Crowdfunding 2019: Jetzt für das Spontis-Magazin spenden und ein Exemplar sichern!

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Lieber Leser, nachdem die Crowdfunding-Aktion im letzten Jahr so erfolgreich war, möchte wir Euch auch dieses mal eine entsprechende Kampagne anbieten. Das von Euch zusammengesammelte Geld kommt einzig und allein dem Spontis-Magazin, den Inhalten und den Buttons zu Gute. Wie hoch die Auflage sein wird (mindestens 150 Stück) und wie umfangreich die Ausgabe werden kann, entscheidet auch die letztendliche Summe, die unter dem Strich herauskommt. Ich halte Euch natürlich auf dem Laufenden.

Eure Anregungen aus der letzten Crowdfunding-Aktion habe ich mitgenommen und dieses mal Wert darauf gelegt, dass man auch ohne Kreditkarte oder PayPal Account Geld spenden kann und das man auch ohne Registrierung beim Crowdfunding-Unternehmen dabei sein kann. Darüber hinaus handelt es sich noch um ein deutsches Unternehmen, was den erhöhten Standards hinsichtlich Datenschutz Rechnung trägt.

Für mich persönlich ist auch positiv, dass die Gebühr, die sich das Unternehmen einbehält, deutlich niedriger zu sein scheint, denn als ich im letzten Jahr rund 50 Euro an Gebühren für allen möglichen Kram zahlen musste, war die Enttäuschung schon sehr groß.

Die meisten anderen Dinge, habe ich direkt bei Startnext, der Crowdfunding-Plattform hinterlegt. Die wollten übrigens auch ein Video haben, das die Kampagne „fördert“. Nun ja. Herausforderung akzeptiert. 38 Anläufe späte war dann sowas wie ein Video fertig, dass ich niemandem Vorenthalten möchte. Wegen mir könnt ihr dann auch aus Mitleid spenden ;)

Den Zugang zur Spendenaktion findet ihr über die Links in diesem Beitrag, oder aber auch über das „Widget“ in der Seitenleiste des Blogs. Sichert Euch noch heute eine Ausgabe des Spontis-Magazins 2019!

Video: Spurensuche mit Spontis – Discothek „Objekt“ in Castrop-Rauxel 1991

Gleich vorweg, es gibt mittlerweile ein Lösung zu dem Artikel, den ich nachfolgend in seiner ursprünglichen Form erhalten habe. Das Auflösung findet ihr unter dem Video.

Noch nicht einmal der zeitliche Rahmen steht fest. Irgendwann in den frühen 90ern, sagt man. Vielleicht im Zwischenfall? Oder im Lurie? Irgendwo her kenne ich den Thekenbereich. Aber woher? Und die mit den blonden Haaren, die da eben durch das Bild geglitten ist, sieht aus wie … Na wie hieß sie noch?

Aus der Quelle, aus der auch andere Videos sprudelten habe ich einen weiteren Klassiker, der von Euch enträtselt und wiedererkannt werden möchte. Und natürlich ist das Material wieder bearbeitet und liegt nicht in seiner originalen Fassung vor. Es entspricht dem Zeitgeist der frühen 90er die noch junge Videotechnik für künstlerische und nicht für dokumentarische Zwecke zu nutzen.

Nutzt die Kommentare, um Euch, Zeit oder den lokalen Rahmen zu benennen, auch auf Facebook darf fleißig mitgeraten werden.

Die Auflösung fand auch Facebook statt, da schreibt Klaus Märkert, dass es sich bei der Discothek, die im Video zu sehen ist, um das „Objekt“ handelt, das er 1991 in Castrop-Rauxel für nur 2 Monate betrieben hat. In seinem Buch „Requiem für Pac-Man“ beschreibt er die Geschichte dazu, die ich hier zusammenfassen möchte:

Nachdem die Discothek „Cure“ in Herne durch das örtliche Bauamt zum Scheitern verurteilt wurde, eröffnete Märkert 1991 in Castrop-Rauxel das „Objekt“. Eine Notlösung, denn das abrupte Ende des Cure hatte Schulden hinterlassen, die bekanntlich nicht davon bezahlen kann, kein Geld mehr zu verdienen. Weil das „Objekt“ vorher unter Insolvenzverwaltung stand, war die Miete zunächst günstig. Als dann aber der neue Käufer die Mieten von 200 DM auf 2000 DM erhöhte, war auch hier der Anfang vom Ende bereits eingeläutet. Soviel Geld konnte man in diesem trostlosen Vorort von Castrop-Rauxel nicht verdienen. So endete die kurze Geschichte des „Objekt“, von dem auch diese Videoaufnahmen stammen.

Musikalischer Grufti-Briefkasten #5: Hunde sind an der Leine zu führen

Seit der letzten Veröffentlichung hat sich wieder einiges an musikalischen Vorschlägen im Spontis-Briefkasten eingefunden und wurde natürlich gesichtet, respektive angehört. Mit dabei sind Newcomer, aber auch nicht mehr ganz so unbekannte Gesichter. Doch hört einfach mal rein und nehmt vielleicht das ein oder andere Stück mit auf Eure musikalischen Ausflüge in die Dunkelheit.

Sowas von egal – Sampler von BureauB

Sowas von Egal Cover

Das seit Mitte der 2000er aktive Hamburger Label BureauB, welches Werke namhafter Künstler wie Palais Schaumburg, Camouflage, Der Plan, Pyrolator, Fehlfarben, Karl Bartos oder Andreas Dorau (wieder-)veröffentlichte, hat Ende letzten Jahres eine Compilation auf Bandcamp veröffentlicht, die es in sich hat. Dort wird die Zeit mal eben über 35 Jahre zurückgedreht und der Hörer mitten in die deutsche New Wave anfang der 80er katapultiert.

