Im September 2021 fand auf der griechischen Halbinsel Methana, das erste Cyber-Mittelalter-Festival Narthex statt, das ein Publikum aus rund zehn Ländern anlockte, die sich als „posthumane Wesen der Zukunft“ inszenierten und zu Rave-Beats in ihrer Form der Selbstdarstellung feierten. ARTE war dabei und titelte „Xenogenders: Queere Kobolde und Cyber-Nymphen„, um einen Blick hinter die teilweise leuchtend-bunte Fassade zu werfen. Ich bin immer noch dabei die ganzen Begrifflichkeiten auf die Reihe zu bekommen und hänge schon eine ganze Weile an der Wortkombination „Cyber-Mittelalter-Festival“ fest.
Bei der ersten Betrachtung entdecke ich wild gekleidete Menschen, die in Interviews für mich schwer zu greifenden Selbstwahrnehmungen offenbaren und die zu elektronischen Klängen auf eine griechischen Insel tanzen. Allerdings bleibt es nicht bei der auf den ersten Blick oberflächlicher Kostümierung oder einer Geschlechtsidentität ohne klassische Bezugspunkte, sondern die Bewegung richtet sich auch gegen „einen überdominanten Cyberfeudalismus„, bei dem die High-Tech Konzerne des Silicon Valley als Großfürsten gelten, die ihr Nutzer*Innen wie Leibeigene im Mittelalter behandelt. Das erfahre ich in der kurzen Doku von ARTE Tracks.
Allerdings ertrinke ich in einer Flut von neuen Begriffen und Attitüden, die ich erst einmal einzuordnen versuche. Ich bin mir nicht sicher, ob es mir gelungen ist.
Was ist Xenogender überhaupt?
Menschen, die sich mit „Xenogender“ identifizieren, lassen sich nicht in den klassischen Konzepten von Männlichkeit, Weiblichkeit oder Geschlechtslosigkeit beschreiben. Um ihr Geschlechtsempfinden zu beschreiben, nutzen sie Gegenstände, Tiere, Farben, Symbole oder auch Pflanzen zu Selbstbeschreibung und entziehen sich damit jeder Einordnung in binäre Schubladen. Wie das Queer-Lexikon offenbart, scheinen Xenogender eine Randgruppe in der Randgruppe zu sein und sorgen für viel Diskussionsstoff in der queeren Community. Ich bin sehr fasziniert, wie sich junge Menschen mittlerweile abgrenzen, um sich in ihrem kleinen Mikrokosmos zu verwirklichen, zu finden und zu entwickeln. Zugegeben „Xenogender“ ist jetzt nicht leicht nachzuvollziehen, wenn man wie ich in einer Gesellschaft aufgewachsen ist, in der noch heißt diskutiert wurde, ob sich Jungs überhaupt schminken sollten.
Grundsätzlich finde ich es aber toll, in einer Gesellschaft zu leben, die sich der Identitätssuche und Selbstbestimmung immer weiter öffnet. Was sich in den letzten Jahren an Wahrnehmung entwickelt hat, darf durchaus als wegweisend betrachtet werden, erst jüngst wurde ein neues Selbstbestimmungsgesetz erlassen: „Jeder Mensch in Deutschland soll sein Geschlecht und seinen Vornamen künftig selbst festlegen und in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern können.“ Sicherlich geht es vielen Menschen nicht schnell genug, aber das Thema ist durchaus komplex und vielschichtig. Ich bleibe sehr gespannt, wie die Reise weitergeht.
„Zugegeben „Xenogender“ ist jetzt nicht leicht nachzuvollziehen, wenn man wie ich in einer Gesellschaft aufgewachsen ist, in der noch heißt diskutiert wurde, ob sich Jungs überhaupt schminken sollten.“
Ich betrachte mich seit vielen Jahren als Ally der LGBTIQ+ Community (und hatte diesbezüglich schon diverse Diskussionen mit weniger toleranten Leuten, on- wie offline), aber „Xenogender“ die ihre Geschlechtsidentität mit einer Pflanze assoziieren… Ich weiß grad nicht ob das real sein kann, es klingt ehrlich gesagt ein wenig wie ein schräger Spaß(?) gelangweilter Leute, gefühlt ein Spaß auf Kosten von Menschen die wirklich unter Geschlechtsdysphorie o.ä. leiden. Aber ich mag mich irren und will den Leuten hier auch nichts unterstellen.
Die Kritik am „Cyberfeudalismus“ (interessanter Begriff für dieses Problem) teile ich hingegen zu 100% (ebenso das was du, Robert, über unsere immer offener und toleranter werdene Gesellschaft geschrieben hast – Finde diese Entwicklung auch toll! :) ).
Ja, auch diese Empfindung kommt in meiner Wahrnehmung vor. So wie ich gelesen habe, sind Xenogender genau aus diesen Gründen auch in der queeren Szene umstritten. Die „Unbeschreiblichkeit“ lässt auch keinen Verständniskompass zurück, an dem sich gegenüber diesem Phänomen orientieren könnte. Auch wenn das furchtbar individuell, einzigartig und besonders ist und sogar für den ein- oder anderen befreiend wirkt, bleibt bei vielen Unverständnis zurück.
Mich nervt dieser ganze „ich bin ja so einzigartig“-Wahn einiger Leute inzwischen nur noch. Wir sind alle Menschen, warum muss jeder nun noch auf Biegen und Brechen eine Extra-Schublade für sich aufmachen… Wenn jemand wirklich unter seinem biologischen Geschlecht leidet, ist das was andres. Aber das jetzt als reinen Hype-Lifestyle zu verkaufen, dass man ja so unglaublich individuell ist, finde ich bescheuert. Sorry, aber ich hab schon die Nase voll von dieser ganzen aufgezwungenen Genderei. Viel wichtiger ist mir, dass im Grunde genommen keine Unterscheidung zwischen Geschlechtern gemacht wird, sei es nun in den Menschenrechten, in der gesellschaftlichen Akzeptanz oder in der Bezahlung oder anstatt immer mehr alles aufzusplitten und auf diese Weise künstlich zu trennen.
Du spiegelst ein weit verbreitetes Gefühl, deshalb nehme ich jetzt Dich, um meine Meinung dazu zu sagen.
„Mich nervt dieser ganze „ich bin ja so einzigartig“-Wahn einiger Leute inzwischen nur noch.“
Gerade bei älteren Gruftis beobachte ich dieses Gefühl auf breiter Ebene, mich selbst eingeschlossen. Allerdings ist es meiner Ansicht nach fatal, vor allem die Augen zu verschließen und nur in der eigenen Komfort-Zone zu leben. Abgeschottet von äußeren Einflüssen nehmen wir uns nämlich die Grundlage, uns weiterzuentwickeln, zu lernen und letztendlich, geistig fit zu bleiben. Die
Szene ist mittlerweile 40 Jahre geprägt von Veränderungen und Einflüssen, die wir mitgemacht oder abgelehnt haben. Ich möchte aber behaupten, alles auf Augenhöhe ausprobiert, kennengelernt und gesehen zu haben.
