#AllHallowsRead: Von den vielen kleinen Toden des Lebens

Ein Artikel der mit Toten beginnt! Oder besser ausgedrückt, mit den Totgesagten. Denn die Blogparaden, Aktionen bei denen sich Blogger zu einem speziellen Thema untereinander verlinkten, hatte man längst begraben. Schön, wenn es trotzdem passiert, denn nun hat Tanja zum #AllHallowsRead aufgerufen, bei dem es darum geht, zu Halloween (eigentlich ja Allerheiligen, aber Halloween klingt moderner) ein passendes Buch vorzustellen und darüber hinaus einen ganzen Haufen davon zu verschenken. Eine tödliche Fügung, dass ich Klaus Märkerts neuen Roman „Wie wir leuchten im Dunkeln, geben wir so verdammt gute Ziele ab“ gerade zum Lesen bestellt hatte, als ich von der Aktion erfuhr. Der Klaus ist nämlich nicht nur einer meiner Lieblingsautoren, sondern auch ein ausgesprochener Experte in Sachen Tod. Doch dazu gleich mehr. 

Das Gewinnspiel, bei dem es einen ganzen Haufen gruseliger Bücher zu gewinnen gibt, funktioniert folgendermaßen: In jedem der 13 Blogbeiträge, die an #AllHallowsRead teilnehmen, ist ein Buchstabe zu finden, die am Ende das Lösungswort ergeben, das man per E-Mail einschickt. Die Gewinner von 10 Bücherpaketen mit jeweils 2-4 Büchern, werden dann am 31. Oktober von Tanja ermittelt, benachrichtigt und beschenkt. Wie das alles genau funktioniert und was es zu gewinnen gibt, erfahrt ihr in ihrem Blog. Darüber hinaus verlose ich zwei von Klaus Märkert signierte Exemplare seines Buches unter den Kommentierenden hier im Blog. Mit anderen Worten: Auch bei tödlichen Themen lohnen sich Lebenszeichen!

Wie wir leuchten im Dunkeln, geben wir so verdammt gute Ziele ab

Bleibt die Frage, warum ausgerechnet Klaus Märkert ein Experte in Sachen Tod sein soll. Die Antwort erschließt sich nicht auf den ersten Blick, denn in seinem neuesten Roman erzählt er nicht etwa von Erfahrungen als Bestatter oder Sterbehelfer, sondern von einer anderen Art des alltäglichen Umgangs mit dem Thema. Alles begann, so ist in seinem Buch zu lesen, mit seinem Onkel Otto, den er im zarten Alter von 8 Jahren verlor. Der Blick in das Gesicht des Toten, der im offenen Sarg in der Totenhalle ausgestellt war, sorgte nicht etwas für ein traumatisches Erlebnis, sondern eher zu einen ernüchternden Einsicht: „Scheiße, zehn Mark weniger!„, auf das Jahr gerechnet – so schlussfolgerte der Autor – sogar 20 Mark, Geburtstag und Weihnachten. Doch es geht nicht immer um den konkreten Tod, wie in diesem Fall.

Das autobiografische Buch, das sich anhand von kurzen Kapiteln durch Märkerts Leben hangelt, erzählt von der Beschäftigung mit dem Tod. Die unausweichlich sympathische Erzählweise und der trockene Humor, der den vielen Geschichten stets ein treuer Begleiter ist, lassen keinen Raum für pikierte Gefühle. Die unnachahmliche Brücke, die meiner Meinung nach nur ein Klaus Märkert spannen kann, verbindet das in unserer Gesellschaft tabuisierte Thema mit der Realität des Alltags – denn der Tod ist unausweichlich, allgegenwärtig und nicht immer mit Sterben verbunden. Worum es in seinem Buch auch geht, beschreibt er in einem Kapitel selbst:

„Das Sterben zwischendrin, die vielen kleinen Tode, die man stirbt im Laufe des Lebens oder die Todesfälle, die man zuvor miterlebt oder begleitet hat.“

#AllHallowsRead - BuchstabenN
#AllHallowsRead : Hier ist der gesuchte Buchstabe

Unaufgeregt spricht er vom Tod des eigene Vaters und von der Erfahrung den Toten umzudrehen um an den Ausweis in seiner Gesäßtasche zu gelangen, damit der Notarzt den Totenschein ausstellen kann. Und noch bevor der Leser möglicherweise Angst verspürt, jemals mit einer solchem Erlebnis konfrontiert zu werden, ist der Humor, mit dem Märkert die Leser wieder Normalität zurückholt. Als er nämlich erzählt, wie der Vater im Sterben gelegen haben muss, unbemerkt von der Mutter in der Küche, die nicht etwa liebevollen Beistand spendete sondern nur ein lautes: „Günter, was ist mit dem Leberwurstbrot?!“ durch die Wohnung schickte, muss ich lachen. 

Das Leben ist gespickt mit kleinen Toden. Etwa als Schüler, der sich vor der ganzen Klasse blamiert oder als sein damalige Freundin mit ihm Schluss machte, weil sie keinen Bock auf eine Fernbeziehung hatte, als Märkert bei der Bundeswehr diente. Auch seinen Herzinfarkt, der ihm zu einem Defibrillator verhilft, nimmt er nicht zum Anlass in Traurigkeit zu versinken. Er fügt sich in die Gegebenheiten seines Schicksals, ohne Verdrängung, sondern mit Akzeptanz und Humor.

