Queer Goth: Gedanken über Queerness und Goth von Jan Noll

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It’s as simple as that: Ohne queere Menschen würde es die sogenannte Gothic-Szene nicht geben. Wie in so vielen anderen (sub)kulturellen Strömungen waren Menschen aus marginalisierten Communitys auch hier die glitzernden Funken, die das Feuer entfachten. Menschen, deren Gefühl des Nicht-dazu-Gehörens so existenziell und schmerzhaft war, dass es nur in der Überbetonung der eigenen Andersartigkeit Linderung erfahren konnte.

„Transex, transform, transexy baby“ (Sigue Sigue Sputnik)

Der Urknall des Goth lässt sich ziemlich genau datieren – auch wenn andere an dieser Stelle vielleicht widersprechen mögen. Wir reden vom 6. Juli 1972. Der Tag, an dem David Bowie „Starman“ bei Top of the Pops performte und damit einen kulturellen Erdrutsch auslöste. Kaum ein*e Protagonist*in des britischen Post-Punks, New Wave, Synth Wave und Goth, die diesen Fernsehauftritt nicht Jahre später als die Initialzündung des eigenen kreativen Outputs bezeichnete.

Queer Goth - Memphis Zuza

Queer Goth: Bowie als Initialzündung einer Subkultur

Doch was machte diesen Auftritt so aufregend und prägend für eine ganze Generation? Die Antwort ist einfach: Seine offensichtliche Queerness. Die Androgynität Bowies, seine in dieser Zeit propagierte, später revidierte Bisexualität und die kleine, aus heutiger Sicht unscheinbare aber damals unerhörte Geste, beim gemeinsam gesungenen Refrain den Arm um seinen Gitarristen Mick Ronson zu legen – all das sorgte für die queere Magie, die die Bildsprache des Pop für immer verändern sollte. Unzählige Teenager vor den Fernsehern im spießigen England der frühen 70er-Jahre sahen zum ersten Mal etwas, dass ihr grundlegendes Gefühl des Nicht-dazu-Gehörens nicht nur reflektierte, sondern zu einer schillernden Superkraft erhob. „I had to call someone, so I picked on you!

Dennoch dauerte es noch knapp zehn Jahre, bis die Saat aufging, die Bowie an diesem Juliabend im Jahr 1972 sähte. Aus Ziggys Jünger*innen wurden im weiteren Verlauf der 70er-Jahre erst Punks, dann New Romantics und schließlich Goths – oder welchen Begriff man hier auch immer verwenden möchte. Von Robert Smith über Marc Almond und Siouxsie Sioux bis hin zu eher poppigen Epigonen wie Steve Strange, Boy George, Martin Degville oder Pete Burns – sie waren es, die den Look der Goth-Szene gewollt oder ungewollt entscheidend prägten und noch heute als Referenzpunkte dienen, wenn es darum geht, das eigene Äußere zu gestalten.

Ohne Zweifel nicht alle homosexuell – allen voran Robert Smith – aber durch die Bank in ihrer Geschlechterperformance so weit vom heteronormativen Mainstream entfernt, dass sie von der breiten Masse wohl fraglos als queer gelesen wurden. Übrigens ein Phänomen, dass vor allem viele heterosexuelle Goth-cis-Männer kennen, denn bis heute wird deren Äußeres im öffentlichen Raum gerne mal mit Worten wie „Schwuchtel“ bedacht. Auch Weiblichkeiten im Post-Punk und New Wave gaben sich betont queer: Bands wie Malaria!, Künstlerinnen wie Grace Jones, Ronny, Anja Huwe oder Angie Mörth boten ein alternatives Bild von Weiblichkeit: manchmal betont butch, manchmal femme – aber immer selbstbestimmt sexuell, gefährlich, hart, scheinbar unverwundbar.

 

Queer Goth: Im Batcave waren Netzstrumpfhosen obligatorisch

Im weiteren Verlauf der ersten Hälfte der 80er-Jahre waren es dann schwule Männer wie Rozz Williams, die ganz selbstverständlich im Brautkleid auftraten, oder die Bands aus dem Umfeld des legendären Batcave-Clubs wie Virgin Prunes und Specimen, die in Anlehnung an die New York Dolls mit Netzstrumpfhosen und Marlene-Dietrich-Augenbrauen die queeren Looks der Gothic-Szene auf die Spitze trieben. Legendär in diesem Kontext: Das Cover-Foto der Debüt-EP von Haa Lacka Binttii aka Princess Tinymeat von 1984, das in seiner Nacktheit alle Vorstellungen von Geschlecht über den Haufen warf. Dem gegenüber standen Bands wie DAF, die mit ihrer extrem schwulen Ästhetik den Proto-EBM-Look bestimmten. Selbst betont maskuline Macho-Bands wie die Sisters of Mercy spielten mit sexueller Ambiguität, indem sie Stücke wie „Jolene“ von Dolly Parton oder „Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight)“ von ABBA coverten.

So enterte die „schwarze Szene“ schließlich die 90er-Jahre in wogenden Gewändern aus Samt und Seide und die Geschlechtergrenzen verflogen endgültig im vor und zurück schreitenden Standardtanz der Grufti-Discos jener Zeit. Ungefähr in diesen Jahren machte sich eine neue Gothic-Ikone auf, queere Looks, queere Themen, aber auch ihre queere Identität in den Mainstream der schwarzen Szene zu transportieren: Anna-Varney Cantodea und ihr Projekt Sopor Aeternus and the Ensemle of Shadows. Keine thematisierte so unerschrocken und kompromisslos ihre eigene trans Geschlechtlichkeit, ihr Ringen mit der Gesellschaft als queere Person und ihr nonkonformes Begehren wie sie.

Ab der Jahrtausendwende bildete sich außerdem eine von Synth, Cold und Minimal Wave geprägte, oft politisierte linke Gegenkultur zur klassischen Goth-Bewegung heraus, die vor allem für queere Menschen zum neuen Anknüpfungspunkt wurde. Beides wichtige Kontraste zum immer machomäßiger daherkommenden Style einer bestimmten Seite der Szene, die auf Massen-Festivals wie dem „M’era Luna“ Cock-Rock-Mackern mit Gitarren zujubelt und auch bei Weiblichkeit ein eher heteronormatives Geschlechterbild transportiert. Ausnahmen bestätigen hier natürlich die Regel. No hard feelings.

Die schwarze Szene als Durchlauferhitzer für LGBTIQ*

Aber nicht nur wegen dieses Rollbacks ab den 00er- oder 10er-Jahren, der vor allem durch die zunehmende Vermischung mit Metal und Techno seinen Anfang nahm, ist die sogenannte „schwarze Szene“ oft eine Art Durchlauferhitzer für LGBTIQ*. Für viele queere Menschen ist sie der erste Berührungspunkt mit einer Art von Safer Space. Meist noch vor dem eigentlichen Coming-out ermöglicht sie etlichen jungen Queers, in einem geschützten Rahmen mit der eigenen Geschlechtsidentität zu spielen – vom butchigen EBM- oder Post-Punk-Style über androgyne New-Wave-Looks bis hin zum high femme und dem Drag verwandten klassischen Goth-Look mit wallenden Gewändern und pompösem Make-up. Egal wie man in dieser Szene auftritt, man stößt selten auf Irritation, wenn man nicht den gängigen Geschlechterklischees entspricht.

