillig von Etihad auf Air Berlin und einen anderen Tag umgebucht und saß in einem überbuchten Flieger in der Mitte der Mittelreihe (!!) – sonst umgeben von zu vielen Menschen auf zu engem Raum, mißlaunigen Stewardessen und abwechselnd ohrenbetäubend laut schreienden Babys. Ich hasse es, Langstrecke fliegen zu müssen und ich hasse diese „Bordunterhaltungsprogramme“ – was dort angeboten wird, halte ich für ein Sammelsurium an Geschmacklosigkeiten und Entsetzlichkeiten – schlimmste Zumutung. Nun, dieser Flug war so schrecklich, dass ich mich aus purer Verzweiflung eben diesem Unterhaltungsprogramm widmete und plötzlich unter „Musik“ Depeche Mode mit ihrem Album „Delta Machine“ entdeckte. Depeche Mode im Bordprogramm? Ich war komplett verstört. Meine alten Mode hatten also eine neue Platte draußen. Moment! schon zwei Jahre alt und ich hatte davon nichts gemerkt? Au weia. Also, zwei der unbekannten Titel vorausgewählt – und nach wenigen Takten war sie wieder da, „meine Welt“ und die Tränen liefen hemmungslos das Gesicht runter. Die restlichen vier oder fünf Stunden Flug habe ich also diese ganze Platte noch ein paar Mal gehört und einfach nur noch geweint… Es war schon immer praktisch, lange Haare zu haben…

Ich war zutiefst berührt – und ich war wieder zu Hause.

IM JETZT

Ich holte meine alten CDs wieder aus dem Schrank, entdeckte einschlägige Gruppen auf Facebook mit haufenweise Musikpostings und Links zu Youtube. Wow! Was erschloss sich mir plötzlich für ein Universum. Eine Entdeckungsreise zurück in die Szene startete! Im Netz war plötzlich alles verfügbar – was für eine unglaublich komfortable Situation! Musik, die ich nie kannte, nie hörte, weil ich früher nie in Diskos war. Zum einen enthielt der auf Youtube ebenfalls zufällig entdeckte „PC 69-Simulator” dort irgendwie alle meine alten Hits und gleichzeitig kam ich durch die Vorschläge zu so viel „neuer“, nein, „alter“, aber mir zuvor nicht bekannter Musik: Xmal Deutschland, Ideal, Pink Turns Blue, Boytronic, The Invincible Spirit/Invisible Limits, Red Zebra, Trisomie 21, The Chameleons etc. Zur neu entdeckten und auch tatsächlich neuen Musik zählen She Past Away, Brandenburg, Ash Code, Lebanon Hanover, Geometric Vision, Human Tetris.

Das Festival in Breslau im Oktober, das ich eingangs erwähnt habe, hat meinen Horizont noch einmal schön erweitert. Und aus anders gelagerten Gründen kam ich nicht drumherum, Welle:Erdball anzutesten – mit der Musik kann ich durchaus was anfangen, bei den Texten habe ich noch keine abschließende Meinung, kann nicht trennen, was da Ironie und Ernst ist. Ich kann ja Musikrichtungen schwer angeben, aber heute bewege ich mich im Dark/Cold/Elektro Wave, Minimal, Synth & Post Punk und gehe zeitlich wohl eher rückwärts. Dass ich die „alte“ Musik nicht schon eher kennenlernen konnte, lag wohl an meiner isolierten Situation damals. Aber: JETZE!!

Manchmal hoffe ich, dass ich trotz Allem einfach nur ein Spätstarter bin – egal, bei was.

Aktuelle Top 7

Soundtrack für die Ewigkeit

Kategorie – „Kann man wieder hören“

Kann ich nicht mehr hören

  • No More – Suicide Commando
  • Shock Therapy – Hate is just….
  • L’ame immortelle – Bitterkeit
  • Wolfsheim – The sparrows and the nightingales
  • Bauhaus – She’s in parties

 Will ich echt nicht hören (wollen)

  1. Pseudomittelalterkram mit Dudelsackdominanz und einfältigen Texten – oh nein, bitte verschont mich.
  2. Umbra et Imago
  3. Neumodisches Industrial, oder wie heißt das heute?

Es gibt Dinge, da sagt mein zuverlässiges Bauchgefühl: Finger weg, egal, warum.

  1. Chris Pohl, egal wie seine Projekte heißen. Ich glaube, er hat einen ausgeprägten Narzismus. Wenigstens wird er mit Musik keinem wirklich gefährlich.
  2. Sinnfreies Porno Bum-Bum Rums-Rums á la „Nimm meinen Schwanz“-Mist!

(Das Ganze dann noch verzerrt und /oder formuliert in völliger Unkenntnis der deutschen Sprache! Nee!)

