Vampyresque 2015 – Ein prägender und dunkelromantischer Literatursalon in Bristol

Manche Geschichten beginnen wie ein Witz. In diesem Falle: Treffen sich eine Saarländerin, die damals in Paris wohnte, mit einer Irin, die in Österreich lebt, am Münchner Flughafen, um gemeinsam nach England zu fliegen. Aber ganz ehrlich? Von einem Witz ist diese kleine Geschichte weit entfernt! Lasst mich euch mitnehmen, in meine Vergangenheit und begleitet mich auf eine Reise, die nunmehr 9 Jahre zurückliegt und zu einer Veranstaltung auf der britischen Insel führte, die ich mein Lebtag nicht vergessen werde.

Mein Name ist übrigens Méli und der meiner irischen Mitreisenden ist Shauna. Das Ziel unserer Reise war nicht wie in den 80er Jahren das Shopping Patchouli-Pilger-Reiseziel London, sondern die 190km von der Metropole entfernte Stadt Bristol. Der Grund: Ein schwarz romantischer Vampir-Literatur-Salon auf einem pittoresken Friedhof namens Arnos Vale mit dem klingenden Namen „Vampyresque„!

Schon Jahre zuvor hat mich Salonnière Ida Bara immer wieder zu ihren stetig zwischen UK und Deutschland wechselnden exklusiven Veranstaltungen eingeladen, doch irgendwas kam leider immer dazwischen. Um ehrlich zu sein, war es meistens das Geld, doch um sich einen Traum zu erfüllen, kann man ja auch so etwas total old school mäßiges machen: Sparen!

Im Sommer 2015, um genauer zu sein, am 16.6.2015 war es dann endlich so weit. Ich stieg in den Zug und fuhr erstmal nach München, wo mich am HBF meine Freundin Shauna, die ich bis dato nur online kannte, bereits erwartete. Es war nicht nur hinsichtlich der ganzen Reise und den geplanten Aktivitäten aufregend, sondern auch, dass wir zwei, die wir uns zuvor im Leben abseits einer Webcam noch nie gesehen hatten, überhaupt nicht wussten, ob das mit „uns“ überhaupt harmoniert oder wir uns schon am ersten Abend einig darüber werden, dass wir nach dem Urlaub getrennte Wege gehen.

Und wie es das Schicksal so wollte, war es nicht nur eine Online-Sympathie, sondern auch im echten Leben waren wir wie Seelenschwestern. Bis heute benenne ich meine Zeit mit Shauna als die beste Zeit in meinem Leben. Denn auch wenn schon vieles nach all den Jahren in der Erinnerung verblasst ist, mein Aufenthalt in Bristol ist so stark verankert, dass ich ihn bis ins kleinste Detail abrufen kann! Da ich mir aber vorgenommen habe, diesen Bericht nicht ganz ausufern zu lassen, nehme ich euch „nur“ gedanklich mit an den Tag des Sommersalons auf den Arnos Vale!

Vampyresque in einer blutroten Robe à l’Anglaise

Und was war das für ein Tag! Er begann etwas holprig und endete in einem Feuerwerk an Glücksgefühlen!

Zum Anlass der Vampyresque hatte ich mir damals schon Monate vorher eine Robe, angelehnt an eine „Robe à l’Anglaise“ des späten 18. Jahrhunderts aus blutroter Seide und schwarzen Taft entworfen, genäht und mit passenden Accessoires (die ich auch großteils selbst gemacht habe) vorbereitet.Vampyresque 2015

An diesem Punkt muss ich sagen, dass ich es zwar liebe solche Kleider anzuziehen, sie aber wirklich ungern an großen Veranstaltungen trage, weil da bin ich dann lieber eher unscheinbar und unentdeckt. Von daher war die Vampyresque mit ihren 25 Teilnehmern die perfekte Gelegenheit sich mal wieder in Schale zu schmeißen.

Voller Freude auf die kommenden Stunden rüschten meine Gefährtin und ich uns in unserer „Halle“ auf. Ich nannte sie jedenfalls so, denn unsere Unterkunft war ein Hostel mitten in Bristol. Ein richtig altes Haus mit einer Deckenhöhe in unserem Zimmer von unglaublichen 4,70m und 8 Betten, was trotz der Größe wirklich gemütlich war. Man muss dazu kurz die Anekdote einfügen, dass als wir ankamen uns die Dame, der das Hostel gehörte fragte, wieso wir für unsere 4 Nächte jeweils einen Überseekoffer mit uns schleppten. Als wir meinten, wir gingen auf eine Vampirveranstaltung meinte sie, dass sie da das perfekte Zimmer für uns Mädels hätte.

Mit meinem Kleid und den dazugehörigen Accessoires war alles in Ordnung, bis auf die Tatsache, dass ich meine Handschuhe vergessen hatte. Nur meine Haare, die ich mir über Nacht extra aufgewickelt hatte, hatten einen berühmten „Bad Hair Day“. Das hat mich kurz genervt, konnte aber die Stimmung und besonders die Vorfreude nicht trüben. Mit einem Taxi fuhren wir also in Richtung Friedhof. Auch hier hat unsere Hostel-Vermieterin wieder mitgedacht und uns ein Großraumtaxi bestellt, wofür ich mit meiner doch recht ausladenden Robe wirklich dankbar war.

Vampyresque auf dem Friedhof

Endlich angekommen wurde uns ein herzliches Willkommen zuteil und wir hatten kurz Zeit um uns einander vorzustellen. Die Gäste waren sowohl aus Deutschland wie auch aus England und ich hatte das Glück, schon einige der Anwesenden im Vorfeld durchs Internet gesprochen zu haben. Bevor wir in der Lage waren uns fest zu quatschen, ging es auch schon los: Mit einer Führung über die viktorianische Anlage und ihren Grabmalen und Gruften. Dabei wurde viel Wissenswertes an geschichtlichen Hintergründen vermittelt, gleichwohl auch interessante Informationen über die Kunsthistorik und Symbolik der Grabmale an sich.

Zurück am Treffpunkt gab es dann eine weitere Überraschung: Ein kleiner, schnuckeliger Trailer stand da. Mit veganen Cupcakes, Kaffee und heißer Schokolade. Während wir genüsslich diese Nettigkeiten genossen, kam eine Trauerkutsche gezogen von zwei rassigen, schwarzen Pferdeschönheiten auf uns zu getrabt. Was ein Anblick! Die majestätischen Tiere mit ihrem opulenten Kopfschmuck, der elegante Kutscher in seiner an die viktorianische Zeit erinnernde Kleidung und die gläserne, mit goldenem Prunk verzierte Kammer auf Rädern.

Vampyresque 2015

Es war einfach wunderschön anzusehen.

