In der Vergangenheit bekamen wir immer wieder Anfragen von Autoren und Verlagen, ihre geschriebenen oder verlegten Werke zu rezensieren. Ausnahmslos alle Anfrage schwingen in einem freundlichen Tenor der es mir fast unmöglich machte, abzulehnen. Weil ich es absolut nicht hinbekomme, soviel zu lesen wie ich möchte, musste ich mir Hilfe suchen. Das hat leider eine ganze Weile gedauert, doch das alles zu erzählen, würde den Rahmen sprengen. Glücklicherweise hat sich Regin Leif, die einige von Euch bereits vom Spontis-Treffen her kennen oder durch ihre Expertisen als Archäologin von ihr gelesen haben (sie schrieb einige Artikel für den Dark Spy), bereit erklärt für Spontis zu schmökern und dem Werk von Pia Lüddecke auf den Zahn zu fühlen. Auch der Frage, ob „Der schwarze Teufel“ mit der Szene zu tun hat, ist sie nachgegangen, schließlich muss es ja einen Grund haben, warum man Spontis solche Werke anbietet.
Zur Autorin (aus der Biografie kopiert): Pia Lüddecke wurde 1981 in Recklinghausen geboren und brachte ihre ersten fantastischen Geschichten schon als Kind zu Papier. Nach dem Abi studierte sie Germanistik und Anglistik an der Ruhr-Universität Bochum und der University of Newcastle upon Tyne und verfasste ihre Magisterarbeit über Goethes ›Faust‹. Seit 2009 ist sie als Redakteurin für die Stadtmagazine Witten, Castrop-Rauxel, Lünen und Hagen tätig.
Regin Leif liest
Bei dem Buch „Der schwarze Teufel“ handelt es sich um ein modernes Märchen für Erwachsene in drei Abschnitten – nein, es ist tatsächlich kein Kinderbuch. An einigen Stellen wird die Geschichte mit feinem schwarzen, tiefgründigen Humor gespickt und an sich handelt es sich eben nicht um ein klassisches Märchen. Denn der Ort, an dem das Märchen spielt ist der sogenannte Schultenhof im westfälischen Nirgendwo, der im 19. Jahrhundert als Psychiatrie diente. Zeitlich lässt sich die Handlung ins 20. Jahrhundert stellen. Die Hauptprotagonistin ist Claudia, die mit ihren Eltern Luise und Heinrich, mehr schlecht als recht den Hof als Einsiedler bewirtschaften. Claudia kam in der Walpurgisnacht zur Welt, könnte somit ein Wechselbalg sein. Um dann noch mehr dem Klischee einer Hexe zu entsprechen, hat sie auch noch rotes Haar und natürlich magische Kräfte – naja nicht immer und vielleicht auch nicht immer die passenden.
Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil erfahren wir Claudias ersten sieben Lebensjahre und wie sie mit dem Teufel ein Bund schließt. Wobei man dabei schon einmal anmerken sollte, dass sich der Teufel als Hase in das Leben von Claudia „schleicht“. Im zweiten Teil ist sie bereits 12 Jahre alt und erfüllt die Wünsche eines Gespenstes, was ihr zum Nachteil kommt. Und im dritten Teil verliebt sie sich in einen Piratenprinzen, dem sie in seine Zauberwelt folgt. Nach dem Kampf mit einer Vampirfee bleibt diese Liebe jedoch unerfüllt. Der Epilog führt den Leser wieder zurück ins 19. Jahrhundert, wo Claudia in der Psychiatrie als Patientin behandelt wird – dem Leser bleibt also offen, ob es sich dabei wieder um einen Zeitsprung handelt oder ob das gesamte Märchen nur ein Gespinst einer verrückten Person war.
Die Frage, ob nun solche Literatur tatsächlich eine Art thematische Verbundenheit zur Szene aufweist. Tja, da stellt sich mir doch eher die Gegenfrage: was macht den Szene-Literatur überhaupt aus? Gibt es gar Literatur, die nur für die Szene ist? Ich denke es ist eben so ähnlich wie mit der Musik. Schubladen funktioniert auch mit Literatur nicht und so konnte mich ein hasenartiger Teufel genauso wenig überzeugen wie eine vampireske Fee. Aber wären dann ein echter Fantasy-Schinken à la „Der Herr der Ringe“ oder ein Thriller à la Stieg Larssons Verblendung eher der Szene zuzuordnen? – Weil nicht real und blutrünstig – Ich weiß es letztendlich nicht. Klischees funktionieren einfach nicht immer und schon gar nicht mit Lesern, die durchaus anspruchsvoller Kost mögen und eher in eine echte Fantasy-Welt abtauchen möchten. Aber Geschmäcker sind glücklicherweise verschieden, wobei das nun nichts mit der Szenezugehörigkeit zu tun hat.
