Oft genug wird das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig mit anderen Festivals der Schwarzen Szene verglichen, vor allem dann, wenn es um die Qualität der Bands oder die Anzahl der Besucher geht. Doch dieser Vergleich hinkt, denn das WGT lässt sich nicht vergleichen. Es gibt keine andere Veranstaltung für die Schwarze Szene, die ein so breites Rahmenprogramm bietet und die so deutlich den Pfad von „Musik und Klamotten“ verlässt. Selbst dem größten Zweifler an dem „mehr“ in der Gothic-Szene sollte auffallen, wie viele Ausstellungen, Aufführungen und Lesungen stattfanden und wie groß die Resonanz bei den Besuchern des WGT war. Hier leisten die Veranstalter und alle Beteiligten des Treffens Großartiges, selbst einige Medien haben erkannt, dass das Treffen so gar nicht in die Muster der vorgefertigten Festival-Meinung passt.
Es ist faszinierend, was alles unter der schillernde Oberfläche schlummert. Während sich Sabrina in ihrem Beitrag mit dem Gemotze beschäftigt, möchte ich nun einen Lobgesang auf DAS Treffen der Gothic-Szene anstimmen, der nur einen Ausschnitt dessen zeigen, was zu Pfingsten in Leipzig geboten wird. Es liegt an jedem selbst, seine Reise zu machen und herauszufinden, was ihn fasziniert. Das mit dem Singen habe ich übrigens bildlich gemeint, denn wenn ich eins nicht kann, dann ist das singen. Hier also der Lobgesang.
Gothic Pogo Party – So soll es sein!
Sabrina: Geil, geil, geil! Die Gothic Pogo Party in der Damenhandschuhfabrik gehört zwar nicht zum offiziellen WGT-Programm, hat mir aber einen echten und unvergesslichen 80er-Flash verpasst. Alte Sofas draußen im Innenhof und in der Party-Höhle, ausrangierte Kinostuhlreihen an der Tanzfläche, kühle Deko auf kahlen Steinwänden, alte Schwarz-Weiß-Filme wie die „Monsters“ auf Leinwand und saugute Musik – nicht immer, aber oft. Neben vielen guten – mir unbekannten – Songs habe ich auch meine Liebe zu den Merry Thoughts wieder entdeckt. Das Publikum war überwiegend Oldschool und Batcave-angehaucht und international. Nicht zu voll und nicht zu leer – die Räume, nicht das Publikum (Das war überwiegend voll). Am letzten Abend sind sogar die Jungs von The Exploding Boy dort aufgetaucht. Das Einzige, was man nicht tun sollte: Eine Gemüsefrikadelle bestellen. Es dauert gefühlte 2 Stunden bis sie auf dem Grill fertig ist und sie schmeckt gewöhnungsbedürftig. Wir waren drei Mal da und wären auch am Montagabend noch länger geblieben, wenn ich nicht auf einem der Kinostühle an der Tanzfläche eingepennt wäre – wohlgemerkt ohne auch nur einen Schluck Alkohol getrunken zu haben.
Robert: Ich bin froh, dass wir dem Tipp von Shan Dark gefolgt sind und uns gleich am Donnerstagabend in die wirklich dunkel düstere Ecke von Leipzig verirrt haben. Die Location ist eindrucksvoll heruntergekommen und dennoch liebevoll gestaltet, selten habe ich mich so wohl gefühlt. Die Musik, die bei einem solchen Besuch im Vordergrund steht, war umwerfend. Es ist schon lange her, dass ich meine Pikes auf eine solche Temperatur gebracht habe, nach drei Abenden auf der Gothic-Pogo-Party sind die nun reif für den Schuster. Die 80er Jahre Stimmung wird vor allem durch die Besucher perfektioniert. Hier tanzen Batcaver, Waver und Goths zu einer musikalischen Auswahl feinster Stücke. Nackte Haut, Latexuniformen, Neopuscheln und Spielkartenfrisuren waren nicht zu finden. Auch wenn es ein wenig Eintritt kostet, einfach alles entschädigt dafür. Einen Tag später entdeckte ich auf der Agra ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Dancing with Tears in my Eyes“, besser kann ich diese Abende einfach nicht beschreiben.
