Er hat ein neues Leben angefangen. Jonathan hat mit der Gothic-Szene abgeschlossen und endlich Liebe, Familie und Gott wieder entdeckt. Sein frisch entfachter Glaube hat ihm dabei geholfen. Eine unglückliche Ehe mit der offensichtlich falschen Frau für ihn stürzte ihn in eine seelische Leere. Für mich ist es die Bewältigung einer Lebenskrise, das Format „MenschGott“ des Senders ERF macht für mich daraus ein spirituell-esoterisches homöopathisches Globuli, das den Glauben zu einem Allheilmittel gegen widrige Lebensumstände stilisiert. Ist das Missionierung im Jahr des Herrn 2019?
Der Einstieg – Endlich akzeptiert werden
Jonathan ist fasziniert davon, das er angenommen wird in der Szene und so akzeptiert wird, wie er ist. Er mag das Düstere und Dunkle und die Möglichkeit, ein „anderer Mensch zu sein, indem er sich annehmen konnte.“ Jonathan modelt sogar, erfährt Anerkennung und Zuspruch für die Identität, die er sich offenbar ausgesucht hat. Investigativ bohrt die Moderatorin nach. „Was hast du Nachts auf dem Friedhof gemacht?“ Er habe die Ruhe gesucht, von der lauten Welt und Zeit zum Nachdenken gebraucht. Die Moderatorin erscheint mir fast ein wenig enttäuscht und guckt schnell auf ihren Zettel, um das nächste Thema anzuschneiden.
Jonathan will frei sein!
Aufgewachsen ist er in einer christlichen Familie. Christliche und kirchliche Dogmen schränken ihn ein, wie er sagt, er wolle endlich frei entscheiden und den Rahmen, den der Glaube ihm vorgibt, verlassen. Einige Menschen dort seien ihm wie Heuchler vorgekommen, weil sich nicht tun, was sie sagen. Das will Jonathan nicht.
Er heiratet eine Frau aus der Szene. Mit 19 wird er zum Patchwork-Papa, weil seine Frau 2 Kinder aus ihrer ersten Partnerschaft mitbringt. Sie ist lebhaft und überfährt den jungen Jonathan mit ihrem Leben. Er muss Verantwortung übernehmen und wird schnell zum Abstellgleis. Seine Frau geht offensichtlich feiern, während er die Kinder hütet. So stellt er sich keine Beziehung vor. Okkulte Dinge würde seine Frau machen, Karten legt sie auch. Für ihn ist klar: „…sowas negatives, da muss ich einfach Abstand wahren.“ Dadurch spürt er eine Art dunkle Macht, die sich seiner bemächtigen will.
„Sie hat mir mal die Karten gelegt und ich hab dabei gespürt wie da irgendwas zu mir kommt!“
Nach 2 Jahren war Schluss mit der Ehe. Er geht zurück zu seinen Eltern, von denen er nicht weiß, ob sie ihn wieder aufnehmen würden, denn die waren mit seinem zuvor gepflegten Lebensstil überhaupt nicht einverstanden. Doch die empfangen ihn mit offenen Armen.
Eltern die ihn einfach so lieben, das hat Jonathan nicht erwartet. Für ihn steht fest: „Ich hab da nämlich was gespürt, wo ich mir gesagt habe, das können eigentlich nicht meine Eltern sein.“ Jetzt ist er Feuer und Flamme für Gott und will 100 % für seine neue Szene geben. Was folgt, ist die „Loslösung von der Gothic-Szene„.
Weg mit dem alten, negativen Leben!
Jonathan gibt eine Abschiedsparty und geht von Stuttgart nach Dresden, um sich dort einer sozial missionarischen Einrichtung für Jugendliche anzuvertrauen. Er ändert sein Klamottenstil und schneidet sich die langen Haare ab. Einer der schwersten Schritte für ihn, denn wir wissen ja, „Haare sind das wichtigste!„.
