Ein Kessel Schwarzes: Wo Musik und Literatur auf Humor und Ernsthaftigkeit trifft

Seit Beginn des Jahres existiert das Projekt „Ein Kessel Schwarzes“, für welches die Künstler Oswald Henke (Musiker Goethes Erben), Luci Van Org (Musikerin Üebermutter, Lucilectric „Mädchen“ +  Autorin) und Christian Von Aster (Autor) gemeinsam auf die Bühne gehen. Gezeigt wird eine bunte Mischung aus Lesung, Gesang und Komödie. Und bei allem Spaß, den die Drei dabei verbreiten, so kommen auch die ernsteren Themen des Lebens nicht zu kurz.

Ein Kessel Schwarzes – Der Name ist Programm

Bereits im Frühjahr gaben sie mit dem Programm „Leichenschmaus“ ihr Debüt. Jetzt kamen sie für drei weitere Shows auf die Bühne zurück und hatten ihr neues Stück „Familiengericht“ im Gepäck.  Ein Programmname, den man nicht hätte besser wählen können und der – so sollte es sich herausstellen – allerlei Überraschungen bereithielt. Neben Literatur und Erzählungen aus dem eigenen Leben und zum Thema Familie, gab es auch viel Informatives zu Recht, Rechtsprechung und Gerichtsbarkeit. Aber auch der Humor sollte nicht zu kurz kommen.

Was genau bekam das Leipziger Publikum geboten?

Gleich zu Beginn ging es heiter los. So nahmen die drei Künstler an einem gedeckten Tisch Platz und spielten die Geschichte des Zappel-Philipps nach. In der Rolle des Kindes war Oswald Henke, der die Lacher in dem Moment auf seiner Seite hatte, als Luci Van Org ihm kurz vor der Sturzszene einen Helm aufsetzte. Sicherheit geht vor, immerhin wird er auch noch für einige andere Termine in ganzen Stücken benötigt. Sie war es übrigens auch, die während des Stunts zur Seite stand und beim Fallen in Zeitlupe behilflich war.

Eine weitere Gruppenaufführung des Abends war Falcos Kommissar, wo sich alle Sonnenbrillen aufsetzen und im feinsten Wienerisch den Text zum Besten gaben. Bis auf Herr Von Aster, der probierte es mit Hochdeutsch und gab zum Schluss zu, mit dem Refrain etwas Probleme zu haben. Er machte aus „Dreh dich nicht um“ einfach „Dadilidum“.

Am Tisch der Wahrheit, eine Art Pult mit zwei Sanduhren, verrieten die Künstler die ein oder andere Sache aus ihrem Privatleben. So schmierte der kleine Christian Von Aster zum Beispiel bei einem Schulausflug Zahnpasta an die Türklinke, um dann zu behaupten, es wäre ein Mitschüler gewesen, der die Tube geklaut hätte. Soviel Flunkerei wäre für klein Oswald nichts gewesen. Hatte er doch als kleiner Junge seine Mutter mitten auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes so lange bearbeitet, bis sie in den Laden zurückging, um einen Lutscher im Wert von etwa 10 Pfennig zu bezahlen, den sein kleiner Bruder einfach so mitgenommen hatte.

Diese lustigen Anekdoten zwischendrin brauchte es aber auch. Berichtete Luci Van Org über eher komplizierte Familienverhältnisse, in denen sie groß wurde. An dieser Stelle ziehe ich meinen Hut über soviel Offenheit. Vielmals schweigen die Menschen, die unangenehmen Dinge des Lebens, lieber tot, aber nicht sie.

Generell hatte Luci sich die härteren Themen rausgesucht. So sprach sie während ihrer Soloparts zum Beispiel über häusliche Gewalt und Mord an Frauen. Passend dazu gab sie ein Lied ihres Projektes Lucina Soteira zum Besten. Aber auch Vergewaltigung und Suizid hatte sie sich zum Thema gemacht. Zu letzteren las sie aus ihrem Buch Wir fünf und ich und die Toten vor. Und ein weiteres Mal war ich von dieser Frau beeindruckt. Gekonnt und ausdrucksstark schlüpfte sie stimmlich in die Rollen der Protagonisten und überrascht im Text mit einer Stimmengewalt, die ich so noch nicht erlebt hatte.

