Dokumentation im MDR: Darkness Forever – Wie Goth unsterblich wurde

Das Wave Gotik Treffen findet nicht statt. Das Gothic Pogo Festival wurde verschoben. Wichtige Säulen des Szenelebens, wie das Zusammentreffen mit Gleichgesinnten und dem gemeinschaftlichen Lauschen seiner Lieblingsmusik, sind ausgesetzt. Vertagt in eine Zukunft, in der gemeinsames Feiern und real geteilte Stimmung nicht mehr ansteckend sind. Haben sich viele mit der Tatsache, dass das WGT auf das kommende Jahr verschoben wurde bereits abgefunden, schwingt in den Gesprächen doch immer auch ein bisschen Melancholie mit. Es ist hart, wenn die Vernunft über das Herz siegt.

Um dem berühmten Blues, der zwangsläufig einsetzt, etwas Abhilfe zu verschaffen, haben verschiedenen Veranstalter bereits ein virtuelles Programm auf die Beine gestellt. Auch der MDR – der immer wieder zu Pfingsten über die „schwarze Szene“ und das Wave Gotik Treffen berichtete, hat zum Wochenende die Mediathek mit einigen Dokumentationen und Porträts einzelner Künstler aufgefüllt.

Mit „Darkness forever – Wie Goth unsterblich wurde“ schließt der Sender seine Doku-Reihe über die „Goth-Szene“, die er bereits 2018 begann. Der erste Teil „Roots of Darkness – Der Anfang von Wave und Gothic“, der zum WGT 2018 erschien, befasst sich mit der Entstehung der „schwarzen Szene“ und deren Wurzeln. Die ein Jahr später veröffentlichte Dokumentation „The golden Age of Darkness – Wie Goth die Welt eroberte“ behandelt die Szene in den 90er-Jahren.

Corvus Corax
Die ersten Gruftis, die Corvus Corax von der Bühne erblickten, verneigten sich nach dem Konzert bei ihnen. Die Band war zunächst verstört über das Verhalten. Die Band ist ein klassisches Beispiel für die Vereinnahmung der Szene

Um den Wandel der Szene ab den 2000er einzufangen, werden verschiedene aktuellere Strömungen der „schwarzen Szene“ in den Blickwinkel genommen. Davon zeugen und berichten unter anderem: Corvus Corax, Bruno Kramm (Das Ich), Hocico, Ciwana Black. Musikjournalist und Szene-DJ Thomas Thyssen berichtet von seinen Beobachtungen von den Plattentellern aus.

Die Dokumentation schlägt einen Bogen über mittelalterlich inspirierte Musik, zu Mainstream Goth Rock, über den Industrial Dance zum Steampunk und fängt damit vier zentrale Strömungen der vergangenen 20 Jahre ein. Die Szene hat damit, so die einhellige Meinung, einen Belebungsstoß erhalten, sich aber auch dem Mainstream, der Kommerzialisierung und letztendlich dem Konsum geöffnet.

Man ging Richtung Millenium zu, keiner wusste was passiert im nächsten Jahrhundert. Schwermut als Begriff, war plötzlich eine Form von Hipness die auch in der normalen Mainstreamkultur stattgefunden hat

Gothic wurde gesellschaftsfähig, wurde bunt und die neuen Impulse eröffneten einer neuen Generation einen Einstieg in die Szene. HIM und Rammstein sind, so Kramm, eben der musikalische Einstieg, mit dem sich viele junge Leute einen Weg in die Szene gebahnt hätten.

Bruno Kramm
Bruno Kramm ist nicht nur Mitglied der Band „Das Ich“, sondern entpuppt sich in der Dokumentation auch als ausgewachsener Szene-Philosoph mit dem Blick für das große Ganze. Er vermisst die Toleranz der Szene gegenüber neuen Strömungen und Idealen.