Nachthumor. So beschreibt man dieses besondere Form des Humors. Vielleicht, weil er nur Nachts funktioniert. Vielleicht lacht man über die Komik des Leberwurstbrots nur in der Dunkelheit, während man sich bei Tag angeekelt abwendet. Vielleicht aber auch, weil schwarzer Humor mit dem Wort Schwarz auf die Nacht anspielt oder auch, weil es mit dem Tod zu tun hat.  Wer das Outro des Buches liest, wird ebenfalls keine Antwort finden. Keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, des Sterbens oder der ganzen anderen Zeit. Es gibt kein erleuchtendes Resümee und keine Formel für ein besseres Leben.

Wer zwischen den Zeilen liest wird erkennen, dass es darum auch nicht geht. Es geht vielmehr um die Sichtweise der Dinge, den Standpunkt den man zu den Dingen, die das Leben bestimmen, einnimmt. Klaus Märkerts ist ein Meister der anderen Sichtweisen, denn es ist unheimlich interessant, seinen Gedanken zu folgen und daraus vielleicht auch einen eigenen Schluss zu ziehen.

Für die Blogaktion #AllHallowsRead von Tanja konnte ich mir kein besseres Buch vorstellen. Allerheiligen ist schließlich der Tag der Toten. Das zuvor besprochene Buch findet ihr bei Robert Corvus und das nächste Buch dieser Aktion stellt Euch Germaine Paulus vor. Vergesst nicht, beim Gewinnspiel mitzumachen und hinterlasst einen Kommentar zu diesem Artikel, wenn ihr eins der beiden handsignierten Exemplare von „Wie wir leuchten im Dunkeln, geben wir so verdammt gute Ziele ab“ gewinnen wollt. Erschienen ist das Buch im Eygennutz – Verlag, es hat 224 Seiten und kostet rund 12€. Wer in NRW wohnt und den Autor beim Lesen zuhören möchte, findet auf Klaus Märkerts Homepage immer aktuelle Termine!

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Le_lys_noire
Le_lys_noire (@guest_56072)
Vor 7 Jahre

Ein schöner Einstieg in philosophische Fragen, der Lust auf das Buch macht! Besonders göttlich fand ich den Geistesblitz des kleinen Klaus bei der Draufsicht in die Zukunft des Taschengeldverlustes!

Kitty
Kitty(@katja-kitty-schlink)
Vor 7 Jahre

Schön, die Gechichte mit dem Leberwurstbrot, so typisch Ruhrpott. :) Ich würde gerne das Buch vom Klaus gewinnen!

Noiré
Noiré (@guest_56077)
Vor 7 Jahre

„Das Leben ist gespickt mit kleinen Toden.“ Toller Satz, beschreibt genau was ich neulich noch mit jemandem besprach :-)
Egal ob ich es gewinne oder nicht, lesen will ich es auf jeden Fall!

Falko
Falko (@guest_56083)
Vor 7 Jahre

Lieber Robert,
gerne würde auch ich diesem ergötzlichen Opus frönen und in den lakonischen Anekdoten aus dem Leben des Ruhrpott Originals schwelgen!
Herzliche Grüße
Falko

Tanja
Tanja (@guest_56093)
Vor 7 Jahre

Danke für diese feinsinnige Besprechung – bei solchen Beiträgen können Blogparaden gern tot sein. Oder untot. Danke, dass Du mein Projekt unterstützt hast.

Victor von Void
Victor von Void(@vivovo)
Vor 7 Jahre

Nachdem mir „Schatten Voraus“ schon sehr gut gefallen hat, muss ich mich hier natürlich auch gleich wieder mit einreihen. So oder so wird auch „Wie wir leuchten…“ seinen Weg auf meinen Nachttisch finden.

Rudi
Rudi (@guest_56156)
Vor 7 Jahre

Lieber Robert,
ich mache sehr gerne mit bei deiner Verlosaktion.
Deine Idee finde ich toll und eine schöne Gelegenheit, den Autor Klaus Märkert literarisch kennenzulernen. Der Romantitel und das zu Halloween passende Thema in Verbindung mit trockenem Humor machen neugierig.
LG
Rudi

Aleshanee
Aleshanee (@guest_56159)
Vor 7 Jahre

Hi Robert,

Eine sehr schöne Idee! Schade, dass ich das jetzt erst entdeckt habe …
Ich werd die Tour auf jeden Fall auch noch in der FB Gruppe für Blogtouren verlinken – kennst du die schon?
https://www.facebook.com/login/?next=https%3A%2F%2Fwww.facebook.com%2Fgroups%2F981737925190683%2F%3Fref%3Dbookmarks

Liebste Grüße, Aleshanee

Chris
Chris (@guest_56165)
Vor 7 Jahre

Auch die anderen Bücher von Klaus Märkert sind sehr lesenswert. Eine tolle Rückschau auf das Leben in den 80’ern.
Das hier kenne ich noch gar nicht, würde ich mich riesig über ein Exemplar freuen.

Anja
Anja (@guest_56181)
Vor 7 Jahre

guten morgen,
ich kenne die Bücher von Klaus Märkert garnciht. Danke für die Vorstellung. Das genannte Buch werde ich mir mal näher anschauen.
beste Grüße
Anja vom kleinen Bücherzimmer

Le_lys_noire
Le_lys_noire (@guest_56215)
Vor 7 Jahre

Vielen Dank Robert und Caya! Ich bin gespannt auf das Buch und werde euch sicherlich etwas darüber berichten wenn das gewünscht ist.

Rudi
Rudi (@guest_56221)
Vor 7 Jahre

Lieber Robert,
vielen Dank für die schöne Neuigkeit und ich freue mich sehr. Vor allem, dass Caya einen sehr guten Riecher hat und ihr beiden wohlauf seid. Bin sehr gespannt auf das Buch. :-)
LG
Rudi

p.s.: Hab auf deine Mail geantwortet. Mal sehen, ob Spamfilter oder nicht. :-)

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