Aber auch Oswald Henke bekam seine Bühnenzeit. Gleich zu Beginn beleuchtete er die Folter im Mittelalter näher und gab den Text Fleischschuld wieder, welchen man auch auf dem Goethes Erben Album „Nichts bleibt wie es war“ finden kann. Ein Highlight seines Auftrittes war der Vortrag von Orangenschiffchen. Eine Art Vers, den er irgendwann mal als Dank für seine Mutter schrieb. Musikalisch wurde das Ganze von Luci untermalt, während Christian Von Aster passenderweise Orangenschiffchen im Publikum verteilte.

Christian Von Aster war vor allem der Literat auf der Bühne. Er gab viele Texte und Reime zum Besten. Unter anderem die Geschichte vom Nichtsnutz. Ein Buch, wofür er damals tatsächlich keinen Verlag fand. Welches ich aber als äußerst wertvoll empfinde, regt es einen doch an, sich selber zu hinterfragen. Inhaltlich geht es darum, ob man wirklich immer alles Materielle benötigt, was einem gerade gefällt. Aber auch ein Weihnachtsreim sollte uns nicht vorenthalten werden. In dem ging es um ein chaotisches Weihnachten zwischen Gänsebraten, Kindern, die Blödsinn machen und einem eifersüchtigen Opa im Weihnachtsmannkostüm.

Den Abschluss machte dann eine weitere musikalische Darbietung der drei. Dem vorausgegangen war das Thema Wahlfamilie, am Tisch der Wahrheit. Und wie Christian Von Aster, sinngemäß, sprach, sind wir alle Teil einer Wahlfamilie und bezog sich damit auf die Gesellschaft, in der wir leben. Und somit wurde im Lied das ganze nochmal textlich damit untermauert, dass egal welcher Religion man angehört oder welche Hautfarbe jemand hat, wir alle Teil der Gesellschaft sind und somit miteinander verbunden.

Ein Besuch der sich lohnt

Weder muss man Kenner von Christian Von Aster seiner Literatur sein, noch Fan der Gruppe Goethes Erben oder Luci Van Orgs Musik, um prächtig unterhalten zu werden. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es ausreicht offen und neugierig zu sein und über etwas Humor zu verfügen. Ich würde jederzeit wieder eine Vorführung besuchen, wenn es zeitlich und räumlich für mich passt und kann somit wärmstens die ersten Termine für 2025 empfehlen.

Auftrittstermine 2025:

  • 25.01.2025 Burg Ranis, Ranis
  • 04.05.2025 Bahnhof Langendreer, Bochum

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Lola
Lola(@lola1997)
Vor 6 Tagen

Oh cool sogar in Bochum :)

Maren
Maren(@milk)
Vor 5 Tagen

Meine Neugier wurde auf jeden Fall durch diesen interessanten Bericht geweckt! Allein schon der Titel „Familiengericht“ ist vielversprechend. Dann die Kombination aus bitterem Ernst und Comic Relief. Ich kann mir vorstellen, dass die ein besonderer Literatur/ Musik/ Kabarettabend für Dich war. Der einzige Wermutstropfen;

„…wenn es zeitlich und räumlich für mich passt…“

Genau das ist der Haken. Die Distanzen sind für mich alle recht weit, Bochum noch am besten. Aber Sonntagabend! Burg Ranis: sehr angemessen und ansprechend als Location, aber weit, weit weg! Abgesehen davon jedoch, dass ich jetzt mal gerade auf die schwarze Diaspora, in der ich hier lebe, fluchen möchte – obwohl ich doch ansonsten meine Nebelwälder liebe – hat es Freude gemacht, diesen Bericht über eine tiefschwarze Veranstaltung dieser Art zu lesen. Das ganz wirkt recht subversiv und genau deshalb so notwendig, um sich sich, wie Du sagst, selber und auch das Umfeld um einen drumherum zu hinterfragen. Dankeschön!

Letzte Bearbeitung Vor 5 Tagen von Maren

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