Auf den amerikanischen Seiten von wikiHow habe ich einen Leitfaden gefunden, der beschreibt, wie man sich als Jugendlicher zum Gothic verwandelt, ohne die Eltern zu verärgern. Ich musste schmunzeln. Was wären wir doch alle für tolle Jugendliche gewesen, wenn wir uns anhand einer solchen Anleitung in die schwarzen Fluten gestürzt hätten. Anstatt dessen hat uns die Bravo mit Ratte konfrontiert, die gleich in die Vollen gegangen ist, nach London abhaute und im schwarz gestrichenen Zimmer im Sarg geschlafen hat. Wie sollen wir da vernünftig bleiben?
Ich fand die Anleitung jedenfalls so schnuckelig, dass ich die Amerikaner in einer Email gefragt habe, ob ich ihre Bilder und Texte benutzen darf, um einen eingedeutschten Ableger zu verfassen. Und obwohl ich weiß, dass es mir schwer fallen wird, sämtliche Ironie beiseite zu lassen, werde ich es zumindest versuchen.
Teil 1 – Sich wie ein Gothic kleiden
Grundregel 1: Du solltest dich langsam verwandeln, sagt man. Es sollte vermieden werden, die Eltern mit einer Totalveränderung zu überrennen, die reagieren sonst häufig mit Ablehnung. Anstatt dessen wird zu einem systematischen Plan geraten, die Verwandlung zu vollziehen.
- Erstelle einen Sechs-Monats-Plan (Erzähle mal einem Jugendlichen, er soll 6 Monate im Voraus planen, wie er rumläuft)
- Beginne mit einem einzelnen Teil deines Outfits
- Ändere oder verwende Schminke behutsam.
Grundregel 2: Mische deinen Style mit bunten Farben. Damit zeigt man den Eltern angeblich, dass man trotz des geplanten Goth-Daseins nicht über die Stränge schlagen wird: „Ultimately, you can still look goth without wearing all black.“ Bunte Klamotten beruhigen nicht nur die Eltern, sondern lassen Dich erstrahlen. Habe ich gelesen. Wenn jemandem beim lesen dieses Abschnittes die Unterlippe schmerzt, weil man sich sämtliche flapsigen Sprüche dazu verkneift, mir geht es genau so. Ich habe aber versprochen, zahm zu bleiben.
Grundregel 3: Konservativ kleiden. Wenn die schwarze Farbe die Eltern erschreckt, dann soll man das durch konservative Kleidungsstücke mildern können. Wenig Haut zeigen und zerrissene Strumpfhose und löchrige Pullover gehen gar nicht. Für junge Frauen werden schwarze Röcke empfohlen, die raffiniert mit schwarzen Blusen kombiniert werden. Junge Männer tragen natürlich schlichte schwarze Hosen die aufregend mit einem schwarzen Hemd getragen wird.
Grundregel 4: Sei kreativ! Ständig schwarze Baumwollsachen zu tragen ist langweilig und letztendlich will man ja den Eltern die tollen Möglichkeiten des neuen Stils beweisen. Laut des amerikanischen Originals soll man Materialien wie Samt, Spitze, Chiffon, Satin, Nylon und auch Seide experimentieren. Obwohl echte Seide ja wegen der armen Raupen echt doof ist. Als Stilvorlagen wird zu viktorianische Kleidung und den 1980er Jahren geraten (die dunkle Seite natürlich) und auch zu Steampunk. Das Steampunk nicht Goth ist, kriegen die Jugendlichen hoffentlich von allein heraus.
Grundregel 5: Trage normale schwarze Schuhe. Vermeide es, verrückte Schuhe im Gothic-Stil zu tragen und das Taschengeld dafür zu verwenden. Deine Eltern werden sicherlich nicht glücklich sein, für Schuhe zu bezahlen, die ihrer Ansicht nach komisch aussehen. Versuche es lieber mit diesen Modelle und trage keine Pikes, denn die sind den Eltern bestimmt keinen Cent wert:
- Schwarze Sneaker
- Moderate schwarze Stiefel
- Pumps mit niedrigem Absatz
- Trage schwarze Feinstrumpfhosen, um die Veränderung nicht zu betonen. Später kannst du dann auch gestreifte Strümpfe tragen!
Teil 2 – Schmuck und Accessoires
Grundregel 1: Konzentriere dich auf Gothic-Accessoires. Mit dunklen und düsteren Accessoires kannst du deine vorhandene Garderobe ganz einfach den Gothic-Flair verleihen. Sich damit zu schmücken kommt einem persönlichen und modischen Statement gleich, ohne ihren Eltern fundamentale Veränderungen deiner Person zu signalisieren. Totenköpfe, wie oben abgebildet, gehören zu den gesellschaftlich akzeptierten Symbolen. Finger weg von merkwürdigen Runen, Kreuzen (auch umgedreht), Pentagrammen und sonstiger Symbolik, die den Bildungshorizont Deiner Eltern übersteigt. Trage lieber:
- Eine schwarze Jacke
- Dunkel Tücher und Schals
- Schmuck wie Schlangenknochen-Haarnadeln, Spinnenringe oder Fledermausarmbänder
- Gürtel
- Schwarze Strumpfhose, Leggings, Handschuhe oder Fingerlinge
Grundregel 2: Nimm traditionelles Make-Up. Weniger ist manchmal mehr. Denke daran Make-Up zu verwenden, das deinem Hauttyp entspricht anstatt diesen zu übertünchen. Ein helles und lebendiges Make-Up kann das Unbehagen deiner Eltern mildern, wenn es um deinen Auftritt als Goth geht. Macht bloß nicht Eure Eltern nach, die mit zuviel Schminke und Pflegeprodukten versuchen, so jugendlich frisch auszusehen, wie du. Klappt nämlich nicht.
Grundregel 3: Nicht gleich die Haar schwarz färben! Obwohl das einer der Markenzeichen des Goth-Stils ist, sollten sie es nicht gleich auch machen. Nehmt lieber lustige Farben und lasst die Finger vom Rasierapparat der Eltern.
- Nehmt traditionelle Farben wie beispielsweise Silber. (Das steht da so!)
- Behalte deine natürliche Haarfarbe bei, peppe sie jedoch mit violetten, silbernen oder blauen Akzenten auf.
- Wenn du die Haare doch färben willst, kontrastiere deinen neuen Look mit heller Kleidung. Wenn du lieber sofort mit Gothic-Klamotten rumlaufen willst, färbe die Haare erst ein paar Monate später, damit die Eltern Zeit haben, sich an dein neues Ich zu gewöhnen.
