Am 1. April 1960 wurde der erste Dr. Martens Stiefel aus den heiligen Fabrikhallen in England auf seine lange Reise zum Kultstiefel geschickt. 8 Löcher und Kirschrot war das erste Modell des Fabrikanten Ray Griggs, der die Lizenz, die Schuhe zu produzieren von seinem deutschen Erfinder Klaus Märtens kaufte. Er nannte das erste Modell mit der neuartigen Luftsohle „1460“, nach dem Datum des ersten Tags der Produktion, dem 1. 4. 60. Die Bezeichnung der luftgepolsterten Sohle als „AirWair“ und die gelbe Naht um die Sohle wurde zum Markenzeichen. Für nur 2 Pfund waren die ersten Docs zu kaufen, gemacht für die Arbeiter in den Fabriken, für Polizisten und für Postmitarbeiter.
Ende der 60er entdecken auch die ersten Subkulturen die Docs für sich. Die Schuhe waren billig, robust und verkörperten die Arbeiterklasse wie kein anderes Schuhwerk. Die Docs wurden Kult und ein Symbol für subkulturelle Zugehörigkeit. Zur Jahrtausendwende brechen die Verkäufe ein, die britischen Firmen schließen ihre Werke und lassen die Docs in Asien produzieren. Ein paar Jahre später erholt sich die Marke und beginnt, ihren Kult auszubauen und die Füße aktueller Stars zu schmücken. Heute werden die Schuhe wieder in England produziert und scheinen wieder einmal zum Must-Have einer ganzen Generation geworden zu sein. Einziger Unterschied: Heute kosten die 1460er nicht mehr 2 Pfund, sondern 150 Pfund. Kult ist eben doch käuflich.
Schöne und kurze Doku über den mittlerweile 60 Jahre alten Klassiker.
Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.
Oh ja, die werten Docs. Ich erinnere mich noch sehr gut an meinen ersten „Kontakt“. Blutjunge 13 Jahre war ich alt und frisch auf dem Gymnasium angekommen, als mir die kleine Punkclique der Schule in die Augen stach, sich in mein Hirn brannte. Ihre Docs, die bunten Schnürsenkel, ihre rot/gelb/grünen Haare, ihre rotzige Art als provokante Reaktion auf die vielen Jugendlichen aus privilegierten Elternhäusern, von denen etliche keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber jeglicher Andersartigkeit fern der konservativ-katholischen Norm der Kleinstadt machten. Sofort war ich Feuer und Flamme, wenn auch nicht unbedingt für den Punk an sich, jedoch von der Möglichkeit der Abgrenzung durch so etwas Einfaches wie „Fashion-Statements“, die jeder sofort verstand.
Nunja. Gereicht hat das Taschengeld meines 13 jährigen Ichs selbstverständlich nicht für dieses Statement und jegliche Versuche, meine Eltern zur entsprechenden Investition in meine subkulturelle Zukunft zu bewegen, schlugen fehl. Sie waren nicht bereit, 100 gute deutsche Mark für ein Paar „Gummistiefel“ (O-Ton meiner Mutter) hinzulegen. Damals. In den 90ern. Als Docs noch 100 Mark kosteten.
So blieb mir nichts anderes, als zu warten. Lange zu warten. 17 Jahre später stand dann doch das erste Paar in meinem Schuhschrank. Nach reichlich Gedanken, ob ein Fashion-Statement, für welches man heute weit über 100 Euronen ausgeben muss, notwendig ist, um sich abzugrenzen oder auch zugehörig zu fühlen. Erziehung prägt halt, wofür ich übrigens sehr dankbar bin. Was soll ich sagen: sie waren ein Geschenk.
Stellt sich natürlich die Frage, inwiefern heute noch eine gesellschaftliche Abgrenzung durch das Tragen von Docs erfolgen kann, wenn sie doch mittlerweile vom Mainstream absorbiert wurden, ihnen ihr Biss genommen wurde, dadurch, dass sie heute von jenen Jugendlichen und auch Erwachsenen getragen werden, die zu meiner Schulzeit die waren, von denen ich mich distanzieren wollte.