So ist es kein Zufall, dass man in queeren Szenen oft auf Menschen trifft, die sich in ihrer Jugend der Gothic-Bewegung zurechneten. Und auch, wenn viele LGBTIQ* die klassische Grufti-Szene nach der Festigung der eigenen queeren Identität wieder verlassen, so bleiben sie ihr doch für den Rest ihres Lebens musikalisch und emotional verbunden.

Jan Noll - Queer GothDies ist ein Gastartikel von Jan Noll, der so bereits im Spontis-Magazin 2023 erschienen ist. Dort haben wir allerdings eine Version abgedruckt, die er später noch einmal überarbeitet hat. Dies ist die aktuelle und richtige Version. Jan Noll ist Journalist, Musiker, DJ und Veranstalter. Er schreibt für das queere Berliner Stadt-Magazin „Siegessäule“ und baut mit seinem Alter Ego „Paura Diamante“ musikalische Brücken zwischen Glamour und der Gothic-Szene.

Die Bilder in diesem Beitrag stammen von „Memphis Zuza“ der die queere Goth-Partyreihe „Dance to the Underground“ in Dublin mit der Kamera begleitet und uns diese Aufnahmen freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.

21. April – Der musikalische Fürst der Traurigkeit wird geboren

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Wild toupierte Haare, verschmierter roter Lippenstift und ein kreidebleiches Gesicht. So kam Robert Smith freilich nicht zur Welt, als er am 21. April 1959 in der britischen Küstenstadt Blackpool geboren wird. Heute hat der Fürst der Traurigkeit, der ungewollte König der Gothic-Szene und der Imperator der Melancholie Geburtstag. Und obwohl sein neues Album immer noch nicht erschienen ist, gratulieren wir.

Als drittes von vier Kindern wächst er ausgesprochen musikalisch auf. Sein Vater singt gerne, seine Mutter spielt Piano. Sowohl Robert als auch seine jüngere Schwester bekommen Klavierstunden. Janet ist richtig gut am Klavier und weil er nicht gerne von seiner Schwester übertrumpft wurde, greift er zur Gitarre. Janets Hände sind nämlich viel kleiner als seine und können den Gitarrenhals nicht richtig greifen. Die ersten Akkorde lernt er von seiner Bruder Richard, mit neun Jahren nimmt er Unterricht bei dem in London lebenden Australier John Williams. „Ich habe eine Menge von ihm gelernt, aber irgendwann ging mir der Spaß an der Sache verloren„, gesteht er 1992 in einem Interview mit dem Guitar Player. „Heute wünschte ich, ich hätte weitere Stunden genommen.“

(Das Video zeigt Jugendliche in der DDR, die den Geburtstag ihres Idols – Robert Smith – feiern. Zum Video gibt es mehr Informationen in diesem Artikel)

Robert hat nämlich gar keine Lust auf Noten, übt Lieder nach Gehör und spielt die Plattensammlung seiner Geschwister nach. Weihnachten 1972 bekommt er dann endlich seine eigene Gitarre von seinem Bruder geschenkt, denn der will seine Gitarre auch endlich mal wiederbekommen. „Ich hatte das Ding sowieso völlig in Beschlag genommen„, erinnert er sich später. „Es war also egal, ob er mir die Gitarre schenkt oder nicht. Ich hätte sie so oder so bekommen!

Seine erste Band gründet Smith im Alter von 14 Jahren. Sein Bruder Richard, einige Freunde und seine Schwester Janet nennen sich nun: „Crawley Goat Band“. Bereits in den Monaten davor spielt er mit einigen Schulfreunden, darunter Gitarrist Michael Dempsey und Schlagzeuger Laurence „Lol“ Tolhurst, mit denen er ein paar Jahre später eine ganz andere Band gründet: „The Cure“. In der zweiten Hälfte des Jahres 1972 wechseln die Musiker gemeinsam die Schule und finden weiter Gefallen daran, gemeinsam Musik zu machen. Damals nennt man sie noch „The Group“, weil es an der Schule sowieso keine andere Band gibt, von der man sich hätte abgrenzen müssen. Danach wird es wild. Die Bandnamen wechseln regelmäßig. Irgendwann stößt Paul „Porl“ Stephen Thompson als Gitarrist ein. Ab 1977 nennen die Jungs dann „Easy Cure“, 1978 wird daraus schlicht „The Cure“.

13 Alben erschaffen die Briten von 1979 bis 2008, angefangen mit „Three Imaginary Boys“. Schon in ihrem ersten Jahr landen sie mit der Single „Boys Don’t Cry“ ihren größten Hit, den sie auch noch 40 Jahre später spielen müssen. Allerdings landet erst das 1992 erschienen Album „Wish“ an der Spitze der britischen Album-Charts, nicht zuletzt, weil darauf der Song „Friday I’m in Love“ zu finden ist, ihr bisher größter Hit.

It doesnt’t matter if we all die

1982 erscheint „Pornography“, das depressive Meisterwerk der Band. „Eine musikalische Talfahrt in immer dunkler werdende Schatten“ schreibt ein Musik-Magazin über das Album. Spätestens jetzt wird er zur Ikone der noch jungen Gothic-Szene, mit der er allerdings Zeit seines Lebens nichts anfangen kann. „Es ist bedauerlich, dass wir immer noch mit dem Wort ‚Goth‘ in Verbindung gebracht werden„, stellt er 2006 in einem Interview mit Stereogum fest.

Den Fans ist es egal. Rot geschminkte Lippen, seine schwarzen und wild toupierte Haare und die schlichte, schwarze Kleidung werden zum Dresscode der Szene. Dass er den Lippenstift stets verschmiert trägt, ist ein Tribut an seine Nähe zu Mikrophon. Eigentlich wollte er den Lippenstift nämlich ganz normal tragen. Weil er aber häufig mit geschlossenen Augen ganz nah am Mikrofon seinen Hymnen haucht, verschmierte die Schminke. Diesen Umstand erhob er dann irgendwann zum Erkennungszeichen.

Als das mit dem Goth angefangen hat, bin ich bei dem Look hängen geblieben„, erzählt er dem Magazin Time Out, „als ich Gitarre bei Siouxsie And The Banshees spielte, gehörte es dazu. Goth war für mich immer Pantomime, das ganze subkulturelle Ding habe ich nie wirklich ernst genommen. […] Mein Aussehen ist eine theatralische Sache. Es ist Teil eines Rituals, wenn ich auf die Bühne gehe.

Allerdings hat Smith mittlerweile seinen Frieden mit der Gothic-Szene gemacht und räumt ein: „Aber war ich für Gothic verantwortlich? Nein. Und wenn ich es wäre, wäre ich sehr glücklich. Aber das war ich nicht.“ Im Gespräch mit dem Rolling Stone Magazine fährt er fort: „Ich denke, es hatte zwangsläufig irgendeinen Einfluss. „Cold“ aus „ Pornography “ klingt meiner Meinung nach Gothic, soweit man sagen kann, dass es diesen besonderen Sound hat. Ich bin mir bewusst, dass wir dabei eine Rolle gespielt haben, und ich denke, dass wir Teil der Geschichte des Gothic sind, ohne Frage, aber wie eine Fußnote.“

Wir wissen zwar nicht, wie Robert Smith seinen Geburtstag feiert, aber wir wünschen uns sehr, dass wir noch sehr viele solcher Tage mit ihm feiern können.