Dem MDR ist es in der Doku wieder einmal gelungen, die Entwicklung und Veränderung der Szene prägnant einzufangen und einzelne Aspekte undramatisch aber informativ herauszustellen, ohne sich im Detail zu verlieren. Sehenswert sind auch einige Aufnahmen vergangener Wave-Gotik-Treffen, die noch mal für einen nostalgischen Schub sorgen und den Eingangs erwähnten Blues noch ein wenig lauter drehen. Wie habt ihr Sie erlebt, die Szene der vergangenen 20 Jahre?

Es dürfen Schätzungen abgegeben werden, aus welchem Jahr diese Aufnahmen stammen.

Wer immer noch nicht genug hat, findet auf der Homepage des MDR auch eine wieder sehr ordentliche Informations- und Nostalgiesammlung.

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Pixie Dust
Pixie Dust (@guest_59026)
Vor 4 Jahre

Wie niedlich, wir sind bei Minute 12 auch dabei ❤ Eis essend und mit nassen Füßen, sehr vorteilhaft 🤣 Wann wird das gewesen sein? 1999? 2000? Irgendwas um diesen Dreh. Ach ja, war ne schöne Zeit!!!

Yorick
Yorick (@guest_59027)
Vor 4 Jahre

Ist es erwähnenswert, dass ich selbst vor 20 Jahren „eingestiegen“ bin? Wobei das eigentlich schon zuviel gesagt ist… Denn recht betrachtet gibt es da gar nichts zum „einsteigen“. Hat eine Weile gedauert, bis mir das klar geworden ist.

Nossi
Nossi (@guest_59029)
Vor 4 Jahre

Sehr schade. Diese Doku ist sehr einseitig. Es wird nur ein kleiner Teil der damaligen Szene beleuchtet, ein Teil, den ich nicht kannte und den ich auch nicht kennen will.
Mir wurde davon abgeraten mir dies anzusehen. Ich müsse masochistische Veranlagungen mit bringen oder betrunken sein.
Ob diese Doku empfehlenswert sei, wurde ich gefragt.
Auf keinen Fall.
Wie soll ich es beschreiben, ich will niemand zu nahe treten. Sagen wir es so. Ich kannte damals niemand, der über die hier erwähnten Bands auch nur ein gutes Wort gelassen hätte, sie gar erwähnt hätte.
Doch, meine Eltern.

Nossi
Nossi (@guest_59030)
Vor 4 Jahre

Ja Yorick es ist erwähnenswert. Bist du auch mit subway to shally und him eingestiegen? :D wie hast du die Sache damals erlebt?

Robert
Robert(@robert-forst)
Admin
Vor 4 Jahre

Pixie Dust : Ich habe da mal ein Bild hinzugefügt

Ich denke, man kann schon sagen, dass es für Gruftis einen „Einstieg“ gegeben hat, der musikalisch vielleicht nur oberflächlich schwarz gewesen ist. Ich kenne unheimlich viele Leute und ihre Einstiegsgeschichten (gab es auch mal beim „Gothic Friday“ ), die eigentlich immer einen recht gemäßigten und populären Weg in die Szene gegangen sind. Bei Geschwistern läuft die Sache allerdings häufig so, da infiziert beispielsweise er großen Bruder den kleinen Bruder mit Musik, die man nicht mehr an der Oberfläche findet. Ist Nossi vielleicht der kleine Bruder? :)

Graphiel
Graphiel(@michael)
Vor 4 Jahre

Ich habe mir den finalen Teil nun auch angeschaut und bin weitgehend positiv gestimmt. Im Zusammenhang mit den beiden vorher gegangenen Teilen zeigt sich doch schon eine relativ gut erkennbare Entwicklung der Szene und darum sollte es in der Reihe ja auch gehen. Ob man all diese Entwicklungen nun mag oder nicht und ob sie alle so gut waren wie es die Doku teils erscheinen lässt, darüber darf man sicherlich streiten. Qualitativ gehört die Reihe für mich trotzdem zu den besseren ihrer Art.

