Das Depeche Mode Konzert in Ost-Berlin, das am 7. März 1988 in der Werner-Seelenbinder-Halle stattfand, war für die meisten Besucher ein unvergessliches und surreales Erlebnis. Für 5 Freunde, die damals das Konzert besucht haben, sollte 35 Jahre später noch ein weiteres Erlebnis dazukommen. Ein Roadtrip in die USA, um einige Konzerte der Memento Mori Tour 2023 zu besuchen.
Ende November 2023 flogen Andreas, Thomas, Ronald, Uwe und Joel in die USA, um vier Konzerte der Band zu sehen. Für sie sind Depeche Mode eine Band, die sie schon ihr Leben lang zusammenschweißt, die sie geprägt hat. Die Reise beginnt in Las Vegas und von dort mit einem gemieteten Van nach San Francisco, San Diego und Los Angeles. Ihr Erlebnisse und Begegnungen halten sie in einem überraschend eindrucksvollen und bildstarkem Film fest.
Vom falschen Koffer am Flughafen, über einen Auto-Einbruch, bei dem Kamera-Equipment gestohlen wird, durch die zerklüftete Landschaft des Death Valley, bis in die Schneebedeckten Wälder des Yosemite National Parks. Ja, da kann man beim Zuschauen schon neidisch werden, vor allem weil die Reise nicht nur dokumentarisch großartig aufgearbeitet ist, sondern auch mit eindrucksvollen Fotos festgehalten wird. So eine Reise durch die USA fänd ich auch enorm spannend – übrigens genau auf derselben Route.
Allerdings für mich ohne die große Anzahl von Konzerten, denn als ausgesprochener Soziophob scheue ich derartige Menschenaufläufe über einen längeren Zeitraum. Dann schon lieber Wüste, Schnee und eindrucksvolle Städte.
Wird ein Roadtrip eigentlich durch den Trip legendär oder die Erinnerung daran? Ich bin der Meinung, dass so ein schönes Video den Legendenstatus einer Reise pauschal auf über 70% hebt, weil es einfach nur die Augenblicke aneinanderreiht, an die wir uns gerne erinnern oder über die wir im Nachhinein schmunzeln. Ich glaube, ich schreibe das auf meine Bucketlist, direkt neben dem Eintrag der USA-Reise. Eine anständige Video-Dokumentation daraus zaubern. Oder so ähnlich.
Wenn man eine Videodokumentation seiner Reise macht muss man aufpassen, dass die Reise nicht in Arbeit ausartet und man selbst von der Reise nichts hat und diese erst im eigenen Video aus der Ferne erlebt.
In der Tat. Das ist ein schmaler Grat zwischen Erleben und Erinnerungen schaffen. Bei einem USA-Aufenthalt 2010 habe ich „zuviel“ erlebt und zuwenig Erinnerung geschaffen, jetzt kann fehlen mir so langsam die ersten Stücke einer wirklich tollen Reise an die Ost-Küste. Daher kommt wohl mein Wunsch, die nächste Reise, die ich irgendwann machen möchte, besser zu dokumentieren.
Nicht nur eine wunderbar authentische Doku über Fantum und Depeche Mode, sondern auch ein inspirierender Film über Freundschaft.
Freundschaften über einen so langen und veränderungsreichen Zeitraum sind wirklich selten (geworden?). Meist bröckelt sowas auseinander, wenn sich die gemeinsame Basis ändert, wenn zum Beispiel einer der Freunde Depeche Mode nicht mehr so toll findet.
…oder wenn Familien gegründet werden – das ist bei sehr vielen der Grund, warum Freundschaften schleifen gelassen werden und im Sande verlaufen.
Ja, das stimmt auch. Das ist übrigens auch für viele ein Grund, es mit der Szene „ganz sein zu lassen“ oder zumindest zu pausieren.
Meinst du mit pausieren, einfach nicht mehr aktiv sein im Sinne von keine Schwarzen Veranstaltungen besuchen oder Schwarz komplett sein lassen, also auch optisch und so? 🤔
Persönlich finde ich es etwas seltsam, wenn Leute mit dem Schwarz pausieren. Meiner Auffassung nach ist man auch Schwarz, selbst wenn man jetzt nicht ständig schwarz feiern geht. Zum Schwarz sein gehört ja weitaus mehr als nur das 🤔. Und wenn man mit Fleisch, Blut und Seele Schwarz ist, kann man auch nicht Mal ebenso damit aufhören, es steckt ja in einem drin… zumindest sehe ich das so 🤔.
Ja, so meine ich das. Eine Beobachtung, die ich schon öfter gemacht habe. Familie, Karriere und neue Lebensziele geht für den ein- oder anderen auch damit einher.
