Wochenschau: Ein Halloween-Spezial mit allen Klischees!

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Halloween ist auf dem Vormarsch! Der Marktanteil dieses gesellschaftlichen Ereignisses ist in den letzten Jahren stetig gewachsen, das in den USA besondere Ausmaße annimmt. Die haben zwar Halloween nicht erfunden, es dafür aber zu jährlichen Großevent vermarktet. 73% der Amerikaner, so die Nation Retail Federation, nehmen in irgendeiner Form daran teil und versprechen, nach groben Schätzungen, rund 12 Milliarden Dollar dafür auszugeben. In Deutschland bekennen sich rund 13 Prozent der Bürger zum Reimport des ehemals keltischen Vorbilds und geben rund 480 Millionen Euro aus. Die statistisch beliebtesten Kostümen sind Spiderman für Kinder, Hexen für Erwachsene und Haustiere schmückt man am liebsten als Kürbis. Klingt komisch, ist aber so.

Apropos nachlesen. Bei Spontis haben wir uns in der Vergangenheit schon oft mit Halloween beschäftigt, ihr könnt ja gerne noch mal reinschauen und euch dazu mit unserer frischen Halloween-Playlist im Spontis-Radio berieseln lassen!

Halloween-Deko auf Maximalstufe | BoingBoing

Wie wir bereits gelesen haben, übertreiben die Amerikaner gerne, auch mit ihren Dekorationen zu Halloween: „Letztes Wochenende schien ein Haus in Glens Falls, New York, in Flammen zu stehen. Die Feuerwehr reagierte auf den „bestätigten Gebäudebrand“, der sich als eine Halloween-Vorführung herausstellte. Nach Angaben der Feuerwehrleute – die offenbar von der Vorführung beeindruckt und nicht von dem Fehlalarm frustriert waren – wurden die simulierten Flammen durch „zwei LED-Lichter, einen Kastenventilator, ein silbernes Tuch“ und eine Nebelmaschine erzeugt.

Aber auch wenn keine Feuerwehr ausrückt, um die Authentizität der Halloween-Dekoration zu verifizieren, ist die nächste Dekoration dann doch irgendwie übertrieben. Allerdings ist der Effekt, böse Geister abzuschrecken, hier möglicherweise besonders hoch.

Süß ist allerdings dann diese Idee, die Kinder zu erschrecken, die eigentlich nur Süßigkeiten „erpressen“ wollen.

Horror-Kino voller Gemetzel – Ein gutes Geschäft | Tagesspiegel

Geringe Ausgaben, hoher Gewinn. Grusel rechnet sich für die Filmstudios: „Gedreht wird an möglichst wenigen Orten oder Sets, weswegen viele Horrorfilme einen großen Teil ihrer Laufzeit in ein und demselben Spukhaus spielen. Teure Stars werden nicht verpflichtet, das überlässt man einem Konzern wie Disney, der Johnny Depp für „Fluch der Karibik 4“ auf dem Karrierehöhepunkt 55 Millionen US-Dollar gezahlt haben soll. Das sind ungefähr die Produktionskosten der kompletten neuen „Halloween“-Trilogie aus „Halloween“ (2018), „Halloween Kills“ und „Halloween Ends“.“ Aber auch die Kunst profitiert, weil im Horror-Genre den Filmemachern mehr Freiheiten zugestanden werden, da der Profitdruck nicht so groß ist.

Die gruseligsten Filme aller Zeiten | Kino.de

Ja, das ist wissenschaftlich belegt. Die Probanden haben sich, ausgerüstet mit einem elektronischen Pulsmesser, ausgesuchte Filme angeschaut. Je größer die Reaktion war, desto höher der „Scarescore“. Könnt ihr hier nachlesen. Die Plätze 1 bis 19 habe ich euch hier abfotografiert:

Auf der Grundlage dieser Liste hat man bei Kino.de man 11 gruselige Filme im Schnelldurchlauf zusammengestellt.

Baphomart – Der satanische Flohmarkt | Jason Atomic

Im Sommer 2015 hatte der Künstler Jason Atomic die Idee, das Festival of Dark Arts – Come to the Sabbath ins Leben zu rufen. Nach dem einwöchigen Festival fand der erste satanische Flohmarkt statt, dessen Ziel es war, Requisiten aus den Installationen zu verkaufen und auch ein paar Freunde einzuladen, ihren „seltsamen“ Trödel zu verkaufen. Jetzt findet der Flohmarkt 4-mal im Jahr statt. Zuletzt zu Samhain am 1. Oktober und das nächsten mal zu „AntiXmas“ am 10. Dezember 2023. Wenn ihr also zufällig in London seid…

Vampy Halloween Transformation | Toxic Tears

Fast hätte ich noch ein Klischee vergessen! Das obligatorische Schmink-Video zu Halloween. Diesmal von Toxic Tears:

Halloween-Goth-Nights

Beschwert euch nicht bei mir. Kaum ein Tempel der schwarzen Tanzfreuden, der nicht Halloween im Programm hat. Kultiges Halloween gibt es im Kulttempel Oberhausen, Gothic Halloween 2023 in der Sputnikhalle in Münster, Samhain mit Isla Ola und Die Tödin in Gelsenkirchen, Hell Nights Party on Halloween in Köln, Halloween. Düster. im Zentrum Altenberg in Oberhausen, The Insane Halloween Circus in Mülheim 

Erweitert die Liste gerne in den Kommentaren. Vielleicht trefft ihr Euch ja.

ARTE-Doku: Horror! Warum gruseln wir uns?

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Im Düsseldorfer Kunstpalast findet noch bis zum 21. Januar 2024 die Ausstellung „Tod und Teufel“ statt, die sich mit dem Thema Horror in künstlerischer Form auseinandersetzt. Sie zeigt, wie sich das Thema in der Gesellschaft manifestiert und versucht, dem „Grusel“ auf den Grund zu gehen. Wie einige Leser bereits wissen, haben wir die Ausstellung bereits zu Eröffnung besucht, wie man in Orphis Artikel ausführlich nachlesen kann. Bei ARTE kann man sich auch eine 30-minütigen Dokumentation anschauen, in der auch die Kuratorin der Ausstellung, Westrey Page, zu Wort kommt.

Eine abschließende Antwort auf die Frage „Warum gruseln wir uns?“ geben uns die Dokumentation und die interviewten Menschen allerdings nicht, jedenfalls keine eindeutige. Allerdings kommt Westrey Page zu einer interessanten Schlussfolgerung, nach dem sie sich nun intensiv mit allen Facetten des Horrors auseinandergesetzt hat.