Aus meinen persönlichen Beobachtungen komme ich zu dem Schluss, dass das „ich bin ja so einzigartig“ Gefühl immer schon ein Teil der Szene gewesen ist. Auch das Gender-Thema war meiner Erfahrungen nach immer in der Szene zu finden, nicht in beschrifteten Schubladen, sondern in gelebter Andersartigkeit. Die Szene war und ist für mich ein Spielplatz sich auszutoben, sich zu finden und eine Safe-Space, um zu erfühlen, wo die eigene Identität hingeht.
Nur weil wir uns „gefunden“ haben, heißt das nicht, dass andere das nicht ausleben dürfen oder sollten. Und ja, ich finde es doof, wenn daraus ein „es geht mir auf den Sack-Gefühl“ resultiert. Wenn man ausstrahlt, dass die Szene so zu sein hat, wie man sie sich selbst geformt hat.
Niemand zwingt Dir etwas auf, Caro. Ich bin aber der Meinung, dass man sich manchmal etwas aufzwingen lassen muss, um sich aus der Komfort-Zone zu holen, zu erleben, zu verstehen und kennenzulernen. Ich wünsche mir so sehr, dass ich das auch noch in 20 Jahren schaffe. Denn nur so – und davon bin ich überzeugt – bleibt man weitsichtig, weltoffen und lernfähig.
Hallo Robert, woraus schließt Du denn hier fehlende Weiterentwicklung, nur weil ich (und wie du schreibst, auch andere) mich über dieses eine Thema kritisch äußere? Das an diesem einen Punkt festzumachen, halte ich für fragwürdig. Man kann sehr wohl offen für Neues sein, muss aber trotzdem noch lange nicht alles gutheißen oder gut finden. Eine eigene Meinung sollte man sich schon bilden und auch verschiedenen Wertungen äußern dürfen, ohne dafür gleich in eine „Ewiggestrige“-Schublade gepackt zu werden.
Auch wenn die Szene schon immer ein Sammelbecken für Vielfalt in allen möglichen Aspekten war, so gab es dennoch eher ein akzeptierendes Miteinander statt eine bewusste Aufsplittung und ein sich selbst in Schubladen-Einsortieren. Im Gegenteil, die meisten wehr(t)en sich vehement dagegen, in eine Schublade gepackt zu werden. Okay, das geht zwar auch in Richtung „ich bin einzigartig“, aber da wurde nicht darüber lamentiert, dass nicht über jedes spezielle Outfit oder Lebensgefühl medial berichtet und jede Extravaganz allgemein akzeptiert wird. Das macht den Unterschied.
Inzwischen scheint es aber eher angesagt zu sein, dass jede noch so kleine Gruppierung um mediale Aufmerksamkeit buhlt. Es soll bitte auf jede Anderartigkeit Augenmerk gelegt werden und wehe, es wird nicht genug gewürdigt, dass jemand oder eine Gruppe irgendwie anders ist. Das ist es, was mich nervt, dieses Wichtignehmen und Aufmerksamkeits-Gezicke. Das Betonen von Unterschieden. Und damit meine ich nicht, dass alle gleich sein soll(t)en. Jeder kann sich fühlen, kleiden und verhalten, wie er/sie/es mag – solange damit niemand anderem geschadet wird. Aber man muss keinen Bohei darum machen.
Nein, nicht allein an fehlender Weiterentwicklung oder Deiner Kritik daran, sondern eher an dem pauschalisierenden Umgang mit Meinung. „Nase voll […] Genderei“ oder „Ich bin ja so einzigartig-Wahn“ sind da in deinem Kommentar gefallen, was der Sache eben nur teilweise gerecht wird.
Ich will nicht abstreiten, dass du einen Teil der Leute mit deiner Meinung völlig richtig beschreibst, aber vielen anderen Menschen wirst du damit einfach nicht gerecht.
Schön schreibst du: „akzeptiertes Miteinander“ – und genau dahin will ich doch wieder zurück. Das dieses Thema nun so durchgekaut und aufbereitetet wird, begrüße ich sehr. Ich fühle allerdings deinen letzten Absatz sehr:
„Betonen von Unterschieden“ und „Aufmerksamkeits-Gezicke“
sind auch für mich störende Randerscheinung, die der Sache nicht gerecht werden und für mich das „akzeptierte Miteinander“ tatsächlich verhindern. Allerdings ist es auch wichtig, dass dieses Thema sichtbar gemacht wird, dargestellt und durchgekaut wird, damit endlich die Weichen für ein gesamtgesellschaftliches „Miteinander“ gestellt werden können. Ich glaube der negative Beigeschmack, den du schmeckst, allein von Spektrum derer ausgehen, die Krach machen um des Krach machen willens, nicht um die Entwicklung sinnvoll voranzutreiben.
*ähm, Huch, das war eigentlich als Kommentar an Tanzfledermaus gedacht..*
Roberts Kommentar deckt sich stark mit meiner Sichtweise. Ich möchte aber gern noch ein paar Dinge ergänzen bzw. stärker herausarbeiten.
Zwischen Aufmerksamkeitgezicke und Aktivismus zu differenzieren ist enorm wichtig und ich finde das es in deiner Aussage leider etwas in einen Topf landet. Klar, wir mussten uns innerhalb der Szene sehr oft mit Leuten herumschlagen, die die Szene als Plattform genutzt haben ihre Andersartigkeit zu demonstrieren, die eigentlich nix mit der Szene selbst zu tun hatten und die auch mediale Aufmerksamkeit gesucht haben. Das nervt und hinterlässt dann einen Beigeschmack, wenn man die Szene schützen möchte und ihr wenigsten noch ein klein bisschen Untergrund und Mystik bewahren möchte. Zumindest sehe ich das so. Aber hier geht es um etwas anders.
Es geht um das Thema „gender“, was ja nichts weiter als gesellschaftliches Geschlecht bedeutet, also NICHT mit dem biologischem Geschlecht das ja „s*x“ heißt zu verwechseln ist, das ist keine ausschließlich private Sache mehr. Wenn vor vielen Jahren nicht Menschen aktiv gewesen wären, in die Öffentlichkeit gegangen wären, sich sichtbar gemacht hätten und dadurch Debatten angestoßen etc., dann gebe es dieses Selbstbestimmungesetz, von dem in Roberts Artikel auch die Rede ist, wahrscheinlich nicht. Und dieses Gesetz finde ich, ist ein wichtiger Schritt in eine moderne sich weiterentwickelnde Gesellschaft!