Gothic Friday März – Gewesenes und Gebliebenes (GM)

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Mit etwas Verspätung – nostra culpa – ist nun endlich auch GMs Beitrag zum Gothic Friday im März online. In ihm berichtet Sie uns von ihrer ersten LP, einem folgenreichen Besuch des Ballhaus Tiergarten und welche Bedeutung Musik für Sie einnimmt.

Es ist Freitag, draußen nieselt es, alles liegt grau in grau. Ein guter Zeitpunkt, meinen Beitrag fertig zu bringen, diesmal ohne Musik, die mich nur wieder in andere Welten versetzen würde. Vier abgespeicherte Dokumente gilt es jetzt zusammen zu bringen. Notizen, gestrichene Texte, all das, was sich in den letzten Wochen ergab, als ich über das Thema nachdachte, es verwarf und wieder darüber nachdachte. Es sei mir verziehen, nicht tiefer in die Materie einzudringen und zu beschreiben, was mir einzelne Bands oder Songs bedeuteten und bedeuten, das würde einen zu emotionalen Abstieg für mich bedeuten. Außerdem erscheint mir eine chronologische Abfolge meiner musikalischen Entwicklung unmöglich.

Im Februar Thema erwähnte ich bereits, dass ich 1980 auf Visage aufmerksam wurde. Steve Strange war so anders, hob sich so sehr von dem ab, was ich bisher kannte, dass sofort eine „Liebe“ entflammte. Meine erste LP Visage – Visage hörte ich wann immer ich konnte, nahm sie mit, wenn ich zu Freunden ging, was das Verhängnis für die LP oder besser für mich wurde, denn irgendwann war sie verschwunden.

Im Alter von 15 trug mir mein Musiklehrer auf, einen Aufsatz über Kate Bush zu schreiben, die ich so kennenlernte und seit dem immer noch höre. Sie ist neben Anna Verney die einzige weibliche Stimme, die sich bei mir Gehör zu verschaffen vermag.

Um mir die neuesten Songs nicht entgehen zu lassen hörte ich RIAS II (Rundfunk im amerikanischen Sektor), der war  für uns junge Leute gemacht und brachte die Songs, die ich auf Kassette mitgeschnitten habe. So kam ich auf diverse Bands wie Ultravox, Depeche Mode, Style Concil (vormals The Jam), The Waterboys, The Smiths, The Cure, Bauhaus, Thomson Twins, China Crisis… Schon damals hatte ich den Tick ein Lied tagelang hören zu können. Immer wieder wurde die Kassette zurückgespult und wiedergegeben. Manchmal tauschte ich mit Freunden Kassetten. Später, als es die Doppeltapedecks gab, konnten wir die Kassetten kopieren.

Ich schätze mit sechzehn begann meine Phase abends in das Ballhaus Tiergarten zu gehen, wo ich nach den Songs, die ich auf Kassette aufgenommen hatte, auch tanzen konnte. Ganz neu war es damals, dass an einer Seite des Tanzsaales zeitweise eine Leinwand herunter gelassen wurde, auf der die neuesten Musikvideos gezeigt wurden z. B. Depeche Mode, Heaven 17, Duran Duran, Paul Young und all so Zeugs, ich war jung und die Musik war wundervoll tanzbar….

Im Ballhaus lernte ich auch meinen späteren Freund kennen, bei dem wir oft Bauhaus und Joy Division hörten. Er besaß zwei Synthesizer und machte selbst Musik. Die erste schwarze Musik, die ich hörte. Schwarz im Sinne von melancholischer Dramatik und unendlicher Düsternis. Seine Demokassette höre ich noch immer, in Nostalgie schwelgend.

Konzerte konnte ich aus finanziellen Gründen nicht oft besuchen, ich meine auch, dass der Hype damals noch nicht so groß war, jede Lieblingsband live sehen zu müssen. Mein erstes erlebtes Konzert war 1984 von Depeche Mode in der Deutschlandhalle. Wir waren manchmal in Clubs, in denen unbekannte Bands auftraten. So auch bei Howard Jones der damals kaum bekannt war. Sein Konzert konnte ich fast in erster Reihe verfolgen, so leer war es. 1988 wiederum, bei einem Konzert von Pink Floyd, musste ich vorzeitig gehen, weil mich die Menschenmassen fast erdrückten. Seither neige ich dazu Konzerte von möglichst weit hinten zu verfolgen.

Bands, die mich seit „je her“ begleiten sind u. a. Tears for Fears, Simple Minds, Rammstein, In Extremo, Talk Talk, Dance or Die, The Mission, Gene Loves Jezebel, Projekt Pitchfork, Clan of Xymox… was nur einen kleinen Querschnitt darstellen kann…

Musik im Innern

Musik bedeutet mir sehr viel, doch kann ich auch tagelang ohne sie sein. Und, zeitweise ertrage ich sie nicht.

Gabrielle Buecher
Bücher sind für mich eng mit der Musik verknüpft.