Grundregel 4: Vermeide Tätowierungen und Piercings. Viele Menschen, die den Gothic-Stil lieben, lassen sich tätowieren und piercen, um ihren Stil auszudrücken. Abhängig von deinem Alter brauchst du die Erlaubnis deiner Eltern, dich zu verzieren. Doch auch danach leben viele junge Erwachsene bei den Eltern, die sich von dieser Form der Körperschmucks provoziert sehen. Wartet damit, bis ihr zu Hause auszieht.
Teil 3 – Gutes Benehmen
Grundregel 1: Bleib dir treu! Nur weil du ein Grufti bist, heißt das nicht, dass du deine Persönlichkeit ändern musst. Letztendlich spiegelt der Goth-Stil deine Individualität aus und nicht einen Standard, dem du entsprechen musst. Ihre Eltern werden auch viel glücklicher sein, wenn du dich wie du selbst verhälst, unabhängig davon, wie du rumläufst. Veränderungen in Verhalten und Ansichten
Grundregel 2: Schreib gute Noten! Macht alles, um gute Note zu bekommen. Wenn sie den Unterricht besuchen und lernen, werden ihre Eltern merken, dass deine Aussehen nichts mit deiner Leistungsbereitschaft zu tun hat. Vielleicht geht das ja soweit, dass ihre Eltern aufgrund deiner Leistungen stolz auf dich sind und deinen Lebensstil akzeptieren. Wenn eure Eltern nicht mit eurem Erscheinungsbild zufrieden sind, versprecht ihnen gute Noten. Ganz gewiefte Zeitgenossen werden in Vorbereitung ihrer Verwandlung zunächst schlechter in der Schule, um dann als Grufti wieder bessere Noten zu schreiben. Diesen raffinierten Trick verrät das amerikanische Original natürlich nicht.
Grundregel 3: Vermeide Freunde, die dich in Schwierigkeiten bringen könnten. Der einfachste Weg, deine Eltern nicht von deinem neuen Style zu überzeugen ist es, sich mit Leuten zu treffen, die Schwierigkeiten mit der Schule oder dem Gesetz haben. Eltern bringen das dann natürlich mit deinem Aussehen in Zusammenhang und versuchen Dich von deinem Aussehen abzubringen. Sucht also nach Freunde, die deinen Stil teilen, aber Musterschüler und gute Bürger sind.
- Halte dich von Freunden fern, die verhaftet wurden oder von der Schule geflogen sind
- Halte dich von Freunden fern, die vor deinen Eltern fluchen, zu anderen unhöflich sind oder gar zu Gewalt neigen (du selbst kannst das natürlich machen, weil das deinen Eltern zeigt, das sie selbst versagt haben)
- Vermeide Menschen, die Drogen nehmen
Grundregel 4: Respektiere deine Eltern. Während die Art und Weise, wie du rumläufst, deine Eltern verunsichern können, so haben die Art und Weise wie du mit ihnen umgehst, einen viel wichtigeren Einfluss. Respekt gegenüber den Eltern, deinen Beschützern und Versorgern, verschafft dir immer etwas mehr Spielraum im Bezug auf dein Aussehen.
- Lehne die Religion deiner Eltern, ihre Kleidung und ihren Stil und jeden anderen wichtigen Aspekt ihrer Identifikation nicht verbal ab.
- Vermeide es, den Standpunkt deiner Eltern in Bezug auf Dinge, wie die Ausgangssperre, herauszufordern.
- Verfluche und beleidige deine Eltern nicht.
- Es ist verlockend, den Stil deiner Eltern anzugreifen wenn sie deinen angreifen, aber es ist kontraproduktiv. Besser ist es, seinen eigenen Stil zu verteidigen, während man ihren akzeptiert.
Wo stimmt ihr zu, was ist Quatsch?
Natürlich. Es ist schon eine Last heranzuwachsen und sich mit zunehmender Selbstfindung gegen die Widerstände der Eltern zu stellen. Und sicherlich ist es auch ein wenig übertrieben, von einem beispielsweise 14-jährigen, der selbst noch nicht so genau weiß, wo die Pubertät ihn hinführt zu verlangen, einen Monatsplan zu erstellen um die Eltern schonend auf die Ankunft eines Grufti-Kindes vorzubereiten.
Wie war das bei Euch und was würdet ihr auf keinen Fall machen?
Ich lache mich hier gerade (un)tot. Das ist so niedlich, dass man die Originalschreiber einfach in den Arm nehmen möchte. Und dann erklärt man ihnen, warum das alles Quark ist. Der „Style“ (wie ich dieses Wort verabscheue) ist ja eben dafür gedacht, aufzufallen, anders zu sein, zu rebellieren, sich gegen den konservativen Lebensstil der Eltern zu stellen und sich als eigenständige Person Geltung zu verschaffen. Dieses vorsichtige Herantasten ist wohl eher etwas für Jugendliche, die mit dem Gothtum koketieren anstatt wirklich darauf abzufahren (und später danach zu leben). Das liest sich alles so, als ob man als Gruftie nur wegen des Aussehens so herum läuft, so eine Art Styleguide für Junggrufties, die mal was ausprobieren wollen weil es so „cool“ ist. Heute bin ich mal Gruftie, look at me… herrlich.
Aber du hast recht, meine Unterlippe ist stark zerfranst und leicht angeschwollen. :D
Ich hab mir etwa mit 18 einen kompletten Undercut rasiert. Meine Haare waren schon immer recht dick und damals schulterlang. Zuhause habe ich sie immer offen getragen und niemand hat was gemerkt. Schwarz färben hat länger gedauert. Erst gab es eine Zeit lang Poly Color Softtöner in Bordeauxrot und Henna. Gemeckert haben meine Eltern eigentlich nur, wenn es zu freizügig war, wie Hotpants mit Netzstümpfen. Natürlich wurde auch mal gemault, warum es denn immer Schwarz sein muß. Als ich später angefangen habe zu Nähen und meine Schneiderlehre gemacht habe, war meine Mutter endlich mal stolz auf mich. Piercings und Tattoo kamen später. Meine Eltern haben mein Gruftidasein eigentlich schon lange akzeptiert, nur bei einzelnen Kleinigkeiten wird mal nachgefragt. Mit 47 Jahren ist das ja auch schon lange keine Phase mehr. ;)
Meine Mutter war nie dagegen. Eher wäre sie auch gerne so rumgelaufen. Haben die Sozialpädagogen nie verstanden. Hab dann wohl was falsch gemacht.
Schwachsinn³
https://www.youtube.com/watch?v=MQRgRrYF08c
Vorsicht! Obacht! Die Warnhinweise wurden eingeblendet! Juhhuu, schöne neue Welt! Ich fühle mich so frei..in meinem Kopf! Haha!
