Millennial Punk – Subkultur in Zeiten der Digitalisierung

Der Südwestrundfunk hat mit der 4-teiligen Dokumentation „Millennial Punk“ die Subkultur in ihrer Entwicklung seit der Jahrtausendwende unter die Lupe genommen und zeichnet den Weg des Punks ins digitale Zeitalter nach. Was die Dokumentation sehenswert macht, sind vor allem die 69 Protagonist:innen, die sich nicht nur musikalisch dem Punk zuordnen, sondern vor allem auch etwas von ihren Erfahrungen zu berichten haben.

Die vierteilige Serie „Millennial Punk“ beweist in einer kurzweiligen Reise durch ein Vierteljahrhundert Deutschpunk das Gegenteil. Hier geht es im Gegensatz zu den meisten Dokumentationen nicht um die Ursprünge und das „Ende“ des klassischen Punkrock, sondern die Entwicklung der Subkultur in den Nullerjahren.
In der Doku Serie kommen fast siebzig Protagonist*innen der deutschen Punkszene zu Wort und erzählen chronistisch von ihren ersten Berührungspunkten mit der Subkultur und ihrer Vorstellung darüber, was das längst popkulturelle Phänomen Punkrock im neuen Jahrtausend für sie ausmacht. Es geht um das Internet, Politik und Aktivismus.

Es wird deutlich, dass Punk hier mehr als Lebenseinstellung wahrgenommen wird und der Gedanke des Punk durchaus unterschiedlich interpretiert wird. Dabei durchkreuzt die Dokumentation zahlreiche musikalischen Genre und Szenen, die im Gedanken des Punks vereint zu sein scheinen. Allerdings ist das alles sehr gut gemacht, spannend geschnitten und editiert und einfach eine spannende Reise durch die Zeit nach 2000. Dabei werden nicht nur Aktivismus, sondern auch Politik und das Internet im Allgemeinen.

(Das ist nur ein Zusammenschnitt, alle 4 Teile befinden sich hinter den Links weiter unten.)

Es wird deutlich, dass jede Entwicklung, sei sie nun politisch, gesellschaftlich oder popkulturell, im Punk musikalisch aufgegriffen und verarbeitet wurde, ungeachtet einer konkreten Spielweise, sondern eher mit einer gegensätzlichen Haltung. Allerdings gibt es stets ein wiederkehrendes Mantra, das jeder Szene hinter läuft. Mit Ende jeder Dekade wird Szene XYZ für tot erklärt, nur um dann im Humus ihrer eigenen Vergangenheit neu zu erblühen.

  • Folge 1: #THROWBACK – Nostalgie der Nullerjahre (S01/E01)
    Die Digitalisierung steckt zur Jahrtausendwende noch in den Kinderschuhen – viele der heute angesagten Punkbands ebenfalls. Akne Kid Joe, Erection und the Toten Crackhuren im Kofferraum berichten, wie sie damals – teils durch ihre Eltern – Bands wie Die Toten Hosen, WIZO und die Terrorgruppe für sich entdeckt haben. Die alten Helden schwelgen wiederum in Erinnerungen an eine Zeit, in der Punks noch gern gesehene Gäste im Musikfernsehen und bei Nachmittagstalkshows waren. Im Zentrum dieser Folge steht die Frage, wie Millennials zwischen Komasaufen, Tamagotchis und Skateboardfahren zum Punk gekommen sind.
  • Folge 2: #AKTIVISMUS – Die politische DNA von Punk (S01/E02)
    Neben der Musik verbindet Punks eine klare politische Haltung. In dieser Folge diskutieren u. a. die Broilers die Frage, warum Hip Hop für junge Menschen mit Migrationshintergrund attraktiver als Punkrock ist. Birgit und Horst Lohmeyer, deren Scheune 2015 von Neonazis angezündet wurde, berichten von ihrem Kampf gegen Rechts in Mecklenburg-Vorpommern. Der Iuventa-Kapitän Dariush Beigui erzählt von seinen Seenotrettungseinsätzen auf dem Mittelmeer. Tierschutz-Aktivistin Victoria Müller nimmt uns mit in die Ukraine, wo sie zurückgelassene Haustiere rettet. Und ZSK-Sänger Joshi spricht über die Gründung der Jugendinitiative „Kein Bock auf Nazis“.
  • Folge 3: #NEULAND – Die digitale Revolution (S01/E03)
    Egal, ob ICQ, MySpace, Facebook, Instagram oder TikTok: Die Sozialen Medien haben Gleichgesinnte, unabhängig ihrer Wohnorte, zusammengebracht und auch Bands vollkommen neue Möglichkeiten eröffnet. Die dritte Folge handelt von digitalen Plattformen und Errungenschaften, die aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken sind. WIZO-Sänger Axel erklärt, warum seine Band sogar von illegalen Downloads profitiert hat. Die Herausgebenden der beiden wichtigsten Punkrock-Fanzines Ox und Plastic Bomb geben Einblicke hinter die Kulissen der Printkrise. Und Schrottgrenze-Sängerin Saskia Lavaux spricht über die Schattenseiten von Social Media und Hass im Netz.
  • Folge 4: #Fortschritt – Neue Genres & Feminismus (S01/E04)
    Die letzte Folge der Reihe steht im Zeichen der Veränderung. Früher war es undenkbar, Punk und Hip Hop zu mögen – inzwischen sind linke Rap-Acts wie die Antilopen Gang und SWISS & die Anderen auch aus dem Line-up großer Punk-Festivals nicht mehr wegzudenken. Rapperin FINNA spricht im Interview über ihre Punksozialisation. »Homo Punk History«-Autor Philipp Meinert und Fat Mike – Sänger der legendären US-Punkband NOFX – beleuchten die queere Seite der Subkultur. Und #punktoo-Aktivistin Ronja Schwikowski wirft, gemeinsam mit Musikerinnen verschiedener Punkbands, einen kritischen Blick auf die sexistischen Strukturen der Punkszene.
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Wiener Blut
Wiener Blut (@guest_65259)
Vor 9 Tagen

Schön das du von der Doku berichtet hast. Da ich geschichtlich immer interessiert bin, und auch über alternative „Grenzen“ hinweg, ist die Doku natürlich ein muss für mich. Wobei man natürlich immer kucken muss wer wie interviewt wird, und in welche Richtung bzw welches Bild so eine Doku geht.

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