Als ich ein paar Bekannten davon erzählte, dass ich am vergangenen Wochenende zum Amphi 2011 nach Köln fahren werde, entlockte ich ihnen den zynischen Kommentar: „Du fährst also zum deinem schwarzen Karneval nach Köln!“ Ich war bestürzt, entrüstet und zur Gegenargumentation bereit. Ich holte tief Luft und bereite mich darauf vor, einen längeren Vortrag darüber zu halten, was Kleidung und Styling für mich bedeuten, als ich einen Augenblick inne hielt und nachdachte.
Hatten sie denn wirklich Unrecht? Wie viel Wahrheit schlummert in dieser unbedachten Bemerkung über das Festival in der Domstadt?
Mit guten Vorsätzen und einer optimistischen Grundhaltung machte ich mich also auf, mögliche Vorurteile auszuräumen und das Klischee des schwarzen Karnevals zu entkräften. Das diese Mission zum Scheitern verurteilt sein sollte, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Als ich gemeinsam mit Orphi am Tanzbrunnen saß und die flanierenden Besucher des Festivals betrachtete, stolperten meine Gedanken in die Vergangenheit. Unweigerlich stellte sich mir die Frage, ob es früher möglich gewesen wäre, dass Leute im weißen Lack-Krankenschwester-Kostüm, Leute mit Wikinger-Mützen aus Stoff, Leute mit Jeck-is-Jut-Shirts, Leute mit neonfarbenen Plastikhaaren, Leute mit Uniformen oder Leute mit Schulterdrachen und Spongebob-Sweatshirts in der Darkwave-Disko aufgetaucht wären.
Mit fortschreitender Uhrzeit und steigendem Alkoholpegel schloss sich die Frage an, ob es damals schon so war, dass Grufties ihren Müll in die Blumenbeete schmissen, laut gröhlend die Songs ihrer Bands verulkten oder völlig besoffen die Treppen runter torkelten. Ist es schon immer so gewesen, dass Leute mit Camouflage-Hosen und nacktem Oberkörper durch den Regen stolzierten und leicht bekleidete Mädchen mit Plastikröcken barfuß über den mit Müll übersäten Boden stapften?
Am Samstagabend stehe ich fassungslos vor dem Staatenhaus unter meinem Regenschirm und beobachte die herausströmende schwarz-bunte Masse, die sich quälend langsam bis überraschend schnell die flachen Stufen herunterwälzt. Angeheiterte Frauen, die nicht mehr auf hohen Absätzen laufen können, schleichen vorsichtig die Treppen hinunter, während der Regen bunte Rinnsale in die Gesichter zaubert. Druckbetankte und komatös anmutende Männer, stolpern mit den Armen rudernd und nahezu koordinationslos in atemberaubender Geschwindigkeit die Stufen herunter, während ich darauf bedacht bin nicht von ihnen umgerannt zu werden.
Am Sonntag Nachmittag verrichtete ich gerade meine Notdurft, als sich am freien Pissoir neben mir ein Mitt-Zwanziger-Bondage-Gruftie aufbaut, seinen halb vollen Bierbecher auf dem Rand des Beckens platziert und sich mit einer Hand an den Fliesen abstützt um nicht den Weg des Wassers verfolgen zu müssen – oder, plumper gesagt, nicht mit dem Kopf in der Keramik zu landen. Nachdem er fertig ist, nimmt er noch auf der Toilette einen kräftigen Schluck aus seinem Becher, um die Toilette daraufhin ungewaschen, aber selbstzufrieden zu verlassen.
Nein, ich glaube das war damals nicht so. Aber schon höre ich die Stimmen derjenigen, die mahnend darauf hinweisen, dass sich die Zeiten ändern und dass man nicht in der Vergangenheit leben sollte. Womöglich unken die ersten bereits im Stillen: „Ja, ja, früher war alles besser…“ oder vermuten, ich würde meine eigene Jugend beschönigen um mich nicht mit neuen „Trends“ und Gepflogenheiten beschäftigen zu müssen.
Ich meine, wen soll sich die schwarze Nachwuchsgemeinde denn auch zum Vorbild nehmen?
Die Band Funkhausgruppe (Video), die bei ihrem Auftritt Plastik-Konfetti (Alaaf!) in Publikum feuert? Oder den Ansager Herrn Benecke, der sich damit brüstet alle Namen der Welle:Erdball Bandmitglieder als Tattoo auf dem Arm tragen? Oder sind es vielleicht die „Lauten“ (Winterkälte oder Agonoize), die Inhalt unter das größtenteils leuchtende Publikum streuen? Nach dem Auftritt stellte selbst ein sichtlich verwirrter Sven Friedrich fest: “Hier liegt überall son buntes Zeug auf der Bühne”. Es gibt einfach Dinge, da pflichte ich Herrn Friedrich bei, die gehören nicht auf eine anständige schwarze Bühne. Buntes Konfetti, das aus pyrotechnischen Apparaturen ins Publikum schießt, gehört definitiv dazu.
Sind wir es vielleicht selber schuld, in den unzähligen Musikstilen und Bands der letzten 20 Jahren genau die Falschen ausgesucht zu haben?
Tobi, den ich ebenfalls hier getroffen habe, stellte fest, dass zahlreiche Fotografen dieses „Problem“ verschärfen, in dem sie genau denen eine Präsentationsplattform bieten würden, die darauf aus sind, eine eben solche einzunehmen. „Echte Grufties lassen sich nicht fotografieren!“ stellte auch Mike entsetzt fest. Da werden 2 Menschen in Bundeswehruniformen fotografiert, die als einzige Abwandlung des originalen Zustands des olivgrünen Outfits ein aufgesprühtes Zahnrad auf dem Rücken tragen, während sich gleich schräg dahinter die Linsen um eine in schwarze Latex-Hose gehüllte Oben-Ohne-Klebebandnippel BDSM Fürchterlichkeit scharen und sich die versammelte Presse an der grölenden Bierbecher-Fraktion aus den Niederlanden labt. Man kann verstehen, wenn die Mainstream-Blätter sämtliche Gothic-Festivals mit „Schwarzer Karneval“ umschreiben und Bekannte das Wort leichtfertig in den Mund nehmen.