Schwarze Vergangenheit – Als der Südfriedhof mein Wohnzimmer war
Eine Ausstellung, die wir mit ganz besonderer Spannung erwarteten, fand im Museum „Runden Eck“ auf dem Dittrichring statt. Unsere Erwartungshaltung sollte nicht enttäuscht werden, denn obwohl die angekündigte Führung ausfiel, fanden wir die Ausstellung sehr interessant, bewegend und erschreckend zugleich. Doch eins nach dem anderen. Schon bei unserem Eintreffen stellten wir fasziniert fest, wie karnevalsfrei sich die immer zahlreicher eintreffenden Besucher gaben. Die Ausstellung bestand im Wesentlichen aus dem Treppenhaus, in dem an einer langen Matte, die vom obersten Stock des Gebäudes herunterhing, unzählige Kopien von Stasi-Akten hingen, die sich alle mit dem Thema „Grufties“ beschäftigten. Was es hier zu lesen und zu sehen gab, lässt sich an Authentizität nicht mehr übertreffen. Es ist bedrückend, wie ein Staatsapparat versuchte, Informationen über die in schwarz gekleideten Jugendlichen zu sammeln und dabei akribisch das Leben einzelner Menschen durchleuchtete. 1987 definierte die Staatssicherheit die Jugendbewegung so: „Die ‚Gruftys‘ halten sich organisiert auf Friedhöfen auf, heben Gräber aus und schlafen in Särgen. Auf den Friedhöfen feiern sie auch ihre Orgien, bei denen Alkohol getrunken wird und vom ‚harten Kern‘ rohes Fleisch gegessen wird.“ Dieser Text, der gleich auf der untersten Etage zu lesen war, ließ schlimmes erahnen. Leider war es stellenweise so voll, dass sich keine richtige Ruhe zum Lesen der Akten einstellen wollte und so beschränkten wir uns darauf, Bilder aller Akten zu machen, um sie am heimischen Rechner zu studieren. Bei einem Mitarbeiter der BStU 1 erfuhren wir, dass die für 14:00 angekündigte Ausstellung ausfiel: „Wir hätten nie mit einem solchen Interesse gerechnet.“ Den Mitarbeitern war es schlichtweg nicht möglich, eine solch große Besuchermenge durch die kleinen Räumlichkeiten der Ausstellung zu führen. Man postierte stattdessen einige Mitarbeiter an den unterschiedlichen Stationen der Ausstellung, die bereitwillig Auskunft erteilten. Die Räume einer Bundesbehörde sind zugegebenermaßen unspektakulär, doch die Mitarbeiter hatten einige spannende Geschichten zu erzählen und in einem kleinen improvisierten Kino lief die DEFA-Dokumentation „Unsere Kinder“, über die ich bereits gebloggt habe.
Spontis Treffen – Eine schrecklich nette Familie
Das Treffen auf der Wiese hinter der Moritz-Bastei stand unter einem guten Stern. Trotz einiger Wolken am frühen Morgen blieb das Wetter seinem Pfingstprogramm treu: Sonnenschein pur. Wir trafen schon um 15:00 auf der Wiese ein und breiteten unsere Decke an altbekannter Stelle aus, um nicht Gefahr zu laufen, keinen schattigen Platz mehr zu ergattern. Schon vor dem angekündigten Termin um 16:00 fanden sich viele bekannte und unbekannte Gesichter auf der Wiese ein und schnell kamen mehr Besucher als wir uns das vorgestellt hatten. Es war großartig, so viele vertraute Menschen wiederzusehen und neue Menschen zu treffen. Bevor ich mich der Gefahr hingebe, alle Namen der Anwesenden aufzuzählen um dann doch den einen oder anderen zu vergessen, schwärme ich lieber von den vielen tollen (und leider oft zu kurzen) Gesprächen mit den Besuchern.