Ich wurde 2006, als ich 14 war u.a. wegen meinem Kleidungsgeschmack wieder zum Psychiater/Psychologen geschickt. Die Frau kannte mich schon 2 Jahre und hätte in den zwei Jahren schon merken müssen dass ich „anders“ bin. Das Gutachten von ihr 2006 habe ich noch, da steht auch als Problemverhalten drin dass ich ein schwarzes Shirt mit Totenkopf tragen würde. Nach zwei Psychiatrieaufenthalten in denen meine Eltern sicher auch darüber begleitende Gespräche gehabt haben bekamen meine Eltern und ich Hilfe vom Jugendamt und meine Mutter fing an meine Kleidung wegzuschmeißen. Dann bin ich in eine WG vom Jugendamt gezogen und habe dort das erste Mal ohne Kommentare anziehen dürfen was ich wollte. Ein sehr tolles Gefühl, weil man plötzlich nicht mehr durch sein Aussehen Schuld an allem war. Als ich mit 16 wieder zu meinen Eltern gezogen bin habe ich mir zwar immer noch anhören dürfen dass ich aussehe wie ein Nazi und selbst Schuld bin wenn ich vergewaltigt werde aber da hatte ich gelernt das nicht mehr ernst zu nehmen.
Irgendwie ist das Thema am Ende vielleicht gar nicht dass man auffällig aussieht, sondern dass man eigenständig etwas entscheidet. Die Regel „Ich mache mit meinem Körper was ich will“ kann als Teenager ja auch heißen dass man Sex hat obwohl die Eltern das nicht wollen, oder dass man sich entscheidet abzunehmen/zuzunehmen/Sport zu machen, Piercings/Tattoos/etc sind als Minderjähriger in Deutschland ja schwierig solange nicht die beste Freundin mit Sicherheitsnadel und Eisspray umgehen kann. Da wäre für mich eine Grenze, denn das sind gesundheitliche Risiken, aber andererseits auch keine riesengroßen Risiken.
Das ganze How-to ließt sich aber auch so als wäre es evtl gedacht um Eltern zu beruhigen, denen sehr wichtig ist was die Nachbarn etc von einem denken. Und an Teenager die an dem Thema auch aktiv mit dran hängen, weil ihnen anscheinend nicht egal ist wenn andere einen anstarren. Aber ich glaube wir alle wissen dass es ein ganz schön langer Weg sein kann bis einem wirklich egal ist wenn andere glotzen, besonders als introvertierter Mensch der keine Aufmerksamkeit erregen möchte lernt man so etwas langsam, und wer introvertiert ist findet als Teenager auch schlecht Rollenvorbilder.
Das kann doch unmöglich ernst gemeint sein, oder? Als ich damals in den Gothkram reingerutscht bin, habe ich mich auch ausprobiert, aber hätte dazu ganz sicher kein Turorial gebraucht, wie ich meine Eltern „besänftigen“ kann. Muttern fand das irgendwie eh ganz toll und spannend und Vattern war’s egal. Der Abschnitt mit den bunten Klamotten (die einen erstrahlen lassen [als ob man das wöllte?!?]) ist natürlich der Oberburner, hab mich gut amüsiert.
Mit der nötigen Distanz und auch ein wenig Selbstironie kann man sich vortrefflich von diesem Artikel unterhalten fühlen. Allerdings hat er in Verbindung mit den Kommentaren doch einige Denkprozesse in mir zur derzeitigen Gesellschaft gestartet.
Nach meinem Empfinden leben wir momentan in einem ganz eigenartigen Zeitalter, in dem Konservatismus und individuelle Freiheit doch sehr eng beieinander liegen.
Einerseits bleiben die meisten doch eher gelassen, wenn ein düsterer Wandergesell‘ den Weg kreuzt. Gerade die Eltern (und noch mehr die Großeltern, die aus der freigeistigen 68er-Generation stammen) werden damit eigentlich kaum Probleme haben. Grays Aussage jedoch hat mich schon staunen lassen, dass man bei dem Versuch, in die textilen Extreme zu gehen, gleich zum Psychologen geschickt wird. Das, so hoffe ich, ist dann doch eher ein Einzelfall, der mir aber auch zeigt, dass schon geringe Normabweichungen gleich ein Fall für den Seelenklemptner sein müssen.
Eher scheint es mir, dass solch ein modisches Anderssein eher die Altersgenossen abschreckt, da ich momentan das Gefühl habe (vielleicht liegt das auch daran, dass ich auf die 40 zugehe und dann doch langsam „alt“ werde), dass die heutigen Jugendlichen extrem gleichgeschaltet sind. Was natürlich im Zeitalter sozialer Medien auch richtig unschön werden kann (Stichwort: Cybermobbing). Wo früher die Jugend sich gegen die Eltern aufgelehnt haben, wird heute ein „Grufti“ mehr Reaktionen bei den Gleichaltrigen hervorrufen.
Au Backe, da kann ich mir vorstellen, dass es nicht leicht war, diesen Artikel einigermaßen gefasst und objektiv zu präsentieren. Irgendwie beschlich mich beim Lesen ein Wechselbad aus Fassungslosigkeit und Belustigung. Es mag ja gut gemeint sein, um bösen Familienkrach zu vermeiden, aber ich denke, dass es in erster Linie darauf ankommt, wieviel Vertrauen und gegenseitige Akzeptanz innerhalb einer Familie herrscht. Wer mit seinen Eltern gut klar kommt und von ihnen Wertschätzung erfährt, wird wohl kaum mit heftigem Gegenwind rechnen müssen.
Es ist doch meist so, dass Szene-Neulinge entweder von sich aus harmlos anfangen (wer hat als Jugendlicher schon das Geld oder die Quellen, um gleich in die Vollen zu gehen?), auch weil sie sich erstmal in der Szene orientieren und ihren eigenen Stil ausloten. Andere werden hingegen gleich ganz provokant alle Register ziehen und dann ist es ihnen auch egal, was andere davon halten.
Problematisch sind ja eher sehr konservative Familien, und da ist ja doch meist eher ein Rebellions- und Befreiungswille vorhanden verbunden bzw. eine Trotzhaltung, dass man doch bitte nicht nur auf Äußerlichkeiten reduziert werden möge.
