WGT-Feeling mitten im Winter – so ungefähr könnte man im Rückblick das Spontis-Treffen in Frankfurt beschreiben. Es hat schon was, wenn man mit 30 subkulturellen Schwarzen aus ganz Deutschland durch eine Ausstellung geführt wird, wenn man anschließend unter den verwirrten Blicken der nichtsahnenden Frankfurter Bevölkerung auf Wanderschaft durch die Innenstadt geht, anschließend in ein spanisches Restaurant einfällt, wenige Stunden später zusammen im Bett landet und schließlich im frischen Schnee eine Spur von Pikes-Abdrücken hinterlässt. Auch wenn die Zeit knapp bemessen war, sind wir mit tollen Erlebnissen und schönen Erinnerungen im Koffer wieder zuhause eingetrudelt.
Doch beginnen wir am Anfang, genauer am Samstagmorgen:
Die Fahrt nach Frankfurt war unspektakulär- glaube ich jedenfalls. Ich bin mir nicht sicher, weil ich fast die ganzen zweieinhalb Stunden geschlafen habe, während der Wizard of Goth unser Vehikel Richtung Hessen lenkte. Ich vermute ja eiskalte Taktik hinter dieser Tatsache, denn der Herr war aufgeregt, schließlich organisiert man ein solches Treffen nicht alle Tage. Und was macht man in so einer Situation? Man stellt die Sitzheizung auf die höchste Stufe, in der Gewissheit, dass die Partnerin innerhalb von fünf Minuten einpennt und bis zum Ziel die Klappe hält. Dieser Plan funktionierte jedenfalls schon einmal.
Ich wachte also irgendwo in einem Frankfurter Industriegebiet wieder auf, nur um festzustellen, dass „Goethe“ kein Garant für Qualität ist – zumindest nicht im Hotelgewerbe. Ich will nicht zu viele Worte über unsere Unterkunft verlieren, aber schön war das Goethe-Hotel nicht! Leider hatte ich nicht ausreichend Zeit, mich über das Nichtraucher-Zimmer in der Größe einer Abstellkammer aufzuregen, denn als wir kurz nach dem Einchecken im Auto vorm Hotel saßen, kam auch schon ein Teil der Spontis Family angefahren. Aus dem ersten Auto hüpften Rosa (in „zivil“, aber dennoch lila) und Christian mit Schatten, der allerdings nicht hüpfte, sondern erst einmal aufgrund feinmotorischer Schwierigkeiten nach der langen Fahrt aus dem Auto stolperte und eine filmreife Bruchlandung hinlegte. „Wo ist denn Schatten?“ „Keine Ahnung, gerade war er noch da!“ Während Schatten also seine Arme und Beine ordnete und – als wäre nix gewesen – hinterm Auto hervorkroch („Hallooo!„), hatten auch Sophia, Guldhan, Grabesmond und Piet die Schlaglöcher auf der Straße überlebt und alle freuten sich, die anderen wiederzusehen.
Schwarze Romantik im Städle-Museum
Die Spontis checkten ein, wir fuhren schon einmal zum Städle-Museum, um pünktlich am Treffpunkt zu sein. Und all die bekannten Gesichter, die man sonst nur auf großen Veranstaltungen trifft, tauchten nach und nach auf – ein schönes Gefühl. Es kamen sogar Leute, die wir zum ersten Mal sahen. Ein wenig verwirrend für den nervösen Wizard of Goth im Organisationsrausch. So begrüßte er beispielsweise eine verdatterte Melle Noire mit den Worten „Hallo, ich bin Robert.“ Man muss ihm allerdings zugutehalten, dass Melle in zivil kam und somit nicht auf den ersten Blick zu erkennen war. Leider ereilte uns die Nachricht, dass zwei Leute bei der Anreise einen Unfall hatten. Zum Glück nur ein Blechschaden, den beiden geht es laut Karnstein gut. An dieser Stelle ganz liebe Grüße! Auch Kathi aus Berlin war nirgends zu sehen. Später erfuhren wir, dass sie einen Anschlusszug verpasst hatte. Glücklicherweise schaffte sie es aber dann später noch pünktlich zum Festival.
Auf der anderen Seite gab es Freunde und Bekannte der Spontis zu verzeichnen, die sich spontan angeschlossen hatten. Kurzum, wir haben alle vorbestellten Karten unters schwarze Volk bringen können und es war für jeden ein Führungs-Hörgerät vorhanden. Einige munkelten, man hätte nur für die Spontis das Wort „Wave“ auf die Geräte aufgebracht. Wer weiß? Rosa hatte derweil eine bittere Erfahrung zu verzeichnen. Nämlich die, dass man – selbst wenn man nicht als Dame in Kalkweiß erscheint – gefragt wird, ob man sich fotografieren lässt. In diesem Fall konnte das Trauma nur dadurch gemildert werden, dass die ganze Spontis-Gruppe aufs Bild sollte. Fotografin war in diesem Fall eine Mitarbeiterin des Städle-Museums, die so freundlich fragte, dass alle einverstanden waren. Das Gruppenbild durften wir netterweise für diesen Artikel nutzen.
