Es ist bedauerlich, aber leider bleiben einige imaginäre Plätze auf dem Wave-Gotik-Treffen neben mir leer. Denn nicht alle Menschen der schwarzen Subkultur, die ich gerne treffen würde, kommen nach Leipzig. Private oder berufliche Verpflichtungen, schlechte Finanzlage, angegriffene Gesundheit oder schlichtweg keine Lust auf den schwarzen Rummel. Die Gründe sind vielfältig und können jeden irgendwann erwischen. Die Meisten kommen sowieso irgendwann zurück. Bin eben Optimist.
Glücklicherweise hat der MDR ein Herz für die Daheimgebliebenen und Verweigerer, denn über das gesamte Pfingstwochenende ist das Programm mit Sendungen gespickt, die sich irgendwie mit dem WGT und der schwarzen Subkultur beschäftigen. In der Wochenschau hatte ich ja schon auf das Web-Special des Senders hingewiesen, auf dem es nach wie vor interessante Artikel zu lesen gibt. Die wichtigsten Sendungen während der Pfingsttage habe ich hier zusammengetragen, in den abendlichen und lokalen Nachrichtenmagazinen des MDR wird es daneben auch sicher was zu gucken geben.
Daheimgebliebene, Verweigerer und Leser sind aufgefordert, schon direkt nach dem anschauen die Sendungen hier zu zerreißen, zu loben oder zu kommentieren. Ich erbitte mir ein wenig Zeit mit einem ausführlichen Review, denn ich bleibe nicht zu Hause ;)
Donnerstag, 12. Mai 2016 um 22:05 MDR – artour – 25 Jahre in der schwarzen Szene
Im Kulturmagazin „artour“ fällt der Startschuss zur MDR-Berichterstattung. Die Sendung stellt die Band Goethes Erben vor, dessen Sänger Oswald Henke sich in seiner Laufbahn zunächst als Krankenpfleger versuchte, bevor er 1989 die Band gründete, die zu den WGT-Pionieren gehört. Die Geschichte des WGT soll ebenfalls beleuchtet werden: „Die Leipziger tolerieren die schwarze Szene nicht nur, sie heißen sie willkommen. Geschäfte werden entsprechend dekoriert, die Spielstätten passen ihre Programme an, die Schaulustigen schießen Fotos und die Teilnehmer werfen sich in Pose. Wir blicken zurück auf 25 Jahre WGT!“
Donnerstag, 12. Mai 2016 um 22:35 MDR – Mein Leben in Schwarz
Als mich eine gewisse Anna Schmidt zu Beginn des Jahres anschrieb, ob ich bei der Suche nach Protagonisten für eine Dokumentation helfen könnte und ob ich nicht sogar selbst Lust hätte vor der Kamera zu stehen, entschied ich mich dafür, meine Hilfe bei der Suche anzubieten und das Rampenlicht zu meiden. Letztendlich bin ich dann doch irgendwie in die ganze Sache reingerasselt. Bei der Hochzeit meiner Freunde Matthias und Freyja, die ich überredet hatte bei der Dokumentation mitzumachen, sind wir uns dann über den Weg gelaufen. Ich und die Kamera. Glücklicherweise nur am Rande und ganz bestimmt bin ich auch nicht zu sehen, aber was soll’s. Mitgefangen, mitgehangen.
Nun ist soweit. Am Donnerstag läuft die Doku „Mein Leben in Schwarz“ über meinen Freund Ronny und das frisch gebackene Ehepaar Freyja und Matthias im Fernsehen. „„Schwarzsein“ bedeutet für Ronny, Freyja und Matthias Leben. Anders wollen und können sie nicht. Die Reportage taucht ein in eine Welt voller Extravaganz und Mystik. Ein Leben zwischen Konventionen und der Sehnsucht nach vergangenen Welten und Zeiten.“ Ihr könnt Euch ein bisschen vorstellen, dass ich aufgeregt bin. Wir werden sehen! Am 05. Juni wird die Sendung übrigens wiederholt, dann sogar in einer vermutlich längeren Fassung. Ihr verpasst also nichts und außerdem stehen Euch die Mediatheken rund um die Uhr zur Verfügung. Und wenn alles vorbei ist, dann werde ich ebenfalls berichten.