Es ist schon etwas ganz Besonderes, wenn so viele Gleichgesinnte auf einem Haufen sind. Hier wird das WGT seinem Namen gerecht, denn das „Treffen“ steht im Vordergrund, während die Musik nur die passende Untermalung liefert. Gerne hätten wir mehr Zeit mit jedem Einzelnen verbracht, längere Gespräche geführt und wären tiefer in die Materie eingestiegen. Ich wünschte, das WGT würde eine ganze Woche lang andauern.
Ein paar Besonderheiten möchte ich dennoch aufgreifen. Grabesmond Noctura und Sophia Intoleranta sind nun im gruftigen Bund der schwarzen WGT-Ehe. Kraft meines Amtes als Wizard of Goth habe ich beide verheiratet. Besiegelt haben sie ihren Bund für das Leben mit einem Kuss. Ich werde mich von Zeit zu Zeit über den Stand der Dinge informieren und Euch darüber informieren. Auch ein neuer Goth-Rekord wurde erreicht. 9(!) Paar Pikes auf einem Bild! Es scheint, also würde der Virus der Vergangenheit nun auch in der Gegenwart anschlagen. Auf einem tollen Gruppenbild vereinten Rosa Chalybeia, Grabesmond Noctura, Sabrina, Schatten, Silvia, Sophia Intoleranta, Piet Noire, Katharina und meine Wenigkeit die Kraft ihrer Schnabelschuhe und richteten die Spitzen zum Himmel um unmissverständlich klarzumachen: Wir sind unter Euch! Und überhaupt, Karnstein, der sich immer noch der Magie des Treffens entzieht, sollte sich herausgefordert fühlen. Nächstes Jahr wollen wir unseren eigenen Rekord mit seiner Hilfe erneut brechen. Auch Foxxi hat angekündigt, seine Pikes zum nächsten Treffen mitzubringen.
Trends 2012
Kein WGT ohne Trends. Jedenfalls subjektiv. Vielleicht nennen wir es auch nicht Trends, sondern Auffälligkeiten und da es sich um einen Lobgesang handeln soll, fangen wir gleich mit der schönsten Auffälligkeit an: Es gibt weniger Cyber! Das ist jetzt sogar ein wenig objektiv, denn egal, wen ich darauf ansprach, allen ist aufgefallen, dass die bunten Locken kaum auszumachen waren. Ein deutliches Zeichen dafür, dass es sich tatsächlich nur um einen Modetrend gehandelt hat. Ich will ehrlich sein: Sie sollen beim Verlassen der Bühne nur nicht vergessen, ihre Musik mitzunehmen.
Noch ein Trend: Corsagen – offenbar das Nonplusultra der gruftigen Bekleidung und das nicht nur bei Damen. Ganz besonders verbreitet waren Modelle, die wir liebevoll „Knochencorsage“ tauften, bei denen es sich um eine Art Bild auf dem Vorderteil handelt, das Einblicke in das Innere des Körpers erlauben soll. Zu sehen sind Teile der Rippen und der Beginn der Hüfte. Leider ist das Ganze wenig maßstabsgetreu, so dass sich eine verwechselnde Ähnlichkeit mit der tatsächlichen Anatomie einfach nicht einstellen will. Hoppla. Eigentlich sollte das doch ein Lobgesang werden. Also ich finden Knochencorsagen toll! … Jedenfalls manchmal … also eigentlich äußerst selten …. Arrgh!
Der letzte Trend: Der Jamaica-Goth. Diese Spezies mischt den Stil der Reggae-Dreadlocks mit einem gruftigen Look. Ich konnte bislang noch nicht herausfinden, welche Musik diese Spezies bevorzugt. Das spielt aber keine Rolle. Für mich jedenfalls der Beweis, dass es eine echte Alternative zu den lustlosen Cyberloxx gibt, die zum einen echter erscheint und manchen tatsächlich sehr gut zu Gesicht steht. Das meine ich tatsächlich ernst! Ich finde jedenfalls, dass Dreadlocks eine echte Bereicherung für die Frisuren-Landschaft auf dem WGT sind und um Längen besser als diese lustlos auf den Kopf gesteckten Geschenkbänder. Die sind nämlich nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern stellen auch noch eine ernsthafte Gefahr für das ästhetische Empfinden dar!