Ich finde es besonders wichtig, dass wir uns Horror anschauen oder uns damit beschäftigen, in Zeiten wo echter Horror passiert. Eskapismus und schöne Kunstwerke helfen uns nicht weiter, wenn wir einfach weggucken. So ist der [künstlerische] Horror ein Mittel und zu trainieren, damit wir beim echten Horror genauer hinschauen können.

Die Augen vor der grausigen Realität, in der uns brutale Kriege in nie dagewesener Form multimedial präsentiert werden, zu verschließen, drängt uns in ein Schneckenhaus, in der wir uns von der Realität verstecken.

Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass der „Konsum von Horror“ uns nicht abstumpfen lässt, sondern die Wahrnehmung schärft und uns hilft, scharfe Grenzen zu ziehen. Möglicherweise braucht unser ethisches und moralisches Empfinden entsprechende Einflüsse, um sich auszuformen und zu festigen. Ich bin aber auch der Ansicht, dass es bei einigen Menschen tatsächlich zur einer „Abstumpfung“ führen kann, in der beispielsweise Gewalt zum adäquaten Mittel wird, seine Meinung zu vertreten.

Wie seht ihr das? Führt der Konsum von Horror, die Beschäftigung mit dem Tod und die Auseinandersetzung mit den düsteren Randbereichen des Lebens zu einer Abstumpfung? Oder ist ein natürlich Umgang damit ein Training, die Realität einzuordnen?

The Sisters Of Mercy auf Tour: Demontage einer Legende?

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Ich unterstelle, wir sind uns alle einig. Die Musik der Sisters of Mercy prägten den düsteren Sound unserer Subkultur wie kaum eine andere Band. Wenn die Hymnen der Nebelschwestern in dunklen Bächen aus den Lautsprechern strömen, ertrinken wir in wohlig warmer Melancholie. Aber machen wir uns nichts vor, auf der Jagd nach unserer verlorenen Jugend pilgern wir immer noch zu einer der schlechtesten Live-Bands, die seit über 30 Jahren mit den immer gleichen Songs auf der Bühne stehen.

Meistens jedenfalls. Manchmal sieht man sie vor lauter Bühnen-Nebel nicht oder findet Andrew Eldritch nur schemenhaft in der hintersten Ecke. Manchmal kommt er auch gar nicht auf die Bühne, wie jüngst in Köln oder Eldritch verlässt die selbige vorzeitig, wie kurz davor in Berlin. In vielen Fällen hinterlassen die Sisters of Mercy statt eines melancholischen 80er-Jahre Gefühls bittere Ernüchterung und enttäuschte Erwartungen. Von der „Demontage einer Kultband“ ist die Rede. Vielleicht ist es aber nur die Demontage unserer eigenen Idealvorstellung.

Der Gott meiner Melancholie

Was ich kann und was ich könnte
Weiß ich gar nicht mehr
Gib mir wieder etwas Schönes
Zieh mich auch dem Meer

Andrew Eldritch war in der 80er-Jahren mein Gott der Melancholie. Das gehauchte und lang gezogene „Marian“ zaubert auch heute noch eine gefühlvolle Gänsehaut auf meine Epidermis. Zusammen mit Patricia Morrison am Bass bei „This Corrosion“ prägte er einer Art Stereotyp des 80er-Jahre Goths. Der Sisters-Sound begeisterte nicht nur meinen inneren Grufti, sondern auch den Nerd, der sich vor allem mit dem Sound von „Dr. Avalanche“, dem Drumcomputer der Band, identifizieren konnte. Die drei Studioalben waren die musikalische Grufti-Bibel, Kassettenkopien der frühen Single „Adrenochrome“ wurden heiß gehandelt und an Brieffreunde in ganz Deutschland geschickt.

Singen konnte Andrew Eldritch allerdings nie so wirklich. Er bestach stets durch seine tiefe Stimme, die den Songs genau die Atmosphäre einhauchte, die man als Baby-Goth erwartete. Für mich damals die tollste Stimme der Welt. Live-Auftritte der Band waren damals unerschwinglich und als sie für mich erschwinglich wurden, lebten die Sister of Mercy bereits von ihrem musikalischen Erbe. Das war allerdings nicht schlimm, denn wir Fans bekamen, was wir Fans verlangten. Erinnerungen an eine unbeschwerte, aufregende und emotionale Jugend.

Solange man nicht auf die Bühne guckte, passte das auch. Auf dem Amphi 2012 erschien Eldritch in gewohnter Gleichgültigkeit und als visuelle Kopie von „Walter White“ aus Breaking Bad mit der üblichen Setlist. Einzig das Live gespielte Akustik-Cover von Lisa Cuthbert des Stückes „This Corrosion“ war eine willkommene Abwechslung.

Sowieso sollte man Eldritch stets als Kunstfigur romantisieren, rein menschlich soll er ein eher schwieriger Mensch sein. Wer beispielsweise die Biografie von Mark Andrews studiert, dem wird schnell klar, dass er weder etwas mit „Gothic“ etwas zu tun haben wollte und nicht viel Wert darauf legte, sich längerfristig mit anderen Musikern auf die Bühne oder ins Studio zu stellen. Arrogant, tyrannisch, selbstzerstörerisch. Vielleicht war es ja genau das, was ihn als Kunstfigur ausmachte. Der Song „I was wrong“ ist vielleicht ein Resultat aus diesen Zutaten.

Allerdings prallt diese Realität dann auf die Erwartungen vor der Bühne, wo sich Best-Ager mit und ohne Szenezugehörigkeitsmerkmale versammeln, um einen Blick auf ihre „Legende“ zu erhaschen. Doch die erwarten offensichtlich More, viel More – wenn man die Kommentare und Artikel der letzten Jahre überfliegt. Möglicherweise ist es aber auch die Idealvorstellung einer Kunstfigur, die mit dem Menschen Andrew Eldritch kollidiert. Ein älterer Herr, Mitte 60, der in einem offensichtlich bedenklichen Gesundheitszustand durch Europa tourt und mit nachlassender stimmlicher Atmosphäre höchstens noch schimmert, um möglicherweise für seinen Lebensunterhalt zu sorgen.

Es sei ihm gegönnt. Ich hoffe sehr, dass alle anderen Besucher der noch ausstehenden Konzerte auf ihre Kosten kommen und bin auf eure Gedanken gespannt.