Zum Thema Einstiegsmusik:
Meinen kompletten Szeneinstieg hier zu beschreiben würde wohl den Rahmen sprengen. Daher beschränke ich mich jetzt mal rein auf den musikalischen Aspekt. Bei mir war es um die Jahrtausendwende definitiv auch so, dass ich meine ersten musikalischen Szeneschritte mit „schwarzer“ Mainstreammusik begann. Wobei man sich das jetzt auch wieder nicht so vorstellen darf, dass dieser Mainstream nur aus Subway, ASP und Rammstein bestand. Auch alte Sachen wie die Sisters of Mercy habe ich gehört, doch nahmen diese damals für mich und mein kleines Grüppchen keinen zentralen Platz ein und ging im breiten Spektrum daher leider viel zu oft unter. Ein Umstand, der mir heutzutage jedoch ab und zu noch ein nostalgisches Lächeln beschert, wenn ich mal einen Song „wiederentdecke“, der damals halt nur einer unter unzähligen war. Bei uns war es zur Jahrtausendwende halt so, dass es gar nicht so wichtig war was man da nun genau für ein Genre hörte, sondern dass die Songs die wir hörten uns innerlich bewegen und wir uns in ihr verlieren konnten. Wir suchten uns eben die passende Musik aus dem großen Knäuel heraus, die unsere innere Gemütswelt am besten beschreiben konnte. Musik, die zu unserer eher melancholischen Grundstimmung passte, die unsere Faszination für düstere und morbide Themen beflügelte. Aber auch Musik bei der man aber durchaus mal angesammelte Wut entladen konnte. Und ja: Viel davon fanden wir tatsächlich auch in Songs, die bei leibe nicht mehr in direkter Entwicklungslinie zu Wave und Postpunk standen.

Schlimm fand ich hingegen das Verhalten mancher Leute, die entweder vollgepackt mit Bier auf die Tanzfläche stiefelten oder mit teils wirklich lästigen Tanzeinlagen aus dem Elektrobereich die komplette Tanzfläche für sich alleine beanspruchten. Manchmal fragte ich mich da schon, ob ich noch auf einer schwarzen Veranstaltung bin, oder doch auf dem Ballermann. Das konnte damals bei mir jegliche Freude an einer schwarzen Party zerstören und sorgte über die Zeit dafür, dass mir ernste Zweifel kamen, ob ich da überhaupt in der richtigen Szene gelandet bin. ;)

Yorick
Yorick (@guest_59035)
Vor 4 Jahre

Nossi
Eine detaillierte Beschreibung meines „Einstiegs“ würde an dieser Stelle viiiiiel zu viel Raum in Anspruch nehmen. Ein andermal vielleicht. Nur soviel sei gesagt, dass das bei mir tendenziell eher über damals populären Metal wie Nine Inch Nails und Cradle of Filth verlaufen ist. Mit dem Gothic-Begriff habe ich das allerdings gar nicht mal wirklich in Verbindung gebracht, was nicht zuletzt dem Umstand geschuldet war, dass eine Band namens HIM, die mir schon damals als peinlicher Pop-Kitsch vorkam, die Charts stürmte und von sämtlichen Musiksender-Moderatoren als „Gothic“ bezeichnet wurde. Und da ich damals natürlich noch keinen Plan von der Materie hatte, wusste ich gleich mal, dass ich „Gothic“ kacke finde;) Erst als ich begann, dunkle Clubveranstaltungen zu besuchen, wo auch ab und an mal Sisters & Co. und vor allem meine heutige Lieblings-Gothband (im engeren Sinn) London After Midnight lief, lernte ich echten Gothic kennen.

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus (@guest_59036)
Vor 4 Jahre

@Graphiel:
Dein erster Absatz trifft sehr gut meinen eigenen Eindruck nach dem Schauen der Sendung!
Auch wenn ich persönlich mit all diesen neueren musikalischen Stilen wenig bis nichts anfangen kann, so gibt es sie nunmal und wie Bruno Kramm schon sagt, viele steigen darüber irgendwann auch tiefer in die Thematik ein. Dass dies nach all den Jahren und Veränderungen immer noch passiert und auch Jüngere oder Einsteiger sich für die Wurzeln interessieren und begeistern können, stimmt mich optimistisch, was den Erhalt der Substanz betrifft.