Es liegt nicht in meiner Natur nur zu meckern, denn auch in den Irren und Wirren des Gothic-Karnevals gibt es dunkle Perlen. Leute, die sich wohlmöglich genau die gleichen Fragen stellen und Pyroeffekte und Flammenwände sitzend und mit einem Spiel auf dem Handy gepflegt ignorieren. Es ist an denen die mehr wissen dafür zu sorgen, dass das ein oder andere fehlgeleitete schwarze Schaf auf den rechten Pfad zurück zu führen. Denn wie Christian von Aster in seiner Lesung bereits las: „Für die, die Nichts taten, ist in der Hölle immer ein Platz reserviert.“
Nachtrag: Das Amphi hat mir, das kam im Beitrag vielleicht nicht so wirklich zum Tragen, gut gefallen. Die Künstler, Bands und Auftritte, die ich sehen wollte, habe ich gesehen und fand sie großartig. Alles Weitere dazu findet sich in der kulturellen Betrachtung des Festivals „Amphi Festival 2011 – Gothic Karneval mit Schattenblicken“ von Orphi Eulenforst.
Umso schöner ist es, Menschen wie dich oder andere Blogger/Twitterer zu treffen, die mir „jungem Hüpfer“ von diesem Früher erzählen. Ich hatte jetzt beim Amphi wunderbare Festivalbegleitung, die mir bei Konzerten von den Krupps und Nitzer Ebb von Auftritten erzählten, die statt fanden, als ich noch nicht mal in Planung war. Das ist faszinierend, dass es auch nach 25 Jahren noch immer einer Band gelingt, die Menschen so zu faszinieren. Ich hoffe, dass einige der „neuen“ Bands das in zehn Jahren auch noch schaffen.
Dein verwirrtes Gesicht war grandios :)
Hm… klingt ja nich so toll… Aber leider hast du recht – war am WGT eigetnlich genauso wie du es hier übers Amphi schilderst.
Danke. Diese Beschreibung trifft nicht nur auf solche Veranstaltungen zu. Leider- aber Du sprichst mir aus der Seele… :/
Ich kann Deinen Ausführungen mühelos folgen, weil ich vor zwei Jahren selber auf dem Amphi war und es genau so schlimm empfunden habe.
Auf dem WGT finde ich es erträglicher, weil sich das Publikum doch sehr aufsplittet. Wenn man dort abends auf eine Batcave/Goth-Rock-Party geht, trifft man eben noch Leute in Schwarz mit Iro, Vogelnest, Pikes und Netzstrumpfhose und so gut wie keine Neonlichter und Mittelalterproleten.
Du sprichst außerdem ein interessantes und wichtiges Faktum an: In der Tat fokussiert sich die öffentliche Wahrnehmung gerade auf diese peinlichen Gestalten, die mit der Gothszene oft gar nichts mehr zu tun haben. Auf diese Weise potenzieren sich in der Szene Archetypen wie die blutverschmierte Braut oder der neongrüne Cyberkasper, sogar Leute in Tierkostümen tauchen auf und alle denken: das ist also Goth … aha …
Sogar die vermeintlichen Szenemagazine betätigen sich als Multiplikatoren solcher Moden. In der Beilage im Zillo zum WGT befindet sich zum Beispiel kaum ein Bild, auf dem ich einen Grufti sehe. Statt dessen werden Steampunks, Cyber, blutverschmierte Gestalten und Dragqueens abgebildet. Nichts gegen diese Leute, vor allem die Steampunks sehen vergleichsweise toll aus. Aber was hat das alles noch mit Goth zu tun????
(Vielleicht ist das Thema Szene-Mode auch mal ein schönes Thema für den Gothic-Friday?!)
Ach, du sprichst mir richtig aus der Seele! :)
Genau wegen den von dir beschriebenen Zuständen habe ich noch nie einen Fuß aufs Amphi-Festival gesetzt und habs auch weiterhin nicht vor. Ähnlich schlimm finde ich das M´era Luna, das ja eigentlich noch nicht mal eine halbe Stunde von mir entfernt liegt. Wenn ich schon allein bei den Bildern sehe, wer da jedes Jahr hinfährt (das für meinen Geschmack miese Line-Up lasse ich mal außen vor), dann kommt mir eigentlich nur eins in den Sinn:
Fremdschämen!
Und dann noch meinem Papa erklären, der der Szene recht aufgeschlossen gegenüber steht, dass blutverschmierte „Zombie-bräute“, neongrüne Cyber, Leute in Tierkostümen nichts mit Gothic zu tun haben…da würd ich am liebsten sagen „Ach scheiß drauf, kein Bock mehr darauf Grufti zu sein, wenn man mit sowas in einen Topf geworfen wird“
Und dennoch mach ichs nicht- vielleicht weils für mich kein Karneval ist, weil ich viel Herzblut da reinstecke und immer noch Menschen treffe die meine Meinung und Ansichten teilen.
Und wenn Leute sich mit Kunstblut besudeln, BW-Uniformen tragen, als Steampunker rumrennen, sich neonfarbene Fahrradschläuche in die Haare basteln, sich Plüschdrachen auf die Schulter pappen usw. dann mag das vielleicht kreativ sein- aber es hat für mich nichts mit Gothic zu tun.
PS: Was den Alkoholkonsum in früheren Zeiten betrifft, da weiß ich von Urgesteinen hier aus Hannover dass das nicht unbedingt weniger war :D da wurde auch viel gebechert.
Ich wusste ja tief im Inneren schon irgendwie, dass ich nichts verpasse…
Jawoll! Leider. Nach meinem 1. Besuch beim AMPHI letztes Jahr war ich genauso ernüchtert, auch wenn ich schon über vieles hinwegsehe und toleriere. Aber dort ist einfach die geballte Ladung und man kann nicht weg – wie das beim WGT möglich ist. Mir waren das zu viele „Weekenders“ und was mir auch nicht gefallen hat war die eine Aftershowparty, die es da nur gibt. Da wird man 23 Uhr in diesen Circus-Rundling gesperrt und muss(te) Ronan Harris beim Auflegen zuhören. Das war nur mit lieben Freunden im Vorraum und ja, nur mit Alkohol zu ertragen. Es ist halt alles sehr eingeschränkt auf eine bestimmte Form von Gothic-Festival, die ich jetzt nicht so präferiere. Da geht es auf dem Mera Luna dann doch irgendwie noch „ehrlicher“ zu, falls jemand weiß was ich meine. Mit dem WGT kann man das AMPHI gar nicht vergleichen – dazwischen liegen aus meiner Sicht Welten. Würde nur wieder hingehen, wenn eine meiner Hammerlieblingsbands spielen würde. Das war dieses Jahr aber nicht der Fall. Und dafür ist es eigentlich auch „gut“: das AMPHI zieht als eines der großen Electro-Festivals eben doch auch mal die eine oder andere Band in die Nähe, die sonst vllt. eher nicht hier spielen würde.