Er denkt, wie er sagt, viel über sich nach und findet den Weg zurück zu Gott. Möglicherweise war es für ihn einfacher, dass eine imaginäre und allwissende Macht ihm den Weg durch sein Leben zeigt, als diesen für sich selbst zu erkunden. Mir scheint es, als ist die Religion seine neue Szene. Er findet dort Halt, Liebe und letztendlich eine Ehefrau, die genauso denkt. „Durch den Glauben haben wir eine ganz anderes Basis„, stellt er fest und findet, „das man endlich über alles reden kann.“
Ich frage mich allerdings ständig, was Gott damit zu tun hat, wenn man über alles reden kann und verzweifle mit der Suche nach der ominösen Basis, die Gott offenbar zugrunde legt. Jonathan führt weiter aus: „Das überwältigt mich immer wieder aufs Neue, wo ich erleben darf, dass Gott da einfach mitspielt und das wir nicht allein sind zu zweit.“
Jonathan ist ein Sucher, ein Jugendlicher, der eine Form der Identität sucht, von der er nicht wirklich weiß wie sie aussieht. Er sagt sich von der Kirche los, um frei zu sein, fühlt, das er in der Gothic-Szene er „selbst“ sein kann, um dann doch zu entdecken, das er nur eine Rolle spielt. Er spürte „Dunkle Mächte“ bei seiner ersten Frau und „Helle Mächte“ bei seinen Eltern. Die ganze Situation, die er schildert, ist fast schon tragisch.
Im Glauben findet er offenbar das Selbstvertrauen, das er für sich selbst nicht aufbringen kann. Der Glaube an Gott, gibt ihm offenbar wieder einen Weg aus dem Loch, in das er nach der Trennung von seiner ersten Ehefrau gefallen ist. Seine Welt ist wieder geordnet, der feste Rahmen seiner Religion bestimmt seine Wertvorstellungen. Es soll ihm gegönnt sein.
ERF MenschGott – Moderne Missionierung mit alten Ängsten
Das Format MenschGott der ERF Medien e.V. in Wetzlar läuft erfolgreich. Mittlerweile beschäftigt der Verein 230 Menschen, die neben Radio- und Fernsehprogrammen auch zahlreiche Internetangebote unterhalten. Es finanziert sich hauptsächlich durch Spenden.
Die Sendung spielt dabei mit den Ängsten der Menschen und versucht, Gott, den Glaube und die Religion als Heilmittel für die absurdesten Dinge zu verkaufen. Die Ãœberschriften einer anderer Videos aus der Reihe lesen sich wie das Best-of der Boulevard-Journaille: „Rapperin wagt Neuanfang„, „Magersucht: Tod auf Raten„, „Ohne Sex sterbe ich!“ oder auch „Das Leben verzockt„. Am Ende lautet die Lösung stets: Gott. Mithilfe ihres Glaubens überwinden die Protagonisten all ihren Sorgen und Ängste. Magersucht, Sexsucht, den Weg von der schiefen Bahn oder die Spielsucht. Gott macht das schon. Dass dabei die Gothic-Szene, wie in Jonathans Fall, wie eine Sekte rüberkommt und gleichgestellt mit psychischen Problemen und menschlichen Verfehlungen dasteht, mag Zufall sein. Ein ziemlich bescheuerter Zufall.
Ich halte diese spirituell-esoterische Herangehensweise für ein homöopathisches Globuli. Es hilft dem, der glaubt. Doch wer richtig krank ist, sollte sich nicht unbedingt selbst therapieren, in dem er die Erlösung im Glauben sucht. Nicht falsch verstehen, ich freue mich für jeden, der mit seiner Lebensweise glücklich wird und wenn „Gott“ seinen Teil dazu beiträgt, akzeptiere ich das. Ich kann nur solche Missionierungen nicht leiden.
Menschliche Fehler, Verfehlungen und Entscheidung aus Emotionen heraus bleiben aber auch für die Religion ein Rätsel. Gegen die manchmal mit der Liebe einhergehende Blindheit, wie in Jonathans Fall, hilft auch kein Gott. Wahrscheinlich argumentiert man bei MenschGott in diesem Fall: Die Wege des Herrn sind unergründlich.