Als ich 1989 mit schwarzen Klamotten, viel Kajal und dunkel gefärbten Haaren anfing, war ich noch recht harmlos, hatte zum einen nicht so extravagante Klamotten und zum anderen verhielt ich mich bis auf mein düster werdendes Outfit überhaupt nicht rebellisch. Die anfängliche Skepsis meiner Eltern, die eher einer Sorge entwuchs, ich könnte in irgendeiner dubiosen Sekte gelandet sein (damals gab es ja noch etliche übelst reißerische Berichte über Gruftis in den Printmedien), wicht dann allmählich einer Entspannung, vor allem als sie dann später auch ein paar gruftige Freunde von mir kennenlernten, die sie schnell mochten. Meine Schwester, die etwas später als ich schwarz wurde und dann auch gleich viel extremer, lenkte auch eine Zeitlang von mir ab. Bei ihr war es aber tatsächlich nur eine Phase, eine Maske, ihr ging es damals psychisch auch gar nicht gut und sie flüchtete sich ins Extreme. Sobald es ihr nach diversen Therapien besser ging, verschwand auch ihr krasser Style, heute ist sie total angepasst. Ich bin jetzt bald 30 Jahre Grufti und meine Familie hat sich dran gewöhnt, auch wenn Muttern immer noch drauf hofft, ich würde mich „endlich mal altersgemäß kleiden“ (was auch immer das heißen soll, wie ein Teenie renn ich ja nun nicht rum). Inzwischen ist die Akzeptanz in der Gesellschaft gegenüber Schwarzvolk ja auch höher – zumindest in der Stadt, so dass nicht mehr ganz so viel Erklärungsnot und schiefe Blicke aus der Nachbarschaft oder dem gesellschaftlichen Umfeld drohen. Auf dem Land, in kleinen Städten könnte schon noch etwas mehr Sorge um das Ansehen der Familie eine Rolle spielen… aber das trifft ja nicht nur auf dunkle Outfits zu, sondern allgemein wird da eher aufgepasst, dass keine allzu sehr aus der Reihe tanzt ;-)
Bevor wir alle lachen, sollten wir bedenken, dass Amerikaner (und besonders die extrem religiösen aus dem mittleren Westen) ein wenig anders ticken als wir.
Hier mag es normal und akzeptiert sein, wenn ein Teenie plötzlich anfängt komisches Zeug zu tragen, zu hören und zu sagen. Dort ist aber alles, das den Anschein erweckt, man wolle man sich nicht in die Mehrheitsgesellschaft einfügen, eine Gefahr für die Allgemeinheit, weil Amerikaner ein anderes Identifikationssystem haben als wir.
Bei uns ist man Deutscher, wenn man weiß ist, hier geboren wurde und Deutsch spricht (was ja bekanntermaßen ein Problem für Immigranten ist). In Amerika identifiziert man sich dagegen viel mehr über gemeinsame Werte (und Religion), Regeln und Vorstellungen, weil Hautfarbe, Sprache und Herkunft aufgrund des Status als Immigrationsnation weniger als Identifikationsmerkmal taugen. Sich dort also als jemand zu outen, der das Leben anders sieht, kann weit größere Probleme mit sich bringen, als man es hier üblicherweise erwartet. Daher sind die Vorschläge, es langsam und eher ‚low key‘ anzugehen, dort durchaus kein Grund für Gelächter.
Diese Anleitung hat für mich irgendwo den Charakter einer Anleitung zum Buckeln: „Ok Kind, wenn es nicht anders geht, dann trag halt dein Inneres nach außen. Aber bloß nicht zu offensichtlich, klar? Bleib trotzdem schön im Rahmen dessen, was die Gesellschaft noch für akzeptabel hält. Akzeptiere bloß die möglicherweise total bekloppten Wertvorstellungen (Stichwort Religion) deiner Eltern und widersprich nicht. Mach dich lieb Kind, pass dich an, krieche und dann … ja dann, wird das mit dem Gruftisein vielleicht was. Dann kriegst du von deinen Eltern und der Normalgesellschaft die Absolution. Nur bei einwandfreiem Betragen, darfst du so sein, wie DU es möchtest … so … halbwegs.“
Sorry, wenn das jetzt irgendwie übertrieben oder zynisch klingt, aber das Ganze klingt echt so, als ob sich das Kind eben letztendlich doch stark anpassen und bloß nicht zu sehr auffallen soll. Dass in der Pubertät Konflikte mit den Eltern ausgetragen werden ist völlig normal, sogar gesund. Es dient der Abgrenzung des eigenen Selbst, des Findens eigener Wertvorstellungen, eigener Lebensphilosophien. Dabei kann es krachen. Man macht sich nicht glücklich damit, wenn man immer nur nach den Vorstellungen anderer lebt und noch nicht mal als Teenager so sein kann, wie man möchte. Dass wir uns alle im Beruf zumindest Outfit-mäßig runterfahren müssen und evtl. nicht in löchrigen Strümpfen auf der Arbeit aufkreuzen können, kommt noch früh genug. Warum dann schon der Jugend diesen „Leitfaden zum Angepasstsein“ mitgeben. Finde ich nicht so dolle …
Hoshy : Die Amerikaner meinen das mit ihrem Guide ja toternst. Ich habe allerdings den Eindruck gewonnen, das „Goth“ zu sein in den USA sich tatsächlich hauptsächlich über den „Style“ definiert, was dann auch zahlreiche andere Guides zu den verschiedensten Subkulturen zeigen. Daher bin ich auch völlig deiner Meinung.
Kitty : Da hast du ziemlich liberale Eltern gehabt, so Ende der 80er Jahre (wenn ich mich nicht irre) – Allerdings wird auch deutlich, dass du deinen Eltern „keine Schande“ gemacht hast. Könnte man behaupten, du warst ein „braves“ Kind?
Dawina : Die Sozialpädagogen? Was meinte denn die und wie kam es überhaupt dazu, dass die eine Meinung dazu hatten?
The Drowning Man : In 29 Punkten schuldig oder tendenziell schuldig. :-)
Gray : Ich wäre ja sehr neugierig, so ein Gutachten in die Finger zu bekommen, das klingt ja alles UNGLAUBLICH! 2006 – Ich glaube die Psychiater und Psychologen sind teilweise so weit von der Realität entfernt, dass man annehmen könnte, die Gefahr ginge nicht von den Kids und Jugendlichen aus, sondern von denen, die sie begutachten. Bislang hatte ich Fälle wie deinen für Humbug erklärt, ich scheine mich jedoch zu täuschen. Jetzt bist du 26 – und immer noch ein Gothic? Wie gehen Deine Eltern heute damit um? Gerne würde ich deine Geschichte hören, gerne auch per Kontaktformular oder E-Mail!
Gruftfrosch : Das habe ich auch erst gedacht. Als ich jedoch stöberte und letztendlich Kontakt aufnahm wurde mir deutlich, dass die es sehr ernst meinen.
Daniel : Ich glaube allerdings auch, dass im heutigen Sicherheitsempfinden der Menschen, die alles und jeden mit Leichtigkeit als „böse“ einstufen, auch ein Hund begraben liegt. Sein Kind (oder sich selbst) vor fremden Dingen, über die man lediglich Halbwahrheiten kennt, zu schützen, hat in letzter Zeit doch schon bizarre Ausmaße angenommen. Wehe das Kind geht nicht sofort ans Handy!
