Doku: Wie viel Tod gehört zum Leben?

Wie normal kann der Tod sein? Dieser Frage geht eine dreiteilige ZDF-Dokumentation nach, die seit dem 24. März in der Mediathek zu finden ist. Man möchte herausfinden, wie man sich aktuell mit dem Tod auseinandersetzt und beleuchtet die Themen Suizid und Palliativmedizin, spricht mit Bestattern und Psychologen und versucht einen Blick auf Formen der Trauer zu dokumentieren.

Das ZDF bereitet mit Leon Windscheid, einem Psychologen, das Thema Tod auf. „Rund eine Million Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr, 3.000 pro Tag. Doch meist wird der Gedanke an den Tod verdrängt. Warum ist das so?“ Ist das denn so? Allein beim Blick in die Nachrichten ist das Thema doch allgegenwärtig. Schafft man es unter dem Dauerfeuer der Berichterstattung überhaupt, den Tod zu verdrängen? Und wann bricht diese Mauer der Verdrängung? Schauen wir, was die Doku bringt, die sich in jedem Teil einer anderen Facette des Todes widmet:

Kapitel 1 – Warum Suizid uns alle angeht

Das Sprechen über Suizid gilt immer noch als gesellschaftliches Tabu. Damit will Familie Kelter brechen. Vor zehn Jahren verliert sie ihren damals 19-jährigen Sohn Nico.  Psychologe Leon Windscheid spricht in der ersten Folge der Staffel „Wie viel Tod gehört zum Leben?“ mit den Kelters über den schmerzhaften Verlust und die Folgen bis heute. Und er geht der Frage nach, welche Warnsignale und Risikofaktoren es für Suizid gibt.

Das Statistische Bundesamt belegt, dass jährlich mehr Menschen durch Suizid sterben, als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen zusammen. Warum der Suizid uns alle angeht, liegt möglicherweise an diesem Satz: „Das Ansprechen suizidaler Gedanken kann Leben retten. Viele Betroffene erfahren eine Entlastung, weil jemand das Tabuthema offen anspricht und zuhört.

Kapitel 2 – Gibt es gutes Sterben?

Inhaltlich geht es hier um Palliativmedizin und um die Menschen, die wissen, dass sie der Tod jeden Tag treffen könnte. „Der Tod wird von den meisten Menschen verdrängt. Doch was ist, wenn man ihm nicht mehr ausweichen kann? Wie leben Menschen mit ihrem nahenden Tod? Und gibt es gutes Sterben? Um diese Fragen zu beantworten, trifft Psychologe Leon Windscheid in der zweiten Folge die todkranke Nadja Seipel und begleitet Palliativpflegerin Michaela Bayer bei ihrer Arbeit.“ Ja, diese Einblicke sind durchaus emotional berührend und zeichnen in gewisser Weise ein friedliches, gefühlvolles Bild vom Tod. Carla Fliegner, die die meisten wohl als Ratte kennen, ist mit 52 Jahren in so einer Pflegeeinrichtung gestorben.

Die Frage bleibt für mich jedoch unbeantwortet, da sie auch viel zu individuell ist, um sie mit einem simple „ja“ oder „nein“ abzuschmettern. Die Komplexität zwischen Palliativmedizin und Sterbehilfe und zwischen Leid und Erlösung ist viel zu groß, um eine abschließende Antwort zu finden. Für mich jedenfalls.

Kapitel 3 – Der Tod ist mein Job

Bestatter ist ja der vermeintliche Traumberuf für Grufties. Meine Erfahrung kann das allerdings nicht bestätigen. Luis Bauer saß schon als Vierjähriger neben seinem Vater im Leichenwagen und zählt jetzt zu den jüngsten Bestattern der Branche.

Im Jahr 2023 starben in Deutschland laut statistischem Bundesamt mehr als eine Million Menschen. Aber kaum jemand in unserer Gesellschaft möchte sich mit dem eigenen oder dem Sterben nahestehender Menschen auseinandersetzen. Warum fällt uns das so schwer?

Nachtrag

Erst jüngst erlangte das Thema „Tod“ eine neue Bedeutung, als Elizabeth, eine Spontis-Leserin und das einzige italienische Mitglieder der Spontis-Family überraschend gestorben ist und ich bei einer Beerdigung eingeladen war, bei dem das Leben des Verstorbenen so abrupt endete, wie damals bei Kämpfer, dem Szene-Urgestein und Besitzer des „Art of Dark“.

Es fühlt sich in diesen Situationen an, als wäre der Tod ein Arschloch, der völlig willkürlich das Leben von Menschen beendet hat, die meiner bescheidenen Meinung nach noch eine ganze Weile diesen Planeten bereichert hätten. Machen wir uns nichts vor, jeden von uns kann es treffen und nicht immer stützt sich der Tod auf ein lange gelebtes Leben oder bringt eine lange Zeit des Verarbeitens mit, sondern kommt abrupt und unvorhersehbar.