Ich finde solche Spekulationen, im Bezug auf einen Gott der den Weg aufzeigt, irgendwie problematisch. Man muss kein Astrophysiker sein um zu verstehen, das es möglicherweise, weder im Himmel / Universum noch sonstwo irgendeinen Gott gibt, der den geknechteten Menschlein den rechten Weg aufzeigt. Ganz gleich ob man diesen Gott Jehowa, wodan, zeus oder heini vom Mars tauft, es entspricht keiner Vernünftigen Diskussionsgrundlage, von der Existenz einer solchen Gottheit auszugehen. Für mich ist das Verblendung, Naivität, die Flucht vor dem sich bewusst werden. Schwieriges Thema. Ich will niemand verurteilen, der irgendwelche Götter vor sich hält, halte das hausieren mit solchen Dingen dennoch für Naivität. Wenn es irgendwo da draußen Götter gab, dann hatte Herr Däniken ja doch recht, dann waren dies bestenfalls irgendwelche Aliens von Planet xy und unseren ur-urVorfahren bestenfalls technisch überlegen, aber keinesfalls anbetungswürdig. Nehmen wir mal den oft zitioerten „godfather“ aus dem alten Testament. erinnert ihr euch an das Buch? Hand aufs Herz, wenn diese Geschichten stimmen würden, war das eine ziemlich armselige und -pardon- perverse Drecksau. Sorry und nemA
Also ich finde, das sind die schlimmsten Hobbiepsychologen, Hobbiesoziologen, Hobbieärzte, etc der Welt. Und die Antworten führen immer zu Selbstverleugnung und Brüchen…. weil Gott das nunmal so nicht vorgesehen hat… zB das „Leben als Grufti“. Aber welche Auslegung und welche Einstellung will man auch von Konservativen bis hin zum Fundamentalismus erwarten? Und klar steht die Familie, Gruppe… und ihre Richtung mit Gott immer über der Individualität des Einzelnen. Und klar, es kommt immer zu „einem neuem Leben mit Jesus/Gott“. Solche (Ab)Brüche im Leben zu fabrizieren, das muss man erstmal wollen und einfordern. Vor allem wenn man weder professionelle psychologische/soziologische/ärztliche/Bla Begleitung und Ausbildung bieten kann. Ich empfinde sowohl so ein Menschenbild, als auch so ein Gottesbild, genauso wie so eine Ãœberhöhung/Erniedrigung/Machtausübung etc sehr problematisch…. mehr noch, eigentlich menschenverachtend. Hab selber entfernt ganz leicht Mit-Erfahrung… was damals auf Gruppendruck/Gruppenprotest zu einem Gegenzeitungsartikel vom selben Autor (mit religiösen Hintergrund), zu seinem ersten Zeitungsartikel (Vorurteile und Falschaussagen gegenüber der lokalen schwarzen Szene…. eine Art „Jugendsektenwarnung“) geführt hat. P.S. Gestern arte gesehen. Da gings in einer Doku darum, wie Konservative/Fundamentalisten sich in Sexualität und Partnerschaft bei Mitgliedern bzw bei ihren Kindern einmischen. Und klar, die selben Muster. Für mich eine Beleidigung sowohl gegen einen göttlichen Schöpfer, wie auch seinen Geschöpfen gegenüber. P.P.S. Hinter ERF steht die Deutsche Evangelische Allianz. Bei Wikipedia kann unter Theologischer Basis genau das Menschenbild und Gottesbild nachgelesen werden. Zitat:“die Erlösungsbedürftigkeit, das heißt völlige Sündhaftigkeit und Schuld der Menschen, die ihn Gottes Zorn und Verdammnis aussetzen“
Ich finde diese Frau ganz gruselig, wenn man sie betrachtet, wie sie das Interview führt. Sie tut interessiert und verständnisvoll, bleckt aber beim Lächeln ihre Zähne, was nicht warmherzig, sondern lauernd daher kommt. Und dieses Augenaufreißen und -rollen zwischendurch hat auch was Seltsames an sich.
Meiner Meinung nach ist es auch ziemlich einfach, wenn nicht gar gefährlich, die Verantwortung für sein Leben an eine nichtmal als existent bewiesene „Macht“ abzugeben. Es ist überhaupt erstaunlich, wie in unserer heutigen, aufgeklärten Zeit überhaupt noch ein Glaube an „höhere Wesen“ existieren kann, die angeblich Schicksale lenken, Liebe spenden und Strafen schicken. Da kann ich mich so gar nicht hineinversetzen.