(Bildquellen unter Trend 2012: kleinertod.de und regioactive.de)
Einzelnachweise
- Bundesbehörden haben faszinierende Namen: BStU bedeutet: Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik[↩]
Hihi, die Knochcorsagengürtel gab es vor ein paar Wochen bei X-Tra-X – und wenn es schon beim Gruftie-H&M verkauft wird, muss es doch cool sein!
Nächstes Jahr habe ich dann hoffentlich auch meine Pikes, neuer Liefertermin ist momentan Anfang Juli. Ich bestellte sie, als ich darüber bloggte. Vor einer halben Ewigkeit also.
Es war toll und wir freuen uns aufs nächste Jahr :)
Da ist es wieder – das großartige Pikes-Bild!
Ich bin auch dafür, im Zuge der Gegen-Galerie-Aktion das famose Gruppenbild aus dem „Wave ist eine Lebenseinstellung“ – Artikel nachzuahmen – wenn wir den Rekord von heuer aber brechen wollen, sollte ein Photograph mit Weitwinkelobjektiv parat stehen *g*
Nachdem ich mich mehrere Jahre in Folge (genauergesagt seit es diese Abende überhaupt gibt) bei den Wedelparties abends rumgetrieben habe, hatte ich fürs nächste Jahr mal ins Auge gefasst zumindest einmal entweder auf der WWWY oder der GPP vorbeizusehen – auch wenn manche Romantiker-DJs auch sehr gerne die Musikmischung mit Klassikern bereichern, so wär nach so vielen Jahren auch mal eine Abwechslung ganz willkommen – und man sollte dem ja eindeutig vorhandenen Fimmel für die ollen Kamellen auch mal in dem Rahmen nachgehen.
Der Cyber-Rückgang fiel uns auch auf. Bei Empusae hatten – wie andernweitig schonmal erwähnt – einige auf Nachtmahr später im Programm gewartet. Wäre aber nett gewesen wenn die die Plätze in der ersten Reihe derweil für die Besucher freigegeben hätten die sich tatsächlich für Empusae im Speziellen interessiert hatten, statt gelangtweil Luftlöcher zu starren und im Sichtfeld zu stehen – einige waren auch am Rand mit Bierkonsum beschäftigt derweil.
Nachdem uns der Cyber-Rückgang am Freitag schon aufgefallen ist, kam uns die Idee zu einem „Cyber-Counter“ – sprich wir haben gezählt wie viele uns n den ganzen Tagen effektiv über den Weg liefen. So kurz vor die 160 hab ich Montag abends dann aber die Lust dazu verloren.
Was die Knochen-Miederchen angeht: wow, das pöhse X hat die jetzt auch? Das war schon vor ein paar Jährchen mal eine Idee von einer englischen Designerin (wenn ich mich noch recht entsinne) – anfangs fand ich die Idee auch ganz gut muss ich sagen, aber dann tauchten die im Rüschen-Eck inflationär auf – offenbar ist das X da auf den Trend auch nur aufgesprungen. Sehr schade und ärgerlich für die Dame die mal die Idee hatte und offenbar so dreist beklaut wurde – kommt aber öfters mal vor daß sich die Ketten an Ideen von „uns“ Klamottenmachern bedienen wenn sie entsprechend auf Interesse stoßen – ist ja auch Geschäftsschädigend …
Also was die Trends angeht, ist mir aufgefallen, dass verhältnismäßig viele Damen einen orientalischen Münzengürtel getragen haben. Meist in Kombination mit Reifrock und Korsett. Vielleicht hab ich mir das ja auch nur eingebildet oder die gab es irgendwo im Ausverkauf ^^
@Amalia Und bei der männlichen Fraktion waren Patronengürtel schwer angesagt…und Cowboystiefel sind offensichtlich ebenfalls wieder beliebt.
