West-Berlin, kurz vor dem Aufbruch in die 80er. Ein Taxi fährt durch die Berliner Nacht, immer neue Fahrgäste nehmen Platz. Die Persönlichkeiten flackern ebenso rasend vorbei, wie die Straßen, Laternen und Schilder. Im Morgengrauen erscheint der Funktturm, mit dem Ende der Nacht werden die Passagiere immer groteskter. Auch Christiane steigt ein, flackert kurz auf um dann im irgendwo in Berlin ihr Ziel zu erreichen. Die geteilte Hauptstadt war in der 80er die ungeschlagenen Kreativ-Hauptstadt, die gezwungene Isolation mitten in der DDR und eine allgegenwärtige Mischung aus Spannung, Depression und Angst machte sie zum Magneten für Kreative und Individualisten aus aller Welt. Eine Video aus dieser Zeit erregte meine Aufmerksamkeit.
„3302“ ist ein Kurzfilm von Christoph Döring der einen Teil eines Kunstprojekts darstellt, dass man „Berlin Super 80“ getauft hat. Ein Rückblick auf die revolutionäre Subkultur der zukünftigen Hauptstadt, die zwischen 1978 und 1984 entstanden sind. Die Werke der Super-8-Film-Avantgarde dokumentiert die Musik, die Kunst der Anarchisten, Aktivisten und Punks einer geteilten Stadt. „Zwischen Kippenbergers SO 36 um dem Centre Pompidou. Authentisch, intensiv, radikal.“ So verspricht es Beschreibung der bei Monitorpop erhältlichen Zusammenstellung. Beispielhaft für die Sammlung an wirklich seltenem Material stelle ich die beiden Kurzfilme „3302“ und „Geld/Money“ vor, die ich persönlich als besonders stilprägend empfinde. Bei Ronny gibt es übrigens einen Überblick über alle Kurzfilme, und auf Backagain eine schriftliche Übersicht über alle enthaltenen Werke der DVD Box.
Der Kurzfilm von Döring, der später für das ZDF und ARTE gearbeitet hat, war zu Beginn der 80er mit seiner Performance Gruppe Notorische Reflexe unterwegs, die sich in den frühen 80ern in Sachen Performancekunst einen Namen gemacht haben. Ihr Gastauftritt im Ärzte-Film „Richy Guitar“ sorgte für Aufmerksamkeit. In „3302“ gibt es als musikalische Untermalung großartige Musik von MDK, Flucht nach Vorn und Die Unbekannte.
Die unfreiwilligen Vorzeigewaverinnen von „Malaria!“ finden sich ebenfalls mit einem Video zu ihrem Song „Geld“ auf der DVD. Der Kurzfilm von Dieter Hormel und Brigitte Bühler ist wirklich toll gemacht und seiner Zeit weit voraus. Für mich verkörpert der Film den Zeitgeist der 80er wie kein anderer. Protesthaltung einer Frauenband, die es wie keine andere Verstand mit ihrer Androgynität und dem verwischen geschlechtlicher Identitäten ihr Publikum zu beeindrucken. Hormel und Bühler schaffen es, experimentelle Filmkunst und Videoclip auf einen Nenner zu bringen und gelten damit stilprägend für viele nachfolgende Werke.
WUNDERBARSTENS!!
ES LEBE DER WAVE