(Post-)Punkige Klampfe und kantige Synthesizer bestimmen das Klangbild, erschaffen ein Wechselspiel aus minimaler Kälte, irritierendem Bliepbloppen und sanfter Wärme, bei dem auf der einen Seite Tracks wie „Die Russen kommen“ von Berlin Express, New Dimension mit „Stuttgart Schwarz“ oder Träneninvasion mit „Sentimental“ stehen. Auf der anderen Seite dann die Fast vergleichsweise „poppigen“ Klänge von bspw. Silberstreif („Bei dir brennt noch Licht„) oder Nullzeit („Dein ganzes Leben“), wobei, wenn man dann auf den Text achtet ist’s mit dem Pop dahin… So manche Postpunk/Wave-Perle, die man so leider nur seltenst zu hören bekommt, wurde hier auf die digitalen Scheiben gestanzt.

Ich rate jedem 80s-Wave-Interessierten, hier unbedingt mal reinzuhören!

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Wolfsuit – Dressed for Danger and Delight

Wolfsuit, ein frisches Dark-Wave-Duo aus dem beschaulichen Kiel (kleiner Exkurs: Da, wo die minimalen No More herkommen, oder die Band Abscess, wenn wir schon elektronisch unterwegs sind) hat im Sommer vergangenen Jahres ihre eigene, digitale EP auf Bandcamp veröffentlicht.

Auf der „Dressed For Danger And Delight“ wird dem Hörer ein typisches, verwobenes Spiel aus Wave-Gitarre und Synthie geboten, minimal, mit relativ sonorem Gesang, der mich an gewisse Bands aus dem frankophonen Raum erinnern. Die ersten beiden der sechs Tracks gehen zumindest mir ins eine Ohr hinein und auf dem anderen wieder hinaus, zur Mitte hin wird es mit „Someone Elses Shell“ jedoch eingängiger und mit „Behördenzentrum“ sind Wolfsuit dann beim Hörer angekommen. Der letzte Track geht allerdings dann etwas unter – ob zu Recht oder Unrecht, mögt ihr entscheiden.

The HU – Wolf Totem

Folk ist aktuell In. Sei es als modisches Element oder musikalisches – Der kulturelle Einfluss unterschiedlichster Ethnien ist derzeit nicht zu übersehen. Speziell dann nicht, wenn man seinen Blick nach Osten wendet und ein wenig seine Ohren spitzt. Mag 2012 in Ulan Bator mit ein klein wenig Verzögerung 90er-Techno angekommen sein, hat man selbst dort seinerzeit ganz klar Folklore mit in die Suppe getan (eine sehr spezielle Mischung).

Tradition ist in der Mongolei noch immer nahezu omnipräsent, so wundert es auch nicht, dass nicht nur in den Kreisen der hiesigen Mittelaltermärkte und Folk-Szene der raue Kehlkopfgesang und dazugehörige, traditionelle Instrumentalisierung seinen Eindruck bei seinen Zuhörern hinterlässt, sondern nun auch im Zuge weltweiter Vernetzung aus dem fernen Osten hier zu uns gelangt.

The HU sind dabei nur eine von mehreren Projekten, die durch mein Umfeld in letzter Zeit auf meinen Radar gelangt sind. Es scheint mir fast, als würde da ein wenig gepusht werden und „soziale Medien“ ala Fb & Konsorten eignen sich ja hervorragend, was bei mir immer ein wenig Geschmäckle hinterlässt… doch meckern will und kann ich bei solcher mit Herzblut gemachten Musik einfach nicht. Denn es klingt, abgesehen von einer professionellen Produktion, verdammt gut und einfach nur stimmig. Wer auf mongolisch-tuwinisch-altaiische Klangwelten steht, bzw. einfach mal ein offenes Ohr riskieren mag, macht hier absolut nichts verkehrt.

Ps: Das Projekt lässt sich übrigens auch auf Bandcamp finden.

Hante – Fierce

Das Synthie-Projekt Hante um Hélène de Thoury ist mittlerweile eines der bekanntesten aktuellen Wave-Projekte aus unserem Nachbarland Frankreich, bei welchem Emotion groß geschrieben wird. Der Titel „Noire“ vom ersten Album 2016 war und ist in so mancher Schwarzen Disko zu hören… und nun erblickt das dritte Album das Licht der Welt und man fragt sich: Schafft es davon auch etwas in die Tanztempel oder zumindest auf den CD- oder Plattenteller?

Ja, zumindest auf meinen. Denn auch dieses Mal bleibt Madame de Thoury auf hohem Niveau und baut mit ihren sphärischen Synthies und ihren Gastmusikern Solveig Mathildur, Marble Slave, Box von Düe, Aetervader und Fragrance eine melancholische Stimmung auf, wie es bei mir nur wenige Künstler können. Mal vergleichsweise antreibend, wie bei „Wild Animal„, mal ruhiger wie bei „Nobody’s Watching (feat. Marble Slave & Flagrance“.

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Die Selektion – Deine Stimme ist der Ursprung jeglicher Gewalt

Das Label Aufnahme & Wiedergabe hat mit den umtriebingen Esslinger Lokalmatadoren eine ganz eigene Formation im Repertoire. Von Wave und EBM inspiriert, doch im Heute verankert, ist die Selektion eine der wenigen Bands, die es schaffen eine Melange aus Gefühl, Wärme, Raum, Wucht und Härte zu entwickeln. War der Vorgänger von 2011 deutlich von der effektverzierten Trompete geprägt, tritt diese bei der aktuellen Veröffentlichung zugunsten pumpender Beats zurück, wobei Die Selektion gewohnt tanzbar bleibt.

