Nach dem faszinierenden Einblick in die chinesische Subkultur in dem Artikel „Shanghai Gothic“ sind zahlreiche Fragen offen geblieben. Wer sind Janina und Nikita eigentlich und was in aller Welt verschlägt zwei Menschen nach China? Schon beim lesen des umfangreichen und unglaublich interessanten Artikels von Janina musste ich einige Vorurteile und Meinungen über das bevölkerungsreichste Land der Erde überprüfen. China ist ein faszinierendes und gleichzeitig polarisierendes Land voller Gegensätze. Vor allem Shanghai, eine der größten Städte dieses Planeten ist mit seiner „westlichen“ Orientierung besonders interessant. Sie vereint auf überraschende Weise chinesische Traditionen und Regierungsformen mit westlichen und weltoffenen Ansprüchen. Ein idealer Platz um sich zu verwirklichen?
Ein Interview mit Janina Gantzert über die Beweggründe nach China auszuwandern, über ihre persönliche Einstellung zu Gothic und die vermeintlichen Schwierigkeiten als Ausländer in einem kommunistischen Staat. Zusammen mit ihrem Ehemann Nikita brachte sie die Idee von Gothic-Partys nach Shanghai und gründeten die Internetseite „Gothic-Shanghai“, über die sie regelmäßige Picknicks und Disco-Abende organisieren. Eine deutsch-kasachische Liebesgeschichte die zeigt, wie man die Idee von einem alternativen und „schwarzen“ Lebensstil über die ganze Welt verteilt.
Du kommst ursprünglich aus Hessen, dein Ehemann Nikita aus Russland. Würdest du uns etwas über Eure Hintergründe verraten und was euch nach Shanghai verschlagen hat?
De facto kommt mein Mann nicht aus Russland. Er ist zwar Russe, wurde aber in Almaty (damals UdSSR, heute Kazachstan) geboren und ist dort aufgewachsen. Mit 15 Jahren zog er dann zuerst zu dem Partner seiner Mutter nach Deutschland und dann, als feststand dass seine Mutter nicht wie geplant ebenfalls umziehen würde, 8 Monate später zu seinem Vater (der die Familie 13 Jahre zuvor verlassen hatte und ausgewandert war) nach Madrid. Ich habe den Großteil meines Lebens in einem beschaulichen Dorf bei Darmstadt gelebt, bis ich zum Studium in die ebenso beschauliche Kleinstadt Hof in Oberfranken ging.
Für mein Studium (Internationales Management) musste ich dann ein Semester Praktikum und ein Semester Studium im Ausland absolvieren. Daher ging ich 2009 zunächst für 6 Monate Praktikum (und mit „Hallo, ich heiße Janina. Ich spreche nicht Spanisch.“ als einzigen Spanischkenntnissen) nach Madrid, weil ich in Frankreich, wohin ich ursprünglich wollte, keine Stelle finden konnte. Dort lernten wir uns dann gleich an meinem zweiten Wochenende im „666 Gothic Club“ kennen. Er hielt eigentlich Ausschau nach einem anderen Mädel, das er eine Woche zuvor kennen gelernt hatte und deren Telefonnummer aus absolut unerfindlichen Gründen in seinem Handy gelöscht war, nachdem sie sogar extra versucht hatten dass es auch mit den Anrufen klappt. Ich hatte in der Woche zuvor eine ganze Gruppe an neuen Leuten kennen gelernt und war mir sicher, dass er dabei gewesen sein musste, da er mir so bekannt vorkam. Also sagte ich „Hallo“ und wir kamen ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass wir uns zuvor nie begegnet waren. Das Schicksal hatte aber offenbar seine Finger mit im Spiel…
Nach nur 4 Monaten musste er dann unerwartet nach Almaty fliegen, weil sein Oma einen Schlaganfall hatte und die Familie seine Unterstützung brauchte. Noch vor seiner Rückkehr nach Madrid musste ich zurück nach Deutschland und dann bereits 3 Wochen später ging mein Flieger zum Studium nach Bali (Indonesien).
Während ich ein Semester in Denpasar studierte, blieben wir per Email und Skype in Kontakt und er eröffnete mir eines Tages, dass er nach dem Ende seines Studiums Spanien verlassen und nach China auswandern würde. Grund dafür war die Wirtschaftskrise in Europa im Allgemeinen und Spanien im Speziellen. In China sah er die beste Chance auf Erfolg, da für ihn von vorn herein feststand, sich selbstständig machen zu wollen. Zudem war er seit seiner Kindheit von der Chinesischen Kultur fasziniert. Shanghai, als eine der westlichsten und modernsten Städte Chinas, schien uns der ideale Ausgangspunkt zu sein.
Ich war zuvor ein wenig ängstlich und insbesondere die Tatsache, dass China von einem kommunistischen Regime regiert wird, machte mir Sorgen. Ich wollte eigentlich in Deutschland bleiben, nach dem Studium einen Job finden und vielleicht nach Frankfurt, Berlin, München oder wo auch immer mich die Arbeit hin verschlagen würde, gehen. Doch die Erfahrungen, die ich in nur wenigen Monaten im Ausland gesammelt hatte, hatten mich bereits verändert. Ich überwand meine „typisch deutsche“ Mentalität und beschloss, dass es zumindest einen Versuch wert sei. Und so beschloss ich noch von Indonesien aus, ihm nach China zu folgen. Aus dem Entschluss wurden in wenigen Monaten und bei verschiedenen Besuchen in Madrid und Hof konkrete Pläne.
Meine Eltern waren nicht unbedingt begeistert von meiner neu entdeckten Risikobereitschaft. Aber ich ließ mich nicht mehr abhalten. Kurz nach seinem Abschluss an der Uni und kurz vor seinem Abflug nach China verlobten wir uns dann 2010. Die Ringe kauften wir übrigens auf dem WGT. :-)
Ich musste noch fast ein Jahr warten, da ich meine Uni bei aller Liebe und allem Tatendrang in jedem Falle abschließen wollte. Das war auch notwendig, da man in China als Ausländer nur dann ein Arbeitsvisum bekommen kann, wenn man mindestens einen Bachelorabschluss vorzuweisen hat. Er ging in der Zwischenzeit bereits nach Shanghai, lebte die ersten Wochen bei einer Freundin auf dem Sofa, fand eine günstige Wohnung, besuchten einen Sprachkurs um ein Studentenvisum zu bekommen und lebte sich ein wenig ein. Ich selbst sah meine künftige Heimat knapp 5 Monate vor dem Umzug zum ersten Mal, bis ich dann am 1. Mai 2011 mit einem One-Way ticket in der Hand, einem 3 Monate gültigen Touristenvisum im Pass und ohne einen Job in Aussicht im Flieger saß. Nach wenigen Wochen hatte ich einen Job gefunden und seitdem haben wir Europa nur noch als Besucher gesehen. Shanghai ist unsere neue Heimat geworden und wir haben es nie bereut.
Was bedeutet „Gothic“ für Dich?
In der Kurzfassung: Das Gefühl, „angekommen“ zu sein und einfach ich selbst sein zu können. An der Langfassung doktore ich nun schon eine gefühlte halbe Ewigkeit herum. Ohne diese frage hätte ich das Interview wohl in der Hälfte der Zeit beantworten könne. Aber es ist halt nicht so einfach, Gothic zu definieren. Ich denke, jeder in der Szene weiß das.
Gothic ist eine Subkultur, zu der unglaublich viel dazu gehört und die erstaunlich facettenreich ist. Ästhetik, Style und Musik sind dabei die augenscheinlichsten Aspekte. Kunst, also Literatur, Malerei, Fotografie, Film und dergleichen, sind schon ein weniger offensichtlich (zumindest bei einer oberflächlichen Betrachtung) aber gehören dennoch dazu. Und die Lebenseinstellung ist sehr subjektiv, wenngleich ich dennoch glaube, dass die meisten Gothics hier viele Gemeinsamkeiten haben. Für mich persönlich würde ich sagen:
Gothic ist düster. Mehr als nur schwarz, und mehr als nur die Farbe ist Gothic nicht „Friede-Freude-Eierkuchen alles eitel Sonnenschein“, sondern geht über ein – eigentlich nur mit viel Selbsttäuschung, Ignoranz oder Naivität aufrecht zu erhaltendes – rein positives Weltbild hinaus und hebt oft das hervor, was andere lieber im Dunkel lassen würde – von Gesellschaftskritik bis zur Tatsache, dass jeder eines Tages sterben wird. Wir zelebrieren den Tod oder das negative nicht explizit, aber es gehört nun einmal zum Leben dazu und wenn man dem auf die eine oder andere Seite etwas positives abgewinnen kann (sei es Galgenhumor oder Ästhetik) – warum nicht?!
Gothic ist ein bisschen kaputt. Nirgendwo sonst habe ich so viele Menschen mit psychischen Problemen – ob behandelt oder unbehandelt – getroffen, wie in der Szene. Das heißt nicht, dass wir alle eine Schraube locker haben – und schon gar nicht die gleiche! Aber ich habe den Eindruck bekommen, dass Menschen, denen in Ihrem Leben Schlimmes widerfahren ist, das sie auf lange Sicht gezeichnet hat, sich in der Szene vermehrt zu Hause fühlen als jene die nie erfahren haben, wie dieses Leben oder diese Welt einem zusetzen kann. Und letztlich ist psychische Gesundheit auch nur eine Frage der Sichtweise.
Gothic ist individuell. Die Individualität als hoher Wert der Szene wird, wie auch sonst so vieles, immer wieder in Frage gestellt. Aber: Allen Unkenrufen zum trotz tragen wir keine schwarze Uniform (das wäre ja dann auch wieder zu rechts…), hören nicht alle den selben akustischen Einheitsbrei (dazu gibt es in der Szene zu viele Musikrichtungen, Sub-Gernes und kleine Bands) und wollen das auch eigentlich nicht.
Gothic ist konservativ. Klingt vielleicht ein wenig seltsam. Aber früher war alles besser. Alles ‚Neue‘ macht die Szene kaputt und wenn nicht alles so bleibt wie früher dann ist die Szene dem Ende geweiht. So will Gothic alles konservieren und hängt dem Vergangenen nach – eigentlich ja ein Paradebeispiel für „konservativ“ sein.
Gothic ist tolerant. Ich weiß, über die tolle Toleranz wurde schon so viel diskutiert und gelacht. Aber auch wenn jetzt alle die Augen rollen: Ich bin auch nach über 11 Jahren noch der Meinung, dass die Szene vieles toleriert oder zumindest akzeptiert, das in anderen Kreisen auf Ablehnung, Spott oder gar offene Feindseligkeit stoßen würde. Jeder kann so sein wie er oder sie will und wenngleich natürlich gelästert oder auch gestritten wird, habe ich nie gehört, dass Gothics zum Beispiel jemanden gemobbt hätten, weil ihnen seine Klamotten nicht gefallen, jemand aus einem Gothic Club geschmissen wurde weil er die falsche Hautfarbe hat Gothics jemanden zusammengeschlagen hätten, weil ihnen seine sexuelle Ausrichtung nicht passt.
Gothic ist ein bisschen Resignation. In dieser Welt läuft viel zu viel schief. Die Armen werden Ärmer, die natürlichen Ressourcen werden ausgebeutet, die Regierenden lügen und betrügen und die breite Masse lässt sich ihre Meinung von manipulativen Massenmedien bilden. Viele Gothics sehen all diese Missstände, aber anstatt groß auf die Barrikaden zu gehen und zu versuchen, die Welt umzukrempeln, suchen sie sich ihren eigenen Weg. Lassen die Bösen leben, schwimmen hier und da gegen Strom aber versuchen nicht, die Fließrichtung des Flusses zu korrigieren. Schließlich kann es im Wasser für die Masse nun einmal nur bergab gehen…
Gothic ist tiefgründig. Hinter der oberflächlichen Fassade nach dem Tieferen, dem Verborgenen, dem Sinn und dem „was die Welt im Innersten zusammenhält“, um es mit Faust’s Worten auszudrücken, auf verschiedenen Wegen zu suchen scheint mir recht typisch goth zu sein. Ob diese Suche jedoch psychologische, physikalische, sprituelle, gesellschaftliche oder ganz andere wege einschlägt, bleibt dem Suchenden überlassen.
Gothic ist intelligent. In der Szene habe ich den Eindruck, dass die meisten eine recht gute Bildung genossen haben oder es auf andere Weise verdienen, als intelligent bezeichnet zu werden. Zumindest mehr, als mir der Durchschnitt der Menschheit mir den Eindruck macht (Ausnahmen bestätigen natürlich auch die die Regel).
Gothic ist emotional. Wir sind keine Emos. Das haben sogar die Promotion-Websites hier schon verstanden und extra betont. Aber dennoch spiele Gefühle und Emotionen aller Coleur in der Szene eine große Rolle und werden meinem Eindruck nach mehr zugelassen und „genossen“ (denn jede Emotion birgt eine ihr eigene Freude in sich), als anderswo. Das muss nicht immer Schwermut und Weltschmerz sein. Euphorie oder Albernheit sind genauso „erlaubt“. Aber es wird eben nicht ständig erwartet dass man sich „zusammenreißt“ um immer schön funktional zu bleiben…
Gothic ist Abgrenzung, Provokation und Rückzug. Wir finden die Welt, in der wir leben, alles andere als optimal. Und wir sind nicht nur anders, wir wollen auch unbedingt anders sein, anders aussehen und anders denken als die Masse. Manchmal, um die Menschen um uns bewusst oder unbewusst vor den Kopf zu stoßen und manchmal auch einfach, um in Ruhe gelassen zu werden und unser „eigenes Ding“ machen zu können. Und es gefällt uns nicht, wenn diese Abgrenzung oder Provokation plötzlich nicht mehr so recht klappen will. Sonst würde niemand aus der Szene wohl je ein Wort darüber verlieren, dass in der Bravo irgendwelche Gothic-Styling-Tips gegeben werden oder Rhianna plötzlich Sidecut trägt.