Alle Salongäste durften Erinnerungsfotos vor diesem Gefährt machen. Außerdem wurde der ganze Tag durch eine Fotografin begleitet, welche sowohl „auf Aufruf“, aber auch zu passenden Anlässen Momentaufnahmen eingefangen hat. Leider bin ich mir ihres Namens wegen nicht mehr so sicher (Kelly J. Photography?!) und da ich keine Bildrechte an den Fotos besitze, zeige ich euch als visuelle Unterstützung meiner Worte nur die von mir eigens (wahlweise auch von Shauna nach meinen Anweisungen) angefertigten Schnappschüsse.

Nachdem die Fotos im Kasten und wir frisch gestärkt waren, führte uns Ida in die Grabkapelle, welche festlich geschmückt war. Da standen lange Tafeln mit opulenten Blumengestecken, Kerzenleuchter, edel wirkenden Tellern, Besteck und Servietten, die einem mit ihrem Antlitz so blendeten, dass man getrost über die Klappstühle hinwegsehen konnte, die die Lokalität uns zur Verfügung gestellt hatte.

Vampyresque 2015

Bevor es aber erneut zum nächsten kulinarischen Highlight kam, las uns unsere Gastgeberin höchst selbst noch einen Part aus „Der kleine Vampir“ vor. Denn was wäre ein literarischer Salon, ohne auch nur einmal offiziell Vampir Schriftstücke mit einzubringen?
Um ehrlich zu sein, verlässt mich an dieser Stelle etwas die Erinnerung, da ich Idas Worten zwar lauschte, der Tag aber mit so vielen Reizen und Ereignissen gespickt war, dass ich mich an das, was eigentlich den Salon ausmacht, am wenigsten erinnere. Ich bin mir sicher, dass sie noch aus einem anderen Buch etwas vorgelesen hat, nichtsdestotrotz bleibt meine Erinnerung an dieser Stelle einfach geprägt von dem, was danach geschah.

Nach einer erneuten Pause kündigte unser Salonoberhaupt einen unserer Gäste an: Den amerikanischen Violinisten Paul Mercer. Übersee bekannt als Musiker des berühmten „Endless Night – New Orleans Vampire Ball“ welcher uns 30min lang in eine andere Welt entführte.

Bis heute habe ich noch ein kleines Andenken an ihn: Einen hölzernen Wirbel seiner Violine. Diesen halte ich in Ehren, denn immer, wenn ich mein Schmuckkästchen öffne und ihn sehe, bin ich sofort wieder mental in der kleinen Kapelle und erinnere mich daran, wie seine melancholische Melodie mich mit auf eine wundervolle musikalische Reise genommen hat.

Kaum war der Zauber verflogen, stand auch schon die nächste Aktivität an! Wie das so ist bei Mikro-Veranstaltungen: Man legt auch gerne mal selbst Hand an. Die Tische, Stühle, das Geschirr, die Blumen, alles musste weichen, damit wir genug Platz hatten, um unserer nächsten Aktivität nachzukommen: Einer Tanzstunde im Menuett-Tanz. Angeleitet durch zwei Seniorinnen, die ihren Spaß hatten, uns teilweise ziemlich unbegabten Schülerin (mich einbegriffen) innerhalb einer Stunde das Menuett nach „Tanz der Vampire“ beizubringen.

Ganz ehrlich, war jetzt nicht mein liebster Veranstaltungspunkt, aber hey, zumindest kann ich sagen, dass ich mal in einer kleinen Trauerkapelle unter Anleitung den „Tanz der Vampire“ gemimt hab 😂.

Zum Abschluss sammelten wir uns noch einmal unterm Nachthimmel und dort erhielten wir einen sehr interessanten Vortrag über die auf dem Arnos Vale beheimateten Fledermäuse.

Nun war es aber schon so spät, dass es für Shauna und mich kritisch wurde ein Taxi zu finden, dass uns zurück in unser Hostel brachte. Zum Glück hatte der Busfahrer des extra angemieteten Busses, der einen Großteil der Gesellschaft nach Bath fuhr, Mitleid mit uns beiden Krautvampiren und hat uns gemeinsam mit unserer Friedhofsclique zu unserem Hostel gebracht, wo wir nach dem Abrüschen erstmal selig in unser Bett gefallen sind.

Die weiteren zwei Tage in England waren gefüllt mit Freundschaft, Kultur und Entdeckung. Mit Momenten für die Ewigkeit, für die es aber jetzt nicht die Zeit und schon gar nicht der Ort ist darüber zu schreiben. Infolge der Vampyresque 2015 hatte ich noch zwei Mal danach die Chance einen Salon in Deutschland zu besuchen. Beide Veranstaltungen waren auch wunderschön, doch die für mich erste Vampyresque wird für mich unvergessen und unvergleichlich bleiben.

Ich hoffe jedenfalls, dass euch mein Erlebnis ein wenig Freude beim Lesen bereitet und euch die wenigen Bilder ein klitzekleines bisschen die Magie des Ortes vermitteln können. Vielleicht fühlt der ein oder andere sich auch ermutigt, selbst einmal Teil dieser wundervollen Veranstaltung zu werden oder etwas Ähnliches zu organisieren! Alles Liebe, eure Méli.

Gruft-Orakel September 2024: Auch Särge werde alt und runzelig

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Seit neuestem knarzt der Sargdeckel bei seinem Partner. Unser Sarg ist nicht besorgt darüber, dass der Deckel Geräusche macht, sondern über die Art und Weise, wie sein Gegenüber mit dieser Alterserscheinung umgeht. Für ihn ist klar, Holz altert, Scharniere rosten und letztendlich ist so ein Sarg ja nur ein Verfallsprodukt, das dazu bestimmt ist, in der Erde zu verrotten. Aber mit kalter Logik erntet man beim Gegenüber schnell eine ablehnende Haltung – und der Sargdeckel wird einem vor der Nase zugeschlagen. Alterserscheinungen sind ein wunder Punkt in der Beziehung der Särge. Dabei, so versichert er jedenfalls immer, haben alte Särge viel mehr Stil als frisch polierte und glatte Neuware. Ja, auch ein Sarg tritt ins Fettnäpfchen, das hat Autorin Alana Abendroth treffsicher zusammengefasst. Neidisch schaut er auf die Mitstreiter des Gruftorakels, von denen ja so einige unsterblich oder schon längst gestorben sind, was die Diskussionen um dieses Thema ja wahrscheinlich unnötig macht. Vielleicht schenkt er dem Partner ja eine vernünftige Aufarbeitung, mit abschleifen und neuer Holzpflege und macht damit aus dem Sarg eine gefragte Antiquität!