Aktivismus braucht Öffentlichkeit. Gerade in letzter Zeit habe ich mich ein bisschen mit Aktivismus befasst und so viel dazu gelernt. Wie wichtig das ist und wieviel dadurch in unserer Gesellschaft bewirkt wurde, was wir teilweise als selbstverständlich annehmen, es aber leider nicht so ist. Und ich persönlich wünsche mir das die Szene ein safe space für die lgbtq+ Community bleibt, weil es nachwievor nicht genug dieser sicherten Orte gibt!
Ich muss zugeben, dass ich Tanzfledermaus durchaus verstehen kann, auch wenn ich nicht alle Ansichten davon teile. Mir gehen diese und ähnliche Themen inzwischen aber auch oft hochgradig auf den Zeiger. Das liegt bei mir aber nicht bzw. eher selten an den Betroffenen selbst, nur um das gleich vorweg klar zu stellen. Bei mir liegt es hauptsächlich an den von dir angesprochenen „Krachmachern“, aber auch an einer empfundenen zunehmenden Gnadenlosigkeit gegenüber Fehlern, Skepsis oder zögerlichem Verständnis.
Grundsätzlich finde ich es auch gut und richtig, dass solche Themen sichtbar gemacht werden. Und ja: Ich wünsche mir auch, dass Weichen für ein gesamtgesellschaftliches Miteinander gestellt werden. Die traurige Realität ist aber auch, dass recht viel von der medialen Aufmerksamkeit an genau die Krawallmacher abfließt, die der eigentlichen Sache mehr Schaden als Nutzen zufügen. Und das sind leider nicht nur Schmierblätter wie die BILD, die nichts besseres zu tun haben, als genau solchen Flitzpiepen eine Bühne zu bieten. Nur um mal zwei Beispiele zu bringen: Das ZDF wollte vor einiger Zeit einen Beitrag zum Thema Hass gegenüber Frauen im Internet machen. Grundsätzlich eine gute Idee, doch wen lud man sich als „feministische Expertin“ dazu ein? Suzie Grime. Eine Dame, die sich auf youtube selbst mit unzähligen fragwürdigen Eskapaden und Anfeindungen einen nicht gerade positiven Ruf geschaffen hat. Nachdem unzählige Kommentatoren dem ZDF einen Vogel zeigten und danach fragten ob man dort „Lack gesoffen habe.“, wenn man ein berechtigtes Thema von einer Person wie Frau Grime vertreten lässt, nahm man den Beitrag wieder vom Netz. Das war dem ZDF dann scheinbar selbst zu doof. Ein anderes mal ging es in einer Sendung des SWR um BodyPositivity. Grundsätzlich auch eine super Sache und ein wichtiges Thema. Hier lud man sich allerdings eine Dame namens Jules Schönfeld ein, die sich in der Runde mit Sätzen wie „… wenn essen der einzige Anker im Leben ist.“ um Kopf und Kragen redete und sich ansonsten selbst bei berechtigten gesundheitlichen Fragen und Einwänden sogleich in die Opferrolle schmiss. Letzten Endes hatte das was Frau Schönfeld da in der Runde zu erzählen hatte, von vorne bis hinten nix mit einer positiven Einstellung zum eigenen Körper zu tun. Viel mehr hatte ich den Eindruck die Frau wolle da ihre eigenen „psychischen Probleme“ unter dem Deckmantel einer grundsätzlich positiven Bewegung kultivieren. Die Sendung kann man übrigens bis heute auf youtube anschauen. Sehr sehenswert, an manchen Stellen aber auch zum fremdschämen. Als drittes könnte man natürlich auch noch den Fall von FFF-Hannover nehmen, die sich im selbst auferlegten antirassistischen Rahmen mit ihrer übergriffigen Verhaltensweise gegenüber der Musikerin Ronja Maltzahn ins eigene mediale Bein geschossen haben. Was übrigens auch innerhalb von FFF für verständnisloses Kopfschütteln sorgte. Wenn diese wenigen Beispiele die wichtige Aufmerksamkeit für solche Themen sein soll, dann aber mal gute Nacht. Dann habe ich für eine positive, gesamtgesellschaftliche Weichenstellung ehrlich gesagt nur noch wenig Hoffnungen.
Ja, diese Leute mögen innerhalb der einzelnen Bewegungen eine Randerscheinung sein, aber sie ziehen leider auch wahnsinnig viel mediale Aufmerksamkeit auf sich und vom eigentlichen Thema ab. Und das schlägt sich meiner Meinung nach dann leider auch auf die allgemeingesellschaftliche Wahrnehmung gegenüber diesen Themen nieder. Oder kurz gesagt: Wenn du unter dem Hashtag xy ständig Leute zu sehen/lesen bekommst, die sich wie die offene Hose aufführen, so ist es für mich leider nicht besonders verwunderlich, dass sich gesamtgesellschaftlich eher eine gewisse Antihaltung anstelle von Verständnis entwickelt.
Zum Beitrag selbst noch kurz: Teilweise kann ich den Xenos (kürzt man das so ab?) sogar nachempfinden. Manchmal fühle ich mich auch wie ein Alien inmitten einer Spezies, die der Biologie nach meine Artgenossen sein sollen. Allerdings schreibe ich dieses Gefühl eher meiner Misanthropie zu. ;-)
Ja, nachvollziehbar was du schreibst, aber wie könnte man mit diesem Dilemma umgehen? Damit sich die Aufmerksamkeit nicht auf bestimmte einzelne Leute richtet, die vielleicht ein rein persönliches Interesse an Öffentlichkeit haben, sondern auf die Themen die mehr Aufmerksamkeit wirklich verdient haben! Ich finde das gar nicht so einfach, da eine Lösung zu finden.
Gute Frage. Ich wünschte ich hätte da eine Patentlösung, aber die habe ich leider auch nicht. In einer medialen Welt in der „reißerisch = besser“ oft das Maß der Dinge zu sein scheint halte ich das für echt schwierig.
Ich glaube, es sollte und kann auch nicht um eine Lösung gehen, die letztendlich nicht alle glücklich machen wird. Wir reden darüber und nehmen vielleicht auch andere Sichtweisen wahr, die wir vorher nicht hatten.
Allerdings muss ich „nervig“ bleiben und dieses Thema mit der Wichtigkeit behandeln, die es verdient. Es immer wieder aufgreifen, Diskurse sichtbar machen und dabei dann doch alles so „normal“ wie möglich zu behandeln, ohne einzelne Protagonisten in den Vordergrund zu stellen.