Gothic ist friedlich. So böse wir aussehen, so lieb sind wir. Die meisten Gothics können kaum einer Fliege etwas zu Leide tun. Meine liebste Anekdote ist da immer noch jene aus Deutschland von vor etwa 8-9 Jahren: Nach dem Feiern waren wir öfter um 5 noch im KFC, um zusammen zu sitzen und etwas zu essen. Dort gegenüber ist eine „normale“ Disko (Techno/House, Hip Hop und Party-Schlager). Und während die Jungs und Mädels in Ihren schwarzen Ledermänteln und mit Nieten, Totenköpfen bestückt sich alle gegenseitig zum Abschied auf dem Parkplatz reihum umarmten und sich einen sicheren Heimweg wünschten, gab sich eine ganze Gruppe „Freunde“ in hellblauen und zartrosanen Polohemden plötzlich gegenseitig direkt daneben gegenseitig auf die Fresse. Und die erste und einzige „Schlägerei“, die ich je in einem Gothic Club gesehen habe, wurde auch von eben einer solchen Nase im Polohemdchen verursacht: Die Jungs wollten sich „schwarzen Freaks“ mal genauer ansehen. Aber nach ein paar Drinks wurde das wohl langweilig und anstatt in der Kehle landete ein Schnaps grundlos im Gesicht eines „Freaks“ der an der Bar anstand. Nur doof für das Näschen und seine Konsorten, dass die das einzige Ergebnis ein Schlag, ein paar festgehaltenen Hände und ein ordentlicher Rausschmiss inklusive Hausverbot waren.
Wie du in deinem Erfahrungsbericht schreibst, ist die Gothic-Szene in Shanghai sehr überschaubar, der Anspruch an Konformität ist sehr hoch. Obwohl China ein kommunistischer Staat ist, hat es sich im Laufe der letzten Jahre immer weiter der Marktwirtschaft geöffnet, dennoch ist es von einer Demokratie weit entfernt. Welche Regeln und Einschränkungen muss man sich als Europäer in China unterwerfen und wie wirken sich diese auf den Alltag aus?
Zunächst möchte ich ganz kurz anmerken, dass auch sehr viele der „demokratischen“ Länder dieser Welt von einer Demokratie weit entfernt sind – manche wahrscheinlich sogar noch weiter als China selbst, denn hier versucht man wenigstens diesbezüglich nicht, der Welt irgend etwas vorzuspielen…
In der Tat sind die spürbaren Einschränkungen im Alltag für Europäer äußerst gering. Natürlich gibt es überall sehr viel Bürokratie und die Regierung weiß wohl recht genau, wer hier wo was tut. Beispielsweise muss man um Geld umzutauschen 3 verschiedene Formulare ausfüllen, muss selbst zum Ausdrucken eines Kontoauszugs in der Bank seinen Pass vorlegen oder muss nach jeder Einreise ins Land eine temporäre Registrierung bei der nächsten Polizeistation vornehmen. Allerdings lässt sich das alles problemlos auf Englisch regeln. Aber manchmal erscheint es einem als Außenstehenden auch einfach so komplex, da man mit den Abläufen nicht so vertraut ist. Wenn ich mir vorstelle, wie sich ein Chinese hingegen beim Eröffnen eines Kontos (dazu braucht man hier ebenfalls nur einen gültigen Pass, ein Touristenvisum ist da schon genug), einem Behördengang oder einem Arztbesuch in Deutschland fühlen muss, relativiert sich das Ganze doch sehr.
In der Tat ist der Alltag hier für einen Europäer einfacher, als er es in Europa wäre. Ich muss mich darum kümmer, ein gültiges Visum zu haben. Aber darüber hinaus fühle ich keine Einschränkungen oder Regeln in meinem Alltag. Wenn ich beispielsweise daran denke, wie komplex das Leben in Deutschland ist. Dort müsste ich mich um unzählige Versicherungen (von der KFZ-Haftpflicht bis zur Krankenversicherung) kümmern, eine Steuererklärung abgeben und regelmäßig GEZ zahlen. Hier kann ich einfach arbeiten (die Lohnsteuer wird automatisch einbehalten und eine Steuererklärung brauche ich nicht zu machen), meine Miete zahlen, einkaufen und so leben, wie es mir gefällt. Wenn ich eine Versicherung haben will, erwerbe ich eine Police und wenn nicht, dann zwingt mich niemand dazu. Selbst am gesamten Sozialversicherungsgefüge mit Arbeitslosen – oder Rentenversicherung muss ich mich zumindest als Ausländer nicht beteiligen – und bekomme dann eben auch keine entsprechenden Leistungen vom Staat, sondern muss mich um mich selbst kümmern.
Das gilt jedoch in dieser Form wirklich nur für Ausländer.
Als interessante „Anekdote“ habe ich gerade vor vielleicht 3 Wochen gelesen: Auf Drogenhandel steht in vielen Fällen die Todesstrafe. Dennoch wird man in Shanghai vor fast jedem Club mit „Haschisch, Haschisch, Marihuana“ angesprochen, selbst wenn die Polizei ganz in der Nähe patrouilliert. Denn es gibt – natürlich inoffiziell – Regelungen, dass der Verkauf von Drogen an Ausländer geduldet ist. Die Polizei drückt da einfach auf Anordnung von oben beide Augen zu. Wenn die Dealer jedoch bemerken, dass sie gerade einen Chinesen angesprochen haben, nehmen sie sofort die Beine in die Hand. Denn wenn sie einem Chinesen ein paar Gramm Gras verkaufen, sitzen sie dann doch schnell hinter Gittern – oder haben eine Kugel im Kopf.
Chinesen haben es aber auch sonst in vielerlei Hinsicht nicht ganz so einfach. Jeder Chinese hat beispielsweise sein Hukou und kann nicht so einfach dort hin ziehen, wo es ihm oder ihr passt. Für mich persönlich ist es jedoch immer am krassesten, wenn es um die Ein-Kind-Politik geht. Denn jede Schwangere muss erst einmal eine Geburtslizenz beantragen. Wird diese nicht gewährt, wird die Schwangerschaft abgebrochen – ob die Frau dies will oder nicht. Und für Abtreibungen gibt es meines Informationsstands nach in China keine zeitlichen Einschränkungen. Das heißt selbst im 9. Monat kann so noch eine Zwangsabtreibung durch Einleitung der Geburt und Tötung des Neugeborenen angeordnet werden.
Auf der einen Seite öffnet sich China westlicher Musik und ihren Subkulturen mit all ihren Inhalten, auf der anderen Seite wird wie kaum in einem anderen Land zensiert, reglementiert und verboten. Öffnet sich China des westlichen Kultur um das eigene Volk bei Laune zu halten? Wie ist Deine Sicht der Dinge?
Nein, ich habe nicht den Eindruck, dass China sich den westlichen Einflüssen öffnet, um das Volk bei Laune zu halten. Wäre die Zentralregierung beispielsweise davon überzeugt, dass jegliche Musik, die auf Englisch gesungen wird, eine – wie auch immer geartete – „Gefahr“ für China darstellt, dann wäre sie wenn nicht morgen, dann doch nächste Woche verboten. Egal, ob das dem Volk gefällt, oder nicht. China hätte ausreichend Ressourcen und auch im Volk verbreitete Ideologie an der Hand, um selbst solch ein Verbot umsetzen zu können. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass die Öffnung des Landes gerade anders herum kalkuliert wird: Ausschließlich das, was die Regierung als „gefährlich“ betrachtet, bleibt verboten und unterdrückt. Alles andere wird Schritt für Schritt erlaubt. Die Zensur, Reglementierungen und Verbote, die heute in Kraft sind, stammen oftmals noch aus jeder Zeit, als wirklich alles Westliche unterdrückt wurde (also überwiegend aus den 50ern, als beispielsweise selbst die europäischen Friedhöfe geschlossen wurden). Und wurden dann einfach an die Modernisierung der Welt (also beispielsweise das Internet) angepasst. Nun findet die „kulturelle“ Öffnung (so wie es mit der Wirtschaft tatsächlich sehr erfolgreich funktioniert hat) einfach sehr langsam und „vorsichtig“ statt.
Seit 2012 betreibt ihr Eure Internetseite „Gothic-Shanghai“, was war die Idee dahinter und wie ist das ganze entstanden?
Als ich 2011 nach Shanghai kam, begann ich sofort, das hiesige Nachtleben auszuloten. Ich war damals überzeugt, es müsste mit Sicherheit irgendwo so etwas wie Gothic Partys geben. Schließlich hatte Nikita in dem knappen Jahr, in dem ich noch in Deutschland war, bereits 3 mal auf von einem Amerikaner veranstalteten Partys aufgelegt. Doch nach wenigen Monaten musste ich feststellen, dass ich falsch lag. Der Amerikaner war zurück in den Staaten und die „Belltower“ Partys waren tot. Eine gute Freundin von uns, die seinerzeit bereits seit über 3 Jahren hier lebte, hatte mich „gewarnt“. Aber ich wollte mich nicht damit abfinden. Doch nach verschiedenen Clubs und – sogenannten – „Underground events“ musste ich ihr Recht geben. Nikita war das Ausgehen nicht so wichtig, er ist auch heute noch zufrieden, zu Hause Musik hören und machen zu können und einmal im Jahr zum WGT (andere Festivals lohnen sich einfach aufgrund der Kosten-Zeit-Relation nicht.) zu fahren. Aber ich war, um es klar zu sagen, kurz vorm Durchdrehen. In Deutschland war ich früher jedes Wochenende, während des Studiums dann mindestens ein Mal pro Monat aus. Das mag nach „Partygirl“ klingen, aber tanzen, Konzerte besuchen, immer wieder neue Menschen kennen lernen und so weiter sind für mich einfach ein Lebenselixier. So tanzte ich irgendwann jeden Tag mit meinem mp3-Player im Aufzug wenn keiner hinschaute oder powerte mich mit Musik in den Ohren beim Joggen aus. Aber für mich, ganz egoistisch, stand fest, dass ich so in Shanghai auf Dauer nicht würde glücklich werden können.
Also beschloss ich, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Denn wengleich Veranstaltungen für die Szene kaum bis gar nicht vorhanden waren, so waren wir (Unsere Freundin Margo, Nikita und ich) doch auch weiterhin davon überzeugt, nicht die einzigen Gothics unter 30 Millionen Menschen sein zu können.
Die eigentliche Idee von Gothic Shanghai war somit von Anfang an nicht mehr und nicht weniger, als einen Anlaufpunkt zu haben, um Gothics in Shanghai zu finden, miteinander zu verbinden und gemeinsam etwas zu unternehmen. Ich hatte so oft in Google Suchbegriffe wie „Gothic Club Shanghai“ eingegeben, dass ich endlich eine Website sehen wollte, die mir Hoffnung auf ein bisschen (lebendige) düstere Subkultur in der Stadt machen würde. Unsere Hoffnung war ganz einfach, dass andere Gothics auf die Website stoßen und uns schreiben würden.
Also erstellte ich eine kostenlose Homepage und mit einem Konzert von Lacrimas Profundere schien der richtige Moment gekommen, um endlich andere schwarze Gestalten in der Millionenmetropole zu finden. Margo designte uns den ersten Flyer (sie studiert Multimedia-Design, daher war der Flyer wirklich nicht schlecht…) und nach dem Konzert teilten wir die Flyer aus und gingen dann mit einer Handvoll Leute noch auf ein Bier ins Inferno – die einzige Metalbar, die wir online hatten finden können. Direkt dort kamen wir dann mit Martin, dem Besitzer (und einem super netten dänischen Metalhead mit Shanghainesischer Eherfrau), ins Gespräch und er sicherte uns sofort seine Unterstützung bei unserem Vorhaben zu.
Wenige Wochen später luden wir dann über die Website und per Email und SMS auch persönlich alle zum ersten Picknick und im selben Monat noch zur ersten Party im Inferno ein und Gothic Shanghai hatte endlich so richtig das Licht der Welt erblickt.
Ihr veranstaltet regelmäßig Parties und Treffen für die schwarze Szene in Shanghai, wie kommt eure Idee bei den Einheimischen an? Konntet ihr bereits eine feste Gemeinschaft um Eure Seite scharen?
Wir hatten eigentlich schon von der ersten Minuten an eine feste, kleine Gruppe aus etwa 5-6 Leuten, die so gut wie kein Treffen verpassen. Ok, zwei davon sind keine Einheimischen, sondern ebenfalls Expats (aus den Niederlanden). Aber das ist ja im Endeffekt wurscht. Daneben gibt es noch einen größeren Kreis an Leuten, die immer mal wieder vorbeischauen, aber nicht unbedingt zu jedem Event kommen (können). Und dann sieht man natürlich immer mal wieder ein neues Gesichter. Manche kommen wieder, manche sind nur zu Besuch in der Stadt und manche sind nur mal neugierig und orientieren sich dann doch lieber irgendwie anders.
Wie der Rest der Millionen von Menschen hier unsere Idee sieht, weiß ich natürlich nicht. Aber die Leute, mit denen ich bis dato gesprochen habe (sowohl Chinesen als auch Expats – gerade für die schwarze Szene und gerade für uns als Ausländer, die nicht einmal Chinesisch sprechen, ist es weder möglich, noch sinnvoll, sich lediglich auf die Chinesen zu beschränken, daher sehe ich in Hinsicht auf Gothic Shanghai überhaupt keinen Unterschied darin, woher jemand stammt) waren allesamt einfach unglaublich froh, irgend etwas in Richtung schwarze Szene gefunden zu haben. Wir haben Emails bekommen mit Sätzen wie „Danke! Jetzt brauche ich mich endlich nicht mehr ständig zu Hause verkriechen!“ und eine Amerikanerin stieß überglücklich zu unserem ersten Nacht-Picknick mit den Worten „Wow! Ich hab es ja fast nicht geglaubt, aber es gibt euch wirklich! Genial!“.
Ein klein wenig anders war es mit einer einheimischen Club-Besitzerin. Der Club vermarktet sich selbst als total „nicht-kommerziell“, wurde angepriesen als eine private Villa, in der es einfach (wilde) Parties und, weil es halt einfach praktisch wäre, auch eine Bar gibt. Wir durchschauten nicht sofort das Marketing-Prinzip dahinter (heute nimmt man dort auch regelmäßig 100 RMB Eintritt) und hatten uns mit ihr getroffen, weil seinerzeit eine Schließung des Inferno (aufgrund von Beschwerden der Nachbarn, die auch schon mit Glasflaschen aus dem 4. Stock nach Gästen geworfen hatten) im Raum stand. Sie meinte dann, unser gesamtes „Konzept“ können nicht erfolgreich sein. Wir müssten „das, was die Leute hören wollen“ (ergo in Shanghai hauptsächlich Techno/House oder Charts) mit „unserer Musik“ mischen und bräuchten mehr „Specials“ (z.B. DJs aus dem Ausland, Tänzerinnen etc.). Diese Haltung ist natürlich aus kommerzieller Sicht verständlich. Aber wir haben dann doch dankend abgelehnt – lieber nur Picknicks statt gefühlter Party-Prostitution…
Wie würdest du den musikalischen Geschmack der lokalen Gothic-Szene beschreiben?