Gruft-Orakel September 2024 - Alana Abendroth
Gruft-Orakel September 2024 – Alana Abendrothwerkstatt der schiffsdiebe outlaws

 

 

 

 

2. Schwarzes Picknick am Obersee Bielefeld – Ein idyllischer Tag in schwarzbunter Gesellschaft

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Am Sonntag, dem 4. August, versammelten sich am Obersee in Bielefeld, unweit des Ausflugslokals „Seekrug“, etwa 40 Mitglieder der lokalen schwarzen Szene und Umgebung, um das zweite Schwarze Picknick zu feiern. Das Schwarze Picknick bietet eine seltene Gelegenheit, sich in ungezwungener Atmosphäre auszutauschen, jenseits von Tanzflächen und lauter Musik. Als Teil der Bielefelder Szene war ich natürlich auch vor Ort, habe mit der Ideengeberin Bettina gesprochen und möchte Euch nun einfach mal meine Eindrücke und Gedanken zu dieser wirklich schönen Idee schildern.

Ich gebe ehrlich zu, dass ich stets ein wenig wehmütig werde, wenn ich hier auf Spontis über gruftige Versammlungen aus vergangener Zeit lese. Veranstaltungen, die ohne ein besonderes Rahmenprogramm auskommen und bei denen sich einfach nur Szenegänger treffen und über Musik, Partys, Festivals, Goth und die Welt austauschen. Da wäre zum Beispiel das Treffen auf der Kölner Domplatte, welches ich selbst leider nie besuchte und nur von Spontis, sowie einigen wenigen Erzählungen in meinem Bekanntenkreis kenne.

Oder auch das Treffen auf der Tecklenburg in den frühen 90ern, das bereits stattfand, als ich noch nicht einmal wusste, dass es so etwas wie eine schwarze Szene überhaupt gibt. Solche Treffen und Veranstaltungen sind es, die mich in einer Zeit immer ein wenig wehmütig werden lassen, in der Veranstaltungen mit und für die schwarze Szene fast automatisch mit Events und Veranstaltungen in Verbindung gebracht werden, die mindestens eine Tanzfläche mit dazugehörigem DJ und Musik beinhalten sollten.

Umso begeisterter war ich, als ich durch Zufall erfuhr, dass ein schwarzes Picknick am Bielefelder Obersee angedacht war, welches sich im Grunde in diese fast ausgestorbene Tradition der Treffen ohne spezielles Rahmenprogramm einreiht. Und noch begeisterter bin ich nun, dass es sich auch in diesem Jahr wiederholte und ebenso positiv angenommen wurde wie bereits im letzten Jahr.

Macht Sonne albern?

Das Wetter am Sonntag hätte nach anfänglicher Skepsis aufgrund der vorherigen Wechselhaftigkeit kaum besser sein können. Bei angenehmen 20-25° Grad trafen meine Freundin und ich um etwa 12 Uhr am vereinbarten Treffpunkt ein und breiteten nach einem kurzen, aber herzlichen „Hallo!“ unsere Picknickdecke aus. Viele bekannte, aber auch neue Gesichter aus dem schwarzen Nachtleben der Bielefelder Szene waren bereits vor Ort, unterhielten sich oder tauschten mitgebrachte Leckereien aus.

Das Bild wurde überwiegend von der älteren Generation Gothics geprägt, die sich in mal mehr, mal weniger traditioneller Gewandung versammelt hatte. Insgesamt dürften nach groben Schätzungen zwischen 30 und 40 Leute (inklusive Nachzügler), teils mit Familie und/oder Hunden vor Ort gewesen sein. Sehr viel jüngere Gesichter waren dieses mal nur vereinzelt dabei, was neben dem Bekanntheitsgrad der Veranstaltung aber sicherlich auch damit zusammen hing, dass wir uns noch mitten in den Sommerferien NRWs befanden und viele daher lieber ihren Sommerurlaub außer Orts verbrachten.

All das hat dem Picknick aber keinerlei Abbruch getan, denn die Stimmung war großartig und die sich ergebenen Gespräche wie immer eine Bereicherung. Man tauschte sich über Musik, die laufende Festivalsaison, anstehende Konzerte oder Partys und allerlei privaten Erlebnissen aus, die man im Laufe der vergangenen Zeit mit und rund um das Szeneleben so erlebt hatte. Es wurde viel (ja, voll ungruftig. Ich weiß ^^) gelacht, gescherzt, alte Freundschaften wurden gepflegt und neue Bekanntschaften geknüpft. Kurzum: Es war ein gelungenes Event, das in seiner Einfachheit und Herzlichkeit überzeugte

Interview mit Picknick-Host Bettina

Bettina Picknick-Host BielefeldWie ich bereits erwähnt habe, habe ich mich natürlich auch noch kurz mit Bettina (als Ideengeberin) über das Picknick unterhalten. Dieses Gespräch möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten:

Graphiel: Wie kam es überhaupt zu der Idee zu diesem Picknick?

Bettina: Die Idee von dem Schwarzen Picknick stammt ursprünglich von mir. Über eine Freundin erfuhr ich von einem Event, welches seit etwa 2018 im Bünder Stadtgarten stattfindet. Dort treffen sich die Interessierten zum „weißen Picknick“, bei dem darauf wert gelegt wird, dass möglichst alles in Weiß gehalten wird. Ich fand die Idee interessant und dachte mir, dass wenn man sowas in Weiß machen kann, dann doch sicherlich auch in schwarz. Passt ja auch besser zu uns.

Und wie ging es von da aus weiter?

Den Gedanken habe ich ein paar Jahre mit mir herumgetragen, aber ich hatte keine rechte Idee wie man das verwirklichen kann. Irgendwann fiel mir dann ein, dass Steffi (die Organisatorin) durch ihre Arbeit bei Schwarzbrot Dark Events und mit fh-Event genug Erfahrungen im Organisieren von Veranstaltungen auch im größeren Stil hat und da habe ich sie dann einfach mal angeschrieben.

War es dann Steffi, die den Obersee als Veranstaltungsort ins Spiel brachte? Immerhin bietet er sich als bekanntes und, gut zu erreichendes und natürlich auch kostenloses Ausflugsziel in Bielefeld für so ein Picknick auch an.

Steffi hat mich gefragt, ob ich was dagegen habe, wenn die weitere Organisation über Schwarzbrot läuft und ja, dabei kam dann auch der Obersee ins Spiel. Es gab zwar verschiedene Überlegungen, aber uns war es halt auch wichtig Toiletten in der Nähe zu haben. Bei einem Treffen, was sich von 11 bis 18 Uhr erstreckte, ist das ja auch wichtig. Gerade für uns Damen.

