Während die Gruftis am Pfingstwochenende 2013 ihre 22. Zusammenkunft in Leipzig zelebrierten, waren wieder zahlreiche Redakteure, Journalisten, Kamerateams und Fotografen damit beschäftigt, den Rest der Welt über genau diese Tatsache zu informieren. Sie schrieben, befragten, recherchierten, fotografierten und filmten, was sich 4 Tage lang in Leipzig ereignete und berichteten über das größte Gothic-Treffen in Leipzig. Der Zenit scheint jedoch überschritten, das Interesse an der schwarzen Subkultur scheint weniger zu werden. Die Anzahl der Berichte ist überschaubar, die meisten überregionalen Zeitungen bemühen eine kurze dpa-Meldung, setzten vorgefertigte Floskeln zusammen oder sind gänzlich verstummt. Für die „Welt“, die „FAZ“, die „TAZ“ oder auch die „Zeit“ ist das Wave-Gotik-Treffen schon lange kein interessantes Event mehr. Die Gesellschaft hat sich Gothic erklärt, es gibt keine Fragen mehr, die Mitglieder sind harmlos, ihre Interessen auch nicht gefährlich. Der Boulevard macht aus dem Treffen eine sexy Modenschau, die Privaten höchstens noch eine Reality-Soap. Vielleicht ist auch sonst viel mehr passiert auf dieser Welt. Schlimmeres, schrecklicheres, furchtbareres. Auch der subjektive Eindruck bestätigt diesen Trend, das Treffen 2013 ist „normaler“ also sonst, was durchaus positiv gemeint ist, haben die fetten Jahre doch tiefe Narben im Gefüge der Gruftis hinterlassen. Schauen wir mal, wie das Treffen gesehen wurde.
Kommerzpunk
„Das Festival hat sich ohne Frage zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in der Stadt entwickelt“, sagt Rita Fleischer gegenüber der Leipziger Volkszeitung und meint damit 4,2 Millionen Euro Umsatz für die Stadt Leipzig. Im Schnitt, so die Zeitung weiter, gibt jeder Gast 22,90€ pro Tag aus und das nur für Essen, Trinken, Taxifahrten und Einkäufe in Leipziger Geschäften. Die Dehoga in Leipzig meldet bereits am Donnerstag, dass kaum eines der 14.000 zur Verfügung stehenden Betten in Leipzig leer bleibt, offenbar steigt die Zahl der Hotelbewohner von Jahr zu Jahr kontinuierlich. „Ein Garant für volle Häuser ist das WGT in jedem Jahr auch für die Hotels. Die IHK geht davon aus, dass rund 13 Prozent der 20.000 WGT-Besucher, also rund 2600, in Herbergen übernachten. Bei einem durchschnittlichen, von der IHK geschätzten Bettenpreis von 70 Euro und vier Übernachtungen ergibt das insgesamt 728.000 Euro Umsatz.“ Höchstwahrscheinlich wird jedoch viel mehr mit den Besuchern verdient, denn neben den gezählten Karten-Inhabern spülen auch die unzähligen Besucher ohne Bändchen, die vielen Künstler und Gäste eine große Rolle. So schätzt man, dass etwa 15 Millionen Euro durch das WGT im Jahr in der Stadt umgesetzt werden. So hätte das WGT die gleiche Bedeutung wie die Buchmesse, die in einer ähnlichen Liga spielt. Wo soll das alles noch hinführen?
Mit Sicherheit spielt auch die Kreativität der Leipziger einer Rolle, jeder Laden, der etwas auf sich hält, kehrt seine schwarze Seite heraus. Bei Valentino gibt es schwarze Nudeln, bei Hans-Bernd Günther in den Höfen am Brühl gibt es Cupcakes mit Corsage, die Pinguin Milchbar hat schwarzes Eis, der Mytholon Store auf der Emilienstraße bietet 15 Sorten Honigwein und im Kellergeschoss des Hauptbahnhofes konnte man sich im „gruftigen Ambiente“ fotografieren lassen. (LVZ, 17. Mai 2013)
Nomen est Omen – Bild dir Deine Meinung
Die BILD wird nicht müde, sich Überschriften für das WGT auszudenken. „Leipzig freut sich auf die Grufti-Inavsion“ (Bild vom 15.05.2013), „Bleichenschau beim Grufti-Treffen“ (18.05.2013), „So sexy feierten die Gruftis in Leipzig“ (BILD vom 18.05.2013) oder „Leipzig wieder im Grufti-Fieber Schwarzer Freitag!“ (Bild vom 17.05.2013) um sich ganz nebenbei auch an schrecklichen Zusammenfassungen zu versuchen. „Ein wenig morbid, ganz viel schwarz und verdammt heiß. Gruftis in engen Korsetts, Neofolks in aufwendigen Kostümen“ Wer ist in aufwendigen Kostümen, Neofolks? Glücklicherweise gibt es Dr. Made, so wie der 42-jährige Mark Benecke genannt wird, der in der Bild erklärt, was es mit den ganzen Kostümen auf sich hat. Zum Beispiel die roten Viktorianer: „Die „Alternativen“ in der Reifrockszene: „Wer sich absetzen will, trägt alles – außer schwarz.““ In einer Bild-Serie erklärt er 14 an der Haaren herbeigezogene Stile, wie die „Biotechniker“, „Sexy Gothics“ oder die „Elfen“. Natürlich war Bild auch hautnah dabei, wie Stefan Ackermann 7 Hirnblutungen überlebte und sich vom Sterbebett zurück auf die Bühne kämpfte. „Sänger vom Sterbebett zurück auf die Bühne – Grufti-Wunder beim Wave Gotik Treffen in Leipzig“ (Bild vom 15.05.2013)
Herrje, was wären wir ohne die Bild-Zeitung und ihren knallharten Qualitätsjournalismus. Und trotz aller Ironie steht viel mehr zwischen den plakativen Zeilen als man denkt, so fasst beispielsweise folgendes Zitat aus der Bild vom 18.05.2013 das viktorianische Picknick sehr gut zusammen: „Der Leipziger Mike Möbes (47) und seine Frau Manuela (48) sind gekommen, um sich und ihre aufwendigen Kostüme zu präsentieren. „Wir haben gar kein Festival-Ticket, wir wollen uns nur verkleiden und gesehen werden.““