Nossi : Es gibt wohl möglich Millionen Möglichkeiten, zu sich selbst zu finden, mit sich und seiner Umwelt klarzukommen oder sonst wie sein Leben zu bestreiten. Im Grunde genommen habe ich auch nichts dagegen, an die Existenz eines imaginären Gottes zu glauben, wenn das dabei hilft, mit eben genannten Punkten klarzukommen. Ich kritisiere hier lediglich dieses Format, diese Art der Missionierung und die Vorführung eines Protagonisten, der vor laufender Kamera den Konstrukt seiner Wirklichkeit ausbreitet.
Wiener Blut : Genau so sehe ich das auch. Es ist eben nicht nur „Homöopathisch“, so wie ich es im Artikel genannt habe, sondern auch gefährlich, wenn psychische Erkrankung unter der Rechtfertigung des Glaubens ausgelebt werden. Doch hier könnte man ebenso Ideologien heranziehen, die das gleiche Potenzial haben. Wenn zum Beispiel ein irrer Killer durch die Gegend läuft, um „Juden auszurotten“, wie es jüngst geschehen ist. Umso gefährlicher halte ich daher solche Sendungen, die unter dem Mäntelchen des „Guten“, des „Barmherzigen“ und „Edlen“ solche Dinge verbreiten.
Tanzfledermaus : Ja, die „Macht“ über sein Leben abzugeben ist stets gefährlich und eigentlich nicht im Sinne eines selbstbestimmten Lebens. Doch was ist, wenn man selbst diese Macht überhaupt nicht ausüben möchte? Wenn man sich Führung, Halt oder auch einfache Ziele wünscht? Ich werfe Jonathan nicht vor, diese „Macht“ abgegeben zu haben, so sehr ich mir auch wünschen würde, dass er seinen Weg selbst gefunden hätte. Aber meiner Ansicht nach funktionieren viele Menschen wie eine kollektive Schafherde. Wenn die Idee, die Ideologie, die Religion oder auch sonst was das eigene Leben besser macht, die eigene Misere rechtfertigt oder sonst wie dazu beiträgt, sich besser zu fühlen, läuft man gemeinsam hinterher, macht „Mäh“ und fühlt sich gut.
Eine moralische, inhaltliche oder auch ethische Prüfung findet in den seltensten Fälle statt oder wird bewusst abgeschaltet.
@ Robert: Ja, da kann ich mich anschließen. Ich sehe das so: Nicht wenige meinen nicht genug eigene Kraft zu haben… oder sind vielleicht zu ängstlich… oder vielleicht sogar zu bequem (oder sogar faul), ein nüchtern aufgeklärtes Leben zu führen, besonders wenn sie sich dann auch eigenverantwortlich mit den hässlichen, anstrengenden Seiten auseinander setzen müssen. (Hinsehen anstatt überdecken) Genauso können nicht alle mit Freiheit gut umgehen, grade wenn man in Freiheit selbst erst wählen, und dann tätig werden muss, und nicht einfach die „Wahl“ und sogar einen Teil der „Arbeit“ an die Gruppe abgeben kann. Sogar die Folgen, gut/mittel/schlecht/fertig/wieder gescheitert/erfolgreich, kann man ja an eine Gruppe übertragen… sogar mit an Gott wenn man möchte… Prüfung im Glauben/er wollte noch nicht dass/ mein/unser Glaube war zu schwach… man kann dann einfach in der Gruppe weiter machen… als ein Sünder… oder Erwählter unter vielen. Und das ist natürlich auch „bequemer/ erleichternder“ als das alleine zu tragen. Und genau da setzen diese Systeme an. Es sind für mich Dienstleistungen die dann auch Vermarktung benötigen, weil von göttlichen Nektar und Ambrosia können die ja nunmal nicht leben… oder sogar Videos drehen. Auch müssen sie immer wieder sowohl „Arbeiter“ wie auch Kunden gewinnen, weil sonst der Laden nunmal nicht laufen kann. Im Prinzip stört mich das auch nicht, was mich aber stört ist die Qualität und die Verpackung des Ganzen. Dafür scheint mir der Preis unangemessen, und es fehlen mir die „Warnaufkleber“, die Packungsbeilage, bzw „das Stiftung Warentest Ergebnis“.