Hi! Sehr schöner und interessanter WGT-Bericht! :) Ja, Trends kommen und gehen… ;) Von mir aus wieder verschwinden kann auf jeden Fall dieser Maskentrend ( vor allem immer wieder gesehen bei den Cybers ). Den fand ich von Anfang an total affig. Und in der Disco muß man sich doch darunter totschwitzen! Zuerst gingen die Meldungen über SARS um die Welt, plötzlich trugen zig Leute in der Szene Atemschutzmasken… Bescheuert ! Wobei ich manche Cyberelemente durchaus mag. Wie zB die Schweißerbrillen. Und ja, ich habe auch Cyberloxx. Und zwar in lila. :) Wobei ich die Loxx auch nie anders auf meinem Kopf getragen habe als andere Haarteile oder Tücher… Generell habe ich ja gern viel Gedöns auf dem Kopf, wenn ich weggehe. Das war schon lange vor der Cyberwelle bei mir so. :)
Der neue große Trend, so scheint mir, heißt ja nun in der Szene Steampunk. Zumindest auf diversen Bildern sieht man das immer wieder und immer öfter. Lange ging das total an mir vorbei. Bis man irgendwann einfach überall drüberstolperte. Ich find das sehr hübsch, für mich ist das allerdings ein Fantasy-Genre. Outfits in diesem Stil fallen für mich nicht unbedingt in die Kategorie Gothic. Aber eines ist definitiv: Die Steampunker erfreuen sich in der schwarzen Szene wohl einer größeren
Beliebtheit als seinerzeit die Cybergothics. ;)
Dunkle Grüße! :)
Melle
Wie ein bekannter schon während des WGT´s auf FB postete: Steampunk ist das neue Cyber. Trifft es eigentlich sehr gut. Und zur WWWY: Ja es ist eine schöne Party mit schönen Menschen und schöner Musik, aber es fehlt massiv an Platz. Dagegen war das städtische Kaufhaus wirklich leer;) Ich war am Freitag und kam erst gegen halb 4 (ca.) wirklich zum tanzen, weil dann die Masse nicht mehr ganz so groß war.
Die orientalischen Münzengürtel passen doch auch sehr gut zu Rock und Pluderhose, das kann ruhig bleiben;) Und ob das mit den Cowboystiefeln etc ein Trend ist. Ich weiß nicht, gibts doch schon seit Carl McCoy seine erste Zeremonie abgehalten hat;)
Obwohl ich mich schuhtechnisch diskriminiert fühle ;-), stehe ich mit der Kamera gerne zur Verfügung. Tobi hat aber sicherlich auch ein entsprechendes Weitwinkel. Somit dürfte das kein Problem sein.
Die WWWY kann ich auch nur empfehlen. Ist sie doch immer ein schöner Abschluss des Tages und somit für mich seit Jahren Pflichtprogramm. Wobei ich sagen muss, dass die Location einen größeren Einfluss auf die persönliche Stimmung hat, als man denken mag. In den Jahren als die Partys im Parkschlösschen bzw. im Städtischen Kaufhaus stattfanden, wollte bei mir jedenfalls keine so große Stimmung aufkommen. Anders in der Kantine im Volkspalast oder jetzt im Werk II (wobei hier der Einlassstopp aufgrund einer vollen Halle auch ärgerlich sein kann).