Ich bleibe bei meinen Erinnerungen an die Zeit, in der ich die Musik von den Sisters als große Offenbarung empfand, schwer verknallt in Patricia Morrison war und auf den gehauchten Texten von Andrew Eldritch in die eigene Gefühlswelt eindringen konnte. Ich werde auch der Zeit hinterhertrauern, die Sisters Ende der 80er nie Live gesehen zu haben und verabschiede mich von der Utopie, das Gefühl von damals bei einem aktuellen Konzert der Band zu restaurieren.

 

Grufti, wo kaufst du ein? Neue Herbstkollektion „Dunkle Romantik“ bei H&M

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Für diesen Herbst gibt es beim schwedischen Textilriesen H&M wieder eine neue Modelinie, die sich von unserer liebsten Subkultur inspiriert zeigt. Unter dem Trend „Dunkle Romantik“ findet man Damenkleidung, um so ähnlich wie die Models auf dem Foto des Beitrags auszusehen. Und nein, dies ist keine Werbebeitrag für diese Marke, sondern der Artikel soll vielmehr in einer Frage münden: „Grufti, wo kaufst du ein?“

Wahrheiten des schwarzen Alltags

Gruftis tragen hauptsächlich schwarz, soviel ist klar. Klar ist auch, dass Klamotten von „Szene-Marken“, die dann unsere Vorstellungen von „Fashion“ eher entsprechen, das Mode-Budget schnell ausreizen. Selbermachen, aufwerten oder umarbeiten ist natürlich eine Alternative, kommt allerdings für die meisten textil-talentfreien Gruftis wie mich nicht in Frage. Die Schneiderin um die Ecke wäre eine Möglichkeit, allerdings arbeitet natürlich auch nicht umsonst. Und überhaupt, was ist denn die „Basics“ für den DIY-Trend? Es näht sich doch keiner ein T-Shirt, um es dann an den richtigen Stellen zu zerschneiden.

Letztendlich wirft das dann natürlich auch die Frage auf, was man im schwarzen Alltag trägt, wenn man weder im sündhaft teuren Rüschenrock, noch in den kunstvoll zerrissenen Strumpfhosen oder den gezielt durchlöcherten Pullis Getränke holen will oder die Kinder zur Oma bringt.

Also Hand aufs schwarze Herz, wir alle kaufen bei H&M, C&A oder Primark die Basis unseres schwarz-gekleideten Daseins.

Männer sind nicht romantisch

Umso dankbarer ist man dann natürlich, wenn die großen Modelabels dann auch noch auf die speziellen Bedürfnisse unseres Kleidungsstils eingehen und es so ermöglichen, für „kleines“ Geld ansprechende Outfits zu ermöglichen, die nicht erst noch aufwendig „aufgewertet“ werden müssen, sondern unserem Stil ähneln. So kannst du dir – gewürzt mit ein Paar Pikes – auch ein Samstag-Abend-Dress zusammenstellen.

H&M wirbt gerade mit dem „Gothic-Herbst“ und bringt unter dem Label „Dunkle Romantik“ zahlreiche Kleidungsstücke heraus, die „Barock und Neo-Noir, mit romantischen, opulenten Silhouetten, die sich mit Kunstleder-Looks und Denim mischen – inspiriert von den späten 1990ern.

Ernüchternd ist allerdings die Tatsache, dass H&M Männer für nicht romantisch zu halten scheint, denn dieser „Trend“ findet sich lediglich in der Damenkollektion. Die gehen diesen Herbst leer aus. Kluge Männer vergreifen sich natürlich schamlos an der Auswahl für Frauen, wenn denn der biologisch geprägte Körperbau entsprechendes „Cross-Dressing“ dann auch ermöglicht. Meine breiteren Schultern beenden die Kompatibilität leider am Hosenbund.

Es ist nicht alles schwarz, was glänzt!

Trotz steter Kritik an der zusammenhanglosen Verwendung von Bandlogos oder der Aneignung subkultureller Kleidungsstile wird niemand an beispielsweise dieser Jacke mit Joy Division Druck vorbeigelaufen sein.

Ein Blick in die schwarze Bekleidungsvergangenheit zeigt ja auch deutlich, dass Gruftis sich stets im Regal der etablierten Modemarken bedient haben, um einen schwarzen Style zu kreieren. Da wurde noch ein bisschen in Omas Kleiderschrank gewildert, um schwere Samtfummel zu finden, übertriebene Rüschenhemden oder Oberteile mit Spitze dazu kombiniert und fertig war die Subkultur. Erst zum Ende der 80er Jahre etablierten sich Szenemarken wie „Bogeys„, die dann verstärkt Kleidung auf den Markt brachte, die in Gothic-Kreise besonders gut ankam.

Vergessen wir für einen Augenblick exklusive Szene-Klamotten, eigene Nähkreationen oder dekorativ veränderte Basics. Für den untalentierten Grufti mit schmalem Geldbeutel bleibt das Forschen in Online-Katalogen der großen, mittelständischen und auch kleinen Kleidungshersteller ein Abenteuer. Da freut man sich immer ein bisschen, wenn man mit Mainstream-Kollektionen wie dieser, sein Repertoire aufbessern kann.

Mir ist bewusst, dass alles in einer solchen Werbeanzeige nach Verurteilung schreit. Aber darum soll es dieses Mal nicht gehen. Vielleicht schaffen wir es ja.

Mit welchen Basics bestreitet ihr den schwarzen Styling-Alltag? Bei welchen großen Marken und Versandhäusern findet ihr „Dunkelromatische“ Schätze? Mit welcher Strategie meistert ihr den Spagat zwischen Szene-Kleidung und schwarzes von der Stange? Bei welchen Kleidungsstücken stöberst Du auch schon mal beim anderen Geschlecht?

Gruft-Orakel Oktober 2023: Der Dämon überhört gekonnt

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Ja, auch ein Dämon hat Pflichten. Im Pausenraum der dämonischen Abteilung tummeln sich Spukdämonen, Naturdämonen, Schutzdämonen und Wahnsinnsdämonen während sie auf ihren nächsten Auftrag warten. Allerdings hassen Dämonen Pflichten und drücken sie ständig davor, den nächsten Auftrag, der über die Lautsprecher im Pausenraum ausgerufen wird, anzunehmen. „Ein Spukdämon bitte an Schalter 4!Alana Abendroths Dämon, der zufällig für die Abteilung Spuk arbeitet, hat diesen Monat die Kunst des „Überhörens“ verfeinert. Niemand mimt den Ausdruck „Sich nicht angesprochen fühlen“ so gekonnt wie er. So ist er der Einzige, der nach 8 Stunden im Pausenraum wieder unter seinen Stein kriecht, ohne jemanden gespukt zu haben. Ein Superfaulenzer!