Liebe Grufties, Goten, Kryptagestalten, Friedhofspromeneure und Liebhaber christlicher romanischer Architektur, ich möchte hier nur kurz darauf hinweisen, dass es sich bei ERF Medien um eine klassische evangelikale Gruppe handelt. Leider wird es in der deutschen Presse oft so dargestellt, als ob Evangelikale, Freikirchen und Fundamentalisten auf irgendeine Weise traditionell seien. Das Gegenteil ist der Fall. Hierbei handelt es sich um ausgesprochen moderne Sektenphänomene. Zur Einordnung hilft vielleicht Spaemanns Aufsatz «Wer ist ein Fundamentalist?».
http://www.kath-info.de/fundamentalist.html
Immer wieder erstaunlich, daß das Christentum seit jeher Liebe und Vergebung predigt und propagiert, seine Anhänger jedoch seit Jahrhunderten gegenteilig handeln und alles zwangsbekehren wollen und mit ihrem blinden Haß verfolgen, was ihrem gedankenlosen Dogmatismus, ihrer verstaubten Ethik und Moral nicht entspricht. Hunderttausende tote oder zwangs-christianisierte (amerikanische) Ureinwohner, 75.000 zu Tode gefolterte und ermordete „Hexen“, Abertausende von mißbrauchten, gequälten Kindern, in jüngerer Zeit der Anspruch, Homosexuelle „heilen“ zu können – alles im Namen eines Herrn, dessen Existenz so unbelegt ist wie die von Außerirdischen.
Dazu fällt mir nur eines ein – Pfui Teufel.
Hallo,
zu diesem interessanten Thema möchte ich mich auch kurz äußern :-)
Ich bin ein Christ, gläubig, katholisch.
Ich gehe (selten) in den Gottesdienst, bete, kenne das neue und alte Testament (dieses spricht mich mehr an) und es geht mir ausgesprochen gut in meinem Leben. Gleichzeitig bin ich ein Grufti, fest in der Szene verwurzelt, Mitglied in 2 (noch!!!) lokalen Münchner Bands, trage schwarz, bin geschminkt, stark tätowiert und körperlich gut in Form, der optische Prototyp „Goth“ würde ich mal sagen. Ich rede eigentlich nie über meinen Glauben, müsste ich doch allzuoft gewalttätig werden aufgrund diverser Beleidigungen haha :D Nein im Ernst, ich hab das einfach nicht nötig. Meine Meinung zu diesem Videobeitrag ist die, dass alle gezeigten Protagonisten nicht meinem persönlichen Bild des Christen entsprechen, die wollen viel zu sehr missionieren. Ich bin ein Mann der Liebe, und Liebe beinhaltet sehr stark die Akzeptanz des Wesens der Menschen mit denen ich mich umgebe. Man ist nunmal so, wie man ist. …oder?
Beste Grüße
Seven : Vielen Dank für Deinen Kommentar. Du hast den Kern der Sache völlig richtig erkannt und genau das gespiegelt, was ich versucht habe, zu vermitteln. Ich glaube, das jeder glauben darf, was er möchte. Für mich gibt es keine „Regel“, dass ein Gothic kein Christ sein kann oder ein Christ keine Gothic. Im Grunde genommen ist mir das völlig egal und solche Regeln sind völliger Blödsinn. Es liegt der Szene aber sehr nahe, sich mit Religionen als solche zu beschäftigen und möglicherweise auch einen Blick über den Tellerrand zu wagen. Das mündet natürlich nicht zwangsläufig in einer Abkehr von seinem Glauben.
Wie es auch Dich stört, so finde ich diese Art der „Missionierung“ aber fehl am Platze und hier den Glauben als Heilmittel für persönliche Lebenskrisen zu stilisieren, halte ich für falsch und – so ist es auch in anderen Kommentaren durchgeklungen – für gefährlich. „Falsche“ Ehepartner, betrogene Partner und enttäuschende Beziehungen gibt es in jedem Glauben, in jeder Kirche, in jeder Religion. Was denkst du dazu?