Ich kann nicht sagen, dass mir Texte persönlich wirklich wichtig wären, dabei sind sie es für die Musik überaus. Total widersprüchlich, das ist mir klar. Trotzdem stimmt es, denn manchmal, wenn eine Tonfolge den Weg über meine Ohren in mein Inneres findet, ist der Text nebensächlich. (Wer versteht schon die Texte von She Past Away?) Es ist ein Fühlen der Musik, die Stimme, die etwas transportiert, was ich mir selbst während des Hörens erträumen kann. So geht es mir auch mit englischen oder deutschen Texten. Manchmal höre ich genau hin und ein anderes Mal lasse ich mich in der Komposition treiben, sodass es zu meinem Lied wird, einmalig in mir.

Doch Texte sind mir auch wichtig. Insbesondere die Texte von Oswald Henke, ASP oder In Extremo. Die Geschichten, die teils märchenhaft erzählt werden und in eine ganz andere Welt führen. Träume, die in gewisser Weise vorgeben sind, die jedoch mit jeder Gefühlslage neu interpretierbar werden. Ich liebe das Mystische, das Gesagte, das irgendwie nicht handfest belegbar ist und doch greifbar, die vertonte Lyrik. Perfekt wird das Ganze, wenn es zur gesungenen Lyrik Ausgaben in Form eines Buches gibt. Eine unschlagbare Symbiose zwischen Lyrik und Musik ist Mike Scott (The Waterboys) mit William Butler Yates eingegangen. Beide mochte ich bereits, bevor Scott die Lyrik von Yates vertonte.

Manchmal schafft es etwas grandioses mir eine Gänsehaut zu zaubern, das so gar nichts mit Gothic zu tun hat:

Und nun

Im Februar Thema deutete ich bereits an, dass ich mit wiedergewonnener Freiheit vermehrt Festivals und Konzerte besuche. Ich liebe es, meine „Lieblingsbands“ live zu sehen. Dafür reise ich auch gerne quer durch die Republik. Ganz besonders mag ich es, wenn die Künstler nicht total abgehoben sind und sich nach ihren Konzerten ins Publikum begeben oder sich bei Festivals unter die Zuschauer mischen. Um die Bands zu unterstützen, kaufe ich ihre CDs und Merchandising-Produkte. Es kommt vor, dass ich mir auch mal ein Fanshirt selbst nähe und mit dem Bandlogo oder etwas bandnahem versehe.

Gabrielle CDs und LPsAbsolut gerne höre ich momentan aeon sable, Salvation Amp, Projekt Pitchfork und She Past Away. Goethes Erben/Henke liegen irgendwie immer im CD-Player und And Also The Trees ebenfalls.

Trotz meiner Vorliebe für harte Gitarren und Bässe neben fettem Schlagzeug kehre ich immer wieder zu schrägen Stimmen oder Klängen zurück. Beispiel: The Soft Moon – Far  und Sextile – Into the Unknown

Was meine Ohren gar nicht mögen, ist erwähnte Kombination Gitarre, Bass und Schlagzeug zusammen mit einer piepsigen oder weinerlichen Stimme. Wenn hart, dann bitte richtig. Da kann der Text noch so gut sein.

Musik erkunde fast ausschließlich im Internet. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten. Ganz besonders mag ich die wöchentliche Radiosendung „Dazed and Confused“  von Andrew Pettit.

Festivals sind ebenfalls gute Lieferanten für neue Bands und, wie ich kürzlich feststellte, kann auch ein Szenemarkt inspirierend sein. Dort stand ich unter einer Musikbox, während die neue CD von Pink Turns Blue zu hören war, die erst im April erscheint. Sobald die CD auf dem Markt ist, werde ich sie bestellen und auf dem WGT das Konzert der Band besuchen. So schließt sich ein Kreis. Clubbesuche sind im Gothic-Nirvana zwar möglich, doch bisher habe ich mich nicht überwinden können, allein hinzugehen.

Auflistung verschiedener Bands

Unterbewertet oder noch nicht bekannt…

Ewige Top 6

Aktuelle Top 5

Flop 5 spare ich mir, denn es sind eine ganze Menge Bands, die niemals den Weg in meinen CD-Player finden werden. Dafür gibt es ein Highlight, das ich nicht unerwähnt lassen möchte:

Agent Side Grinder feat. Henric de la Cour – Wolf Hour

Zu guter Letzt, schon immer gehört und irgendwann als Jugendliche gekauft, das unvergessene Album der legendären Band:

Pink Floyd – The Wall

Es regnet…

Wer meint, ich hätte sieben Stunden an dem Beitrag gearbeitet ohne einmal Musik dabei zu hören, irrt. Manchmal bin ich inkonsequent, was dem Ergebnis hier aber glücklicherweise keinen Abbruch tat.

Gothic Friday März 2016: Wie klingt deine musikalische Szene?