Mein Fazit

Am Ende des Tages waren wir uns jedenfalls einig, dass es auch in diesem Jahr ein gelungenes Event für alle war und man es im nächsten Jahr unbedingt wiederholen wolle. Ich bleibe jedenfalls gespannt, denn die positive Resonanz lässt für mich keinen Zweifel daran, dass das Schwarze Picknick auch im nächsten Jahr wieder viele bekannte Gesichter und vielleicht auch einige neue an den Obersee locken wird.

Mera Luna 2024: Zu frühe Anreise mit dem Wohnmobil kostet 100€ Strafe

Kannst du dir nicht ausdenken. Wer am nächsten Wochenende zu früh mit dem Wohnmobil zum Mera Luna nach in Hildesheim anreist, soll 100€ Strafe bezahlen. Leider wird nicht angekündigt, was mit „zu früh kommen“ nun konkret gemeint ist. Ich habe keine Ahnung, was in der Vergangenheit dort vorgefallen ist, habe allerdings den Eindruck gewonnen, dass die Stadt Hildesheim Druck beim Veranstalter FK Skorpio ausgeübt hat. Ob man Gruftis in Wohnmobilen nicht mag?

In den vergangenen Jahren mussten wir feststellen, dass viele von euch beschlossen haben, schon früher (sehr viel früher) anzureisen. Diese „Zu-Früh-Anreise“ verursacht vollgeparkte Straßen sowie Verkehrsbeeinträchtigungen und löste eine Welle an Beschwerden bei der Stadt Hildesheim aus. Somit ist das mit einer Menge Ärger, einem deutlich erhöhtem Aufwand für uns und unser Personal, sondern auch mit wahnsinnigen Mehrkosten verbunden.

Wir sehen uns leider deshalb gezwungen, die zu frühe Anreise mit empfindlichen Geldstrafen von 100 EUR zu belegen!

Werbung für das Festival selbst ist an dieser Stelle überhaupt nicht mehr notwendig, denn das Festival ist bereits seit Wochen ausverkauft. Ein paar einsame Tagestickets für den Sonntag schlummern noch im Shop. Wer Angst hat, musikalisch auf der Bühne etwas zu verpassen, sollte einen Blick beim NDR riskieren, der während des Festivals einige Auftritte streamt.

Wir wünschen allen Besuchern ein regenfreies Festival-Wochenende mit tollen Live-Momenten und viel sozialem Austausch!

Gruft-Orakel August 2024: Geht ein Wiedergänger nach oder in Paris?

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Quelqu’un m’a dit…“ (Jemand hat mir gesagt,) der Wiedergänger solle nach Paris gehen, um mich dort im Stabhochsprung zu versuchen. Obwohl er ja ein „Gänger“ ist, kein Springer und vor allem kein Läufer, denn das muss man ja vor dem Absprung bekanntlich machen. Ich nehme es vorweg. Der Wiedergänger ist nicht gegangen und guckte sich gestern die 20km im olympischen Gehen im Fernsehen an. „Das ist sowieso der heimliche Knaller bei Olympia„, brabbelte er währenddessen, immer noch ein bisschen sauer, dass er laut Alana Abendroth unbedingt über eine Latte springen sollte. „Gehen ist unmenschlich hart!„, schreit er den Fernseher an. Er meint dieses Gehen, dass so gar nicht so simpelsten menschlichen Fortbewegung zu passen scheint. „Gehen ist Kunffffffssst!“ – Popcorn fliegt aus seinem überfüllten Mund gegen die Mattscheibe, während ein Ecuadorianer die verdiente Goldmedaille gewinnt. Gut gegangen!

 

 

 

 

 

Wochenschau: Klatsch und Tratsch stärken den Zusammenhalt

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Einfachste Erkenntnisse dominieren meinen persönlichen Rückblick auf die vergangenen Wochen. Corona ist noch nicht weg. Nach den Jahren der Pandemie, den Impfungen und Vorsichtmaßnahmen hat sich schnell wieder das „als-sei-nichts-gewesen“ Gefühl eingeschlichen. Doch Corona ist noch nicht weg. Zunächst habe ich mich von einem 2 Monate abgelaufenen Test an der Nase herumführen lassen, ein frischer Test brachte dann aber am nächsten Tag die 2-streifige Gewissheit, inklusiver ausgeprägter Symptome. In den Augen von Ehegrufti Orphi habe ich mich zwar angestellt, trotzdem hat man sich liebevoll um mich gesorgt. Ihr seid derweil sicher. Tastatur und Bildschirm übertragen keine Erreger und auch die nun folgende Wochenschau ist desinfiziert.

Goodbye Horses: The Many Lives of Q Lazzarus

Die in diesem Beitrag angekündigte Dokumentation scheint auf die Zielgerade eingebogen zu sein, denn das Kickstarter-Projekt war erfolgreich und der Trailer ist vielversprechend. „Q and I became extremely close during the making of the documentary, and Q narrated her entire life to me through stories that were dramatic, funny and moving, and at times even heartbreaking or shocking. We went through her entire music archive which had lain untouched for over 25 years, and digitized and copyrighted dozens of her songs.

Mera Luna 2024 – Ausverkaufte treffen sich beim NDR

Die Festivalsaison ist in vollem Gange und viele (vor allen Dingen große) Veranstaltungen profitieren davon, dass sich die Geldbörsen wieder langsam etwas voller anfühlen. Auch das Mera Luna, dass neben dem WGT in Leipzig zu den größten Festivals der schwarzen Szene zählt, ist ausverkauft. Anders als beim Treffen in Leipzig begeistern hier aber hauptsächlich bekannte und etablierte Bands das Publikum. Limitierte Tagestickets für 95€ pro Tag (!!!) sind noch zu haben, allerdings ohne Zeltplatz. Wer nicht kann oder will, kann wieder einige Konzerte beim NDR anschauen. Junge Erwachsene profitieren auch noch vom „Festival Pass“ des Bundes, dessen Budget zwar halbiert wurde, aber immer noch verfügbar ist.

Klatsch, Tratsch, Streitigkeiten und Gerüchte – Nur für den Zusammenhalt?