Gruft-Orakel Oktober 2023 - Alana Abendroth

Leipziger Szenedisco „Dark Flower“ gerettet – Wiedereröffnung am 6. Oktober

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Es klingt wie eine Geschichte aus einem Märchenbuch für Gruftis. Als der Betreiber des „Dark Flower“ Marko Meyer Anfang Juli 2023 die Notbremse ziehen musste und die Schließung der Leipziger Szene-Discothek ankündigte, schien auch eines der letzten „Schwarzen Wohnzimmer“ für einheimische Gruftis verloren. Jetzt hat allerdings ein Stammgast für eine erstaunliche Wendung gesorgt.

Nach seiner Ankündigung, den Leipziger Szene-Club „Dark Flower“ Ende Juli schließen zu müssen, gab es einige Interessanten, die an einer Übernahme interessiert waren. Leider, so Marko Meyer gegenüber der LVZ, waren alle Gespräche nicht zielführend. So feierte der Club Ende Juli eine Abschiedsparty, als Verabschiedung von der Leipziger Club-Bühne. Auch der 46-jährige Stammgast Alexander Herbig war dabei und machte ein verwegenes Angebot.

Bei der Abschiedsparty Ende Juli sah Alexander Herbig Tränen in vielen Augen, auch er selbst hatte eine im Knopfloch. „Das darf einfach nicht zu Ende sein“, sagte er sich – im Wissen darum, dass der bisherige Betreiber Meyer in diesem Frühsommer die Schließung verkündet hatte – wegen finanzieller Schwierigkeiten. Der DJane gegenüber signalisierte Herbig, dass er sich vorstellen könne, den Club zu übernehmen. Woraufhin ihn die Frau an den Turntables fragte, wie viel er schon getrunken habe.

Eigentlich hätte er über ein Eigenheim nachgedacht, allerdings scheint ihm das „Dark Flower“ so ans Herz gewachsen zu sein, dass der die Pläne für das eigene Haus verwarf und sich entschied, das Dark Flower zu übernehmen.

2008 zog der gebürtige Karlsruher nach Leipzig, um dem Wave-Gotik-Treffen, zu dem er regelmäßig anreiste, ein Stückchen näher zu sein.

Wiedereröffnung am 6. Oktober 2023

Anfang Oktober soll die kurze Durststrecke ohne die beliebte Diskothek enden. Der Termin ist nicht zufällig gewählt, denn am Abend spielen die Sisters of Mercy im Haus Auensee. Im Club selbst gab es nur kleine Veränderungen. Ein neuer Anstrich, aktualisierte Technik, reparierte Lüftung. Auch das Thekenpersonal bleibt gleich, der ehemalige Betreiber Marko Meyer will dem neuen Chef noch ein wenig mit Rat und Tat zur Seite stehen, bevor er sich neuen Aufgaben widmet.

So bleibt der Leipziger Innenstadt zumindest ein schwarzes Herz erhalten, auch wenn Alexander Herbig ein paar musikalische Genre mehr bedienen möchte. „Im Kern bleiben wir schwarz, wollen aber auch für andere Richtungen offen sein, warum nicht beispielsweise Hillbilly oder Hardrock?

Offensichtlich ist das Dark Flower dem Clubsterben in der schwarzen Szene durch eine überraschende Wendung entgangen. Fraglich bleibt natürlich, ob sich der Club, der kurz vor der Insolvenz stand, durch einen neuen Betreiber wirtschaftlicher präsentieren kann. Am Eintrittpreis ändert sich jedenfalls nicht, der bleibt bei sechs Euro.

Wir wünschen dem Leipziger „Dark Flower“ eine aufregende Wiedergeburt und ein langes, zweites Leben! Auf der Facebook-Seite des Clubs gibt es schon mal ein kurzes Video mit dem neuen Logo zu sehen.

Das neue Logo des Dark Flower in Leipzig

Leserbriefe: Schutzräume im rosarot-gold-weißen Strom der Massen

In meinem letzten Artikel zur Marens Leserbrief hatte ich angekündigt, die Geschichte weiterzuerzählen. Ich war Maren also eine Antwort schuldig geblieben, in der ich ihr erklären wollte, warum wir unsere Schutzräume in Gefahr sehen und woraus das Gefühl wächst, sich erneut abzugrenzen. Eine ausführliche Antwort ließ nicht lange auf sich warten und Maren hat unter anderem nahe gebracht, wie schwierig es ist, als Einzelgänger Schutzräume zu wahren.

Liebe Maren,

vielen Dank für deinen ausführlichen Einblick in deine Beziehung mit „Goth“. Du darfst den Wunsch nach Abgrenzung, den Du im Tenor unserer Diskussionen wahrgenommen hast, nicht zu oberflächlich sehen. Auch wir möchten uns nicht „bewusst“ abgrenzen oder aktiv gegen eine Vereinnahmung rebellieren, wir grenzen uns allein schon deshalb ab, weil wir genau so empfinden wie du. „Gemeinsamer Schmerz“ hast du es genannt.

Das, was du als Wunsch nach Abgrenzung – im Sinne von „dazugehören“ – interpretierst, resultiert daraus, dass einige von uns ihre Schutzräume, die in den letzten Jahrzehnten gewachsen sind, in Gefahr sehen. Zugegeben, in den 80er gab es solche Schutzräume noch nicht, da hat man – wie du schreibst – mitgenommen, was geboten wurde und sich eher „innerlich“ abgegrenzt. In der Zwischenzeit haben sich allerdings Refugien gebildet, die eine physische Abgrenzung ermöglichten. Goth-Discos, Goth-Festivals, Goth-Treffen. Die bröckeln unserer Meinung nach jetzt weg und werden vom „Mainstream“ infiltriert. Das zerstört für einige die Atmosphäre und grenzt in einem Wunsch nach erneuter Abgrenzung. Ich will mich da nicht ausnehmen.