Also eine kleine Geschichte darf ich euch auch nicht vorenthalten. Da stehen wir also am Sonntag an der Tramstation vor dem großen Brunnen an der Oper und warten. Kommt ein Pensionistenpärchen auf uns zu, er schon etwas klapperig, einen alten analogen Photoapparat in der Hand und fragt höflich, ob er ein Bild machen darf. Aber sicher doch! Schnell wird klar, daß die zwei ebenfalls aus Wien stammen. Dann kann er’s sich nicht verkneifen und frag, was hier eigentlich los sei, denn sie seien ja nur auf der Durchreise und morgen gehts dann weiter nach Dresden. Ich erkärs ihm: WGT – gibts schon seit über 20 Jahren, immer zu Pfingsten, DAS große Treffen der Schwarzen Szene, Gruftis usw. Plötzlich ein breiter freudiger Grinser quer übers Gesicht: “ Ah drum schauns alle alle aus wie grad frisch vom Zentralfriedhof!“ (Und er hat dabei sicher in dem Moment das Lieb vom Wolfgang Ambros – Es lebe der Zentralfriedhof im Ohr). Ich kanns mir dann aber auch nicht verkneifen und sag: „Wissens, eigentlich ist ein Wiener Grufti irgendwie wie die Quadratur des Kreises, weil a echter Wiener is so scho‘ morbide genug, der brauchat eigentlich ka Grufti mehr sei‘.“ Noch ein breiterer Grinser: „Jo, des stimmt olladings“ (*)
(*) Kleine Anmerkung dazu: die „echten“ Wiener mit ihrer weinseelig-raunzigen Melancholie, der übergroßen Liebe für „a scheene Leich“ und sonstigen morbiden und fatalistischen Anwandlungen gibts leider kaum noch. Aber man kann alles, was aus diesem Umfeld enstanden ist, in Wien immer noch bewundern :) Die zwei scheinen doch zwei Vertreter jener aussterbenden Spezies gewesen zu sein. *soifz* Scheeeeeee
Ich glaube in gewisser Weise kann man Steampunk schon als neue Trendwelle bezeichnen. Aber anders als die Cybers, steht bei dieser Kultur nicht die reine Party-Mentalität im Mittelpunkt. Ich denke die gewisse Nostalgie und Romantik, die den Steampunk ausmachen, lassen sich eher mit der Gothic-Szene vereinbaren. Ganz zu schweigen von den Outfits, die ihre Wurzeln (wie auch viele der Gothic-Szene) ja auch in der viktorianischen Zeit haben. Deshalb wird Steampunk eher von der Szene akzeptiert als die Cybers.
Ob man diese Richtung jetzt zur Szene zählen soll oder nicht, ist schwer zu sagen. Aber es ist ja sowieso schwierig da klare Grenzen zu ziehen. Ich glaube, dass muss man auch gar nicht. Hauptsache man ist sich bewusst, was man selber will und mag :)
>>>Und bei der männlichen Fraktion waren Patronengürtel schwer angesagt…und Cowboystiefel sind offensichtlich ebenfalls wieder beliebt.<<<
Wobei meine Nephilim Klamotten original abgenutzte Lederklamotten sind rudn 20 Jahre auf dem Buckel, die Stiefel sind New Rocks sehr ähnlichg aber etwa 10 Jahre alte Bikerboots, auch mit "Schleifspuren" ..
Generell such ich mir meinen Klimbim auf Flohmärkten oder ähnlichem zusammen das es nicht mal ein Zehntel kostet wie bei "üblichen" Ketten.
Die WWWY Parties sind zwar angenehm aber mir langsam verkommt es zu sehr zu nem Hype von gewisssen DJ`s, ich meine erst 2 Stunden anstehen um drinne festzustellen dass die "Halle" A zu klein ist. Immerhin hatte man dank der "Connstanze" die beste WGT Verpflegung zur Hand das man in der Warteschleife nicht dem Hungertod stirbt. Man hätte ja die Party nach den Konzerten in der großen Halle machen können, die mir auch dekotechnisch besser gefällt. Im nachhinein werde ich nächstes Jahr wohl lieber nur bei der im Kaufhaus sein die ja zum Glück noch nicht so überrannt ist bzw. zur blauen Stunde, wo man halt noch das intensive "Treffen" Erlebnis hat.
Generell sehr positiv, zumindest bei meiner Konzertwahl – keine groben Ausfälle im Sound. Das Konzert von den Lorries war wie ne Zeitreise, sowie im Centraltheater einfach immer schön.
Generell kams mir dieses Jahr auch irgendwie weniger Besucher vor, so richtig überfüllte Trams hatte ich nie und zieht man die üblichen Orte des Schaulaufs ab hatte man überall genug Platz.