Der Opener „Schatten“ wurde vor kurzem auf einem Gig auch live als erstes Stück gespielt und hat einen perfekten Auftakt gegeben für das, was dann folgte: Ein gelungenes Album, welches ganz nach „Die Selektion“ klingt. Anspieltips:

Der Himmel explodiert (feat. Drangsal)“ & „Dein Herz wiegt tausend Scherben

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Raskolnikov – Hochmut kommt vor dem Fall

Post-Punk-inspirierter Gitarrenwave ist momentan en vogue. Es gibt so unsagbar viele gute Bands, dass man als Interessierter nur ansatzweise mit dem Hören hinterherkommt… Damit fallen zwangsläufig unzählige Bands und Werke durch das Raster der eigenen Wahrnehmung, die dies definitiv nicht verdient haben. Die drei Herren von Raskolnikov, welche sich offenbar von Dostjewkis Klassiker „Schuld und Sühne“ inspiriert fühl(t)en, als sie sich 2015 in Genf gründeten, zeigen dem Höhrer in ihrem bereits 2018 bei Manic Depression Records veröffentlichten ersten Album ein durch Joy Division beeinflusstes Klangbild. Doch belassen sie es nicht dabei (da geht einem die Frage durch den Kopf, was der Ian noch vollbracht hätte?…) und erweitern dieses Grundmuster um eigene Nuancen. Gut so!

Wer die Jungs live sehen mag, sollte sich am Besten mal auf deren Homepage umschauen. Dort gibt es auch noch ein paar Infos mehr.

Anspieltips: „Hunde sind an der Leine zu führen“ , „It’s going to be fine after all“ (erinnert an „where is my mind“ von den Pixies) & „3:00

Masquerade – Where Nobody Can Hear You Scream

Masquerade
Maquearde Promo-Foto | (c) Leo Krechmer, März 2018 (Helsinki, Finland)

Die Vorzeige-Finnen mit ihrer markanten Sängerin („Suzi Sabotage“) haben im November mit „Where Nobody Can Hear You Scream“ ihr zweites Album veröffentlicht. Zu hören gibt es dort qualitativ anstandslosen, „klassischen“ Deathrock/Goth-Punk was das Gitarren-, Schlagzeug-und Bassspiel betrifft, sowie eine Sängerin, welche offenbar ihrer Ikone nacheifert.

Jedoch manchmal etwas neben der Spur singt. Nicht, dass Dissonanzen grundsätzlich stören würden (die gehören im Goth-Punk – vulgo Deathrock – dazu), aber irgendwie haben zumindest mir manche davon etwas Hörgenuss genommen. Wenn man ansonsten daüber hinwegsehen kann, meine ich, das Album jedem Liebhaber dieser Musikrichtung weiterzuempfehlen, es gibt ja aktuell leider nicht gerade viel davon… Anspieltip: „Zeitgeist„, „Tainted Tonque

He was the Firestarter: The Prodigy-Sänger Keith Flint tot

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Keith Flint, der Sänger von The Prodigy ist im Alter von 49 Jahren gestorben. Wie der Guardian berichtet, fand die Polizei Flint am gestrigen Montag gegen 8:00 tot in seiner Wohnung in Essex. Laut einem Statement von Liam Howlett, der die Band 1990 gründete, beging Keith Selbstmord: „The news is true, I can’t believe I’m saying this but our brother Keith took his own life over the weekend, I’m shell shocked  fuckin angry, confused and heart broken.

The Prodigy waren ein konstanter Begleiter meiner musikalischen Biografie, ihr 1992 Debütalbum „Experience“ war für mich genau das, eine Erfahrung und möglicherweise mitverantwortlich dafür, der Grufti-Szene den Rücken zu kehren. Grund genug, Keith Flint, einen gescheiten Nachruf zu verpassen.

Das die Briten „Out of Space“ gekommen sein mussten, wurde nicht allein durch den unscheinbaren schmächtigen Jungen hinter den Keyboards klar, sondern vor allem durch Keith Flint oder Leeroy Thornhill, die stets eine Spur Wahnsinn verbreiteten.

Sie waren wohl die populärsten Vertreter einer aufstrebenden Remix-Kultur und sollten, wider allen Erwartungen, die elektronische Musik der folgende Jahrzehnte nachhaltig beeinflussen und provozieren. Nachdem man in den frühen 90er allein dem Grunge den letzten revolutionären Geist attestierte, erschien im April 1996 „Firestarter“ und verpasste der Welt eine Kopfnuss. Die Jugendlichen feierten den Track und Keith Flint in der Rolle des Sängers, britische Eltern waren empört und überfluteten den BBC nach der Ausstrahlung des Videos mit Beschwerdebriefen. Glücklicherweise erschien die Videoauskopplung von „Smack My Bitch Up“ erst ein Jahr später.

Von da an blieben The Prodigy das Enfant Terrible der elektronische Branche. Nach der massiven Kritik kündigten die Band 1999 an, kein weiteres Album mehr aufzunehmen. Glücklicherweise hielten sie sich nicht daran. Nach einem mittelmäßigen Album „Always Outnumbered, Never Outgunned“ war es dann an „Invaders must Die“ die passende Antwort auf die Stimmen der Kritiker zu geben. Mit einer ausgedehnten und energiegeladenen Tournee erschlossen sich „The Prodigy“ eine neue, junge Hörerschaft und überführten ihre Musik ins neue Jahrtausend.