Wer die Szene erst später entdeckt (hat), für den bot/bietet sich natürlich eine deutlich breitere Palette an Stilen als „früher“. So wie das musikalische und modische Spektrum über die Jahrzehnte immens angewachsen ist, so wuchs natürlich auch die Bandbreite und Vielfalt an Menschen, die sich davon angesprochen fühlen. Daher wundert es eigentlich nicht, dass die Szene mit der Zeit (wieder) größer geworden ist, aber auch sehr viel heterogener. Ob man das als traurige Verwässerung oder bereichernde Vielfalt empfindet, muss jeder für sich entscheiden…

Nossi
Nossi (@guest_59037)
Vor 4 Jahre

Nachtrag, mein Kommentar unten bezog sich speziell auf die Folge, welche die Jahrtausendwende behandelt. Ich habe übrigens ein bisschen gleichaltrige gefragt, die finden die Folge ebenso einseitig, musikalisch gesehen. Wobei der ein oder andere, auch etwas freche Bemerkungen gemacht hat^^

Yorick Vielen Dank!! Du hättest ruhig ins Detail gehen dürfen, ich hätte es sehr gerne gelesen. NIN habe ich erst relativ spät entdeckt. Allerdings kannte ich kaum jemand, der dies verstanden hat. Da sieht man schon, wie groß die Unterschiede/Vorlieben doch waren

Und vielleicht wird nun ein gewisser Herr schmunzeln, ich habe alle möglichen Remix CDs des besagten Trent R. /NIN, die waren mir die Liebsten. Hätte man nicht gedacht, gell ^^

 Robert Nossi hat nur jüngere Brüder, die wohnten und wohnen aber eewig weit weg und hören ganz normale Chartmusik.

Graphiel Auch ein Dank an dich, für deinen Erlebnisbericht, ich lese so etwas wirklich sehr gerne. Ich kann mich gut erinnern, damals haben ja auch viele die band Untoten gefeiert, mit denen konnte ich ja auch nie viel anfangen, in vieler Munde und Ohren waren sie dennoch.

Ich habe ja auch nie geurteilt, ob etwas besser ob der schlechter ist, ich glaub da verstehen mich viele einfach falsch. Doch die Seite hier heißt FACETTEN DER…. SZENE. Dies bedeutet für mich, nicht nur ein Aspekt wird beleuchtet. Sonst würde ich mich auch niemals hier einbringen. Ob dies besser oder schlechter ist, jeder der mich kennt weiß, das ich nie urteile.
Prinzipiell finde ich es übrigens schade, gewisse Mitleser, warum schreibt ihr nicht auch mal was. :D < 3

