Schuld war wieder einmal die Kirche und falsch verstandener Glaube. Als der „legendäre“ Guy Fawkes unter das Parlament im Palast von Westminster in London kroch, um dort 36 explosive Fässer zu positionieren, wollte der Katholik den protestantischen König Jakob I. mitsamt seiner Familie und allen Parlamentariern töten, weil dieser den katholischen Glauben in England unterdrückte. Blöd nur, dass man den Gunpowder-Komplott vereiteln konnte, Fawkes schnappte und ihn mit samt seinen Verschwörern hinrichtete. Hanged, Drawn and Quatered – Die vermeintlich Schuldigen wurden bis zu Bewusstlosigkeit gehangen, die Gedärme für herausgenommen und die Körper anschließend gevierteilt. Sicher ist sicher.
Bis heute ist das Attentat nicht vergessen, verhinderte es doch die Emanzipation des katholischen Glaubens in England für weitere 200 Jahre. Man feiert das Scheitern des Komplotts und die Rettung des Königs mit der Bonfire Night. Populär machten den Komplott zunächst die Comicreihe V wie Vendetta und deren Verfilmung, in dem ein maskierter Freiheitskämpfer in einem düsteren und futuristischen London gegen die autoritäre Führung rebelliert und mit seiner Blutrache einen gesellschaftlichen und politischen Umsturz vorbereitet.
Auch wenn die Anleihen an die wahren Begebenheiten eher stilistischer Natur sind, verhalf er 2006 dem Ereignis zu neuer Popularität. Doch der Film wird dem vereitelten Attentat nicht gerecht und vermischt nur ein Haufen rebellischer Legenden und Geschichten zu einer universellen Botschaft gegen ungeliebte Ideologien. Rüdiger Suchsland widmete dem Film bei Telepolis einen passenden Artikel. Ein interessanter und unterhaltsamer Film, wenn man das gezeigte wenigstens zu verstehen versucht und darüber hinaus noch seine Schlüsse daraus zieht. Doch der 5. November 1605 war nicht der Tag an dem Helden gemacht wurden, sondern ein dunkler Fleck in Englands Geschichte.
Ein BBC Dokumentation schildert noch einmal die Geschichte einer Nacht, die die Geschichte hätte ändern können. Die Zeit erzählt die Geschichte auf Deutsch. Ob der Glaube jemals als legitimes Mittel der Kriegsführung anerkannt war, aus heutiger Sicht mutet das Ereignis und sein Kult etwas anmaßend an und scheint die Beweggründe und den Zweck der Tat zu heroisieren. Die Geschichte ist spannend, weil sie ein Teil der Vergangenheit ist und deren Ausgang einen erheblichen Einfluss auf spätere Entwicklungen hatte. Comic und Film bedienen sich des Mythos in beinahe beliebiger Weise mischen daraus ein unterhaltsames Süppchen mit dem Wahrheitsgehalt eine Wahlkampfrede.
Happy Guy Fawkes Day? Mitnichten lieben Briten. Daran gibt es nichts zu feiern. Die beispiellose und gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Protestanten und Katholiken hat in England eine düstere Geschichte. Erst 2005 endete der Bürgerkrieg zwischen beiden Glaubensrichtung in Nordirland 1 und hinterlässt immer noch offene Fragen. Bitte keine blutigen Sonntage und Feiertage mit fragwürdigem Hintergrund.
Einzelnachweise
- Siehe zum Thema: Der Nordirland-Konflikt, Carmen Denner, abgerufen am 06.11.2010[↩]
Schön geschriebener Artikel, ich wusste das meiste zwar aus Eigeninteressen schon vorher, aber dennoch sehr informativ. :)
Übrigens, noch heute kontrollieren die Englischen Monarchen die Keller bevor sie ins Parlament einziehen. ;)
SEHR interessant, da für mich völlig neu. Ich habe davon noch gar nix gehört (vermutlich eine bislang unentdeckte Bildungslücke) – außer von „V for Vendetta“. Thanks for aufschlauing…
Vielen Dank. Es ehrt mich immer sehr wenn man für seine Recherche-Lust Anerkennung erntet. Ich fand es – ähnlich wie Schatten – interessant, welchen Urpsrung eine solche Geschichte haben kann.
Das man heute noch nachschaut, wundert mich nicht. Die Engländer, insbesondere die Londoner, habe eine nahezu panische Angst vor möglichen explosiven Taten. Teils aus berechtigtem Grund, oder eben wie in dieser Geschichte, aus eine alten Tradition heraus.
Eben aus dieser Geschichte heraus wurde jahrelang das Feuerweks-Schießen im traditionellen GB nicht gestattet (Ausnahme: 05.11. und 31.12. und nur mit staatlicher Genehmigung). Das Königshaus und das Parlament hatten immer – mehr oder weniger – berechtigte Angst vor Anschlägen (was heutzutage wohl eher mehr der Fall sein wird).
In London versammelte man sich auf dem Trafalgar Square und feierte ganz ohne Feuerwerk. Auch im übrigen England wurde „ruhig“, d.h. ohne Kracher und Böller, das Neue Jahr begonnen (aber umso mehr begossen).
Mittlerweile gibt es ein organisiertes Großfeuerwerk am London Eye (Millennium Wheel).
Witzige Tradition der Briten: Sie springen alle gleichzeitig um Mitternacht von den Stühlen (oder ähnlichem) in das Neue Jahr.
Interessant welch Wissen bei manchen schlummert :) Vielen Dank für deine Ergänzungen Madame Mel, als England/London-Fan kann ich davon nur profitieren.