Neuer Monat – neues Thema beim Gothic Friday. Ein Thema, bei dem ich erstmal ordentlich schlucken musste. Tausend Bands und Lieder wanderten spontan durch meinen Kopf – ich hoffe, ich kann das ansatzweise  zu Papier bringen. Mehr Artikel zu dieser Reihe findet ihr bei Robert auf spontis.de – lesen lohnt sich. (Ich versuche immer erst dann bei anderen zu lesen, wenn mein eigener Artikel veröffentlicht ist – sonst werde ich nie fertig, weil weitere tausend Bands durch meinen Kopf zucken.)

Das Thema ist in drei Abschnitte aufgeteilt: Vergangenheit – die Tiefe – das Hier und Jetzt. Ohne Aufteilung wäre ich vermutlich schon jetzt gescheitert.

Die Vergangenheit

Meine Einstiegsdroge in die schwarze Szene war die Mittelaltermusik. Musik hat bei uns in der Familie schon immer eine große Rolle gespielt. Mein Papa hat eine sehr umfangreiche CD-Sammlung und ich habe oft als kleines Kind bei ihm im Arbeitszimmer gespielt, während die Ärzte, die toten Hosen oder Rammstein liefen. Die Grundrichtung war also ein wenig vorgegeben. Über die Mittelaltermusik schwappte mein Interesse dann zu Bands wie Subway to Sally, Schandmaul und irgendwann zu ASP. Mir gingen (und gehen immer noch!) die Flöten in der Mittelaltermusik dermaßen auf den Geist, dass ich nach anderen Bands suchte. Zu der Zeit habe ich erst als Hörerin, später auch als Moderatorin in einem Webradio meine Abende verbracht. Meine Liste mit interessanten Bands wuchs und wuchs – auf Myspace gab es zumindest ein bisschen was zum anfixen – mit Glück ein paar Clips auf Youtube. Die ein oder andere Youtube-Playlist hat das auch noch meinen Horizont erweitert. Durch mein erstes ASP-Konzert lernte ich Seelenzorn* kennen und damit dann die „elektronischere“ Seite der Musik. Durch meinen sich langsam erweiternden Freundeskreis ging es in die Clubs in der Umgebung. (Haha, wie niedlich Umgebung klingt. 100 km Fahrt eine Tour sind es immer gewesen.) Wir haben so einige Nächte durchgetanzt und dank dem Wissen meiner Freunde wanderte die ein oder andere Band auch in mein CD-Regal.

*(Bei den Recherchen zu diesem Artikel habe ich leider lesen müssen, dass der Sänger von Seelenzorn letztes Jahr verstorben ist. Ich habe sie zwar nur zwei Mal sehen dürfen, aber er und der Rest der Band haben mich schon beeindruckt. RIP Jens.)

Das war alles ein sehr schleichender Prozess. Es gab keinen Schalter, der umgelegt wurde. Viele Bands, die mich am Anfang faszinierten, mag ich inzwischen nicht mehr. Wobei das eher die Alben oder die Äußerungen der Bandmitglieder sind. Samsas Traum habe ich mit a.Ura und das Schnecken.haus kennen gelernt. Malerische, tolle Texte voller Phantasie… Mit dem Metal-Geschrammel danach war meine Begeisterung völlig weggeblasen. Nach zwei enttäuschenden Konzerten und zwei weiteren mittelmäßigen Platten habe ich mit dieser Band abgeschlossen. Die alten CDs höre ich noch gerne, die Ansichten von Kaschte und die neuen Sachen interessieren mich einfach nicht mehr. Ab und zu schwappt noch mal ein neuerer Song in meine Playlisten, schockverliebt war ich lange nicht mehr. Auch meine unglaubliche Liebe zu ASP ist deutlich abgekühlt. Das aktuelle Album habe ich noch nicht so häufig gehört, vielleicht muss sich das auch erst entwickeln.

Kurzzeitig ist die Industrial- und EBM-Musik in meinen Mittelpunkt gerückt. Combichrist, Wumpscut, die Krupps, Suicide Commando – alles was knallt und gut tanzbar ist. Höre ich auch jetzt noch – aber nur mal einen Song und dann ist auch wieder gut. Nachtmahr tauchte mit „Mädchen in Uniform“ genau dann auf, als ich sehr viel tanzen war. Inzwischen macht mir die Band und alles drumherum Angst. Das geht in eine gruselige Richtung. Dazu haben andere allerdings schon ausführlicher geschrieben.

Hängen geblieben bin ich eigentlich bei den klassischen Bands – Sisters of Mercy, the Cure, Silke Bischoff – aber auch Oomph!, L’Âme Immortelle, Covenant, Heppner, Solar Fake und Welle:Erdball. Ich bewegen mich auch noch gerne im Bereich Neue Deutsche Härte – das ist sehr tagesformabhängig.

Seit 2006 scrobbel ich meine gehörten Titel zu Last.fm – leider klappt das nicht so zuverlässig, wie ich mir das wünsche und natürlich sind da auch nicht die Tracks drin, die ich über meine große Anlage höre – aber dort findet sich eine schöne Übersicht über meine Musikvorlieben.