Kitsch, Kostüme und Karnevalisten
Viele Zeitungen nehmen jedoch ganz andere Schwingungen wahr, die der Realität deutlich näher stehen. So fragt die Münchener Abendzeitung „Ist das noch schön?“ und bemerkt: „Ein Ärgernis für einige Besucher ist allerdings, dass einige Szenemitglieder sich in Fantasie-Uniformen kleiden, die denen der Nazis sehr ähnlich sehen.“ Überhaupt geht es anscheinend nur um sehen und gesehen werden. Die TLZ berichtet in einem Artikel von Anita (78) und Oswald (82), die Pfingsten damit verbringen die Besucher zu beobachten: „Sie sitzen auf einer Bank vor der Einlasskontrolle – die Kühltasche ist mit dabei – und erfreuen sich am Anblick der Menschen. „Es gibt hier so wunderschöne Kleider zu sehen, die Leute zeigen soviel Fantasie und Kreativität“, sagt Anita Oswald. Eher zufällig gerieten sie im vergangenen Jahr aufs Wave-Gotik-Treffen – und konnten sich nicht satt sehen. Diese Jahr haben sie Tochter und Enkeltochter mitgebracht, die ein Foto nach dem anderen schießt – von Männern mit Science-Fiction-Brillen, Mädchen mit Zombie-Kontaktlinsen oder Familien in mittelalterlichen Gewändern.“
Der MDR hat passend dazu eine Abstimmung in Leben gerufen und fragt: „WGT – Szene-Treff oder Kostümfest?“ Eine berechtigte Frage. Schon jetzt stehen die Fotografen in Zweierreihen vor der Moritzbastei und an der Agra lauern unzählige Objektive auf ihren nächsten Abschuss. Wen wundert es, ist das WGT doch mittlerweile als große Show in Reisetipps etablierter Magazine avanciert.
In der Leipziger Volkszeitung vom Dienstag, den 21. Mai 2013 hat Lars Schmidt sich ein wenig intensiver mit dem diesjährigen Treffen beschäftigt. Kritisch und ohne jede Polemik bringt das 22. WGT auf den Punkt: „Freitagnachmittag. Clara-Zetkin-Park. […] Inzwischen ist es kein Subgruppen-Meeting mehr, sondern ein von beiden Seiten inszeniertes Aufeinandertreffen von Voyeuren und Exhibitionisten. Nicht schlimm, so lange es beide Seite wollen, auch kein Ausverkauf der Szene-Werte. Es bildet nur eine Facette der schwarzbunten Gothic-World ab. Wenn auch jene, die von den meisten wahrgenommen wird, wozu die Schnappschussjäger der Medien das Ihrige beitragen.“ In seinem abschließenden Satz heißt es: „Es wird manchmal vergessen, dass die Gothic-Kultur in bewusster und konsequenter Abwendung von der zeitgeistigen Spaßgesellschaft entstanden ist und sich noch heute so sieht. Freundliche Akzeptanz durch Mehrheiten ist eigentlich der sicherste Garant für den Untergang einer alternativen Bewegung. Bleibt zu hoffen, dass Gothic auch diese Gefahr übersteht.“
„Die Trauer soll ein Ende haben“
Die Christen interpretieren das WGT auf ihre ganz eigene Weise, so schreibt PRO, das christliche Medienmagazin: „Poetisch und doch klar hallt die Botschaft von vorne. „Die Predigt ist kein Plädoyer für Depression und Niedergeschlagenheit.“ Jedoch könne eine „gesunde Traurigkeit Zugang zu einem Alltag sein, in dem das Mystische und Geheimnisvolle wieder eine Rolle spielt.“ Am Ende steht ein Vers aus dem 20. Kapitel des Propheten Jesaja, welchen die Besucher an einem Band um eine Kerze auch mit nach Hause nehmen können: „Deine Sonne wird nicht mehr untergehen und dein Mond nicht den Schein verlieren; denn der Herr wird dein ewiges Licht sein und die Tage deiner Trauer sollen ein Ende haben.“ Gothic und Christ sein, kann man das überhaupt?“ Vielleicht missioniert die Kirche ja ihre verloren gegangenen Schäfchen aus der Szene heraus, die alles morbide feiert, sich für den Tod begeistert und überhaupt lieber trauert als sich freut. Wer dennoch möchte, informiert sich bei Gothic Christ über die Idee des Ganzen.
Dabei brauchen wir überhaupt keine Moralaposteln. Wir sind braver denn je, das bestätigen auch die Leipziger Krankenhäuser, die trotz der schwarzen Massen nicht viel zu tun gehabt haben. „Das Wave-Gotik-Treffen mit mehr als 20.000 Besuchern aus aller Welt mitten in der Stadt könnte vermuten lassen, dass Ärzte und Kliniken am Festival-Wochenende alle Hände voll zu tun haben. Doch typische Szene-Verletzungen gebe es nicht, berichtet Gießner. Selbst Unfälle mit hochhackigen Schuhen oder Probleme wegen der schwarzen Roben bei großer Hitze seien äußerst selten, weiß der 49-Jährige. „Das WGT ist immer easy und entspannt“, berichtet er.“ (LVZ, 17.05.2013)
Der MDR hat zudem noch einen kurzen Bericht zum WGT gedreht, denn ich euch nicht vorenthalten möchte, darüber hinaus könnte ich noch einen russischen Beitrag anbieten, für dessen Verständnis ich aber leider nicht genüge. Sollte es die nächsten Tage mehr zu berichten geben, wird es hier zu lesen sein. Das Fazit spare ich mir dennoch nicht: Es wird ruhiger um und während des Treffens in Leipzig. Und das ist gut so. Sinkt das Interesse, wird auch die Anzahl der Karnevalisten kleiner, denn wo keiner guckt will auch keiner gesehen werden. Wäre doch ein schöner Gedanke, wenn die aufgebrezelten Schauläufer ziellos vor der Moritzbastei auf- und ab laufen und verzweifelt versuchen auf einer Chipkarte gespeichert zu werden, oder?
