New Romantic, das war eine kurze Modewelle zu Beginn der 80er, die ich persönlich für eine der stilprägende Kraft halte, denn sie liefert bis heute optische Prototypen für allerhand ästhetische und musikalische beeinflusste Szenen. Und obwohl ich in meiner Artikelreihe Subkultur! bereits kurz von den New Romantics gebloggt habe, animierte mich ein Video auf YouTube zu einer weitere Auseinandersetzung mit dieser Subkultur. Der „Essential Beginners Guide“ von Shockelectrik fasst das, was man sich unter diesen modischen Bewegung vorstellen sollte, sehr gut zusammen und zeigt neben der Szene selbst auch die von der Szene vereinnahmte Musik.
Schon die ersten Gothics lehnten die New Romantics wegen ihrer persönlicher und musikalischen Oberflächlichkeit ab, ließen sie sich doch in ihrem eigene Stil davon sehr stark beeinflussen. Ablehnung durch Bands 1 und auch die englische Musikpresse verhalf der Szene zu einer Exklusivität, die sich durch den von Steve Strange gegründeten Blitz-Club fortsetzte. Strange wies den Türsteher an, nur Besucher in möglichst extremen und ausgefallenen Outfit hinein zu lassen – was dem Club natürlich den Ruf einbrachte „eine elitäre Ansammlung von Poseuren zu sein„. 2
Ursprung
Nach der Initialzündung des Punk zwischen 1976 und 1977 entwickelten sich in England ständig neue Musikrichtungen und Stile, die sich im Laufe der folgenden Dekade immer weiter ausdifferenzierten. Doch Punk war mehr als der Mut zum musikalischen Dilettantismus, sondern auch eine Form der ästhetischen Revolution die sich auch in Form von Kleidung niederschlug. Vorreiter der visuellen Revolution waren beispielsweise David Bowie, der durch das bewusste verwischen geschlechtlicher Grenzen den Glam-Rock der 70er in neue und ungeahnte Höhen trieb. 1972 eröffnete der Malcolm McLaren zusammen mit Vivienne Westwood die Boutique „Let it Rock“ im Herzen von London er kleidete er die New York Dolls, die Sex Pistols und Adam and the Ants und etablierte das möglichst schockierende Outfit zum Bestandteil einer Bühnenperformance.
Doch die optische Auflehnung blieb nicht auf der Bühne. Jugendliche, die im musikalische Sog der späten 70er aufwuchsen kopierten den Stil der Künstler und transformierten ihn in für sie bezahlbare Kleidung, indem sie ihre Alltagskleidung kreativ zerstörten, veränderten und schmückten, ihre Haare abschnitten und färbten und so typische äußere Erkennungsmerkmale für neue Jugendkulturen schufen. Es schien nur eine Frage der Zeit, bis Jugendliche aus anderen Verhältnissen allein die optische Revolution aufgriffen, kondensierten und in eigenen Szenen auslebten. Aus der optischen Auflehnung des Punk wurde durch die New Romantics eine auf das äußerlich reduzierte Selbstdarstellung.
Nachbeben
Im Juli 1982 öffnete das Batcave seine Pforten und nahm auch einen Teil derer auf, die sich im Blitz-Club zu Hause fühlten und nach neuen musikalischen Herausforderungen suchten. So war der englische Club vielleicht die optische Geburtsstätte des Goth, denn hier mischte sich Punk mit New Romantic während auf der Bühne Siouxsie Sioux, Marc Almond, Robert Smith, Nick Cave, Boy George und Danielle Dax weitere visuelle Eindrücke beisteuerten.