Gruftfrosch
Gruftfrosch(@gruftfrosch)
Vor 4 Jahre

Ich fand die Doku gut, auch wenn sie Entwicklungen in den Fokus nimmt, mit denen ich persönlich so gar nichts anfangen konnte und kann. Ich gehöre zu dieser Generation, die mit und nach der Jahrtausendwende zur Szene gefunden hat und ja, das geschah auch getriggert durch damals als Mainstream verschriehende Bands, wie Evanescence, Ooomph, Nightwish, Within Temptation, HIM und wie sie alle hießen. Auch Bands wie Deine Lakaien oder Wolfsheim haben sich damals plötzlich fast verwundert die Augen gerieben und den Erfolg außerhalb der Szene durchaus gerne mitgenommen. Ich gehörte zu denen, die das Ganze erstmal entdecken, erkunden, erfassen wollten und die von vielen „Alteingesessenen“ sicher belächelt wurden, zu denen ich allerdings wiederum eine gewisse Bewunderung hegte, von denen es über die Urspünge zu lernen galt. Ehe ich zu meinem ersten WGT fuhr, sind dann noch mal Jahre vergangen, in denen ich mir zuvor „meine“ schwarze Welt erschloss, zu der dieses Hellectro-Gedöhns und Cyber-Goth-Gestampfe eher nicht gehörte. Ausgerechnet Letzeres hatte bei meinem ersten WGT seinen Höhepunkt und das WGT erstrahlte in Neonfarben. Über die Jahre hat sich mein Musikgeschmack immer weiter in die 80er gerichtet und so erfreute es mich ungemein, dass etliche neue Bands klanglich back to the roots gegangen sind. Beim WGT ist das Schöne, dass der Cyber immer noch seine Nische findet, und ich eben eine andere. Manchmal überschneidet sich der Geschmack und das Publikum ist tatsächlich Schwarzbunt und bei anderen Veranstaltungen und Bands bleibt man eher unter sich…so erlebt jeder sein WGT und seine Szene ein bisschen anders. Das ist doch ok und so kann ich die versöhnliche Conclusio durchaus unterschreiben…wenn es die neuen Einflüsse und Einstiege der jüngeren Generation nicht gäbe, wäre diese Szene wahrscheinlich wirklich schon so gut wie tot und gerade diese Einstiege ermöglichen es den „Neuen“ sich vielleicht doch die Welt „der Alten“ zu erschließen und wer nicht, der ist vielleicht schon bald wieder raus und schließt es unter dem Kapitel „Jugendsünde“ ab….so what…

Graphiel
Graphiel(@michael)
Vor 4 Jahre

Beim WGT ist das Schöne, dass der Cyber immer noch seine Nische findet, und ich eben eine andere. Manchmal überschneidet sich der Geschmack und das Publikum ist tatsächlich Schwarzbunt und bei anderen Veranstaltungen und Bands bleibt man eher unter sich…so erlebt jeder sein WGT und seine Szene ein bisschen anders. Das ist doch ok und so kann ich die versöhnliche Conclusio durchaus unterschreiben…

Das sehe ich tatsächlich auch so. Die meisten heutigen Gruftis (so ja auch ich vor grob 20 Jahren) landen erst einmal in diesem großen Sammelbecken namens schwarze Szene und schwimmen dort an der Oberfläche herum, um sich zu orientieren. Vielen davon mag das wohl auch genügen. Die nehmen dann von allem ein bisschen mit und gut ist. Einige verschwinden danach wieder. Doch unter all diesen gibt es halt auch immer wieder solche, denen das oberflächliche nicht genügen wird, die sich so wie wir tiefer mit der Thematik beschäftigen und die sich dann auf die Suche nach ihrer Nische begeben. Solange es Türen und Wege gibt, welche diesen Menschen eine entsprechende Möglichkeit bieten die für sich passende Nische zu finden, so lange sehe auch ich den Erhalt der Substanz nicht gefährdet. Denn dann gibt es auch für interessierte junge Szenemenschen noch die Chance traditionellen Gothic kennen zu lernen.

Aber auch wenn sich manch andere Szenegänger eben für andere Nischen, wie dem Cybergestampfe oder sowas entscheiden, anstatt traditionellem Gothic dann bricht mir dabei als Anhänger der traditionellen Strömung trotzdem kein Zacken aus der Krone. Es ist eine andere Herangehensweise mit der inneren Gefühlswelt, die ich weder verstehen noch teilen muss. Zumindest nicht solange ich auch noch meine Nische aus traditionellem Gothrock, Darkwave und Postpunk behalte in der ich mich inzwischen tatsächlich zu Hause fühle. Und diese Nische gibt es ja noch. Sowohl auf dem WGT, als auch auf anderen, teils kleinen Veranstaltungen, Clubs und Konzerten. Die Szenewurzeln sind schließlich nicht tot. Sie sind noch da und finden seit ein paar Jahren zum Glück ja auch durch entsprechende neue Bands wieder mehr Gehör. Jetzt liegt es halt an uns dem ganzen auch wieder inhaltlich Tiefe zu verleihen. Sonst haben wir demnächst wohlmöglich das andere Extrem: Leute die zwar aussehen als seien sie frisch aus den 80ern gefallen und die passende Musik hören, sich inhaltlich aber keinen Deut anders verhalten als andere Menschen, vor denen wir uns einst in unsere Nische zurückzogen.