Zeitgeschichten: 2001 blickt Nico auf 11 Jahre in der schwarzen Szene zurück

Wer kennt das nicht? Die eigene Vergangenheit verschwimmt im Nebel der Zeit und was bleibt, sind vage Erinnerungen. Um dieser Gefahr vorzubeugen, hat sich Leser Nico 2001, elf Jahre nachdem er sich entschlossen hat ein Grufti zu werden, hingesetzt und seine Erinnerung aufgeschrieben. Jetzt ist er beim Ausmisten darüber gestolpert und teilt diese Geschichte mit uns. Großartig!

Nico wurde 1976 im thüringischen Suhl geboren und hat kurz nach der Wende entschieden, nur noch schwarze Klamotten zu tragen. Im Oktober 1996 ist er dann in die Nähe von Stuttgart gezogen, nicht wegen Robert Smith, dessen Konzert er drei Wochen später besuchte, sondern wegen mangelnder Zukunftsaussichten. Und trotzdem hat mit dem Sänger von „The Cure“ alles angefangen.

Alles begann mit Robert Smith

Ich kann mich noch ziemlich genau an diesen Tag in der letzten Sommerferienwoche 1990 erinnern. Irgendwie war ich mies gelaunt, keine Ahnung warum, vermutlich war es wohl der bevorstehende Schulanfang. Ich saß vor meinem Bett, im Kassettenrecorder lief das damals aktuelle Album „Disintegration“ von The Cure. Passte absolut zu meiner niedergeschlagenen Stimmung. Die düstere Schwerfälligkeit, die aus den Lautsprechern zu kommen schien, zog mich ziemlich schnell in ihren Bann.

Für mich stand kurz darauf fest, ein Grufti zu werden. Zufälligerweise hing an der Flurgarderobe von irgendjemandem ein schwarzes Jackett. Angezogen, vorm Spiegel angeschaut, sah irgendwie geil aus!

Es mussten also mehr schwarze Klamotten her! Nun war aber gerade das ein Problem, wenn du in einer Provinzstadt mitten im Thüringer Wald wohnst, und mit Klamottenläden m wie ich sie nach meinem Umzug in Stuttgart hatte, war es Anfang der 90er auch noch nicht so doll.

So musste ich mich halt erstmal mit normalen dunklen Klamotten begnügen, bis es dann zu Weihnachten den ersten schwarzen Strickpullover gab. Wow, endlich! Naja, mein alter Herr fand den ganzen Trubel um die schwarzen Klamotten nicht so klasse und die Poster in meinem Zimmer, von dem Kerl mit den toupierten Haaren, hätte er wohl auch gerne eigenhändig entfernt.

Zu dieser Zeit lernte ich auch M.G., der damals der Loser der Parallelklasse war, kennen. Er hatte so ziemlich den gleichen Musikgeschmack, aber noch mehr Ärger mit seinen Eltern. Gute Voraussetzungen für eine Freundschaft. Von da an verliefen unsere Wege den größten Teil gemeinsam und führten uns im Oktober 1996 letztendlich sogar bis nach Stuttgart. Im Frühjahr 1991 konnte jedenfalls erstmal von einer Mitschülerin meine erste weite „Schlabberhose“ ergattern, supergeiles Teil. Später ließ ich mir dann das eine oder andere Teil von meiner Oma nähen. Das ist echt was wert, wenn die Oma mal in einer Änderungsschneiderei gearbeitet hat!

Das ist etwas, was mir ein bisschen verloren gegangen zu sein scheint, das Bedürfnis nach individuellen, selbst gemachten Klamotten. „Dank“ Geschäften wie dem Gemini in Stuttgart oder X-TraX, kleidet man sich im schwarzen Einheitslook.

Die folgenden Monate des Jahres 1991 verbrachten wir eigentlich hauptsächlich damit, uns Gedanken zu machen, wie wir noch gruftiger aussehen könnten, wie wir an Musik und noch mehr Klamotten kommen konnten. Natürlich leiden unter solch einem Einsatz die schulischen Leistungen und es gab wieder Stress zu Hause. Wenigstens schien der Beweis erbracht, dass die schwarze Szene letztendlich doch nicht förderlich für die Entwicklung eines Teenagers ist. An unserer Schule waren noch zwei in schwarz gekleidete Gestalten, die mir an dieser Stelle herzlichst gegrüßt sein sollen. Grufti-Susi aus S. und D.S., wohnt jetzt in München.

Im Zeichen der Neuen Deutschen Todeskunst

Unsere musikalische Vielfältigkeit beschränkte sich damals zwangsläufig auf die bekanntesten Bands der Szene: The Cure, The Sisters of Mercy, Anne Clark, New Model Army oder auch Phillip Boa. Um so erstaunter und faszinierter waren wir, als wir zufälligerweise beim ehemaligen DDR-Jugendradio DT64 die Band „Das Ich“ mit ihrem Song „Kain und Abel“ hörten. Schnell verbreiteten sich dann auch noch Bands wie „Goethes Erben“, „Relatives Menschsein“ und „Lacrimosa“ in der Suhler schwarzen Szene. Es war die Zeit der „Neuen Deutschen Todeskünstler“.

Was für Texte, was für ’ne Musik, unsere Faszination damals war fast grenzenlos!

Bei unseren Klamotten hatte sich zwischenzeitlich auch einiges getan, sodass wir nun schon in der Öffentlichkeit des Öfteren dumm angemacht wurden. Dass es besonders im Hochsommer zu entsprechenden Sprüchen kam, bedarf sicher keiner besonderen Erwähnung, aber als harter Junggrufti steht man drüber. Meine ersten Pikes wurden übrigens von meinem Vater mit lautem Gelächter und der Frage, ob ich zum Zirkus wolle, begutachtet.

Mit der Zeit und dem verändertem Musikgeschmack entwickelt sich ja auch bei den meisten der Tanzstil. So kann ich mich noch gut daran erinnern, dass wir damals noch häufig gebückt (kennt das noch jemand?) tanzten und später dann mit Kippe in der Rechten und mit Bierflasche in der Linken das Gesamtbild abrundeten. Wenn ich doch mal die linke Hand frei hatte, steckte ich gerne mal einen Finger in ein Knopfloch meines Mantels, um das Schwingen und Wehen noch etwas zu verstärken und ihn dann beim nächsten Lied mit Schwung irgendwo in die Ecke zu werfen. Oooh, wie gruftig das damals alles war!

Irgendwann kamen dann noch die typischen Klischees dazu, wie der geplante Suizid mit 21 und das Trinken von Cola, die mit Asche vermischt war. Im Nachhinein betrachtet war doch einiges albern, aber damals hatte all das für uns eine elementare Bedeutung. Nachgedacht über einen standesgemäßen „Gruftiabgang“ durch Öffnung der Pulsadern habe ich im Zuge dieser Klischees schon, aber es ist dann glücklicherweise bei Gedankenspielen geblieben.

Toupieren wie der Teufel

Die ersten Schminkexperimente und der Versuch, die Haare zu toupieren, waren recht frustrierend. Irgendwann fruchten die Bemühungen allerdings und bei mir war das an einem Schultag in der 9. Klasse. Ich hatte die erste Stunde frei und meine Eltern waren schon auf Arbeit. Also habe ich erst die Haare gewaschen, dann geföhnt, bevor ich mit gesenktem Kopf, und unter dem Einsatz von großen Mengen Haarspray toupierte wie der leibhaftige Teufel. Gib ihm! In Spitzenzeiten verbrauchte ich so eine Dose pro Woche. In der Schule gab es dann die üblichen Sprüche, ob ich beispielsweise die „Finger in der Steckdose“ gesteckt hätte, aber ganz ehrlich? Ich fühlte mich verdammt gut dabei!