Traurig, aber wahr.
Der Beitrag hätte auch zu 100% dem WGT gelten können.
Ja, auf dem WGT kann man flüchten. Aber die Orte an denen man vernünftige Gothen findet werden von Jahr zu Jahr weniger. Besonders schwierig wird es, wenn sich der eigene Musikgeschmack nicht mit dem Menschengeschmack vereinen lässt. Ich werde mir wohl im nächsten Jahr die Konzerte nach dem Publikum und nicht nach den Bands aussuchen müssen um ein schönes WGT zu erleben.
Was ich allerdings kritisieren muss: Deine Beschreibung der „Nicht-Gothen“ ist doch recht oberflächlich. Du hast damit zwar nicht unrecht. Aber solche Gestalten gab es vor 10+ Jahren auch schon. … nur mit den Unterschied, dass es damals im Charakter noch Gothen waren und nicht – wie heute – besoffene Karneval-Clowns. Es gibt genauso ’normal‘ schwarz Gekleidete die sich aufführen wie o.g. Clowns. Wir hatten gefühlte 200 davon um unseren Zeltplatz. :-(
Ich denke, dass man sich davon verabschieden muss, die großen Festivals als Zusammenkünfte der Szene zu betrachten. Die jeweiligen Line-ups locken Menschen aus diversen (alternativen?) Szenen an. Feiervolk, das auch auf komplett szenefremde Festivals geht.
Vor einigen Jahren war ich das letzte Mal beim M’era Luna in Hildesheim. Ich habe die Besuche dieses Festivals (Ende der 90er noch als Zillo-Festival tituliert) immer sehr genossen. Immer? Nun gut, bei den letzten Besuchen haben die negativen Eindrücke leider deutlich zugenommen. Zu oft fühlte ich mich an Fasching und Ballermann erinnert. Ok, es bleibt ja jedem selbst überlassen, wie er feiern möchte, aber ich habe meine Gründe, warum ich meinen Urlaub nicht auf Mallorca verbringe und Karnevalsveranstaltungen meide. Wenn ich dann auf dem Zeltplatz eines Festivals mit Schlager beschallt werde, mir Menschen in Kostümen entgegenkommen oder Besucher mit langen Strohhalmen um einen Eimer sitzen, fühle ich mich so gar nicht wohl. Dann macht ein Besuch solche eines Festivals auch keinen Sinn mehr. Ist die Szene in der Mitte der Spaßgesellschaft angekommen? Nun ja, die Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Hier kommt es wohl darauf an, wie man die Szene definiert.
Ich war immer ein leidenschaftlicher Festivalgänger. Lange habe ich mit mir gerungen. Soll ich das Amphi besuchen? Aber auch hier haben die negativen Eindrücke des letzten Jahres die Oberhand behalten. Plötzlich inmitten einer neonbunten Tanzformation zu stehen, hat mich doch ziemlich schockiert und gezeichnet. Ebenso die Aftershowparty, die genauso hätte auch bei der Loveparade oder einer anderen Technoveranstaltung stattfinden können. Der Umstand, dass mir das Ganze einfach zu voll war, tat sein Übriges, um mich in diesem Jahr gegen einen Besuch des Amphis zu entscheiden.
Wenn ich das alles so lese stelle ich hier mit offiziell die Frage, wer ein kleines Festival kennt, bei dem man alleinschon den muskialischen Geschmack der Leute trifft, die kein Interesse an „Utz-Utz-Utz-Fick-Mich-Utz-Utz-Utz“ haben. :>
Hi,
also ich finde einige Sachen in dem Posting bemerkenswert. Bei einigen Sachen kann ich gut mitgehen. Ich habe auch ein ziemliches Problem mit den Leuten, die sich auf dem Festival zusaufen und dann ohne Rücksicht auf andere dort einfach die Sau rauslassen. Wir hatten solche Leute zum Beispiel, als wir zur Warm-Up-Party gelaufen sind und in der Schlange standen. Die wollten einfach mal vor allen anderen rein, waren empört, dass sie auch wie alle anderen Schlangestehen müssen… Leider zelteten die auch noch zwei Zelte weiter… Gerade der gegenseitige Respekt voreinander in der Szene ist da einfach mal abhanden gekommen. Und das gibt es dann auch immer wieder in der BesucherInnenmenge vor den Bühnen. Drängeln, ohne Rücksicht auf Verluste, torkelnde Typen, die zwei Meter zu beiden Seiten brauchen um überhaupt vorwärts zu kommen usw.
Was ich aber weniger verstehen kann, ist diese Abneigung gegen die Leute die hier aufgrund ihres Aussehens als andere hingestellt werden. Die Gothic Szene ist eine mittlerweile große Szene geworden, die sich ausdifferenziert hat und dabei verschiedene Stilrichtungen entwickelt hat, nicht nur was Musik angeht, sondern auch Kleidung usw. Und an sich habe ich damit auch wenig Probleme. Ich mag für meinen Teil mag keine Mittelaltermusik und mir liegt diese ganze Mittelalterfaszination ziemlich fern. Aber ich kann mich damit arrangieren. Ich würde auch nie Cyberklamotten anziehen, aber habe kein Problem damit, wenn Leute mit Cyberlocken durch die Gegend laufen und ihre Cybertänze aufführen. Ich habe kein Problem mit den EBM-Menschen… (Das einzige Problem was ich habe sind die Menschen in Uniform, die meinen die SS wieder aufführen zu müssen) Warum ich damit keine Probleme habe ist ganz einfach, es sind absolute Oberflächlichkeiten. Denn was heißt es denn bitte, wenn Menschen in Cyberlocken durch die Gegend laufen?? Nichts, außer, dass sie diesen Stil mögen und vielleicht, dass sie eine bestimmte Musikrichtung bevorzugen. Nicht mehr und nicht weniger. Alles andere sind erstmal oberflächliche Zuschreibungen. Und Leute aufgrund ihres Aussehens zu verurteilen war bestimmt nie eines der Ziele der „wahren Gothics“. Und das sollten die, die „mehr wissen“ auch wissen.