Markus : Menschliche Verbrechen haben meiner Ansicht nach nichts mit der Religion zu tun. Verbrechen und Verbrecher gibt es in jeder Glaubensrichtung, in jeder Religion und auch in jeder Kirchform. Wenn jedoch die Religion als Alibi für Gewalt, Mord oder Folter herhalten soll, müssen wir differenzieren. Kann man Religionen pauschal als „schlecht“ abstempeln, weil in ihrem Namen Verbrechen begangen werden? Sind Kirchen daran Schuld, dass sich ihre Angestellten beispielsweise an Schutzbefohlenen vergehen?
Auch das würde ich verneinen. Kranke Geister und kaputte Menschen suchen sich die wildesten Rechtfertigungen für ihre Taten. Man kann meiner Meinung nach nicht einfach schwarz/weiß malen und sagen: Hey! Da hat ein Muslime einen Menschen erschossen, der Islam ist schuld!
Die Schuld liegt doch meist bei denen, die im Namen irgendeiner Religion die Regeln vorgeben. Die Kirchen haben, so wie du richtig schreibst, enorm viel Mist gebaut. Schuld daran waren größenwahnsinnige und machtgeile Massenmörder in kirchlichen Roben. Die Religion, die im Kern meist etwas gutes sind, war immer nur die Ausrede. Die legte man sich so zurecht, wie es passte.
Hugibreht : Genau so ist es. Und weil das eben alles so „brav“ und irgendwie „harmlos“ aussieht, wollte ich darauf in diesem Artikel hinweisen. Gläubige sollte nicht ihren Glauben, sondern die Institution prüfen, in der sie glauben.
Robert
Ein bisschen was hätte ich schon noch dazu zu sagen, wenn du mich so direkt frägst ;-)
Zum einen muss ich mal eine grundsätzliche Sache in das richtige Licht rücken: Es ist sehr sehr einfach, das Christentum im Ganzen, sprich alle Themen die Glauben, Kirchen, Institutionen, Priester, usw. beinhalten, hier im Internet lächerlich zu machen, zu verspotten und zu verunglimpfen. Das geschieht ja auch hier. Aber eines steht fest: Niemand würde es wagen mir irgendso einen Spruch wie, blabla Kinderficker, blabla Hexenverbrennungen=Kirche=böse, blabla Glaube=Verantwortung abtreten, Naivität blabla, von Angesicht zu Angesicht zu sagen. Denkt mal drüber nach Leute!
Die Sache ist ja eher so, ein Arschloch ist und bleibt ein Arschloch, egal ob er/sie sich als Christ/Moslem/Gothic/Punk/whatever betitelt. Deswegen schließe ich doch nicht von einer Person, auch nicht von Hunderten oder Tausenden auf ALLE. Also ich mache das nicht, es bleibt natürlich jedem selbst überlassen so ignorant und engstirnig durchs Leben zu wandeln. Ich bin in meiner Person absolut nichts davon, was in irgendeiner Form etwas mit dem Videobeitrag zu tun hat, genausowenig wie hier irgendjemand Marilyn Manson ist. Und sollte er persönlich doch mitlesen, ich bin ein großer Fan <3
Wenn man (und zwar jeder) einfach mal eine einzige Sekunde über die ganzen Negativpunkte, die man „Christen“ (und im Ernst, es gibt zur christlichen Glaubenslehre tausende verschiedene Strömungen, Glaubensrichtungen, Kirchen, Sekten, Lebensweisen und was weiß ich noch alles, soll mal einer behaupten, „Gruftis sind pubertierende Satansjünger“, alles klar oder?) so anlastet nachdenkt, so kann man wenn man bei klarem Verstand ist nur zu einer einzigen logischen Schlussfolgerung kommen: Nichts davon, und zwar rein garnichts, ist christlich.
Vielen Dank,
liebe Grüße
Ich muß noch einmal nachsetzen: Wer, bitte, malt denn hier schwarz-weiß? Der einseitige und, wie von einer Religionsgemeinschaft nicht anders zu erwarten, subjektive Medienbeitrag weist die Zugehörigkeit zur schwarzen Szene als unbedingt negativ aus und stellt die eigene religiöse Überzeugung als einzigen Rettungsanker dar. Wieder einmal wird in fundamentalistischer Weise das, was nicht der eigenen Überzeugung entspricht als ungläubig und nicht lebenswert dargestellt.