Viele Leute hier wissen kaum, wie viele Musikrichtungen es eigentlich in der Szene gibt und sind immer sehr an allem Neuen interessiert. Es gibt natürlich die Ausnahmen wie einen Chinesen, der plötzlich über Haus Arafna zu plaudern beginnt. Aber allgemein für die lokale, chinesische Szene den Musikgeschmack wie folgt zusammenfassen: Metal. Und da sich das ganze ja Gothic Szene nennt dann mit einem Fokus auf Gothic Metal.
In den Kommentare zu deinem Erfahrungsbericht ist es bereits durchgeklungen. Gibt es eigentlich lokale oder nationale Bands oder Künstler, die sich in Musik oder in ihren Arbeiten der schwarzen Szene zuordnen lassen?
Vielleicht habe wir falsch – auf English und auf internationalen Websiten gesucht. Aber ein komplett chinesisches soziales Netzwerk (hier gibt es so etwas wie Myspace auf Chinesisch, wo sich viele Bands präsentieren – wir kennen das nur aus Hörproben für Festivals) nach unbekannten Bands zu durchsuchen ist einfach für uns zumindest nicht machbar. Aber auf jeden Fall haben wir nichts wirklich interessantes gefunden. Es gibt Rock, Metal und Punk und auch Rockabilly haben wir auf dem Midi Festival gesehen (sei’s die Sonne oder der Jägermeister oder beides gewesen, aber ich weiß den Namen partout nicht mehr – war aber auch ein chinesischer Name, die merke ich mir sehr schwer). Eine Künstlerin, die interessant ist (wenn geich auch nicht wirklich „düster“, sondern eher wie Bjork), wäre Singersen. Aber darüber hinaus müssen sowohl Nikita, als auch ich, leider passen.
Nikita betätigt sich ja auf den von Euch veranstalteten Parties als DJ. Natürlich komme ich nicht daran vorbei, nach seiner aktuellen Top 10 zu fragen.
Auf dem ersten Platz: Ataraxia – Aigues Mortes. Sein Kommentar: “Wie eine Bibel des Dark Folk für mich! Aber Ataraxia hat noch mehr Lieder, die ich einfach liebe.” – zumindest letzteres kann ich bestätigen, er erinnert sich immer nur an den Tag unserer „offiziellen“ Verlobung, weil wir am selben Tag Ataraxia live gesehen haben… ;-) Da seine persönliche Top 10 nicht unbedingt für die veranstalteten Parties geeignet ist, hat er auch noch eine zweite (nicht nach Priorität geordnete) Liste mit Liedern, die er als DJ gerne spielt:
1. In Strict Confidence – My Despair
2. Clan Of Xymox – Jasmine And Rose
3. Derriere Le Miroir – Just Like You
4. Girls Under Glass – Erinnerung
5. Mind In A Box – Change
6. Reliquary – Destroy
7. Miguel And The Living Dead – Graveyard Love Song
8. Violet Stigmata – Will You
9. Tragic Black – Surreal Catharsis
10. Joy Disaster – Sensless Tales
Natürlich kommt das immer auch auf die Party an sich und das Publikum an. Wenn zum Beispiel 5 Leute nach Within Temptation fragen, kann man denen ja dann nicht Agonoize um die Ohren hauen oder umgekehrt. Und dann gibt es natürlich auch noch die „Everblacks“, die halt einfach immer irgendwann und irgendwie kommen (müssen). So hatten wir eigentlich noch keine Party, bei alle seine „Top 10“ an einem Abend gekommen wären. Dafür war immer irgendwo ASP dabei, die Military Fashion Show kommt hier auch gut an und Suicide Commando darf spätestens für unsere niederländischen Freunde nicht fehlen.
Wie sehen Eure Pläne für die Zukunft aus?
Wir wollen in jedem Fall noch eine Weile hier in China bleiben. Wie lange genau, planen wir nicht im Detail. Die letzten Jahre haben mir persönlich gezeigt, dass es am Ende doch wenig sinnvoll ist, sein ganzes Leben zu verplanen, denn am Ende kommt dann doch alles anders als gedacht (und plötzlich sitzt man verheiratet mit einem Russen in China… hätte mir das mal jemand vor 5 Jahren gesagt…). Aber momentan geht es uns hier gut und wenn es mit Arbeit, Business und Gothic Shanghai so weiter geht, wird das wohl auch noch ein paar Jahre so bleiben.
Ansonsten sind unsere Pläne eigentlich recht konservativ: Wir möchten eine „richtige“ Familie gründen (unsere beiden Katzen sind klasse, aber zählen hier halt doch nicht…). Wir hätten gerne 4 Kinder. Und je nachdem, wo wir leben, sobald wir genug Ersparnisse haben, wollen wir eine Wohnung oder ein Haus kaufen oder bauen. Ideal wären natürlich mehrere Wohnungen – eine in Shanghai, eine in Madrid und dann vielleicht ein Häuschen im Grünen in Deutschland oder so, um überall dort ein Zuhause zu haben, wo wir uns auch zu Hause fühlen. Und dann wollen wir einfach langsam (so langsam wie möglich! ;-) ) und glücklich zusammen alt werden. Und zu Pfingsten 2050 chauffieren wir dann hoffentlich unsere Enkel im Kinderwagen durch Leipzig, damit unsere Kinder ein Konzert genießen können. Danach müssen die Eltern aber wieder ran, schließlich fahren wir ja nicht nur zum Babysitten zum WGT (oder zu sonst einem Festival, wer weiß was sich bis dahin noch so alles tut)… ;-)
Ein sehr schöner und interessanter Artikel bzw. Interview!
Janina, vor allem deine Ausführungen zu der Frage, was gothic für dich ist, spricht mir in allen Punkten aus der Seele und tief aus dem Herzen!
Gothic ist düster, kaputt, individuell, konservativ, tolerant, Resignation, tiefgründig, intelligent, emotional, Abgrenzung und friedlich: Wie Recht du hast! Besonders die Punkte „kaputt“, „tolerant“ und „intelligent“ sind für mich herausragende Punkte, die mir von Anfang an stark aufgefallen sind! Vielleicht fühle ich mich deshalb so angekommen und Zuhause…
Mir sind schon zahlreiche Menschen in der Szene begegnet, die innerlich ein wenig gebrochen sind oder – so wie du es beschreibst – denen etwas widerfahren ist, dass sie gezeichnet hat.
Auch die Toleranz fällt mir immer wieder von Neuem auf. Während man von den „Normalos“ komisch angeschaut und nicht verstanden wird, begegnet man in der Szene Menschen, die genauso schräg aussehen oder anders denken.
Der Punkt Intelligenz ist mir direkt bei meinem ersten Kontakt mit der Szene aufgefallen! Mehr als irgendwo anders kann man tiefgründige Gespräche über Gott und die Welt führen, was einfach jedes Mal wieder inspirierend ist! Wahrscheinlich ist das sehr anmaßend zu behaupten, aber dennoch glaube auch ich, dass sich in der Szene verstärkt Menschen mit einer etwas überdurchschnittlichen Intelligenz versammmeln.
Ich finde es sehr bewundernswert, dass ihr in Shanghai versucht die Szene am Leben zu halten und für euch eine Methode gefunden habt in dieser bunten Konsumwelt der Chinesen euer „schwarzes Leben“ zu führen! Schade, dass ich nicht schon von euren Tätigkeiten gewusst habe, als ich selbst in Shanghai gewohnt habe! Damals musste ich mir leider allzu oft die überfüllten Mainstream-CLubs geben…
Liebe Janina,
vielen Dank für die ausführlichen Einblicke in euer Leben und deine Gedanken. Beide Shanghai-Artikel habe ich quasi verschlungen, obwohl ich mich noch nie mit dem Thema China beschäftigt habe (mein Kommentar bezieht sich jetzt auch auf beide).
Beim Abschnitt was Gothic sei, hab ich sehr oft genickt – das ist großartig zusammengefasst. Ich finde es ungemein wichtig, dass Menschen wie ihr an die Öffentlichkeit geht und Mut macht, einfach mal drauf los zu leben. Was nicht passt, wird passend gemacht. Das braucht sehr viel Mut, Kraft und Durchhaltevermögen, doch es kann sich lohnen. Ein Satz begleitet mich nun schon seit vielen Jahren. Der stand auf einer Postkarte, die mir meine Eltern schenkten, als sie etwas den „Überblick“ über mein Leben verloren hatten: „Leben ist das was passiert, während man andere Sachen plant.“ Heute weiß ich, wie viel Wahres darin steckt.
Ich würde mich freuen, mehr von dir/euch zu lesen.
Alles Gute derweil und weiterhin viel Erfolg bei eurem dunkelbunten Leben im „Exil“.
Mich erinnert’s ein wenig an das heutige Japan. Dort balanciert man ebenso fröhlich zwischen Pop und Metal und klebt dann „Gothic“ oben drauf. Irgendwie leiden mittlerweile alle relevanten Länder unter dieser Krankheit. Der Visual-Kei-Trend hatte vieles in die Sch***e geritten. Dabei gab es dort tatsächlich mal eine waschechte Post-Punk-/Goth-Szene… (und mindestens drei EBM-Bands in bester Nitzer/Front-Manier). Alles so ganz ohne Heavy-Gitarre. Ich kann mir gut vorstellen, dass es zumindest im Hongkong der 80er Jahre eine vergleichbare Szene gab. Vielleicht sollte man sich diesbezüglich mal kundig machen. Südkorea wäre auch so ein Anlaufpunkt, der mir vorschwebt.
Die Punkte zu Gothic kann ich persönlich nicht bestätigen. Ich halte Goths weder für schlauer noch für toleranter. Mir erscheint es nicht hilfreich, Jugendkulturen, die in erster Linie auf Musik und Ästhetik basieren, mit solchen Attributen zu schmücken… Wird ein Goth, der geschmacksbedingt in die Metal-Szene wechselt, plötzlich dümmer? Meine Meinung zur aktuellen Szene dürfte inzwischen ja hinlänglich bekannt sein… Dieses „Industrieprodukt“ verknüpfe ich nun wirklich mit allem, aber ganz sicher nicht mit logischem Denken.
Vielen Dak für die Kommentare!
@ black bat: Wann warst du denn in Shanghai? Vielleicht kommst du ja irgendwann wieder her, dann weißt du jetzt auf jeden Fall, wie du uns finden kannst! :-)
@ Frau Fledermaus: „Mut, Kraft und Durchhaltevermögen“ würde ich wahrscheinlich für mich eher mit „Sturheit“ ersetzten^^ Aber Mut braucht es eigentlich wirklich nicht – uns kann ja nix passieren, außer dass wir viel Zeit und ein wenig Geld verlieren könnten. :-)
@ Death Disco: Bezügllich meiner Definition von Gothic kann ich nur nochmal betonen, dass diese ausschließlich aus meinen persönlichen Erfahrungen heraus geschrieben ist – und wir haben sicherlich nicht dieselben Erfahrungen gemacht! Allerdings würde ich dir insofern wiedersprechen wollen, als dass du Gothic als eine Jugendkultur bezeichnest. Einer Jugendkultur würde man meinem Verständnis nach irgendwann entwachsen – schließlich ist der Sinn des Begriffs Jugendkultur die Abgrenzung von dem Bergriff der Erwachsenenkultur. Aber bei der Betrachtung von Gothic finde ich ein solches Entwachsen kaum. Ich kenne viele Leute, die als Jugendliche in die Szene kamen, das stimmt, aber auch nach Uni, mit Arbeit, Familie und Kindern bleiben sie doch Teil der Szene… Und natürlich macht Goth sein nicht automatisch schlau und nicht-Goth sein sofort im Umkehrschluss dumm. Aber das Beispiel hinkt auch ein wenig. „Asiaten haben Mandelaugen, Europäer haben keine“ stimmt ja im Allgemeinen auch. Aber auch nach 3 Jahren in Shanghai sind meine Augen noch rund und kein Chinese, der Morgen einen deutschen Pass bekommt, wird plötzlich so große Augen machen dass sie nicht doch wieder schmal werden. Ich habe nun einmal in der Szene mehr intelligente Menschen kennen gelernt als sonstwo. Ich möchte die Szene nicht mit irgendwelche Attributen schmücken, sondern ich gebe das wieder, was ich selbst erfahren habe. Und überhaupt: Für was soll es denn „hilfreich“ sein, wie ich die Szene sehen? Hunger oder Kreig werden damit sicherlich nicht beendet, das stimmt wohl – aber in dem Sinne wäre ja dann auch deine Sichweise der Szene nicht hilfreich… ;-) (nicht böse nehmen – ich schreibe mit einem freundlichen Lächeln, aber beim Lesen hört man das so schlecht…:-) )
Wie hoch ist denn der Anteil an 40- und 50-jährigen in der Szene? Wieviele von denen sind wohl Langzeitgoten?
Von der netten 49-jährigen Frau Jantzen an der LIDL-Kasse würde heute niemand glauben, dass sie mal Grufti war. Sie ist nicht mehr zu unterscheiden vom Rest des Personals oder von den Kunden (passt nur auf, dass euch von den bösen „Normalos“ nicht doch einmal ein waschechter Ex-Gote auf die Pikes tritt).
Mit der 90er Generation ist es ähnlich. Ein Großteil der Musiker und Szenegänger ist aus den schwarzen Reihen längst verschwunden und vergessen, ist in andere Szenen abgewandert oder hat gänzlich das Handtuch geworfen. Während die 80er seit Jahren durch diverse Revivals glänzen, ist besonders die Früh-/Mitt-90er Ära nur noch ein dunkler Fleck auf dem Zahlenstrahl.
Hinzu kommt, dass etliche der Älteren, denen ihr heute begegnet, vor der Jahrtausendwende nie etwas mit der Szene zu tun hatten. Die wurden, ebenso wie der Nachwuchs, oft angelockt durch den End-90er Boom, von Kitsch und Karneval und medialer Verklärung.
Aber mich würde schon einmal interessieren, woher der Eindruck rührt, die Schwarze Szene beherberge intelligentere Menschen. Ich halte das für einen Trugschluss oder für reines Wunschdenken. Wie kann denn sowas szenenabhängig sein?