Woran es wohl liegt, dass man gerne dabei zuguckt, wenn Menschen sich streiten? Sensationslust? Schaulustigkeit? Nach einer Studie der britischen Dartmouth-Universität erfüllt Klatsch und Tratsch wichtige Aufgaben im Zusammenhalt von Gesellschaften. „Klatsch kann nützlich sein, weil er den Menschen hilft, durch die Erfahrungen anderer zu lernen, und ihnen dabei ermöglicht, einander näher zu kommen. Indem man Informationen mit anderen austauscht, ist Klatsch eine Möglichkeit, Beziehungen aufzubauen. Er beinhaltet Vertrauen und ermöglicht eine soziale Bindung, die durch weitere Kommunikation verstärkt wird.“ (Mehr Informationen beim SWR)

„Viele von uns sind Außenseiter“ – Amphi Festival 2024

Zum 18. mal hat das Amphi-Festival Fans der Szene nach Köln gelockt. Die meisten Besucher zeigte sich erfreut über die Veranstaltung am Kölner Tanzbrunnen, auf das schlechte Wetter, das für Samstag angekündigt war, sind viel gut vorbereitet gewesen. „Wettertechnisch gut vorbereitet hat sich auch Marco aus Wetzlar, er trägt einen Schlangenkopf-Schädel, der aus Schaumstoff nachgebaut und mit Klarlack versiegelt ist. Ein guter Schutz gegen den Regen. Und ein Zeichen seiner Zugehörigkeit zur „Wasteland-Szene“, erklärt er, während er die wuchtige Kopfbedeckung abnimmt und sein Gesicht zeigt. „Wir verwenden für die Kostüme nur das, was nach einem Atomkrieg übrigbleiben würde.“ Beispielsweise Knochen oder Münzen. Auf den Festivals suche er für solche Outfits immer wieder passende Kleinigkeiten zur Verzierung.“ Der Kölner Stadtanzeiger offenbart auf noch andere Geschichten.

Kanadischer 6000$ Gothic Traumgarten

Chloe Hurst hat mit der Verbreitung ihrer Garten-Ambitionen bei TikTok ein Stück vom Sommerloch schließen können, und es damit in zahlreiche Portale geschafft. Und weil die Welt dann doch ein riesiger Haufen schlechter Nachrichten bereithält, erfrischen diese kleinen Lichtblicke das Gemüt. Übrigens. Wer meint, 6000$ wären viel Geld für einen Garten, der sollte sich keinen Kleingarten anschaffen. (Sommerlochnews bei Fötus.de)

Gothic ist Geschichte – Piranha Bytes wird abgewickelt

Die Gerüchte halten sich schon länger, jetzt ist es amtlich: Piranha Bytes, das Spiele-Studio dass Anfang der 2000er dafür sorgte, dass „Gothic“ nicht nur die Bezeichnung für eine Musikrichtung war, sondern ein Rollenspiel, wird dichtgemacht.  „Die Büroräume sind leer, die Mitarbeiter:innen entlassen und wichtige ehemalige Köpfe von Piranha Bytes gehen eigene Wege und gründen ein neues Studio. Gothic 5 wird es damit wohl nie mehr geben, da die Markenrechte bei Embracer, beziehungsweise THQ Nordic bleiben, zu denen Piranha Bytes am Ende gehörte. Und ob diese Studios ein Interesse daran haben, die Reihe noch einmal aufleben zu lassen, ist fraglich.“ (Quelle: t3n) Ich glaube, legendär wurde Gothic allein durch den Auftritt von In Extreme im ersten Teil:

Keyboarder und Gittarist Andreas Catjar-Danielsson (Covenant) gestorben

Das ist eines der schwierigsten Dinge, die ich je schreiben musste. Der Tod als Konzept ist eine Sache, der Verlust eines geliebten Menschen ist etwas ganz anderes. Unser geliebter Freund und Kollege Andreas Catjar-Danielsson verließ diese Welt am frühen Morgen des 29. Juli 2024. Wir wussten, dass er seinen epischen Kampf gegen den Krebs verlieren würde, aber keiner von uns war auf den Schock vorbereitet, in dem wir uns gerade befinden.“ (Link zum ganzen Statement)

Joy Division Reimagined: 10 neue Videos zum Jubiläum des Albums „Unknown Pleasures“

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Heute würde Ian Curtis seinen 68. Geburtstag feiern. Der unter Epilepsie und Depressionen erkrankte Sänger der Band Joy Division nahm sich im Mai 1980 das Leben. Damals sprach man nicht über solche Dinge, sie wurden nicht diskutiert und Betroffene erhielten kaum Unterstützung. Stattdessen hat sich Curtis in seiner Musik vergraben und womöglich genau aus diesem Grund einer Verbindung zum ein oder anderen Hörer aufgebaut, die es sonst nicht gegeben hätte.

Zum 40. Jubiläum des Album „Unknown Pleasures“, das man 2019 feierte, hat man zu 9 Titeln des Albums ein neues Musikvideo gedreht. Unter dem Motto Joy Division Reimagined („neu gedacht“), versuchen eine Reihe namhafter Regisseure, dem Inhalt der Stücke eine eigene Bedeutung zu verleihen. Das Debütalbum der britischen Band, das im Juni 1979 erschien, zählt zu den wichtigsten Alben des Genres Post-Punk und markiert neben einigen anderen Alben einflussreicher Bands, die Geburtsstunde des Gothic-Rocks. Jetzt hatte das Album über 40 Jahre lang Zeit, Menschen nachhaltig zu beeinflussen und zu inspirieren. Mittlerweile spricht man über Depressionen und andere psychische Krankheiten viel offener. Ob sich das auch in den Videos zeigt?

Ich habe mir alle 10 Videos angesehen und sie mit meiner eigenen Interpretation verglichen. Natürlich habe ich dann auch jeweils meinen Senf dazugegeben. Logisch, ich hätte auch einfach meine Klappe halten können. Damit hätte ich mich wenigstens nicht in die Gefahr gebracht, mit Eurer Interpretation zu den einzelnen Songs zu kollidieren. Immerhin habe ich mich kurz gefasst und die Angriffsfläche minimiert. Fühlt Euch frei, mir zu widersprechen, beizupflichten oder was auch immer.

1 – Disorder

Leute, ich habe keine Ahnung, was die junge Dame, die sich da so lasziv im Pulsar CP1919 räkelt, für eine Mission verfolgt. Auf jeden Fall geht das voll an meiner Interpretation des Songs vorbei, der für mich von Ian Curtis Epilepsie handelt, der „Störung“ unter der junge Brite seit seiner Jugend litt. Ob es das Wort „Feeling“ ist, das den Regisseur dieses Stückes dazu inspiriert hat?

2 – Day of the Lords

Der staunende Kerl, der da mit engelsähnlicher Rückenbepflanzung durch Berlin wandert, wird offenbar mit zunehmender Strecke immer saurer und endet dann als Selbstdarsteller auf der Improbühne. Ich habe zwar nicht wirklich eine Idee davon, was Ian mit diesem Song meinte, ich weiß aber, dass dieses Video schick aussieht, aber am Song irgendwie völlig vorbeigeht.