Ich habe allerdings festgestellt, dass die Beschäftigung mit dem Tod – wie es in der Szene möglicherweise üblicher ist, zwar die Neugier stillt und auch den Umgang mit dem Thema verändert, aber noch lange nichts an dem ändert, was der Einzelne empfindet, wenn er dann jemanden verliert. Emotionen sind eben doch stärker als Logik, Wissen und Fakten.

 

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Wizard of Goth – sanft, diplomatisch, optimistisch! Der perfekte Moderator. Außerdem großer “Depeche Mode”-Fan und überzeugter Pikes-Träger. Beschäftigt sich eigentlich mit allen Facetten der schwarzen Szene, mögen sie auch noch so absurd erscheinen. Er interessiert sich für allen Formen von Jugend- und Subkultur. Heiße Eisen sind seine Leidenschaft und als Ideen-Finder hat er immer neue Sachen im Kopf.

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Gruftfrosch
Gruftfrosch(@gruftfrosch)
Vor 19 Tagen

Lieber Robert, danke, dass du mich bzw uns auf diese Reihe aufmerksam gemacht hast. Das Thema Sterben betrifft uns zwar alle, das Thema Suizid aber geht bei mir noch mal besonders ins persönliche Umfeld. Ich fand im Übrigen sehr beeindruckend wie klar Frau Seipel und vor allem ihre Tochter (!) mit ihrem baldigen Lebensende umgeht.

Zu deinem letzten Absatz war auch die Antwort des Bestatters erhellend. Alles scheint routiniert, aber sobald jemand aus dem persönlichen Umfeld dort liegt, ändert sich auch für ihn alles.

Für mich, der letztes Jahr seine Mama verabschieden musste und sie tot aufgefunden hat, war es diese Sendung auch ein bisschen therapeutisch. Ich hatte sie damals noch gedrückt, gestreichelt und mit ihr gesprochen, bis der Bestatter sie abgeholtt hat. Einfach erschütternd, wie seltsam es sich anfühlt den Körper eines gelibeten Menschen zu berühren, den man irgendwie immer noch als warm „erwartet“ und der dann doch so schrecklich kalt ist….

P.S. Fast schon skurril war allerdings die Scheu vieler (aus Aberglauben?!) sich nicht in den Sarg legen zu wollen.

Maren
Maren(@milk)
Antwort an  Gruftfrosch
Vor 19 Tagen

Gruftfrosch, danke, dass Du diesen schmerzlichen Moment vom Auffinden Deiner Mama hier teilst. Ich habe fast die ganze Nacht bei meinem Papa neben dem Bett gesessen. Wir wollten ihn dort die Nacht lassen, bis der Bestatter kam.
Meine Mama lebt noch, ist aber schon recht alt und ziemlich gebrechlich. Es ist mir bewusst, dass uns nicht mehr unendlich viel Zeit bleibt. Dein Erlebnis hat mir noch einmal gezeigt, wie unglaublich wertvoll die verbleibenden Momente mit ihr sind. Ich wohne weiter weg, deswegen fände ich es schön, wenn ich bei ihr sein könnte, wenn es an der Zeit ist.

Maren
Maren(@milk)
Vor 19 Tagen

Vielen Dank für diesen bewegenden Beitrag. Besonders nahe ging mir der Einblick in das Schicksal von Frau Seipel und ihrer Tochter. Die Vorstellung für mich , mein Kind hier zurückzulassen, ist für mich im Moment am schlimmsten, da sie mich noch braucht. Umgekehrt aus Kindesperspektive habe ich es schon erlebt, wenn ich da auch schon etwas älter war.
Beim Thema Suizid wurde ich durch die Zahlen nochmal aufgeschreckt. Bisher war ich davon eher „nur“ indirekt betroffen, d.h. ich kannte diejenigen nicht persönlich, die sich das Leben genommen hatten, oder ich kannte sie nicht gut, sondern nur die, die mit ihnen befreundet waren. Nur ist mir in zwei Fällen berichtet worden, dass es überhaupt keine Anzeichen gegeben hätte. Für mich heißt das, man kann nur hoffen, dass man wach genug ist, um wahrzunehmen, wenn sich bei einem Mitmenschen der Blick auf sein Leben dahingehend verdüstert, dass er diesem ein Ende bereiten will.
Deinem Nachtrag  Robert , kann ich nur zustimmen, denn ich habe ebenfalls schon mehrfach erlebt, dass der Tod einige Menschen abrupt und viel zu früh geholt hat und dadurch der Welt einen wundervollen Menschen entrissen hat.
Für mich ist die theoretische Beschäftigung mit dem Tod in teilweise ästhetisierender Form auch etwas anderes, als der reale Verlust eines geliebten Menschen. Für mich persönlich bleiben da Wunden zurück, mit denen ich leben kann, die aber nie ganz verheilen werden.

Letzte Bearbeitung Vor 19 Tagen von Maren

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