Für einige ist „Gothic sein“ eben nur ein Lebensabschnitt, eine Mode, eine Freizeitgestaltung oder ein Hobby. Nenne es, wie du willst. Ich mache mir nichts vor, denn ich stütze das auf viele Bekanntschaften in den letzten Jahren. Die haken Gothic einfach ab. Frei nach dem Motto: „War ’ne geile Zeit, was kommt jetzt?“
Für andere, die in Gothic tatsächlich ein bisschen mehr sehen als Musik, Kleidung und Interessen, nämlich die darin sich selbst, ihre Gefühle und Gedanken wiederfinden und die Inhalte der Musik berühren, ist das sicher mehr. Aber auch da gibt es Pausen, in dem die Aktivität „runtergefahren“ wird. Spreche da aus eigener Erfahrung. Angefangen als Schulhof-Grufti bis Anfang 20, dann lange Zeit eine Richtung gesucht. Auch optisch. War Raver auf der Mayday in Dortmund und hab mit Gasmaske auf einer Gabber-Party in den Niederlanden getanzt. Aber immer dann, wenn es „ernst“ wurde, bin ich auf das zurückgefallen, was mich ausmachte. Hab nie aufgehört, „Gothic“ zu hören oder Friedhöfe zu besuchen. Beispielsweise. Und irgendwann — 2009 glaube ich, bin ich dann wieder „zurückgekehrt“.
OK!
Für mich persönlich ist es immer etwas schwer nachzuvollziehen. Ich habe mich nie in einer anderen Szene „bewegt“ als der Schwarzen und vorher war ich einfach „Stino“. Ich hab mich einfach innerhalb des Schwarzen Beckens ausgetobt.
Nicht nur an dich, auch an die anderen:
Persönlich kann ich das mit dem Pausieren sehr gut nachvollziehen. Ich hab quasi meine ganzen 20er pausiert. Es war einfach eine sehr erlebnisreiche und aufregende Zeit, in der ich viel ausprobiert habe, mich nicht einschränken, in keine „Schublade“ stecken wollte. Sogar das „Stino“- Sein, wollte ich mal probieren, leider war ich nicht sehr gut darin ; )
Auch ich hab Ende der 90er/ Anfang der 2000er den einen oder anderen Rave besucht, war auf queeren Parties, Indie Parties und auch immer mal wieder auf Gothic Parties. Ich habe die Zeit sehr genossen, es hat mich echt bereichert, das ich andere Subkulturen und Szenen kennengelernt habe.
Es ist total legitim mal über den Tellerrand zu schauen oder zu pausieren, aus welchen Gründen auch immer. Wenn die Liebe und die Verbindung zur Szene groß genug ist, wird man immer wieder zurückkehren : )
Und wenn nicht ist das auch total ok, man ist kein besserer Mensch weil man immer und ewig schwarz unterwegs war. Authentisch sein kann auch bedeuten, das man es zulässt wenn das Gruftidasein sich nicht mehr oder temporär nicht richtig anfühlt.
Schade ist es nur, wenn man dann plötzlich mit den alten Leuten/Freunden bricht, so ganz ohne Erklärung.
Damals ™ gab es so viel, dass man blind und taub hätte sein müssen, um es einen unberührt sein zu lassen. Als junger Mensch sich dem zu entziehen war unmöglich. Von daher waren und sind IMHO immer noch viele eher part time Goth. Ich weiß, in solchen Runden sammelt sich meist eher der harte Kern. Aber der größte Teil ist nun mal nicht so fixiert. Goth ist nur Teil ihres Lebens, sind aber nicht komplett von diesem eingenommen. Da passiert es nun mal, dass man für eine Weile mal andere Schwerpunkte hat, bzw in eine andere Lebensphase kommt. Ich kenne einige die, neben anderem, Goth mögen, die aber keine Goth sind, sich aber ab und zu an den WE gerne in schwarz werfen und dann ne Runde über eine schwarze Tanzfläche schieben. Auch solche sind Teil der Szene und ich würde behaupten, ein großer Teil sogar. Ohne diese FreizeitGoth gäbe es keine schwarzen Clubs wo sich Goth treffen können, weil der Markt für den kleinen harten Kern zu klein wäre. Ohne Treffmöglichkeit gibt es auch keine Szene. Somit sind alle Teil der Szene, die FreizeitGoth, die 24/7 VollblutGoth (also der harte Kern) und die LebensabschnittsGoth.
Tanzfledermaus , Robert , graveyardqueen , um die Übersicht zu wahren versuche ich es mit einer Antwort an alle. Pausen von „Schwarz“ würde ich es jetzt nicht nennen, zumindest, wenn ich mich für mich spreche.