Und das hat Bruno Kramm in meinen Augen auch wunderbar auf den Punkt gebracht, als er davon sprach die Szene solle auf ihre Facetten und Tiefe bauen.

Yorick
Yorick (@guest_59042)
Vor 4 Jahre

Gruftfrosch
„Ehe ich zu meinem ersten WGT fuhr, sind dann noch mal Jahre vergangen, in denen ich mir zuvor “meine” schwarze Welt erschloss, zu der dieses Hellectro-Gedöhns und Cyber-Goth-Gestampfe eher nicht gehörte. Ausgerechnet Letzeres hatte bei meinem ersten WGT seinen Höhepunkt und das WGT erstrahlte in Neonfarben.“

Lass mich raten: Das war in den späten 2000ern, stimmt’s?

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus (@guest_59043)
Vor 4 Jahre

@ Graphiel: volle Zustimmung, Du hast genau die Worte gefunden, die mir auch durch den Kopf gegeistert sind, die ich so aber noch nicht zusammenbringen konnte.

Gruftfrosch
Gruftfrosch(@gruftfrosch)
Vor 4 Jahre

Graphiel: Wunderbar ausgeführt. Danke

Yorick: Ja, genau so ist es. 2008….War nicht schwer zu erraten, oder?

Yorick
Yorick (@guest_59049)
Vor 4 Jahre

Gruftfrosch
Genau. Die End-2000er gingen mal gar nicht.

Nossi
Nossi (@guest_59055)
Vor 4 Jahre

ich finde diese Doku ja gerade deswegen einseitig/seltsam, gerade weil die Bands die in dieser Zeit sehr populär waren (also garantiert nicht meine Faves) nicht erwähnt werden. :D

Wiener Blut
Wiener Blut (@guest_59062)
Vor 4 Jahre

Wieder eine gute Doku im öffentlich rechtlichen Auftrag, von denen es ja schon eine Hand voll gibt. Ja, auch bei mir ist der Startpunkt Ende der 90er. Blabla… sabbel sabbel… ich war ab Start vor allem Freund der optischen Reize und der Mystik der Musik. Ein Wutmensch war ich nie, auch kein Geschrammel und Gebrüll Mensch. Früher gab’s Stammtische… und sogar Doppelkopf Abende, die hab ich sehr genossen. Beim Tanzen, Äußeren, und inneren macht’s für mich der Takt, verbunden mit Kreativität, die ich in der bunten billig Pop Welt, von Saison und Trend getrieben, oft vermisse, sogar oft als hässliches, abstoßendes Gegenteil von Takt und Kreativität, empfinde. Außerdem bin ich ein nach vorne geh Mensch, nicht ein sich ziehen lassen, oder bremsen, und sogar zerstören Zeitgenosse. Vor meinem Beruf war ich, und bin es immer noch, gut in Geschichte, Philosophie, Religion und Kunst…. kann zwar nach Hinten schauen, Gutes mitnehmen, aber Stillstand finde ich ätzend. Jetzt ist es doch Gesabbel geworden. Musikalisch kann ich beim „Jetzt Stand“, sowohl den folkigen, klassischen, aber auch den Trance befördernden elektronischen Sachen viel abgewinnen…. ergo hab ich weniger Probleme mit den Stampfern und Hüpfern. Die Verbindung von beidem finde ich musikalisch besonders reizvoll. Auch alles was an die Wave… über NDW usw Ecke, bis heute anschließend, auch wenns punkig und Textarm wird, kann ich gut hören und dazu tanzen. Im Grunde ist das alles zusammen auch ein roter Faden, der bis heute weiter gesponnen wird bei mir. Nichts desto trotz schätze ich immer wieder Distanz und Ruhe, und auch Maß. Das Gesabbel wird immer schlimmer, und klingt irgendwie in Teilen nach Pater Ignatius und Dorfpastor. Ach zuletzt, den schwarzen Humor hab ich immer geschätzt, den man weniger in „Preußen“, dafür mehr in „Habsburger“ Ecken findet… auch wenn ich ein wunderbarer “ preußischer Beamter und Bürger“ sein kann, was meinen Standort und mein Beruf aber mehr als bedient… bis zum Überdruss. Oh Gott, das Geschwafel wird schlimmer. Zum Ende kommen… Früher war nett, zurück in die XYZer möchte ich aber auf keinen Fall. Dafür freue ich mich heute schon über die Dokus 2025-2030… und den Nachwuchs… um zu sehen, wie’s dann ausschaut mit „der Szene“, hier und weltweit. P.S. Bei Geschwistern ist es bei mir sehr Gegenteilig…. auch wenn wir uns gut verstehen… „Blutsverwandtschaft“ konnte ich nie mitziehen, ist aber auch gut so. Dafür ziehen meine Frau und ich uns gegenseitig. Der aktive Freundeskreis ist zwar geschrumpft, durch außeinander leben und Inaktivität, aber die Qualität ist dafür sehr gut.