Ich finde die Frage müsste sich stellen, ob es nicht eher das Verhalten bestimmter Leute ist, was nicht in die Szene passt; oder besser, was wir in der Szene nicht wollen. So die homophoben Kommentare von HONEY oder die frauenfeindlichen Sprüche von Benecke… Das sind Probleme die für die Szene wichtiger sein sollten, als über das Aussehen bestimmter Leute herzuziehen… Denn schlussendlich kommt es darauf an wie Menschen miteinander umgehen. Und wenn ich in die Kommentare schaue, dann geht es doch eher darum, dass Leute sich scheiße verhalten und nicht, dass sie doof aussehen.
Dazu gehört dann eben auch die Frage wie stark sich die Szene von Nazis abgrenzt. Da finde ich ein Amphi, mit all der Kritik die ich am Amphi habe, um einiges besser als ein Festival, was es nicht mal schafft sich von Nazis zu distanzieren. An der Stelle hat die Szene doch viel größere Probleme als Cyberlocken oder Vikingerhelme…
@GatheredPain: Bzgl. WGT kann ich Dir nicht ganz beipflichten. Meine – natürlich subjektiven – Eindrücke fallen anders aus. Es gibt doch einige „Rückzugsorte“, die sich so teilweise auch erst in den letzten Jahren „gebildet“ haben. Felsenkeller und die When-We-Were-Young-Partys beispielsweise haben etwas ursprüngliches. Ebenso war es bei Lesungen oder im Pantheon angenehm „schwarz“.
ElisaDay: Das Nocturnal Culture Night Festival in Deutzen kommt zwar auch nicht komplett ohne schwarze Technobands aus, über die ich aber getrost wegsehe und mich den interessanten Künstlern wie DAF, Kirlian Camera, Merciful Nuns, 32Crash, No More, Whispers In The Shadow oder Ordo Rosarius Equilibrio widme. Doch das wichtigste ist hier die Atmosphäre: entspannt und unaufgeregt. Ohne Faschingskostüme und Neonfarben (zumindest bisher).
@gendalus: Natürlich hast Du recht, dass man ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen sollte. Doch gestaltet das Äußere nicht die allgemeine Atmosphäre zu einem großen Teil mit? Und war die „schwarze Szene“ nicht einmal als ein Gegenpol zur schrill-bunten Spaßgesellschaft zu verstehen? Ich möchte niemandem sein Recht auf schrill-bunte Auftritte absprechen. Jeder soll über sich und seine Handlungsweise frei entscheiden. Es sollte aber auch im Bereich des Möglichen liegen, Auftreten und Handlungsweise anderer zu kritisieren und sein Unwohlsein zum Ausdruck zu bringen. Was ich hiermit mache. Ich fühle mich einfach zwischen Neonfarben etc. einfach nicht so richtig wohl, spiegelt es doch die „ungeliebte“ Spaßgesellschaft wider…
Ich denke durch das Aussehen der Cybers etc., der Musik die heute Techno ist und nur als EBM oder Industrial fehletikettiert ist und die Tatsache, dass man wahrnimmt (und hierbei möchte ich darauf hindeuten, dass die Wahrnehmung durch individuelle und soziale Faktoren beeinflusst wird, weshalb ich bewusst das Wort „wahrnehmen“ gewählt habe), dass es diese Leute sind, die sich wie Ballermannproleten aufführen, fühlt man sich als Grufite einfach am falschen Platz und, auf gut Deutsch gesagt, auch irgendwie verarscht.
Das sind einfach Bilder die man von einem solchen Festival nicht erwartet und die dem ganzen einfach die Atmosphäre nehmen.
Diese Aussagen bzgl. des Äußeren der anderen sind ein schmaler Grat.
Einerseits ist man sich durchaus bewusst, dass das nicht alles ist und dass die Innere Haltung zählt, doch andererseits gehört für viele eine gewisse Ästhetik eben dazu, die eigentlich weit weg von Neonfarben und entblößten Brüsten ist. Und wie bereits erwähnt, viele machen dann die Erfahrung, dass sich Menschen mit diesen Äußerlichkeiten grobe Fehltritte erlauben. Natürlich ist das lediglich die Alltagstheorie eines jeden Einzelnen, aber ich muss ganz ehrlich sagen, ich ertappe mich auch oft dabei, wie ich mir gedanklich die Frage stelle, ob da nicht wirklich irgendwie ein Zusammenhang besteht…
Also erstmal netter Beitrag, schön geschrieben …
Aber es hört sich tatsächlich nach „früher war alles besser … “ an.
Ich mein wo ist das Problem das Amphi hat nicht den Anspruch ein Gothic /Grufti / wie auch immer Festival zu sein (wie zb WGT). Wenn da FeindFlug im Line-Up steht kann ich damit rechnen das da gefühlte 25000 Uniformierte rum rennen (teils recht gut gemacht teils nur billige BW-Uniformen). Dazu muss man kein Prophet sein und wenn da Aggonoize steht dann rennen da auch Unmengen an Leuten mit Kunstblut rum etc … Ich mein das ist alles Schwarze-Zene hat sich so halt Entwickelt. Die sagen ja auch nicht das sie Grufties sind und wen irgend wo Umbra spielt oder Zeraphine werden dort auch keine mit Blut besprühten Zombies durch rennen … Klar gibt es Sachen die man nicht verstehen muss wie das mit dem Müll war sehr dreckig auch der Zeltplatz sah aus wie Sau aber naja und getrunken wird halt über all …
Möglicherweise hat montravont Recht. Wenn man sich die Bandauswahl anschaut, muss man damit rechnen, dass so ein Publikum auftaucht. Darkwaver, Batcaver oder Oldschool-Grufties werden sich durch das Line-up nicht angesprochen fühlen.