Samstag, 14. Mai 2016 um 18:45 – Glaubwürdig: Mareike Greb
Für mich ist das nichts, die Sache mit der Religion. Mareike Greb fühlt sich jedoch zur Szene und zu Gott (dem christlichen) hingezogen. Auf dem WGT gibt es mittlerweile so eine Gothic-Christ Veranstaltung, inklusive Messe. Find ich jetzt nicht so dolle und hat meiner Meinung nach auch nichts mit Gothic und Szene zu tun, aber Mareike sieht das anders, denn für sie gehört beides sehr wohl zusammen: „Das Denken derjenigen, die in den Gottesdienst kommen, ist weit mystischer, als das selbst im katholischen Gottesdienst der Fall wäre. Das heißt, sie brauchen eigentlich eine andere Bildsprache, eine typische Gothic-Ästhetik. (…) Und sie brauchen ein ganz persönliches Erleben. Sie brauchen keine Bibelauslegung, keine theologische Abhandlung, was dieser oder jener Satz sagen soll.“ Ob sich die 5 Minuten Sendung lohnt, entscheidt ihr.
Sonntag, 15. Mai 2016 um 17:35 – Ein schwarzes Fest für alle
Meine Erwartungshaltung ist ausgewogen. Die Ankündigung der halbstündigen Sendung ist dürftig und spricht von ihrer Wortwahl nicht unbedingt mein dunkles Gemüt an. „Extravagant“, „Unterhaltend“, „Bildgewaltig“ – So könnten auch die Überschriften der Boulevard-Presse garniert sein. Immerhin. Die Begriffe „Lebensstil, Kunst, Kultur, Karneval und Tourismus-Clou“ reißen es dann wieder etwas raus. „Alle Jahre wieder legt sich sanft eine Patschuli-Wolke über die Stadt und eine schwarz-schaurig-schöne Invasion zieht die Leipziger in ihren Bann. Ob man will oder nicht, man muss hin schauen. Und wir gucken nicht weg: Die MDR-Reporter sind unterwegs beim 25. Wave-Gotik-Treffen. Auf der AGRA, dem Südfriedhof, im Clara-Zetkin-Park und im Stadtmuseum treffen sie Goths, Einheimische, Veranstalter, Mitwirkende und Wissenschaftler. Sie probieren „schwarz“ im Selbstversuch und erzählen, wie die einstige Jugendkultur „erwachsen“ geworden ist, warum das WGT einem Familientreffen gleicht und wie die Leipziger das extravagante Treiben erleben.“
Ein Tipp zum Schluss: Das MDR Radio hat bereits einige Beiträge zum besten gegeben. Mit dabei: Todessehnsucht, Peter Murphy und Umfragen. Wer hören will, klickt hier.
Auf die Dokumentation von Freyja und Matthias bin ich mal sehr gespannt. Ich kann mir kaum bessere Protagonisten für die Repräsentation unserer Subkultur vorstellen. Ich habe Freyjas Youtube Kanal vor kurzem Entdeckt und finde ihn sehr gut gelungen und äußerst authentisch.
Matthias habe ich vor einigen Jahren ein paar mal besucht, und auch in ihn habe ich hier vollstes Vertrauen und stehe absolut hinter ihm.
Solange der MDR da nicht irgendwas vollkommen verpfuscht hat sollte da etwas Gutes bei rumkommen.
Da werde ich nach dem passenden Stream Ausschau halten, denn ich besitze seit…*grübel*…über 16 Jahren kein Audiovisuelles Gerät mehr (Bis auf den PC ^^ ).
