Ehemaliger „Ratinger Hof“ in Düsseldorf schon wieder geschlossen

Der Ratinger Hof, die Keimzelle des deutschen Punks, ist wieder einmal geschlossen. Eines der geschichtsträchtigsten Lokale der Düsseldorfer Altstadt hat sich zur Problem-Immobilie entwickelt, die nicht zur Ruhe zu kommen scheint. In einer aktuellen Ausgabe der Zeitung „Express“ fordert Punk-Veteran Rudi Esch, aus dem „Hof“ ein Punk-Museum zu machen.

Ende der 70er Jahren nutzen die Toten Hosen, die damals noch unter dem Namen „ZK“ auftraten, den Bierkeller des Ratinger Hofs, um zu proben und konnten sich auf der Bühne ihre ersten Sporen verdienen. Bands wie Mittagspause, Male, Din A Testbild und Fehlfarben inspirierten viele Besucher zum Gründen eigener Bands. So entstanden im Umfeld des Hofs Bands wie DAF (Deutsch-Amerikanische Freundschaft), Östro 430, Mania D oder auch der KFC (Kriminalität-Förderungs-Club). Die Nähe zur Düsseldorfer Kunstakademie sorgte für atemberaubende Symbiosen. So trafen sich die Bandmitglieder von „Kraftwerk“ auf ein Altbier mit Joseph Beuys oder Jörg Immendorff.

1989 endete die Ära des Ratinger Hofs unter der Macht einer Abrissbirne, die aus dem Geburtshaus des Düsseldorfer Punks ein Haufen Schutt macht. An selber Stelle entstand ein neues Gebäude mit einem neuen Club, das in der Nachfolge unterschiedliche Discotheken beherbergte, auch ein Technoclub wurde hier eine Zeit lang geführt. Das „Stone“, das 2003 die Räumlichkeiten übernahm, griff zwar die Idee der Livekonzerte wieder auf, wurde von den Fans nie als legitimes Erbe des Ratinger Hofs wahrgenommen.

2020 übernahm die Genossenschaft „Kulturbanausen“ den Club zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Mitten in der Pandemie versuchte man, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen und dem „Hof“ wieder zurück zur Punk-Tradition zu führen. Knapp drei Jahre später war der Traum ausgeträumt, die Genossenschaft meldet im April 2023 Insolvenz an.

Bereits im August 2023 übernahm dann Stanislava Balueva die Räumlichkeiten und nannte ihren Club schlicht und ergreifend „Hof“ und möchte mit ihrem Konzept „Zurück zu den Wurzeln“. Den Punk wieder zurück auf die Ratinger Straße bringen. Die Ruhrbarone berichten:

Stanislava Balueva will an diese Zeiten anknüpfen, ohne sie zu imitieren: „Was den Ratinger Hof ausmachte, war ja nicht der Punk, sondern dass er ein Zentrum war, in dem Kreative zusammenkamen, Bands gründeten und Netzwerke knüpften.“ Wie früher können heute Musiker wieder im Hof proben.

Vor ein paar Tagen endet allerdings auch die einjährige Reminiszenz unglücklich. Am 30. Juni 2024 schließt der Hof erneut. Der Besitzerin wurde der Untermietvertrag gekündigt und obwohl man bis zuletzt gehofft hat, den Hauptmietvertrag zu übernehmen, ist nun wieder einmal Schluss. Zum fünften mal. Wie es weitergehen wird, so ist in einem Statement auf der Homepage zu lesen, weiß man nicht genau. Man hofft allerdings, „dass der Geist und die Inspiration des Ortes weiterleben wird„.

In der aktuellen Ausgabe des Düsseldorfer „Express“ fordert nun Rudi Esch: „Macht aus dem Ratinger Hof das Deutsche Punkrock-Museum“, denn sowas gäbe es in Deutschland noch nicht. Der Düsseldorfer Express schreibt:

Natürlich müsste man hier die Düsseldorfer Punkmusik präsentieren – ohne »Die Toten Hosen« etwa geht das natürlich nicht. Aber es gibt auch etliche andere Bands aus dieser  Zeit, die unbedingt gezeigt werden müssten. Und es sollte ja ein deutsches Punkrock-Museum werden, deshalb müsste man natürlich auch Bands aus der ganzen Republik zeigen. Zu den »Ärzten« beispielsweise habe ich beste Beziehungen.“ Auch die Geschichte vor und nach dem Punk sollte ihren Platz finden: „Ganz früher war es eine Spießer-Kneipe, dann ein HippieTreffpunkt, bevor der Punk kam. Und danach ist sogar mal eine Techno-Disco daraus geworden. […] Eines steht für Esch aber auch fest: „Natürlich müsste es auch wieder Gastronomie geben – und eine kleine Bühne für Livemusik.“ Ein solches Museum gibt es in Deutschland nicht.

Hier noch eine Doku aus dem Jahr 2016 – Ob der Ratinger Hof das Potenzial zum Museum hat?

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das H Gen
das H Gen(@hagen)
Vor 5 Monate

In Düsseldorf ist die einzige, eigenständige Musikrichtung Deutschlands entstanden die man später NDW nannte. Im Ratinger Hof verband man damals Musik mit Kunst. Und obwohl D-Dorf sich immer als Kulturschmiede sieht, machen sie nichts draus. Außer eine paar Stadtführungen und einer kleinen Ausstellung vor 20 Jahren gab es nicht viel zu diesem Thema. Vermutlich ist das alles zu schmuddelig für die Modemetropole.

Letzte Bearbeitung Vor 5 Monate von das H.Gen

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