Kleiner Schwank aus dem Leben an dieser Stelle.
Mina Miau : Ja, die Docs sind heute ein Trend geworden, den die Firma ja auch ordentlich befeuert. Das Statement ist natürlich im Laufe der Jahre deutlich schwächer geworden, woran auch die Tatsache, das die Teile über 100 Mark und jetzt 120 Euro kosten, eine Mitschuld trägt. Damals waren sie eben günstig, robust und verfügbar. Ich glaube, deshalb konnten sie so früh erfolgreich werden. Auch die Symbolik stand schon ziemlich früh fest, wie man in der Doku sehen kann. Ich fürchte fast, seit den 80ern waren Docs schon Mode und keine Statement mehr.
Ich glaube aber, dass das Wissen um die Vergangenheit der Docs heute einen kleinen, aber feinen Unterschied macht. Möglicherweise bilde ich mir den auch ein, aber es fühlt sich so an. Denn während die jungen Mädels von heute in Docs, Strumpfhose und Joy Division Bandshirt feiern gehen und überhaupt keine Ahnung haben, was sie da tragen – wissen wir wenigstens worum es geht.
Für mich steckt da mindestens noch 5% Statement drin ;)
Aber schöner Schwank aus Deiner Jugend, den ich gerne ergänzen möchte: 1989 habe ich mein erste Paar Pikes erstanden. In London. Camden Market für 80 Pfund. Die waren ein Traum, wie ich damals empfand, aber auch furchtbar schlecht in der Qualität. Nach einem halben Jahr waren die im Prinzip schon durch. Aber weil ich sie eben liebte, standen die bei mir immer in Reih und Glied. Nach einem Jahr war ein Loch in der Sohle und ich bekam ständig nasse Füße. Und weil junge Leute wie ich damals nicht zum Schuster gehen, weil das ja uncool ist, habe ich sie…. also ich habe…. ja, also….. nun, ich war dann….. ich hab sie halt weggeschmissen :(
Jugendsünde eben.
An mein erstes Mal kann ich mit noch total gut erinnerin. Damals habe ich in einem Kuhort bei Erlangen gewohnt. Das müsste genau vor 30 Jahren gewesen sein, wo ich Doc’s gekauft habe. Die waren weinrot und aus dem Point Bazar in Nürnberg. Das war voll der geile Laden.
Ich werde total nostalgisch, wenn ich an die Zeit zurück denke.
Mir fallen auch seit einiger Zeit immer mehr „stinknormale“ Leute auf, die Docs tragen. Damit kann ich aber besser „leben“, als wenn Pikes plötzlich Trend wären. Die verbinde ich noch viel mehr mit unserer Subkultur.
Meine ersten und einzigen Docs hab ich seit 1993, die sind mittlerweile auch richtig doll kaputt und längst nicht mehr wasserdicht. Ich hab sie schon ewig nicht mehr getragen, wage es aber auch nicht, sie wegzuwerfen.
Eine lustige Begebenheit gab es vor ca. 10 Jahren. Damals trug ich meine Docs auf der Arbeit und wir hatten gerade einen jungen Punk als Azubi. Als der mich fragte, wie alt meine Docs sind, stellte sich heraus, dass er und meine Treter gleichaltrig waren… Da hat er ganz schön Augen gemacht!