Eltern tolerieren heute durchaus Äußerlichkeiten, die noch vor 20 Jahren zu Kontroversen geführt hätten, allerdings werden keine Verhaltens- oder Leistungsabweichungen toleriert. „Das Kind soll was aus sich machen!“ Ganz so, wie du es in deinem schönen Satz: „Nach meinem Empfinden leben wir momentan in einem ganz eigenartigen Zeitalter, in dem Konservatismus und individuelle Freiheit doch sehr eng beieinander liegen.“ zusammengefasst hast.
Jugendliche, die keine Leistung bringen, nichts aus sich zu machen scheinen und auch sonst eine rebellischen Haltung gegen den gesellschaftlichen Zeitgeist hegen, ecken viel schneller an.
Es scheint, als wäre als verkehrt herum. Früher haben die Eltern erst vermutet, das was nicht stimmt, wenn das Kind anders herum lief, als seiner Altersgenossen.
Tanzfledermaus : Es gab ja auch in jüngerer Vergangenheit Ereignisse, die mit „Gothic“ im Zusammenhang standen, die Eltern auf die Barrikaden trieben. Die Amerikaner haben beispielsweise ihre Amokläufe viel extremer verarbeitet, als wir es mit unseren „Vorfällen“ gemacht haben. Deine Schwester mag als Beleg für die Annahme herhalten, dass in aufmerksamen Familien das Aussehen eine untergeordnete Rolle spielt, sondern allein das damit einhergehende Verhalten den Ausschlag gibt, oder?
Victor von Void : Allerdings. Völlig anders. Wie schon eben kommentiert, beben dort Ereignisse, die mit Subkulturen oder Normabweichungen einhergehen, wahnsinnig lange nach. Das mag neben den Argumenten die du schon angeführt hast, auch an einer völlig anderen Form der Erinnerungskultur liegen und dem beinahe hypnotischen Wirkungen einzelner Meinungsmacher liegen.
Claudia : Ja, genau so klingt es auch für mich. In den USA hat ja auch die Überwachungskultur der eigenen Kinder völlig bizarre Ausmaße angenommen. Eltern, die ihren Kinder überwachen, sind dort kein vereinzeltes Phänomen, sondern eine Massenbewegung. Ich behaupte sogar ganz frech, dass es in den USA vordergründig und viel aggressiver um eine Gleichschaltung geht. Warum solch ein Leitfaden existiert, erscheint dann auch fast schon logisch – wenn auch nicht minder bizarr.
Antwort auf meine kurze Aussage: Ich war als Jugendliche im betreuten Wohnen. Die Sozialpädagogen dort waren gegen die schwarze Kleidung. War aber auch eine katholische Einrichtung- vielleicht lag es daran. Das hat ja dann sowieso meist etwas mit Satanismus zu tun. :D
Ach, so brav war ich nicht. Ich war allerdings schon immer eher introvertiert und konfliktscheu (heute weiß ich, daß ich hochsensibel und Asperger Autistin bin). Was ich so außer Haus alles gemacht habe, haben meine Eltern kaum mitbekommen. Ich habe mit 16 angefangen zu Rauchen, später eine Zeit lang viel Alkohol ausprobiert und gefeiert. Kann schon sein, daß ich damit später dran war als Andere oder die Jugend heute. Meine Eltern sind aber wirklich ziemlich cool, jetzt mehr denn je.
ich bin sprachlos. Habe auch nicht alles von diesem Quatsch gelesen, nur überflogen. Für mich ist die Existenz einer solchen Anleitung schon absolut hirnverbrannt, nicht nur einzelne Teile davon. Jeder macht es in seinem eigenen Tempo – manche radikal und alle(s) erschütternd von jetzt auf gleich, andere tasten sich langsam vorwärts um ihren Stil zu finden. Aber NIEMALS um den Eltern zu gefallen oder dass es ihnen nicht auffällt. Was ist das nur für ein hirnverbrannter Unsinn?! Oder ist es heutzutage üblich, dass man sich möglichst gesellschaftlich angepasst entwickelt, auch in seinen Leidenschaften und Geschmack. Kein Wunder, dass Subkulturen aussterben.
Wahrscheinlich ist es nur ein Social-Media-Pinterest-whatever-klick-mich-Fänger, den es vermutlich auch für Metal gibt. Und HipHop. Bestimmt sogar für Punk. Mich wundert gar nichts mehr in der heutigen Qualitätseinöde der sozialen Netzwerke.
PS: Nicht falsch verstehen, Robert – ist nix gegen Deinen Artikel, gut aufbereitet und übersetzt.
Ich kann Eure Aufregung wahrlich nicht nachvollziehen. Diese Anleitungen sind doch vollkommen zeitgemäß. Zu jedem Scheiß gibt es die entsprechende Gebrauchsanweisung im Internet. Wie schlage ich einen Nagel in die Wand? Wie koche ich Kartoffeln gar? Was soll ich machen, wenn meine virtuellen Freundschaften nicht zur Verfügung stehen, um mich auszutauschen, mich mitzuteilen. Und meinen Eltern ist das Mobiltelefon wichtiger, als meine ersten Schritte in das reale Leben. Die Kinder werden heutzutage mittels der modernen Technik und sozialer Ignoranz zu seelenlosen Mutanten (v)erzogen, die auf solche Leitfäden angewiesen sind, da sie es nicht anders gelernt haben ihr Leben zu erfahren.
Also ich sehe hier das Aufregungspotential nicht. Wir reden hier nämlich über Kinder. Und ja, mit 13, 14, 15 ist man noch ein Kind. Punkt. Wenn ich jetzt eine 14 jährige Tochter hätte, ich würde sie definitiv zur äußerlichen Angepasstheit erziehen. Nicht aus Konservatismus, sondern aus Schutz!
Damals in den 90ern konnte ja noch nichts weiter passieren, wenn ein 14 jähriges Mädel mit Hot Pants unterwegs war – was damals ja durchaus vorkam. Es gab da einfach nicht die technischen Möglichkeiten. Aber wir leben nunmal nicht mehr in den 90ern, sondern in einer komplett durchdigitalisierten Welt. In der der öffentliche Raum und die digitale Öffentlichkeit komplett verknüpft ist.
Mal ein praktisches Beispiel was passieren könnte, wenn ein junges Mädel Hot Pants trägt und dazu auch noch was bauchfreies. Das Mädel bekommt von einem Jungen, vielleicht aus derselben Schule oder der direkten Nachbarschaft, avancen. Sie ist aber nicht interessiert und lässt ihn abblitzen. Und der Typ sagt sich nun: „Na warte, jetzt werde ich mich rächen.“
Mit Smartphones ist es heute ein leichtes heimlich Fotos von Menschen zu machen. Und es ist heute kein Hexenwerk mehr Fotomontagen anzufertigen. Und nun ist da dieses Mädel mit eher gewagtem Outfit. Der Typ macht unbemerkt Fotos, bearbeitet diese vielleicht noch und stellt diese dann vielleicht auf ein Porno-Portal. Oder betreit Bodyshaming in sozialen Netzwerken. Oder oder oder. Der Möglichkeiten sind da kaum Grenzen gesetzt. Und genau das passiert seit Jahren immer wieder unter Jugendlichen. Und das kann wirklich schwere psychische Traumata verursachen, welche dem Menschen über viele Jahre zeichnen werden!