Nachtrag: Der MDR hat wieder zugeschlagen und eine 30-minütige Reportage aus dem Ärmel geschüttelt. Der Schnitt durch die existierende Szene ist breit und schmeckt sicherlich nicht jedem, doch im Kern gibt es dennoch etwas zu entdecken. Bis auf die infantil bis alberne Reporterin ein interessanter Bericht, auch wenn es für die Meisten um die Verkleidung geht. „Man muss auch ausblenden können“, sagte eine gute Freundin zu mir. Klappt ganz gut, ignoriere ich das, was mir nicht gefällt, bleiben zwar nur 5 Minuten Bericht über, aber was soll es denn.
Danke! Das spart mir das Aufsuchen der Seiten und schont den Google-Algorithmus. Ich muss nicht erwähnen, dass mein WGT ganz anders war, als es die Medien beschrieben haben?
Heyho,
ersteinmal muss ich mich entschuldigen, dass ich das Spontis-Treffen verpennt habe. Ich hätte euch super gern mal kennengelernt.
Ich find’s echt elendig, wie sehr wir angegafft werden.
Hatten die Woche über die Eltern meiner Freundin zu Besuch, die sich durch uns schon etliche Zeit mit der Thematik auseinandersetzen.
Selbst die haben sie sabbernden Herren gestört, die Fotos machen um vermutlich abends sill und leise vor’m PC zu sitzen.
Ich freute mich immer etwas, wenn ich das Agragelände betreten konnte. Da wirkte es eher familiär, etwas abgeschirmt.
Auch ich mag den Gedanken, dass es durch verlorengehendes Interesse wieder ruhiger wird.
Trotz alledem ein schönes Treffen, fern ab vom spießigen Alltag.
Ach, ich seh das allmählich echt nicht mehr ein… wo übers WGT bereichtet wird, wird immer über den tollen wirtschaftlichen Faktor erzählt, aber nichts und wieder nichts über die musikalischen und kulturellen Beiträge, die rund um das Treffen stattfinden. Als ginge es bei dem ganzen Ding nur ums Geld. Schade. Einer der kürzesten und schlechtesten Beiträge. Ich würde mich wenigstens freuen, wenn mal wieder behauptet würde, die „Gothics“ seien ganz arg schlimme Bösewichter, Satanisten, Salafisten oder Salamisten oder was auch immer… das wäre herzlich spannender anzuschauen…
Kein Bericht, dafür ein gelungenes Interview, wie ich finde:
Danke, Robert, für die Zusammenfassung, dann muss ich selbst nicht mehr suchen, wie man das WGT auch bzw. komplett anders beschreiben kann, als ich das tun würde :D
Sorry, dass ich trotz Ankündigung doch nicht beim Spontis-Treffen war… Vielleicht nächstes Jahr, denn eines hat dieses erste WGT für mich ganz sicher geschafft: Dass ich noch mal hin will. Ein ausführlicheres Fazit meinerseits gibt’s dann im anderen Beitrag.
Zum Pressespiegel: Seltsam, was die Münchener Abendzeitung da schreibt. Ich hätte ehrlich gesagt mit viel mehr Uniformierten gerechnet, gerade bei dafür prädestinierten Bands wie Darkwood ;) War aber gar nicht mal so.
Und, naja, was das Fazit von Herrn Schmidt angeht: Er hat zwar recht, aber die freundliche Akzeptanz findet doch m. E. eher an der Oberfläche statt. Das Knipsen und bestaunen der Karnevalisten und hübsch Ausstaffierten, eben. Schlimm wird’s erst, wenn irgendeine der beim WGT auftretenden, unbekannteren Bands mal in den Charts steht ;)
LVZ Lars Schmidt: Ten points!
Stimme deinem Fazit voll und ganz zu. Ich hoffe auch sehr, dass dieser ganze Fasching zurück geht, bei den Cybern ist der klarer Abwärtstrend der letzten Jahre ja auch weitergegangen, jedoch ist die ganze „Spießer/0815“ Fraktion immernoch viel zu stark ;)
Am lächerlichsten finde ich das ewige Rechtfertigen der Aufgetackelten mit Sätzen, wie „Ich arbeite als z.B.Sprechstundenhilfe oder im Altersheim, deswegen darf ich nur hier so sein!“ Dieses ewige Anbiedern, auch noch in der Freizeit,im Job ist das ja nachzuvollziehen, aber Privat? Bin übrigens 45, in meiner doch recht alternativen Jugend hat das keinen interessiert, wo und ob man arbeitet, deswegen werde ich so eine Kommerz und Massenveranstaltung meiden und nur mehr von außen beobachten. Schön,wenn man sich in Leipzig ein Hotelzimmer und Eintrittskarten leisten kann. Es gibt auch eine andere Seite von Leipzig, aber das interessiert hier sowieso keinen. Schönen Tag, ist genau wie bei den toten Hosen, da gehts auch nur um die Kohle.