3 – Candidate

Das Video beginnt wie eine Shampoo-Werbung. Die hübsche Rothaarige, die sich da losgelöst im Kreis dreht, hüpft, springt, tritt und boxt hat mit Sicherheit eine Interpretationsaufgabe bekommen, nur geht sie völlig am Gefühl des Songs vorbei, wie ich finde. Denn da wirkt Ian Curtis eigentlich sehr niedergeschlagen und kraftlos, von seinen Umständen und sich selbst erdrückt, anstatt kämpferisch und aufbegehrend. Also ich weiß nicht wirklich.

4 – Insight

Ein Lichtblick! Nicht nur, dass mir das Video künstlerisch sehr gefällt, auch komme ich gut mit seiner Botschaft klar, auch wenn die offensichtliche Bildsprache nicht zu passen scheint. Curtis soll mal gesagt haben, dass er sehr glücklich war, in einer Fabrik zu arbeiten, weil er so den ganzen Tag Zeit für seine Tagträume gehabt hat. „Insight“ passt dazu prima. Und das nicht nur, weil es in einer Fabrik beginnt.

5 – New Dawn Fades

Abgesehen vom Video ist der Song ein Höhepunkt auf dem Album „Unknown Pleasures“! Das Video hat eine schöne Bildsprache und passt für mich zu meiner Bedeutung des Songs, in dem es um die Gefühle nach einer Trennung zu gehen scheint. Curtis blickt zurück und merkt, wie falsch sich alles anfühlt. Er scheint darin zu erkennen, wie man aus Liebe die Unterschiede zu seinem Partner ignoriert und wie sie einen wieder einholen, wenn die Liebe langsam schwindet.

6 – She’s Lost Control

Gänsehaut Song! Tolles Video, irgendwie. Allerdings passt der Schauplatz so gar nicht zu meiner Erwartungshaltung eines britischen, kleinbürgerlichen Vororts. Der weitläufige Blick über die Skyline einer eindeutig amerikanische Stadt trübt mein Empfinden dann doch ein wenig. Anyway. She’s Lost Control handelt meiner Meinung nach von einem epileptischen Anfall und das Video passt irgendwie zum Song, auch wenn es nicht offensichtlich zur Thematik harmoniert. Es drückt jedenfalls gut aus, was Kontrollverlust bedeutet.

7 – Shadowplay

Schattenspiele? Ich habe mich immer schon gefragt, ob es genau das bedeutet. Nun ja, das Video geht für mich völlig an dem subjektiven Gefühl vorbei, das ich für den Song hege. Entfremdung, Hilflosigkeit und das Gefühl, etwas erreichen zu wollen, es aber nicht zu können. Vielleicht erzählt das Video davon, wie er nicht aus seiner Haut kann, sich anders zu fühlen, wie der Rest der Leute, die ihn umgibt. Das Video? Lief völlig an mir vorbei. Ein DJ und eine tanzende Menge? Also bitte. Ganz kurz, fast am Ende des Videos, könnte man von Entfremdung sprechen.

8 – Wilderness

Ja, hier greift die Bildsprache zunächst. Ein junger Mann spaziert durch verschiedene „Wildnisse“. Sie beginnt im Wald und endet auf einem regnerischen Rummelplatz. Das kann schon ganz schön wild sein. Dennoch bleibt es auch hier dem Song überlassen, mich zu packen, das Video schafft es nicht, auf gleichem Niveau zu rangieren.

9 – Interzone

Ein Kommentar zu dem Video bei Youtube bringt es auf den Punkt: „Das Video ist für die Leute, die sich ein Unknown Pleasures T-Shirt kaufen ohne eine Ahnung zu haben, wer Joy Division ist.“ Was haben wir da? Eine Superheldin (Wonderwoman?), Hollywood, andere Superhelden, Streit und Zank. Passt höchstens von der Schnittfolge zum Song und oberflächlich zum Text. Paranoia, Rebellion, Fremdsteuerung. Das kommt mir in den Sinn. Irgendwer schrieb, das sei eine Anlehnung an William S. Burroughs. Das ist mir aber zu intellektuell.

10 – I Remember Nothing

Ja tatsächlich fühle ich mich nach 9 Videos genau so. Ich kann mich an nichts erinnern, die Bilder der Videos verblassen einfach zum Gefühl der Musik. Das Video, in wunderschöner isländischer Kulisse, schießt Raketenartig am Song selbst vorbei. Möglicherweise dachte man bei „Violent“ daran, dass sich zwei Männer auf die Mappe kloppen und dann – mal in schwarz, mal in weiß – fast schon wieder zärtlich zueinander sind. Muss am Bart liegen. Am Song liegt es jedenfalls nicht. Ian Curtis lebte in seiner eigenen Welt, in seinen Tagträumen und verbrachte die Woche damit, der Welt zu entfliehen. Zwei Seelen in einem Körper, die jetzt wieder vereint werden sollten. Okay, wenn das mit bärtigen Ringern auf Island ausdrücken möchte, bitteschön.

 

Formel Goth – Rue Oberkampf, IAMX, Nino Sable, Clan of Xymox

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In „Fußball ist unser Leben“ parodiert das Sataninchen in dieser Ausgabe der „Formel Goth“ die aktuelle Europameisterschaft, obwohl der Traum – zumindest für die deutsche Mannschaft – ausgeträumt ist. Flexible Fußballfans sind bereits auf alternative Mannschaften umgeschwenkt, um noch bis zum Finale weiter fiebern zu können. Ich wurde „genötigt“ bei so einem Tippspiel mitzumachen, was ich allerdings nur gemacht habe, um zu beweisen, dass das wenig mit Wissen und viel mit Glück zu tun hat. So rangiere ich in der Rangliste mit rund 200 Arbeitskollegen aller europäischer Niederlassungen unserer Firma auf einem stabilen 39. Platz. Und ich habe keinen blassen Schimmer! Deswegen schnell wieder zurück zur Musik, da kenne ich mich ein bisschen besser aus. Oder doch nicht? Urteilt selbst.

Rue Oberkampf – Caméra

Die französisch klingende Band aus Bayern sind seit 2016 gemeinsam unterwegs. Julia de Jouy, Oliver Maier und Damien De-Vir waren zuvor als DJs tätig und habe sich glücklicherweise entschlossen, gute Musik zu machen. Was sie mit dem Tuchfabrikanten und Textildrucker Oberkampf und der nach ihm benannten Straße in Paris gemeinsam haben, bleibt allerdings nebulös. Der Name passt allerdings hervorragend, auf die elektronische und vom Cold-Wave inspirierte Musik, die mit ihren hypnotischen und oft mehrsprachigen Texten direkt in die Beine geht.