Der Sommer 1993 stand bei uns ganz im Zeichen des „Nuth“. Dabei handelt es sich um einen sehr flüchtigen Fleckenentferner aus DDR-Zeiten, den wir aus lauter Langeweile und Neugier über Stofftaschentücher geschnüffelt haben. Die so hervorgerufenen Bewusstseinsveränderungen kann man am besten mit absolut veränderter Wahrnehmung der Geräusche und auftretenden Halluzinationen beschreiben. Die Nebenwirkungen waren durch Beeinträchtigung des Sprechens und der Tatsache, dass wir aus dem Mund wie eine Tube Klebstoff rochen, gekennzeichnet.

Okay, das konnte auf Dauer nicht gesund sein und so haben wir den Konsum aus lauter Vernunft dann irgendwann wieder eingestellt. Aber die Halluzinationen waren echt witzig und eine Alternative zu anderen illegalen Drogen war das Nuth damals allemal!

Mit Beginn der Lehre kam dann auch die Erfahrung, dass ich mich auch in einigen Situationen anpassen musste, was mir doch ziemlich schwerfiel und ein Unbehagen auslöste, allein durch die Tatsache, dass ich andere Klamotten anziehen musste. Ich schämte mich und kam mir stellenweise vor wie der letzte Trottel mit meinen Halbschuhen, einem schnittigen Seidenblouson und dem Aktenkoffer in der Hand. Mich kannten ja alle jahrelang nur im Gruftilook.

Aber inzwischen kann ich damit umgehen, man gewinnt Abstand zum eigenen Ich und sieht einiges differenzierter und nicht mehr so engstirnig.

Abschließend kann ich sagen, dass ich einige Leute in der Szene kommen und gehen sah, dass es schöne und weniger angenehme Erlebnisse gab und dass nicht alles, was „schwarz“ aussieht, auch wirklich „schwarz“ ist. Dennoch habe ich den Entschluss, den ich in den Sommerferien 1990 vor meinem Bett fasste, nie bereut.

Robert Smith unterschreibt offenen Brief gegen KI

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Über 200 Künstlerinnen und Künstler haben in einem offenen Brief vor dem „räuberischen“ Einsatz künstlicher Intelligenz in der Musik gewarnt. Neben Robert Smith gehören auch Pearl Jam, Billie Eilish und R.E.M. zu den Unterzeichnenden. Berechtigte Ängste oder übertriebene Vorbehalte gegen den unvermeidlichen technologischen Fortschritt?

200 Künstler gegen den Einsatz von generativer KI

Die Artist Rights Alliance (ARA), eine gemeinnützige Organisation hat einen von mehr als 200 Künstlern unterstützten, offenen Brief veröffentlicht, in dem man „KI-Entwickler, Technologieunternehmen, Plattformen und digitale Musikdienste auffordert, den Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Verletzung und Entwertung der Rechte menschlicher Künstler einzustellen.“

Stop Devaluing Music

Neben den aktuellen Themen, wie Deepfakes und das Klonen von Stimmen, geht es in dem Schreiben aber auch um konkretere Gefahren. So besteht durch die ungenehmigte Verwendung von Musikwerken die Gefahr, KI-Klone zu erschaffen und zu produzieren, sowie durch die massenhafte Verwendung solcher Vorlagen, um Lizenzgebühren zu „verwässern“.

Gegenüber medium.com äußerte sich Jen Jacobsen, Executive Director der ARA: „Berufstätige Musiker haben bereits damit zu kämpfen, in der Streaming-Welt über die Runden zu kommen, und nun kommt noch die Belastung hinzu, mit einer Flut von KI-generiertem Lärm konkurrieren zu müssen.“ Man befürchtet, dass der unreglementierte und unmoralische Einsatz von generativer KI das Potenzial hat, menschliche Künstler zu ersetzen und so das gesamte Musik-Ökosystem zu entwerten, für Künstler und Fans gleichermaßen.

Wir sind davon überzeugt, dass KI, wenn sie verantwortungsvoll eingesetzt wird, ein enormes Potenzial hat, die menschliche Kreativität zu fördern und die Entwicklung und das Wachstum neuer und aufregender Erfahrungen für Musikfans überall zu ermöglichen.
Leider setzen einige Plattformen und Entwickler KI ein, um die Kreativität zu sabotieren […]

 

Wenn KI unverantwortlich eingesetzt wird, stellt sie eine enorme Bedrohung für den Schutz unserer Privatsphäre, unserer Identitäten, unserer Musik und unseres Lebensunterhalts dar. Einige der größten und mächtigsten Unternehmen nutzen unsere Arbeit unerlaubt, um KI-Modelle zu trainieren […]

 

Wir müssen uns gegen den räuberischen Einsatz von KI wehren, der die Stimmen und Abbilder professioneller Künstler/innen stiehlt, die Rechte der Urheber/innen verletzt und das Ökosystem der Musik zerstört.

Mit zunehmender Geschwindigkeit erscheinen immer neue Sprachmodelle und Versionen generativer KI, Unternehmen paddeln aufgeregt im Meer der Möglichkeiten und Gefahren und wissen nicht so recht, wo die Reise hingeht. Sicherheit gegen Nutzen, Kreativität gegen Innovation.

Obwohl auf man sich auf europäischer Ebene bereits auf Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz verständigt hat, bleiben viele Bereiche wenig konkretisiert und die Regeln hinterlassen mehr Fragen, als Klarheit. Ob ein offener Brief namhafter Künstler, Unternehmen oder Regierungen zum Handeln animiert, während die meisten Industrien und Ländern Angst davor haben, die nächste große Entwicklung zu verpassen?

Hörerfragen: Ist KI in der Musik eine Gefahr?

Fakt ist, die Gefahr ist real. Erst jüngst tauchte ein Song eines Künstlers bei Youtube auf, der offenbar von einer KI generiert wurde.  Da es sich um einen Song eines populären Künstlers handelte, flog der Schwindel sehr schnell auf. Die Plattenfirma Universal ließ den Song umgehend löschen.

Wer muss wen schützen? Müssen die Plattenfirmen ihre Künstlerinnen und Künstler schützen oder müssen sie die Künstlerinnen und Künstler selbst schützen? Muss man den Hörer schützen?

Meiner Meinung nach wird die Leistungsfähigkeit von Sprachmodellen oder sogenannter „KI“ massiv überschätzt, denn echte Kreativität ist hier nicht zu erwarten. Allerdings ist für vieles, was sich im Musikmarkt tummelt, auch keine Kreativität nötig. Würde es der Hörer überhaupt wahrnehmen können, wenn eine KI-Stimme von Robert Smith einen neuen Song singt, der uns möglicherweise zu Tränen rührt?

 

Gruft-Orakel April 2024: Der Werwolf hat einen Fressflash

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Der Werwolf frisst sich hemmungslos durch das reichhaltige Angebot von frisch zubereitetem Menschenfleisch. Im Teigmantel frittiert, gegrillt, gebraten oder geräuchert. Alles mit reichlich Soßen und Beilagen! Während er noch am Knochen nagt, fällt sein Blick bereits auf den Teil des Tisches, der ein reichhaltiges Angebot an Süßspeisen präsentiert. Das liegt jetzt nicht – wie man vermuten könnte – an der Cannabis-Legalisierung, nach dessen Konsum man häufig ähnliche Heißhunger-Attacken verzeichnet, sondern an der Waage, die seit Tagen keine Gewichtszunahme verzeichnet. Hemmungslos Fressen! Der ewige Traum von der dauerhaft schlanken Hüfte scheint in Erfüllung zu gehen. Sämtliche Zweifel an der Richtigkeit der Daten zerstreuen sich im Geruchsfeuerwerk der Röstaromen. Vielleicht spart sich Alana Abendroth ja die neue Batterie für die Waage.

