Ich muss fünf Jahre alt gewesen sein, als ich Nichelle Nichols in der ersten Folge von „Star Trek“, die Ende der 70er-Jahre irgendwo als Wiederholung gezeigt wurde, kennenlernte und letztendlich zum Trekkie wurde. „TOS“, wie Eingeweihte die „Originale“ nennen, sind für mich mit dem Geschmack von Dany + Sahne verbunden. Weil ich in den Sommermonaten nicht so viel Lust hatte im Schrebergarten meinen Eltern bei der Gartenarbeit zuzusehen, habe ich damals viele Nachmittage bei meiner Oma verbracht, die mich für eine knappe Stunde auf Opas Sessel vor dem Fernseher verfrachtete und mir stets einen dieser Puddings reichte, die ich genüsslich auslöffelte. Natürlich erst die Sahne und dann den Pudding. Bloß nicht umrühren! So kam ich verteilt auf einige Wochen und Monate in den Genuss, die Enterprise und ihre Besatzung kennenzulernen. Ich glaube, ich fand Lt. Uhura, vor allem wegen ihres stylischen Kopfhörers im linken Ohr und der typischen Handbewegung, die sie machte, wenn ein Funkspruch hereinkam, so unglaublich spannend.
Die Frau, die ich damals so spannend, in den ersten Star-Trek Filmen so großartig und auf einer Star-Trek-Convention so sympathisch fand, ist am 30. Juli 2022 im Alter von 89 Jahren gestorben. Ihr Sohn schrieb in ihrem offiziellen Instagram-Account: „Ihr Licht jedoch wird, wie die alten Galaxien, die jetzt zum ersten Mal zu sehen sind , uns und zukünftigen Generationen erhalten bleiben, um sich daran zu erfreuen, davon zu lernen und sich inspirieren zu lassen.“ Erst im Laufe der Jahre wurde mir bewusst, wie groß und wie einflussreich ihr Rolle gewesen ist.
Mit der Schauspielerin Nichelle Nichols in der Rolle von Lieutenant Uhura brach die Serie „Star Trek“ zwischen 1966 und 1969 mit dem Rollenbild von schwarzen Frauen im Fernsehen. Gleichberechtigt und als Mitglied der Brückenbesatzung erschien es wie selbstverständlich, dass Uhuhra Funksprüche auffing, Kanäle öffnete oder im Mittelpunkt einzelner Episoden stand. Für viele Menschen ein Hoffnungsschimmer, dass die damals frisch aufgehobene Rassentrennung nun endlich gelebt wurde. 1968 küsste sie in ihrer Rollen William Shatner alias Captain Kirk – der erste Kuss zwischen einer Schwarzen und einem Weißen in der US-Fernsehgeschichte.
1978 warb sie für die NASA um neue Rekruten für das Raumfahrtprogramm und sprach damit vor allem junge schwarze Frauen an, sich für die Raumfahrt zu interessieren. Viele NASA-Mitarbeiter nennen Nichelle Nichols als Inspiration für ihre Tätigkeit bei der NASA.
Beabsichtigt hatte Nichelle Nichols ihre Rolle als Ikone der schwarzen Community nie, Martin Luther King Jr. ist es zu verdanken, dass sie 1967 auch für die zweite Staffel der Serie zu Verfügung zu stehen. 2008 erzählte sie in einem Interview von der Begegnung mit dem amerikanischen Bürgerrechtler. „Als ich ihm sagte, dass ich meine Kollegen vermissen würde und die Serie verlassen wollte, sagte er: ‚Das können sie nicht tun! Sie haben das Gesicht des Fernsehens für immer verändert. Zum ersten Mal sieht uns die Welt so, wie wir in der Welt gesehen werden sollten.‚“ Sie blieb und stand auch für spätere Star-Trek Filme vor der Kamera. Zusammen mit Gene Roddenberry und einigen der folgenden Serien aus dem Star-Trek Universum hat man mir gezeigt, wie eine „bessere“ Menschheit in der Zukunft aussehen könnte.
