Zombiefilm: The Dead Don’t Die – Umweltzerstörung und Konsumzwang als Untergang der Welt

Aufmerksam streift der Einsiedler Bob (Tom Waits) durch den Wald. Vor einem Ameisenhaufen bleibt er stehen und betrachtet das wirre Treiben. „Völlig durcheinander“, bemerkt er. Wenige Schritte weiter entdeckt er ungewöhnliche Pilzgewächse am Boden – „ihr solltet nicht hier sein“, stellt er fest. Die Welt scheint aus den Fugen geraten. Das bemerken auch Chief Cliff Robertson (Bill Murray) und Officer Ronald Peterson (Adam Driver), die auf Streife durch das verschlafene Nest Centerville unterwegs sind: „Warum ist es eigentlich um diese Uhrzeit noch hell?“ fragen sie sich untermalt von Sturgill Simpson: „Oh, the dead don’t die, Anymore than you or I, They’re just ghosts inside a dream, Of a life that we don’t own“. Am nächsten Morgen sind sie da, die Toten, die nicht gestorben sind.

Jim Jarmusch (Regisseur von unter anderem Only Lovers Left alive) hat sich mit The Dead Don’t Die erneut an ein Thema aus dem Reich des Grusels und Horrors gewagt. In dieser Zombieparodie scheinen alle Akteure, außer dem Aussteiger Bob, mindestens einen Schritt neben sich selbst und der Wirklichkeit zu stehen. Obwohl sie diese völlig unverschleiert erkennen und annehmen, wie die Tatsache, dass man sich morgens die Zähne putzt. „Zombies“ stellt Cop Ronnie fest: „Untote, Ghoule“. Was auch sonst?!

Wie es dazu kam? Durch die Verschiebung der Erdachsen, ausgelöst durch massives Fracking an den Erdpolen. Durch Gier, durch Verleumdung, durch Ignoranz. Selbst der Mond hat was abgekommen und strahlt im lila Schleier vom Himmel. Toxische Mondstrahlung. Das Tag-Nacht-Gefüge ist verschoben. Mal viel zu lange hell, mal viel zu schnell dunkel. Kein Wunder, dass die Toten  nicht mehr wissen, ob sie tot sind, oder doch unter die Lebenden gehören. Oder Teile der Lebenden in ihren Magen. Abgesehen davon tun sie das, was sie in ihrem konsumgeschwängertem Leben auch schon getan haben.

Ziemlich platt, offensichtlich und einfach? Ja und Nein. Klar, die Story ist leicht erzählt, das Zusammenspiel der Faktoren und der damit verbundene Fingerzeig übereindeutig. Oder doch eher die Resignation? Aber im Grunde ist es doch genau das: Wir wissen ganz genau was unser Lebensstil anrichtet, aber wir stehen dumm rum und tuen so als wäre es nicht aufregendes.

Darüber hinaus hat Jim Jarmusch das Talent völlig unprätentiös und einfach eine Geschichte zu kreieren, die unzählige Fragen aufwirft, auch wenn an sich gar nicht wirklich viel passiert.Das schöne daran, man muss sich die Fragen aber nicht unbedingt stellen, sondern kann es, wie die Akteure des Films einfach so hinnehmen. Die Charaktere wirken in ihrer Entrücktheit auch einfach zu sympathisch. Jims Geschichten nehmen immer einen Faden irgendwie im Wollknäuel auf, folgen ihm ein Stück und lassen ihn dann wieder fallen. Nur manchmal erhält man eine kleine Tuchfühlung mit einem Seitenstrang, der dann auch gleich wieder weg ist. Trotz der Offenheit der Geschichte ist sie in sich abgeschlossen. Der Film zeitweise urkomisch, zeitweise so skurril, dass es einfach nur noch seltsam ist. Und dazwischen robotert Tilda Swington als skurrile Bestatterin Zelda Winston durch die Szenen.

Nur soviel sei noch verraten: „Das nimmt kein gutes Ende“

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Wiener Blut
Wiener Blut (@guest_58126)
Vor 5 Jahre

Meine Frau und ich sind ja seid Silence (https://youtu.be/tDymQWOxwQE) große Adam Driver Fans…. und die schauspielerische Wandlung in the dead dont die ist Klasse. Der Film hat uns vor etwas mehr als einer Woche wirklich gut gefallen. Genug Humor, genug Gesellschaftskritik „durch die Hintertür“, genug wirklich gelungene schräge… neee… eigentlich logisch konsequente…. Figuren und Szenen/ Handlungen. Ich persönlich fand den Film intelligent und witzig… weder platt an Humor, noch an Charakteren, noch an Kritik. Auch das Ende war für mich völlig okay…. obwohl ich verstehen kann, dass nicht jeder gerne so in den Abspann geschickt wird. P.S. Ich kann mit „Das nimmt kein gutes Ende“ gut leben… also nicht nur im Kino. Aber das ist ne philosophische Sache, und auf welche Richtung man da steht.

Victor von Void
Victor von Void(@vivovo)
Vor 5 Jahre

Interessant fand ich auch, dass hier tatsächlich mal ein Charakter in einem Zombiefilm darauf kommt, dass er es mit Zombies zu tun hat und sie auch so nennt, denn in den meisten Filmen scheinen Zombies völlig unbekannt oder zumindest kein Teil der Popkultur zu sein. Zudem scheinen Teile der Dialoge improvisiert zu sein, was der Sache noch zusätzlichen Humor verschafft. Für mich ist Jim Jarmusch einer der kreativeren Regisseure („WiiiiFiiiiiiii…..“) und zusammen mit so genialen Schauspielern wie Tilda Swinton oder Bill Murray definitiv sehenswert.

Mina Miau
Mina Miau (@guest_58177)
Vor 5 Jahre

Gesehen und für sehr gut befunden! Eben ein klassischer Jim Jarmusch. Ich finde, er schafft es einfach immer wieder, Filme zu drehen, deren Story so auch schlichtweg passieren könnte. Vollkommen unaufgeregt zeigen sie, wie das Leben vermutlich aussehen würde, wenn entsprechende Dinge passieren. Bin ich als Jahrhunderte alter Vampir vom Leben gelangweilt und frustriert? Ja verdammt! Werde ich in der plötzlich auftretenden Zombieapokalypse irrationale Dinge tun und vermutlich draufgehen? Ja. Jarmusch hat keine Angst davor, zu zeigen, was wir Menschen nunmal sind: Menschen. Wir scheitern, wir zweifeln, wir langweilen uns, wir sterben. Wir sind unseres Alltags überdrüssig und vollkommen übersättigt von allem. Sehr nett fand ich übrigens auch die klassischen Zombiefilm – Anlehnungen, hoch lebe Romero ;) (jaja, ich weiß, er ist tot).
Nicht zu vergessen natürlich: Jarmusch geizt definitiv nicht an der dem Zombiefilm eigenen Kapitalismuskritik. Fracking als Auslöser, nach WLAN hungernde Untote. Kleine Anekdote am Rande: Also ich mir den Film im Kino ansah, saß vor mir in der Reihe eine vermutlich vollkommen überforderte junge Dame, die 90% des Filmes in ihr Handy starrte. Bei der besagten Szene lachte sie und schaute wieder in ihr Handy. Bitte Jim, wir brauchen sehr schnell mehr solcher Filme!

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