Deshalb denke ich, dass es tatsächlich an den Veranstaltern liegt, die sich nicht auf ein Konzept festlegen und Lesungen, Zeraphine und Diorama mit Kirmesständen, Agonoize, Trallala und dann noch mit Plastik-80er-Musik und Mittelalterbands mischen. Auf so einem kleinen Gelände wie dem Tanzbrunnen kann man da – anders als auf dem WGT – nicht ausweichen. Wir haben es ja versucht. In der Halle wurden wir hiermit beschallt:
http://www.youtube.com/watch?v=03bOFwgn0MM
Draußen wurde das hier geboten:
http://www.youtube.com/watch?v=1hWQimiwguM
Das schallt übers ganze Gelände und ich persönlich bekomme davon auf Dauer Kopfschmerzen. Und zwischendurch dann immer nur die kleinen „Inseln“ – sprich die Programmpunkte, die etwas in die Tiefe gingen. Vielleicht sind solche Festivals einfach nix für Leute, die – zugegeben in „Früher-war-alles-besser-Manier“ – die zurückhaltendere Art mit etwas Tiefgang und weniger Show mögen.
Oh je. Mich hat Dein Artikel auch ans WGT erinnert, wobei sich das ja anscheinend sehr langsam wieder ins weniger Furchtbare entwickelt. Da bin ich ganz froh, dass ich es nicht zum Amphi geschafft habe. Ich habe auch Fotos vom Blackfield Ende Juni gesehen und mir wurde ein bisschen anders. Dort lief unter anderem ein Mensch in einem riesigen Hello-Kitty-Kostüm aus Lack (?) herum. Wie oft der wohl fotographiert wurde?
Ein Freund von mir meinte mal zu dem Thema, man müsse sich halt sowohl einen gewissen Idealismus als auch ein gepflegtes Maß an Intoleranz erhalten, um als Szene nicht ganz „auszufransen“. Ich neige dazu, ihm zuzustimmen.
Oder man nimmt es mit Humor, wie einige Batcaver am WGT vor der Agra, die Bonbons geworfen und gejubelt haben, wenn jemand herauslief, der nach Karneval aussah. Die Leute, die gemeint waren, haben sich wohl meistens gefreut und mitgejubelt.
Ich bin mal gespannt, wie das Publikum am Apocalyptic Factory Festival sich so zusammensetzen wird, aber ich gehe mal von „ziemlich angenehm“ aus.
Vielen Dank für eure Kommentare!
Sicher, es geht mir tatsächlich darum, etwas überspitzt darzustellen, wie ich das mir gebotene Bild empfand. Montravont hat sicherlich recht, wenn er das musikalischen Rahmenprogramm für die Mischung verantwortlich macht, es ging mir jedoch nie darum, einen Schuldigen zu finden. Ich sehe auch nicht den Veranstalter als Sündenbock, denn letztendlich möchte der den Tanzbrunnen ja füllen, was ihm auch dieses Jahr gelungen ist. Verbesserungsbedarf gibt es allerdings an der Abfolge der Bands, stellenweise waren einfach keine Rückzugsmöglichkeiten vorhanden.
Es geht mir vor allem darum – und Guldhan ließ es schon anklingen – um die Verwandlung zur oberflächlichen Masse einer bunten Spaßgesellschaft, deren Ziel es ist, sich 2 Tage lang gepflegt abzuschießen und durch möglichst lächerlich wirkenden Kostüme einen Funken Aufmerksamkeit zu erregen. Das kann und sollte nicht das Ziel sein.
Der schwarzen Szene ist auf fatale Art und Weise einer der gemeinsame Nenner abhanden gekommen, die Ablehnung der „normalen“ Gesellschaft, die sich am Wochenende in den Tanztempeln der Stadt zu billigen Cocktails in einen Rausch schießt um den Alltag zu ertragen. Wenn sich so eine Veranstaltung anfühlt wie ein Schützenfest, oder eine Karnevalsparty, auf der es meiner Meinung nach um einen Rauschzustand in Verkleidung geht, dann haben wir etwas falsch gemacht. Ich habe nichts gegen Alkohol, überhaupt keine Frage, aber in meinem schwarzen Umfeld wissen die meisten damit umzugehen.
Wobei ich „schwarz“ in den Vordergrund rücken möchte. Krankenschwester-Kostüme, rote Lackuniformen und mit Blut besprenkelte weiße Hemden gehören nicht dazu, eine Gewisse Intolranz, da gebe ich beispielsweise Anja recht, sollte man sich erhalten. Was soll denn das? Wenn wir es nötig haben, uns innerhalb der Szene durch neue Unmöglichkeiten und knallige Farbspiele zu übertrumpfen, dann haben so manche Mitglieder nichts von dem verstanden, was die Szene ausmachte oder ausmachen sollte. Das ist meine Meinung. Und dennoch: Die Szene, so wie ich sie meine, existiert. Überall, verstreut und in kleinen, meisten stillen Orten.
Nicht das mich jemand falsch versteht, ich mag Festivals wie dieses. Sie sind ein willkommener Anlass Freunde aus ganz Deutschland zu treffen, gemeinsam den Klängen der „guten“ Bands zu lauschen und noch bis tief in die Dämmerung über die Sinnhaftigkeit von Irgendetwas zu reden. Man lernt eventuell neue Bands und neue Leute kennen, bekommt einen Überblick und hat die Möglichkeit ein Sammlung von Szene-Shops sein Geld in den Rachen zu werfen und die Klamotten anzuprobieren. Ich mag auch das Amphi. Es ist in Köln, also direkt um die Ecke, die Location ist toll und der Eintrittspreis geht in Ordnung.
Jetzt habe ich den Tag über mit immer größer werdenden Bauchschmerzen diese Einträge verfolgt und bin nun sehr froh, dass am Ende doch noch ein positiver Gesamteindruck vom Festival übrig geblieben ist.
Für mich war die Veranstaltung nämlich die (längst überfällige) Möglichkeit, Persönlichkeiten, die schon seit Langem ein wichtiger Bestandteil meines Lebens sind, kennenzulernen oder zumindest aus nächster Nähe zu betrachten.
Von der Vor- und Ausstellung Annie Bertram’s „Obsolete Angels“ über die Konzerte von Zeraphine, Clan of Xymox, Deine Lakaien und Subway to Sally bis hin zu den Leuten vom Black Demon Radio oder den Jungs von Out of Line.
Robert und Sabrina, sowie all die fantastischen Menschen, mit denen ich mich über ihre Leidenschaften unterhalten konnte.
Und ich hätte nicht gedacht, wie verzaubernd der Dom bei Nacht sein kann, wenn man noch total unter Strom vom Festival zurück zum Hotel spaziert.