Die Tiefe

Manchmal möchte ich schreien, wenn im Radio Songs lustig daherplätschern, im Text aber (auf Englisch) nur über verschiedene Probleme mit Sex gesungen wird. Im normalen Programm. Texte sind so unglaublich bedeutend! Dass der Großteil der Radiohörer nunmal kaum richtig hinhört oder kein Englisch spricht, ist wohl das Glück der meisten Interpreten.

In 90% der Fälle sind für mich Text und Musik wichtig. Mein Englisch ist ausreichend, um zu verstehen, um was es in den meisten Songs geht. Wenn das nicht der Fall ist, suche ich mir auch die Texte und übersetze sie. Was vielleicht auch ein Grund dafür ist, dass ich mit französischen, spanischen oder anderen Texten nicht viel anfangen kann. Wer weiß, worüber die da singen?

Ich bin kein Stück musikalisch – kann mich aber sehr gut in Melodien oder Rhythmen oder Stimmen verlieben. Es muss alles zusammen passen. Bevorzugt sind Bands mit männlichen Gesangsstimmen, Songs mit Text und ohne elendig lange Instrumentalteil. Ein treibender Beat ist schön – muss aber nicht immer sein. Was Instrumente angeht: Flöten nein danke. Streichinstumente, Klavier… [insert schnurren hier]

Für den Grafen und mich hat ein Song eine ziemlich besondere Bedeutung: Werben von ASP. Ich erinnere mich immer noch sehr daran, wie er mir beim Konzert im Kieler Schloss 2010 in die Augen sah und wir zusammen gesungen haben. Die Zeile „Für immer wir“ ist in unsere Verlobungsringe graviert. Der Song lief natürlich auch bei unserer alternativen Trauung.

Das Hier und Jetzt

Seit ein paar Jahren bin ich ziemlich Solar Fake verfallen. Das aktuellste Projekt von Sven Friedrich ist für mich eine gelungene Mischung aus Beats, Texten und seiner Stimme. Auch aus der Steampunk-Ecke kommt immer wieder Musik, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Abney Park dürfte ja inzwischen bekannt sein, Steam-Powered Giraffe sind aber auch auf jeden Fall hörens- und sehenswert. Die Videos der Band sind großartig!

Zu meinen Everblacks gehören auf jeden Fall Stücke von den Sisters of Mercy, the Cure, Depeche Mode, Deine Lakaien oder Wolfsheim. An bestimmten Songs kann ich das gar nicht direkt festmachen. Ich freue mich immer wenn ich tanzen kann – oder wenn es mal einer dieser Songs ins Radio geschafft hat, wenn ich im Auto unterwegs bin.

Totgespielt in Clubs ist für mich eindeutig „Ich will brennen“ und „Schwarzes Blut“ von ASP. Wobei ich das auf Konzerten noch gerne höre. Ansonsten bin ich echt allergisch gegen Blutengel und alles, was nur stumpf aus 2-3 Textzeilen besteht. Noisuf-X gehört da teilweise zu oder x-Rx. Beleidigungen müssen irgendwie nicht unbedingt sein. Vorallem, wenn das dann auch noch auf jeder Party hört.

Meine aktuelle Top 5
Steam Powered Giraffe – Saturday Night
L’âme Immortelle – Fear
Oomph! – Jede Reise hat ein Ende
Avantasia – Draconian Love
Welle:Erdball – Die Liebe der 3. Art

Ewigen Top 5
Wolfsheim – The Sparrows And The Nightingales
Silke Bischoff – On the other side
Sisters of Mercy – You don’t see me
Abney Park – Airship Pirate
Covenant – Call the Ships to Port

Flop 5
Unheilig – alles ab 2010
Blutengel – alles. Damit eingeschlossen auch die anderen Bands um Chris Pohl.
Samsas Traum – Heiliges Herz
Welle:Erdball – 1000 Engel
Nachtmahr

Mit den Flop 5 habe ich mich sehr schwer getan. Wenn ich etwas nicht mag, höre ich auf es zu hören. Es gibt genug gute Musik, da bin ich nicht gezwungen, etwas mittelmäßiges abzuspielen. Bei manchen Bands bin ich nach wie vor traurig, wie sie sich entwickelt haben – dafür sind andere jetzt eher mein Fall. Auch mein Geschmack verändert sich. Das ist auch gut so! Viele Bands sind schon länger aktiv als ich Jahre alt bin. Wenn da nicht ab und zu etwas Neues in meine Playlisten kriechen würde, wäre ich sehr traurig.

Wer noch immer nicht genug hat, hier habe ich vor fünf Jahren über meinen Musikgeschmack geschrieben: Gothic Friday 2011 Februar: Musik und Leidenschaft.

(Am Samstag gehe ich mit meinem Papa zu L’âme Immortelle – Erziehung in Sachen Musik geht also auch in die Richtung, hihi.)