Schade das ich das Sponti Treffen vergeigt habe. Zu meinem Entsetzen musste ich feststellen wo ich die Stunde durch den Park geeiert bin ständig bei euch vorbeigelaufen bin. Nun gut ich bin der Jenige der nicht einfach so auf irgendwelche Gruppierungen zugeht, evtl.mit der Frage "Seid ihr die Spontis" irgendwelche "WTF?!" Kommentare wollt ich mir verkneifen. Evtl. ein eindeutigegeres Erkennungsmerkmal wer für nächstes mal nicht schlecht
Mal als Zwischen-Einwurf, da das wohl leider noch keiner kommentiert zu haben scheint: das kleine Spontis-Magazin ist euch super gelungen, tolles Layout, gut gewählte Zitate. Danke an die Verantwortlichen dafür für die Arbeit die da drin gesteckt haben mag, ist für mich eine sehr schöne Erinnerung :)
@ Northern Nephilim: Hast du nich auch geschrieben, das du beim BGT warst? Dann werden wir uns auch dort verpasst haben. Obwohl ich Freitag nicht zu übersehen war, als ich aufstand und in die Menge erfolglos brüllte, ob noch jemand mit zum Felsenkeller kommt. Schade!
Ging mir aber ähnlich. Bin ebenfalls durch den Park gestreift und wusste nicht, ob oder ob nicht. Gedankengänge waren ähnlich. Aber ich hab mich dann sogar im Hintergrund doch auf nem Bild entdeckt (bunte Haare haben manchmal doch nen Vorteil ;) ).
Aber ich verspreche, dass ich das nächste Mal definitiv dabei bin…nächstes Jahr haltet ihr bitte nen (gelben, pinkenk, roten,…) Schirm bereit und alle werden es finden :)
Und ich verspreche, dass wir nächstes mal durch ein unverwechselbares Zeichen auf uns aufmerksam machen werden. Ob es ein überdimensionaler Pike wird, weiß ich noch nicht :) Wir haben dahingehend wohl die Wirkung von Bilder aus dem Internet in der Realität überschätzt. Eine dicke Entschuldigung an alle Suchenden, wir machen es besser.
@Robert: Am besten fürs nächste Jahr Katharinas Wappen als Flagge drucken – dann findet Euch jeder. Die große Ansammlung an Leuts war vielleicht auch eher verschreckend für einige, die sich nicht sicher waren. Ich fand es jedenfalls sehr schön und hab auch das tolle Spontis-Magazin in Wort + Bild gewürdigt in meinem WGT-Bericht: https://der-schwarze-planet.de/ship-of-ghouls-wgt-review-2012/ > Freu mich schon aufs Treffen im nächsten Jahr!
Dass ihr es nun gleich wieder übertreiben und 3x zur Gothic-Pogo gehen musstet… :D
Schön, dass Du die Treppenhaus-Ausstellung „Als der Südfriedhof mein Wohnzimmer war…“ erwähnst. Die fand ich auch sehr interessant und es war auch mal was anderes von der Aufmachung her.
Ach was. Ich werde mich das nächste Mal einfach auf die größte Menschenmenge in dem Park stürzen und angesprungen kommen :)
Ähm, also wenn ich dann mal über meinen Schatten springe und „fremde“ Menschen anquatsche… oder ich komm einfach Stunden eher… ;)
In der Ausstellung war ich auch. Es war wirklich interessant, auch wenn ich ganz ehrlich sagen muss, dass ich irgendwie mehr erwartet hätte, als „nur“ eine Treppenhaus-ausstellung. Ich war an dem Sonntag vor der geplanten (und dann ins Wasser gefallenen Aster-Lesung) und bevor ich im Park war.
Aber die beiden Berichte sind echt gut – Lobgesang sowie das Gemotze.
@Krähe:
Nein ich war nur am Donnerstags – BGT ;)
Zwischen einer wunderschönen „Blauen Stunde“ auf der nächtlichen Wiese und den grandiosen „Nachtgesängen“ in der Peterskirche zum Auftakt, (nur gut dass verlaufende Schminke notfalls als urgruftiges Erkennungszeichen durchgeht), und dem nostalgisch melancholischen Abschluß bei „The Names“ an der Parkbühne, lagen vier Tage die schön waren, mich aber auch nachdenklich stimmten.
Über die allgemeinen Tops und Flops des WGT ist schon alles trefflich gesagt worden. Ein persönliches Fazit meinerseit würde am ehesten lauten: So ganz meine (schwarze) Welt ist das alles nicht mehr. Das mag in erster Linie an mir sebst liegen, je älter ich werde, desto länger wird die Liste dessen, was ich vermisse und eine gewisse „Grundtrauer“ läuft da bei mir im Hintergrund durchaus mit.