Persönliches Fazit: Mich hat das Buch nicht so wirklich gefesselt. Dazu waren mir die Sprünge vom klassischen Märchen zu recht abstrusen Übertragungen von märchenhaften Begebenheiten in die Gegenwart doch etwas zu viel. Nichtsdestotrotz es ist kurzweilig und durch die Unterteilung in drei Abschnitte lässt es sich gut und schnell lesen. Ich vergebe 3 von maximal 5 Sternen.
Informationen: Pia Lüddecke (mit Illustrationen von Vera Möhring) – Der schwarze Teufel, Ventura Verlag 2017 (2. Auflage), ISBN: 978-3-940853-43-1, Preis: 11 €.
Vor längerer Zeit hatte ich dieses Buch auch schon in den Händen und tat mich sehr schwer mit einer Rezension. Mit einer Bewertung nicht, die fiel nämlich bei mir auch nicht so gut aus. Ich hätte maximal 2 Sterne vergeben, weil mir die Geschichte zum Ende hin einfach zu abstrus wurde, mit dieser Art Parallelwelt. Der Anfang hatte mir noch gut gefallen, auch wie die Umgebung beschrieben wird, in der Claudia aufwächst. Das mit dem Teufel in Gestalt eines Hasen fand ich auch schon seltsam. Dennoch war der erste Teil des Buches für mich noch der beste. Mit den weiteren Teilen fiel es dann immer mehr ab. Eine Rezension geriet bei mir aber eher wie eine Inhaltsangabe, da ich natürlich begründen wollte, was mir gefiel und was nicht, und letzlich hatte ich auch Bedenken, so wenig gute Haare an dem Buch zu lassen…
Ich kann mich den Einschätzungen von Regin und der Tanfledermaus nur anschließen: Auch ich hatte den Eindruck, dass es beim Lesen teils arg holpterte, was in meiner Erinnerung an einem sich mehrmals ändernden Schreibstil und ungewöhnlichen, inhaltlichen Entwicklungen lag. So wirkte es auf mich fast, als ob das Buch aus mehreren Fragmenten zusammengesetzt wurde, die nur notdürftig verkittet wurden. Und das finde ich verdammt schade, denn ich war gerade am Anfang ebenfalls durchaus angetan und war durchaus gespannt, wie sich Claudias Leben gestalten würde. Möge sich die Autorin, Frau Lüdeke, sich die Kritik zu Herzen nehmen und beim nächsten Büchlein darauf achten.
Ich kenne das buch zwar nicht, denke allerdings das es durchaus klasische Literatur gibt, die wie ich finde ein bedeutender Teil der Szenekultur darstellt. Gerade das Genre der Gothic novels sowie auch die Phantastischen geschichten von E.A. Poe stellen für mich einen bedeutenden Teil unserer Kultur dar… Was moderne werke anbelangt denke ich das es durchaus noch immer das Bedürfnis nach schaurig Atmosphärischer Literatur mit morbiden, obskuren und okkulten spielereien gibt… Was für mich merkmale von klasischer Gothic Literatur darstellen :) aber natürlich sind Schubladen nur eine schelcht fu funktionierende Eigenart unserer spezies um sich die Welt und ihre Komplexität zu vereinfachen und man sollte sich dessen stets bewusst sein und sich nicht blind in seinem eigenes geistigiges Kästchen gefangen halten :D
@Traumtänzer: Hier eine kleine Auswahl an Büchern, die ich kenne und an die ich mich noch gut erinnern kann, die aus aus Zeitraum 1950+ stammen, die eventuell in deine Kriterienliste fallen könnten: – This House is haunted von John Boyne
– Die Spiegel von Kettlewood Hall von Maja Illisch
– Charlotte und die Geister von Darkling von Michael Boccacino
– The Unicorn von Iris Murdoch
Außerdem könntest du dich mal auf der Seite des Festa Verlages umgucken, dort haben sie ziemlich viel Lovecraft-inspirierten Horror. :-)
https://www.festa-verlag.de/
Viele Grüße, Anna
Vielen Dank für eure Meinungen zum Buch. Tatsächlich hat es ja eine intensive Reise durch die Hände einiger Leser gemacht, bevor wir den Inhalt des Buches endlich manifestieren konnten :)
Die Frage an Euch, Tanzfledermaus und Svartur, lautet, ob ihr einen Bezug zur schwarzen Szene sehen würdet? Die Autorin war ja offensichtlich der Meinung, WIR wären der richtige Nährboden für ihre Geschichte. Und was ist überhaupt aktuelle Szene-Literatur? Hohlbein? Anne Rice?