Im Gegensatz zu vor 20 Jahren kann man im öffentlichen Raum eben nicht mehr so individuell agieren wie man es gerne wöllte. Und daher würde ich meiner fiktiven Tochter definitiv typische Gothic-Outfits für den öffentlichen Raum verbieten. Ich würde sie in der Tat dazu erziehen, sich in der Öffentlichkeit soweit wie es geht äußerlich anzupassen. Und ihr gleichzeitig beibringen, dass zum Glück noch niemand in Gedanken schauen kann. Und man sich eben nur im geschützten wirklich privaten Raum wirklich ausleben kann.
Das ist eben die Kehrseite einer durchdigitalisieren Gesellschaft, in der auch der öffentliche Raum kein Platz für wirkliche Entfaltung mehr bietet. Kann man das kritisieren? Oh ja! Sollte man das ablehnen? Unbedingt! Aber aufhalten lässt sich das vorerst eben nicht.
Und daher kommt auch der gefühlte Konservatismus unter Jugendlichen, den Daniel angesprochen hat. Ich glaube nicht mal, das jeder Jugendliche wirklich so konservativ denkt. Die persönliche Entfaltung hat sich jedoch sehr stark rein ins Private verlagert. Besonders in einem Land wie die USA.
Und unter diesem gesellschaftlichen Hintergrund müssen auch solche „Tutorials“ verstanden werden.
Was übrigens nicht aussagt, dass in den USA Gothic nur auf Kleidung reduziert wird.
Hospes : Ja, da ist was wahres dran. Es ist jedoch auch unausweichlich, da in unserer Informationsgesellschaft jede Info allgegenwärtig verfügbar ist. Du kannst deine Kinder davor nicht schützen. Lässt man sie jedoch damit alleine, kann ich mir sehr wohl vorstellen, dass das einen negativen Einfluss auf die Entwicklung hat. Eltern habe dahingehend eine größere Verpflichtung als noch vor 20 Jahren, wo alles noch ein bisschen anders gewesen ist. Schulen sollte ihrer Pflicht nachkommen und solche Dinge aktiv in ihren Lehrplan aufnehmen.
Axel : Herrje Axel. Dein „Beispiel“ ist furchtbar. Genau wegen dieser Gedanken, habe die Jugendlichen doch angefangen, äußerlich zu rebellieren. Wenn kein Mädchen mehr Hot-Pants trägt, dann sind die Mädchen mit den engeren Hosen in Gefahr? Dann die mit mehr Busen? Dann die mit Make-Up? Am besten schneiden die Eltern Kartoffelsäcke aus und lasse ihre Kinder damit zu Schule gehen, oder? Das funktioniert so nicht.
Wie du deine Kinder erziehst, ist mir völlig egal. Die meisten Aussagen deines Kommentars im Hinblick auf den Umgang mit den Jugendlichen sorgen bei mir für aufgestellte Nackenhaare. Die Zusammenhänge und Vermutungen die du darin aufstellst sind meiner Ansicht nach völlig unsinnig.
Weil wir in einer digitalisierten Gesellschaft leben müssen wir uns alle verstecken, weil gelebte Individualität gefährlich für uns und unsere Privatsphäre ist? Entschuldige Axel, aber ich Dich dahingehend nicht wirklich ernst nehmen. Vielleicht sollten wir alle wieder in die Kirchen eintreten und unsere moralische Weltbild dort prägen lassen?
Robert Völlig unsinnig? Kannst Du nicht ernst nehmen? Hier mal ein paar Links zum Thema Cybermobbing. Ich zieh mir sowas doch nicht aus den Fingern! Noch nie was von Sexting und dergleichen gehört?
https://www.deutschlandfunk.de/cybermobbing-trauigkeit-wut-und-isolation.680.de.html?dram:article_id=378359
https://www.deutschlandfunk.de/studie-zu-cybermobbing-es-wird-intensiver-gemobbt-als.680.de.html?dram:article_id=386336
https://www.deutschlandfunkkultur.de/wenn-sexting-nachrichten-im-netz-landen-und-ploetzlich.976.de.html?dram:article_id=385376
Wenn damals im analogen Zeitalter gemobbt wurde, hat das nur ein sehr kleiner und eingeschränkter Kreis mitbekommen. Etwa wenn damals Nachbarn getuschelt haben oder so. Da hat dieser gute Ratschlag „Lass sie reden“ wirklich noch gepasst. Aber heute haben eben auch Nachbarn Internet. Und da können Gerüchte sehr schnell Fahrt aufnehmen. Besonders wenn es um Kinder geht.
Und in den USA ist das alles nochmal viel schärfer. Wo Leute Jobs wegen irgendwelchen Twitter-Kommentaren oder sowas verlieren. Oder auch wegen Gerüchten, die sich im Internet schnell verselbstständigen.
Ich sage doch nicht, dass die Entwicklung toll ist! Sie ist aber da, lässt sich nicht mehr zurückdrehen und es bringt meiner Ansicht nach nichts davor die Augen zu schließen.
Axel: Ich rede nicht vom Cybermobbing. Lies meinen Kommentar, da steht drin, was mich an Deinem Kommentar stört. Cybermobbing ist sehr wohl ein Phänomen unserer Zeit. Das löst man aber nicht dadurch, sich anzupassen. Wie ich schrieb, sind es dann andere Dinge, die solche Furchtbarkeiten auslösen. Wenn alle die gleichen Klamotten tragen, dann geht es eben gegen die Dicken oder Dünnen, gegen die Schwachen oder die Außenseiter. Was auch immer.
Du verdrehst die Argumentation damit zu behaupten, ich würde explizit Cybermobbing für „unsinnig“ halten. Du ziehst dir das heraus, was dir genügsam erscheint. Das macht in meinen Augen keinen Sinn.
Offtopic, aber: @Kitty: Möchtest du dich übers Internet mit mir austauschen? :-)
Ich habe ebenfalls einige Asperger-Züge sowie einige Merkmale von Hochsensibilität.