Nino Sable & Dos Asmund – Träum mit mir

Nino Sable schreibt seine Mails noch mit dem C64 – behauptet er zumindestens – und kommt aus Essen. Nach seiner durchaus fruchtbaren Zusammenarbeit mit Din-Tah Aeon, aus der die Band „Aeon Sable“ entstand, hat sich Nino jetzt andere musikalische Pfade eingeschlagen und ist jetzt deutlich elektronischer unterwegs. Tanzbar und eingängig präsentiert sich die Zusammenarbeit, textlich fühle ich mich an „Grauzone – Träume mit mir“ erinnert, allerdings ist bei Nino textlich noch Luft nach oben, wie ich finde. Für sein Video ist es durch seine Heimat, den Ruhrpott, gedüst und hat einige Impressionen gesammelt, was durchaus zum Song zu passen scheint. Die EP „The Deutsch“ hat durchaus noch einige Stücke mit Potenzial zu bieten. Einfach mal reinhören.

Sidewalks And Skeletons x Dollcore x CASHFORGOLD – Morphine

Eine Gemeinschaftsproduktion von gleich 3 Bands in einem Song – da frage ich mich immer, wie man eine solche Arbeit aufteilt. Das Endergebnis überzeugt allerdings meine Skepsis und schmuggelt sich in meine monatliche Playlist. CASHFORGOLD, eine amerikanische Singer/Songwriterin, steuerte offensichtlich den gehauchten Gesang bei, was „Dollcore“ letztendlich beigetragen hat, konnte ich nicht herausfinden – die klingen nämlich Solo genauso wie Sidewalks And Skeletons. Wenn einer mehr weiß, gerne in den Kommentaren davon erzählen.

IAMX – Neurosymphony

IAMX alias Chris Corner hat mit dem Video zu seinem Song „Neurosymphony“ wieder einmal ein Kunstwerk kreiert. Der Song stammt vom kommenden Album „‚Fault Lines²“, das am 30. August 2024 erscheinen soll. Das Video hat Corner selbst gedreht, gemischt und produziert. Er nutzt dabei KI-generierte Bilder und eine ganz gehörige Portion Kreativität und Talent, die neben seiner tollen Performance auch für abstrakte und fast hypnotische Bilder sorgen, die „Neurosymphony“ eine visuelle Tiefe geben, die wieder einmal einzigartig ist. Großartig! Allerdings ist mir die Obsession mit dem Butt-Plug dann doch ein wenig zu künstlerisch.

Clan Of Xymox – X-Odus

Der Clan Of Xymox hat nicht nur ein neues Album veröffentlicht, sondern auch gleich die Singleauskopplung „X-Odus“ mit entsprechendem Video. Das neue Album ist bereits das 18. Album der Band und liest sich in der Ankündigung blumiger, als es bei mir persönlich ankommt. „Wenn es keinen Ort mehr gibt, an den man sich wenden kann, wenn alle Hoffnung verloren zu sein scheint und die Welt uns mit einer weiteren bösen Nachricht biblischen Ausmaßes überschüttet, bleibt manchmal nur noch, der Musik zu erliegen. Zu diesem düsteren, faszinierenden Exodus in Richtung Katharsis.“ Nicht mein Fall, der neue Song.

The Frozen Autumn – Autosuggestion

Das Video ist zwar schon ein Jahr alt, ist mir aber trotzdem erst jüngst ins Auge gesprungen. „The Frozen Autumn“ sind seit 1993 ein Garant für Synthiepop mit dunklem Einschlag und haben sich 6 Jahre nach dem Album „The Fellow Traveller“ 2023 mit „The Shape of Things to Come“ eindrucksvoll zurückgemeldet und ihr 30-jähriges Bandjubiläum gefeiert. Seit 30 Jahren ein eindrucksvolles Beispiel für musikalische Kontinuität und Beständigkeit. Das kann auch in der Musikbranche für etwas Gutes stehen.

Sataninchen – Fußball ist unser Leben

Das teuflische Hoppeltier hat sich der kommenden Europameisterschaft, die am 14.06.2024 startete, thematisch angenommen und daraus ein Song gebastelt, die ich nicht unerwähnt lassen möchte, auch wenn „Metal“ eher im Feuilleton des Genre „Gothic“ stattfindet (Obacht! Hier könnte Satire versteckt sein), könnte man der ironischen Betrachtungsweise eines „Gute-Laune-Events“ durchaus eine gruftige Attitüde abgewinnen. Sataninchen schreibt dazu: „Songs mit dem eindeutigen Bezug zu Fußball sind thematisch eher profan und gerade in Zeiten kommerzieller Balla-Balla-Top-Events scheint ein Fußball-Metal-Song für die Metal-Szene ohnehin eine Provokation zu sein. Somit ist klar, dass sich der Meister des konzeptionellen Trashs dieser provokativen Herausforderung stellt.

Mode: Balenciaga und der typische Pikes-Walk

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Nobelmarke Balenciaga hat vor ein paar Tagen seine neue Herbstkollektion 2024 vorgestellt, über deren Präsentation ich gestolpert bin, ja stolpern musste. Dies ist übrigens eine modetypischer Beitrag. Oberflächlich. Subjektiv. Trivial. Wer sich lieber tiefgründigen und gruftigen Gedanken hingeben möchte, ist mit vielen anderen Beiträge besser beraten.

Ich stolperte also, allerdings nur subjektiv, denn in den ersten Augenblicken des Videos fesselten mich natürlich die modischen Karikaturen auf zwei Beinen, die da durch die Gegend schlurften. Und da war dann auch der Knackpunkt. Ich habe den Gang der Models erkannt, den typischen „Pikes-Walk“. Ihr kennt das. Mit superflachen und übertrieben spitzen Schuhen geht man so ein bisschen wie auf Eiern, vor allem, wenn die Spitze nicht ein bisschen nach oben angewinkelt sind. Sonst bleibt man mit der wertvollen Spitze irgendwo hängen und ruiniert sich die Pikes auf ewig. Auf genau solchen spitzen Schuhen laufen die Models, jedenfalls die männlichen. Dabei weiß ich gar nicht, ob das Pikes sind, denn übertrieben lange Hosen – die irgendwann mal in den 90ern modern waren – verdecken die uneingeschränkte Sicht. Den weiblichen Models hat man noch ultrahohe Absätzen drunter geschraubt, mit denen man sowieso wie auf Eiern geht.

Balenciaga, die extrem teure Klamotten und Schuhe in beachtlich großen Stückzahlen unter die Leute bringen, ist ja bekannt dafür, „gegen den Strom zu schwimmen“ und gerade unter einigen angesagten Influencern mit reichlich Kohle ist die französische Marke sehr beliebt. Dass Gothic – oder überhaupt Subkulturen – auf den Laufstegen der Welt immer wieder aufgegriffen wird, ist kein Geheimnis und mit Sicherheit auch keine Neuigkeit.