Als ich in den späten 2000ern wieder in die Gothic-Szene zurückkehren sollte, war es eine Fügung des Schicksals zur verdanken, dass ich The Prodigy auf dem M’era Luna 2009 erstmals live gesehen habe. So schloss sich der Kreis. (Leider gibt es vom M’era Luna keine anständige Aufnahme, deshalb greife ich hier auf Rock am Ring zurück. Die Setlist ist nahezu identisch.)

Jetzt hat sich Keith Flint das Leben genommen, er wird schon wissen warum. Bei den meisten Todesanzeigen bekannter Musiker, die in den letzten paar Jahren gestorben sind, fehlte mir der persönliche Bezug. Klar, Mark Hollis von Talk Talk ist ein Verlust, aber seine großartige Musik begleitete mich damals allenfalls beim spielen auf dem heimischen Kinderzimmerboden. Bei The Prodigy ist das anders. die verfolge ich seit ihrem ersten Wirken in meinem Dunstkreis, als ich zu „Everybody in The Place“ vor dem Fernsehgerät tanzte. Oder es zumindestens versuchte. Ihre Musik habe ich immer gegen alle Ablehnungen meines Umfelds verfolgt, geliebt und verschlungen.

Und obwohl The Prodigy sicherlich weiterbestehen wird, darf ich behaupten, es wird anders sein. Als durchgeknallter Sänger hat Keith Flint den Iro für den Mann mit kreisrundem Haarausfall populär gemacht, den bösen Blick etabliert und meistens das getan, was man nicht von ihm erwartet hat. Blöd, dass die letzte Rebellion sein Leben beendete. Wo auch immer du jetzt bist, Keith. Falls du den Lagerfeld triffst, gib ihm eine Kopfnuss.

Gruft Orakel März 2019: Der Dämon löst seine Probleme blitzschnell

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Ein neuer Monat, ein neues Orakel – die gruftige Version eines Horoskops, dass uns voraussagen soll, was und in den kommenden Tagen erwartet. Vielleicht erinnert ihr Euch, im Januar und Februar präsentierte ich Euch bereits die Gruft-Orakel von Alana Abendroth, diesen Monat geht es nahtlos weiter. Es ist übrigens Zeit für das Gruft-Zeichen „Fledermaus“, die jetzt gute Chancen im Job hat, aber unbedingt auf die Warnsignale des eigenen Körpers achten sollte, um nicht an Magen-Darm Problemen dahinzusiechen.

 

 

Noch 97 Tage: Doku Countdown zum WGT – Wave Gotik Treffen 2002

Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen riecht die Luft nach Frühling. Ich sitze auf dem Balkon, lasse mich von der Sonne wärmen und lausche dem Vogelgezwitscher. Wenn ich die Augen schließe, kann ich mir fast vorstellen, es wäre eine laue Sommernacht und ich säße zu Pfingsten in Leipzig. Aus einer Location würde dumpf Musik schallen, eine Hauch von Patschuli in der Luft liegen und vor meinen Augen die Schwarzgewandten vorbeiziehen – freudig, neugierig, anmutig, ausgelassen. Die richtige Zeit, der richtige Ort.

Dummerweise ist es erst Februar und für die Jahreszeit viel zu warm. Pfingsten ist noch ganz weit weg und mein Tag hat außer meiner schwarzen Kleidung bisher noch so gar nichts wirklich gruftiges gehabt. Also schmeiße ich da nächste WGT Video an, dieses Mal aus dem Jahr 2002. Noch 97 Tage.

Nach dem Crash der Veranstaltung zwei Jahe zuvor, welche als Chaos-WGT in die Geschichte einging, fand das 11. WGT unter neuer Federführung und in Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig statt. Was dem Treffen übrigens einen Eintrag in das Kulturprogramm der Stadt bescherte. Vielleicht ist das Event ja auch dadurch mehr zum Touristenmagnet geworden?

Bereits in früheren Jahren muss die AGRA-Meile der Laufsteg gewesen sein. Die einen wandeln, die anderen beobachten. Frisuren mit Flauschezöpfen oder gelgetränkten Strähnenzotteln erfreuten sich großer Beliebtheit. Als ein Auftritt von den Crüxshadows eingespielt wird, wird mir auch klar warum. Rogue hat wohl seit mehr als 20 Jahren die gleiche Frisur. Als Beispiel für den wenig düsteren, sondern eher elektronisch-poppigen Einfluss, der zunehmend Fahrt aufgenommen hat in den 2000er Jahren ist ein Auftritt der Band auf jeden Fall gut geeignet. Für mich erscheinen die 2000er als ein Bruch. Musikalisch, wie ästhetisch. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit des Internets in dieser Zeit verbinde ich auch eine zunehmende Kommerzialisierung und Ausdifferenzierung. Waren Musik, Ästhetik und Inhalt doch leichter erforschbar, Kontakte knüpfen nicht mehr nur an den Wohnort gebunden und Informationen zu Veranstaltungen online abrufbar. Wer diese Zeit selbst erlebt hat kann sicher aus seinem Erfahrungsschatz berichten: Teilt ihr meine Wahrnehmung? Empfindet ihr es anders? War der Bruch eigentlich schon nach den 80er Jahren da? Oder seht ihr zwei Brüche und Wandlungen?