Was ist den daran „rechtfertigen“, wenn man auf die Frage, was man beruflich macht, antwortet? Mich persönlich interessiert die andere Seite von Leipzig sehr wohl, obwohl ich mir eine Eintrittskarte leisten kann. Oder meintest Du damit die Medien?
Ich verstehe dieses Argument mit dem „Kommerz“ ehrlich gesagt nicht. Das WGT wird nicht aufdringlich von irgendeiner Biermarke gesponsert, wie es bei anderen großen und auch mittleren Festivals mittlerweile üblich ist. Trotzdem kosten die Eintrittskarten für das Gebotene doch erstaunlich wenig. Wenn ich mal gegenrechne, was ich für mein Eintrittsgeld so alles bekommen habe (13 Konzerte, Museen, Fahrt mit dem ÖPNV,…), finde ich das sogar erstaunlich günstig.
Und als „Massenveranstaltung“ habe ich das WGT eigentlich nur am agra-Gelände, im HeiDo und im Kohlrabizirkus erlebt. Bei ersteren beiden sollte man wissen, worauf man sich einlässt, und man muss ja auch gar nicht da hin. Und letzteres, nun ja, bekanntere Bands ziehen eben mehr Besucher an, das ist auch mehr eine Binsenweisheit. Ich meine, ich bin ja sehr dafür, unbekanntere Bands zu unterstützen und kennenzulernen, aber gerade das ist doch beim WGT möglich. Allein, wie viele Leute sich von Predominance begeistert zeigten, ohne die Band vorher gekannt zu haben, spricht wohl dafür (und da sowie bei Arktau Eos war es erstaunlich voll, dafür, dass ich die Bands als eher unbekannt eingestuft hätte).
Und zur „anderen Seite“ von Leipzig: Wie viele der Alternativveranstaltungen neben dem WGT fänden wohl auch ohne das WGT genau so statt…?
Oh mein Gott… die Charts, wie schrecklich (Ironie)… man sollte mal einen Artikel darüber verfassen, worin sich alle Argumente Pro/Contra-Charts einreihen. Ich will nier nicht wieder mit dem Gutmenschen-Argument kommen, dass Musiker auch von etwas leben wollen, aber Musik und somit auch Kunst ist nun mal nicht auf eine „Szene“ einzugrenzen. Aber wahrscheinlich passt hier das Lied „Die Gedanken sind frei, keiner (aus der Stino-Welt) darf sie erraten“. Kleinkindhaft und unerwachsen ist dieses Gemosere. Man sollte eigentlich froh sein, wenn man in der „Öffentlichkeit“ auch mal etwas anderes hören kann als dieses ewige „Cro“ und „Shakira“-Gedöns…
Darum liebe ich die 80er.
Ne ganze Menge – übers Jahr gesehen. Da braucht es nicht Zwangsweise das WGT. ;-)
@Ian: Gut, dass du (Ironie) schreibst, der Smiley da am Ende meines Satzes hat ja durchaus seinen Sinn… ist auch nicht so, dass ich nur Musik höre, die maximal fünf andere Leute (inklusive der Musiker selbst) kennen ;)
Axel: Nun, ich könnte jetzt argumentieren, dass das WGT eben den Boden für Veranstaltungen fürs ganze Jahr bereitet ;) Oder dass man die andere Seite ja auch gut zum WGT kennenlernen kann (blöderweise habe ich z. B. die Blaue Stunde völlig verpennt, im übertragenen Sinn. Gerade Donnerstag hätte sich das sehr angeboten). Ich halte diese grundsätzlich negative Sicht aufs WGT eben für überzogen, aber jeder wie er oder sie will…
Ich denke auch, dass Leipzig ohne WGT nur halb so schwarz wäre. Auch viele Veranstaltungen, die neben dem WGT während der Pfingsttage stattfinden leben von den Besuchern, die das Treffen in die Stadt spült. Ich behaupte, dass es auch viele Läden und Clubs, die Leipzig so bietet, ohne das WGT nicht geben würde.
Das WGT ist – bei aller Kritik – eine der besten Veranstaltungen überhaupt. Was man für den Preis einer Eintrittskarte geboten bekommt, sucht seinesgleichen, ganz sicher.
Tobikult: Nein, das musst Du nicht erwähnen, ich glaube die Meisten hier haben das WGT völlig anders empfunden ;) Diese gewisse Form der Berichterstattung gehört dazu und ehrlich gesagt würde mir etwas fehlen, wenn die nicht mehr wäre.
Da möchte ich ganz dezent auf das Tanz & Folkfestival in Rudolstadt verweisen. Sicher, es hat eine buntere Zielgruppe und es wird ein anderes Genre geboten (Alternative Folk, Weltmusik, u.ä.). Aber die Eckdaten sind ziemlich ähnlich:
– Über 100 Bands aus aller Welt reisen an
– Es geht 4 Tage
– Die Veranstaltung findet in ganz Rudolstadt statt mit 20 Bühnen, vielen Locations, etc.
– Jedes Jahr kommen im Durchschnitt 70.000 Besucher aus aller Welt.
– Es finden nicht nur Konzerte statt sondern eben so auch Ausstellungen, Workshops, Lesungen, etc.
Hier finde ich aber die Preisgestaltung fairer:
– Eine Dauerkarte kostet 64€; diese gilt für alle Veranstaltungen
– Ganz wichtig: Es gibt Tageskarten
Mit Kosten für Zeltplatz und Parken kommt man auf ca. 100€. Was durchaus als fair zu betrachten ist. Aber der große Vorteil ist: man braucht nicht unbedingt ne Karte für 4 Tage, sondern es gibt eben auch Tageskarten.