Letztendlich sind das aber Befindlichkeiten, die du als Tenor wahrgenommen haben könntest, die aber meist in der Erkenntnis münden, dass wir uns „innerlich“ immer noch genauso abgrenzen, wie du es auch empfindest. Ich find’s auch manchmal schade, dass wir dann in diesen Befindlichkeiten ertrinken, auch wenn ich mich manchmal genauso fühle.

Marens Schutzräume

“Can you give me sanctuary, I do need a place to hide, a place for me to hide.“

Schutzräume, die eine Rückzugsmöglichkeit aus einer lärmenden, sinnentleerten Oberflächlichkeit bieten, die einem erlauben unter Gleichgesinnten zu existieren, ohne befremdet angesehen zu werden, Schutzräume, die Sicherheit vor Anmache bieten, sind besonders für diejenigen wichtig, die sich nicht im rosarot-gold-weißen Strom der Massen vom allgemeinen Wohlgefühl mit treiben lassen können oder wollen.

Schutzräume, die euch eine physische Abgrenzung vor diesen Massen erlauben, drohen, wie du sagst, wegzubrechen, lieber Robert, und die Sorge um deren Bewahrung und daher auch den Unmut über Eindringlinge, die durch ihr Auftreten und ihr Äußeres zu diesem Wegbröckeln beitragen, kann ich verstehen.

Auch ich finde es, gelinde gesagt, befremdlich, wenn ich höre oder lese, dass Menschen auf einem schwarzen Festival nachts Schlager hören, im Hawaiihemd herumlaufen oder sich sinnlos betrinken. Wie ich dir bereits gesagt habe, stören auch mich feiernde Möchtegern Freaks auf dem Pere-Lachaise, und Doors Tribute Bands tue ich mir nicht an, weil deren Sänger weder stimmlich noch durch Bewegung auch nur einen Hauch von Jimmys Tanz am Abgrund wiedergeben könnten.

Außerhalb der Szene als Einzelgänger die geeigneten Schutzräume zu finden, halte ich allerdings für bedeutend schwerer. Es gibt sie zwar, aber sie sind anders beschaffen und oft nur temporär und sehr fragil. Da kein Türsteher über sie wacht, können sie durch das Betreten einer einzigen Person ihre Funktion als Schutzraum verlieren. Man muss sich einen neuen Schutzraum suchen oder erschaffen. Auch ist es nicht immer ganz einfach, Menschen zu erkennen, mit denen ich einen Schutzraum teilen kann oder die mir einen solchen gewähren, und es ist auch nicht ganz ungefährlich. Hier ist ein gutes Urteilsvermögen gefragt, um zwischen “good-weird“, “weird-weird“ und “bad-weird“ zu unterscheiden. Einen ganz besonderen temporären Schutzraum habe ich einmal für einen Tag in einem besetzten Haus in London Brixton gefunden, wohin ich einem Straßenmusiker auf Einladung gefolgt war, dessen Lieblingsband übrigens die Doors waren, der sich jedoch aus Respekt vor Jim nicht an deren Songs vergriff.

Neben den Schutzräumen, die ich mit Menschen teile, denen ich ungefiltert begegnen kann, spielt die Natur bei der physischen Abgrenzung für mich eine wichtige Rolle, zumal ich in einer Gegend „hinter dem Mond“ aufgewachsen bin und jetzt auch wieder hinter selbigem lebe. Da wäre ein passender Club als Schutzraum mit Türsteher ohnehin eher eine theoretische Option.

Come with me into the trees…

“Come with me into the trees …“ Für mich wurde in den Zeilen dieses Songs der Wald als Schutzraum und Rückzugsort vor all den Dingen geschildert, die unsere Emotionen zu ersticken drohen, als Ort, wo wir uns ungefiltert begegnen können.

Aber selbst ein erhabener Schutzraum wie der Wald kann Gefahr laufen, infiltriert zu werden. Dies war während Corona deutlich zu spüren, als plötzlich Krethi und Plethi aus Langeweile dort in Scharen herumtrampelten.

Auch wenn sich dies wieder gebessert hat, ist trotzdem die Nacht der beste Zeitpunkt, um diesen Rückzugsort für sich in Anspruch zu nehmen.

Und sollte eine physische Abgrenzung gar nicht möglich sein, bleiben die Kopfhörer, die einem erlauben, sein eigenes Universum zu betreten.

Obwohl ich dir, wie ich hoffentlich darlegen konnte, gut folgen kann und ähnlich empfinde, Robert, bin ich dennoch der Meinung, dass Abgrenzung die Gefahr birgt, dass ich aus Angst, dass mein Schutzraum verletzt wird, ein wertvolles Gegenüber nicht wahrnehme. Da die Welt nicht gerade überbevölkert mit Individuen der Kategorie „good-weird“ ist, bedeutet dies dann einen wirklichen Verlust. Ich habe für dieses Problem weder für mich eine perfekte Lösung noch nehme ich mir heraus, anderen eine zu unterbreiten, möchte es aber dennoch ins Bewusstsein rücken.

In der Vorfreude auf kürzer werdende Tage und einen wunderschönen nebligen November.

Tod und Teufel – Warum mich die Ausstellung erst enttäuscht und dann begeistert hat

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Ich bin der Horror für jede Kuratorin – um mal direkt mit dem richtigen Bild in den Text zu fallen. Ich kann mich im öffentlichen Raum nicht gut auf Kunst oder Kultur konzentrieren, bin ungeduldig, nehme hastig Atmosphäre auf, schnappe mir „Augenblicke“, um sie dann in meine Höhle zu tragen und genauer zu betrachten.

Ein Screenshot des Buchs

Oder um es weniger malerisch auszudrücken: Bei der Vernissage waren viele Leute anwesend, man hat uns gefilmt, ich fühlte mich beobachtet und getrieben. Deshalb bin ich sehr froh, dass es ein dickes und ziemlich großartiges Buch zur Ausstellung „Tod und Teufel“ im Düsseldorfer Kunstpalast gibt, zu deren Eröffnung wir eingeladen waren, weil Robert mitgewirkt hat. Er hat für den Bereich „Goth“ ein Interview gegeben. Wer sich dafür interessiert, was der Wizard of Goth zum Besten gegeben hat, darf sich aufs diesjährige Spontis-Magazin freuen, das gegen Ende des Jahres erscheinen wird. Darin ist das Interview in ungekürzter Form abgedruckt. Warum sich darüber hinaus der Kauf des Begleitbuchs zur Ausstellung lohnt, lest Ihr weiter unten.