Gothic Friday März: Eindeutig nicht zurechnungsfähig (Robert)

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Ich denke, mir geht es wie vielen von Euch, wenn sie auf Ihren Musikgeschmack angesprochen werden. Dieses Unwohlsein sich in eine bestimmte Schublade zu stecken, aus der man wohl möglich nicht mehr herauskommt und in der man nachher noch als einfältig gilt. Es ist ein subjektives Unbehagen seinen Musikgeschmack als „Gothic“ zu bezeichnen, wenn man an die vielen musikalischen Verfehlungen denkt, die ebenfalls unter diesem Schirm Platz genommen haben. Wenn man dann zu allem Überfluss auch noch nach der persönlichen musikalischen Entwicklung gefragt wird, steigt die Schwierigkeit ins gefühlte Unermessliche. Es tauchen Fragen nach der eigenen Integrität zur Szene auf und ständig schwelt eine Art von Selbstzensur mit, manche Facetten einfach wegzulassen, weil sie den Leser nicht interessieren (oder nicht zu interessieren haben) oder sie gar so persönlich sind, dass man Angst davor hat, einen Seelenstriptease hinzulegen.

Gut möglich, dass ich auch einfach viel zu verkopft geworden bin, die Dinge einfach zu betrachten. Verdammt, wir sprechen von Musik! Gibt es etwas subjektiveres als Musik? Emotionalität, Gefühl, Groove, Klangfarbe, Bedeutung, Darbietung! Alles Dinge, die man wahrscheinlich noch nicht mal sich selbst erklären kann, geschweige denn in einem Artikel über eben diese „eigene“ Musik niederschreiben könnte. So inhalierte ich im Laufe meiner musikalischen Laufbahn unzählige Musikrichtungen, von denen immer ein Stückchen hängen geblieben ist. Techno, House, Rap, Hip-Hop, Grunge, Heavy Metal und was es noch so alles gibt. Geblieben ist das schwarze Grundrauschen und zwar mittlerweile 30 Jahre lang und genau darauf möchte ich mich in diesem Artikel beschränken. Ich werde es zu mindestens versuchen, denn musikalisch bin ich eigentlich nicht zurechnungsfähig.

Mit 16 war die Welt noch ganz einfach. Depeche Mode war die beste Band der Welt und fertig. Das war (ist) für mich Musik! 1984, ich war noch nicht ganz 10 Jahre alt, war es um mich geschehen. Während ich zwischen Lego-Steinen nach den passenden Elementen für meine Brücke suchte, präsentierte das Radio „People are People“ als brandneue Single und damit das erste Stück Musik, dass ich bewusst wahrgenommen habe. Ihr glaubt gar nicht, wie schnell man so einen Text (natürlich völlig falsch) mitträllern kann. In den folgenden Jahren wurde ich zum Fan, hatte so ziemlich jeden Artikel aus der Bravo ausgeschnitten und pflasterte die Wand neben meinem Bett mit Poster von Martin, Dave, Andrew und Alan. Jede Erinnerung an meine Jugend ist untrennbar mit Songs dieser Band verknüpft, das Langzeitgedächtnis braucht eben seine Anhaltspunkte. Abseits davon holte ich musikalisch nach, was meine 8 Jahre ältere Schwester vorlebte. Die spärlichen freien Flächen neben den Depeche Mode Postern zierten alsbald Adam Ant, Peter Burns, Madonna und anderer populärer Kram.

In der Zeit von 1986-1990 wurde meine Musiksammlung immer dunkler. An „The Cure“ kam natürlich niemand vorbei, „DAF“ fand ich ziemlich großartig, „New Order“ fand ich auch toll und die „New Model Army“ war zum dahinschmelzen und dann erst X-Mal Deutschland! Ich bin dem Musik Convoy noch bis heute für diese Entdeckung dankbar. Für mich ist X-Mal Deutschland bis heute die Verkörperung von „Gothic“, einen Begriff, den ich damals noch gar nicht kannte.

Mit der Lehre, die ich 1990 begann, änderte sich der Freundeskreis und der musikalische Horizont erweiterte sich und ich tanzte in den Dortmunder Westfalen-Hallen zu ziemlich komischer Musik. Die schwarzen Klamotten mussten bald quietschbunten Fummeln weichen, wer die 90er modisch miterlebt hat, weiß genau was ich meine. Was sich nicht änderte, war meine Leidenschaft für Depeche Mode. Das Album „Music for the Masses“, die Tour „101“ und dann erst das Meisterwerk „Violator“ markieren für mich den absoluten Höhepunkt ihrer Karriere und irgendwie das Ende meiner Pubertät.