Kriegen wir schon hin :)
Bitte unbedingt nervig bleiben ; )
Ich könnte jetzt die gleichen Argumente wie Tanzfledermaus bringen, möchte aber in eine andere Kerbe schlagen, weil mir das Thema doch noch anders wichtig ist. Erstmal beglückwünsche ich die jungen Leute, und hoffe sie selber und vor allem ihr Umfeld wird damit glücklich. Oft sind es ja nicht die Leute selber, sondern ihr Umfeld das seltsam reagiert. Und ich meine das ernst mit seltsam reagiert. Warum? Sie üben keine Gewalt gegen sich selbst, oder andere aus, und scheinen damit glücklich. Also bitte. Warum irgendwie viele Worte oder Reaktionen darauf. … So, jetzt knüpfe ich Mal einen Teil an Robert an… Im Gegensatz zu Robert bin ich in einem sehr ländlichen Umfeld aufgewachsen, und da waren die Rollenbilder doch sehr Klischeehaft, nicht nur bei den Alten, sondern klar durch Prägung auch bei den Kindern. Führte dazu das ich mich nie wirklich dazu gehörig gefühlt habe. Ganz einfach weil mir das vollständige Blatt Karten (Auftreten/Sprache etc, Hobbies, etc) für die eine Seite, wie die andere fehlten. Man gleicht ja ab, wird abgeglichen, und das Ergebnis ist dann ja Recht simpel. Puzzleteil passt nicht. Und mir geht es nicht nur „ums Schminken“ wie Robert das schon als damals diskussionswürdig angeführt hat. So, mittlerweile muss ich gestehen ich bin da raus bei dem Gruppen bilden. Ich bin zu alt, und hab da keinen Bock mehr drauf. Ich wüsste auch nicht was es mir bringen sollte. Ich überlege auch mir „die Scheiße“ aus dem Perso ganz streichen zu lassen, und mir das Ganze dann amtlich weiterhin von außen zu betrachten. Sorry, ich brauche keine Gruppe bei Geschlecht oder Sexualität in der ich mich einsortieren lassen muss. Klar macht es das manch Zeitgenossen, und gerade dem Marketing einfacher, mich zu analysieren und passend eingruppieren zu können. Andere brauchens für ihren eigenen inneren Kompass. Mir geht’s auf den Sack. Ich bin in sehr lange in einer glücklichen Beziehung. Wir haben nicht wenige Beziehungen unglücklicher und früher beendet gesehen. Wir haben auch extreme Rollenbilder, und extreme Ungleichgewichte dadurch gesehen. Ich brauche auch keine Orientierung, Ratgeber, spezielle Angebote für mein Leben speziell für Männer, Frauen, Trans, Blumen… in hetero, bi, homo, igitt Sex usw. Basta.
Zurück zu den Xenos. Wahrscheinlich bin ich ihnen näher als ich meine. Auf jedenfall wünsche ich ihnen eine gute gemeinsame Zeit, und viele positive menschliche Begegnungen…. nur Avatar ist ja nunmal zu wenig. Und hoffentlich können sie auch mit genug Gelassenheit und Humor an sich selber herantreten. Von außen werden schon genug reagieren, wie auch immer.
Das klingt alles sehr spannend, ich denke allerdings das es am Ende den meisten doch nur um ne abgedrehte Party geht und nicht um die Inhalte, wie z.B. die Kritik am Cyberfeudalismus. Aber auch das wilde Feiern sei ihnen gegönnt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist sicherlich das bestimmt viele unter ihnen sind, die einfach nur ganz besonders, besonders sein wollen, sich mit dem Begriff Xenogender nur schmücken und es damit ad absurdum führen. Da fühlt sich jemand der wirklich mit seiner Identität hadert berechtigterweise auf den Schlips getreten. Aber warum sollte es denn nicht Menschen geben, die sich wirklich als Xeno empfinden!? Das jemandem abzusprechen geht eigentlich nicht, weil man Menschen ja nur vor den Kopf gucken kann. Könnte mir vorstellen das es so ähnlich wie bei Synästhesie ist, wenn Leute zb. Musik riechen können. Bei Xenogender verknüpft das Gehirn die eigene Identität wohl mit anderen Begriffen als den üblichen, neurodivers eben. Für mich war nur nicht ganz klar, ob es ausschliesslich um die Geschlechtsidentiät geht oder auch um die generelle Identität. Denn, dass man sich mehr wie ein Alien statt einem Menschen fühlt, das kenne ich sehr gut…
Übrigens finde ich die zwei alten, selbstironischen Damen am Ticketstand sehr entzückend : )
Ah, Xenogender… ich kann mich erinnern wie das Ganze auf Tumblr so ca. anno 2010 seinen Anfang nahm. Viele der Microblogger, die damals Teil der Xenogender und Nonbinary Community wurden kamen aus der älteren (und ähnlich Artverwandten) „Otherkin“ Community aus Livejournal. Otherkin sind einfach gesagt Leute, die sich als Tiere oder magische Wesen Identifizieren, quasi als „Biest gefangen in einem menschlichen Körper“. Da gab es dazu ja mal einen sehr erheiternden TV-Bericht über Teenager, die sich für Werwölfe halten.
Schon 2012 war es sehr hip auf Tumblr fantasievolle Identitäten und zugehörige, äußerst kreative Pronomen in der Selbstbeschreibung des Blogs zur Schau zu stellen – oft gefolgt von langen Aufzählungen von psychischen Krankheiten wie BPD, Schizophrenie und OCD (natürlich selbstdiagnostiziert). Da gabs Leute, die identifizierten sich als fiktionale Charaktere, Tiere, Pflanzen, Objekte und sogar Gestirne. Ich erinnere mich speziell an einem Blog, dessen Besitzer*in sich als „Galaxygender“ bezeichnete und Pronomen wie „galaxy / galaxy / galaxyself“ im Intro hatte. Schon damals gab es hitzige Streitereien dieser User mit der Online Trans-community, letztere empfanden das Ganze eben als eine offensive Satire und Verballhornung ihrer eigenen Identität. Und es ist auch möglich, dass viele Xenogenders eigentlich Trolle waren, deren Ziel es war, Transgender als möglichst verrückt dastehen zu lassen. Im Internet ist es eben nicht immer einfach zwischen Satire und Ernsthaftigkeit zu unterscheiden…
Interessant finde ich, dass das ganze jetzt erst, nahezu eine Dekade später, von Tumblr, Twitter und Co. in die Realität übergeschwappt ist. Hat womöglich auch damit zu tun, dass Social media Seiten wie TikTok immer mehr die Grenzen zwischen Real Life und dem virtuellen Leben verschwinden und online Diskurse und Themen immer stärker das öffentliche Leben beeinflussen. Und natürlich die erhöhte Sichtbarkeit von LGBT.