Für jene Leute, die ein Interesse an ihr zeigen. Wer mal mit offenen Augen durch die Foren streift, wird über die Enttäuschungsberichte kaum hinwegsehen können. Machen wir uns doch nichts vor. Die Schwarze Szene ist im Durchschnitt ein mittelständisches Konsumentengefüge. Null Unterschied zu jeder anderen Szene. Auf Anfrage wird dann mit Lebenseinstellung, Tiefgründigkeit und Toleranz geantwortet. Die Standard-Antwort schlechthin, für die jede weitere Erläuterung oft ausbleibt. Mir ist keine andere Szene bekannt, die sich diesbezüglich noch lächerlicher macht und sich bei solchen tausendfach nachgeplapperten Aussagen auch noch bierernst nimmt.
Hat zwar nicht direkt mit dem Thema zu tun, aber: Nein! Vielleicht ist’s ja Deiner „Sinophilie“ geschuldet. Jede Bollywood-Prinzessin würde sich jedoch empört vom goldenen Thron stürzen. *g*
@ Janina: Ich war 2012 in Shanghai. Wenn ich irgendwann mal wieder hinkomme (was ich sehr hoffe), dann seid ihr meine erste Adresse in der Hinsicht! ;-)
@ Death Disco:
Ich kann da jetzt nur mal mein subjetives Empfinden wiedergeben. Schon seit meinem ersten Kontakt mit der Szene und den Menschen, die ich traf und ins Gespräch kam, bemerkte ich, dass sie aufgrund ihrer Ausdrucksweisen / Standpunkte / Allgemein- und jeweiligen Fachwissen intelligenter waren als andere. Ich für meinen Teil würde mich als Akademikerin schon als relativ intelligent bezeichnen, doch das, was ich teilweise bei „Szeneangehörigen“ erlebt habe, übertrifft alles und jeden, den ich bis dahin kennen gelernt hatte und ich kam mir zum ersten Mal wirklich dumm vor! Das heißt nicht, dass ich mich vorher mit „dummen Menschen“ umgeben habe (oder mich als überdurchschnittlich intelligent hinstelle!) oder Nicht-Szene-Angehörige dümmer sind, es ist mir nur einfach aufgefallen, dass sich verstärkt dort Menschen mit einem höheren Intelligenzquotienten versammeln. Leider weiß ich nicht, wie ich das besser beschreiben soll…
Aufgrund meines subjektiven Empfindens und den Leuten, die ich kennen lernen durft und von denen ich immer wieder erstaunt bin, kann ich also sagen, dass das kein Wunschdenken ist. Vielleicht hast du Recht und auch die Szene stellt einen Querschnitt der Gesellschaft dar, doch kann es nicht auch sein, dass eben weil sich intelligentere Menschen intensiver mit der Welt und deren Missständen tiefgründig(er) auseinandersetzen, oft auch „gebrochener“ sind, in der Szene ein Zuhause gefunden haben? Das trifft bei weitem nicht auf alle zu und nur weil man in der Szene ist, ist man nicht automatisch schlau(er), da gebe ich dir vollkommen Recht! Dafür habe ich auch schon andere getroffen, die das Gegenteil bewiesen haben. ;-)
Ich kenne da eine ganze Menge. Wegen Dir habe ich extra nachgeguckt: 1/3 meiner FB-Freundesliste ist Ü-40 (sicher ist mir der ein- oder andere 39-jährige Untergerutscht.) und mehr oder weniger seit dem Beginn in der Szene. Das wären dann schon mal rund 100 Goten. Du darfst nicht von Deinem Umfeld auf alle Umfelder schließen. Ich bestätige Janinas Eindruck vollkommen, Gothic ist Jugend- UND Erwachsenenkultur. Leider gibt es noch keine Studien, die das belegen würden und auch keine Bücher in denen man das nachlesen könnte.
Auch hier: Ich bestätige diesen Eindruck. Nicht flächendeckend und auch nicht pauschal, sondern völlig subjektiv. Vielleicht ist es nicht „political correct“, aber ich finde innerhalb der Szene mehr Leute die zum nachdenken bereit sind als sonstwo. Wälzt man Szene-Literatur der analytischen Art, lassen sich diese Eindrücke untermauern. Von einer „gebildeten Mittelschicht“ ist hier die Rede. Vielleicht suche ich es Dir mal raus, falls du darauf pochst.
Sehe ich anders. Aber das ist ja nichts neues.
Und weil das so ist, solltest du vielleicht Abstand davon nehmen, Deine Sichtweise Gebetsmühlenartig unter das Volk zu streuen. Über eine musikalische Analyse der chinesischen Szene, gerne im Vergleich zur japanischen, würde ich mich freuen. Vielleicht kannst du ja mit dem Wissen über asiatische Gothic-Künstler diesen Beitrag bereichern?
Mal abgesehen davon, dass ich Plattformen wie Facebook nicht nutze und es wirklich nicht nachprüfen kann: Ich denke, es ist eher umgekehrt. Man darf in diesem Fall von sozialen Netzwerken nicht auf die reale Umgebung schließen. Mir erscheint es nur logisch, dass über das Internet „virtuelle Ballungsräume“ entstehen. Bei genauer Betrachtung wird man sicher feststellen, dass diese 100 Leutchen über den halben Globus verteilt leben.
Das kann ich zum Teil zwar auch bestätigen, aber allein der Hang zum Nachdenken lässt sie nicht wirklich schlauer erscheinen. Sie mögen sich hinsichtlich ihrer Weltanschauung von anderen unterscheiden.
Sowas hatte ich mal vor x Jahren bei Farin gelesen. Ich kann es, wie gesagt, nicht bestätigen. Mehr Einbildung als Bildung. Selbst Leute wie Uwe Marx, die nun wirklich als DJ und Schreiberling seit mehreren Jahrzehnten in der Szene unterwegs sind, sehen das offensichtlich nicht anders (Mit “40 Jahre und kein Gramm weiser” o.ä. hatte er es mal vor geraumer Zeit umschrieben und traf damit voll ins „Schwarze“. Das müsste ich ebenfalls erst heraussuchen, falls der genaue Wortlaut gewünscht ist).
Ich werde mich hüten. Jeder sollte seine Ansichten mitteilen können, mögen sie sich noch so oft wiederholen. Selbiges passiert Dir übrigens in Deinen eigenen Beiträgen und Artikeln. Vielleicht bekommst Du es nur nicht bewusst mit.
Wie oben geschrieben, mag sie das nachdenklicher werden lassen, aber zwangsläufig nicht intelligenter. Wenn man mal bei den verpönten „Normalos“ intensiver nachfragt, wird man auch dort durchaus brauchbare Antworten erhalten. Ist diese Einteilung in „Normalos“ und „Schwarzes Elysium“, die bereits seit Dekaden die Szene begleitet, denn nicht an sich schon ziemlich naiv und pubertär? Und wenn wir gerade bei den Missständen in der Welt sind: wieviele selbsternannte intelligente Schwarze kämpfen denn aktiv dagegen an? Die kann man an fünf Fingern abzählen.
Weiß ich nicht.
Janina hat sehr sehr viel Zeit und Mühe investiert, um uns einen Einblick in das (schwarze) Leben in Shanghai zu geben und Ihr tretet die 10 millionste Szene-Diskussion los. Finde ich unangemessen und schade.
Ich Finds jetzt nur krass dass ich das gleiche gedacht und auch schon geschrieben hatte wie Orphi…. Es aber doch wieder gelöscht habe. Diskutiert doch das Thema in einer der unzähligen anderen threads aus, auf denen man auch schon nicht auf einen Nenner kam. ;-)
Damit ich nicht off Topic bin, vielen Dank an Robert und Janina fuer das interview. War sehr interessant zu lesen.
@ orphi: Szene-Diskussionen lassen sich glaube ich nie vermeiden… Ganz besonders nicht in der Anonymität des Internet. Aber ist ja auch ok, so lange alle gesittet bleiben. :-) Wobei ich denke, da wird ja Robert auch drauf achten. :-)
Zu Death Disko’s Anmerkungen schreibe ich entweder später oder Morgen nochmal, jetzt muss ich mich erstmal nach 8 Stunden im Büro um meine eBay Kunden kümmern… :-)
Ist ja schön und gut, dass ihr uns darauf hinweist. Nur kann ich eurerseits auch nichts Informatives zum Thema entdecken.
Mich würde doch mal interessieren, ob es in China vergleichbare Bezeichnungen für das gibt, was wir Gothic, (Dark) Wave und EBM nennen. Oder entsprechende Bands mit Tradition, die nicht erst seit 201x existieren.
Also bezüglich Gothic weiß ich es mit Sicherheit: Gothic heißt 哥特, gesprochen Gē tè. Bezüglich Darkwave oder EBM bin ich mir nicht Sicher, weil ich halt normalerweise nur Englisch spreche. :-)
Bezüglich Bands bin ich mir nicht sicher, ich habe noch von keiner gehört. Aber du kannst auch die „Zeitleiste“ in China nicht mit der „Zeitleiste“ in Europa vergleichen. Das Land und seine Gesellschaft haben einevöllig andere Geschichte hinter sich und dementsprechend auch eine völlig andere Entwicklung genommen. Du findest auch keinen chinesischen Rock’n Roll aus den 50er Jahren, denn während man zu dieser Zeit in Amerika und Europa gut lebte und sich mit Musik vergrügen konnte, lebte die Menschen hier unter vollkommen anderen Umständen (Mao Zedong marschierte 1949 in Shanghai ein, ab ’66 begann die Kulturrevolution – aber auch zwischendrin hatte man sicherlich anderes im Chinesischen Kopf als die Wunder des Fernsehens und die Freuden bzw. die Unartigkeit des Rock’n Roll).
Sehe ich auch so! Die Chinesen sind ja gerade erst seit ein paar Jahren dabei ähnliche Verhältnisse wie in der westlichen Welt zu entwickeln und orientieren sich dabei sehr stark an den USA und Europa. Natürlich gibt es in den weit-entwickelten Städten wie Shanghai oder Beijing gut betuchte Chinese, die versuchen westliche Attribute – von der Musik, über Kleidung und den genrellen Aussehen (Chinesen mit blondgefärbten Haaren sind schon immer ein Hingucker! ;-) )bis hin zu Essegwohnheiten wie Junk-Food – zu adaptieren. Aber dennoch lebt eine Großzahl der Bevölkerung immer noch in Armut. Da braucht man auch gar nicht weit aus den großen Städten rauf auf’s Land fahren. Im sog. „Old-Town“ in Shanghai stehen die neuen, innerhalb weniger Monate hochgezogenen Prunk-Hochhäuser neben den alten, verfallenen Hütten der „Arbeiterklasse“. Und mit Hütten, meine ich Hütten, teilweise ohne Fenster oder Türen, sogar manchmal ohne Wänden, sondern zur Straße hin offen… Diese Leute haben sicherlich andere Probleme als sich mit Musik auseinanderzusetzen! Die „älteren“ Chinesen sind sehr traditionsbewusst und in ihrer eigenen Kultur, wie natürlich auch Musik, gefestigt und vertreten diese stark und lehnen westliche Einflüsse teilweise ab. Jüngere Genrationen sind geprägt durch westliche Einflüsse, wie Filmen und Musik und konsumieren dies überwiegend! An die Entwicklung von etwas Eigenen denken wohl die wenigsten. Vielleicht liegt das aber auch einfach an der Mentalität dieser Kultur, denn „Selberdenken“ wird den Kindern dort nicht beigebracht und auch nach einem Universitätsabschluss können die meisten Anfang 20-Jährigen sich kaum eine eigene Meinung bilden, denn dort zählt reines Faktenwissen. Nachdenken über das eigene Ich, die Welt und deren Probleme tun wohl die wenigsten und vertrauen gerne auf die „Medien-Propagandamaschine“, um das dort propagierte in das eigene Denken zu übernehmen! (Ok, der eine oder andere schreit nun auf und meint, dass dies hier Deutschland oder Europa nicht anders sei. Ich denke jedoch, dass unsere Kinder eher zu eigenverantwortlichem Denken erzogen werden als das in einem totalitären Lernsystem in China geschieht!) Vielleicht ist die schwarze Szene dort auch deswegen nicht so weit verbreitet…!?
Das waren nun alles subjektive Eindrücke und Erfahrungen, die ich mit den Chinesen machen konnte (sowohl als Arbeitskollegen als auch auf einer Freundschaftsbasis) während meines halbjährigen Aufenthalts in Shanghai. Janina, korrigier mich bitte, wenn sich dort in den ca. 1 1/2 Jahren etwas geändert haben sollte. ;-)
In dieser Ausführung könnte man doch auch „Gothic“ durch „Ich“ ersetzen..das würde sich dann so lesen: „Ich bin intelligent, ich bin tiefgründig, ich bin friedlich, ich bin konservativ etc.“..hätte dann nur einen schaleren Beigeschmack…nichts für ungut.
Das will ich nicht einmal anzweifeln. Ich lebe, bezüglich der ostasiatischen Länder, auch nicht gänzlich hinter dem Mond. Ich kann mir dennoch gut vorstellen, dass es in den Küstenstädten Chinas ähnlich war, was die Verbreitung westlicher Musik anbelangt. Wie schon erwähnt, würde ich da aber noch eher in Richtung Hongkong schielen, das bis anno ’97 noch frei von „kommunistischem“ Einfluss blieb.
Nach der Sichtweise dürfte es beispielsweise auch keine Metaller in Krisenregionen wie Libyen geben. Haben schließlich besseres zu tun, als sich mit Musik zu beschäftigen. Aber oho, weit gefehlt. Selbst Libyen, wo man es nicht vermuten würde, hat eine eingefleischte Metal-Szene. Warum also nicht auch Punk und Goth? In jeder westlich beeinflussten Region der Erde könnten Musik und Szene Fuß fassen. Gab es nicht vor kurzem auch einen Bericht über die „Gothic“-Szene in Singapur?
Auch etwas, das mir nach all den Jahren hauptsächlich in der Schwarzen Szene auffällt. Man positioniert sich nicht außerhalb der Szene und beschreibt und bewertet sie objektiv wie ein Städtemodell, sondern projiziert die eigenen idealisierten Vorstellungen auf die gesamte Szenestruktur. In keiner anderen Szene ist das so offenkundig… außer bei den Emos vielleicht. ;-)
Ersetzt „Gothic“ doch mal durch „Metal“. Dann wisst ihr, wie merkwürdig das auf Außenstehende wirken muss. Ganz abgesehen davon, dass mir noch kein Metaller begegnet ist, der so verallgemeinernd mit Eigenschaftswörtern um sich wirft, wenn es um seine Szene geht.