Die Führung durch die Ausstellung „Schwarze Romantik“ war für meine Begriffe ein wenig dünn. Ich hätte mir mehr Geschichten und Anekdoten rund um die Bilder und die Künstler gewünscht. Ich gehe mal einfach davon aus, dass Anhänger der schwarzen Szene keine Interpretationshilfen für die Bilder brauchen und sie wahrscheinlich ohnehin weniger schockiert und einfach anders erleben als andere Besucher. Man hätte hier also besser ein wenig „Butter bei die Fische“ – oder „Geschichten bei die Bilder“ reinbringen sollen. Dennoch muss man auch zugeben, dass es nicht ganz einfach ist, vor einer Gruppe von Menschen zu stehen, die offensichtlich anders ticken als der Großteil der Bevölkerung. Es war toll, dass wir so nett aufgenommen worden sind und dass man sich im Vorfeld und schließlich vor Ort mit großem Engagement und ausgesprochen zuvorkommend und flexibel gekümmert hat. Vielen Dank ans Museum!
Eine Bitte noch an die Verantwortlichen: Es wäre super, wenn die abgedunkelten Scheiben im Museum durch normale ersetzt werden könnten. Unser aller Wizard of Goth hatte zumindest die Ausrede, dass er auf Einladungen zum gemeinsamen Essen nach dem Museumsbesuch nicht direkt eingegangen ist, weil er dachte, dass es draußen schon dunkel ist und die Zeit bis zum Beginn des anschließenden Konzertes nicht reichen würde. Als er dann beim Verlassen des Gebäudes seinen Fehler bemerkte, war die Verwirrung groß. In einer Blitzaktion wurden alle zusammengetrommelt, die Essen gehen wollten, wobei Blitzaktion vielleicht etwas übertrieben klingt, wenn man drei Stunden auf den Leithammel warten muss, der durchs Museum streift, um hungrige schwarze Schafe zu suchen. Das Ende vom Lied: Eine Gruppe schwarzgewandeter Sonderlinge zog orientierungslos durch die einzige Straße, die Google in Zusammenarbeit mit dem einzigen Frankfurter – Chris -empfohlen hatte.
Wahrscheinlich wären wir noch Stunden weitergelaufen, wenn nicht der Wizard of Goth, der am Ende der Gruppe in Gespräche vertieft war, gemerkt hätte, dass Gothic aktuell kein Ziel und keine Richtung hat. Also wehte er an den Kopf der schwarzen Raupe, zwang alle zur Umkehr und zauberte uns in ein spanisches Restaurant, in dem ich persönlich dann leider mein Essen verpasste, weil ich einfach vergessen hatte, dass die Nummer 7 was mit Ziegenkäse zu tun hatte und es versäumte, der Kellnerin das Zeichen zu geben, dass ich diese Tapas bestellt hatte. Man berichtete mir, die Kellnerin habe das Essen wieder mitgenommen und den Koch angeraunzt, er habe einen Fehler gemacht, woraufhin der den Zettel mit der Mammutbestellung hochgehalten und auf die Nummer 7 verwiesen hätte.
Ich musste jedenfalls hungrig ins Bett. Jawoll! Ein Running Gag, der sich so durch den Tag zog. Die Spontis gehen alle zusammen ins Bett! Für nicht eingeweihte Gruftis: Der Veranstaltungsort, an dem abends vier Bands auftreten sollten, hieß BETT. Während sich also alle aufs Bett freuten, fragte sich Melle, warum der ganze Grufti-Haufen schon vor 19 Uhr so furchtbar müde ist und warum alle nur davon sprachen, ins Bett zu gehen. Wir konnten sie aufklären. Die tierischen Vertreter der Spontis-Gruppe waren zu diesem Zeitpunkt bereits weg. Der Erpel war samt Anhang aus dem Geisterwalde – oder vielleicht auch in den Geisterwalde – verschwunden und der Laubfrosch zog sich mit einem frisch geschossenen Kunst-Buch in seinen Goethe-Teich zurück. Auch wir verzogen uns erst einmal in unsere Abstellkammer, um uns umzuziehen.
Dann gingen wir zusammen ins Bett!
An dieser Stelle verleihe ich dem Erfinder dieses Diskotheken-Namens einen Orden für den besten Einfall aller Zeiten.