On Topic: Einige Aspekte, die Axel angesprochen hat, sind schon gut überlegt. Das Beispiel des Jungens, der das Mädchen aus Rachegefühlen „montiert“ ins Internet stellt, ist etwas aus dem Kontext gerissen, aber ich denke, Axel wollte mit diesem Beispiel sagen, dass wir heutzutage im Internet viel schnellere Möglichkeiten der Verbreitung von Diffamierungen u.ä. haben und wir eben nicht wissen, wer nun darauf Zugriff hat. ABER das betrifft theoretisch alle Menschen auf diesem Planeten. Da hat @Robert Recht, dass man sich wegen solcher Dinge eben nicht anpassen sollte. Ein viel genannter positiver (oder negativer? ) Effekt in den heutigen Zeiten ist aber auch die Aufklärung über (Sub-)Kulturen etc und die Ausräumung von Vorurteilen. Es hat also immer alles zwei Seiten. :)
Möchte hier noch was zum Thema passendes verlinken, auch wenns von 2017 ist:
https://www.meinbezirk.at/wien/c-lokales/jugend-ohne-kult-wo-sind-die-mods-punks-und-gruftis_a2061537
https://www.meinbezirk.at/wien/c-lokales/jugend-ohne-kult-david-pfister-von-fm4-das-gute-bleibt-immer_a2254879
https://www.meinbezirk.at/hietzing/c-lokales/kommentar-jugend-ohne-kult-die-achtziger-sind-kein-mythos-es-hat-sie-wirklich-gegeben_a2140013
https://www.meinbezirk.at/wien/c-lokales/jugend-ohne-kult-die-ersten-gruftis-pilgerten-vom-franz-zum-conny_a2149879
https://www.meinbezirk.at/wien/c-lokales/jugend-ohne-kult-punks-not-dead-in-waehring_a2240402
@Blue Lotus: Danke Dir für die Links – zumindest das Interview, was sich hinter dem ersten versteckt, habe ich gelesen. Es ist deprimierend, aber realistisch.
„Alles andere ist Spiel mit Dekor, ein oberflächliches ästhetisches Vergnügen. Wie im allgemeinen ist in den Jugendkulturen wenig echt. Das meiste ist ein Theaterspiel mit Rückfahrkarte ins Normale.“
Jupp, dazu „passt“ auch diese Anleitung.
Sylvia_Plath : Natürlich hat Axel da Recht, aber das eine hat ja mit dem anderen nichts zu tun. Die Aufklärung über Subkulturen und Lebensentwürfe, die uns heute ein einigermaßen „freies“ Leben beschert, ist doch das Ergebnis von Unangepasstheit. Nur so funktioniert das. Wir müssen uns ausleben, befreien und Freaks sein, damit die Gesellschaft es irgendwann kapiert. Die lernt nämlich sehr langsam und nur durch stete Wiederholung. Und wenn die Mädchen Hot-Pants tragen, dann tragen die Mädchen eben sowas. Die Gesellschaft muss lernen, dass das nicht automatisch eine Offerte ist. Dahingehend sehe ich übrigens kein Problem, die Mini-Rock-Vorreiter aus den 60ern haben da schon ganze Arbeit geleistet.
Shan Dark : Habe ich auch gerade gelesen :-) Mir ist das aber ein wenig zu pessimistisch. Ich glaube nicht, das die Zeit der Rebellion vorbei ist. Wir leben zur Zeit eine gesellschaftliche Sättigung, in der kaum noch einer nach neuen und „anderen“ Dingen strebt, weil eben alles im Überfluss vorhanden ist. Der Turbo-Kapitalismus der letzten Jahrzehnte schlägt sich in einer Leistungsorientierten Jugend nieder, denen sehr schnell klar ist, dass man funktionieren muss, um konsumieren zu können. Ich sehe hier schon im Ansatz sehr viel Rebellions-Potential, auch wenn einer musikalisch orientierter Bezug schwer auszumachen ist.
Und ja, natürlich ist viel Maskerade dabei oder wie im Interview gesagt wird „ein oberflächliches, ästhetisches Vergnügen“. Aber war das jemals anders? Ich kenne jeder Menge Ex-Gruftis, die heute mit ihrer „dunklen Vergangenheit“ nichts mehr zu tun haben wollen. Das fällt mir immer dann auf, wenn man Sternchen von damals nochmal zu damals befragen möchte. Da kommt nämlich nicht viel bei rum. Und so bleibt es dabei, das jede Subkultur immer einen Speckgürtel mit sich herumträgt, in dem sich Mitläufer und Teilzeit-Zugehörige tummeln, die mit den Werten – oder manchmal sogar mit der Musik – nichts zu tun haben.
1. Lerne deine Meinung zu äußern. Teile ruhig (ohne Angst) mit was dir gefällt, und was nicht. Tue dies aber anders als einige unerzogene Erwachsene, ruhig und sachlich, aber direkt und mit dem gebotenen Nachdruck. Lass dabei, anders als einige unerzogene Erwachsene, andere Meinungen und Diskussionen zu. Vermeide, anders als einige unerzogene Erwachsene, dass Reden hinter dem Rücken der Betreffenden.
2. Lerne das einige Erwachsene teilweise sehr undemokratisch, intollerant, autoritär, aggressiv, und unhöflich sind. Habe immer im Hinterkopf das bestimmte Grundrechte, Demokratie, und auch Umgangsformen, undiskutabel sind, und weise Menschen darauf hin, wenn dies absichtlich oder unabsichtlich gebrochen wird. Weise Menschen darauf hin, wenn sie sich auf Rechte berufen, die garnicht existieren.
3. Lass keine Ausreden zu. Soziale Gruppen, Religionen, Ideologien, politische Eingruppierung, mangelnde Bildung/Erziehung/Sozialisation, sind keine Rechtfertigungsgründe für schlechtes Benehmen, bis hin zu Grundrechts- und andere Gesetzesverstöße. Pranger dieses sofort an. Von mir aus sags den Betreffenden vor versammelter Mannschaft direkt ins Gesicht. Und frag, ob er/sie, sich nicht schämt, und ober er/sie selber sowas gut finden würde bei sich. Wenn du alleine bist, hole dir Unterstützung.
4. Zum Erwachsenwerden, gehört auch das reifen des eigenen Musik, Mode etc Geschmacks, und das einordnen in Gruppen die einen selber am nähesten stehen. Bleib dir dabei unbedingt treu. Alles andere ist auf die Dauer nicht zufriedenstellend, und auch dir und anderen unehrlich gegenüber.
…….. ich könnte meine Tipps jetzt weiter schreiben… aber sie sind eigentlich nichts Besonders, und auch eigentlich nichts was man nur jungen Gruftmenschen mit auf den Weg geben kann.
@ Kitty Das hört sich nicht nach Aperger an. Denn rauchen Alkohol trinken und feiern gehen spricht dagegen. Und ein Hochsensibeler würde diese Dinge auch meiden.