Die zunehmende Kommerzialisierung wird auch von Michael Popp, Mitglied der Band Estampie angesprochen:

Ich bin nicht zum ersten Mal in Leipzig und bestimmt auch nicht zum letzten Mal. Ich glaube ich war beim allerersten Wave-Gotik Treffen sogar da. Und diverse Male mit verschiedenen Formationen. Also ich bin sozusagen ein alter Hase. Sehe auch die ganze Entwicklung: Sehe auch das anwachsen des Wave-Gotik Treffens, wie glaube ich alle der ersten Stunde mit lachendem und weinendem Auge. Einerseits ist es schön, dass es viele Anhänger gibt, die sagen wir mal anspruchsvollere, außergewöhnliche Musik bevorzugen. Andererseits nimmt natürlich auch der Kommerz und so weiter zu und das lässt sich vermutlich nicht vermeiden. Ich bin aber natürlich als Estampie-Spieler unkommerzielles Verhalten gewohnt. Und vielleicht auch einer der wenigen, der da offen drüber sprechen. Weil natürlich die allermeisten, die mehr oder weniger davon profitieren stillschweigen. Und dieser Punkt mehr oder weniger unter den Tisch gekehrt wird. Natürlich liegt es mir fern eine beinharte Kritik zu üben, weil ich finde so überkommerzialisiert ist es nicht. Aber manchmal sprengt es schon den Rahmen dessen, was man als angenehm empfinden würde.

Der Hut ist also schon ziemlich alt und hat nichts an Aktualität verloren. Trotz allem ist die Szene auch heute lebendig und auch das WGT bietet viele Gelegenheiten der eigentlichen Subkultur und deren Underground zu fröhnen.

Wochenschau #2/2019: Klatsch und Tratsch – Ein Grundpfeiler unserer Subkultur?

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Randvoll mit allen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Äthers kommt die neueste Wochenschau daher. Neben Reisenberichten, Nachrichten und Bildungsauftrag bleibt auch noch ein wenig Platz für Klatsch und Tratsch – wenn man dann so möchte. Es scheint der urmenschlichste und sozialisierenste Antrieb überhaupt zu sein, über die Anderen zu reden. Auch innerhalb von Subkulturen. Die Bravo lebte davon, der AGRA-Laufsteg wurde dafür erfunden und soziale Netzwerke ermöglichen es endlich jedem, öffentlich zu tratschen, währen YouTube es jedem ermöglicht, sich zum (erfolgreichen) Deppen zu machen. Wenn man dann so möchte. Doch obwohl es jeder macht, scheint es nirgendwo dokumentiert zu sein. Gruftige Musik, morbide Ästhetik, abseitige Interessen – alles das ist fein säuberlich erklärt, aufgeschlüsselt und niedergeschrieben. Aber das wir uns – trotz der vielbeschworenen Toleranz – immer noch so verhalten wie der Durchschnittsbürger, fällt uns offensichtlich nicht auf. Geht das überhaupt? Ich meine, nicht im Klatsch und Tratsch zu versinken, wenn die neuesten Unmöglichkeiten in den Netzwerken erscheinen?

Selfie Harm – Britische Teenager und ihr idealisiertes Selbst | Buisness Insider

Der britische Fotograf Rankin hat britische Teenager im Alter von 13 bis 19 Jahren gebeten, innerhalb von 5 Minuten Porträts, der er von ihnen gemacht hatte, so zu bearbeiten, dass sie Social-Media tauglich aussehen. Das Ergebnis erscheint erschreckend: „Im Zeitalter der Influencer werden wir jeden Tag mit Tausenden von Bildern zwangsernährt. Überarbeitete, sexuelle und mundgerechte Bilder werden schnell und flüchtig aufgetischt. Oftmals hinterlassen sie ein Gefühl von Leere und den Eindruck, nie genug zu sein. Das sind die leeren Kalorien. Die visuellen Kalorien, an denen wir uns überfressen, weil sie da sind. Unser Appetit auf diese Art von Inhalt ist unersättlich. Es ist visueller Zucker und wir sind süchtig. Wenn ihr zu viel davon konsumiert, wird eure psychische Gesundheit ernsthaft beschädigt.

Sternenkinder – Wenn das erste Bild das letzte ist | ZEIT Online

So nennt man Kinder, die bei der Geburt sterben. „Kinder, die den Himmel erreicht haben, noch bevor sie das Licht der Welt erblicken durften.“ In einem sehr gefühlvollen Artikel der ZEIT geht es um Katrin Titze, eine Sternenkindfotografin. Ein Beruf, der ein gehöriges Maß an Abstand verlangen muss. „Als Titze den Kreißsaal betritt, ist es drückend warm. Sie sieht einen Mann Ende zwanzig, 1,80 groß, lichte Haare, roter Pullover, an einem Wickeltisch stehen. Darauf liegt ein Neugeborenes unter einer Wärmelampe. Es sieht aus, als würde es schlafen.

ohGr und das PledgeMusic-Desaster: Der Sänger von Skinny Puppy wartet auf 100.000 Dollar | Volt Magazin

Die Crowdfunding-Plattform für Musiker „PledgeMusic“ steht zur Zeit immer wieder in der Kritik, weil Künstler das von Fans gesammelte Geld nicht – oder viel zu spät ausbezahlt bekommen. „Dabei war der Start äußerst vielversprechend. Mehr als 20.000 Dollar wurden binnen weniger Tage eingenommen. Als im Sommer 2018 das Album schließlich im Kasten war und die Files an PledgeMusic übertragen wurden, begannen die Probleme: es folgten keine Zahlungen. Vorbestellte CDs, Vinyl, Booklets, Shirts etc. konnten nicht in Produktion gehen. Die Konsequenz: Am 18. Juli 2018 erschien TrickS lediglich digital und ohGr waren gezwungen, ohne Merch und ohne physische Tonträger ihre bereits gebuchte Tournee anzutreten. Aus finanzieller Sicht ein absolutes Desaster.