Das Bett war herrlich. Kein Plüsch, kein Pomp, keine Grusel-Deko – nur kalte Wände und Fabrik-Flair. So hat es der Alt-Grufti gerne! Das Publikum war „natürlich schwarz“, keine Spur von diversen Splittergruppen der Szene, die sich Plastikrohre ins Haar schieben oder Nippel abkleben. Ich persönlich habe mich sofort in den Sound der ersten Band „Christine plays viola“ verliebt und eine CD gekauft. Marcus und Piet waren sich zunächst allerdings nicht einig, ob ich die richtige CD erwischt habe. Ich kannte zuvor keine der vier Bands und hatte mich blindlings auf Piet verlassen, der mir versicherte, dass „die mit den Masken“ Christine plays viola heißen.
Er hatte Recht und ich habe neue Musik, die ganz sicher in nächster Zeit öfter durch den Spontis Backstage-Bereich tönen wird. Die beiden nachfolgenden Bands waren nicht so mein Ding, deshalb habe ich jetzt leider auch die Namen vergessen. Die letzte Band – Chameleons Vox – heizten dann wieder richtig ein und auch die werden in meine Playlist aufgenommen. Nach der letzten Band gab’s freien Totentanz für alle und wir entdeckten in der Menge Shan Dark und Micha Synthetic, die sich das Spontis Treffen nicht gänzlich entgehen lassen wollten. Eine tolle Überraschung zu später Stunde. Nach einem langen, schönen, schwarzen Tag, stapften wir zurück zum Hotel und hinterließen dabei Pikes-Abdrücke im frisch gefallenen Schnee – das nenne ich mal „Schwarze Romantik“.
Der nächste Morgen war ein schöner Ausklang des Treffens, denn viele Spontis haben im Goethe-Hotel übernachtet, so dass wir gemeinsam frühstücken und quatschen konnten. Rosa und Christian kamen sogar vom anderen Hotel hinüber und gesellten sich dazu. Lustig war auch, dass die Bands ebenfalls in unserem Hotel übernachtet hatten und somit den gruftigen Tagesbeginn komplett machten.
Fazit: Die Zeit bis zum WGT ist ein wenig kürzer geworden, denn wir konnten mitten im Winter Gruft-Luft schnuppern und viele alte und neue Leute treffen, die man sonst nur liest. Eigentlich schade. Man müsste sich viel öfter treffen und gemeinsam etwas unternehmen. Manchmal sind die Wege von Sponti zu Sponti gar nicht so lang wie man denkt: Wir haben es bisher tatsächlich nicht geschafft, Heike und Lothar zu treffen, die – wie wir auch – in Mönchengladbach wohnen. Dafür mussten wir erst nach Frankfurt fahren. Doof, oder? Tausend Dank, dass alle gekommen sind und das Treffen zu so einem wunderschönen Erlebnis gemacht haben. Wir hoffen, dass Ihr alle wieder sicher im Heimathafen eingelaufen seid und dass es Euch so viel Spaß gemacht hat wie uns.
Hey,
der Bericht ist klasse geworden! :) Ich fand es total schön mit Euch – auch wenn ich viele gar nicht erkannte – wie zB Rosa oder Piet Noir. Man muß aber auch dazu sagen, daß ich unter Prosopagnosie leide. So wie Robert, als er mich nicht erkannte in zivil, geht es mir ziemlich oft. Ich brauche bei den meisten etwas Zeit bis ich sie zuverlässig wiedererkenne. Früher war mir das immer superpeinlich, seitdem ich den Begriff „Prosopagnosie“ kenne und Erfahrungsberichte anderer Betroffener gelesen habe, gehe ich offen mit dem Thema um. :)
Und ja, man sollte sich mal irgendwo in entspanntem Rahmen wiedertreffen. Die Frage ist nur immer: Wie koordiniert man das besten? Frankfurt war jetzt eben ein perfekter Treffpunkt wegen der Ausstellung. Selbige fand ich wirklich beeindruckend, wir diskutieren immernoch über einzelne Bilder. :) Und ich habe ganz klare Favoriten. :)
Dunkle Grüße!
Melle
Super Artikel zu nem super Event, war so schön bekannte Leute wieder zu treffen, leute näher kennenzu lernen die man beim letzten Mal nur flüchtig kennengelernt hat, leute nach langer Zeit endlich mal zu treffen und sogar völlig neue Leute unverhofft kennen zu lernen (denke hier findet sich jeder wieder ;D).
War soooooo schön ^-^
Also ein herzlichstes Danke nochmal an alle lieben Spontis, amphibisch lebende Tiere, Tuschelkreisveranstalter, Mitfahrgelegenheiten, Veganer-Plätzchen-Tester, Mittänzer, die ganzen restlichen Leute und speziell auch Bett-Teiler =)))
Mir blutet das Herz! Wie gerne hätte ich diesen Tag mit euch erlebt! Ich hatte den ganzen Samstag schlechte Laune…
Vielen Dank für’s virtuelle „Mitnehmen“, hat Spass gemacht zu lesen und vielleicht ist die DB beim nächsten Mal etwas flexibler in den Fahrzeiten ;)
Danke für den schönen Bericht über ein super Event.