Ich persönlich empfand das Ganze auch immer eher als eine Sinnsuche oder ein Versuch, eine einzigartige und sich vom Mainstream abgrenzende Identität zu basteln. Auch wenn auf Tumblr viele Xenogenders längst keine Teenager mehr waren (einige User waren 20+), so hat man schon gemerkt, dass die Persönlichkeiten dahinter möglichst alles versucht haben, um nicht als „normal“ und daher „langweilig“ rüberzukommen, quasi eine erwachsene Rebellion gegen die normierte Gesellschaft. Da gab es unzählige Querschnittmengen mit Hipstern, Nerds und den Leuten, die oft als „Special Snowflakes“ bezeichnet wurden und durch ihr Faible für Vintage-Mode, androgynem Auftreten, bunt gefärbten Haaren und unkonventionellen Lebensstilen (polyamoröse oder queere Beziehungen) auffielen. Da ging es definitiv darum, aufzufallen und die „Normies“ zu schockieren.
Ich will jetzt kein allzu politisches Statement abgeben und polarisieren, aber gerade auf Tumblr und Twitter herrscht schon auch eine sehr starke Abneigung, wenn nicht gar Hass gegen das, was man wohl den Stereotyp der westlichen „Merhheit“ ansieht, also weiß, männlich, christlich und heterosexuell. Alles, was irgendwie diesem Klischee zuwiderläuft wird zelebriert, was teilweise auch sehr komische Züge annimmt, siehe „transrace“ (Personen, die „weiß“ sind, sich aber als nicht-weiß fühlen). Natürlich kann man dann wieder sagen, dass durch diesen Zwang, möglichst individuell und ja nicht „normal“ zu sein lediglich eine Art der Angepasstheit und des Konformismus entsteht. Zudem führt diese Hyperfixation auf das Geschlecht auch irgendwie dazu, dass die Leute kaum eine Persönlichkeit haben – ihre Sexualität und ihr Geschlecht ist das alleinige Merkmal, das sie definiert. Nicht umsonst gibt es auf social media sinnentleerte Diskussionen, ob Heteros Eiskaffee trinken dürfen, weil das laut Online-Meinung ein „typisch queeres“ Getränk sein soll… (siehe hier)
Um den langen Text zum Abschluss zu bringen: ich stimme Durante zu, dass das Ganze sehr stark vom ursprünglichen Sinn der LGBT-Community abgekommen ist. Geschlecht, Sex und Identitäten sind trend geworden – sie lösen die traditionellen Subkulturen der pre-Internet-Ära ab. Anstatt sich über Kleidung und Musikgeschmack sozial abzugrenzen bildet man nun seine Individualität und Gruppenzugehörigkeit über die Wahl der Liebespartner, Beziehungsformen und über die persönliche, schwer greifbare Identität. Sehr viele Gruppen, die ursprünglich niemals mit LGBT in Verbindung gebracht worden wären, weil sie schlichtweg nicht dieselben sozialen Probleme und Unterdrückungen erfahren haben, werden jetzt auch in das Akronym aufgenommen, wie z.b. Asexuelle oder die Fetisch-Szene. Es hat sicherlich etwas Positives, dass LGBT jetzt deutlich mehr toleriert und auch im Mainstream repräsentiert werden – das Negative ist eben, dass vor allem Außenstehende das „Queer-Sein“ zu einer Mode machen, die man einfach überstülpen und ablegen kann, wie es einem beliebt. Das widerspricht natürlich der Tatsache, dass man keine Wahl hat LGBT zu sein und dass es eben kein Persönlichkeitsmerkmal ist, dass man ändern kann und das auch nicht an Dingen gebunden ist wie Kleidung, Nahrung oder Interessen.
Und ahja, die Kritik an Cyber-Feudalismus ist ja sehr schön und berechtigt, aber auch hypokritisch, da die meisten Xenogenders auf Platformen wie TikTok ihren Content posten, die ja Mega-Konzerne sind…
„Ich persönlich empfand das Ganze auch immer eher als eine Sinnsuche oder ein Versuch, eine einzigartige und sich vom Mainstream abgrenzende Identität zu basteln.“ Genau danach strebt der Mensch doch im Allgemeinen, oder? Wir leben in einer Gesellschaft und in einer Welt (immer noch), die die wichtigsten Grundbedürfnisse in jeder Form erfüllt. Das ist toll! Laut Maslow – man kennt seine Pyramide – steht die Selbstverwirklichung an oberster Stelle. Nichts anderes machen die Menschen.
Daraus ist eine Bewegung geworden, die Menschen in den Vordergrund rücken will, die sich beispielsweise als nicht binär empfinden und die dafür kämpfen, akzeptiert und gehört zu werden. Wie jede Bewegung lockt auch diese „Trittbrettfahrer“ an, die auf Kosten der Bewegung Selbstverwirklichung als Bühne auffassen, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
Ganz genau! Das hast du besser auf den Punkt gebracht, als ich es je könnte. Noch bevor wir in den Genuss etwas in unserer Gesellschaft ankommen zu lassen, werden wir schon damit konfrontiert, das auch noch zu differenzieren.
Hervorragender Beitrag, glasklare Worte und interessante Thesen.
Habe auch das Gefühl, dass die tumblr-Kultur die Samen für die Entwicklung gesäht hat, die mittlerweile mitunter sehr alberne Blüten treiben und letztlich Ausdruck eines leeren, verzweifelten Versuchs sind, noch irgendwie hervorzustechen innerhalb einer hyperprofilistischen Zeit, in der unter dem Einfluss sozialer Medien viele Menschen (vor allem die, welche wenig Bedeutungsvolles zu sagen haben) unter die Räder eines ungezügelten Geltungsdranges geraten.
Ich begrüße Phantasie, Umdenkung und Hinterfragung von (Vor-)Gegebenem, doch die Menschen schaffen es leider stets, das Gleichgewicht zum Kippen zu bringen, sodass Sachen, die richtig und wichtig sind, so weit getrieben werden, bis sie nicht mehr ernstzunehmen sind. Ob es sich dabei noch um Avantgarde handelt oder schlicht und ergreifend um substanzlose Ausdehnung und aufgeblasene Spielereien…
Die Menschen (das sind und bleiben sie leider) im Video wirken ganz süß, harmlos und haben sicherlich das Herz am rechten Fleck. Ich kann zudem ganz allgemein niemandem verübeln, sich nach Ausbruch, Realitätsflucht und der Loslösung seiner menschlichen Identität zu sehnen, denn Bewusstsein ist ein Attentat der Natur auf sich selbst. Und der Wunsch nach dem „Post-Humanen“, wie ernst und konsequent er auch sein mag, wird sich anscheinend eher früher als später erfüllen, auch ganz ohne Xenogender.