Für mich persönlich hat das TFF aber auch einen ganz anderen Reiz: das breit gemischte Publikum. Wann immer ich in den letzten Jahren da war, habe ich so viele unterschiedliche Menschen kennengelernt: von Gothic über Metaller bis hin zu Folkfreaks, „Alternative“ und allgemein aufgeschlossene Menschen. Da herrscht eine Atmosphäre vor, die ich bisher wirklich nur beim TFF so erlebt habe. Ich kann das garnicht so sehr in Worte fassen – man muss das mal mitgemacht haben. Nirgendswo habe ich bisher erlebt, dass so viele extrem unterschiedliche Menschen zusammenkommen und einfach miteinander Spaß haben. Wo es eben nicht um „Sehen und Gesehenwerden“ geht.
Natürlich ist auch nicht das ganze WGT so. Aber das letzte Mal als ich da war, das war vor vier Jahren, hatte ich so ein Gefühl der… nunja, wie soll ich es beschreiben: alle waren sie im Stress, rannten von einem Event zum nächsten. Es gab zwar eben auch eine gewisse Lockerheit, aber es irgendwie „verkrampfter“. Gerade bei Konzerten habe ich dann auch festgestellt, dass viele nicht richtig dabei waren – nicht richtig mitgegangen sind. Ich glaub das Wort „Ausgelassenheit“ habe ich gesucht: ich hatte immer das Gefühl, dass viele Menschen beim WGT nicht „ausgelassen“ waren.
Beim TFF habe ich das in den 5x, wo ich da war, immer anders erlebt. Das fängt schon an beim Programm. Man bekommt auch beim TFF ein ziemlich großes Programmheft. Und man sucht sich natürlich dort ein paar Highlights aus – klar. Hier habe ich aber viel mehr Menschen kennengelernt, die nicht wegen irgendwelchen Programmpunkten im Dauerstress waren. Sondern die einfach gesagt haben: „Ich lass mich einfach treiben – ich will zwar heute abend dort und dort hin; aber was bis dahin passiert – schaun mer mal“. Und für mich wirkte diese Herangehensweise auch entspannender auf die Stimmung. Und ich habe dort auch die Beobachtung gemacht, dass die Leute mehr bei Konzerten mitgegangen sind – sich mehr fallen liesen. Und das macht schon ein wenig den Unterschied aus ob das Publikum „cool dasteht“ oder einfach mitgeht.
Klar kann man das nicht verallgemeinern. Überall gibt es Solche und Solche. Aber wenn ich meine Beobachtungen und Erfahrungen von beiden Veranstaltungen miteinander vergleiche, dann machte das TFF auf mich immer einen offeneren und ausgelasseneren Eindruck. Und es ist eben preiswerter.
Mich interessiert aber kein Folkfestival und schon gar nicht die Musik, sondern ich will genau die Musik hören, die auf dem WGT für mich gespielt wird, nämlich Postpunk, Goth Rock und Dark Wave. Und ich will genau die Leute sehen und auf die Parties gehen, wo ich Leute treffe, denen genau diese Musik gefällt.
Genau darum fahr ich auch dies Jahr auf das ach so kommerzielle Amphi, weil da Alien Sex Fiend, die Fields, Anne Clarke und Phillip Boa and the Voodoclub an einem Ort zur gleichen Zeit auftreten, was einfach nur hammergeil ist.
Axel:
Meine Eindrücke vom WGT sind komplett andere. Ich treffe dort auf viele Menschen, die entspannt sind, kein festes Programm haben und immer für ein nettes Gespräch zu haben sind. Die von Dir angesprochenen gestressten Besucher mag es sicher auch geben, machen aus meiner Sicht aber nicht den Großteil aus. Aber dies ist wohl immer einem persönlichen Empfinden geschuldet.
So bin ich mir sehr sicher, mich in der bunten, ausgelassen feiernden Menschenmenge des von Dir angesprochenen Folk- und Tanz-Festivals überaus unwohl zu fühlen. Ganz unabhängig davon, dass das angebotene Programm auch kaum meinem persönlichen Geschmack entspricht. Ich könnte mir vorstellen, dass es einigen anderen Kommentatoren und Lesern ähnlich geht.
Warum findest Du die Preisgestaltung dieses Folkfestivals fairer?
Und wie stellst Du Dir das Angebot von Tageskarten beim WGT vor?
Das war doch nur ein Beispiel auf Roberts „Was man für den Preis einer Eintrittskarte geboten bekommt, sucht seinesgleichen, ganz sicher.“ – und nichts weiter. Da fiel mir das TFF ein, weil es von den Eckdaten durchaus ähnlich ist. Und für mich als Fan von Folk- und Weltmusik ist das TFF durchaus was besonderes. Weil man viele Bands sonst überhaupt nicht live sieht.
Ich finde die Preisgestaltung fairer, weil sie günstiger ist. Und vor allem weil es eben auch Tageskarten gibt.
Beim WGT ist es jetzt so, dass, wenn Du am Samtag oder Sontag dahin willst, Du an der Kasse trotzdem 89€ bezahlen musst. Ist das nicht ne ziemliche Abzocke? Da könnte man doch durchaus Tageskarten an der Kasse anbieten. Was wäre daran denn schwer umzusetzen? So wie es jetzt ist, ist es einfach realitätsfremd. Ich beispielsweise könnte schon wegen meinen Katzen keine 5 Tage wegfahren. Andere Leute müssen auch zu Pfingsten arbeiten und ähnliches.
Günstig = fairer? Entschuldige bitte, aber dieser These kann ich nicht folgen.
Thema Tageskarten: Du scheinst hierbei vollkommen die Kapazitäten der Veranstaltungsstätten zu vergessen. Wie soll das mit Tageskarten gehandhabt werden? Haben Tageskartenbesitzer Vorrang? Was meinst Du, wie viele Besucher würden nur wegen der Band X oder Y kommen? Und wie groß wäre das Geschrei, wenn diese Besucher dann „ihre“ Band nicht sehen könnten, weil die Örtlichkeit voll ist. Du sprichst doch hinsichtlich des Folkfestivals selbst die Atmosphäre an, die Dir dort scheinbar besser gefällt. Was meinst Du, was zahlreiche Tagestouristen für Auswirkungen auf die Atmosphäre des WGT hätten?