Victor von Void
Victor von Void(@vivovo)
Vor 4 Jahre

Ich fand die (komplette) Doku eigentlich recht gut, auch wenn man 40 Jahre in unter 90 min gepackt hat, was bei einer derartig heterogenen Szene zwangsläufig dazu führt, dass einiges zu kurz kommt.

Mir hat z.B. der Hinweis gefehlt, dass in der zweiten Hälfte der 90er viele Bands aus den 80ern und frühen 90ern aufgegeben oder zumindest zeitweise den Betrieb eingestellt hatten, und es somit fast zum Szenesterben gekommen wäre. Ohne die neu hinzugekommenen Subszenen wäre quasi nichts substanzielles mehr da gewesen. Deshalb finde ich es schon interessant, dass hier offenbar so einige ausgerechnet zu der Zeit in die Szene gefunden haben (wie ich auch).

Aber wie gesagt, insgesamt ist die Doku gut recherchiert und gut gemacht, ich würde sie jemandem empfehlen, der die Szene nur von außen kennt.

BlueLotus
BlueLotus (@guest_59067)
Vor 4 Jahre

Diese Doku zeigt alles, was Gothic für mich NICHT ist. Die letzten 4 Sätze am Ende setzen dem ganzen die Krone auf- ohne Worte!!!
Nachtrag: Auch der Titel der Doku ist falsch gewählt, da nicht gezeigt wird, was die Szene unsterblich macht, sondern verschiedene Strömungen, welche ihr im Lauf der Zeit entsprungen sind. Dies zeigt Transformationen, die aus meiner Sicht das Gegenteil von Unsterblichkeit sind, da sie in ihrer Entwicklung das Originale immer mehr durch etwas Neues ersetzen, es quasi auslöschen und so eigentlich seinen Tod herbeiführen. Unsterblich heißt für mich, wenn das Original in seinem ursprünglichen Glanz für die Ewigkeit konserviert wird. Und ja, Gott sei Dank ist die Schwarze Szene wirklich unsterblich, nämlich durch ihre musikalische Hinterlassenschaft. Desweiteren natürlich durch Bild-u. Videomaterial. Und durch alle, die genau dieses zu schätzen wissen und in seiner ursprünglichen Form hochhalten. Die anderen kreieren ( wertfrei gesagt) einfach etwas Neues.