War ja im vorhinein doch extrem nervös gewesen, ob ich mich nicht vielleicht doch blamiere und war echt erleichtert, dass man gleich so ins Gespräch gekommen ist. Hab das wochenende sehr genossen und freue mich auf ein Wiedersehen mit der Truppe beim WGT (hofentlich).
Liebe Grüße von der Verrückten aus Berlin
Kathi
Danke für den schönen Tag mit Euch und den tollen Bericht! Es war nett Euch zu treffen, und ich freue mich auf ein Wiedersehen.
Meinen Ausstellungs-Kommentar habe ich bei Shan Dark hinterlassen …
War ein sehr schöner Tag, wenn auch die Führung (wie schon oft erwähnt) zu zügig war und zuviel ausgelassen hat. Den Stressfaktor habe ich auch unterschätzt, ein bisschen wie beim WGT – ohje die nächste Band fängt schon gleich an – war es schon. Die Konzerte waren sehr gut (auch wenn ich aus mir nicht ersichtlichen Gründen das Konzert der Chameleons(Vox) nicht wirklich genießen konnte) und die Aftershow Party war auch sehr geil. Schön so viele wieder zu sehen und das Frühstück in einem schwarz überflutenden Raum war auch sehr schön ;)
Auf ein nächstes Mal in vllt etwas gemütlicher Runde, damit man sich erstmal noch besser beschnuppern kann, vorallem diejenigen die nicht so oft dabei sind.
Auch von mir Danke für die Organisation und es war ein tolles Wochenende das schneller vorüber war als einem lieb sein konnte.
Für die Ausstellung hätte man wirklich mehr Zeit gebraucht, ich wäre gern nochmal in Ruhe durchgegangen aber nachdem ich am Samstag auch ein wenig wacklig auf den Knien war, war die dicke Luft im Museum weniger optimal und ich war dann auch froh um – ausnahmsweise mal – kalte Luft draußen.
Die Konzerte waren auch spitze, mein Favorit war eindeutig Chameleons Vox – nicht nur weil die mir noch am bekanntesten waren. Ein bisschen schade daß wir das Konzert dann nicht bis zum Ende durchgehalten hatten, aber allein die Tatsache daß sowohl Chris als auch ich problemlos im Hotelbett weggepennt sind (was ich bei einem fremden Bett sonst nie schaffe) , sagt wohl genug.
Ich freue mich auf das nächste Treffen, egal ob WGT oder bei einer weiteren Spontis-Organisation, Chris vermisst den ganzen Haufen im Übrigen ebenfalls immernoch :D
@Photo-Trauma: das Gruppenbild war ja noch harmlos *g* – irgendwann mitten unter der Ausstellung griff eine Dame Chris und mich raus und wollte ein Bild oO – aber sie war sehr nett, nach der Führung traf ich sie nochmal, sie wollte dann noch wissen was genau es mit dieser „Schwarzen Szene“ auf sich hat und warum im speziellen unser Grufti-Haufen die Ausstellung besuchte. Die fand das auch recht faszinierend – solche Leute sind einfach toll …
Alles schon gesagt: schön war´s, etwas anstrengend und leider ratzfatz auch schon wieder vorbei.
Das Programm als „Gesamtpaket“ hat mir sehr gut gefallen; was an solch einem Tag meist fehlt, ist genügend Zeit um einfach in Ruhe eine Runde zu quatschen.
Daher schließe ich mich dem Wunsch einiger anderer hier an und sage: bis -hoffentlich- bald mal wieder.
Nochmal herzlichen Dank für die Organisation; ob ich mich an „Fitza-lein“ gewöhnen könnte bezweifele ich allerdings… :)
Es war ein nahezu perfekter Tag. Die Eindrücke klingen immer noch nach. Vor allen Dingen das für mich beeindruckendste Werke „Die Welle“ von Carlos Schwabe. Faszinierend in dieser Größe. Das Entdecken diverser bildgewordener menschlicher Abgründe hatte seinen Reiz. Und den Tag mit toller Musik ausklingen zu lassen, war eine geniale Idee. Mir haben alle vier Bands großen Spaß bereitet. Aber auch das Publikum. Einfach großartig. Und natürlich die abschließende Musik aus der Konserve. Viel zu selten in Clubs gespielt und gehört. Einzig die Gespräche blieben etwas auf der Strecke. Aber das lässt sich ja vielleicht beim WGT nachholen.
Ausführlichere Eindrücke von der Ausstellung und vom Konzert werden in meinem Blog geschildert und würden die Kommentarfunktion an dieser Stelle sprengen ;-)