So, jetzt hatte ich Zeit. Tut mir Leid, dass der Kommentar so lang geworden ist…
@ Death Disko:
Die genaue Anzahl und prozentuale Verteilung von 40-50 jährigen Langzeitgoten (wusste gar nicht, dass man mit Mitte 30, voll im Berufsleben und mit Kindern noch als Jugendlicher zählt, aber gut…) kenne ich nicht. Aber hast du je einen Ü-40 Langzeit-Hiphopper, -Emo, oder -Raver mit Familie gesehen? Also ich nicht… Dahingegen war beispielsweise die Dame, die sich auf dem Picknick so über unsere Existenz gefreut hat, gut in den 40ern mit erwachsener Tochter und seit den 80ern in der Szene. Beider Handvoll Gothics, die ich hier getroffen habe, macht das prozentual einen verdammt hohen Schnitt…
Zu dem Ausdruck der „bösen Normalos“: Den finde ich sehr seltsam. Warum sollte jemand, der eben mit der Szene nichts (mehr) anfangen kann jemandem auf die Füße treten? Wieso zeichnest du so ein Bild von Gegensätzlichkeit und Konfrontation?
Und zu deiner Einteilung in 80er gut, 90er Verfall und ab 2000 alles am Ende: So 1005ig kann ich deinen Ausführen hier nicht folgen, bzw. verstehe nicht ganz, welche Auswirkungen du hier auf die heutige Situation siehst. Aber mal allgemein: Wir schreiben mittlerweise das Jahr 2014. Um bereits in den 80ern in der Szene gewesen sein zu können, muss ein Mensch heute mindestens Mitte-Ende 40 sein. Möchtest du damit jedem, der eben nicht vor 1970 geboren wurde, absprechen, dass dieser nicht nur an „Kitsch und Karneval und medialer Verklärung“ interessiert ist? Ich selbst bin 1987 geboren. Tut mir Leid, aber ein 80er Jahre Grufti kann ich nun einmal nie werden. Aber auch der „End-90er Boom, von Kitsch und Karneval und medialer Verklärung“ hat mich nicht angelockt, mit 13 wusste ich noch gar nicht bewusst, dass es so etwas wie eine Gothic-Szene gibt. Leider gehst du nicht weiter auf die Dekade der 2000er ein, oder dann die 2010er, denn: Wir befinden uns inzwischen in der 3. Dekade nach den 80ern, du beziehst dich jedoch noch immer auf 80er und 90er, als habe das Jahr 2000 gerade begonnen… Was ist denn dann aus deiner Sicht mit meiner „Generation“? Oder den jungen Leuten, die in diesem Jahr vielleicht zum ersten Mal in einem Gothic Club gehen? Natürlich werden sie sich von den Gothics unterscheiden, die vor 30 Jahren in die Szene kamen. Aber muss das denn automatisch schlecht sein? Und wenn ja: Warum? Die Welt bleibt nun einmal nicht stehen, und genauso wenig tut es die Zeit. Bist du noch derselbe Mensch, der du vor 30 Jahren warst? Willst du das denn sein?
Wie würdest du denn Intelligenz definieren? Da es keine wissenschaftliche Definition gibt, die uneingeschränkte Gültigkeit hätte, müssten wir uns vielleicht darüber erst einmal im Klaren sein, bevor wir weiter über Intelligenz diskutieren. Sonst reden wir am Ende nur aneinander vorbei… Aber dazu, wie so etwas szeneabhängig sein kann: Ich habe nie und werde nicht behaupten, dass eine Szenezugehörigkeit die Intelligenz beeinflusst, sondern genau umgekehrt. Denn es ist nun einmal belegt, dass sich in sozialen Gruppen Menschen zusammenfinden, die mehr Gemeinsamkeiten haben. Und eine Kultur oder Subkultur ist nun einmal ebenfalls eine soziale Gruppe, sodass sich dort vermehrt Menschen finden, die Gemeinsamkeiten haben. Weshalb ist es da so abwegig, die Intelligenz als eine der Gemeinsamkeiten zu sehen? Ich kann dir gerne ein wenig mehr erläutern, weshalb ich in der Szene mehr Intelligenz als im sonstigen Durchschnitt sehe: Wenn ich meinen Bekanntenkreis betrachte (der bei Weitem nicht nur aus Gothics besteht), schneidet die „schwarze Fraktion“ in Bezug auf den Bildungsanschluss bzw. die Bildung besser ab (beispielsweise höherer Anteil an Akademikern, bessere Leistungen in Schule oder Studium, bessere Sprachkenntnisse, mehr Personen mit wirklich tiefem Fachwissen in ihren jeweiligen Bereichen). Bezüglich Problemlösungsfähigkeit bin ich mir nicht ganz sicher. Aber auch in Bezug auf die emotionale Intelligenz, die sich leider nicht ganz so sachlich messen lässt, habe ich in der Szene den Eindruck, dass diese im Allgemeinen höher liegt als in der donstigen Durchschnittsbevölkerung. Ich denken, wenn wir so weitermachen, wird sogar diese Diskussion in Kommentaren in einem Blog zu einem Beleg für ebendiesen Eindruck. Denn wir diskutieren sachlich und mit Inhalt – was für meine Sicht mehr auf Intelligenz schließen lässt, als wenn wir uns gegenseitig unsere Tippfehler vorhalten würden… ;-) Zu „allein der Hang zum Nachdenken lässt sie nicht wirklich schlauer erscheinen“: ein Synonym für Intelligenz ist „Denkfähigkeit“ – und wie würde sich die Fähigkeit, zu denken, wohl besser belegen, als im Nachdenken selbst?
Wenn sich jemand mit der Szene beschäftigt, kann sehr wohl auch ein subjektives Interview hilfreich sein. Ich betone noch einmal (ich weiß nicht, ob du es beflissentlich ignorierst oder einfach mehrfach überlesen hast): Ich erhebe doch zu keinem Zeitpunkt irgend einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und 100%ige, objektive Wahrheit meiner Sichtweise. Die Frage war, was Gothic FÜR MICH bedeutet und diese Frage habe ich beantwortet. FÜR MICH. Du kannst es gerne anders sehen, aber du kannst schlicht nicht über mein subjektives Empfinden diskutieren, denn du kannst dessen Wahrheitsgehalt nicht in Frage stellen. Wenn ich dich frage „Wie geht es dir?“ und du antwortest „Ganz gut, nur ein wenig müde“ kann ich doch auch nicht mit dir darüber eine Diskussion anfangen, dass du aber doch genug geschlafen hast und nicht müde sein kannst und dir das nur einbildest.
Bezüglich der Enttäuschungsberichte: Wenn du in deutschen Foren liest, dann ist das überhaupt kein Wunder. Deutsche beschweren sich immer über alles. Das ist einer der Gründe, weshalb ich keine Lust mehr habe, dauerhaft in Deutschland zu leben. Denn es ist wirklich typisch Deutsch, sich zu beklagen und enttäuscht zu sein, selbst wenn es dafür keinen wirklichen Anlass gibt. Für Deutsche ist es immer irgendwie zu warm, zu kalt, zu trocken, zu nass, zu sonnig, zu bewölkt, zu stressig, zu langweilig, zu alt, zu neu und blablabla. Mit dem, was man hat, einfach zufrieden und glücklich zu sein, scheint in Deutschland kaum jemand zu verstehen. Beispielsweise auf Bali habe ich mich lange mit Menschen unterhalten, die singend und pfeifend nach Hause gehen, weil Sie an dem Tag genug verdient haben, um Reis für eine ganze Woche kaufen zu können. Das heißt nicht, dass man nicht Missstände anprangert und etwas tut, um Probleme zu lösen – wenn es möglich ist. Aber es heißt, dass man eben auch das Gute sieht und sich über das Positive freut. Das, was man nicht ändern kann, muss man akzeptieren. Warum sich über das Wetter beschweren und ärgern? Dadurch wird es sicherlich nicht besser. Aber dennoch beschweren und klagen insbesondere die Deutschen gerne weiter… Und, es tut mir Leid, aber du wirkst auf mich wie genau ein solcher Vertreter seine Spezies, nur, dass du dazu auch noch ein „Schwarzseher“ zu sein scheinst. Und ein Paradebeispiel für die Konservativität der Szene bist du, befürchte ich, ebenfalls – da du so sehr darauf pochst, dass die Szene heute überhaupt nicht mehr das ist, was sie mal war, und deinen Kommentaren nach zu urteilen dem Vergangen nachtrauerst. Wenn ich falsch liege, dann korrigiere mich gerne! Ich kenne dich ja nicht persönlich, daher sind diese Eindrücke nur aus deinen hier bisher geschriebenen Zeilen erwachsen.
Bezüglich der Mandelauge: Ja, stimmt. Ich wollte ursprünglich Chinesen schreiben, dachte dann aber auch an all meine Kollegen und Bekannte aus Japan, Korea, Thailand, Kasachstan, Kirgistan und mehr und dachte es wäre irgendwie nicht fair, die alle außen vor zu lassen…
“40 Jahre und kein Gramm weiser” ist übrigens auch kein Beleg für mangelnde Intelligenz. Schon Sokrates sagte „Ich weiß, dass ich nicht weiß“. Und meinte damit ja auch nicht, dumm wie Brot zu sein – sondern versuchte, das Scheinwissen zu überwinden. Also nicht Resignation in die eigene Dummheit, sonder Suche nach Weisheit. Die wahre Dummheit mag wohl darin liegen, zu wissen zu glauben und am Ende doch nur blind zu sein… Oder, wie meine Mama gerne sagt „Der Dumme denkt, es muss so sein.“.
Ich sehe es ebenfalls wie du, dass jeder die Möglichkeit haben sollte, seine Ansichten mitzuteilen. Dass du dies Robert jedoch in seinem eigenen Blog nahezu „vorwirfst“ finde ich ein wenig befremdlich. Das ist seine Website, seine Arbeit und darf oder muss demnach auch seine Meinung widerspiegeln. Und so lange sie sich nicht ändert, kommt es dann eben auch zu Wiederholungen. Ich sehe hier nirgendwo den Hinweis, dass diese Seite Anspruch auf objektive, allgemeingültige Wahrheit und Neutralität erheben würde. Wir alle hier hingegen sind und bleiben Gäste hier und sollte uns auch entsprechend verhalten. Als bildlicheres Beispiel: Wenn ich in meinen vier Wänden immer und immer wieder dasselbe Lied hören will, kann ich das so lange tun, wie es mir passt. Wenn jemand hereinschneit, muss er damit leben. Aber wenn ich bei jemandem zu Gast bin kann ich mein Lieblingslied nur so lange auf Dauerschleife stellen, biss der Gastgeber genervt ist. Dann weiter darauf zu pochen wäre ausgesprochen unhöflich.
Natürlich gibt es auch unter Nicht-Szeneangehörigen intelligente und interessante Menschen. Keine Frage! Ich bin jedoch dennoch der Meinung, dass die Konzentration dieser Individuen in der Szene größer ist als Außerhalb. Wobei ich für mich keine Unterscheidung mit „verpönten“ Normalos mache. Wenn ein Mensch interessant ist, ist er dies. Vollkommen egal, welche Farbe seine Kleidung hat oder was aus den Kopfhörern seines mp3-Players kommt.
„Und wenn wir gerade bei den Missständen in der Welt sind: wieviele selbsternannte intelligente Schwarze kämpfen denn aktiv dagegen an? Die kann man an fünf Fingern abzählen.“ – „Gothic ist ein bisschen Resignation. In dieser Welt läuft viel zu viel schief. Die Armen werden Ärmer, die natürlichen Ressourcen werden ausgebeutet, die Regierenden lügen und betrügen und die breite Masse lässt sich ihre Meinung von manipulativen Massenmedien bilden. Viele Gothics sehen all diese Missstände, aber anstatt groß auf die Barrikaden zu gehen und zu versuchen, die Welt umzukrempeln, suchen sie sich ihren eigenen Weg. Lassen die Bösen leben, schwimmen hier und da gegen Strom aber versuchen nicht, die Fließrichtung des Flusses zu korrigieren. Schließlich kann es im Wasser für die Masse nun einmal nur bergab gehen…“
„Ich kann mir dennoch gut vorstellen, dass es in den Küstenstädten Chinas ähnlich war, was die Verbreitung westlicher Musik anbelangt.“: Nein. Ich denken, du unterschätzt Mao Zedong und die Kulturrevolution… Und das, was sich musikalisch im Westen frei entfalten konnte, eine Entwicklung von über 60 Jahren (denn Gothic als Musik kann nicht direkt aus z.B. der Beijing Opera heraus entstehen – das Schaffen von Musik braucht Zeit, Wissen, Vergleich und Inspiration in Fluss der Entwicklung), kann nicht so mir nichts dir nichts mit der langsamen Öffnung des Landes in weniger als der Hälfte der Zeit entstehen.
Und Hong Kong zähle ich nicht zu China – ich kann nach Hong Kong fliegen, um ein Visum für China zu bekommen. Diese Stadt hatte über so viele Jahre nichts mit der Entwicklung Chinas gemein und come on: Hier sind Chinesisch (vorwiegend Kantonesisch und Langzeichen statt Kurzzeichen, also nicht mal schriftlich kann man sich ordentlich verständigen) und Englisch Amtssprache… Aber ich mag Hong Kong als Stadt nicht, ich fühle mich dort sehr unwohl…
„Nach der Sichtweise dürfte es beispielsweise auch keine Metaller in Krisenregionen wie Libyen geben.“ Nicht ganz richtig: Langwierige Entwicklung und relativ junge Krisen sind nicht dasselbe. Aber im Übrigen gibt es im Bereich Metal/Rock/Punk in China sehr viel! Dies ist zwar in Peking mehr ausgeprägt als in Shanghai (hier liegt der Fokus mehr auf elektronischer Musik, also mehr Richtung Techno/House/Dubsteb etc., aber auch experimenteller Elektro), aber dennoch vorhanden. Shanghai hat inzwischen ein jährliches Punk-Festival und auf dem Midi-Festival gab es 3 oder 4 Bühnen, auf denen praktisch nur Rock/Metal/Punk (und mindestens eine Rockabilly Band) gespielt wurde.