So sehen sie inzwischen aus:
Docs gab es zu meiner Zeit 1986/87 in Ludwigshafen im Roxy-Shop und in Mannheim im Nos(feratu). Ein Rockabilly-Kumpel von mir bestellte sich dort ein Paar schwarze 3-Loch Docs. Ich entschied mich für ein paar spitze Schnallenschuhe mit 4 Schnallen für 120.- DM, die nach fast 2 Monaten Wartezeit dann endlich im Roxy-Shop in meiner Größe ankamen. Die hatten dort von allen Schuhen jeweils nur ein Modell zum Ansehen/Anprobieren und dann musste man auf gut Glück seine Größe raten und das wurde dann bestellt. Wenn man dort hinging musste man immer etwas Ausschau nach Skins halten, die dort auch einkaufen gingen und die auf Waver nicht besonders gut zu sprechen waren. Das Angebot im Roxy-Shop war sehr überschaubar, nicht so vollgestopft wie das Nosferatu in Mannheim. Ein bisschen Off-Topic: An der Wand hing zwischen den Bomberjacken und Harringtons auch ein Kutschermantel mit dunkellila Innenfutter für nur 350.- DM. Ich war damals 16 und meine Mutter hat seltsamerweise nicht eingesehen, dass ein kleiner Waver in so einen Mantel wesentlich besser aussieht als ohne. Die Schuhe musste ich auch zur Hälfte selbst bezahlen. Da ich 1x die Woche ein bisschen Werbung austrug, war das für mich machbar. Der Mantel ist aber für immer ein Traum geblieben. Der Roxy-Shop hat dann bald danach zugemacht und einen Kutschermantel mit lila Innenfutter habe ich nie wieder irgendwo gesehen.
Zurück zum Thema: Mein erstes Paar Docs hätte ich mir auch beinahe in London in der Carnaby-Street gekauft. Das war 1991 und es wären ein paar 8 Loch Lack-Docs gewesen. Irgendwie hab ich es aber doch nicht gemacht und mir dann kurz darauf in Mannheim im Nos ein Paar 8-Loch-Wildleder gekauft. Die Sohle war nach ca. 1 Jahr dann auch durchgelaufen. Heute sind bei mir im Schrank je ein paar 10-Loch Solovair Southerner in Rot, 10-Loch-Rangers in Schwarz von Boots&Braces, schwarze 8-Loch Docs Made in Thailand, schwarze 8-Loch Docs Budapester und natürlich seit ein paar Jahren wieder 1 Paar spitze Schnallenschuhe mit 4 Schnallen von Pennangalan. Meistens trage ich aber leider aus gesundheitlichen Gründen Turnschuhe in der bekannten Farbe.
Alte Pizza : Die Weinroten waren die Echten! :)
Tanzfledermaus : Kurioserweise bekam ich meine ersten Docs erst sehr spät. Ich glaube, erst 2007 (?) habe ich mein erstes Paar gegönnt. Von dieser neu aufgelegten „Original Series“, die rauskam, als man die Fabrikation wieder nach England holte. Die habe ich tatsächlich auch noch. Die sind auch aus so hartem und grobem Leder gefertigt, ich glaube die überdauern auch noch ein paar Jahrzehnte.