Ich denke an die Destination Star Trek zurück, wie die freundliche alte Lady an ihrem Tisch begeisterten Fans fleißig Autogramme schrieb, an das Foto, auf dem sie unterschrieben hatte und das ich kurz für jemanden halten durfte und an den Geschmack von Dany + Sahne auf meiner Zunge, der mich an unsere erste Begegnung erinnert. Als Lieutenant Uhura mit grünen Ohrringen und einer Hand am Ohr. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt auf dem Weg in neue Galaxien, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat…
Manche Dinge sind offenbar überall gleich – Dany Sahne-Pudding verbinde ich auch mit meiner Oma (väterlicherseits), da wir im selben Mietshaus gewohnt hatten, hat sich der Alltag auch generell in Omas Wohnzimmer abgespielt, und ja, zum nachmittäglichen Fernsehschauen hat der Pudding (ebenfalls – blos nicht durchgerührt, sondern eine Schicht nach der Anderen!) immer dazugehört.
TOS hab ich aber zuerst in unserer eigenen Küche gesehen, auf einem winzigen, tragbaren Röhren-Fernseher, den meine Mutter immer vom Esszimmer (das als solches nie genutzt wurde, weil – das mit dem Essen war immer was was bei Oma passierte) in die Küche getragen hat, wo sie genäht hat, und ich – als Kind, in den 80ern – mit meinen Buntstiften irgendwie daneben saß, oder mich mit den Stoffresten beschäftigt hatte.
So ist meine Mutter an meinem SciFi Fimmel im Allgemeinen schuld, ich hab damals unbewusst schon vieles gesehen von dem sich manche Bilder dann nachhaltig in mein Gedächtnis eingebrannt haben – wie Kampfstern Galactica, oder eben TOS.
„Erwischt“ hats mich dann bei der deutschen Erstausstrahlung des TNG-Pilotfilmes, damals hat mich das völlig umgehauen – und auf Empfehlung von Mutter hatte ich mir dann natürlich TOS auch ganz bewusst vorgenommen – und mich in die Charaktere wie die Geschichten nachhaltig verliebt.
Heute würde ich TOS immernoch als meine Lieblings-Trek-Serie bezeichnen. Dicht gefolgt von TNG. Aber TOS hat in vieler Hinsicht – als Ursprung eines Phänomens – eben eine ganz besondere Rolle.
Ich bin auch noch geknickt wegen der traurigen Nachricht – 2018 war Nichelle Nichols auf der Comic Con Stuttgart angekündigt, leider hatte sie kurz vorher absagen müssen und ist, soweit ich weiß dann nicht mehr nach Europa gereist – die DST in dem Jahr müsste ihre letzte Reise nach Deutschland gewesen sein.
Ich denke man muss sich wirklich bewusst machen, welchen Stellenwert ihre Rolle als Uhura damals in den 60ern wirklich hatte – ich habe meine Lehrerin in der Kollegstufe (bei mir Ende 90er) überreden können, daß ich meine Facharbeit über Star Trek schreibe, und da war Uhura, der erste Kuss zwischen schwarz und weiß und welchen Einfluß sie zB auf Whoopie Goldberg – stellvertretend für wahrscheinlich unzählige andere Menschen in ähnlichen Situationen hatte – mit das größte Kapitel.
Bis dato hielt besagte Lehrerin Star Trek und Scifi nur für massiven Bullshit, war danach aber ziemlich überrascht und räumte ein daß sie sich von dämlichen Klischees hat hinreißen lassen.
Und das rote Uniform-Kleid war, ca zu der gleichen Zeit, auch mein erstes „richtiges“ Nähprojekt – es ist entsprechend grauenvoll genäht (irgendwo muss man ja anfangen) – aber ich hab es sogar noch, auch wenn längst deutlich bessere „Nachfolgemodelle“ hier an der Kleiderstange hängen.