Tod und Teufel – Der erste Eindruck

Eine Geisterbahn direkt vor dem Kunstpalast
Eine Geisterbahn direkt vor dem Kunstpalast

Vorm Kunstpalast in Düsseldorf – einem beeindruckenden Bau – ist eine Geisterbahn aufgebaut. Das Wasser im Brunnen vorm Haus schimmert rot. Bei mir schleicht sich dieses unangenehme Kommerz-Kirmes-Gefühl ein, das ich auch beim WGT oft spüre. Erwartet mich hier Oberflächlichkeit statt Tiefe?

Im Eingangsbereich der Ausstellung verstärkt sich der Eindruck, denn im Museumsshop wird Gothic- und Gruselkitsch angeboten, den ich schon tausendfach auf Märkten oder im Internet gesehen habe. Das Angebot reicht von Sarg-Seife über Totenkopfschmuck bis zu einer Mode-Kollektion des Sponsors, die mit „gruseligen“ Motiven spielt.

„Killstar wäre authentischer gewesen“, geht es mir durch den Kopf, aber ich sage mir, dass ich mich als Grufti in einer Mainstream-Umgebung bewege. Die Sicht auf „Tod und Teufel“ fällt da wahrscheinlich zwangsläufig anders aus. Noch fühle ich mich der ganzen Sache inhaltlich überlegen. Gönnt mir die paar Stunden Überheblichkeit. Sie werden bald schon großem Respekt weichen…

Tod und Teufel – Die Ausstellung

Nach einer kleinen Rede zur Begrüßung geht es in die „düsteren Hallen“, so denke ich jedenfalls. Ich hätte die Ausstellung adäquat im Keller erwartet – Underground, Abgründe, Tiefe, Schmutz – aber es geht die Treppe hoch. Ich erwarte ein schauriges Ambiente, denn ich glaube aus irgendeinem Grund, dass das passend wäre… Kälte, akustische Effekte, Einsamkeit, Angst, irgendwas, das die Besucher in „Horror-Tod-Teufel“-Stimmung versetzt. Aber es hängen und stehen nur Ausstellungsstücke in den Räumen. Teils beeindruckend groß und toll inszeniert, aber eben nicht „gruselig“ oder „düster“.

Auch die Exponate selbst schockieren mich nicht. Die Hälfte sieht aus wie unsere Deko zuhause, die andere Hälfte ist auch eher unspektakulär. Plakate von Filmen wie Wednesday, Dracula, The Rocky Horror Picture Show oder The Crow. Schallplatten-Cover von Bands wie Megadeth, Warlock oder Billie Eilish.

Gothics im Kunstpalast
Gothics im Kunstpalast

In einem Raum hängen überdimensional große Bilder von Gruftis an der Wand. Für uns natürlich kein ungewöhnlicher Anblick. Ich frage mich, warum man nicht wenigstens Personen genommen hat, die „tödlicher“ aussehen. Die neue deutsche Todeskunst hat ja diverse Anhänger mit entsprechendem Outfit hervorgebracht. Und selbst die Waver der ersten Stunde sahen düsterer aus.

Man sieht Vitrinen mit Mode, die „schaurig“ inspiriert ist. Teilweise sind wirklich schöne Stücke dabei, mit denen man – zumindest auf dem Viktorianischen Picknick – als Grufti durchgehen könnte. Wahrer Horror wäre es wohl, auf den ausgestellten Schuhen laufen zu müssen. In einem anderen Raum werden alte Gruselfilme wie Nosferatu oder Frankenstein gezeigt. Kennt man ja von Grufti-Partys, denn da laufen die alten Schinken auch ständig im Hintergrund.

Wirklich fasziniert bin ich von den Ölgemälden in der Ausstellung, aber mit dieser Art von Kunst bekommt man mich immer. Ölgemälde mit romantisch-düsterer Ausstrahlung streicheln meine Seele und rufen bei mir große Bewunderung hervor. Alle anderen Ölgemälde eigentlich auch.

Eine Leiche liegt zugedeckt auf dem Boden

Der „Tote“, der in einem anderen Raum auf dem Boden liegt, lässt mich innerlich zusammenzucken. An der Wand steht „Somebody“ – geschrieben mit der Asche eines Toten. Ja, das ist der Tod – nicht romantisiert! Ein guter Ausstellungsraum, der Unbehagen weckt, wie ich finde.

Es gibt noch einige Exponate mehr, auf die ich aber nur kurze Blicke werfe. Bilder von Speisen, abgehängte Fleischteile, ein verwüsteter Wohnraum, ein überdimensionaler Songtext, … ich bin enttäuscht. Das ist jetzt das, was der Mainstream unter Horror, Tod und Teufel versteht? Ist davon irgendwer schockiert? Ganz schön oberflächlich!

Wie sich herausstellen sollte, war nur ich es, die oberflächlich war…

Ich habe der Ausstellung keine Zeit gegeben! Ich habe keine Begleittexte gelesen und nur flüchtige Blicke auf die Exponate geworfen. Für Leute wie mich ist das Buch zur Ausstellung superwichtig. Ich brauche mein Zimmer und meine Ruhe, um Kunst wirklich an mich heranzulassen. Bitte seht diese Erklärung als Entschuldigung für meine anfängliche Enttäuschung. Ich beschreibe sie deshalb, weil es anderen vielleicht auch so geht und weil die Ausstellung einen zweiten und einen dritten Blick verdient hat. Meiner Meinung nach funktioniert „einfach wirken lassen“ hier nicht.

Tod und Teufel – Das Buch zur Ausstellung

Der Kunstpalast in Düsseldorf ist ein bekanntes und renommiertes Haus. Kuratorin Westrey Page ist nicht nur sehr, sehr, sehr sympathisch, sie hat auch zwei Jahre lang an der Ausstellung gearbeitet. Warum ist dabei etwas herausgekommen, das so oberflächlich auf mich wirkt? Tod, Teufel, Horror, Schauer – es war von allem etwas zu sehen, aber nichts davon war wirklich überraschend oder gar besonders künstlerisch (bis auf die Gemälde!). Kann es sein, dass da ein Mainstream-Mensch seine Vorliebe fürs Düstere entdeckt hat und wie ein Anfänger durchs Dunkle getappt ist? Das war die Frage, die mich mit dem Buch zur Ausstellung aufs Sofa trieb.