Den Verzicht auf Tageskarten als Abzocke zu bezeichnen, finde ich übrigens ziemlich zweifelhaft. Behauptest Du das auch bei anderen Dingen, die nur als Gesamtheit angeboten werden?
Nee, Axel, das war nicht nur ein Beispiel für Eintrittskartenpreise, sonst hättest du den ganzen Rest von wegen Atmosphäre, diversem Publikum und so weiter ja nicht erwähnt ;-)
Zunächst mal zu diesem Rest: Das habe ich beim WGT aber ganz anders erlebt. Ich bin ja selbst jemand, der sich im Vorhinein ein recht ordentliches Programm zurechtgelegt hat. Aber ich habe schon darauf geachtet, dass ich die Bands, die ich auch wirklich sehen will, stressfrei erreiche und immer etwas Luft habe, um Neues zu entdecken. Ich fühlte mich dadurch, zu wissen, wann ich zu nem anderen Ort wechseln will, auch gar nicht gestresst. Den Genuss der Konzerte hat es auch nicht wirklich eingeschränkt – wieso auch? Über das danach mache ich mir danach Gedanken ;) Gut, das betrifft nur mich, aber auch von anderen Leuten habe ich das so nicht mitbekommen. Das ging eher nach dem Motto „Wir wollten heute noch mal gucken, wer so im Kohlrabizirkus spielt“ als „Wir müssen jetzt schnell dahin“.
„Ausgelassenheit“ kommt halt auch immer aufs Gebotene an, meinst du nicht auch? Selbstverständlich ist niemand bei Dark-Ambient- oder ruhigeren Neofolk-Konzerten in dem Sinne „ausgelassen“, dass er sich großartig tanzend durch die Gegend bewegt. Das würde aber auch überhaupt nicht zur Musik passen. Bei diversen Metalbands oder Welle:Erdball dagegen ging es schon ganz gut ab, und die Stimmung würde ich durchaus als „ausgelassen“ bezeichnen. Da passt’s ja auch.
Das spricht meiner Meinung nach auch für die Bandbreite des Gebotenen auf dem WGT, in Sachen Diversität ist das schon sehr gut dabei (insbesondere, wenn man die ganzen klassischen Konzerte und Weiteres berücksichtigt). Selbst das Publikum war „gemischter“ als ich das erwartet hätte. Ja, die Leute liefen in Variationen von schwarz herum und ja, man konnte am Publikum schon erkennen, bei was für einer Veranstaltung man war (z. B. HeiDo vs. Predominance in der Kuppelhalle). Trotzdem waren eigentlich überall alle „Vertreter“ der „schwarzen Szene“ vorhanden, wenn man das mal so ausdrücken will. Dass das kein guter Bevölkerungsquerschnitt ist, sollte aber wohl klar sein, das will das WGT ja auch gar nicht sein. Wäre ja noch schöner.
Zum Thema Tageskarten: Da bin ich ein absoluter Gegner von. Was Tageskarten „anrichten“, sieht man schön (oder eben nicht so schön) im HeiDo, das macht keinen Spaß mehr. Wenn sich dann jeder seinen Tag und seine Bands heraussucht und jede der z. T. doch recht kleinen Veranstaltungsorte so aussieht, kann man das auch gleich sein lassen. Kein Wunder, dass es den Einlassstopp eben genau da gab, wo Tageskarten zu haben waren, im Dorf. (Gut, bei W:E hab ich so etwas auch gehört, weiß aber nicht, ob das stimmt). Und daran finde ich auch gar nichts „unfair“. Wieso auch? Pauschalpreise sind nun nichts so besonders Ungewöhnliches.
Nachtrag: Okay, Marcus war schneller bezüglich der Kartenpreise. Das mit dem Vorrang ist auch ein guter Punkt – weiß jemand, wie das im HeiDo geregelt wurde?
Da hast du absolut recht, Axel. Vor allem musste ich die Tage vor und nach dem Wochenende arbeiten und hätte nur 2 Tage Zeit gehabt. 89 €, das ist ganz schön viel für einen kleinen Leiharbeiter wie mich. Dennoch: Nächstes Jahr wage ich den Versuch nach Leipzig zu fahren.
Genauso wie Marcus sehe ich es auch. Das WGT gibt es nur im Sammelpack und das ist richtig so. Das bringt Nachteile mit sich, die Bands werden teilweise von Leuten besucht, die diese als „Lückenfüller“ sehen.
Aber auf der anderen Seite lernt man auch immer wieder was Neues kennen, was man sich so nicht angeschaut hätte. Alle Münchner ware ja bei „She past away“, aber weil ich the Spiritual Bat sehen wollte und später Skeletal Familly, habe ich dann noch Bloody Dead and Sexy kennengelernt.:)
Und She past awyay muss gar nicht so toll gewesen sein. Im Werk 2 war ich letztes Jahr auch fast den ganzen Abend mit Vendemmian und Sigue Sigue Sputnik. „Komischerweise“ habe ich teilweise genau die Leute dies Jahr wieder getroffen, die letztes Jahr da waren. Was wiederum bedeutet, dass man netten Kontakt hatte UND das Programm geniessen konnte.
So hat man auch nicht den Druck, möglichst „viel“ für seine Karte bekommen zu müssen.
Dann sollen die die Tickets eben Samstags und Sonntags nicht mehr verkaufen. Tun die aber. Und zwar zum gleichen Preis. Und das empfinde ich durchaus als Abzocke. Allein weil dadurch eben nicht die gesamtheit geboten ist.
