Ein menschlicher Schädel im Regal – Der Traum jedes Gothics?

Der Besitz und Handel von Menschenschädeln ist nicht illegal, aber zumindest fragwürdig, wie eine Dokumentation des NDR Magazins Panorama zeigt, vor allem wenn es sich um Schädel aus der Kolonialzeit handelt. Schädel, die damals auch von deutschen Kolonisten geraubt und nach Deutschland gebracht wurden, um als Forschungsobjekte an anderen „Rassen“ verwendet zu werden. Mich erinnert die Sache an eine E-Mail, die ich Anfang des Jahres bekam und die im Zusammenhang jetzt nochmal neue Fragen aufwirft.

Der gestohlene Schädel von FW Murnau

Vor einem halben Jahr bekam ich eine spannende und gleichzeitig merkwürdige E-Mail von Alex, einem Filmemacher aus Berlin. Der arbeitete an einem Film über den Stummfilmer Friedrich Wilhelm Murnau (1888-1931), der den legendären Film „Nosferatu – Symphonie des Grauens“ gedreht hat, und war im Zuge seiner Recherche auf eine seltsame Geschichte gestoßen. Im Juli 2015 wurde der Schädel aus seinem Grab auf dem Stahnsdorfer Friedhof gestohlen, viele vermuten – so schrieb Alex – die Täter*innen kommen aus der Gothic-Szene. Er hat sich daraufhin gemeldet und um Mithilfe gebeten, das Rätsel zu lösen. Ich konnte ihm natürlich nicht behilflich sein und vermutete auch, dass es sich um ein Gerücht handelte, das aufgrund von Klischees befeuert wurde, die immer wieder über die Szene im Umlauf sind.

Und obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, dass sich überhaupt jemand an einem Grab zu schaffen macht, um sich einen echten menschlichen Schädel zu besorgen, gab es sicher in der Vergangenheit einige Spinner in der Szene, die sich mit solchen Dinge profilieren. Aber dazu später mehr.

Die Dokumentation „Makabere Sammelleidenschaft in Deutschland“

Die Dokumentation über die makabre Sammelleidenschaft hat die Erinnerung an diese E-Mail Austausch nochmal an die Oberfläche gespült und ich war fasziniert und gleichzeitig schockiert, welche bizarren Ausmaße die Leidenschaft an menschlichen Schädeln nehmen konnte. Es geht zwar in der Hauptsache um den Handel von Menschenschädeln aus der Kolonialzeit, aber zwischen diesem Extrem, wo ein Schädel schnell mehrere tausend Euro kosten kann und der ganz normalen Suche nach menschlichen Überresten aus medizinische Lagerauflösungen liegt ein offensichtlich sehr lebendiger Markt.

Guckt Euch einfach mal die Dokumentation an:

Ich finde, gestohlene Schädel aus der Kolonialzeit, in der so ziemlich jede europäische Nation so richtig viel Mist gebaut hat, sind absolut indiskutabel. Die sollten umgehend wieder dahin zurück, wo man sie einst gestohlen hat.

Ein menschlicher Schädel im Regal – Der Traum jedes Gothics?

Ich war abseits der dunklen Vergangenheit unseres Landes aber auch erstaunt, wie der Handel mit menschlichen Überresten zu blühen scheint und wie „normal“ das Publikum auf großen Märkten – wie der gezeigte in Belgien – zu sein scheint. Keine Spur von schwarz gekleideten Gruftis oder Gothics, sondern erstaunlich bunt.

Aber reden wir jetzt über menschliche Schädel im Allgemeinen. Totenköpfe, Knochen und andere morbide Devotionalien stehen in der Szene hoch im Kurs. Auch unsere Fensterbank zierte eine ganze Zeit lang ein Totenkopf, allerdings ein künstlicher. Särge, Totenköpfen und Knochen gehören zu symbolischen DNA der Szene. Sie dominieren die Ausdrucksformen der Szene in bedruckten Textilien, als Schmuck, als Tattoo oder eben auch als Einrichtungsgegenstand aus Kunststoff. Liegt da der Gedanke fern, dass ein echter menschlicher Schädel die ultimative Krönung ist?

Und um die Vergangenheit und das geschändete Grab von FW Murnau nochmal aufzugreifen. Möglicherweise gab oder gibt es auch geltungssüchtige Szene-Mitglieder oder Spinner, die meinten, sie wären Gothics, die sich auf Friedhöfen an Grabsteinen und möglicherweise auch menschlichen Überresten bedient haben. Mir ist zwar kein konkreter Fall bekannt, aber unmöglich ist das sicher nicht.