Es dauerte keine zehn Seiten und ich war mir sicher: Westrey Page hat weit mehr zusammengetragen als ein paar oberflächliche Exponate. Das Buch zur Ausstellung ist das beste Buch, dass ich je über die Schwarze Szene gelesen habe, obwohl es gar nicht explizit um diese geht. Der Kern der Gothic-Subkultur – abseits der Musik – und all das, mit dem wir uns so gerne beschäftigen, ist hier erfasst und auf den Punkt gebracht worden.

Schon in der Einführung wird die SatanCon in Boston vorgestellt, die „religiösen Fanatismus und Heuchelei in der Gesetzgebung“ anprangert. Denn die hochgelobte Religionsfreiheit bevorzugt in den Vereinigten Staaten – und vermutlich nicht nur da – eindeutig das Christentum. Der Horror wird geschichtlich betrachtet und schließlich zum „Gegensatz der Schönheit“, zum Gegenspieler des Angenehmen. Es wird John Miltons Gedicht „Das verlorene Paradies“ ebenso erwähnt wie „The Castle of Otranto“ von Horace Walpole. Der Basler Totentanz wird vorgestellt, genau wie der „Memento Mori“-Gedanke . Die Romantisierung des Todes wird beschrieben, genau wie die Angst der Gesellschaft vor dem Tod. Das Morbide wird zur rebellischen Ausdrucksform. Vom Make-up über Musik und Ästhetik arbeitet sich der Text bis in unsere Zeit vor. Es ist nicht möglich, die Inhalte des Buchs in Gänze in dieser Rezension wiederzugeben, deshalb sollen die paar Stichworte genügen. Und ich lege noch ein paar Überschriften drauf, die im Buch durch die Ausstellung führen:

  • Zur Vorgeschichte des Horrors in den Bildmedien
  • Horror in der zeitgenössischen Kultur
  • Interview mit Sam Dunn zum Thema „Musik“
  • Interview mit Robert Eggers zum Thema „Film“
  • Interview mit Robert Forst zum Thema „Goth“
  • Interview mit Gareth Pugh zum Thema „Mode“
  • Interview mit Via Lewandowsky zum Thema „Kunst“
  • Interview mit King Cobra zum Thema „Kunst“

Tod und Teufel – Ein zweiter Blick

Nach dem Genuss der Informationen zur Ausstellung und zum Thema, betrachte ich die Ausstellungsstücke noch einmal – diesmal als Fotos im Buch. Ich entdecke Details, die mir vor Ort nicht aufgefallen sind. Ich kannte die Geschichte hinter der ausgestellten Totenmaske nicht. Ich hatte nie auch nur fünf Minuten über das Video zu „Born This Way“ von Lady Gaga nachgedacht. Der Film „The Babadook“ war mir gar nicht bekannt. Auch wusste ich nicht, dass der Babadook heute eine queere Ikone ist, oder dass das Monster in Frankenstein als queeres Motiv diente. Dass Königin Victoria nach dem Tod ihres Mannes 40 Jahre lang Trauer trug, war mir bekannt. Das Trauerkleid von 1884 in der Ausstellung habe ich nur aus dem Augenwinkel gesehen. Die Bilder der Speisen, die an der Wand hingen, zeigten übrigens Henkersmahlzeiten. Und und und…

Tipp: Ach ja.. die Geisterbahn. Sie ist auch für Kirmes-Muffel eine Fahrt wert. Sie spielt mit Exponaten der Ausstellung:

Tod und Teufel – Fazit

Die Ausstellung ist großartig, wenn man sie richtig betrachtet. Sie ist keine spektakuläre Horror-Tod-Teufel-Show und – sorry – für unsereins sicher auch nicht schaurig, aber hinter jedem Exponat steckt Geschichte und stecken Geschichten. Wer die entdecken will, ist hier genau richtig.

Gönnt euch mehr Zeit, als wir es getan haben. Am besten nehmt ihr an einer Führung teil. Die finden jeden Donnerstag um 14 Uhr und jeden Sonntag um 12 Uhr statt. Außerdem gibt es einen Talk zur Ausstellung mit Kuratorin Westrey Page am 9. Oktober. Zur Ausstellung ist außerdem ein Podcast erschienen. Das komplette Programm findet Ihr auf der Webseite von „Tod und Teufel“. Und das Buch ist ein absolutes Must-have! Viel Spaß beim Entdecken!

Die Ausstellung „Tod und Teufel“ im Düsseldorfer Kunstpalast läuft noch bis zum 21. Januar 2024. Der Kunstpalast kann dienstags bis sonntags zwischen 11:00 und 18:00 besucht werden, donnerstags sogar bis 21:00. Der Eintritt kostet 12 €, ermäßigt 9 € und Minderjährige zahlen keinen Eintritt. (Ausweis mitbringen!)

 

 

Leserbriefe: Die schwarze Szene und ich – eine komplexe Beziehung

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Anfang August schlummerte ein Leserbrief in meinem virtuellen Posteingang, der den Wunsch vieler Szene-Mitglieder, sich vom Rest der Gesellschaft abzugrenzen, infrage stellt. Maren, die im Grunde zu gar keiner Szene gehören möchte, findet es schade, dass wir uns gegenüber „Szene-Gästen“ abgrenzen wollen. In einer Diskussion zu einem älteren Artikel, auf den sich Maren bezieht, diskutieren wir darüber, wie man sich abgrenzen möchte.

Ich will in gar nicht zur Szene gehören, das wäre Eingrenzung

Obwohl ich weder Goth noch Metalhead bin und auch sonst nicht in irgendeine Szeneschublade passe, gibt es eine Schnittmenge, die dafür sorgt, dass ich mich von Gothic angezogen fühle. Dabei habe ich mich gefragt, was genau eigentlich Gothic ist und was nicht. Dabei bin ich auf eure Diskussion zum Artikel „Nichts für ungut, aber du hast keine Ahnung, was Gothic ist!„, der sich mit einem Video der BBC beschäftigt, gestoßen.

Ich habe den Wunsch einiger von euch nach Abgrenzung vernommen, da andere Strömungen die dunkle Gefühlslage zerstören. Auch war in einem Beitrag die Rede von phasenweise Möchtegern Goths, die Schwarz als Klamottenfarbe einfach mal eine Zeit lang cool finden. Entschuldigt bitte, wenn ich jetzt nicht zwischen euren einzelnen Kommentaren unterscheide, sondern nur insgesamt den Tenor der Diskussion verfolgt habe. Ja, sie ist 2 Jahre alt, aber scheint in abgewandelter Form immer wiederzukehren, und das Thema beschäftigt mich jetzt.