Keine langen Haare beim Bund – Gothic-Soldat scheitert vor Gericht | SVZ

Weil er als Soldat keine langen Haare tragen darf, hat sich ein Stabsfeldwebel vor Gericht mit der Bundeswehr auseinandergesetzt. Seine Beschwerde gegen den sogenannten Haar- und Barterlass der Truppe wurde am Donnerstag vom 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig allerdings zurückgewiesen.“ Das Gericht bestätigte aber, dass der Erlass einer Überarbeitung bedürfe, obwohl man sich als Soldat einem gewissen äußerlichen Rahmen zu unterwerfen hätte.

Greenwich – Das Haus, in dem die Zeit gemacht wurde | Eulenforst

Schon so ein bisschen in eigener Sache stelle ich Orphis neuen Blog vor, in dem sie unsere Reisen und Ausflüge dokumentiert und in ganz wunderbarer Weise beschreibt. Wie zum Beispiel unser Besuch im Londoner Stadtteil Greenwich, um die Spuren der Zeit zu suchen: „[…] das Flamsteed-Haus auf einem Hügel in Greenwich, in dem Astronomen viele Jahrzehnte lang den Himmel beobachteten, um das Rätsel um den Längengrad zu lösen. Hier befindet sich auch der Nullmeridian, nach dem die ganze Welt die Zeit ausrichtet. Ich muss zugeben: Sobald es um Längengrade und Breitengrade und um mehr als zwei geschichtliche Zahlen geht, versucht mein Gehirn zu flüchten. Doch keine Angst! Auch Abenteurer kommen in Greenwich auf ihre Kosten. Im Flamsteed-Haus auf einem Hügel gibt es Atmosphäre und Geschichten. Und schon der Weg dorthin durch einen Tunnel unter der Themse hindurch ist echt gruselig.“ Wer möchte, kann sich dort durch die Erlebnisse auf unseren Reisen lesen und einen Kommentar hinterlassen. Ich bin mir sicher, Orphi freut sich darüber.

Warum Tauben den Tod ankündigen und Totenhemden vor Wiedergängern schützen | Schemenkabinett

Hier mag man gerne die Schulbank drücken: Im Schemenkabinett. Stets beschäftigt sich das promovierte Ehepaar mit den tödlichen, spukigen und abseitigen Themen der Natur. Heute lernen wir zum Beispiel, warum Tauben im Grunde dann doch „böse“ Tiere sind: „Das Gurren einer Taube erklingt am Eingang zur aktuellen Sonderausstellung im Kasseler Museum für Sepulkralkultur. Im schwachen Lichtschein sitzt das Präparat einer Ringeltaube. Ihr Ruf wurde in Mecklenburg als „Tutenfru!“, also Totenfrau, gedeutet. Totenfrauen richteten die Verstorbenen her und wuschen sie. Wenn die Tauben von den Dächern riefen, dass die Totenfrau komme, konnte dies also nichts Gutes bedeuten. Auch das Verhalten anderer Tiere deutete man als Todesvorzeichen […] Die Sonderausstellung „Tutenfru! Über Aberglaube und Tod“ präsentiert verschiedene „abergläubische“ Vorstellungen und Praktiken, die mit Tod und Sterben in Verbindung stehen und zum Teil das Denken und Handeln vieler Menschen bis in die Gegenwart bestimmen.

Whitby Spring: A Tale of Two Festivals | The Blogging Goth

Wer im April nach England reisen möchte, der sollte sich den 12. bis 14. oder den 26. bis 28. des Monats merken und überlegen, ob er nicht nach Whitby fährt, denn dort findet Englands bekanntestes Gothic-Festival, das Whitby Goth Weekend, statt. Ein paar Wochen später findet dann im Whitby Pavilion das Tomorrows Ghosts Festival statt, was schon im Hintergrund für Gesprächsstoff sorgte. Beim bloggenden Grufti gibt es mehr Informationen.

Quinta da Regaleira: Das gotische Paradies | Der schwarze Planet

Shan Dark glänz durch ihren neuesten Reisebericht aus Portugal. Das gotische Paradies, wie sie die Quinta da Regaleira nennt, ist die architektonische Vereinigung von allem, was wir im allgemeinen unter „gruftiger Ästhetik“ zusammenfassen würden, umso lohnenswerter erscheint ein Besuch in Sintra: „Die Quinta da Regaleira ist ein gotisches Paradies – eine andere Welt. Ihr Erbauer António Augusto Carvalho Monteiro wollte mit der Gartenarchitektur eine Art Portal schaffen in die metaphysische, also übersinnliche und in seinem Sinne wohl auch okkulte Welt. Hier ist es nicht nur üppig grün, sondern die düsteren, verwunschenen Gänge, Grotten und symbolbeladenen Ecken versprühen einen mystischen Charme, der mich total verzauberte und die Phantasie beflügelte… Du bist drei Stunden drin und merkst es nicht. Magisch!

Our Religion Is NOT Your Nu-Goth Trashion Accessory | Of Herbs and Altars

Dorian B ist dagegen. Sie findet es schrecklich, das Killstar – der Ausstatter der Nu-Goth Bewegung – mit religösen Symbolen nur so um sich wirft und einfach alles durcheinander schmeißt, was nicht zusammen gehört:

I’m So Sorry | Black Friday

Nach ungewöhnlich lange Abstinenz von der sprichwörtlichen Bildfläche meldet sich Black Friday mit Neuigkeiten zurück. Zur Zeit hält sie sich immer noch in Neuseeland auf und ist offenbar in den Abschiebeprozess deutscher Behörden geraten und wird nun ausgewiesen. Nach der Trennung von Matthias, ihrem deutschen Ehemann, war das nur eine Frage der Zeit. Welche Station sie ihrem bewegten Lebenslauf nun hinzufügt, ist offen.