Diee Tagestouristen gibt es doch auch so schon. ;-)
Dann müssen eben größere Veranstaltungsstätten her. Ist ja jetzt nicht so, als wäre die Moritzbastei das Größte in Leipzig. ;-) ODER man schrumpft das WGT auf eine gesunde Größe. Warum hat man an die 150 Bands da? Reichen denn nicht etwa 70, 80?
Zudem: andere Festivals kriegen das doch auch hin mit den Tageskarten.
DAS meine ich nicht. Ich meine diese Unsitte in der schwarzen Szene auf „obercool“ zu machen. Wenn ich bei einigen lese, auch bei Facebook, wie sehr manche Leute auf Konzerte einfach nur quatschen und anderen somit das Konzert versauen, dann frage ich mich durchaus, warum man dann überhaupt rein geht. Quatschen kann man doch draußen besser. Oder diese Unsitte, dass Teile des „schwarzen Publikums“ partout kein Applaus geben – sich hinterher dann aber wundern, warum die Band dann eben keine zugabe gibt. Alles schon erlebt – auch und gerade auf dem WGT.
So hohe Preise kann sich nun mal nicht jederman leisten. Was hat man davon? Die Besucher werden je nach Einkommen ausgesiebt und ich möchte nicht zehn Jahre lang sparen, nur um mal auf ein Festival zu können. Irgendwann besteht die Szene nur noch aus Besserverdienern und das nehmen die Veranstalter dann als Messlatte. Dann werden irgendwann noch Schilder an den Türen aufgehängt, frei nach dem MottO: „Hunde und Geringverdiener müssen leider draußen bleiben“. Und das ist extrem schade für eine Szene, die einst aus dem PUNK hervorgegangen ist. Ich erwarte auch nicht, dass man alles wie auf dem Flohmarkt für nen Appel und ein Ei bekommt, aber die Preislage sollte schon angemessen und nicht unverschämt sein, dass man sein halbes Monatsgehalt dort lassen muss: Im Durchschnitt lässt jeder WGT-Besucher ca. 500 € auf dem Festival, inklusive Hotel, Mahlzeiten etc.
Axel: Grufties amüsieren sich nicht :)
Und dieses Phänomen soll man also noch zusätzlich fördern? Wobei diese Tagestouristen eben eher im Heidnischen Dorf (wo es Tageskarten gibt) und bei anderen Veranstaltungen, die frei zugänglich sind (Stichwort: Viktorianisches Picknick), anzutreffen sind.
Also streichen wir alle kleineren Veranstaltungsstätten? Was bleibt dann übrig? Die Agra erreicht ja auch hin und wieder ihre Grenzen. Müsste also auch wegfallen. Was steht dann in Leipzig noch zur Verfügung? Das Stadion? Auf diese Atmosphäre würde ich mich dann aber riesig freuen.
Bitte nicht der Vergleich mit anderen Festivals. Bei Festivals, die an einem Ort stattfinden, ist es doch ein leichtes Unterfangen, Tageskarten anzubieten. Da gibt man beispielsweise 75 % der Kapazität dieser einen Örtlichkeit als Wochenendtickets aus und 25 % als Tageskarten. Fertig. Und wie machst Du das beim WGT? Nimmst Du die größte Location als Reverenz? Ok, dann gibt es trotzdem keine Tageskarten, weil die Anzahl der Personen, die in die größte Location passen, kleiner ist als die Anzahl derer, die ein Gesamtticket wollen.
Man kann aber auch zelten, sich selber verpflegen und seine Bierkisten von daheim mitbringen. Als junger Mensch habe ich das immer gemacht auf Festivals. Selbst jetzt hatten wir ’ne Ferienwohnung für 49,- die Nacht draussen in Leutzsch. Warum also Hotel??
Einzig und allein in den Veranstaltungsstätten ist man auf den Konsum angewiesen. Man kann also mit deutlich weniger Geld das WGT besuchen, wenn man will. Man MUSS keine 500,-€ ausgeben.
Das letzte Mal, dass ich bei einem Konzert von meinen werten Mitmenschen genervt war, weil sie quatschten, war bei nem Konzert von Rome und OTWATM in Berlin, bei dem ich so viele Nicht-Schwarze gesehen habe wie lange nicht mehr bei Konzerten solcher Art ;-) Ich wüsste auch gar nicht, was am Durchs-Konzert-Durchquatschen so besonders sein sollte, dass es vor allem in der schwarzen Szene vorkommen sollte. Auf dem WGT habe ich das so auch persönlich nicht erlebt (war eben bei den richtigen Konzerten ;-)), nur in der Kuppelhalle im Volkspalast dringt gerne etwas Lärm von draußen (also von der Bar und den Sitzgelegenheiten dort) rein, das ist aber eher ne Schwäche der Örtlichkeit denn Unverschämtheit der Anwesenden.
Das mit dem Applaus hab ich so auch nicht gemerkt, das fand ich eigentlich recht üblich. Mit der Zugabe allerdings schon, was aber wohl mehr am begrenzten Zeitrahmen lag.
@Ian: Du musst eben schon sehen, was du für den hohen Preis geboten bekommst. Wenn ich mir überlege, zumindest die Hälfte der WGT-Bands, die ich gesehen habe, einzeln bei Konzerten zu besuchen, wäre ich sicherlich deutlich mehr Geld losgeworden – ja, auch mit Unterkunft und Verpflegung, die brauche ich da ja auch. Und das ist eben die Alternative. Sicherlich ist das inklusive Unterkunft und Verpflegung kein wirklich billiges Unterfangen, aber das ist Urlaub (wenn man das so bezeichnen will) doch selten – also verglichen mit dem Alltag.