Nossi
Nossi (@guest_59079)
Vor 4 Jahre

Wenn ich an die Reaktionen im Bekanntenkreis oder in diversen Social Networks denke. Die allgemeine Kritik an diesem Teil, ist doch ziemlich scharf, wohin auch immer ich blicke. Note 6 Minus, Thema verfehlt. Mehr muss man dazu einfach nicht mehr sagen.

Creature
Creature(@creature)
Vor 4 Jahre

Man sollte vielleicht nicht die empfundene Unerfreulichkeit der Entwicklung, die in der Dokumentation aufgearbeitet wird, mit der Qualität der Dokumentation verwechseln. Inhaltlich vermag ich keine gröberen Schnitzer zu erkennen. Die Strömungen, die angesprochen werden, haben ja tatsächlich so wie beschrieben im schwarzen Dunstkreis stattgefunden, tun es teilweise noch und waren seit der Jahrtausendwende über lange Zeit dort dominant. Der Kommentar ordnet die Szenefremdheit vieler Einflüsse korrekt ein (und benennt sogar deren Herkunft stichhaltig – das ist ein großer Fortschritt gegenüber der lang gehegten, szeneinternen Ignoranz, die sich beispielsweise jahrelang beharrlich weigerte, zuzugeben zu Techno-/Trance-Beats zu tanzen, obwohl das offenkundig war). Immer dann, wenn man sich gerade wieder im Begriff ist zu ärgern, weil irgendein Randphänomen der breiten Weltöffentlichkeit nun wirklich nicht als zentrales Goffick-Element verkauft werden sollte, wird schleunigst auf die Zugehörigkeitskontroverse hingewiesen. Ob man dem versöhnlichen Ende dann folgen mag, bleibt ja weiterhin jedem selber überlassen; ein grob irreführender Blick auf moderne Szeneentwicklungen ist einem jedoch nicht vermittelt worden.

Im Detail mag es natürlich Kleinigkeiten geben, die man sich anders gewünscht hätte. Ich mag ja die Unterscheidung zwischen Schwarzer Szene (als Sammelbegriff, den die Doku meint, wenn sie „Gothic“ sagt) und Gothic (als in den spätachtzigern und frühneunzigern dominante Strömung darin). Das ist allerdings ein durchaus nicht unumstrittener Gebrauch; man kann der Doku insbesondere bei der Orientierung auf ein breites Publikum also keinen großen Vorwurf daraus machen. Dass Bruno Kramm wie gewohnt mehr Rhetorik als Inhalt beizutragen hat – geschenkt (steht eigentlich ein Oswald Henke, den ich immer als den intellektuelleren Teil des Todeskunst-Umfeldes wahrgenommen habe, für derlei Produktionen nicht zur Verfügung oder warum wird für so etwas immer auf Kramm zurückgegriffen?). Dafür ist mit Thomas Thyssen ein äußerst eloquenter Szenechronist an Bord, der es vermag, neuere Entwicklungen aus der Perspektive des Altvorderen durchaus kritisch zu begleiten, ohne in Ignoranz zu verfallen. Und mit Alexander Nym ist die vielleicht relevanteste akademische Instanz in Schwarzfragen im Hintergrund beratend tätig gewesen. An Fachkenntnis hat es also nicht gemangelt.

Besonders angetan hat es mir darüber hinaus die Auswahl der Szenegänger, die repräsentativ für ihre Subszenen stehen sollten. Offenkundig hat man sich nicht damit zufriedengegeben, das Lebensgefühl beispielsweise des Durchschnitts-Steampunks abzubilden, sondern vielmehr gesucht, bis sich ein besonderes Exemplar gefunden hatte, das in der Lage war die eigene Position in und für die szene reflektiert zu erfassen. Selbst bei den Cybern klappte das noch so leidlich. Die Tatsache, dass es solche Leute gibt, die in der Lage sind, zu erörtern, warum sie sich in ihrem Nischenbereich der Schwarzen Szene verbunden fühlen, macht nachvollziehbar, warum man letztlich versöhnlich endet.

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