Als Hinterbliebener, öhm, Zurückbleiber werde ich mich hier mit dem Mainzer Hauptfriedhof zufriedengeben. Zumindest heute Nacht wieder einmal. Zwar gibts hier keine Bands, aber an Musik fehlt es nicht *G*
Ich wünsche allen viel Spaß :)
Habe mir die Doku gerade angeschaut um etwas abzuschalten und muss sagen, dass ich sie für wirklich gelungen halte. Die Protagonisten sind eine vortreffliche, wenn natürlich auch nicht als repräsentativ anzusehende Auswahl und in vielem von dem, was sie erzählen, finde ich mich wieder. Natürlich kommen mal wieder die Klischees zur Sprache, aber das wird wohl nie verschwinden. Ich denke, der MDR hat da alles in allem einen guten Job gemacht. Bleibt mir nur, allen Dreien alles Gute auf ihrem weiteren Lebensweg zu wünschen.
Noch ein schönes Zitat aus diesem Film vom Herrn Aster zum Thema, wie er Goths charakterisieren würde: „Es Freidenker, es sind Leute, die versuchen, sich ihre Welt zu schaffen, also wirklich schöpferische Geister. (…) (und) habe wirklich die interessantesten Menschen eben da getroffen.“
hier meine alljährlichen WGT-Gedanken.
https://www.freiepresse.de/freiheit-im-dunkel-artikel9517563
Ich fand den Auftakt in Belantis überraschend stimmig – weil er gezeigt hat, dass die Szene im Kern weder zu vereinnahmen noch von Außenstehenden zu verstehen ist. Diese MDR-Großoffensive finde ich dagegen irgendwas zwischen befremdlich und zum Schmunzeln. Sie geben sich zwar massiv Mühe – dringen aber doch nie ins Innere vor. Das ist
@Dr. Fusselpulli: Ich fand die Doku recht gelungen. In Kürze wird es hier auf Spontis einen ausführlichen Review geben. Vor allem , weil am 5.6.2016 nochmal eine längere Version gezeigt wird.
@Jimmy: Wir fanden es sehr schön ;) Ich hoffe, der Mainzer Hauptfriedhof konnte passenden Ersatz leisten und der PC hat den Stream zur Doku entsprechend wiedergegeben.
@Svartur Nott: Das finde ich auch. Ich bin gespannt, wie die Langfassung im Juni aussehen wird und werde entsprechenden darüber einen Review verfassen ;)
@((tim)): Findest du tatsächlich, dass sich die Szene nicht vereinnahmen lässt? Ich bin da sehr unsicher. Es geht vor allem um den Gedanken der Außenwirkung. Jahrelang haben wir uns als harmlos, ganz normal und spaßorientiert dargestellt was dazu führte, dass Hausfrau Erika Muster nun wirklich nichts mehr dagegen einzuwenden hat, sich am WE in einen schwarzen Fummel zu hüllen und auf die nächste Grufi-Party zu verschwinden. Uns plagen, so auch in deinem Artikel, Nachwuchssorgen. Und Erika Muster ist nicht der Teil der Szene, den ich meine. Natürlich, du hast recht und auch in deinem Artikel sehr gut beschrieben, wir lassen uns nicht vereinnahmen. schaffen uns unsere eigene Welt und unsere eigenen Rückzugsorte. Sollte man die nicht schützen? Ist Belantis nicht wieder ein Schritt zur Öffnung in Richtung Mainstream?
@ Robert @ Svartur Nott – das stimmt am 5.6. kommt diese Reportage auf ARD – aber es wird keine Langfassung – sondern es werden Szenen heraus genommen und einige neue dazugefügt. Wie zb. unser gemeinsames Treffen , also ich mit Matthias und Freyja.
Ansonsten muss ich noch anmerken , das es schon etwas Stress mit dem Sender gab , da sie aus der Reportage Szenen heraus geschnitten hatten und diese für eine andere Sendung verwendet hatten. Dies ist aber alles geklärt !
Und bitte nicht jedes gesprochene Wort auf die Goldwaage legen , aber ich denke mal ( wenn ich jetzt für mich spreche ) , habe ich gar nicht so viel Unsinn von mir gegeben … hoffe ich zu mindestens ^V^
Danke für die Info, Ronny. Schade, ich dachte man würde sich zu einer Langfassung durchringen können. Und keine Panik, es wird keine Wort auf die Goldwaage gelegt, weil es da einfach nicht hingehört. Vielmehr soll es um das Handwerkliche der Sendung gehen und um die Fragestellungen an sich. Und es bleibt dabei: Die Doku ist und bleibt gut. Daran ändert auch meine Rezension nichts ;)
@ Robert & Ronny Rabe: Ausgezeichnet, dass es einen Review auch darüber geben wird. Und auch die alternative Sendung werde ich mir dank Mediathek anschauen :). So kam ja, wenn ich mich recht erinnere, ein Treffen Von Ronny, Freya und Matthias in der ersten Sendung gar nicht vor… Guggn we mal.