Und glaub mir mal, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni werde ich auch nicht wirklich reich ;-)
Warum sollte sich die Szene auch von der Gesellschaft großartig unterscheiden. ;-)
Mal was allgemeines: was ist an „Tagestouristen“ denn bitteschön nun so schlecht? Gehört man nicht dazu, wenn man etwa nur einen Tag Zeit hat? *Kopfkratz* Irgendwie ist mir das viel zu sehr „Elite-Denken“.
Na aber doch. Als Verbraucher und Konsument ist es mein gutes Recht diesen Vergleich anzustellen. ;-)
Na man kann ja zusätzlich bei den Headlinern eben noch die Stadthalle dazuholen. Oder man macht was ganz verrücktes: Freiluftkonzerte! Gibt in und um Leipzig noch genug ungenutzte Plätze, die man dafür nutzen könnte. Und bei den Mondpreisen, die die verlangen, wäre das sogar im Rahmen des finanziell möglichen. ;-)
Schrieb ich doch schon, man muss nur ins HeiDo gehen, um zu sehen, was am Konzept der Tageskarten schlecht ist :>
Magst Du das näher ausführen? Wie gesagt: ich war da jetzt vier Jahre nicht mehr da. Mal aus Zeit- mal aus Geldmangel. Häufig beides zusammen. :D
Okay, dann schildere ich meine Beobachtungen mal genauer…
Das erste und größte Problem, für das eigentlich niemand direkt etwas kann, ist, wie voll es mit Tagesgästen wird. Sonntag bin ich nur deswegen im HeiDo geblieben, weil ich mir Konzerte ansehen wollte. Ansonsten war es ein gemeinsames Schieben durch den Matsch… wenn man Wacken gerne hat, fühlt man sich vermutlich richtig wohl. Da war ich sogar deutlich lieber auf dem agra-Gelände. Und ich sagte ja schon, über einen Einlassstopp im Dorf wurde sogar in den Medien berichtet. Da, wo es keine Tagesgäste gibt, bekommt man das mit der richtigen Dimensionierung der Veranstaltungsorte wohl besser hin.
Das zweite Problem sind die Leute, die zumindest zum Teil da als Tagesgäste auftauchen. Man hat das Gefühl, halb Leipzig geht mal gucken, was diese seltsamen Leute in schwarz in ihrem Biotop denn so machen – und zum Gucken müssen Bälger samt überbreitem Kinderwagen, Hund und Spiegelreflex mit Objektiv als Penisersatz natürlich dabei sein. Ja, das ist jetzt alles natürlich ein wenig übertrieben. Trotzdem fällt dieser Teil des Publikums schon auf. Mir persönlich reicht das schon in der Innenstadt, auf dem Südfriedhof, vor der agra-Halle und nicht zu vergessen vor der Moritzbastei.
Elitedenken? Finde ich eigentlich nicht, wenn man weniger überlaufene Orte schön findet sowie nicht ständig vor Kameras rennen möchte (nicht, dass ich in Hemd und Jeans ein Fotomotiv wäre, aber das passiert trotzdem). Und selbst wenn: Es ist nun mal ein Treffen der schwarzen Szene (manch einem ist ja das schon zu breit gefächert) und kein allgemeines Happening für breite Bevölkerungsschichten – wäre ja auch irgendwie langweilig (und wer das mag, soll sich eben an oben benannten Orten aufhalten) ;-)
Nein, es ist natürlich nicht gesichert, dass es durch allgemeine Tageskarten dann überall so aussieht. Aber mir persönlich ist einfach das Risiko zu hoch, dass das eben doch passiert…
Aber Du sagtest ja sebst: eigentlich sieht es ja jetzt schon überall so aus: „Mir persönlich reicht das schon in der Innenstadt, auf dem Südfriedhof, vor der agra-Halle und nicht zu vergessen vor der Moritzbastei.“
Denkst Du denn, die Leute würden dann auch auf die Konzerte kommen. Das wage ich eher mal zu bezweifeln. ;-)
Es würde weiterhin die bekannten Orten geben, wo man eher „unter sich“ ist.
Und: ist das WGT wirklich noch ein „Szene-Treffen“? Den charakter hats doch schon ende der 90er verloren…
Na, es sieht eben nicht überall so aus, sondern nur an öffentlichen sowie halb-öffentlichen (HeiDo) Orten. Das reicht auch völlig aus ;-) Man stelle sich vor, die ganzen Spa… Fotografen vor dem agra-Gelände kämen auch weiter… brrr…
Und man muss den Charakter des WGT ja nicht noch mehr verwässern :> Ich weiß nicht, ob das noch ein Szene-Treffen ist oder nicht, ich wüsste jetzt auch gar nicht, welche Voraussetzungen denn dafür gegeben sein müssten. Es geht mir mehr darum, dass ein zumindest gewisses „Elitedenken“ bei einer Veranstaltung (auch) für eine Subkultur eben schon vorhanden sein sollte. Ja, es ist definitiv schade für diejenigen, die Interesse an einigen Bands haben und keine Zeit und/oder kein Geld für alle vier Tage haben. Wenn ich das aber mit den von mir befürchteten negativen Folgen von Tageskarten vergleiche, ist es mir so lieber. Einen Tod muss man sterben, wie man so schön sagt…
Urgh wenn ich schon allein diese ganzen fotogeilen Subjekte sehe, weiss ich wieder, warum ich nen grossen Bogen um das WGT mache
@Liz: Obwohl ich leidenschaftlicher Fotograf bin, gefällt mir das Bild, welches die von Dir so genannten „fotogeilen Subjekte“ abgeben, auch nicht. Allerdings finde ich nicht, dass dies prägend für das WGT ist. Zumindest nicht für „mein“ WGT.
Hast Du das WGT in der Vergangenheit besucht oder schon immer einen großen Bogen darum gemacht?