Zwei Dinge sind vor und nach (jedem) Wave-Gotik-Treffen gleich. Es stapeln sich Berge an Wäsche und ich habe keine Lust. Wenige Tage vor dem WGT habe ich keine Lust mehr zu fahren, nach dem WGT habe ich keine Lust auf Alltag. Wohlweislich mit Urlaub versorgt, hetzte ich von einer privaten Verpflichtung zur nächsten, wollte noch 3000 Dinge erledigen, habe am Ende kaum was geschafft und wünschte mir eine Woche Urlaub im Bett. „Warum tausche ich das eigentlich jedes Jahr zu Pfingsten gegen eine Luftmatratze auf dem Zeltplatz?“ fragte ich mich wiederholt, als ich den Berg an Gepäck betrachtete. Weil meine Freunde es auch tun und weil WGT zusammen besser ist als abgeschottet in einer Wohnung oder einem Hotelzimmer. Dieses WGT habe ich kaum eine Band gesehen, dafür sehr viel Zeit mit wundervollen Menschen verbracht. Die ein oder andere Band hätte ich gerne gesehen, wirklich leid tut es mir nicht, dass ich sie alle verpasst habe, denn ich habe dieses WGT vor allem eines gemacht: mich unterhalten.
Viktorianisches Picknick (VicPic) – Schwärzer als gedacht!
Mein WGT startete nach der Ankunft wie immer: grillen auf dem Zeltplatz, feiern zu (mehr oder minder) schlechter Musik in der Agra 4.2. Wir waren da, wenn auch noch nicht angekommen und ich lief gleich noch zwei, drei anderen Freunden und Bekannten in die Arme. Der Abend lief. Meine Nase am nächsten Tag auch. Ich jammerte ein bisschen. Ich hoffte, es war der Heuschnupfen. Ich kämpfte mit meiner Frisur und motzte über meine Haare, meinte aber eigentlich meine mangelnden Toupierfähigkeiten und meine nicht vorhandene Geduld. Immerhin war ich verabredet. Jedes WGT versuche ich etwas Neues auszuprobieren. Letztes Jahr war es die blaue Stunde, dieses Jahr sollte es das viktorianische Picknick sein.
Unabhängig davon genoss ich die Gelegenheit mich endlich mal wieder richtig aufzubrezeln. Hier lohnt sich das irgendwie kaum, auch wenn ich das oft und gerne zum Ausgehen mache. Man fühlt sich da schnell mal absolutly overdressed und je nach Publikum kommen hier bei den Partys wenig Gruftgefühle auf. Das hinterlässt einen komischen Beigeschmack. Egal. Ich war fertig, zu spät und meine Haare halbwegs passable, aber ich endlich auf dem Weg. Was soll ich sagen: Es war voll und dabei saßen wir nur am Rande. Aber es war schwärzer als die Bilder aus vergangenen Jahren glauben ließen. Wir taten das, was man bei solchen Gelegenheiten tun sollte: wir saßen, wir aßen, tranken, quatschten und wir guckten. (Wie die Touristen, jaja, wir sind kein Deut besser). Es gibt da eine Menge zu bestaunen. Wir kamen vor Verzückung regelmäßig ins Quieken – wegen der vielen niedlichen Hunde im Getümmel. Und da die Bandauswahl danach nichts bereit hielt, was mich veranlasst hätte, loszuhuschen und die Ruhe zu verlieren, gingen wir erst mal essen, ergo weiterquatschen und ich dann in die Moritzbastei: Freunde treffen, zum quatschen. So muss WGT sein. Schön. Mir tat es wirklich leid, mich nach Mitternacht loszureißen um ins Werk 2 zu fahren. Immerhin wollte ich noch tanzen und spekulierte darauf dort noch einige andere Freunde und Bekannte zu treffen.
Kurz lausche ich dort den Klängen der letzten Band und quatschte mit einer Bekannten, die ich dort getroffen hatte und eigentlich muss man zu dem Abend nicht mehr viel sagen außer: ich quatschte hier, ich quatschte da und es hätte mich nicht gewundert, hätte ich am nächsten Morgen einen fusseligen Mund gehabt hätte. Der Tag war also durchaus gelungen mit alten und neuen Gesichtern und ich mit dem Morgengrauen völlig hinüber im Zelt. Das sollte sich übrigens zum wirklich leidigen Thema diese WGTs entwickeln. Ich schlief schlecht, ich schlief zu wenig. Es war wahlweise zu warm / kalt / laut / wasauchimmer und nur meine Mitzelter verhinderten, dass ich zum miesgelaunten Deprigoth wurde. Zur Bekämpfung des Zustandes stürzte ich mich mit ins Getümmel des Hippiedorfes, stellte fest, dass die Händlerwaren mich wieder nur mäßig ansprachen und musste mich dann doch selbst daran hindern eine Handtasche zu kaufen, die ich nun wirklich nicht brauche. Mit dem ersten Getränk in der Hand fiel mir dann plötzlich auf, dass ich ja doch eine Band sehen wollte und die schon in einer halben Stunde spielen würde. Ich war leicht aufgescheucht. Immerhin war ich da verabredet. Zum quatschen.