In Singapur kann ich mir das gut vorstellen. Der Stadtstaat ist ja nun wirklich ein Paradebeispiel für ein westliches Land in Südostasien. Mein Teamleader, der aus Singapur kommt, meinte gerade diese Woche, dass er sich seit dem im Büro nun auch Europäer arbeiten, nicht mehr so sehr als Ausländer vorkommt, weil er endlich mehr Englisch sprechen kann und sein nicht ganz perfektes Mandarin nicht so auffällt… Nur endlos teuer ist es dort…
@ The Drowning Man:
Keine Sorge, ich nehme nichts für Ungut. :-) Ich habe sogar sehr viel freude an Widerspruch und Debatte. :-) Man könnte natürlich auch „Gothic“ zum Beispiel durch „Meine Freunde“ oder „Menschen, die ich mag“ ersetzen. Oder eben, wie bereits betont, es einfach dabei belassen, dass ich beschrieben habe was Gothic FÜR MICH bedeutet… Denn genau dies habe ich getan. Natürlich kann ich meine Sichtweise nur aus meiner Sichtweise heraus schreiben. Aber ich sehe mich selbst nicht in allem reflektiert, was ich über die Szene geschrieben habe. Aber selbst, wenn ich mich selbst beschrieben hätte mit „Ich bin düster, ein bisschen kaputt, individuell, konservativ, tolerant, resigniert, tiefgründig, intelligent, emotional, abgegrenzt, provokativ, zurückgezogen und friedlich“ – wo wäre der schale Beigeschmack? Zu viel Positives? Darf man sich selbst nur schlecht machen? Ja, ich bin intelligent. Ja, ich bin emotional und ja, ich bin definitiv friedlich. Bin ich jetzt ein schlechter Mensch, weil ich etwas Gutes über mich selbst denke? Was stößt dir daran auf?
@ black bat:
Das einzige, was sich ändert, sind die Hütten der Armen… Die werden mehr und mehr abgerissen. Auf dem Weg zu meinem alten Büro standen solche halb verfallenen Häuser und man sah morgens immer die Leute ihre Zähle auf dem Balkon mit schalen voll Wasser putzen (fließend Wasser- Fehlanzeige). Inzwischen sind die alle abgerissen und es wurde mit dem Bau von irgendetwas Neuem begonnen… Und oh ja! Das mit dem eigenständigen Denken kann ich nur unterschreiben! Da fallen mir sofort dutzende Beispiele ein… Die meisten Chinesen sind extrem gut darin, etwas nachzuahmen. Aber selbst etwas zu schaffen – sei es ein Gedankenkonstrukt, technische Innovation oder Kunst – fällt ihnen unglaublich schwer, weil es auch einfach nie gefördert wird…
@Janina: Vielen Dank für deine ausführlichen Kommentare! Sie unterstreichen nochmal den Artikel an den richtigen Stellen und machen deine Ansicht noch klarer. Und um es typische undeutsch mal aufzugreifen, möchte ich die positiven Aspekte herauskehren.
Gothics ist auch einen Erwachsenenkultur. Es ist sogar eine der wenigen Subkulturen, in der man sich als Ü40 oder Ü50 nicht lächerlich macht, sondern akzeptiert wird. Das Problem ist, das dieses Phänomen noch nicht wirklich aufgearbeitet wurde. Es gibt unzählige Bücher über Jugendkulturen und unsere Jugend als solche. Aber über die Subkulturellen Lebensweisen von Erwachsenen gibt es wenig Material. Seit den 80er stehen die Türen zum schwarzen Tempel jedem offen, der sich suchen oder finden möchte. Jeder bringt etwas von sich selbst mit, ob das nun gut oder schlecht ist.
An dieser Stelle nochmal an @Death Disco: Dieses Bild von Ü40-Menschen ergibt sich nicht nur bei Facebook oder in virtuellen Ballungszentren, sondern auch in vielen Discotheken in NRW, auf schwarzen Trödelmärkten oder auf Szene-Veranstaltungen, ja selbst auf Festivals gibt es einen beachtlichen Schnitt an Szene-Junkies, die seit ihren Anfängen „dabei“ sind. Das gilt natürlich nur für die, zu denen ich Kontakt haben, aufnehmen oder von denen ich höre.
Und wieder völlig richtig @Janina: Dies ist mein persönlicher Blog, der keinen Anspruch auf Objektivität erhebt (oder erheben kann), ich versuche zumindest gelegentlich meine Subjektivität zu überlisten. Das gelingt nicht immer. 2014 habe daher damit begonnen verstärkt auf Gastautoren zu setzen, um meine Sichtweise und Ansichten zu bereichern. Ich habe jedoch gelernt, das Objektivität der Tod jeder Diskussion sein kann. Schreibe einen runden, Meinungsfreien und super recherchierten Artikel und es gibt keine Kommentare. Niemand hat etwas hinzuzufügen, nimmt „reibt“ sich an etwas. Eine belanglose Information die nichts bewegt. Daher finde ich es sehr schön wie du schreibst, denn du hast eine Meinung und sogar Ahnung davon! Ich war noch nie in China (außer mal am Flughafen) und kann mir darüber kein Urteil erlauben, ja noch nicht einmal über deine persönliche Meinung zu „Gothic“. Ich bestätige jedoch, dass ich mich in vielem wiederfinde.
Und irgendwie ist das doch auch schön. Wir sind uns noch nie begegnet, haben völlig unterschiedliche Hintergründe und leben auch noch in völlig unterschiedlichen Ländern und trotzdem gibt es Gemeinsamkeiten. Ich „fürchte“ Gothic ist doch mehr als Musik und coole Klamotten ;-)
Na, das ist aber wirklich ’ne ganze Menge. Ich greif mir davon einige/mehrere Punkte heraus. Den Rest nehme ich einfach mal unkommentiert so hin.
Metaller, Punks und Skins. Und selbst diese Szenen werden im akademischen Rahmen noch als Jugendkulturen bezeichnet, sehr wahrscheinlich aufgrund des Einstiegsalters. Mit den Emos dürfte das kaum klappen. Diese Szene hat nicht einmal 15 Jahre auf dem Buckel.
Dass die „Jugendphase“ bis zum 30. Lebensjahr gilt, dürfte inzwischen auch nicht mehr sonderlich neu sein. Ein paar Jahre mehr oder weniger fallen da kaum ins Gewicht. Beruf und Kinder haben die meisten ja schon lange davor.
Ich auch. Aber er entspricht exakt der pubertären Sichtweise, die in der Szene vorherrscht. Vor ein paar Dekaden konnte ich diesbezüglich sogar noch zustimmen. Damals gab’s aber auch noch verbale Hiebe („Man sollte euch ins Arbeitslager stecken!“ oder „Bei Adolf hätt’s das nicht gegeben!“) und physische Gewalt von allen Seiten. Dass sie sich jedoch trotz gesellschaftlicher Veränderungen so hartnäckig hält, finde ich schon erstaunlich.
Sollte man von einem ’87er Jahrgang vielleicht auch nicht wirklich erwarten, da keine Vergleichsmöglichkeiten vorhanden sind. Es ist doch ein Unterschied, ob man die Entwicklung über mehrere Dekaden bewusst mitverfolgt oder in die Szene kommt und nur den Status Quo vorfindet.
Wir könnten nun wieder mit Prozentzahlen jonglieren. Ja, ich denke, dass große Teile der aktuellen Szene ein wurzel- und geschichtsloses Konglomerat bilden, das sich offenkundig von den Abfällen anderer Jugendkulturen ernährt (über die Veränderungen aufgrund der Einflusse von Tekkno, Metal, Schlager usw., die im Laufe der Jahre die Führung übernommen und den eigentlichen Szenekern an den Rand der Existenz gedrängt haben, wurde hier ja oft genug debattiert).
Der Rest ist ein bisschen Fashion (oder auch reichlich davon) und ein wenig Arty-Farty-Gehabe („Schau mal, ich habe ein Bild gemalt“ – woraus dann häufig folgt: „Ich bin Künstler“). Würde man diesen Teil wegfegen, bliebe von der mitterweile wohl sechsstelligen Mitgliederzahl in Deutschland vielleicht eine vierstellige im mittleren Bereich übrig. Vielleicht sogar deutlich weniger.
Ich würde diese Bezeichnung generell nicht mehr verwenden. Jemand, der Wert darauf legt, als Grufti bezeichnet zu werden, sollte zumindest die 80er kennen und schätzen lernen. Der Ausdruck „Grufti“ ist für mich mit der Wave-Kultur der damaligen Zeit verbunden. Bin ich kein Waver, kann ich auch nicht Grufti sein. Das Wort würde ich beispielsweise nie auf Cyber, langhaarige Bombenleger und Metallerinnen im Rüschenkleid anwenden.
Viel gibt es da auch nicht zu erzählen. Worst years ever. Mit Ausnahme der paar Revivals finden die guten Sachen längst außerhalb der Szene statt. Selbst die End-90er Schwarzen, die mancher Altgote schon argwöhnisch betrachtete, halten die Post-Millennium-Phase für die schlimmste. Das ganze Ding ist zu groß, zu strukturlos geworden, um eigentlich noch als Szene betrachtet werden zu können. Viele können sich mit diesem zusammenhanglosen Matsch doch überhaupt nicht mehr identifizieren. Was sagt es denn noch aus, wenn man sich das Etikett „Gothic“ an die Stirn heftet? Nichts. Vor allem nichts, was mit der ursprünglichen Jugendkultur zu tun hat.
Denen würde ich von vorneherin sagen, dass es keine Gothic-Clubs gibt. Allein dieser Irrglauben hinterlässt schon Spuren in der eigenen Zuordnung und der Zuordnung der bevorzugten Musik. ;-)
Gute Frage. Rationales Denken? Zusammenhänge erkennen -> ein damit verknüpftes Handeln? Die Fähigkeit, sich selbst zu erkennen oder ein Thema aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten (was sogar mir häufig schwer fällt)… Empathie würde ich auch dazuzählen.
Sowas ist für mich nicht szenebedingt und ich wüsste auch keinen wirklichen Grund, weshalb es dort vermehrt auftreten sollte. Im Gegenteil, erscheint mir die aktuelle Szene ziemlich unlogisch. Da werden einfachste Zusammenhänge von Musik und Style negiert, es wird permanent von Individualismus gefaselt, aber gleichzeitig werden Regeln und Werte für alle aufgestellt. Es wird fleißig mit mutmaßlich positiven Eigenschaften um sich geworfen, die ganz bestimmt auch nur auf die eigene Szene zutreffen… und ähnlicher Firlefanz. In Sachen Empathie habe ich im Vergleich zu Nicht-Schwarzen auch noch nie sonderlich große Unterschiede erkennen können.
Die Gemeinsamkeiten von Szenen sind in erster Linie geschmacksbedingt (in der Altszene war das natürlich die Musik). Mit Intelligenz hat das nichts zu tun. Wirklich intelligente Menschen würden Szenen vermutlich sogar ablehnen, da diese auch immer mit Uniformität und Unterordnung einhergehen.
Vielleicht achtest Du einfach nur vermehrt darauf? Vielleicht setzen die Schwarzen lediglich andere Prioritäten?
Höhere Bildungsabschlüsse sind für mich auch eher ein Beleg für Fleiß und ein einigermaßen zielstrebiges, geordnetes Leben. Ein Real- oder meinetwegen Hauptschüler (und davon gibt es auch unter den Schwarzen jede Menge) ist ja nicht zwingend dümmer, nur weil er sich nicht für höhere Abschlüsse entschieden hat. Wieviele von denen haben wohl Probleme, sich in der Welt zurechtzufinden, stecken in persönlichen Krisen, die sich auch auf die schulischen Leistungen auswirken? Als Maßstab taugt das nicht. Ein Abiturient ist nicht per se schlauer, ein Hauptschüler nicht per se dümmer.
Wer bildet denn die Durchschnittsbevölkerung?
Alleine die Fähigkeit des Nachdenkens ist doch aber kein Indiz für höhere Intelligenz!?
Die Enttäuschung über die Szene geht also auf den typischen Meckerdeutschen zurück? Na, ich weiß ja nicht… Das ist nicht einmal länderabhängig. In den USA triffst Du auf das gleiche Problem. Dort sind es sowohl Goten als auch ehemalige Rivetheads, die die derzeitige Szene zum Teufel wünschen.
Darüber kannst Du, wie schon am Anfang erwähnt, auch nur urteilen, wenn Du Vergleichsmöglichkeiten hast. Und die fehlen Dir aufgrund des Alters. Ein paar Jährchen länger in der Szene und Du würdest genauso negativ reden wie viele der alten Säcke. ;-)
Diese Aussage ist mir durchaus schon länger bekannt. Damit macht man es sich natürlich recht einfach und kann sich zufrieden zurücklehnen.
Wenn man das mal mit Japan vergleicht: Gothic entwickelte sich dort sicher nicht aus dem Punk. Man möge mich berichtigen, falls ich da falsch liege. Die Genres, die im Westen gerade populär waren, hatte man einfach nach Japan importiert. Typisch für japanische Entwicklungen wären vielleicht Noise und Crustcore. Die Japaner kombinierten dann auch die seltsamsten Dinge. So kommt die einzige, mir bekannte Band, die Gothic Rock mit Crustcore kreuzte, auch aus Japan. Asiatische Länder einwickeln IMO in den seltensten Fällen eigene Populärmusik. Das ist in der Basis alles europäisch. 60 Jahre sind demnach für die Verbreitung von Musik und Kultur gar nicht nötig.
Vielen Dank dafür, dass hier wirklich JEDER Artikel dazu missbraucht wird, Musikgenre- oder Szenebashing-Diskussionen zu führen. Ich schlage vor, hier demnächst nur noch Blindtext zu veröffentlichen, dann kann man nach Belieben über immer gleiche Themen diskutieren, ohne dass das eigentliche Thema stört.
Du könntest doch auch was zum Thema beitragen. Wie wäre es denn damit? Und selbstverständlich werden auch die üblichen unliebsamen Punkte angesprochen. Wie sonst soll Janina denn verstehen, was eigentlich bemängelt wird?
Entschuldige bitte, wenn ich lache, aber ich hab allein schon konstruktiv an der Entstehung des Artikels mitgewirkt. Ich behaupte jetzt einfach mal, dass das ausreicht, um Kritik üben zu dürfen. Und Intelligenz bedeutet meiner Meinung nach auch, das Kernthema eines Interviews zu erfassen und darauf einzugehen. Intelligenz bedeutet jedoch nicht, in meterlangen Texten die winzigen Punkte zu finden, die dazu dienen, seine Meinung zur Szene und zur Musikgeschichte loszuwerden.