Ich hatte schon immer den Hang zum „Düsteren“. Habe mit 14 angefangen, Edgar Allan Poe in Übersetzung zu lesen und dann später im Original. Habe nachts im Wald über Walkman Cure gehört und bin mit einem Freund nachts an die Donau gefahren und habe den Song „The End“ gehört. Das taucht nirgends in einem Kanon für Gothic auf, aber ist das, was meine dunkle Seele am stärksten zum Schwingen bringt.

Jimmys Grab auf dem Pariser Friedhof Pére Lachaise zu besuchen, war Pflicht. Ohne Party, als es einfach so kalt war, dass außer einer Freundin und mir niemand da war. Ich mag diesen Friedhof an sich. Ich mag auch Wälder bei Nacht. Und ich mag Nebel. Ich trage gerne schwarze Shirts mit Möwen, Raben oder magischen Mustern. Schwarz begleitet mich stets in irgendeiner Form, aber nicht immer in der gleichen und nicht immer in der gleichen Intensität.

Das Grab von Jim Morrison auf dem Friedhof Pere Lachaise
Das Grab von „The Doors“ Sänger Jim Morrison auf dem Friedhof Pére Lachaise in der französischen Hauptstadt Paris | Fab1, Jim-Morrison Pere Lachaise 2, CC BY-SA 3.0

Als mein Vater todkrank in der Uniklinik lag, besuchte ich ihn täglich, danach legte ich mich ins Bett und hörte das Disintegration Album von The Cure. Manchmal ist schwarz aber auch eher schwarzer Humor, den ich mit jemandem teile, und Inspektor Barnaby. Daher heißt es für mich auch nicht, dass jemand der meint, phasenweise Goth gewesen zu sein, zwangsläufig oberflächlich ist. Ich hatte bisher immer wieder das Glück, verschiedene Menschen mit schwarzem Herz kennenzulernen. Wir haben uns gegenseitig akzeptiert und inspiriert.

Das Beste war eine Konstellation zur Studienzeit im Wohnheim. Küche mit schwarzen Kerzen auf Bierflaschen, Doors, Ulver, Projekt Pitchfork, The Cure, Dimmu Borgir. Ich wäre alleine sicher nicht auf manche Sachen gekommen, habe es aber aufgesogen, weil es zu meiner Stimmung gepasst hat.

Niemand von uns war in einer Szene. In manchen Situationen war es einfach ein gemeinsamer Schmerz, der wie eine Trennungslinie zwischen uns und anderen war. Bewusst abgegrenzt haben wir uns nie.

Was ich damit sagen möchte ist, dass ich den Wunsch einiger von euch nach Abgrenzung gegenüber einer Friede Freude Eierkuchen Gesellschaft verstehen kann, aber das Ziehen von Trennungslinien viele, die euch eigentlich sympathisch finden, ausschließen würde. Ich will gar nicht zur Szene gehören, denn das wäre für mich Eingrenzung. Aber wenn es um Gefühle und Atmosphäre geht, gibt es Schnittmengen, zumal diese Gefühle auch durch literarische Werke beflügelt werden, die lange vor der Entstehung der Szene geschrieben wurden.

Ich hoffe, ich bin niemandem von euch zu nahe getreten, aber ich musste einfach mal diese Gedanken von außen los werden, wobei ich auch einiges sehr persönliches Preis gegeben habe. Gute Nacht!

Meine Antwort? Das lest ihr im nächsten Artikel!

Ich möchte Euch meine Antwort nicht vorenthalten, denn die führt zu einem weiteren „Brief“ von Maren, den ich Euch die nächsten Tage zeigen möchte. In meiner Antwort spreche ich von „Schutzräumen“ und genau das wird Thema in ihrem nächsten Brief sein. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Maren, die ich übrigens für gruftiger halte, als viele anderen Menschen, die sich in Leipzig zur Szene dazustellen.

Manchester: Übermaltes Wandgemälde von Ian Curtis wurde erneuert

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Als das ikonische Wandgemälde von Ian Curtis, dem 1980 verstorbenen Sänger der Band „Joy Division“, im letzten Jahr durch eine Werbeaktion einfach übermalt wurde, löste das in Manchester und unter den Fans des Sängers einen Sturm der Entrüstung aus. Jetzt hat es der britische Künstler „Akse P19“ an anderer Stelle erneut gemalt.

Das sogenannte „Mural“ sollte nicht nur an den Sänger erinnern, sondern auch Aufmerksamkeit für psychische Krankheiten schaffen, unter denen auch Ian Curtis litt. Im Oktober 2020 malte der britische Künstler „Akse P19“ das eindrucksvolle Porträt an die Seite eines Hauses in Manchester. Vor etwa einem Jahr wurde es dann durch eine Amazon-Music-Werbung übermalt, die das Debütalbum des britischen Rappers „Aitch“ bewirbt.

Als er davon erfährt, was man da mit seiner Werbung übermalt hatte, versprach er, sich um eine Erneuerung zu kümmern.

Nachdem die Stadt Manchester eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung für ein neues Kunstwerk an der Seite eines Pubs erteilt hatte, machte sich der Künstler am 4. September an Werk, Ian Curtis erneut zu verewigen. Zusammen mit den Sponsoren des „Headstock Festivals“ und der Management-Firma des britischen Rappers wurde das „Mural“ am 10. September, am Welttag der Suizidprävention, fertiggestellt.

Screenshot der Instagram Seite von Akse P19Der Künstler schreibt dazu in seinem Instagram-Account: „Mein Porträt von Ian Curtis, das auf dem Originalfoto von @philippecarly basiert, ist endlich pünktlich zum Welttag der Suizidprävention 2023 (heute, 10. September) fertig geworden. Das Thema „Hoffnung schaffen durch Handeln“ soll daran erinnern, dass es eine Alternative zum Selbstmord gibt, indem es denjenigen Hoffnung gibt, die mit Selbstmordgedanken zu kämpfen haben. Das ursprüngliche Wandbild wurde zur Unterstützung von SHOUT, einem kostenlosen Textnachrichtendienst für psychische Gesundheit, gemalt. Deshalb sind wir froh, dass wir das Wandbild an einem perfekten Ort, dem @starandgarter, einem der beliebtesten Indie-Musiklokale in Manchester, wieder erneuern konnten.

Wer darüber nachdenkt, Manchester einmal zu besuchen, sollte möglicherweise dort einmal vorbeischauen und mir ein paar Bilder mitgbringen!