Damit erfülle ich vermutlich „Gruftiklischee Number One“ zu 100 Prozent, aber davor ist mir auf den alten Tag auch nicht mehr bange :)
Was noch immer trägt, zwischen Programm und Partymache, ist die persönliche Begegnung mit „ähnlich Gestrickten“. Das kann ein kurzes Zufallsgespräch sein, das „Festquatschen“ obwohl man eigentlich was anderes vorhat, oder auch nur der Austausch eines wissenden Lächelns zwischen zwei Pikesträgern im Vorbeigehen.
Hier reiht sich natürlich auch das Spontis Treffen ein. (…ja, ihr lieben „Zögerlichen“, die schlichte Frage: „seid ihr die Spontis?“ hat in der praktischen Anwendung vollkommen ausgereicht, um freundlich begrüsst zu werden :)…)
Robert und Sabrina haben es geschafft jeden einzubinden, man konnte dabei sitzen und sich zugehörig fühlen, ohne so recht jemanden zu kennen. Und die Gespräche rechts und links ergaben sich von alleine.
Dafür vielen Dank an euch beide, auch für das „Spontizine“ nebst Button.
In einer Zeit, in der Kommunikation meist als Informationsaustausch zwischen zwei Rechenmaschinen stattfindet, ist es schön, mal wieder etwas „in der Hand zu halten“. Besonders für hoffnungslose Gruftnostalgikerinnen wie mich :)
Von mir gibt es auch ein dickes Danke! Dass mich als WGT-Abstinenzlerin das Spontis-Magazin erreicht, ist wirklich eine sehr, sehr feine Sache. Ich habe mich sehr gefreut, dieses nebst Button heute in meinem Briefkasten vorzufinden. :-)
Die Zusammenstellung ist Euch sehr gut gelungen. Schön, so vieles in dieser kompakten Form nochmal lesen zu können.
Vielen Dank für Eure Mühen und die Zeit, die Ihr Euch für dieses feine Heft genommen habt, und natürlich dafür, dass ihr an mich gedacht habt.
@Robert: Was sind denn Spielkartenfrisuren? ;-)
Nachdem ich nun einen Großteil der Besucheraufnahmen der anderen Pfingstgeflüster-Fotografen erhalten habe, muss ich feststellen, dass es scheinbar einen „Trend“ hin zu aufwendigen Kopfschmuck gibt. Spielkarten konnte ich hierbei allerdings – bisher – nicht entdecken. Manches auf dem Kopf getragene finde ich durchaus kreativ und sehenswert, anderes hingegen für reichlich übertrieben. Erinnerungen an royale Ereignisse sind manchmal unvermeidbar.
Apropos Kopfschmuck: Mir ist aufgefallen, dass Teufelshörner auch im „in“ zu sein scheinen- ist jedenfalls nicht mein Bier, ich mochte die Dinger noch nie, auch wenn ich Rosas Hörner aus Kunst- und Echthaar anno 2009 echt klasse fand :D
Was indirekt da mit gut reinpasst, das auch mal die Herren der Schöpfung was mit ihren Haaren anzufangen wissen. Man sah oft schöne Flechtkunstwerke oder auch Dutts. Die Tage wo ich mit Anzug und schön hochgestecktem Bun unterwegs war gabs sehr oft Anerkennung.
PS Das Spontis Magazin und der Button sind auch bei mir angekommen, sher schöne Arbeit ;)
Für euch vielleicht nichts neues, aber andererseits vielleicht doch: Schon die umfangreichen Bildergalerien der LVZ gesehen? Weiß‘ ja nicht, ob ihr auch so klassische Netz-Bilderjäger seid wie manch anderer WGT-Besucher. Die Zeitung hat jedes Jahr reichlich viele Bilder, fällt aber meiner Ansicht nach immer ein bisschen hinten über. Deshalb hier der Link für alle Fälle:
WGT-Bilder der LVZ
Grüße
Coric