Ich behaupte nicht, daß Mensch kein guter Christ, Moslem, Jude sein kann. Ich behaupte nur, daß keine der großen religiösen Weltanschauungen eine würdige Umsetzung durch ihre weltlichen Vertreter erfährt. Systeme, die Repression, Suggestion, Indoktrination, Zwang und Angst benutzen – und dies seit Jahrhunderten -, um ihre strategischen Ziele zu verfolgen, sind aus meiner Sicht nichts anderes als menschenverachtend und haben schon gar nicht den Namen Religion verdient.
Aus meiner Jugendzeit als Waver kann ich heute sagen, daß mir Glaube und Kirche in sehr schweren Zeiten trotz christlicher Erziehung keinerlei Halt und Hilfe gewesen sind. Gefunden habe ich beides aber bei einer kleinen Gruppe Jugendlicher, in schwarz gekleidet und anders gestrickt als die selbstzufriedene und satte Masse. Die sich jedoch dafür aufgrund von religiöser Lehre und Weltanschauung deren nicht selten recht fragwürdiger Interpretation rechtfertigen, erklären, diskreditieren und bisweilen auch verprügeln lassen mußte. Soviel zur Toleranz von Religion und ihren Institutionen. Medienbeiträge wie der obige lassen mich vollkommen nachvollziehen, warum in der Bundesrepublik mittlerweile eine Mehrheit von 37% konfessionslos ist und sich nicht (mehr) zu einer Religion bekennen kann oder möchte. Letzeres läßt mich hoffen, daß Menschen zunehmend bereit sind, ihre Ethik und Moral selbst festzulegen und nicht mehr faul und bequem ihre Meinung vorgefertigt von anderen zu übernehmen, die sich dafür fähig halten.
@Markus: Die Kirchen malen schwarz-weiß, das war nicht auf Dich gemünzt. Falls du das so verstanden haben solltest.
Das muss ich einfach mal unterschreiben. Genau so ging es mir auch. Ich bin zwar nicht christlich erzogen worden, habe aber viel Freizeit als Kind und Urlaub mit der Kirche verbracht. Das war damals für meine Eltern einfach günstiger. Leider ging das, was ich als Jugendlicher finden wollte und was ich in dieser Gemeinschaft gefunden habe, weit auseinander. Da kamen mir die „anderen“ aus der schwarzen Szene, gerade gelegen ;)
Darüber hinaus finde ich den Konsens in den Kommentaren sehr angenehm. Gläubige und Nicht-Gläubige scheinen sich einig, dass obige Berichte relativ wenig mit Christ-Sein zu tun haben und durchaus als missionarischen Unsinn zu verstehen ist. Ich finde auch gut, dass mein Beitrag offenbar nicht als Angriff auf eine Glaubensrichtung verstanden wird, sondern als Auseinandersetzung mit dem gezeigten Beitrag. Vielen Dank!
Den gerade von Robert zitierten Absatz kann ich auch nur unterstreichen bzw. sehr gut mitfühlen.
Meine Eltern wirkten zwar nie sonderlich gläubig, das Thema Gott/Glaube kam bei uns zu Hause kaum zur Sprache, aber meine Schwester und ich wurden von ihnen auf eine evangelische Privatschule geschickt. Vermutlich geschah das mehr aus Tradition, weil auch schon mein Vater diese Schule besucht hatte.