 

Beetlejuice Beetlejuice – Tim Burton wagt sich an die Fortsetzung seines Lottergeists

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35 Jahre nach der Veröffentlichung seiner düster-komischen Vision „Beetlejuice“ hat sich Regisseur Tim Burton nun den lang gehegten Traum von einer Fortsetzung erfüllt, für die er wieder die Hauptdarsteller Michael Keaton und Winona Ryder verpflichten konnte. Der Film „Beetlejuice Beetlejuice“ soll im September 2024 in die deutschen Kinos kommen.

Die Horror-Komödie Beetlejuice aus dem Jahr 1988 ist nicht nur ein besonderen Meilenstein in Tim Burtons Karriere, sondern hatte auch einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Gothic-Szene – ganz ähnlich wie „The Crow“ der 5 Jahre nach dem Film in den Kinos erschien. Im Gegensatz zur Neuverfilmung, über den ich in diesem Artikel berichtet habe, scheut sich Tim Burton allerdings nicht davor, eine Fortsetzung in Angriff zu nehmen. Neben Michael Keaton und Winona Ryder konnte er auch Jenny Ortega aus seiner Erfolgsserie „Wednesday“ gewinnen.

Der erste Trailer zeigt bereits eine wichtige Tradition, an der Tim Burton glücklicherweise festgehalten hat. Kenner werden wissen, was ich meine:

Beetlejuice gehört zu einem der am häufigsten genannten Filme, wenn ich Mitglieder der Szene nach ihren visuellen Einflüssen befrage. Sowieso ist Tim Burton ein Liebling der Szene, wie in einem älteren Artikel auf Spontis zu lesen war, vielleicht kann er ja mit der Fortsetzung wieder einige jungen Gothics begeistern.

Tim Burtons Stil bleibt unvergleichlich. Die Sets, die Kostüme und Masken aus „Beetlejuice“ bleiben der Höhepunkt seiner Karriere. Die Stop-Motion Animationen, die 1988 für den unverwechselbaren Stil sorgten, wurden auch dieses Mal eingesetzt und nicht durch aufwendige Computeranimationen ersetzt. Ein absoluter Pluspunkt!

Das Michael Keaton nichts von seinem dämonischen Talent eingebüßt hat, ist dann Tim Burton noch vor Beginn der Dreharbeiten selbst aufgefallen. Gegenüber der Entertainment Weekly sagt er: „Es war so schön für mich, die ganze Besetzung zu sehen, aber er [Michael Keaton] war wie von einem Dämon besessen und hat sofort wieder mitgemacht.

Neben Michael Keaton kehren auch die Original-Stars Winona Ryder und Catherine O’Hara für die Fortsetzung zurück. Neu dabei sind hingegen Jenna Ortega, Willem Dafoe und Monica Bellucci, die die Ehefrau von Beetlejuice verkörpern wird. Ortega, die in der Netflix-Serie „Wednesday“ die gleichnamige Protagonistin spielt, schlüpft diesmal in die Rolle von Astrid, Lydias Tochter. Die Rolle war wichtig, damit Tim Burton überhaupt eine Fortsetzung in Erwägung zog.

Der richtige Ansatz war wichtig„, sagt Tim Burton im Interview mit Entertainment Weekly, und den findet er in der Zusammenführung der verschiedenen Generationen der Deetz-Frauen. „ich habe mich so sehr mit der Figur der Lydia identifiziert, […] vom coolen Teenager zum lahmen Erwachsenen und wieder zurück„. Die Dinge, die Lydia im ersten Teil erlebt hat, haben ihr Leben geprägt. Es wird sich zeigen, wie viel davon in ihrer Tochter und in der Fortsetzung steckt.

Der originale Film „Beetlejuice“ war 1988 ein echter Überraschungserfolg. Trotz kompromissloser Abgedrehtheit gelangte er unter die 10 erfolgreichsten Filme des Jahres und gewann ein Jahr später einen Oscar für das beste Make-up. Tim Burtons Erfolg führte schließlich dazu, dass er für eine Fortsetzung der Batman-Filme gefragt wurde und Michael Keaton gleich als Hauptdarsteller mitbrachte und Danny Elfman, der bereits den genialen Soundtrack zu Beetlejuice komponierte, ebenfalls einsetzte.

Ich finde es grundsätzlich immer ambitioniert, eine Fortsetzung eines Films zu drehen, denn die damit einhergehende Erwartungshaltung des Publikums („Wie könnte es weitergehen?“) zu erfüllen, erscheint fast unmöglich. Bei Tim Burton Filme ist das allerdings eine andere Leidenschaft, die zu Tragen kommt und die eine schlechte Story durchaus einmal bügeln kann.

Scoundrel Days – Das unterbewertete Düsteralbum von A-ha

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Das Album „Scoundrel Days“ ist das zweite Studioalbum der norwegischen Band A-ha, das völlig zu Unrecht im Schatten des gefeierten Debüts „Hunting High And Low“ steht. Findet jedenfalls unsere Autorin Maren. Sie hält es für das unterbewertete Düsteralbum der Band und versucht uns, die Melancholie, die dieses Album für sie begleitet, zu beschreiben.

Das unterbewertete Düsteralbum von a-ha

Über A-ha schreiben in diesem Blog? Das hätte ich für eine verwegene Idee gehalten, wäre ich nicht beim neugierigen Rückwärtsscrollen auf Roberts Artikel über den Film A-ha: The Movie gestoßen. Seitdem juckt es mich die ganze Zeit in den Fingern, dazu eine Fortführung beziehungsweise Ergänzung zu schreiben. Auch einen Teil meiner Jugend hat diese Band mit ihrer Musik begleitet. Dabei war ich im Gegensatz zu Robert nicht zur Heimlichkeit gezwungen, da wir in meiner sich der mainstreamigen Dorfidylle widersetzenden Clique nur zu viert waren.

Das heißt wir begegneten auch auftretenden Abweichungen im Musikgeschmack der jeweils anderen offen, da wir uns Zwist deswegen gar nicht leisten konnten – Wir mussten unsere Kräfte bündeln, um beim Schwimmen gegen den Strom nicht in einen Strudel zu geraten. Aber irgendwie waren A-ha auch gar nicht so unpassend für unser Lebensgefühl, denn in einigen ihrer Songs lauern Schatten – ganz leise und kaum wahrnehmbar bereits in einigen Songtexten auf ihrem gefeierten Debütalbum „Hunting High and Low“.

A-ha - Ein Screenshot aus der Doku
Ausschnitt aus der Doku „A-ha: The Movie“ wo Morten Harket den gleichnamigen Titelsong „Scoundrel Days“ einsingt

Unbeschwerten Teenie Pop mutiert zur dunklen Melancholie von Scoundrel Days

Auf dem Nachfolgealbum „Scoundrel Days“ vollzieht sich dann sowohl musikalisch als auch inhaltlich ein deutlicher Bruch zum bislang vertrauten Sound der Band. Schon mit dem gleichnamigen Titelsong wird eine unheilvolle Stimmung geschaffen: Aufschrecken aus einem unruhigen Schlaf, der Sänger irrt in einer Welt umher, deren Bedrohungen rätselhaft bleiben.