Interessante Diskussion, aber ein bisschen irritiert bin ich doch:
„Sehr viele Gruppen, die ursprünglich niemals mit LGBT in Verbindung gebracht worden wären, weil sie schlichtweg nicht dieselben sozialen Probleme und Unterdrückungen erfahren haben, werden jetzt auch in das Akronym aufgenommen, wie z.b. Asexuelle oder die Fetisch-Szene.“
Ist vielleicht etwas am eigentlichen Thema vorbei, aber seit wann hat denn die Fetisch-Szene einen Buchstaben im Akronym? Davon ist in meiner Bubble noch nichts angekommen, aber klär mich gerne auf. Und ich sehe ein, dass ich als Asexuelle in einer hetero -aussehenden- Beziehung nicht die gleiche Diskriminierung erfahre, wie andere Gruppen im Akronym, aber glaube mir mal, dass ich wegen meiner Sexualität auch einige Erfahrungen gemacht habe, die Heterosexuellen nicht passieren. Das hat absolut nichts mit Trends nachlaufen zu tun.
Auch wenn ich damit sicher anecken werde, so möchte ich zu dem Thema doch ein, zwei Worte sagen. Wenn sich jemand auf den Schlipps getreten fühlt, dann sei ihm/ihr/es/Eifelturm versichert: Gern geschehen!
Ich bin voll dabei, wenn es darum geht herauszufinden wer man eigentlich ist und das auch ausleben möchte. Ich mache (hier) ja letztlich nichts anderes. Mittlerweile seit… 25 Jahren im Metal- und Gothic-Bereich. Und ich bin immer noch auf der Reise. „Andersgearteten“ Menschen gegenüber bin ich daher stets offen und muß auch nicht JEDEN verstehen, kann ihn aber akzeptieren. Von mir aus kann sich jeder lila-gelb kariert anmalen, Röcke zu Jeansblusen tragen und sich die Haare mit Marmelade einreiben oder Wurst- und Käsescheiben auf den Hintern nähen.
Was mir jedoch mittlerweile ziemlich auf den Geist geht, ist der ständige Anspruch von kleinen Teilen der Gesellschaft sich ständig neue Sachen ausdenken zu müssen und mir diese unter die corona-geschädigte Nase reiben zu müssen. Natürlich mit der Intention maximaler Aufmerksamkeit und völliger Aufopferung meinerseits für ihre persönliche Sache.
Butter bei die Fische: Ja dann lauf‘ doch bitte rum wie du willst, aber erzähl‘ mir nicht ständig wie doof die Welt darauf reagiert. Wenn man anders sein möchte, dann sollte man auch lernen, daß die Gesellschaft nicht unbedingt mit offenen Armen und strahlendem Lächeln darauf reagiert. Ich denke einige unter uns wissen evtl. was ich meine? ;)
Ja, dann liebe doch bitte Männer, Frauen, Bäume und den Eifelturm. Aber ich möchte bitte nicht in der Zeitung seitenlang darüber lesen müssen.
Ich das ungerecht? Vielleicht.
Ich bin für Gleichberechtigung (und zwar nicht nur bei Rechten, sondern auch Pflichten), gegen Rollenbilder und für die sogenannte „Homoehe“. Selbstverständlich muß in diesen Bereichen mehr getan werden, aber es wird NIE völlige Gleichheit herschen, das ist reine Utopie.
Das Gendern empfinde ich als Vergewaltigung der Sprache, die, von einer Minderheit, der deutschen Gesellschaft (erfolgreich) aufgezwungen wird. Dem verweigere ich mich völlig. Sprache ist lebendig und kann und darf nicht erzwungen werden!
Wenn jemand sein Geschlecht ändern möchte/muß oder entsprechend anders leben will/muß, aufgrund seiner Intersexualität, sollte er/sie dies OHNE Probleme tun dürfen. Wieso auch nicht? Who am I to judge?
Warum sich allerdings jemand das Pronomen „they“ geben sollte, ist mir persönlich völlig schleierhaft. (Allein mathematisch ergibt es ja schon keinen Sinn. Oder soll das nach dem Prinzip sein: „Ich bin Legion. Ich bin Viele!“?)
Es gibt da noch sooo viele Spezial- und Sonderfälle auf die ich lieber gar nicht erst eingehe. Nicht wegen eurer Heugabeln und Fackeln. :P
Sondern weil ich da tatsächlich mit Unwissenheit und Unverständnis gestraft bin. Mancher mag sagen: Ignoranz. Ich verstehe sexuelle Neugier, Fragen in der geschlechtlichen Orientierung. Das ist für mich völlig normal und gesund. Einer meiner besten Freunde ist (ganz offiziell von ihm ausgefrufen) eine „Tunte“. Viele die „auf der anderen Seite wildern“, sind völlig normale Menschen, die ich stolz und gerne als Freunde bezeichne.
Aber irgendwo ist für mich auch mal Schluß. Vieles was ich lese und sehe (so auch dieses „Festival“), ist für mich schlichte Selbstdarstellung und Aufmerksamkeitsgeheische („Instagrammhxren“).
Ich könnte es mit den simplen Worten eines mir bekannten Psychologen sagen: „Es gibt zwei Geschlechter, alles andere ist eine psychische Störung.“
Das mag vielleicht in manchen Fällen tatsächlich zu kurz gedacht sein, aber… ich zucke mittlerweile bei vielen Menschen nur noch mit den Schultern…
Du hast eine andere Meinung? Ich bin offen für konstruktive Gedanken. :)
Ich denke du wirst meine Gedanken alles andere als konstruktiv empfinden und ich weiß auch nicht ob du an ernsthaftem Austausch interessiert bist. Ich habe eigentlich nicht viel Meinung, weil davon gibt es schon zuviel, doch ich habe vor allem Fragen an dich.
Du hast ganz schön weit ausgeholt, denn eigentlich geht es in dem Artikel und der Doku um Xenogender und dieses Festival, deshalb versuche ich es etwas einzugrenzen und werde nicht auf alles eingehen können was du schreibst.
Ich persönlich habe kaum bis null Berührungspunkte mit dieser „Welt“ und deren Menschen, so wie es in der Doku gezeigt wurde. Ich habe zuvor noch nichts davon gehört, bzw. ich habe vor längerem mal auf arte diese Doku gesehen und vergessen, bis Roberts Artikel mich wieder daran erinnert hat.