einbisschenwasüberschuhe : So eine schöne Geschichte! Bitte unbedingt mehr davon :) Übrigens: Ich habe mittlerweile auch 3 Paar Turnschuhe. Natürlich NUR aus sportlichen Gründen. :)
Tja, ich habe aufgrund lädierter Bänder so ziemlich alles abgeschafft. Zum im Berg/Wald wandern mit dem Hund, und auch für den Alltag, gegen gute schwarze Leder Wanderstiefel ersetzt, und überall Einlagen drinnen. Die tanzen sich auch sehr gut, und laufen gut auf Veranstaltungen. Gute Schuhe kosten aber numal, da liege ich preislich gleich, bei besserem Komfort und nicht selten auch Qualität/Haltbarkeit. Außerdem bin ich, weil ich in der Arbeitszeit Arbeitsschuhe S3 tragen muss, wirklich froh, mir dicke Böttels nicht auch noch privat anziehen zu müssen, und gegen leichte Schuhe ersetzen zu können…. oder ganz barfuß laufen zu können. Die S3 Arbeitsschuhe/ Stiefel werden wohl auch keinen Trend setzen. Anders wie die Warn/Arbeitskleidung, die sich ja schon langsam in die Alltagsmode schleicht… was ich persönlich total verrückt und auch nicht als schön empfinde. Vor 10 Jahren wäre meine Antwort zu Szenestiefeln anders ausgefallen, da sah der Schuhschrank auch noch anders aus bei mir, aber momentan bin ich da so ziemlich unnostalgisch. P.S. Was die echte Arbeiterklasse von damals wohl damals mehrheitlich gesagt hätte, hätte man sie gefragt, ob sie ihre Schuhe kultig finden, und gerne schick nach der Arbeit tragen würden?! Und warum werden heute Schuhe knöchelfrei… oder ohne Socken…. oder wie auch immer….. getragen? Scheuert das nicht, oder ist Ar…kalt im Winter? Bestimmt tragen die auch alle keine Unterhemden mehr. ;) Schön das man sich in jedem Alter von etwas distanzieren kann, und anders anziehen. ;) Und ja, danke für meine Erziehung. ;) Oh, jetzt bin ich abgeschwiffen…schwoffen…schweift.
Wiener Blut : Das mit dem frieren ist mit Sicherheit, so meine Vermutung, altersbedingt. Knöchelfrei, kurze Socken bei 0 Grad, T-Shirt und kurze Hose auch noch bei 5 Grad. So fallen mir gelegentlich Jugendliche in meiner Umgebung auf. Die haben es nicht so mit dem frieren. Wenn ich mit richtigen Strümpfen, Mütze, Schal und dicker Jacke das Haus im Dezember verlasse, komme ich mir fast schon ein bisschen blöd vor. Schön zu wissen, das Wiener Blut etwa in derselben Temperatur-Empfindungsskala schwebt. Natürlich trage ich auch Unterhemden. Alles in Schwarz, versteht sich. Ich fürchte, ich bin ein altersgerecht gekleideter Grufti :)
Die 8 Loch-Stiefel sind für mich Ganzjahres-Wohlfühlschuhe. Im Sommer mit dünnen, im Winter mit dicken Socken…
Mit 16 habe ich mir mein 1.Paar für knapp 40 Pfund in London gekauft und mir sofort Blasen gelaufen. Erstaunlicherweise hat mich das nicht abgeschreckt, sondern meine Leidenschaft entfacht. Die Schuhe sind mit mir durch Matsch, Schlamm und Bäche, über Hügel und Strand gelaufen, wurden auf der Heizung getrocknet, mit Nivea eingefettet, weil keine Schuhcreme mit im Urlaub war… 27 Jahre später sehen sie nicht mehr so hübsch aus wie am Anfang, sind aber zumindest im Sommer bei trockenem Wetter noch tragbar. Mit 18 habe ich mir dann mein 1. Paar 20 Loch- Stiefel gekauft…dafür habe ich den schlimmsten Ferienjob meines Lebens durchgezogen. Aber auch diese Stiefel sind noch bei mir und sie sind sogar noch bei Regen tragbar. Mittlerweile brauche ich ein Regal für meine Schätze und mein Freund ist genervt, wenn wieder „irgendwie“ ein Paar „auftaucht“ . In den 27 Jahren habe ich einige Paare zusammengesammelt, alle werden getragen und mit richtiger Schuhcreme geputzt. Und ich hoffe immer, dass meine Füße noch lange in den Stiefeln laufen, springen und tanzen können.
Ich trotze der Mehrheit und habe noch immer keine schwarzen 8er,dafür sind sie gelb, grün, blau, orange… Passt alles hervorragend zu Schwarz. Ich hatte zum Teil schon Kunden im Laden, die nach der Begrüßung erstmal auf meine Schuhe geschaut haben, um zu sehen, welche Farbe an dem Tag dran war. Das ist für mich mein Beitrag zur Buntwelt😉…