Er versucht, aus dieser tödlichen Dunkelheit zu entfliehen, „Sweat, burning houses, blood death“ bestimmen die aufwühlende Atmosphäre dieses Songs, die auch durch Morten Harkets atemlos, abgehetzt, beinahe panisch klingende Stimme transportiert wird. Diese Unruhe wird durch die musikalische Untermalung des Songs verstärkt. Dann der silberne Hoffnungsschimmer, geweckt durch die kristallklare Stimme im Refrain „We believe… that love goes free through scroundel days.“ Nirgendwo sonst zeigt Morten Harket meiner Meinung nach deutlicher die Variationsbreite seiner Stimme.

Das alptraumhafte Gefühl aus „Scoundrel Days“ wird in „I‘ve been losing you“ fortgeführt. Zusammen mit der Bitte um Antwort an ein vermeintlich totes Gegenüber. Der Sänger versucht zunächst die Verantwortung für den Tod der Geliebten zu leugnen, räumt dann aber ein, dass er wohl die Schusswaffe in der Hand hatte.

Reue und Verzweiflung bestimmen von nun an sein Leben: „Is there nothing I can do? I have lost my way. I‘ve been losing you.

Dunkelheit und Melancholie ziehen sich auch durch alle anderen Songs. „Tears, dark, night, rain, sleeplessness, loneliness, cry“ lösen die romantische Grundstimmung auf dem Vorgängeralbum ab.

Auch „Maybe, maybe“ bildet da nur scheinbar eine Ausnahme, da der Song böse ironisch daherkommt. Es besteht ein scharfer Kontrast zwischen der heiteren Melodie und dem Text über ein gewaltsames Beziehungsende.  Daneben versetzen einen immer wieder Bilder aus der Natur in ein einsames, von dunklen Wäldern überzogenes und von schroffen Küsten umgebenes Skandinavien und beschwören so einen düster-schönen Sehnsuchtsort herauf. „Scoundrel Days“ lieferte mir den perfekten Soundtrack zu meinem Innenleben. Wie ich den Regen und den Wind in den Songs liebte! Bei so einem Wetter blieben Sonntagsausflüge, die einem als Teenie zunehmend auf den Keks gingen, erspart. Man konnte allein die in sanftes Grau gehüllte Landschaft auf sich wirken lassen.

Eine Weggabelung im Regen

Einsamkeit und Melancholie klingen auch in „Soft Rains Of April“ an, das von Trennungsschmerz und Gefangenschaft handelt. Die Unruhe und Panik aus dem Titelsong weichen einer müden Traurigkeit. Diese wird untermalt von an Regen erinnernden Klängen eines elektronischen Klaviers. Am Ende wird „over“ noch einmal mit rauer Stimme ins Mikro geseufzt und verleiht der unerfüllten Sehnsucht Endgültigkeit.

Pål Waaktaar-Savoy, stiller Poet und kreativer Kopf im Hintergrund

Während der hübsche Morten Harket beim Präsentieren der Songs die Teenie-Herzen höher schlagen ließ, wurden die Songs von Magne Furuholmen und Pål Waaktaar-Savoy (heute Paul) geschrieben, die meisten gingen auf Pals Konto. Augenscheinlich der ruhigste und schüchternste dieses Trios, der weniger Objekt der Bewunderung durch jugendliche Fans war, besaß er für mich die interessanteste Persönlichkeit in dieser Band: Ein unangepasster Einzelgänger, der Zeit und Ruhe zum Denken braucht. Mit seiner Vorliebe für Bücher und Kunst, seiner zurückhaltenden Art und seiner Reaktion auf sein Umfeld:

I always wanted to be different.“ (A-ha, The story so far, Tor Marcussen) stand er mir näher als Morton. Pål war ein großer Fan von „The Doors“.  Beeindruckt von Jim Morrisons apokalyptischen Visionen und der Dichte der Bildsprache in dessen Song, wollte er seinen Songs einen ähnlich ausdrucksstarken Klang verleihen, was ihm auf Scoundrel Days meiner Meinung nach auch gelungen ist. Gleichzeitig hat er mich auf Jimmy aufmerksam gemacht und mir somit eine neue Dimension der Düsternis eröffnet.

Unsere Wege trennen sich

Der gefühlsmäßigen Intensität von „Scoundrel days“ haben a-ha sich danach höchstens angenähert, sie aber nie wieder erreicht. – Vermutlich war dies auch gar nicht ihre Absicht, da dieses Album nicht an den Erfolg von „Hunting High and Low“ anknüpfen konnte und sie es jedoch vorzogen, sich daran zu orientieren. So schlug die Band, die mir einen wunderbaren Soundtrack für meine Regensonntage geliefert hatte, einen anderen Weg ein und ich fand neue Klänge als Verstärker für meine Seele.

Aus dem sanften Frühjahrsregen von a-ha wurde in „The same deep waters as you“ von „The Cure“ ein Wolkenbruch, der den Boden unter mir in einen Morast verwandelte.

Wochenschau: Inklusiver einer Satanisch-Queeren Inklusion

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Jeder liebt Ostern. Und sei es auch nur wegen der freien Tage rund um die Feiertage, die ein langes Wochenende ermöglichen. In den Umkleidekabinen hiesiger Arbeitgeber wurden gestern Abend fleißig Höflichkeiten ausgetauscht. „Schöne Feiertage“ klingt es durch die Gänge – oder auch „Ich wünsche Dir Dicke Eier!„, das stets mit dem kichernden Unterton der unterdrückten Männlichkeit, die sich nur zwischen Spinden in einer strikt nach Geschlechtern getrennten Umkleidestruktur entfaltet, gerufen wird. Völlig unklar bleibt dabei, was Ostern überhaupt mit Eiern zu tun hat und warum ausgerechnet Osterhasen, die wir in goldene Folie gewickelt geschenkt bekommen haben, diese verstecken sollen. Das war mir 2011 schon nicht klar und hat sich bis heute nicht geändert. Aber wer bin ich, mich über ein paar freie Tage zu beschweren, aus irgendeinem Geschwurbel aus Tod und Wiederauferstehung nun in einer Suche nach bunt bemalten Eiern münden? Ich werde jetzt meinem Schoko-Hasen jetzt den Kopf abbeißen und meine eigene Wochenschau lesen. Solltet ihr auch machen ;-)

„Satanisch-Queere Inklusion“ – Nicht binäre Gothic Ikone Anna-Varney im Interview | Siegessäule

Gerade ist eines der umfangreichsten Werke von Sopor Aeternus & The Ensemble of Shadows erschienen. Neben viel neuer Musik, bei dem das Hauptalbum „Alone at Sam’s“ im Vordergrund steht, ist auch ein Brettspiel (!) erschienen. Im Magazin „Siegessäule“, dem queeren Stadtmagazin aus Berlin, ist ein sehr spannendes Interview mit Anna-Varney erschienen, erfahren wir viel über die Entstehungsgeschichte des Spiels.

Spiele waren irgendwie immer ein unerfreuliches „Gruppending“, bei dem man Zeit mit Menschen verbringen musste, die man nicht wirklich mochte, und wo es auf die eine oder andere Art immer boshaft und gehässig zuging. […] Im Zuge des aktuellen Albums habe ich einige der damals verhassten, alten Spiele uminterpretiert, die Regeln dabei teilweise auf den Kopf gestellt und aus (hetero-)normativem Übel, wundervoll satanisch-queere Inklusion gezaubert.