Gerade dann sollte Dir doch kaum entgangen sein, dass sich der Artikel in mehrere Themen gliedert. Ich sehe da keine winzigen Punkte, sondern mehrere Abschnitte zu Szene und Szenewahrnehmung, die schon von Beginn an kommentiert wurden.
Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn mein Einwand Dich zu irgendeiner Art von Einlenken gebracht hätte. Mir ist übrigens bei mehrmaligem Durchlesen aufgefallen, dass es noch ganz viele andere Abschnitte im Interview und sogar in den Kommentaren gibt, die sich nicht mit Deiner Szenewahrnehmung beschäftigen, sondern mit dem schwarzen Leben in Shanghai. Doch es ist müßig, hier ein Kommentar-Duell auszutragen. Es bringt ja nichts.
Ich kann nichts zum Leben in Shanghai schreiben, wenn ich nie dort war. Ich kann es zur Kenntnis nehmen, mich freuen (oder auch nicht), dass vergleichbare Entwicklungen stattfinden und die Szene gefördert wird. Oder eben Vergleiche zu anderen asiatischen Regionen ziehen. Mehr ist nun mal nicht drin. Logisch, dass man sich Punkte heraussucht, mit denen man näher vertraut ist. Ich glaube kaum, dass es den anderen Kommentatoren da anders geht…
Gelegentlich sollte man seinen Horizont erweitern und sich auch mit dem vertraut machen, was man noch nicht kennt. Oder einfach mal unvoreingenommen Fragen stellen anstatt immer mit den gleichen Phrasen Deine Meinung herauszuposaunen. Auch wenn es nicht wie Orphi formuliert hätte, sie hat Recht. Auch ich habe mich an der Szene-Diskussion beteiligt und das wird dem informativen Beitrag in keiner Weise gerecht. Deshalb lasse ich es gut sein, denn Janina hat es bereits auf den Punkt gebracht. Die Beschreibung der Szene entspricht Ihrer Wahrnehmung, nicht mehr und nicht weniger. Allgemeingültigkeit überlassen wir den Autoren von schlauen Büchern.
Ich darf (hoffentlich) übrigens verkünden, dass Janina und Nikita zum WGT in Deutschland verweilen werden, da mich Nikita schon auf einen Drink in der Sixtina eingeladen hat. Darauf freue ich mich sehr! Vielleicht kommen die beiden ja auch zum „Spontis-Treffen“, dass ja von der Idee her dem Shanghai-Treffen ziemlich nahe kommt.
Ganz erstaunlich finde ich allerdings, wie einzigartig Janinas Idee ist, in Shanghai etwas für „Gothics“ auf die Beine zu stellen. Offensichtlich ist es ja durch diese Artikelserie bereits zu neuen Kontakten in Shanghai gekommen, oder sehe ich da was falsch?
Kopieren die Chinesen eigentlich auch die Subkulturen, oder werden die durch lokale Einflüsse bereichert. In jedem Land ist ja „Gothic“ ein bisschen anders und entsprechend der jeweiligen Kultur angepasst. In Deutschland nimmt man „Gothic“ beispielsweise ganz GENAU, da muss schon mal eine Begrifflichkeit bis ins unermessliche ausdiskutiert werden.
Bezieht sich bitte auf was?
Ich fürchte, Du verwechselst da etwas. Es ist keine reine Meinungsangelegenheit, sondern beschreibt zum Teil eine erkennbare Entwicklung, für die ich natürlich auch nicht sonderlich viele positive Worte übrig habe. Damals nicht, heute nicht. Schon erstaunlich, dass heute offenbar niemand mehr etwas davon wissen will, während vor ein paar Jahren sich ein Dutzend User noch die Finger wund tippte.
Mir ist schon aufgefallen, dass die nachfolgende Diskussion wenig mit dem eigentlichen Artikel zu tun hatte, aber abgesehen davon fand ich die meisten Statements doch sehr interessant!
@Death Disco: Ich stimme Dir im Großen und Ganzen zu, und Du ersparst mir, das noch mal auszuführen. Kritisieren kann man den fehlenden Bezug zum Thema – nicht aber die Meinungen zum Zustand des Ganzen. Lustig auch, wie Leute immer das ansammeln von Wissen mit Intelligenz verwechseln!? Demnach wäre ja ein Urwaldbewohner, der perfekt an seine Lebensumgebung angepasst ist dumm, weil er weder binomische Formeln versteht, noch sich jemals mit europäischer Philosophie des 19ten Jahrhunderts beschäftigt hat?
Vielleicht sollte man immer „OT“ vor solche Kommentare schreiben – dann können entsprechende Mitleser diese überspringen… ;-)
LG Jörg (45, mittelmäßiger Realschüler – und trotzdem 1985 Grufti geworden*g*)
P.S.:Abschließend sei noch gesagt, dass derart exotische Themen mit der Lebenswirklichkeit von 99% der Mitlesenden nix zu tun haben dürfte, und so fällt es (mir zumindest) schwer „themenbezogene“ Kommentare abzugeben…
@Janina
Erst wollte ich was zur Diskussion schreiben, aber dann habe ich deinen langen Antwortbeitrag gesehen und kann zu 99% nur zustimmen! :)
Danke für deine ausführlichen Beiträge zur Gothickultur Chinas und ganz besonders dem Einblick in dein privates Leben! Es war wirklich äußerst interessant zu lesen und ich habe großen Respekt davor, was ihr alles organisiert und auf die Beine stellt. Die einzigen Bands von dort die ich mal aufgeschnappt habe, sind diese beiden:
https://www.youtube.com/watch?v=wwYpGI4EUAc&list=FL_-Kjyh0CA6q0L70auPvM-Q&index=83
https://www.youtube.com/watch?v=AbIV1PmIk3g&list=FL_-Kjyh0CA6q0L70auPvM-Q&index=85
Was Japan angeht kann ich der Kritik von Death nicht zustimmen. Visual Kei hat gar nichts verhunzt, sondern ist eine Ausdrucksart die in Japan nun mal präsenter ist als anderswo. Bei einem derart anderen Kulturkreis kann das nur anders ausfallen und entweder man mag es oder eben nicht nicht (schlimm ist höchstens das internationale Fanpublikum dieser Musiker). Außerdem gibt es nach wie vor gute Bands, z.B. Moi dix mois (oft franzöische Titel) und Yousei Teikoku (oft deutsche Titel). Erst genannte waren ja mal auch auf dem WGT aufgetreten (und D’espairsRay beim Wacken).
https://www.youtube.com/watch?v=5QfrrL1nZOw
@Ansichtsdiskussion/@Death
Stimmt.
Jein, wenn man überleben will ist rein rational gedacht Uniformität oft eine gute Sache. Die Dualität von Konformität und Abgrenzung ist im Menschen generell verankert. Jeder der sich ein Umfeld sucht welches ihn anspricht und zu ihm passt sucht wenn man so will Konformität (durch Kriche, Diktatur und Wirtschaft ist das Wort aus seiner neutral-beschreibenden Stellung gerisssen und eher negativ konnotiert). Grenzt sich mit dieser aber widerum von anderen Form ab, wo wir wieder bei Abgrenzung wären.
Kognitive Intelligenz ist die, die im allgemeinen Sprachgebrauch synonym für Intelligenz verwendet wird. Es gibt aber noch etliche andere Intelligenzformen wie sprachliche, emotional-soziale, musikalische,…etc. Du hast ja selbst geschrieben, dass die Emphatie für dich dazu zählt. Deine Umschreibung „Zusammenhänge erkennen“ passt ziemlich gut, aber eben nicht nur im rationalen Bereich. Ganz einheitlich ist das aber nicht zu beantworten, selbst die Wissenschaft hat keine Universaldefinition.
Jein, Kognitive Intelligenz natürlich nicht, bei der emotional-sozialen ist das so eine Sache. Natürlich ist Szene hier kein Grund, aber oft ein Auslöser Potential zu entfalten. Denn wer sich aktiv für andere Lebensweisen interessiert, reflektiert und durchdenkt in diesem Zusammenhang mehr. Ich kann den Eindruck von Janina daher nur bestätigen. Ein musikalsich intelligentes Kind wird auch nie merken, dass es in diesem Bereich besonders befähigt ist, wenn es nie ein Instrument in die Hand bekommt.
Schon mal daran gedacht, dass da gar nichts in dem Sinne angelockt wurde, sondern generell einfach Begeistrung gewachsen ist? Und das sich aus dieser Entwicklung heraus bestimmte neue Formen einfach so ergeben haben? Ein Teil der Leute wollte halt mehr Vielfalt, ein Teil der Leute begeisterte sich nun mal für andere Klänge die hinzukamen, ein Teil der Leute begann sich mehr Mühe mit dem äußeren Erscheinen zu geben,…etc. Wo ist das Problem? Nur weil dein ganz individueller Geschmack bezüglich Musik und Einstellung nicht mehr bedient wird? Du hast selbst geschrieben, dass besonders der Geschmack die Menschen zusammenführt (was ich absolut unterschreibe).
Ich will echt nicht bissig rüberkommen, aber mit diesen zwei Sätzen widerlegst du dich selbst. „Die Szene“ gibt es überhaupt nicht (genauso wie „die Gesellschaft – bringst du indirekt ja selber an bezüglich „die Normalos“), Inidvidualismus und co. werden stets unterschiedlich ausdiskutiert und indem du deine 80er (und die damit verbundenen Inhalt) über alles andere zu stellen scheinst gibst du selbst ein regelhaftes Ideal vor.
Ja, in der Intensität ist das tatsächlich so. Das ist eine ziemliche Wohlstandssache, weil man nur derart intensiv über verschiedenes meckern kann, wenn auch viel da ist. In anderen Regionen sind Menschen froh, wenn halbwegs was schwarzes geboten wird und man halbwegs ähnlich gesinnte Menschen trifft. Daher fokussiert man sich eher auf das positive Zusammensein, als ständig nur das Negative in den Vordergrund zu stellen. Ich verstehe nicht, warum der wahre „Kern“ dem „Kitsch und Kraneval“ nicht einfach den Rücken kehren und ihre eigenen Veranstaltungen organisieren, die dann nur in ihrem Sinne sind.
Und wie soll das deiner Meinung nach anders aussehen? Dich stört was? Dann änder es oder das ewige beschweren sein lassen (nicht hier und du mal eine gute Diskussion, aber wenn die Standpunkte klar sind ist es irgendwann auch mal gut).
Ohne den smiley wäre das ziemlich arrogant. Jeder Mensch ist ein Kind seiner Zeit bzw. generell seiner Ausgangsbedingungen und des Umfeldes. Kritisch wo man sein eigenes Ideal ‚über‘ das der anderen stellt, nebenher wäre ja okay. Außerdem mögen doch viele auch die „alte Zeit“ sowie die Art wie anscheinend miteinander umgegangen worden ist und wie man gedacht hat (wir können es nicht direkt nachfühlen, aber mit etwas Emphatie doch zu einem gewissen Grad nachvollziehen). Aber die gesamtgesellschaftlcihen Ausgangsbedingungen geben eine derartige Entwicklung anscheinend einfach nicht mehr her, sondern formen andere. War schon immer so und wird immer so sein.
Oder man wird einfach alt und trauert einer verklärt guten alten Zeit interher. ;-) Sei doch froh, dass du so was Gutes überhaupt mal gehabt hast. Manche erfahren so was ihr Leben lang nich.
Das hat mehrere Gründe, aber bei der Art und Weise wie manches musikalisch umgesetzt wird ist doch zu hören, dass es aus dem japanischen kommt.
Aber um mal ein Beispiel von vielen für japanischen Kombinationswahnsinn zu zeigen :D
DAS kann ich nur bestätigen! beispielsweise in Russland, wo die Szene (zumindest in Moskau und St. Petersburg) nun doch nicht mehr ganz so „in den Kinderschuhen“ steckt, äme eine solche Debatte icht auf. dort gibt es ein paar leutchen, die halt glauben sie seien die besten, collsten und überhaupt tollstenObergothics ever, aber die werden belächelt, dann gibt es „херки“ (ich hoffe, ich habe es richtig geschrieben…), also Wannabe-Goths, die es halt „noch lernen müssen“ and ansopnsten versteht man sich. Und hier in Shanghai ist jeder froh, überhaupt einen anderen Szeneangehörigen zu finden – sich dann über die Szene zu beschweren, käme niemandem auch nur ansatzweise in den Sinn. Wer anders denkt oder einen anderen Geschmack hat, wird einfach akzeptiert und man sucht die Gemeinsamkeiten statt der Unterschiede…
Geschmack ist eine Sache. Die Zuordnung eine andere. Moi dix mois haben mit Goth leider herzlich wenig zu tun. Es ist genau jenes Problem, das ich anspreche… Visual-Kei-Bands, die in den meisten Fällen Pop-Kitsch mit Heavy Metal kreuzen und ihre Musik in eine dunkle Kostümierung verpacken, werden oft als „Gothic“ präsentiert. Auf der Grundlage hatte sich entsprechend auch das Verständnis für Gothic gewandelt. In Japan gibt es so gut wie keine Gothic-Bands mehr. Dieser ganze Kei-Kram ist ’ne Sache für sich, ein musikalischer Bezug zu Gothic/Wave praktisch nicht vorhanden. Mit D’espairsRay kann man Gruftis jagen, aber sicher keine neuen gewinnen.
Auch zum Rest der Szeneenwicklung habe ich mich zigfach auf diesem Blog geäußert. Es wäre kein Problem, zu jedem zweiten Deiner Abschnitte etwas Gegenteiliges zu schreiben. Liest nur am Ende keiner mehr, weil der Großteil der Leser vermutlich schon die Augen rollt. Eines aber noch, weil mir dieser Punkt immer wieder übel aufstößt und mich auch direkt anspricht:
Ich denke, Du solltest noch mal über den Zusammenhang von Musikrichtungen und Szenen nachdenken. Ich lege den Leuten dann gerne ans Herz, Gothic einfach mal mit Punk oder Metal zu tauschen, um die Bedeutung der Musik als Standbein einer Szene zu verdeutlichen. Die ist nicht – so mir nichts, dir nichts – austauschbar und ganz sicher auch nicht rein auf meinen Geschmack beschränkt, sondern szeneformend und szene-erhaltend. Das Herzstück überhaupt. Mein mutmaßlich individueller Geschmack war der Geschmack tausend anderer.
Okay stimmt. Da war ich sehr ungenau was Konglomerat-Schwarze-Szene und traditionell-inhaltlich-Gothic angeht. Man sollte mit den Worten Gothic, Goth, Wave und Grufti in der Tat mehr aufpassen.