Mary – Baby Goth | YouTube

Achtung! Extrem verstörender Inhalt :) Das folgende Video der „Künstlerin“ Baby Goth ist eine große Matschepampe, die aus dem Mixer der Unmöglichkeiten entsprungen zu sein scheint. Schmeiß einfach alles, was du je von Goth gehört hast, in einen Mixer, mische Belanglosigkeiten wie „Lolita“, „Sex“, „Gangsta“, „Edgy“ dazu und drücke auf „Smooth as Manson“. Heraus kommt dann so ein Unsinn:

Video: Einmaliges Grufti-Treffen in Tecklenburg 1991

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Idyllisch zwischen Münster und Osnabrück gelegen, trafen sich 1991 zahlreiche Gruftis in Tecklenburg, um sich zu treffen, ihre Türme und Teller zu präsentieren und sich auszutauschen. Leider endet an dieser Stelle schon mein Wissen über diese kunstvolle Video-Perle aus den frühen 90er Jahren. Möglicherweise erkennt sich aber der ein- oder andere auf den Bildern wieder und möchte – aller Peinlichkeit zum Trotz – etwa über das Treffen erzählen. Wie es dazu gekommen ist, wo es genau stattfand und warum es offensichtlich bei einem einmaligen Event geblieben ist.

Die Musik im Hintergrund stammt im übrigen von der Neoklassik-Band Camerata Mediolanense. Der Titel „Il Trionfo Di Bacco E Arianna“ bezieht sich auf die Mythologie rund um den Triumph des Bacchus und einer gewissen Ariadne. Wikipedia weiß dazu mehr. Vielen Dank an die Ersteller des Videos! Bleibt gespannt, aus dieser Quelle gibt es noch weitere Leckerbissen.

1989: Die Wave-Bewegung in den Dreck gezogen – Sind die Medien noch glaubhaft?

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Immer, wenn die Medien Teile der Gesellschaft abzubilden versuchen oder Subkulturen und Jugendbewegungen erklären wollen, prallen Welten aufeinander. Auf der einen Seite möchte sich die Szenen in der Regeln gar nicht abgebildet wissen, weil das natürlich ihren Wunsch nach Abgrenzung torpediert und zum anderen vereinfachen die Medien Beweggründe und Zusammenhänge für ihre Leser, reißen Dinge aus dem Zusammenhang und greifen immer wieder die als negativ empfundenen Auswüchse mancher Szene-Mitglieder als allgemeingültig auf. Das ist kein Phänomen der Neuzeit, sondern war im Grunde genommen immer schon so. Wie ein Artikel über eben diese Form der Berichterstattung im „Church – Independentmagazin“ vom Juni 1989 zeigt.

1989 - Church Indepenentmagazin - Sind die Medien noch glaubhaft (3)ZDF, RTL, Spiegel, Bravo, Tempo, Marabu – sie alle waren im Zwischenfall, dem Szenetreffpunkt der Waver, um über diese Bewegung zu berichten, negativ zu berichten. Setzt man sich mit entstandenen Berichten auseinander, so stößt man unweigerlich auf die Tatsache, daß sie einzig und allein zum Ziel hatten, die Wave-Bewegung zu verunglimpfen bzw. in den Dreck zu ziehen. Unsere Recherchen ergaben, daß die Herren Redakteure Zitate […] verdrehten, Sarkasmus „nicht erkannt“ und bei Glatteisfragen auf die Naivität der Waver gesetzt wurde. Durch vorhergehende Berichte gewarnt, wichen sie den Reportern schließlich aus oder verarschten sie.“

Die Mischung aus Jugendlichen, die sich auch gegenüber den Medien abzugrenzen versuchen und Redakteuren, die auf der Suche nach einer polarisierenden Geschichte sind, ist der Nährboden für teils hanebüchenen Märchengeschichten und Schlagzeilen, die die breite Masse an Veröffentlichungen über die Szene aus den späten 80ern und frühen 90ern beherrschten.

Der Medienkonsument will eine kaputte Story! […] Das Volk braucht seine Außenseiter„, konstatiert das Magazin und genau so ist es auch. Die Gruftis von damals polarisieren durch ihr Outfit, denn umgedrehte Kreuze, eine Leidenschaft für okkulte Themen und ein ausgeprägter Hang zur Selbstdarstellung erzeugen Reibungspunkte in der Gesellschaft. „Sie wollen ihre Ruhe, und wenn schon nicht Akzeptanz, so doch Toleranz.

Doch das generiert natürlich keine Auflage und kaum Zuschauer. Die Medien, die damals versuchen dem Zuschauer mit der Formel „Brot und Zirkusspiele“ Aufmerksamkeit zu entlocken überwiegt einfach und überstrahlt völlig ernst gemeinte Artikel, die damals durchaus zu finden gewesen sind. Die Wahrheit ist eben manchmal langweilig:

Lediglich eine unbedeutende Minderheit übt sich in okkulten Relikten. Ja sogar Verachtung gegenüber Satansanbetern stellte ich als ein Fazit meiner Gespräche fest. […] Düstere Kleidung, umgedrehte Kreuze und auch andere magische Symbole dienen weniger als Zeichen des Glaubens denn als markantes Outfit. Auch wenn einige im „Zwischenfall wie lebende Tote aussehen, so ist Angst vor ihnen unbegründet. Sie akzeptieren jeden, der dorthin kommt, solange sie nicht schräg angemacht werden. Sie bringen vielmehr gegenüber anderen die Toleranz auf, die ihnen beim Verlassen dieser Stätte nicht entgegengebracht wird.