Jan Noll, der das Interview geführt hat, konnte Anna-Varney auch ein Statement zur aktuellen Gender-Debatte entlocken:

Was die persönlichen Pronomen angeht, so ist es auch hier ganz einfach: Wenn Du nicht weißt, wie Du über eine Person sprechen sollst, dann verwende einfach deren Namen. Dafür ist dieser schließlich da. Und wenn Du unsicher bist, wie Du eine Person anreden sollst, dann frag’ einfach höflich. Und danach hast du zwei Möglichkeiten: Du kannst dem entweder respektvoll entsprechen und die Person mit der korrekten Anrede glücklich machen … oder Du kannst Dich wie ein dummes Arschloch benehmen. Die Entscheidung liegt bei Dir.“

Tötet Smartshuffle und Musik-Streaming das Live-Erlebnis? | Siegener Zeitung

Wenn die Siegener Zeitung schon fragt, dann wollen wir natürlich auch eine Antwort formulieren. Im Gegensatz zu Nancy, die in dem Artikel folgendes sagt: „Zu erfahren, wie wirkt Sound und Licht auf einem Konzert auf einen – das gehe heute durch Streaming total verloren„, denke ich etwas völlig anders. Streaming und Live kann man nicht vergleichen, zwar ändern sich die Gewohnheiten, wie wir Musik konsumieren, nicht aber das Live-Erlebnis. „Smartshuffle“ tötet allerdings das Konzept-Album, keine Frage. Das klingt in dem Artikel ebenfalls heraus. Allerdings kann auch beides nebeneinander existieren, wenn der Künstler denn möchte. Pink Floyds „The Wall“ hat eben so gut funktioniert, weil es nur auf Schallplatte zu bekommen war und da das „skippen“ konzeptionell schwieriger ist.

„Vice“ Deutschland wird nach 18 Jahren eingestellt | X

Noch bevor die öffentlich-rechtlichen an Inhalte für Jugendliche im Netz dachten, gab es den deutschen Ableger des amerikanische Lifestyle-Magazin „Vice“. Grenzüberschreitend, provokativ und mitunter oberflächlich standen viele Artikel und Videos in der Kritik, dennoch waren sie immer ihrer Zeit voraus und berichteten von Dingen, die sonst niemand auf dem Schirm hatte. Chefredakteur Tim Geyer berichtet auf X von der bevorstehenden Schließung:

VICE Deutschland schließt Ende März nach 18 Jahren. Danach wird es keine deutschsprachigen Inhalte mehr geben. Schade. Kein anderes deutsches Medium hat so konsequent gezeigt, wie guter Journalismus für junge Menschen geht. Wir hätten gerne für euch weitergemacht. Sorry Leute.

— Tim Geyer (@tim_geyer) February 14, 2024

In Neuseeländischen „Sarg-Clubs“ bauen sich Rentner ihre eigenen Särge | Yahoo!

Das eigene Grab schaufeln sie sich zwar nicht, dafür zimmern und verzieren sie ihre eigenen Särge. Die Leute in Neuseeländischen „Sarg-Clubs“: „Der Club ist einer von vier, die in Neuseeland entstanden sind. Der erste wurde 2010 in Rotorua auf der Nordinsel des Landes eröffnet. Einige Clubs rühmen sich, bis zu 800 Personen zu beschäftigen, obwohl einer von ihnen zugibt, dass „nicht alle von ihnen oberirdisch sind“. Im Hastings Club hat Jim Thorne, ein rüstiger 75-jähriger Motorradfan, seine Fähigkeiten als Schreiner genutzt, um eine Schatulle zu bauen, die mit einer Motorradstrecke bemalt ist. Sie steht in seiner Garage, zusammen mit einer Sammlung von Motorrädern. Thorne sagte, dass die meisten Freunde „ein wenig entsetzt sind und sagen: ‚Warum machst du das?'“, wenn sie von seinem Hobby der Sargherstellung erfahren. „Abgesehen davon, dass ich mein Aussehen mag, ist es mein Beitrag zu meinen letzten Tagen.“Beim STERN gibt es eine Fotostrecke.

Breaking Germany: So kam Breakdance nach Deutschland | NDR

Während die Gruftis im Totengräbertanz über die Tanzfläche schlurften, entwickelte sich in Deutschland ein viel lebendigere Tanzszene. Der NDR hat dazu eine Dokumentation veröffentlicht. „Vor gut 40 Jahren erobert ein neuer Tanz aus den USA auch Deutschland: Breaking – oft auch als Breakdance bezeichnet. Der Kieler Boris „Swift Rock“ Leptin und der Eutiner Niels „Storm“ Robitzky zählen zu den Pionieren der Breaking-Szene in Deutschland. Mit ihrer Gruppe „Battle Squad“ werden sie weltweit bekannt, treten in großen Shows auf und tanzen sogar in New York. Das Breaking-Fieber erreicht auch die DDR. Dort werden Heiko „Hahny“ Hahnewald und andere ostdeutsche Sportler anfangs von den Behörden skeptisch beobachtet, doch der Tanz erlebt auch im sozialistischen Einheitsstaat einen Boom. In der Sportclub Story erzählen die deutschen Breaking-Pioniere von einer verrückten Zeit und einem Sport, der ihr Leben bis heute bestimmt.

Sterben Friedhöfe bald aus? | MrWissen2go

Friedhöfe stecken in der Krise: Rund die Hälfte aller Friedhofsflächen in Deutschland werden nicht mehr für Erdbestattungen genutzt. Der Grund: Erdbestattungen sind zu teuer und wenig individuell. Doch was passiert mit den leerstehenden Friedhöfen? Und wieso beharren wir weiter auf der Friedhofspflicht, wenn sich viele Menschen eine individuelle Beisetzung wünschen? Das klären wir in diesem Video.“ Ich kann Euch sagen, was wir mit Friedhöfen machen. Grünflächen und Rückzugsorte für die Gothic-Szene. Ab und zu dürfen auch mal ein paar Normalos vorbeischauen. (Danke, Martin)

The Crow: Eine (un)würdige Neuverfilmung eines ikonischen Meisterwerks?

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Der erste Trailer zur Neuverfilmung des ikonischen Films „The Crow“ erhitzt weltweit die gruftigen Gemüter. Kann der neue Eric Draven Darsteller Bill Skarsgård die Fußstapfen von Brandon Lee ausfüllen? Schon die ersten Bilder vom neuen Hauptdarsteller in der Rolle als Eric Draven sorgten für Diskussionspotential. Die einen sehen das Andenken an Brandon Lee beschmutzt, der 1993 bei den Dreharbeiten zum Original auf tragische Weise verstarb, während andere darin eine fällige Neuinterpretation der Comic-Vorlage sehen.

The Crow – Ein ikonische Original

Wir erinnern uns. 1989 schuf James O’Barr die Figur des Eric Draven in seiner Graphic Novel „The Crow“. In der Geschichte geht es um eine alte Legende, nach der die Seelen Verstorbener von einer Krähe in das Reich der Toten gebracht wurden. Wenn allerdings etwas sehr Tragisches passiert war, wie in Eric Dravens Fall, bringt die Krähe die Seele, die keine Ruhe findet, zurück ins Diesseits, um Rache zu üben. Die erste 32-seitige Ausgabe, die damals erschien, war Ian Curtis gewidmet, von dessen Tod sich O’Barr inspirieren ließ.