Mit deinem 80er-Grufti-Ideal vielliecht nicht (das sind aber viele im Schwarzen-Szene-Konglomerat aber nicht), mit der schwarzromantischen Strömung angelehnt an die gotische Aufbereitung des 19. Jahrhunderts allerdings schon. Den musikalischen Werken kann man einen gewissen Grad an Qualität nicht absprechen und sind gewiss nicht Visual Kei nur weil Inszenierung und Oberfläche noch zusätzlich mehr fokussiert wird (generell ein starkes Phänomen in Ostasien und wird vom Westen oft als oberflächlich abgetan, was so aber nicht gehalten werden kann, da in allen Bereichen des Lebens Oberfläche/Bildliches kulturell (und somit inhaltlich begründet) dort einen anderen Stellenwert besitzt).
Aber nur weil sie einen Namen für das Kind brauchen um es irgendwie zu bezeichnen und dann guckt man oft schnell nach Europa/Amerika und greift irgendwas auf, das setzt sich dann durch, und flupp hat man einen Begriff aus seinem herkömmlichen Kontext gerissen und auf was Abstruses anderes gestülpt, was nichtmal ansatzweise definiert ist. Meistens wird aber eher doch von punk bzw. gothic-punk gesprochen oder rock – allerdings als Sammelsorium für alles. Ich spreche dir deine Kritik ja auch nicht ab und habe deswegen extra am Ende nochmal eine der neuesten Absurditäten geposted (und da auch wieder typisch japanisch: 1. Man wird immer wieder aufs neue überrascht (ob positiv oder negativ) und 2. man kann nicht mal sagen es sei rein handwerklich schlecht).
Von ein paar einzelnen Ausnahmen abgesehen habe ich nicht das Gefühl, dass Gothic im europäischen Sinne jemals wirklich durchgedrungen war.
Das war auch nicht auf Grufti bezogen, sondern in der Aufzählung welche japansichen Künstler schon mal in Europa aufgetreten sind und allgemein im düsteren Bereich keine allzu schlechte Musik hervorbingen.
Ich rolle nicht die Augen versprochen :D (das passiert erfahrungsgemäß eher, wenn Grundsatzdebatten losgetreten werden wo es vielleicht nicht immer sein muss) Mich würde wirklich interessieren wenn du auf die einzelnen Punkte (abgesehen von de Intelligenzsache vielleicht) nochmal drauf eingehen wollen würdest. Vielleicht per Mail? Und dann nochmal ausführlich die „einfache Frage“ zu beantworten was Gothic, Goth, Grufti, Schwarze Szene für dich ist und was nicht und warum. Ich weiß das ist sehr viel verlangt, vor allen Dingen weil es am Ende vermutlich nicht arg viel verändern wird, aber immerhin etwas und man hätte den Diskurs gesucht. Denn ich lese schon länger still mit und auch deine Kommentare und denke mir oft „Oh ja berechtigter Einwand“ aber oft auch „So absolute nicht haltbar“ ^^° Eilt auch nicht, sondern wenns dir zeitlich mal passt. Ich würde es wirklich wissen wollen!
Die Bedeutung der Musik will ich nicht verdrängen, im Gegenteil sie ist essentiell. Die Entwicklung von Gothic-Goth-Grufti-Schwarze-Szene ist meinem Eindurck nach aber nochmal schwieriger zu verstehen, absolut vermutlich sogar gar nicht machbar, da viele Tendenzen und wehcselwirkungen mit reinspielen (und selbst bei Metal und Punk gibts vielerlei unklarheiten/Diskussionspotential – ich bin nicht tief genug drin und informiert um dazu eine gute Meinung bilden zu können, aber das was ich mitkriege reicht um zumindest das zu behaupten).
Es will ja auch niemand etwas „austauschen“, sondern es entstehen Weiterentwicklungen/Abspaltungen/Neuschöpfungen – je nachdem wie mans betrachten möchte. Und es ist halt auffällig wie manche aus Prinzip dagegen sind und immer an jeder Ecke bekunden müssen wie blöd sie das alles finden (auch wenn danach gar nicht gefragt wurde), anstatt einfach das Ganze friedlich zur Kenntniss zu nehmen und nebenher laufen zu lassen bzw. man kann neuere Einflüsse als direkte Abgrenzung aber auch als parallele Bereicherung ansehen oder beides in Wechselwirkung. Ich empfinde gerade das Konglomerat Schwarze Szene mit so vielen Facetten als wunderschön. Problematisch wird es allerdings, wenn die Gefahr besteht, dass der Kern – das Herz – komplett ausstirbt. Beispielswiese aufs WGT bezogen wenn zu 60% nur noch weißxrosa oder blaixgrüne Raver unterwegs sind, die sich überhaupt nicht mehr mit den usprünglichen Kernthemen befassen/auseinandersetzen. So lange das aber nicht der Fall ist muss man sich nicht immer und immer wieder auf das Negative konzentrieren, sondern eher auf die positiven Aspekte wenn so viele Menschen mit anscheinend ähnlichen Vorlieben zusammenkommen oder sich innerlich freuen wie viel besser man es selbst hat/hatte ;-) Und wenn das wirklich nicht mehr geht sich halt selbst eine Alternative überlegen, aber nicht immer nur jammern und nichts ändern (zumindest kommt mir das so vor).
Genau wie der vorangegangene Bericht von dir ist auch dieser wirklich unheimlich spannend, interessant und fesselnd gewesen, danke dafür!
Ich selbst bin 2008 zwei Wochen in China zum Schüleraustausch gewesen und musste besonders bei einigen Anekdoten aus deinem ersten Bericht oft schmunzeln und nicken.
In Shanghai war ich damals allerdings nicht unterwegs und insgesamt habe ich nicht viel „Alternatives“ sehen können, daher finde ich es besonders spannend, etwas über euren Alltag zu erfahren und zu hören, wie man sein Leben in der Szene auch ins Ausland „mitnehmen“ kann.
Dass es in dem Bericht nicht viel Zusammenhang zum Thema Gothic geben soll, kann ich persönlich nicht so sehr nachvollziehen… es ist eben alles etwas anders und exotischer, als in unserem Alltag.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass sich England, Deutschland und auch Amerika in der Vergangenheit (und auch heute noch) stark beeinflussen, China sich aber, wie sehr schön im Bericht geschildert, lange Zeit vom Westen stark abgegerenzt hat.
Wir haben hier einfach einen gewissen Luxus, was die Entstehung und Entwicklung der Szene angeht, den andere Länder so nicht haben.
Beziehungsweise – die Szene unterscheidet sich auch schlicht und ergreifend sehr stark von Land zu Land.
Ich habe viele Bekannte aus dem Ausland, von Finland über Israel bis nach Amerika, und nirgendwo ist die Szene genauso wie in Deutschland. Es gibt andere Schwerpunkte, Ströhmungen, die bei uns nicht so stark ausgeprägt sind, etc.
Was im übrigen die japanische Szene betrifft – die gibt es in dem Sinne in Japan kaum bis gar nicht. Ja, es gibt „Gothic Lolita“ (als Beispiel), das hat aber nicht im Geringsten etwas mit der Gothic Szene als solcher zu tun. Visual Kei ebenso wenig. Das ist als würde man Äüfel mit Birnen vergleichen und einfach eine falsche Interpretation der westlichen Welt.
Visual Kei ist eine eigenständige Szene (genauer sogar lediglich der Name des Kleidungsstils). Japan klaut sich eben viel aus dem Westen zusammen und macht aber auch explizit etwas eigenes daraus. Nirgendwo findet man den Gothic Stempel in diesen Sachen, es sei denn der westliche Journalismus schlägt zu und drückt dem Ganzen fälschlicher Weise diesen besagten Stempel auf.
Aber genug zu dieser Grundsatzdiskussion und zurück zum Artikel! :)
Verstehe ich das richtig, dass ihr zur Zeit keine Parties mehr veranstaltet, weil ihr keine Location habt? Wollt ihr das denn wieder aufziehen oder hat sich das Thema für euch vorerst erledigt und ihr bleibt zunächst bei den Picknicks?
Wie empfindet ihr die Auswahl an „gruftigen“ Dingen, die man in Shops erwerben kann?
Ich hatte damals den Eindruck, dass es viele Läden gibt, in denen man sowohl Kleidung als auch Deko sehr günstig erstehen kann. Besonders um gerade die Kleidung später selber noch etwas „zurecht zu stutzen“. Ist das tatsächlich so oder fällt es euch eher schwer, beim Shoppen etwas nach eurem Geschmack zu finden?
Nochmal danke für den tollen Artikel, ich würde mich freuen, mehr zu lesen!
Wir können zwar theoretisch im Inferno Parties machen, aber dort ist die Musikanlage wirklich unterirdisch – ein urarlter Mac, der manchmal gar nicht, manchmal mit 20 Sekunden Verzögerung reagiert, manchmal auch einfach ein vollkommen anderes Lied spielt als man anklickt und der sich komplett aufhängt, sobald man einen UD-Stick anschließt (und anders bekommt Nikita keine Playlist auf den Rechner). Aber sobald das Inferno endlich seine nächste location gefunden hat, gehen die Parties auf jeden Fall weiter bzw. wieder los! Bis dahin bleiben wir halt bei Picknicks und „einfachen“ Treffen…
„Normales“ Shpping in Ladengeschäften ist zum einen nicht unser Ding und zum anderen findet man da wirklich kaum etwas. Wir kaufen extrem viel online (sogar frisches Fleisch etc. bekommt man hier problelos frisch und günstig aus dem Internet). Und da ist die auswahl natürlich unglaublich (bis auf alles, was Steampunk betrifft – das ist hier irgendwie noch nicht so richtig angekommen – da gibt es fast nur Schmuck, aber kaum Klamotten – da das aber auch nicht so ganz unser Stil ist macht uns das nichts aus). Das einzige, was schwer fällt, ist manchmal, die richtige Übersetzung zu finden… Denn Wir suchen dann eben mit Google Translate und Google Chrome… Und dass ein Reifrock irgendwas mit „Packtaschen“ zu tun hat merkt man dann auch erst, wenn man einen Wikipedia-Artikel in der Sprache umstellt, danach sucht und Google Chrome dann übersetzte… ;-)
Das ist meiner Erfahrung nach in China ja auch eher schwierig, wenn man ein „normal gewachsener“ Europäer ist. Dann passt man selten in die sehr klein und kurz geratenen Klamotten der Chinesen. ;) Zudem sind die Sachen in den „normalen“ Geschäften ja auch sehr bunt und kitschig… (ich gehe mal davon aus, dass hat sich auch nicht geändert?)
Auf dem Tailor Market kann man sich aber sehr, sehr günstig Klamotten in sehr guter Qualität schneidern lassen. Am besten ist, wenn man da mit einer genauen Vorstellung hingeht (Foto, eigenen Zeichnung etc. dabei haben) und denen das erklärt (viele sprechen ein annehmbares Englisch), wie man was haben möchte. Die nehmen dann die exakten Maße und innerhalb einer Woche kann man zum Anprobieren vorbei kommen. Wenn etwas nicht passt oder nicht den Vorstellungen entspricht, wird es kostenlos geändert, man wartet wieder ein paar Tage und irgendwann (zugegeben es kann manchmal ein paar Änderungsschleifen durchlaufen) hat man ein sehr schickes Teil. Da man ja mit eigenen Vorstellungen dort hinkommen kann, sich die Stoffe etc. alles selbst aussucht, bekommt man da schon sehr schicke gruftige Sachen hin! ;)
Deko, Schmuck, Accessoires findet man auf den diversen Fake Markets ja auch zuhauf fast hinterhergschmissen… Das ein oder andere schicke Teil lässt sich da auch entdecken. Man muss nur ein bisschen Zeit, Geduld und Verständnis mitbringen, wenn man sich mit den Toursitenmassen dort durchschlagen will… Und wenn man ein bisschen Chinesisch spricht, lässt sich der Preis meist noch niedriger verhandeln als auf Englisch.
So viel mal zu meinen Erfahrungen. Janina, entschuldige, wenn ich dir irgenwas vorweggenommen oder falsch (weil es sich mittlerweile geändert hat)dargestellt habe!
Hallo Janina, jetzt habe ich mir die beiden Artikel – über das Leben und die Szene in Shanghai und dein Interview – in Ruhe durchgelesen und bin sehr beeindruckt. Alle Kommentare hierzu habe ich dann nicht mehr verfolgt (das wurde irgendwann doch etwas viel). Aber ich für meinen Teil kann sagen, dass Du mit Deiner Definition, was Gothic für Dich ist, sehr mit meiner Ansicht überein stimmst und das wunderbar in Worte gefasst hast. Es ist immer schwer, so etwas Komplexes auszudrücken, und Dir ist es gelungen. Ich bin seit 1989 „schwarz“, habe zwar die 80er in der Szene nicht mehr „live“ miterleben können, aber zumindest die frühen 90er und bin auch mit mittlerweile 41 Jahren immer noch „schwarz“ – und habe bislang sehr, sehr viele Altgruftis getroffen, die schon sehr früh in die Szene kamen und zum Teil auch immer noch darin unterwegs sind. Das, was Du an Gemeinsamkeiten erwähnst, trifft auf nahezu alle dieser Leute zum Großteil zu. Es gibt schon scheinbar einen „roten Faden“, der einen in der Schwarzen Szene landen lässt, durch den man sich in ihr „heimisch“ fühlt und der viele auch darin bleiben lässt weit über das Jugendalter hinaus. Das hat dann nichts mehr mit Trends oder Rebellion zu tun, sondern unterstreicht äußerlich das Innere, ist Ausdruck eines Lebensgefühls. Ich behaupte mal dass es in keiner anderen Szene so viel Beschäftigung mit Poesie/Lyrik, Literatur, Geschichte und Weltanschauungen gibt.
Hut ab vor Eurer Entscheidung, weitab der „Heimat“ in einem fernen und dazu kulturell doch sehr anderen Land etwas Neues aufzubauen. Ich hätte diesen Mut nicht, ich würde mich ja selbst in einer anderen Stadt verloren und entwurzelt fühlen! Aber es ist spannend, zu erfahren, wie es sich in einem Land lebt, das so anders ist und dass dies trotzdem sehr erfüllend und bereichernd sein kann. Und selbst so etwas wie einen Szenetreff aufzubauen, ist auch eine schöne Sache, sehr familiär und weniger vorgefertigt als in der westlichen Welt. Ihr könnt gemeinsam etwas (mit)gestalten.