Die weiteren 90er blieben jedoch auch in schwarzer Hinsicht eine Entdeckungsreise. Ich brauchte Musik, zur der man auch mal traurig und wütend sein konnte, Musik, die in dunklen Stunden das Gefühl von „verstanden werden“ in mir erzeugte. Die Band „Silke Bischoff“ waren neue Helden dunkler Stunden, nicht nur wegen des namensgebenden Schicksals der jungen Frau. Die brachten für mich die ganze Widerlichkeit der Menschen in eine musikalisches Gewand, auch wenn es hier und da etwas plakativ zuging. Why me? Ihr merkt schon, Mitte der 90er begann mein Interesse an den Inhalten immer größer zu werden. Ich suchte gezielt nach Musik, die mich auch inhaltlich interessierte und auf wundersame schwarze Art und Weise meine Fragen beantwortete. Second Decay spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle oder auch Wolfsheim konnte meine melancholische Grundstimmung immer wieder musikalisch einfangen und ausdrücken.

Nicht vergessen: Mein Musikgeschmack ist äußerst vielfältig, natürlich habe ich die 90er nicht nur mit Melancholie verbracht, denn auch andere Emotionen brauchten ein Ventil. Mit anderen Worten: Ich kenne jeden Scheiß. Die Techno-Szene hatte ich bereits angerissen, ihr dürft nach Belieben noch Heavy Metal einstreuen, mit einer gewissen Portion Grunge oder Crossover würzen und gerne mit Rap und Hip-Hop garnieren. Die Ärzte nehmen hier eine etwas besondere Stellung ein, die habe ich eigentlich immer schon gehört. Vor und nach der Trennung. Sie entziehen sich aber ebenso einer konkreten Einordnung in mein musikalische Kaleidoskop, wie gefühlte 1000 andere Bands.

Back to Black

Zurück zum Thema. In den 90ern entdeckte ich ja, wie gesagt, meine Leidenschaft für den Inhalt und das sollte sich auch mit dem Jahreswechsel 1999/2000 nicht groß ändern. Das neue Jahrtausend beginnt für mich mit einer Revolution, das Internet in Form eines ADSL-Anschlusses bereichert mein Leben. Doch anstatt mich mit neuem zu bereichern, mache ich einen Rückschritt und erkunde die 80er und die schwarze Szene aus einer völlig neuen Perspektive. Freunde, Discotheken, die Bravo und die Sendung „Formel Eins“ waren in der Prä-Internetzeit meine einzige Informationsquelle für neue Musik und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie viel man da verpassen kann. Also beginne ich intensiv damit, mich mit dem „damals“ zu beschäftigen. Entdecke den Punk, die Archetypen des Gothic-Rock, die NDW (abseits der ausgetretenen Kanäle) und unzählige andere Richtungen, die auch heute noch meinen Musikgeschmack ausmachen. Dank abrufbarer Songtexte per Mausklick recherchiere ich alte Songs, die dann in völlig neuem Licht erstrahlen. Enola Gay von OMD zum Beispiel, der vom ersten Atombombenabwurf auf Hiroshima handelt oder auch Sunday Bloody Sunday von U2. Ich fürchte, ich könnte diese Liste endlos fortführen. Stellvertretend für das Gefühl, dass ich Ende der 90er hatte, ein Wiederentdeckter Klassiker der 80er.

Ich schätze, ich entwickle zu dieser Zeit eine ausgeprägte Misanthropie und fühle mich in meiner bunten Welt so überhaupt nicht mehr wohl. Punk wird wieder angesagter. Die Fliehenden Stürme bringen es 2001 mit dem Album „Himmel steht still“ musikalisch und inhaltlich auf den Punkt. Satellit erhascht sich eine besondere Bedeutung. Man könnte sagen, es treibt mich wieder zurück in die düsteren Arme der schwarzen Szene. Ich entdecke, dass ich dort eigentlich alles finde, was mich musikalisch berührt, inspiriert oder einfach zum tanzen bringt. Es wird wohl 2007 gewesen sein, als mich dann wieder in dunklen Tanztempel der Region gewagt habe. Was mir dort musikalisch begegnete, schwankte zwischen Offenbarung und einem intensiven Ekelgefühl. Wie schon an anderen Stellen erwähnt, habe ich deswegen 2008 auch mit dem Bloggen angefangen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Medieval Interludium 

Ganz spannend finde ich, dass ich parallel zur schwarzen Entwicklung das Mittelalter für mich entdeckt habe. Mitten in der Techno-Phase zu Anfang der 90er veröffentlichten Blind Guardian, die ich durch die Heavy-Metal Phase kannte, das Stück „Bard’s Song“ in das ich mich spontan verliebte und das ein paar Jahre später eine wichtige Rolle spielen sollte. Anfang 2000 muss es wohl gewesen sein, als ich Diablo II im Battlenet spielte, da wurde gefragt, welche Musik man denn am liebsten hören würde und da tauchte eben dieser Song erneut auf und eine Reihe anderer Bands, die ich noch nicht kannte. Von Corvus Corax war die Rede, Schelmish, Faun, Saltatio Mortis und Subway to Sally. Faun hatte es mir besonders angetan. Wenn man sich erstmal durch das vermeintlich schwülstige gekämpft hat, entdeckt man eine der (für mich) schönsten Mittelalterbands überhaupt. Wir könnten jetzt stundenlang diskutieren, was Mittelalter mit Gothic zu tun hat, aber auf die ein oder andere Weise schließt sich der ein oder andere Kreis an dieser Stelle. Um 2005 herum dann volles Programm in Sachen Mittelalter. Konzerte von Faun, Schelmisch und Saltatio Mortis füllen die Freizeit. Gleichzeitig entdecke ich auf dieser Schiene Qntal und Helium Vola, die das klassische Mittelalter auf faszinierende Weise mit neuzeitlichen Instrumenten paaren. Fand ich toll, find ich immer noch toll.