Ich finde Dinge die mir neu sind grundsätzlich erstmal spannend und interessant, meine Neugier wird geweckt. Daher würde mich interessieren woher genau das kommt das man so genervt ist. Hast du viel mit solchen Paradiesvögeln zu tun, kannst du dich dem nicht entziehen? Bist du viel auf sozialen Netzwerken unterwegs wo das der Fall ist? Ich dachte immer man bastelt sich da seine eigene Filterblase. Sicherlich sind da auch viele Selbstdarsteller dabei und Leute die Aufmerksamkeit wollen, dann entziehe ich meine Aufmerksamkeit und gut ist.
Du schreibst das du viele Freunde hast auf die du sehr stolz bist, die Homo oder sonst wie queer sind. Aber die sind zum Glück ja ansonsten vollkommen normal. Was genau meinst du damit? Tragen die Jeans und Tshirt, arbeiten bei ner Bank und hören Schlager?
Außerdem denke ich das du eher der Mehrheitsmeinung entsprichst und den shitstorm habe wohl eher ich zu befürchten, also die Heugabeln und Fackeln.
Ps: Ich selbst bin nur Ally, daher habe ich nicht viel Expertise, aber Menschen die ihr Geschlecht wechseln wollen (in diesem Fall ist angleichen eigentlich das passendere Wort) sind nicht Inter, sondern Trans, man mag mich korrigieren wenn ich falsch liege.
Vielleicht einmal grundsätzlich gefragt: Wenn darüber nichts in der Zeitung lesen willst und grundsätzlich irgendwie genervt wirkst, warum liest du es dann und vor allem: Warum willst du dann eine Meinung dazu haben?
Ich versuche es mal konstruktiv: Aus deinen Zeilen spricht aus meiner Sicht Bequemlichkeit. Wenn du wirklich den Horizont erweitern willst, musst du aus der Komfortzone heraus und aus der „Ignoranz“ etwas Besseres machen wie zum Beispiel „Akzeptanz“. Deine offenherzige Art, zu einem Thema, worüber du eigentlich gar nichts lesen willst, zu kommentieren zeigt mir, dass dich das sehr wohl beschäftigt. Ich nehme Dir auch Dein „festgefahrene“ Meinung nicht wirklich ab, dass dir alles „egal“ ist.
Ja, es stimmt. Aktuell ist das Thema sehr öffentlich und wird rege diskutiert. So wie hier. Und ja, wie bei jeder anderen Sache gibt es auch hier „Trittbrettfahrer“ die die Geschlechtsidentität als Spielplatz ihrer Selbstdarstellung benutzen. Aber letztendlich sind es solche Diskurse, Diskussionen, Nachrichten, Artikel oder Videos, die es im Laufe der Zeit schaffen, eine offene und selbstbestimmte geschlechtliche Identität als „normal“ in eine Gesellschaft sickern zu lassen.
Nicht heute und vielleicht auch nicht morgen wird die „Gleichberechtigung“, von der du sprichst, keine Utopie mehr sein, da bin ich mir sicher. Letztendlich wird dann auch die Sprache folgen, die du völlig richtig als „lebendig“ bezeichnest, denn die richtetet sich immer nach dem wie Dinge gelebt werden. Seit den 80ern habe ich die Sprache in einem ständigen Wandel wahrgenommen.
Ich glaube, konstruktiv wäre es, wenn wann durch die gefühlte Inkompatibilität sein Weltbild dadurch bereichert, solche Dinge nicht nur zu ignorieren, sondern nachvollziehen zu können.
Mensch Robert, du hast das so toll in Worte gefasst. Ich finde deinen Kommentar wirklich sehr konstruktiv, mir ist das nicht gelungen. Danke, ich unterschreibe das einfach ganz fett!!
Das Thema „Gender“ polarisiert. Möglicherweise liegt es weniger an den Individuen, die ihrem jeweiligen Identitätsentwurf nachgehen oder die durch ihr Handeln geschlechtertypische Stereotype aufbrechen. Vielleicht hängt dies mit der symbolpolitischen Relevanz des Themas „Gender“ zusammen, die sich nicht zuletzt in der Frage nach den verschiedenen Selbst- und Fremdetikettierungen äußert.
Bei allem Verständnis für verschiedene Lebensentwürfe vermisse ich doch die Frage nach der biologischen und psychologischen Evidenz, die auch beim Thema „Xenogender“ eine Rolle spielt. Die Frage nach der Geschlechtsidentität scheint zu einer Beliebigkeit zu werden; man beschreibt sich mit Metaphern. Letztendlich wird das eigene Ich-Empfinden zu der Instanz, die über die symbolische Deutungshoheit der eigenen Identität verfügt. Und hier setzt in meinen Augen das Problem des „Xenogender“-Gedankens ein: Der Sexus, die biologischen Determinanten, die ja auch das Geschlecht auszeichnen, werden vollkommen ausgeklammert. Sie scheinen im Gender-Diskurs, der ja alles als konstruiert anzusehen meint, nicht erwünscht zu sein. Die sozialen, entwicklungspsychologischen und ggf. auch pathologischen Faktoren werden dabei wenig berücksichtigt. Zum Glück dürften die Zeiten vorbei sein, dass man im Falle von Transvestie von einer „Geschlechtsidentitätsstörung“ sprach und alle „abweichenden“ Formen pathologisierte. Hier wäre eine differenzierte medizinische Perspektive zu begrüßen.
Ja, wir haben bereits viele „Krankheitsbilder“ zu den Akten gelegt. Das ist eine gute Entwicklung. Letztendlich halte ich eine geschlechtsneutrale Weiterentwicklung der Gesellschaft für erstrebenswert, denn letztendlich sollte „Gender“ in keinen Bereichen des täglichen Lebens eine Rolle spielen. Ich glaube, manchmal verlieren wir uns in viel zu kleinen Teilbereichen einer Diskussion und behindern uns selbst beim Voranschreiten.
Welche Relevanz hat die Frage nach Geschlechtsidentität denn noch, wenn im tagtäglichen Leben nicht mehr zwischen Geschlechtern unterschieden werden würde?
Allerdings darf man selbst einer kleinteiligen Diskussion etwas gutes abgewinnen, denn das darüber sprechen und diskutieren erweitert Stück für Stück die Schablone im Kopf und machen auch Probleme sichtbarer und greifbarer, die mit Gleichberechtigung zusammenhängen. Alle Menschen in gleichberechtigter Weise in unserer Gesellschaft zu repräsentieren klingt nach Utopie und Star Trek, könnte aber durchaus erreichbar sein, oder?