„Und wenn man mit Fleisch, Blut und Seele Schwarz ist, kann man auch nicht Mal ebenso damit aufhören, es steckt ja in einem drin…“
Dem stimme ich zu. Jemand hat neulich auch zu mir gesagt, dass einem das Düstergen in die Wiege gelegt wird. Dennoch gibt es Zeiten wo es nicht so richtig zum Tragen kommt. Ich habe das nicht als bewusst gewollte Pausen angesehen, sondern als Zeiten der Entfremdung von mir selbst. Und diese Entfremdung war mit Schmerz verbunden. Dazu rechne ich jetzt nicht meine Zeit als Hippie zwischen schwarzer Parkszene als Teenie und schwarzer Küchenszene als Studentin, denn da bin ich auch gegen den Strom geschwommen. Nein, ich meine Zeiten, in denen ich von Hormonschüben überwältigt wurde, die „Schwarz“ nahezu unmöglich machen oder Zeiten der beruflichen Orientierung in einem zunächst ziemlich spießigen Umfeld.
Punkt 1: Hormonschübe während der Schwangerschaft. Bevor es mich selbst traf, hat es mich auch befremdet, mit ansehen zu müssen, wie die Coolste aus der Parkclique plötzlich ganz in ihrer Kleinfamilie mit Krabbelgruppe und Kuchenbacken aufging. Heute muss ich zugeben, dass auch meine Gehirngänge nicht ganz von der Verstopfung mit Babypuder und Pastinakenbrei frei waren. Dennoch fühlte ich mich in der Gesellschaft anderer Mütter deplatziert.
Punkt 2: Job: Ich hatte richtig Schwierigkeiten, mich da rein zu finden. In dieser Zeit drohte mein schwarzes Herz auch zu verkümmern. – Der Weg zu sich selber zurück ist gar nicht so leicht, obwohl man spürt, dass etwas fehlt, aber ich hatte Glück. Ich bin auf einer Stelle gelandet, wo ich viele Freiheiten in Bezug auf mein Äußeres und mein Handeln habe. Dort traf ich auf einige Kollegen, die auch nicht so ganz ins Lehrerbild passten. Sehr hilfreich auf meinem Weg zurück waren düstere Bilder, die einer meiner Kontakte auf seinen WhatsApp- Status gestellt hatte. Ich kommentierte mit Morrison Zitaten und Zeilen von den Lakaien. Mein schwarzes Herz begann wieder hörbar zu schlagen!
Maren, ich musste sehr schmunzeln bei Deiner Formulierung der von Babypuder und Pastinakenbrei verstopften Gehirngänge…. you made my day! :-D
Meine Schwester, die früher extrem gruftig war, etwa 10 Jahre lang von Anfang der 90er bis kurz nach der Jahrtausendwende, kam es auch zu einer äußeren Totalabkehr von der Szene und völligem Aufgehen in der Mutterrolle – aber die Musik hört sie immer noch und sie hat auch immer noch ein Foto von früher im Portemonaie dabei, das sie auch anderen zeigt.
Kurz vor der Pandemie war sie mal bei mir in Berlin und wir waren tanzen – daraufhin wollte sie eigentlich einmal im Monate zu dieser Party herkommen, weil es ihr so gut getan hat, mal wieder schwarz auszugehen (sie wohnt inzwischen in Schleswig-Holstein auf dem Land, da ist weit und breit kein dunkles Angebot). Aber dann kam die Pandemie… und seitdem wurde in der Richtung gar nichts mehr geplant. Sie spricht nicht mehr darüber, aber hat immer wieder „down“-Phasen und ich weiß nicht, ob es da vielleicht einen Zusammenhang geben könnte, weil sie außer der Ehe/Mutterolle und ihrer Arbeit gar nichts eigenes mehr hat und macht.
Immer ausschließlich für die Familie/Arbeit zu funktionieren, kann auch die eigene Persönlichkeit unterdrücken und verkümmern lassen… Wie viele erleben es, wenn die Kinder groß sind oder die Rente näher rückt, dass sie nicht mehr an alte Freundschaften anknüpfen können, neue Freunde suchen und sich selbst erstmal wieder neu finden müssen… Sich immer nur ausschließlich auf eine Sache zu fokussieren, ist für eine Weile okay, aber auf Dauer sollte man schon sehen, dass man selbst nicht auf der Strecke bleibt, Ausgleich zum Alltag und für die Seele findet und seine engeren Kontakte pflegt… unabhängig von Szene, sondern einfach das, was einen vor dieser Situation als Menschen ausgemacht hat bewahren.
„..einfach das, was einen vor dieser Situation als Menschen ausgemacht hat bewahren.“ Das bringt es noch einmal sehr treffend auf den Punkt!