Everyday Black

Bisher habe ich wohl mehr als die Hälfte meines Musikgeschmacks vergessen, weggelassen, ausgeblendet oder verschwiegen. Anders geht es wohl nicht. Im Laufe der Jahre sammelt sich eine ganze Bibliothek voller Musik, die irgendwie ein Stückchen zu einem selbst beitragen. So absurd die Genre-Sprünge auch sein mögen, so ungewöhnlich es auch erscheinen mag oder so geschmacklos es andere empfinden. Ich verstehe jeden, der einfach nicht weiß, wo er anfangen soll über seine musikalische Laufbahn zu berichten.

Ich habe auch den Teil der Tiefe ausgeblendet, da die „Bedeutung“ einiger Lieder auf einer Assoziationskette aus Erinnerungen stützen. Das bedeutet, dass ohne die Erklärung dieser Erinnerung einer Erklärung der dabei empfundenen Tiefe unmöglich erscheint. Beispiel? Seid ihr schonmal in der Dämmerung bei Bodennebel spazieren gegangen? Allein diese Stimmung ist schon schwer melancholisch, hörte man dazu – wie in meinem Fall – noch zufällig „Stricher – Morgen“ über die Kopfhörer und hat dann noch zu allem Überfluss gerade eine langjährige Beziehung unfreiwillig beendet? Solche Momente brennen sich ins Langzeitgedächtnis. Der Song bleibt damit untrennbar mit eben diesen Erinnerungen verbunden, die Bedeutung und die Tiefe entsteht allein durch die Nähe des Textes zu den eigenen Gedanken in dieser Situation. Unmöglich nachzuempfinden, oder?

Nehmen wir ein anderes Beispiel, das ich gleich mit eine Top 5 Liste verbinden kann. Erwähnte ich die Punk-Phase? Check! Erwähnte ich die NDW-Phase? Check! Ich fühle mich einfach angesprochen durch viele dieser Lieder, so absurd sie auch sein mögen. Hier schwinge ich das Tanzbein völlig exzessiv, bis tatsächlicher Schweiß den Kajal negativ beeinflusst. Spiele diese 5 Lieder in Folge (laut!) um mich beim ausgelassenen Tanz zu beobachten. Erweitere diese Liste auf 10 um meinem Schuster Arbeit zu bescheren und auf 20 um den Abend abzurunden, denn dann kann ich völlig fertig nach Hause fahren und mit der Erinnerung einschlafen, dass das ein großartiger Abend war!

  1. Brausepöter – Bundeswehr
  2. Nichts – Radio
  3. Ideal – Erschiessen
  4. New Days Delay – Neonflut
  5. Profil – Berühren

Ist das jetzt Gothic? Ist das jetzt tiefgründig? Ist mir auch völlig egal. Ehrlich. Ich runde ab mit einer weiteren, völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Top-Liste. Depeche Mode lasse ich jetzt mal ganz bewusst weg, sonst würde die Liste sicher mit Depeche anfangen und Mode aufhören. Stichwort aufhören. Seit Jahren poste ich hier meinen Musikgeschmack (siehe Musikperlentaucher), der so wechselhaft ist wie das Wetter. Die folgende Liste dürfte als aktuelle Top 5 gelten, denn ich habe einfach meinen Musik-Player gefragt, welche Songs ich in den letzten 30 Tage am häufigsten gespielt habe.

  1. Siouxsie & The Banshees – Red Light
  2. Guerre Froide – Demain Berlin
  3. Body Electric – Dash 1721
  4. Psyche – Misery
  5. Ben Bloodygrave – Ich schau in dein Gesicht

Welche Bands werden unterschätzt? Daran musste ich gerade denken, als ich Ben Bloodygrave in die Liste setzte. Der gehört sicherlich dazu. Getrud Stein sollte auch unbedingt mal beachtet werden, genauso wie The Agnes Circle. Und zum Schluss werden wir nochmal ganz schnell ehrlich. Die am häufigsten gespielten Songs der letzten 30 Tage. Die Top 5 stimmt so nicht. Angeführt wird die Liste eigentlich von Grossstadtgeflüster, die mir mit ihrem Song gerade so ganz aus der Seele sprechen. Man lausche auf den Text. Ich mach jetzt einen auf Ostern.