Auch bei Modeschöpfern hinterließen die Szene ihre Spuren, so griffen Modemagazine wie i-D und The Face den Stil auf 3 und schleppten ihn so auch immer wieder in Szene der 80er Jahre. Heute findet man die Idee des New Romantic in der japanischen Visual Kei, Manga und Anime Szene wieder, die die schrill bunten Ideen aus England begeistert aufgriffen und für sich vereinnahmte. Im Zuge der Revialbewegungen zu Beginn der 00er wird auch immer wieder auf den optischen Fundus dieser kurzen Zeit zurückgegriffen, die trotz ihrer Oberflächlichkeit einen wichtigen Grundstein im ästhetischen Ausdruck der 80er Jugend hinterließ.
Einzelnachweise
- Die meisten Protagonisten des New Wave der frühen 80er lehnte diese modische Bewegung ab, Bands wie Depeche Mode, The Cure, Virgin Prunes, Yazoo, ABC oder auch die Simple Minds distanzierte sich von dem modischen Phänomen[↩]
- Artikel zu New Romantic auf de.wikipedia.org, abgerufen am 29.10.2010[↩]
- Streetstyle: From Sidewalk to Catwalk, Zitiert auf der Hompage von Scathe Demon: A History of Goth – New Romantic[↩]
Der Artikel ist echt gut geworden – inzwischen habs auch ich geschafft mir die kleine Doku mal ganz anzusehen.
Die New Romantics haben mich ja auch schon immer irgendwie fasziniert, und in gewissem Sinne sind sie auch für mich eine Inspirationsquelle. Ich würde sagen, generell trifft das wohl auf sämtliche Schwarzromantiker irgendwo zu, auch wenn sich nicht alle dessen bewusst sind. Lediglich der etwas science-fiction-lastige Auswuchs scheint heute zu fehlen – soweit ich weiß gab es für die New Romantics auch den Begriff „Futurists“ – so wenn man in die Richtung Klaus Nomi schaut, rein vom Stil her. Blos ganz so arg knallbunt gehts dann oft auch nicht mehr zu :D
Genauso wie 1981 haben die Schwarzromantiker ja die gleichen Vorwürfe: Oberflächlichkeit und elitäre Poseure.
Auf manche mag das sicher zutreffen … doch irgendwie ist das immer ein zweischneidiges Schwert. Und eins das mich mehr und mehr persönlich betrifft – in gewisser Weise ;)
Wie Du schon geschrieben hast waren ja auch etliche Modedesigner bei den New Romantics vertreten und haben da sicher eine willkommene Basis gefunden auf der einmal ihr exzentrisches Äusseres nicht nur willkommen war sondern auch einen Nährboden findet für neue Kreationen. Wenn man nicht zumindest ein Minumum positives Feedback hat, dann gibt man recht schnell seine Träume auf, was freilich schade ist.
Auch sich selbst als lebendes Kunstwerk zurechtmachen ist irgendwo Kunst, Selbstausdruck, da wirds zugegebenermaßen sehr schwierig wo Geltungsdrang dahinter ist oder wirklich die Freude am so-sein wie man halt gerne mag.
Ein wneig oberflächlich ist sicher jeder, die Frage ist ob es unter der Oberfläche dann weitergeht oder ob da nichts mehr ist :)
Freilich weiß ich nicht wie es bei den ursprünglichen New Romantics war, meine Erfahrungen geben nur das wieder was ich so erlebt habe, könnte mir aber denken daß auch da Parallelen da sind.
Würde ich behaupten ich hätte bei der Erstellung des Artikels nicht an Dich gedacht, würde ich lügen. Bei der Definition der Oberflächlichkeit geht es mir um die, die nicht anders können, die das ganze nur dazu benutzen sich zu produzieren. Die Grenzen sind da fließend, das merkt man auch heute noch und nicht nur bei den Schwarzromantikern. Persönlich halte ich jedoch nichts davon zu pauschalisieren und habe versucht immer erst ein Bild vom ganzen Menschen zu bekommen bevor ich urteile, obwohl das Ergebnis manchmal ernüchternd und manchmal erhellend ist. Die positiven Eindrücken entschädigen jedoch für vieles, was du so schon als „elitäre Poseure“ bezeichnet hast.