Ich finde solche Artikel passen in die heutige Zeit. Menschen die ihren „Style“ auf ihren Blogs präsentieren sind ja auch für viele sowas wie eine Anleitung oder sogar Vorbild. Instagram ist noch schlimmer. Das machen die nur, weil die Aufmerksamkeit wollen und likes sammeln. Darüber definieren sie dann ihre Identität, ihr Selbstbewusstsein. Deswegen gibt es Nugoth, was ja eigentlich Hipster in schwarz sind. Das hat für mich nichts mehr mit der Szene zutun. Es ist eben nur „Style“
@Sylvia_Plath: Gerne!
@Noe: Ich weiß nicht, wo Du Deine Infos her hast und warum Du Dich hier als Hobbypsychologe aufspielst, aber meine Therapeutin und vor Allem ich selbst kennen mich wohl besser als Du. Jeder Autist und jeder Hochsensible ist anders. Hättest Du wirklich Ahnung, wüßtest Du das. Ich empfinde Dein Verhalten als übergriffig und verbitte mir das.
Die Wikihow Artikel sind schon teilweise hilfreich. Ich denke insbesondere für junge Menschen.
@Noe: Du gehst mit deinem Kommentar direkt auf Kitty ein und schreibst so, als wäre das keine Meinung, sondern ein Fakt. Entweder du schreibst „ich glaube“ oder „ich bin der Meinung“, um es als Meinung zu deklarieren, oder fügst für deine Behauptungen entsprechende Nachweise an. Sonst kann man aus deinem Kommentar auch lesen: „Kitty, du redest Unsinn, du bist überhaupt nicht krank.“ Daher ist eine gewissen „empfindliche“ Reaktion von Kitty völlig normal. Möglicherweise ist das sogar ein Beleg für die Hochsensibilität, die du ihr in Deinem Kommentar absprichst. (Achso: Dies ist auch kein Forum,
@Kitty: Ich verstehe Deinem Unmut, aber du weißt ja wie das mit Krankheiten ist, die nicht in eingegipst oder in blutige Verbände gehüllt sind, für die Meisten schwer zu begreifen. Vor allem, wenn man selbst überhaupt nicht betroffen ist. Menschen, die über einen urteilen stehen immer dann auf dem Plan, wenn man den Mut hat, sich über seine Probleme austauschen. Wer sich angreifbar macht, wird angegriffen. Regeln des Internets ;) Lass dir von einem Angreifer nicht deine Offenheit madig machen. Vielleicht hat sich Noe auch irgendwie nur ziemlich unglücklich ausgedrückt.
Noe Nana, ich würde jetzt nicht allen die ein Instagramm-Profil oder ähnliches haben Aufmerksamkeitsheischerei und dadurch die Generierung ihrer Identität und ihres Selbstbewusstseins unterstellen wollen. Natürlich ist das etwas, womit man Aufmerksamkeit generiert, aber ich denke für viele ist es auch eine Möglichkeit etwas zu zeigen, was sie gerne mögen und andere daran teilhaben zu lassen. Sicher ist gerade Instagramm sehr oberflächlich angelegt, durch die Konzentration auf Bilder und kurze Videos. Aber Äußeres war und ist ein Teil der Szene, den man auch gerne zeigen kann. Ich persönlich geniese das gerade im echten Leben, wenn ich Menschen sehe, die ich als ästhetisch gekleidet und gestylt empfinde, schaue mir aber gerne auch im Internet entsprechende Bilder an. Einfach weil es ein Teil der Szene ist und auch als Inspirationsquelle dienen kann. Die BEdeutung des Internets für das Leben genrell wie für die Szene können wir auch nicht mehr wegdiskutieren. Ich denke darüber hinaus ist heute das Internet für viele Menschen eine Möglichkeit einen Eindruck von der Szene zu bekommen, sich Anregungen zu holen, Gleichgesinnte kennenzulernen. Das hat Schattenseiten, ja, aber ich denke auch ein positives Potential. Auch ich finde nicht alles gut und ansprechend was ich sehe und vermisse manches mal eine fundierteren Hintergrund oder sehe vllt die ausgereifte Auseinandersetzung mit etwas nicht, teilweise empfinde ich manches auch als Emfremdung von der Szene und ja, auch als Möglichkeit um Aufmerksamkeit zu generieren. Da muss man aber, wie bei allem, einfach differenzieren zwischen den verschiedenen einzelnen Personen und deren Darstellungen. Dazu gehört auch zu hinterfragen und sich seine eigene Meinung zu bilden und nicht alles unreflektiert hinzunehmen.
@Noe: „Aspergerautisten rauchen nicht , feiern nicht und trinken keinen Alkohol“: Das stimmt definitiv nicht, da bin ich bei Kitty, so wie jeder Mensch unterschiedlich ist, sind auch Autisten (nicht nur mit Asperger) unterschiedlich. Einige rauchen bzw. trinken Alkohol, um in „Overload“ bzw. Stress-/Reizüberflutungssituationen wieder runter zu kommen. Einige nehmen sogar andere verbotene Drogen, weil sie Synästhetiker sind und z.B. unter dem Einfluss von Cannabis oder LSD irre Dinge erleben oder sehen. Damit will ich NICHT sagen, dass Kitty oder ich so etwas tun, also illegale Drogen nehmen. Nicht, dass du hier mit der nächsten Anschuldigung ankommst.
Und stell dir vor, einige Aspergerautisten gehen sogar feiern und auf Parties, auch wenn das wegen der sensorischen Hypersensibilität manchmal schwer auszuhalten ist in der Umgebung. Einfach, weil wir in Maßen auch soziale Kreaturen sind.
Ich habe diese „Anleitung“ anscheinend in weiten Teilen unbewusst befolgt.
Erst mit 18 habe ich das „voll raushängen“ lassen, vorher war ich wirklich sehr vorsichtig. Da ich aber grundsätzlich eher zu dezenter und stilvoller Umsetzung des „Looks“ geneigt habe (was sogar von Außenstehenden komplimentiert wurde, weil es mir tatsächlich steht – als „gothic by nature“ „musste“ ich beispielsweise nie die haare schwarz färben, es war eher so, dass das mein natürliches aussehen vorteilhaft betont hat und ich nie verkleidet aussah)und das ganze im Laufe der Jahr mit mir gealtert ist, kenne das aneinander geraten mit anderen tatsächlich nicht in der Form wie mach anderer. Jedoch habe ich immer die extrem gestylten bewundert, weil, ich konnte machen, was ich wollte, ich sah immer „natürlich“ aus, egal was ich probiert habe.
Lavendel! Du hast Dich also in die Szene geschlichen :) Ich habe auch nie einen harten Schritt gewagt und erst nach und nach in die Szene geschlichen. Mir fehlte auch einfach der Mut, mich zu verwandeln, da ich weder Skills zum Haare bauen entwickeln konnte, noch besonders Schminkbegabt war. Und jetzt halt Dich fest, ich habe mir erst mit Mitte 20 zum ersten mal die Haare schwarze gefärbt!