1989 - Church Indepenentmagazin - Sind die Medien noch glaubhaft (2)

Und heute? Gruftis regt heute keiner mehr auf. Tatsächlich sind auch Medien dazu übergangen, feinfühlig und reflektiert über die Szene zu berichten, wenngleich wir auch bei vielen Formaten als Party- und Festivalbesucher mit einem Hang zu äußerlicher Selbstinszenierung gelten. Auch die Szene-Mitglieder sind differenzierter geworden, je älter, desto weniger Abgrenzung und dafür um so mehr Selbstverwirklichung. Einige Medien liefern ihrem gierigen Publikum derweil das „Dschungelcamp“ und „Shopping Queen“. Brot und Zirkusspiele für das Volk. Genau wie früher.

 

Artikel 13 – Der (Alb)Traum von einer Zensur im Netz droht Realität zu werden

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Im dauerhaften Streit um die Reform des Urheberrechts in der europäischen Union scheint man nun eine einheitliche Stimme gefunden zu haben. Doch die Einigung – für die maßgebliche Deutschland und Frankreich verantwortlich sind – klingt in den Ohren der Kritiker wie eine Kakophonie der Zensur. Besonders traurig ist die Beteiligung Deutschlands, nachdem sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag klar gegen die Upload-Filter ausgesprochen haben. Sollte der Entwurf im Europa-Parlament so gebilligt werden und verabschiedet werden, müssen Anwender damit rechnen, das viele ihrer hochgeladenen Inhalte blockiert werden.

Artikel 13 soll Plattformen wie beispielsweise Youtube, Facebook oder Instagram für Urheberrechtsverstöße auf ihren Seiten strafrechtlich verantwortlich machen. Daraus resultieren die sogenannten Upload-Filter die bereits beim einstellen eines Videos automatisch erkennen sollen, ob darin Urheberrechtsverstöße begangen werden. Es soll einen Anreiz geschaffen werden, Medienschaffende und Kreative besser für ihre Inhalte zu vergüten und verpflichtet die Plattformen gleichzeitig, Inhalte zu blockieren, für die von den Urhebern keine Lizenz erteilt wurde.

Die realistischen Folgen sind jedoch, dass massiv Inhalte blockiert werden, die in irgendeiner Form gegen das Urheberrecht verstoßen oder vom Rechteinhaber nicht lizenziert sind. Susan Wojcicki, CEO von Youtube kündigte bereits an, „dass der Artikel 13 und der Uploadfilter in der aktuellen Form die Möglichkeit, dass Millionen von Menschen Inhalte auf Plattformen wie YouTube veröffentlichen, bedroht“. 

Was interessiert mich das alles?

Ganz einfach: Du kannst viele Inhalte nicht mehr mit anderen teilen und auch die Zugänglichkeit zu vielen aktuellen Inhalten wird nicht mehr möglich sein. Du filmst den Auftritt deiner Lieblingsband auf dem Festival? Gerne, aber hochladen geht nicht mehr. Du fährst im Auto und singst mit deinen Freuden ein Lied im Radio mit? Behalt es lieber für dich, es wird vermutlich sowieso gelöscht. Die Folge wird einfach sein, dass kaum noch Inhalte Verbreitung finden, die auch nur das Urheberrecht ankratzen, damit sich Firmen wie eben Youtube vor strafrechtlichen Konsequenzen schützen. Das gilt natürlich nicht nur für Youtube, sondern für (fast) alle Plattformen, die Inhalte mit User-generiertem Content  bereitstellen.

In der Praxis ist diese Prüfung kaum möglich. Wie will Youtube bei jedem Video kontrollieren, ob dem Ersteller alle Rechte der Beteiligten vorliegen? Im Prinzip müsste ja auch deine Freundin zustimmen, die auf dem Video zu sehen ist und auch eine Sport-Artikel Firma möchte möglicherweise nicht, dass du mit ihrem Logo in dem Zusammenhang zu sehen bist und das zufällig im Hintergrund ein Stück aus dem Radio zu hören ist – hast du die Rechte dafür?

Was kann ich tun?

Sich eine Meinung bilden und diese den Parlamentariern unter die Nase reiben, vor allem denen, die FÜR diese Art der Filterung sind. Demokratie heißt nicht, zugucken, abwarten und lamentieren. „Ist mir doch egal, diese Internetriesen müssen endlich mal den Marsch geblasen bekommen!“ Letztendlich betrifft es jeden, auch die, die eigentlich geschützt werden sollten, nämlich die Kreativen und Medienschaffenden. Wenn Plattformen, die ihnen eigentlich den Weg zum Empfänger ebnen können, nun ihre Inhalte ablehnen, bekommt sie niemand zu sehen. Niemand kann sie teilen, verbreiten und darüber berichten. Und alles nur, weil es irgendwo ein Lizenzgeber tangiert.

Wer hat dann noch Lust irgendwas zu machen? Schon jetzt ist das Veröffentlichen im Internet ein Minenfeld aus Urheberrecht, Lizenzinhabern und Datenschutzverordnungen. FairUse und Remixkultur rücken damit in ein weit entferntes Universum. Mittlerweile rudern ja die Lobbyisten zurück, Bertelsmann, einer der größten Rechteinhaber Europas, scheint Stimmung gegen die Reform zu machen, wie der Spiegel berichtet.

Und auch wenn andere Probleme unserer Welt viel größer erscheinen, so sind es letztendlich solche Gesetze und Werkzeuge, die einen Umgang mit eben diesen Problemen im Internet unmöglich machen. Das Netz ist längst der Ort, an dem Demokratie gelebt wird. Das immer weiter zu reglementieren, zu kontrollieren und letztendlich zu filtern schadet jedem.

Zeichnet die Petition, die mittlerweile eine der größten Petitionen ist, die es in dieser Form gegeben hat. 4,7 Millionen Menschen haben bereits unterschrieben.

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