1994 erschien dann die filmische Umsetzung der Vorlage mit Brandon Lee, dem Sohn des Kampfkünstlers Bruce Lee, in der Hauptrolle. Umgesetzt von Alex Proyas, der den Film in MTV-Ästhetik tauchte und ihn mit visuellem Identifikationspotential auflud, wurde daraus in ikonisches Meisterwerk, das eine ganze Generation Jugendlicher beeinflusste. Nicht zuletzt, weil Brandon Lee bei den Dreharbeiten durch einen Unfall ums Leben kam und damit das filmische Ende der Geschichte mit tragischer Realität flutet.

Viele Gothics – mich eingeschlossen – zählen den Film zu wichtigsten Einflüssen der 90er-Jahre und fanden darin eine ästhetische und inhaltliche Vorlage für ihr eigenes Dasein. Ein Vermächtnis, das im Grunde nicht neu interpretiert werden darf, oder?

Eric Draven zurück von den Toten. Remake oder Reboot?

Okay. Bevor es zu Missverständnissen kommt, eine begriffliche Einordnung. Ein Remake ist das englische Wort für „Neuverfilmung“ und orientiert sich an dem vorausgegangenen Film und ist sozusagen eine Kopie des Originals, mit neuen Effekten und besseren Schauspielern. (Beispiele: King Kong, Verblendung, Es). Ein Reboot (Neustart), und genau darum soll es sich bei der 2024-er Version von „The Crow“ handeln, ist eine Neuinterpretation der vorhandenen Erzählung. Das Vorgängerwerk von 1994 wird in diesem Fall nicht „kopiert“, sondern die Comic-Vorlage von James O’Barr wird neu erzählt. (Beispiele: Batman oder auch Star Trek)

Möglicherweise ist das schon die Auflösung des schwelenden „Glaubenskrieges“ zwischen den (ehemaligen) Jugendlichen der Gen X, die gegen die Beschmutzung von Brandon Lees Vermächtnis wettern und der Gen Z, die sich wohl eher mit dem Schweden Bill Skarsgård identifizieren können, weil sein Aussehen eher heutige Schönheitsidealen entspricht.

Düster, nihilistisch, dystopisch. Die Stimmung scheint im Trailer die richtige zu sein. Auch wenn man dem Anschauen des selbigen das Gefühl hat, den Film bereits gesehen zu haben. Eine furchtbare Angewohnheit neuzeitlicher Trailer, das Appetithäppchen bereits so nahrhaft zu machen, dass sich beinahe ein „Völlegefühl“ eingestellt.

Der neue Trailer muss sich zwangsläufig mit dem Original von 1994 messen. Eine Betonung, dass man sich näher an der Comic-Vorlage orientiert, spielt da keine Rolle, denn das kollektive Gedächtnis hat keine gezeichneten Comic-Helden im Kopf, sondern die Verkörperung von Brandon Lee.

Immerhin scheinen wir noch glimpflich davon gekommen zu sein, denn während den Planungen, die seit über 15 Jahren laufen, waren Bradley Cooper, Channing Tatum, Ryan Gosling, Jason Momoa und Mark Wahlberg für die Verkörperung von Eric Draven im Gespräch. Gruselig! Zahllose Drehbuchautoren und Regisseure haben sich im Laufe der Jahre die Klinke in die Hand gegeben und lassen die jetzt schon kostspielige Neuauflage eher zur eine schmerzhaften Geburt eines scheinbar ungewollten Abkömmlings zu mutieren.

The Crow – Allein die Neugier zwingt zum Anschauen

Die Story ist allerdings auch heute noch episch und hat das Zeug das zu, jungen Gruftis ein gewisses Identifikationspotential zu spenden und die Herzen der Älteren neu zu entzünden. Liebe über den Tod hinaus, Schmerz und Finsternis im Herzen sind immer noch inhaltliche Anknüpfungspunkte geneigter Szene-Mitglieder. Ich bin mir sicher, dass man bei dieser Ankündigung dahinschmelzen kann:

Die Seelenverwandten und Liebenden Eric Draven (Bill Skarsgård) und Shelly Webster (FKA Twigs) sind das Paradebeispiel zweier Herzen, die füreinander geschaffen sind. Doch dann werden sie von ihrer Vergangenheit eingeholt und auf grausame Weise ermordet. Doch Eric Draven kehrt aus dem Reich der Toten zurück und erhält die einmalige Gelegenheit, Rache an all jenen zu üben, die ihm die Liebe seines Lebens entrissen haben. Ohne Gnade schickt er sich an, seine geborgte Zeit im Diesseits nicht ungenutzt zu lassen.

Im Sommer 2024 soll es so weit sein. Direkt nach dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig und 3 Tage vor meinem Geburtstag, schickt sich The Crow an, seinen Legendenstatus aufzufrischen. Ob das dem Film gelingt? Ich bin jedenfalls neugierig, werde mir den Film mit Sicherheit anschauen. Bleibe aber skeptisch, dass er das Original in meinem Herzen ablöst.

Wie findet ihr den Trailer? Gehört ihr eher zu den Leuten, die das Andenken ihrer Jugend in Gefahr sehen oder freut ihr Euch darauf, endlich wieder einen Film mit starker Gothic-Attitüde zu sehen? Würdig oder Unwürdig?

Neues aus dem Eulenforst: Bist du zu alt für die Gothic Szene?

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Wir altern. Gnadenlos und unaufhaltsam. Die ersten Gothics, die mit dem Beginn der 80er-Jahre ihren Weg in die Szene gefunden haben, sind mittlerweile über 50 Jahre alt. Musikerinnen und Musiker, die den musikalischen Grundstein für unsere Subkultur gelegt haben, gehen stramm auf die 70 zu. Vor allem in äußerlich geprägten Subkulturen, wie der unseren, fragt man sich früher oder später: Bin ich nicht langsam zu alt für die Gothic Szene?

Genau dieser Frage widmet sich Ehe-Grufti Orphi in unserem YouTube-Kanal, dem Eulenforst. Wann ist man zu alt für die Gothic Szene? Und obwohl sie nicht so aussieht und natürlich viel jünger wirkt, weiß sie, wovon sie spricht. :-)

Bin ich zu alt für die Szene?

Ich fühle mich für viele Dinge zu alt und das, obwohl ich noch nicht einmal 50 Jahre alt bin (ganz knapp). Ich bin zu alt, um 4 Tage lang das Wave-Gotik-Treffen ohne Schlaf zu inhalieren. Nach 4 Stunden auf der Tanzfläche, wo ich versuche meinen Weltschmerz und die einsetzende Alter-Frustration wegzutanzen, schmerzen mir nicht nur die Füße. Mein fehlendes Haupthaar zwingt mich zu pragmatischen Frisuren, während der unverhältnismäßig hohe Einsatz körperlicher Betätigung mich davon abhält, androgyn durch die Nacht zu stolzieren.

Ich bin aber noch lange nicht alt genug, um der Subkultur, die mich mein Leben lang geprägt hat, den Rücken zu kehren. Ich altere auf Gothic-Art. Weniger Schminke, mehr Inhalt. Weniger Tanzfläche, mehr Friedhof.

Vielleicht befruchten sich auch so die Generationen innerhalb der Szene und können voneinander profitieren. Möglicherweise betrüge ich mich auch selbst, weil ich so mein Dasein in einer Subkultur rechtfertige, die eigentlich mal als Jugendkultur gedacht war.

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