Also was das photographieren betrifft, bin ich der Meinung, wer ein Photo machen will der soll. Ich wurde auch so einiges Mal photographiert, mal mit Erlaubnis, mal ohne zu fragen, und ich denke ich bin deswegen nicht weniger Gruftie. Viel eher stören meines Empfindens nach Leute die gezielt nur darauf aus sind photographiert zu werden.
Wegen den Rückzugsorten auf dem WGT, in meinem Fall die When we were young Party, kann ich nur zustimmen, da is es großartig ursprünglich, hab mich gefühlt, als wäe ich in das 89er Video reingefallen :D
Bin eher durch Zufall auf die Seite gestoßen, habe aber diverse Beiträge interessiert, zum Teil auch amüsiert, meinen Gehirnwindungen als Nahrung vorgeworfen.
Daß die Szene nicht mehr das ist, was sie einmal war; daß sie regelrecht versaut ist und (ich nehme mir ob diverser Erlebnisse heraus, das zu behaupten) der Großteil der gerade im Erwachsenenalter angekommenen Neuankömmlinge weder die der Szene eigentlich zugrunde liegenden Ansichten verinnerlicht oder verstanden haben noch den Aufwand betreiben, sich damit zu befassen, dürfte mittlerweile doch bekannt sein. Es ist eine Begleiterscheinung der heutigen Zeit und der heutigen Gesellschaft, daß sie dieser Tage gar die Kraft hat, eine Szene zu beeinflussen, die sich ihr eigentlich entgegenstellen möchte. Der Feind im eigenen Bett – oder: Die Revolution frißt ihre Kinder. Heute bezeichnet man sich schon als Schwarz, nur weil man die damit verbundene Musik hört oder die Kleidung so toll findet. Schwarzsein ist zur Zeit eben leider „in“. Viel mehr ist da nicht, Hintergrundwissen und Inhalt scheinen verpöhnt. Und es gipfelt darin, daß „Vorbilder“ es uns vor-machen bzw. diese Entwicklung nicht nur unterstützen sondern gar zu forcieren scheinen: Stichwort Unheilig… Oder die auf dem diesjährigen aufspielenden Kirlian Camera, die aus dem PF-Klassiker „Comfortably Numb“ eine stupide Stampf-Techno-Nummer machen und ihn damit gnadenlos der zu transportierenden Aussage berauben. Oder Welle:Erdball, die rotzfrech das Sachsenring-Logo zitieren…
Daß groß angelegte Festivals u.ä. zum Schaulaufen benutzt werden, ist dann eine logische Folge. Von mir aus, lassen wir den Kindern ihren Spaß. Solang man sich der eigenen Ansichten bewußt ist und noch in den Spiegel schauen kann: Omnius tempus habent – alles hat seine Zeit! Und so bin ich guter Hoffnung, daß auch diese Mode-Erscheinung vergeht. Trotz allem geht auch mir das berühmte Messer in der Tasche auf, wenn ein O-Ring getragen wird, allein weil er so „schön aussieht“. Oder wenn (vor allem durch weibliche Jungspunde) Uniformen (oder deren Teile) wie die der Nationalen Volksarmee oder der Roten Armee spazieren getragen und auf diese Art und Weise entehrt werden. Solche Leute würde auch ich sehr gern sofort aus der Szene verbannen!
Noch konkret zum Amphi: Das Gelände ist gemietet, die Verpflegung fremdbetrieben. Klar, daß der Derjenige darin eine Gelddruckmaschine sieht. Und wer dem Betreiber nicht zu Reichtum verhelfen will, der schafft es wie ich mit gesundem Willen auch, die Ausgaben in diese Richtung zu minimieren. Zudem: Es gab eine kostenlose Trinkwasserversorgung – nicht unbedingt selbstverständlich, hat mich aber auch über beide Tage gebracht. – Das Alkoholproblem ist mir persönlich gar nicht so „über den Weg gelaufen“. Vielleicht die berühmte „subjektive Wahrnehmung“.
Darüber hinaus noch ein Hinweis dem Autor: Das Amphi ist kein Gothic-Festival, sondern ein Treffen für die gesamte schwarze Szene…
Ohhh man…du sprichst mir wirklich total aus der Seele.Ich habe dieses Jahr weder das WGT noch das Amphie besucht und bei dem Mera Luna bin ich mir auch nicht so sicher :/
Ich bin noch realtiv frisch in der Szene(1 1/2 Jahre) und mich haben definitiv ganz andere Aspekte angezogen als dieses ganze bunte Zeugs.Ich kann damit einfach nichts anfangen,vorallem mit den Cybern.Die sehen für mich aus als wären sie von der Loveparade übrig geblieben und wollen die Klamotten nicht verkommen lassen ;)
Ich war sehr glücklich das es bei uns auf dem Zita vielleicht einige verirrte gab,aber im Großen und Ganzen war es so wie ich mir ein Szenefestival vorstelle.(kann aber auch an dem Line Up gelegen haben)
Ich wüder mich freuen wieder mehr die „alte“ Szene zu sehen und darin umherzuwandeln.
„Darüber hinaus noch ein Hinweis dem Autor: Das Amphi ist kein Gothic-Festival, sondern ein Treffen für die gesamte schwarze Szene… “
@servon: Vielen Dank für die Zündung dieser Diskussionsrakete. Da beantrage ich doch mal beim Chefredakteur einen eigenen Post zu „Gothic“, „Grufti(e)“ und „Schwarz“. Gerne mit Teil 2 zu „Szene“, „Subkultur“ und „Lifestyle“. *freufreufreu
Puuuh, das ist doch alles mehr oder weniger wie erwartet und ich habe eigentlich nichts hinzuzufügen was (besonders von Robert, Tobi und Sabrina) nicht schon geschrieben worden wäre…
Ich für meinen Teil finde mich einfach langsam damit ab, dass all diese Menschen (Cyber, Mittelalterprolls, Bondage-Nachwuchs, etc.) einfach im Großen und Ganzen eine andere Szene sind.
Ich gehe kaum noch in Clubs wo ich mit sowas konfrontiert werde, auf Festivals schon garnicht, und lebe lieber … naja, nicht direkt in der Vergangenheit, aber in einer kleinen und überschaubaren Szene die kein großes Problem damit hat zuzugeben, dass früher einfach wirklich alles besser war ;)
Hallo.