Na ja, es gibt ja auch außerhalb unserer Szene etliche Leute, die Grusel- Horror- und Fantasyromane mögen, daher würde ich das nicht unbedingt als szenespezifisch bezeichnen. Und auch innerhalb der Szene gibt es zwar durchaus eine allgemeine Vorliebe für Phantastisches und Gruseliges /Düsteres, aber eben nicht ausschließlich. Viele Gruftis/Gothics mögen ja auch historische Romane, Science Fiction, Weltgeschichte, Krimis oder Kinderbücher. Daher würde ich nicht sagen, dass unsere Szene vor allem an Düsterstorys interessiert ist. Ein Hang ist zwar da, aber es ist nur eine Facette.
Aktuelle… Von Hohlbein hab ich bisher nur ein Buch gelesen und das ist schon so lange her, dass mir der Titel nicht mehr einfällt. Anne Rices Werke kenn ich (natürlich), die mochte ich schon bevor ich Grufti wurde (Vampirgeschichten liebte ich seit ich im Alter von ca. 9 Jahren den „Kleinen Vampir“ geschenkt bekam) und ich weiß auch, dass viele aus der Szene diese Autoren mögen.
Welche Autoren fallen mir noch ein? Marion Zimmer Bradley (Die Nebel von Avalon), Freda Warrington (Das Blut der Liebe, eines meiner Lieblings-Vampirbücher), Stieg Larsson (Millenium-Trilogie), Ken Follet (Die Säulen der Erde), Michael Ende…
Eben, man braucht um E.A. Poe, E.T.A. Hoffmann oder H.P. Lovecraft gut zu finden kein Grufti sein, man kann ein Bücher-Nerd und Rollenspieler sein, der u.a. diese Literatur besonders schätzt und bspw. auch gerne „Call Of Cthulhu“ Rollenspiele spielt und sonst nix outfitmäßig mit Gothic an der Mütze hat…man kann dabei sogar noch u.a. zur Szene zählende Musik hören ohne einer zu sein oder sich zu einer Szene zugehörig zu fühlen…man ist dann eben ein Nerd (wenn Definitionen seiner selbst denn soo immens wichtig sind)…ich kenn da so einige.
Den Bezug sehe ich grundsätzlich durch die verwendeten Elemente innerhalb der Geschichte gegeben, aus Natur-/Schwarz-Romantik, Schauerliteratur, soweit mein kleiner Horizont das erkennen lässt. Nur wurden diese nach meinem Empfinden nicht immer so in Szene gesetzt, wie es stimmungstechnisch förderlich gewesen wäre. Allein die Hase = Teufel-Sache, von der TF angesprochen, fand ich ziemlich eigen – das hatte bei mir einen Beigeschmack von Lächerlichkeit. Und das darf bei düsterer Literatur einfach nicht sein. Will ich doch in (Unter)Welten abdriften und eintauchen!
Was die Frage nach aktueller „Szene-Literatur“ betrifft, bin ich raus. Ich lese, was mich interessiert und was mir gefällt und gebe grundsätzlich nichts auf wertende Einordnungen, erst recht in Punkto Literatur. Sollten viele Anteilnehmer der Schwarzen Szene übereinstimmend ein Werk toll finden, kann man das als „Szene-Literatur“ bezeichnen, aber bitte doch nicht im Vorhinein. Dazu ist u.a. das Themenspektrum der Schwarzen Szene einfach viel zu breit aufgestellt…