Quatschen ist besser als Bands sehen
Hapax war toll, nur ich zu müde. Die zweite Band schenkte ich mir daher und quasselte mit Carmen als würden wir uns sonst nie sehen. Völlig übermüdet war ich geneigt mich im Zelt nochmals hinzulegen. Schwenkte dann aber nochmals zum Hippiedorf ab um dort Nancy und Uwe zu treffen, mit denen ich mich dann noch verabredet hatte. Der Treffpunkt „Heidnisches Dorf“ ist übrigens ein doofer Treffpunkt. Das Hippiedorf ist groß und unter lauten schwarzgewandten Menschen fällt es schwer die beiden Schwarzgewandten zu finden, die man finden will. Vor allem, wenn das Handynetz nicht so funktioniert, wie es soll. Ich irrte umher, fragte mich warum ich mich nicht einfach doch hingelegt hatte und fand sie dann schließlich doch, mit einer anderen Bekannten. Wir quatschten. Was sonst?
Wir quatschten und quasselten und vor lauter Quasselei und weil Uwe Gott und die Welt kennt, kamen wir nicht vorwärts. Nicht zur Glitter+Trauma und nicht zur WhenWeWhereYoung und nicht sonst wohin. Und weil wir schon an der AGRA waren, verschwand ich um Mitternacht, nicht ohne mich alt und schlecht zu fühlen, auf den Zeltplatz, schlief dort fast im Campingstuhl ein und schwor mir, dass sich nächstes Jahr was ändern müsste und glaubte doch selbst nicht daran. Immerhin fühlte ich mich Sonntag dann ganz passabel. Mitcamper Nancy und Thomas wollten in die Stadt und ich mit um….was auch immer ich habe es vergessen zu tun. Ich sollte nicht weit kommen. Auf dem Grünstreifen der AGRA traf ich Rosie, Sven und die Schlös wieder und endete dort auf der Picknickdecke zum – richtig – quatschen. Am Ende war ich wieder bei keinem Konzert, dafür im Werk 2. Zum weiterquatschen. Schön war, mit vielen Menschen zu reden, mit denen ich bisher trotz Internetbekanntschaft keinen wirklichen Kontakt hatte. Schade, dass ich gefühlt für alle zu wenig Zeit hatte und mit einigen Personen kaum geredet habe. Dafür habe ich endlich getanzt, viel getanzt und war endlich angekommen.
Und am Montag total im Eimer. Aber eines meiner Highlights stand ja erst noch bevor. Nachdem ich beim Duschen, trantütig, wie ich bin, erst mal meine Haare unters Wasser gehalten hatte musste ich mir eingestehen, dass alle Toupierversuchen in der verbleibenden Zeit sinnlos und es mir eigentlich auch egal war. Also auf zum Spontis-Familiy-Treffen. Was soll ich sagen. Es war wundervoll. Mit so vielen Menschen geredet, mit so vielen leider nicht. Es ist immer wieder schön und aufregend, die Menschen hinter den Kommentaren und die stillen Mitleser kennenzulernen. Zu einem letzten Konzert konnte ich mich nicht wirklich motivieren und schloss mich Robert, Sabrina, Mone und Ralf zum Essen an. Das war genau der richtige Abschluss und ich schenkte mir die Party im Werk 2. Ich war eh zu kaputt und schaffte es, endlich zu Hause angekommen, genau noch unter die Dusche und bis zum Kühlschrank bevor ich ins Bett fiel und mit der Katze auf dem Bauch den Schlaf der Verweichlichten und derer ohne Durchhaltevermögen schlief. Meine Katze die folgenden Tage übrigens auch. Auf einem der Wäscheberge.
Ein Grufti auf Entdeckungsreise. Sie entdeckt Festivals, Filme und sich selbst und ist stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Bildlich, liebevoll und in einer Zwischenwelt aus Melancholie und Heiterkeit beschreibt sie ihre Eindrücke.