Solche Veranstaltungen sind – wie die Szene mittlerweile selbst – eine Massenveranstaltung.
Nachdem die Masse der Gesellschaft meiner Meinung nach nun mal aus Dreckbären besteht, wundert es mich nicht sehr, sie auch hier vorzufinden.
Daraus resultierend gibt es mehrere Möglichkeiten, seine Konsequenzen zu ziehen.
– Ich halte mich weiterhin dort auf, muß mich aber in regelmäßigen Abständen aufregen.
– Ich bin dort, aber mir ist das alles egal/blende es aus.
– Ich bleibe fern.
Letztendlich bleibt es jedem selbst überlassen, ob bzw. wie er die Szene unterstützen will.
@Sheik Yerbouti: Für mich hast Du es damit ziemlich gut auf den Punkt gebracht. Ich schließe mich an und wähle bei Anwesenheit einer sehenswerten Band die mittlere Variante und ansonsten die letztere. Die erstere wählt man, wenn man die Erfahrung gerade gemacht hat und es erstmal raus muss ;o).
Und ich fande die Bandauswahl dieses Jahr fürs Amphi so gut…
Naja war aber fast klar, dass es auch bei vielen guten Bands so kommt…
So, jetzt möchte ich auch meine bescheidene Meinung zu diesem Thema abgeben.
Wie scheinbar so viele andere hier auch, kann ich persönlich den ganzen „Knicklichtern“ nichts abgewinnen. Aber hier denke ich mir „Leben und Leben lassen!“.
Auch Leute, die sich mit Vorsatz die Lichter ausschießen und das dann als „Spaß“ verstehen finde ich unmöglich. Aber solange sie dann einfach besoffen in der Ecke liegen und nicht pöbeln… von mir aus.
Was ich aber als viel problematischer einstufe, ist die scheinbar fehlende Abgrenzung zum rechten Spektrum, da schließe ich mich Gendalus an. Mir sind auf dem Amphi tatsächlich zwei, drei Uniformen aufgefallen, die ganz klar der SS zuzuordnen waren (es fehlten nur die verräterischen „Runen“). Da bekomme ich wirklich das kotzen.
Und wenn hier einige das WGT erwähnen… gerade der Veranstalter des WGT fällt hier negativ auf. In den letzten Jahren gab es ja mehr als einen Grund, sich über die Nähe zur rechten Szene aufzuregen (Band-Eklat, „schwarze Sonne“, ein offensichtlich „brauner“ Mit-Veranstalter).
Ich würde mir wirklich wünschen, das sich die all die „wahren“ Schwarzen mit diesem Thema auseinandersetzen, als sich über Kleiderordnungen zu streiten.
@karambolage
Das ist ganz sicher ein Thema, das beschäftigen sollte und das natürlich schwerer wiegt als optische oder musikalische Aspekte. Doch ein einziger Artikel kann nicht alle Aspekte beleuchten. Die von dir erwähnten Punkte wurden zum Beispiel hier angesprochen und diskutiert:
https://www.spontis.de/schwarze-szene/brennpunkt/schwarz-braun-sind-auch-wir/
https://www.spontis.de/schwarze-szene/brennpunkt/wgt-2011-gezielte-provokation-eines-unpolitischen-treffens/
https://www.spontis.de/schwarze-szene/brennpunkt/leichtfertiger-umgang-mit-symbolen-rechter-ideologien/
Es gibt eben zahlreiche Entwicklungen in der Szene, die Grund zur Diskussion liefern. Für mich persönlich gehören Musik und Ambiente auch dazu.
Orphi
Danke für die Links. Da ich nur zufällig über den Artikel gestolpert bin, waren mir die anderen Artikel unbekannt.
Natürlich kann ein einzelner Artikel nicht alles leisten, das ist mir schon klar. Ich finde es nur bemerkenswert, das in den Kommentaren dazu ein interessanter Aspekt aufgegriffen wird und dann keiner mehr darauf eingeht. Scheinbar stören sich die Leute eher an Schnapsleichen und „Textmarkern“ als am rechten Gesindel >provokation/off<
@karambolage: In der Regel ist das nicht so. Doch rechtes Gesindel haben sich genauso in die Szene geschlichen, wie Schnapsleich und Textmarker, daher ist der Kern des Problems gleich. Falsch verstandene Toleranz und fehlende Reflexion neuer musikalischer Strömungen. Ein Artikel wie dieser soll polarisieren und genau die angeregte Diskussion auslösen, die hier geführt wird.
Ich finde es sehr gut, wenn Kommentatoren solche Aspekte ansprechen, denn das ist wichtig und richtig, noch wichtiger ist, das dann Menschen wie du diesen Aspekt herauspicken und beleuchten.
Ein Artikel kann niemals alles sagen, daher ist es wichtig, auf einzelne Sache immer wieder einzugehen, auch wenn die Vergleiche unerwünschter Strömungen zunächst als unpassend erscheinen. Deshalb: Immer weiter so kommentieren und Fragen stellen, Hintergründe beleuchten oder eigenen Sichtweisen schildern, nur so wird aus einem Kommentar eine Diskussion.
Hast es echt treffend formuliert! Ganz ehrlich…. MICH entsetzt das teilweise so sehr, dass ich mich kaum noch wirklich darauf freue, zu diesen gothic-catwalk-events zu gehen….ja, schade dass das ‚eigentliche‘ verloren geht bei viiiielen jüngeren leuten….
@Robert:
Auch ich finde, das der Austausch im Endeffekt wichtiger ist, als der Artikel, der eben diesen angeregt hat. Allerdings muss man sich auch bewusst sein, das man hier nie zu einem wirklichen Ende gelangen kann, dazu ist der Austausch nicht „direkt“ genug. Dabei würde mich eine Diskussion zu diesem Thema wirklich reizen.
Leider ist es eine traurige Tatsache, das es rechte Gruppierungen immer wieder schaffen, sich in unterschiedlichsten Szenen zu etablieren. Auch wenn es nur Minderheiten sind, so ist es erst recht nötig, das sich die Masse sensibilisieren lässt und immer wieder Zeichen gegen braune Kameraden setzt. Der offene Brief von diversen Künstlern (u.a. ASP) zu dem WGT-Drama ist da ein Anfang.