So, jetzt stelle ich auch mal meine Meinung zur Sendung da. Ich fand sie ziemlich gut, die Arbeit der Reporter war ausgezeichnet. Meckern auf hohem Niveau, meiner Meinung nach hätte man an einigen Stellen doch etwas den Focus auf die Äußerlichkeiten zugunsten eines noch detailierteren Persönlichkeitsfocus wählen können, aber ich muss hierbei zugeben, dass dieser gewünschte stärkere Tiefsinn von mir eher ein Wunsch ist, ein projeziertes Selbstbild auf die Szene die in ihrer Realität doch auch sehr Oberflächlich sein kann. Der Bericht spiegelt daher ein authentischeres Bild ab als jenes welches ich bevorzugen würde.
@Ronny, der Beitrag hat mir durchaus sehr gefallen, das mit dem Sarg fand ich aber Grenzwertig. Nicht weil ich den Sarg an sich grenzwertig halten würde, sondern eher weil das auch hätte schief gehen können. Dem Wohlwollen und der guten Arbeit der Journalisten ist es zu verdanken dass dieser Bericht so gut und Authentisch geworden ist wie er ist. Aus dem gleichen Material hätte sich auch etwas erstellen lassen in dem unsereins als die letzten Idioten dargestellt werden. Insgesamt waren durchaus einige Szenen dabei, bei denen es dem Einen oder Anderen effektheischenden Journalisten sicher in den Fingern gekribbelt hätte.
@Dr. Fusselpulli
Zunächst einmal Danke . Klar hätte ich das eine oder andere anders machen können , aber es ist nun mal jetzt so und .
Das mit dem Sarg war meine Idee und ist ja auch gut umgesetzt worden. Zwar gab es letzte Woche einige Probleme deshalb , da dieses Szene in eine andere Sendung eingefügt wurde – aber das konnte ich alles klären , bevor es irgendwo im netz umher geht.
Und ich hatte volltest vertrauen zu dem Team – da es eben keine RTL scheiße ect. war/ist.
@Svartur Nott
Stimmt – unser Treffen kommt erst in der Sendung am 5.6.um 17.30Uhr auf ARD
@Robert
Ich bin schon mächtig auf deine Rezension gespannt ;-)
Kurze Antwort… die dann doch lang wird und in die Breite geht: Ich finde diese Doku gelungen. Die Dokus im allgemeinen werden bzw sind immer besser. Arte hat auch eine gute Doku zur Szene FR/BRD gemacht. Selbst die Regionalsendungen des WDR, NDR, MDR berichten mittlerweile in ihrer kurzen Zeit und ihren „kleinen“ Journalisten von Mera, WGT, Amphi… und das immer, auch wenns manchmal skurril wirkt wenn zB im Bericht ein nicht Grufti sich gruftig verkleidet (ja, in dem Fall passt der Begriff total), positiv. Auch werden Konzerte, zB vom Mera, aufgezeichnet und zum Teil sogar live, oder Mal zwischendurch Abends/Nachts gezeigt. Ich denke grade den positiven Effekt, das die Szene gezeigt, erklärt, bekannter wird, dürfen wir nicht übersehen. So werden „Missverständnisse/negative Erfahrungen“ … wie aktuell bei Matthias und Feya, reduziert. Ich denke in Deutschland können wir aktuell mit den Medien und deren Effekt sehr zufrieden sein…. mit ein Grund warum ich mit „früher war alles…“ nichts anfangen kann. Früher wars medial mit der Szene oft für die Tonne, und so mancher Junggrufti hätte gerne das sein Umfeld medial vielleicht ein anderes Bild zu sehen, hören, lesen gehabt hätte.