Aber es macht einen Heidenspaß dabei zuzusehen, in welche grotesken Formen wir bekannte Stilelemente aus 40 Jahren Gothic-Geschichte wiederfinden. „Alles nur geklaut“ würden die Prinzen singen, während das Publikum auf dieser Modenschau suggeriert bekommt, es sei der letzte Schrei, der da an ihnen vorbeistolziert. Vielleicht ist es auch der letzte Schrei, ich schreie jedenfalls nur, wenn ich die Preise der Klamotten sehe. Ich habe nämlich nach den Pikes gesucht, nicht weil ich sie mir kaufen wollte, sondern weil ich wissen wollte, wie die im Ganzen aussehen. Hab sie leider nicht gefunden. Dafür Turnschuhe in Clownsgröße für über 1000€. Wenn man mal nicht mehr weiß, wohin mit seiner Kohle.

„Klauen“ scheint bei der Nobelmarke jedenfalls zur Normalität zu gehören, wenn man diesem Artikel über einer Berliner Fashion-Studentin glaubt. Kulturelle Aneignung, die dem Konzern auch vorgeworfen wurde, halte ich persönlich für Unsinn. Macht doch „Mode“ genau das aus. Das Aufgreifen kultureller oder auch subkultureller Bekleidungsstile, um sie auf Laufstegen als Fashion zu verkaufen. Wie auch immer.

Jetzt genießen wir diese absurde Fashion-Show, machen uns über die „Designs“ lustig und lästern über sehr dünne Models, die Kleidung auf ihren fast schon surrealen Körpern präsentieren und dabei möglichst böse, gleichgültig und unbeteiligt gucken. Übrigens, die Hüte waren garantiert mal Lampenschirme bei IKEA!

Ehemaliger „Ratinger Hof“ in Düsseldorf schon wieder geschlossen

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Der Ratinger Hof, die Keimzelle des deutschen Punks, ist wieder einmal geschlossen. Eines der geschichtsträchtigsten Lokale der Düsseldorfer Altstadt hat sich zur Problem-Immobilie entwickelt, die nicht zur Ruhe zu kommen scheint. In einer aktuellen Ausgabe der Zeitung „Express“ fordert Punk-Veteran Rudi Esch, aus dem „Hof“ ein Punk-Museum zu machen.

Ende der 70er Jahren nutzen die Toten Hosen, die damals noch unter dem Namen „ZK“ auftraten, den Bierkeller des Ratinger Hofs, um zu proben und konnten sich auf der Bühne ihre ersten Sporen verdienen. Bands wie Mittagspause, Male, Din A Testbild und Fehlfarben inspirierten viele Besucher zum Gründen eigener Bands. So entstanden im Umfeld des Hofs Bands wie DAF (Deutsch-Amerikanische Freundschaft), Östro 430, Mania D oder auch der KFC (Kriminalität-Förderungs-Club). Die Nähe zur Düsseldorfer Kunstakademie sorgte für atemberaubende Symbiosen. So trafen sich die Bandmitglieder von „Kraftwerk“ auf ein Altbier mit Joseph Beuys oder Jörg Immendorff.

1989 endete die Ära des Ratinger Hofs unter der Macht einer Abrissbirne, die aus dem Geburtshaus des Düsseldorfer Punks ein Haufen Schutt macht. An selber Stelle entstand ein neues Gebäude mit einem neuen Club, das in der Nachfolge unterschiedliche Discotheken beherbergte, auch ein Technoclub wurde hier eine Zeit lang geführt. Das „Stone“, das 2003 die Räumlichkeiten übernahm, griff zwar die Idee der Livekonzerte wieder auf, wurde von den Fans nie als legitimes Erbe des Ratinger Hofs wahrgenommen.

2020 übernahm die Genossenschaft „Kulturbanausen“ den Club zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Mitten in der Pandemie versuchte man, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen und dem „Hof“ wieder zurück zur Punk-Tradition zu führen. Knapp drei Jahre später war der Traum ausgeträumt, die Genossenschaft meldet im April 2023 Insolvenz an.

Bereits im August 2023 übernahm dann Stanislava Balueva die Räumlichkeiten und nannte ihren Club schlicht und ergreifend „Hof“ und möchte mit ihrem Konzept „Zurück zu den Wurzeln“. Den Punk wieder zurück auf die Ratinger Straße bringen. Die Ruhrbarone berichten:

Stanislava Balueva will an diese Zeiten anknüpfen, ohne sie zu imitieren: „Was den Ratinger Hof ausmachte, war ja nicht der Punk, sondern dass er ein Zentrum war, in dem Kreative zusammenkamen, Bands gründeten und Netzwerke knüpften.“ Wie früher können heute Musiker wieder im Hof proben.

Vor ein paar Tagen endet allerdings auch die einjährige Reminiszenz unglücklich. Am 30. Juni 2024 schließt der Hof erneut. Der Besitzerin wurde der Untermietvertrag gekündigt und obwohl man bis zuletzt gehofft hat, den Hauptmietvertrag zu übernehmen, ist nun wieder einmal Schluss. Zum fünften mal. Wie es weitergehen wird, so ist in einem Statement auf der Homepage zu lesen, weiß man nicht genau. Man hofft allerdings, „dass der Geist und die Inspiration des Ortes weiterleben wird„.

In der aktuellen Ausgabe des Düsseldorfer „Express“ fordert nun Rudi Esch: „Macht aus dem Ratinger Hof das Deutsche Punkrock-Museum“, denn sowas gäbe es in Deutschland noch nicht. Der Düsseldorfer Express schreibt:

Natürlich müsste man hier die Düsseldorfer Punkmusik präsentieren – ohne »Die Toten Hosen« etwa geht das natürlich nicht. Aber es gibt auch etliche andere Bands aus dieser  Zeit, die unbedingt gezeigt werden müssten. Und es sollte ja ein deutsches Punkrock-Museum werden, deshalb müsste man natürlich auch Bands aus der ganzen Republik zeigen. Zu den »Ärzten« beispielsweise habe ich beste Beziehungen.“ Auch die Geschichte vor und nach dem Punk sollte ihren Platz finden: „Ganz früher war es eine Spießer-Kneipe, dann ein HippieTreffpunkt, bevor der Punk kam. Und danach ist sogar mal eine Techno-Disco daraus geworden. […] Eines steht für Esch aber auch fest: „Natürlich müsste es auch wieder Gastronomie geben – und eine kleine Bühne für Livemusik.“ Ein solches Museum gibt es in Deutschland nicht.

Hier noch eine Doku aus dem Jahr 2016 – Ob der Ratinger Hof das Potenzial zum Museum hat?