Aber um noch einmal zum Ausgangsthema zurück zugelangen… ich habe auch dieses Jahr das Amphi genossen. Eben wegen seiner Vielfalt! Das Line-up ist schon recht lange bekannt gewesen und so konnte sich bereits im Vorfeld jeder sein Bild machen, welches Publikum ihn dort erwartet.
Gereizt hätte mich dieses Jahr nur noch das Blackfield, aber aus monetären Gründen habe ich diese Planung ruhen lassen :-(
Nächstes Jahr könnte es aber dann durchaus passieren, das auch ich das Amphi meiden werde. Das liegt dann aber nur am Line-up, denn außer Mono Inc. ist bislang nichts für meinen Geschmack dabei… (Gott bewahre mich vor den Zombies der „Sisters of Mercy“!!!).
Also ich glaube ich gehe das nächste Jahr mal knallbunt aufs Amphi. So im Goa Indisch Stil vllt. Gibt ja so bunte Gewandungen. Aufbegehren gegen den Einheitsschritt. Nur das beste, teuerste Kostüm zählt. Das ist nicht meine Welt. Ich bin sehr gerne auf dem Amphi und das beobachten der Leute ist sehr interessant, sowie natürlich die einzelnen Acts. Immer wieder stellt sich mir die Frage, was ist Gothic? Ist es schwarz gekleidet zu sein, sind es Cyberlocs, Brustpanzer, Steampunkoutfits, Uniformen? Nein Gothic hat für mich mit Klamotten garnix zu tun, es ist eine innere Einstellung zur Gesellschaft, hat was mit Toleranz anderen Gruppen gegenüber zu tun ohne gleich alles von anderen zu übernehmen. Leben und Leben lassen ist Goth für mich, das Sinnieren über den Sinn des Lebens und der Zukunft die uns erwartet. Das nicht mit dem Strom schwimmen. Sei bunt wenn alle Schwarz sind ;-) So im übertragenen Sinne.
Gothic != Klamotten.
Gothic == Einstellung
Ach ihr und eure mutmaßliche Einstellung. Mir wird immer ganz komisch dabei, wenn ich das lese. Wenn für das, was Du da aufzählst, tatsächlich das Wort „Gothic“ als Synoym infrage käme, wären gar viele Menschen Goth, ohne es a) zu wissen und b) Bestandteil der Szene zu sein.
Toleranz und Grübeln über Gott und die Welt -> das hat mit (schwarzen) Szenen zwangsläufig nichts zu tun. Gegen den Strom zu schwimmen versuchen auch die Alternativen, die eher aussehen wie bunte Ökos und damit schon wieder einer gewissen Uniformierung folgen. Die Masse in der Masse.
Gothic =/= Einstellung.
Gothic == Lifestyle, der sich schon immer hauptsächlich über Musik und andere Kultur- und Konsumgüter definierte. Nicht mehr, nicht weniger. Macht doch da nicht immer so einen HokusPokus drumherum.
Ästhetik, auch die der Kleidung außen vor zu lassen, halte ich bei Subkulturen generell für Schwachsinn. Dafür ist der Punkt zu präsent und wichtig.
…und ein Jahr später stelle ich bei meinem Erstbesuch auf dem Amphi fest, dass sich nichts verändert hat (jedenfalls nichts zum Positiven).
Das ist so eine Veranstaltung, die mich überhaupt nicht lockt. Zig Bands, die ich nicht sehen will (die paar Ausnahmen kann ich an fünf Fingern abzählen). Und garantiert auch ein Publikum, an dem ich kein gutes Haar lassen würde. Da weiß ich meine Zeit und mein Geld besser zu verschwenden. ;)
Beim Überfliegen der Beiträge werde ich übrigens wieder einmal an meinen damaligen Links/Rechts-Streit erinnert. Auch heute noch bin ich der Ansicht, dass die „Braunen“ (bzw. ein Teil von ihnen) nichts weiter als eine weitere linke Facette darstellten: radikal, umstürzlerisch, revolutionär und proletarisch… zu guter Letzt scheindemokratisch, ganz im Sinne eines Robespierre. Nationale Sozialisten, nationale Bolschewisten… Allesamt nährten sie sich am Marxismus und linker Politik, was den Rechten, nämlich dem Adel oder dem reaktionär eingestellten Bürgertum, ganz und gar nicht schmeckte. Die Linke ermöglichte erst den Nationalsozialismus. Ausgerechnet die vermeintlichen Gegner, die Kommunisten, hatten Anteil an dessen Aufstieg. Gemeinsam wurden Streiks geplant, Uniformen und Parteien über Nacht gewechselt, und niemand störte sich daran, als ein Goebbels einem Ulbricht brüderlich die Hand schüttelte. „Nazis und Kozis“, wie’s die Sozialisten damals so schön sagten…
Oh, wusste gar nicht, dass Erica Steinbach hier auch mitkommentiert.
Hatte echt gehofft, dass dieser geschichtsrevisionistische Unsinn irgendwann mal aufhört…
Der Revisionismus besteht bereits, nämlich darin, von Rechtsextremen zu sprechen, wenn man Nazis meint. Die Nazis bildeten ein nur schwer zu definierendes Konstrukt, das sehr wohl linke Ideen aufgriff und von Linken durchsetzt war. Unter Gregor Strasser (ehemals SPD) waren die Nazis eindeutig nationalistisch-links (klingt zwar bescheuert, aber genau das trifft es).
Darüber diskutierte ich übrigens schon lange vor der Äußerung irgendeiner Frau Steinbach. Selbst anerkannte Historiker wie Joachim Fest, die den Nationalsozialismus in die Nähe des Stalinismus (und damit nach links) rücken, hatten das schon Jahre vor Frau Steinbach erörtert. Und niemand hatte sich daran gestoßen. Vermutlich weil sie mit mehr Vorsicht an die Sache herangingen.
Ist zwar von heuer, aber bin ich grad drüber gestolpert und wollt das schnell mal einwerfen:
Bin schon wieder weg *eilig hat*
Vielen Dank für eure zahlreichen Hinweise und Bereicherungen. Natürlich gibt es auch vom diesjährigen Amphi-Festival in Köln einen Beitrag, der heute Abend erscheint. Ihr dürft also gespannt sein ;) Ich würde mich freuen, wenn ihr die aktuelle Diskussion dorthin verlagern würdet.