Eine „geschlechtsneutrale Weiterentwicklung der Gesellschaft“ wäre in meinen Augen eine Dystopie, weil sie den Menschen von seinen natürlichen Grundlagen entfremdet. Natürlich ist es ein mehr als berechtigtes Anliegen von Frauen, dass sie die gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit wie Männer erhalten. Und ebenso natürlich ist es ein berechtigtes Anliegen der Xenogender-Fraktion, wenn sie sich auf einer sozialen Ebene von einem geschlechtsbezogenen Normenzwang und Identitätszuschreiben emanzipieren möchte und wenn sich deren Anhänger eben eine „nicht-binäre“ Rolle einnehmen. Ein vergleichbares Phänomen hatten „wir“ bei den Androgynie-Geschichten und der Metrosexualität, die in den 2000er/2010er Jahren einen Teil der Szene darstellte. Nur nach meinem Dafürhalten dürfte keiner die eigenen anatomischen Determinanten geleugnet haben. Das Phänomen, die eigenen Geschlechtergrenzen zu sprengen, ist ja auch nicht so. Bereits 1804 schrieb die romantische Schriftstellerin Karoline von Günderrode in einem Privatbrief: „Warum ward ich kein Mann! ich habe keinen Sinn für weibliche Tugenden, für Weiberglückseligkeit. Nur das Wilde Große Glänzende gefällt mir. Es ist ein unseliges aber unverbesserliches Mißverhältnis in meiner Seele; und es wird und muß so bleiben, denn ich bin ein Weib und habe Begierden wie ein Mann, ohne Männerkraft.“
Nichtsdestotrotz dürften weder Karoline von Günderrode noch die Androgynen an ihrem biologischen Geschlecht gezweifelt haben. (Wie die Xenogender-Leute dazu stehen, konnte ich dem Beitrag nicht entnehmen.) Jedenfalls stellt die Frage ein Politikum dar, wie es nicht zuletzt die Entscheidung der Humboldt-Universität belegt, den Vortrag einer Biologin, der man „Transphobie“ und „Menschenfeindlichkeit“ vorgeworfen hat, auf Druck einer studentischen Initiative abzusagen, weil offenbar das Thema „Zweigeschlechtlichkeit“ nicht mit einigen Strömungen der Gender-Ideologie in Einklang zu bringen ist.
„…weil sie den Menschen von seinen natürlichen Grundlagen entfremdet“ halte ich für eine etwas seltsame Begründung. Wenn du im Jahr 2022 in einem industrialisierten Land lebst (wovon ich mal ausgehe) ist kaum noch irgendwas an/in deinem Leben „natürlich“. ;)
Manche Menschen (damit mein ich jetzt nicht dich) scheinen auch immer irgendwie eine diffuse Anst zu haben dass ihnen etwas „weggenommen“ wird, wenn Geschlecht irgendwann gesellschaftlich (nicht = privat!) irrelevant sein sollte (man darf ja z.B. trotzdem „CIS-Mann“ bleiben, niemand verbietet einem das).
Was diesen Vortrag angeht: Der Protest richtete sich wohl eher gegen die (aus rechtskonservativen und erklärtermaßen intoleranten Kreisen) stammende Dozentin als Person. Ob man deshalb seitens der Gegner so ein Fass aufmachen hätte müssen (wg. einem belanglosen Bio-Vortrag auf Oberstufen-Niveau) sei mal dahin gestellt, ich persönlich halt sowas nicht für produktiv…
Was mich ganz allgemein bei dem Thema aber furchtbar amüsiert ist die Fraktion die ihre Intoleranz durch angebliche „Verteidigung der Wissenschaft“ zu rechtfertigen versucht (trifft man überall an):
Die Existenz eines soziologischen Geschlechts (beim Menschen) ist ebenso offensichtlich Fakt wie die Existenz eines biologischen Geschlechts. Das eine negiert NICHT das andere. Wer nicht an die Existenz eines sozialen Geschlechts in unserer Gesellschaft „glaubt“ soll mal als geschminkter Mann im Rock auf die Straße gehen und die Reaktionen beobachten. Und dann darf er mir mal erklären inwiefern diese stark abweichenden Reaktionen – verglichen mit den Reaktionen auf eine geschminkte biologische Frau im Rock! – sich durch ein Y-Chromosom „rein biologisch“ begründen lassen… XD
Ein vergleichbares „Phänomen“, wie du es nennst, hatten Pop-Kultur und Menschheit bereits mit dem Auftauchen von David Bowie als sein Alter Ego ‚Ziggy Stardust‘ vor genau 50 Jahren. Bowies zur damaligen Zeit äußerst provokantes, völlig konventionsloses Erscheinungsbild hat massivst polarisiert, ältere Generationen erschreckt und abgeschreckt, aber letztlich doch unglaublich zur damals noch immer stagnierenden Enttabuisierung von Sexualität und der diversen sexuellen Identitäten beigetragen.
Um so erschreckender finde ich es, daß junge Menschen wie die Xenogender auch im Jahr 2022 offenbar noch gesellschaftlich damit anstoßen zu scheinen, daß sie ganz selbstverständlich das Recht auf eine selbstbestimmte sexuelle Identität einfordern. Zumal die Mehrheit der Bevölkerung in den westlichen Industrienationen den religiösen Institutionen inzwischen den Rücken kehrt oder bereits gekehrt hat und nicht mehr unter deren allmächtigen Einfluß und vor allem Dogmatismus steht. Die aber ein progressives Denken und die bislang unterdrückten Eigenschaften von Toleranz oder gar Akzeptanz offenbar trotzdem nicht annehmen zu wollen scheint…
Nach ausgiebigem Grübeln über den neuen gesellschaftlichen Wunsch und die Suche nach Abgrenzung und Definition einer eigenen sexuellen Identität jenseits der etablierten Begrifflichkeiten Frau und Mann ist mir jetzt eine plausible Erklärung für das Auftauchen der Xenogender und anderer Identitäten eingefallen:
Der Fremdschämfaktor bei einer eindeutigen Identifikation des eigenen Geschlechts zur Identitätsgruppe Mann ist vielen Männern inzwischen eindeutig zu hoch.
Spätestens mit „Layla“ hat sich ja offenbart, in welchem Entwicklungsstadium Mann nicht selten stecken geblieben ist.
Der schwule Comiczeichner Ralf König hat’s etwas sarkastisch anders formuliert:
Könnten Männer – wie Frauen auch – pausenlos Orgasmen haben, hätte die Menschheit bis jetzt nicht mal das Rad erfunden… *grins*
Haha, wie genial. Ich mag deine Theorie. Würde sogar soweit gehen und sagen es ist zum sich schämen Mensch zu sein. Stelle mir vor ,falls ich mal eine Reise durch das Universum mache (träumen kann man ja mal), wie ich nach meiner Herkunft gefragt werde und sich alle Spezies schlapp lachen und sagen: „Ach, ihr seid die Vollpfosten die den schönsten Planeten überhaupt zerstört haben….“