So war es so soll es sein – zurück zu den Wurzeln?

Vergangenheitsnostalgie ist wohl etwas, was Gruftis ganz besonders gut können. Schwärmen von den alten Zeiten als alles noch dunkler, echter und weniger kommerziell war. Ob es sich dabei um wirkliche Erlebnisse handelt, denen nachgetrauert wird, oder um Sehnsucht nach einem vermeintlich besseren Damals, dass man selbst nicht erlebt hat und nur aus Hörensagen kennt, spielt dabei keine Rolle. Die 80er sind für viele Schwarzkittel immer noch das gelobte Land und mit einem besonderen Zauber belegt. Auf vielen Wegen wird versucht etwas von damals wieder zum Leben zu erwecken, sei es mittels Musik, welche sich stark an damaligen Klängen orientiert, Kleidung, die an damalige Maßstäbe angelegt ist oder Veranstaltungen, die wieder mehr auf den Selbst-Machen-Gedanken setzen. An Kreativität und Tatkraft mangelt es oft nicht und so versucht auch Theodor mit der kleinen „So war es so soll es sein“ Geburtstagsparty mit befreundeten Bands etwas zu bewegen. Aufmerksam geworden bin ich auf Theodor und seine Feier über einen Facebook-Post und musste zur Stillung meiner Neugier natürlich nachfragen.

Spontis: Wie kam es zu der Idee?

Theodor: Also, die Idee stammt aus meiner eigenen Vergangenheit. Es wurde mir wieder bewusst, als ich begann ein Buch über mein gruftiges Leben zu schreiben. Ende der 1980er Jahre gab es solche Untergrundtreffen in Leipzig, Magdeburg und dem Harz. Im Harz trafen wir uns meist in den „Tennishöhlen “ bei Halberstadt. Wir schleppten unsere Gerätschaften und alles andere Zeugs (alte Grabsteine, Kreuze, selbstgebastelte Lichtanlagen usw.), das wir für die Partys brauchten in diese Höhlen, um dort – versteckt vor der Staatsmacht – unsere Partys zu feiern. Die Szene bestand damals aus den verschiedensten Leuten und Richtungen: DeMo-Fans, Gruftis, Postpunks, Metallern und Punks und dennoch waren alle wie eine große Familie. Als ich so durch das Schreiben in der Vergangenheit schwelgte, kam mir der Gedanke, solch ein Treffen zu versuchen und da ich ein recht spontaner Mensch bin, machte ich es dann auch. Nach über 30 Jahren Szene kennt man ja einige Leute, also eine Gruppe und Veranstaltung bei Facebook gebaut und Leute eingeladen. Die meisten Leute, die ich kenne sind in meinem Alter und genervt von den Kommerz-Großveranstaltungen. Sozusagen die „Alten“ aus der alten Zeit, die noch wissen, was es bedeutet „Do-it-yourself“ zu sein und meist auch aus der 80er Do-it-yourself-Bewegung kommen. So fing das im letzten Jahr an.

Spontis: Warum machst du das? Was treibt dich dazu an?

Gäste aus dem letzten Jahr

Theodor: Also in knappen Worten, ich persönlich mag keine unpersönlichen Großveranstaltungen voller Kommerzgehabe und die meisten alten meiner Bekannten und Freunde auch nicht. Wir mögen eher die Party, das Ungezwungene, das Zusammensein ohne eine feste Organisation oder etwa einer Abgrenzung durch einen VIP- oder Backstagebereich. Die Bands wissen worauf sie sich einlassen, mögen die Party an sich und das Konzept: Wir nehmen keinen Eintritt, aber es muss ja dennoch einiges bezahlt werden, wie Technik oder die Miete. Für den Fall haben wir eine Urne und jeder gibt etwas dazu. Sozusagen einer für alle, alle für den einen.

Spontis: Was ist das besondere daran?

Theodor: Das Konzept ist ganz einfach: Weg vom Kommerz. Weg vom VIP. Die Sache ist eine private Party, darum lädt man halt nur Freunde ein. Allerdings kann man ja nichts dagegen machen, wenn der Freund eines Freundes, dessen Freund mitbringt usw. Die Party geht am 22.09 los und endet am 24.09. Also, kommen kann jeder, wie er will wir haben da keine feste Zeiten. Allerdings gibt es auch keine Bar und jeder muss seine Dinge wie Essen und Getränke selbst mitbringen. Auch um die Übernachtungen muss sich jeder selbst kümmern, wir geben nur Tipps wo. Es kann aber auch auf dem Gelände vom E-Werk gezeltet werden.

Spontis: Warum meinst du dass dieses Konzept heute noch oder wieder Erfolg haben kann?

Theodor: Im letzten Jahr war es ein Versuch, ob so etwas in der heutigen Zeit noch klappen kann und ja es hat geklappt. Es gibt in dem Sinne keinen Veranstalter, der Kohle machen will und von daher ging das Konzept auf. Wir waren alle nach unserer Party in Polen zur Return to the Batcave, selbst dort wurde von unserer Party gesprochen und eine Band, welche zuvor umsonst auf unserer Party war und dort einen Aufritt hatte, bedankte sich bei uns bevor sie begannen Mucke zu machen. Also denke ich doch es hat ihnen gefallen und als ich die Sache für 2017 postete gab es von der ersten Minute an Leute, die dabei sein wollten.

Spontis: Und die Bands?

Theodor: Also Gruftschlampen und RioBlack and Band sind Freunde, genauso wie Wahre Liebe. Aber an sich fragen die alle, ob sie kommen können, weil sie haben gehört und durch Freunde und Bekannte…An sich kennt ja jeder jeden nach über 30 Jahren. Beim ersten Mal habe ich gesagt was ich vorhabe und sofort waren einige Bands dabei, weil sie die DIY Sache gut finden. War früher ja nur so.

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Kommentare

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Adrian
Adrian (@guest_55809)
Vor 7 Jahre

Dem Bericht kann ich nur zustimmen, letztes Jahr war klasse und ich freue mich schon sehr auf dieses Jahr! Weg von Kommerz, wie man es auf all den großen Festivals erleiden kann, die mir aus dem Halse raushängen. Dieses Festival mit seinen Bands, all die Besucher und Veranstalter zusammen, die haben Seele, die man leider mittlerweile bei den heutigen Clubs und Festivals nur noch selten erleben kann.

Gabrielle
Gabrielle (@guest_56746)
Vor 6 Jahre

War jemand von euch dabei und kann kurz berichten, wie es war? Auch würde mich interessieren, ob es dergleichen dieses Jahr wieder geben wird.

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