Dort war „Christenlehre“ Hauptfach und wir besuchten auch regelmäßig mit der Klasse Gottesdienste, jeden Morgen wurde in der Schule gebetet und christliche Lieder gesungen, bevor der Unterricht begann. Eine Zeitlang fand ich das als Kind ja ganz interessant, ich liebte die oft sehr schön klingenden Lieder und ich las sogar in meiner Kinderbibel, die ich zur Taufe bekommen hatte. Allerdings war sie für mich mehr wie ein Märchenbuch als ein Leitfaden. Und mit ca. 10 Jahren wurde mir immer bewusster, dass ich nicht an die Existenz einer „höheren Macht“ glauben kann – im Gegenteil, ich begann mich später sogar sehr kritisch mit dem Thema Glauben und Kirche auseinander zu setzen, als ich immer mehr über die Rolle beider in der Weltgeschichte lernte. Ein Ausdruck dessen war ein Schulaufsatz, als dessen Thema ich den Missbrauch der Religion für politische Zwecke im Laufe der Geschichte wählte und für den ich sogar eine Eins bekam – das war aber später auf einer staatlichen Schule – an der evangelischen Schule hätte man mich bestimmt mit Schimpf und Schande bedacht ;-)
Meine kritische Haltung zum Thema Glauben/Religion habe ich behalten, auch wenn ich beides bei anderen toleriere, solange sie mich weder zu missionieren versuchen noch sich selbst oder anderen in ihrer Glaubensausübung schaden. Sobald ein Glaube als Vorwand dient, anderen zu schaden, sie auszugrenzen oder sie in ihrer Freiheit einzuschränken, ist es mit meiner Toleranz vorbei.
Halt habe ich in keinem Glauben gefunden, eben weil ich die Verantwortung beim Menschen allein selbst für sein Tun und Handeln sehe. Seit meiner Jugend habe ich häufig gegrübelt, auch über das was nach dem Tod kommt, und ich sehe da auch keinen „Trost“ in einem angeblichen Leben danach oder gar einer Wiedergeburt, weil ich beides für ausgeschlossen halte. Mit dem Sterben und Vergehen des Körpers erlöschen sämtliche Sinne und daher kann es auch keine Empfindungen und kein Bewusstsein mehr geben.
Das hat mich mein ganzes Leben über immer wieder sehr frustriert, genauso wie zahlreiche menschliche Enttäuschungen. Aber das, was mit Halt gibt, ist eben nunmal keine wie auch immer geartete Religion oder auch Esoterik. Was mich immer wieder ganz stark berührt und mitreißen, aufwühlen oder trösten und beruhigen kann, ist Musik. Musik ist mein Halt, außerdem ein paar Hobbys die mir wichtig sind (u.a. die Fotografie, durch die ich viel bewusster sehend unterwegs bin) und ein paar wenige Menschen, denen ich noch vertraue.
Jonathan will endlich frei sein! Empfunden ein sehr seelenloser Beitrag! Hatten gewisse alternative Jugendkulturen (Punk und daraus resultierend natürlich Goth/Wave..grob eigendlich Independent) in der Vergangenheit nicht immer die Funktion engmaschige gedankliche Programmierungen aufzubrechen (was auch Religion historisch definitiv miteinbezieht) um dem Spirit..sprich dem..ja..dem „Relativen Menschsein“ Platz zu machen und in der Form frei zu sein? Und zwar in der Art und Weise dass das alte bestehende Gedankenmuster (was eben auch nur oftmals schwarz/weiss kennt) in Frage gestellt wird. Menschen haben einen Verstand (in manchen Fällen könnte man sogar sagen sie sind nur der Verstand, eben weil sie sie sich zu sehr damit indentifizieren)…das unterscheidet sie von anderen Lebewesen („Mainstream“ ist ja nichts anderes als eine soziale Programmierung). Durch so eine Art Götzenbildfunktion (meist ist es doch ein autoritärer Gott mit gewissen Gesetzen..der aber auch lieben kann) kann doch kein Mensch wirklich frei sein. Der Spirit (was das Menschsein ausmacht) ist doch letzlich undefinierbar (auch wenn es eben das scheinbare Dilemma ist sich selbst zu begreifen). Sorry..ich hab jetzt gerade n bisschen für mich selber philosophiert..aber mit dem Begriff „Pantheismus“ kann ich schon ein bisschen was anfangen.
Die Kirche, diesmal die angeblich reformierte evangelische Kirche, macht mal wieder von sich reden:
https://www.fr.de/politik/bremen-pastor-nennt-homosexuelle-verbrecher-staatsanwaltschaft-ermittelt-13715673.html
@Markus: Und da wundert die Kirche sich, dass sie massiv an Mitgliedern und Gläubigen verliert. https://www.tagesschau.de/inland/kirchenaustritte-113.html Mir soll es ja egal sein, aber wenn die evangelische solche Spinner in ihren Reihe dulden, sind sie es selbst schuld ;)