Da wie gesagt der Handel und Besitz von Schädeln nichts Illegales ist, spricht ja auch gesetzlich nichts dagegen, menschliche Überreste im Regal aufzubewahren – im Internet kann man ganz einfach welche kaufen. Aber wie sieht es moralisch aus und lassen wir bei dieser Überlegung einmal die krassen Fälle von gestohlenen Schädel, wie in der Doku zu sehen, einmal weg.

Mich würde interessieren, wie ihr das Thema seht und wer von Euch einen menschlichen Schädel sein Eigen nennt? Gehören solche Dinge als dekorative Elemente, in jeden anständigen gruftigen Haushalt? Ist der echte menschliche Schädel ein Traum?

Was hälst du von menschlichen Schädeln im Regal?

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Gruft Fledermaus
Gruft Fledermaus (@guest_65752)
Vor 11 Stunden

Irgendwann in den 90ern gab’s in Berlin Neukölln eine Baustelle wo ein Friedhof teilweise abgerissen wurde. Die Knochen wurden in ein Loch geworfen was sehr lieblos war. Es ging durch die Zeitung und auch das es Knochen Räuber gab. Ich gebe zu mit Freunden hingegangen zu sein aber hauptsächlich um zu gucken ob das stimmt. Es war abgesperrt aber der Zaun hatte Spuren von Zerstörung. Es waren Scheinwerfer und Hunde da. Aber ich hatte tatsächlich mal ein paar Knochen von einem anderen Friedhof aber die lagen in einem Sandhaufen und irgendwie hab ich die drei mitgenommen. Aber als ich um zog brachte ich sie zurück. An sich war es sinnlos und mir reichen künstliche völlig. Ok Tierschädel hab ich aber die hab ich im Wald gefunden oder geschenkt bekommen.

John Doe
John Doe(@arno-siess)
Vor 11 Stunden

Wie du schon geschrieben hast, sind und waren gewisse Symbole Szene-immanent.
Ich persönlich würde mir aber keinen echten Schädel zur Dekorationszwecken zu Hause aufstellen. Es gibt genug gute Repliken, die von einem Original nur sehr schwer zu unterscheiden sind, wenn ich da Bedarf hätte.
Das hat für mich etwas mit Respekt vor dem Toten zu tun. Das war einst ein lebendiges Wesen und hat auch im Tod seine Würde verdient.
Man möge einfach einmal reflektieren, wenn es um den eigen Schädel gehen würde. Natürlich kann man argumentieren, dass das doch vollkommen egal ist, da es für einen selbst keine Rolle mehr spielt. Aber ich sehe das nun einmal so.
Für mich gibt es auch keine Totenschädel erster und zweiter Klasse. Sprich „koloniale“ und „authochtone“ Köpfe.
Die Menschenwürde ist für mich universell.
Und selbst wenn ich meinen Körper dereinst der Wissenschaft vermachen sollte, dann möchte ich meine Überreste nach Ende der „Nutzung“ (Keine Ahnung, wie man das jetzt passend beschreiben soll.) einer Bestattung zugeführt werden. Sei es in der Erde oder in Form einer Kremierung und nicht als Staffage in einem Wohnzimmer.

Lola
Lola(@lola1997)
Vor 8 Stunden

Vor einigen Jahren konnte man auf Amazon auch einen menschlichen Knochenfinger ersteigern.
Wer zur Hölle benötigt einen Menschlichen Fingerknochen????
Als Lesezeichen eignet es sich jetzt nicht so besonders und zum Nase bohren reicht auch der eigene vollkommen aus.
Ich finde ja Skelette, Schädel, Särge und Kochen auch toll, aber doch nicht von echten Menschen.

Tanzfledermaus
Tanzfledermaus(@caroele74)
Vor 8 Stunden

Ich mag keine Schädel, bin ich jetzt etwa kein echter Grufti?
Ich mag alles nicht, was daran erinnert, was nach dem Tod mit uns passiert, zumal ich inzwischen auch einige Angehörige verloren habe.
Allerdings gehört für mich das Morbide auch nicht unbedingt zum Grufti-Sein dazu, bei mir ist es eher die Melancholie und die Faszination an alten Dingen, aber auf gar keinen Fall sowas wie Todessehnsucht oder -faszination.
Friedhöfe besuche ich zwar gern, zumindest wenn es alte sind, aber nicht aus Interesse am Thema Tod, sondern wegen der Ruhe, dem üppigen Grün und vor allem wegen der schönen Grabmäler.

Mein Vater hatte einen echten Schädel, der zuvor meinem Opa gehört hatte (nein, der Schädel war nicht der meines Opas, aber der hatte ihn einst als Arzt in seiner Praxis gehabt, der Schädel stammte aus Indien – also wohl koloniales Raubgut).
Mein Vater hatte dem Schädel die Augenhöhlen rot angemalt und Glühbirnen rein gebastelt: als Party-Gag „Onkel Otto“ stand der bei Feiern meiner Eltern an unserer Kellertreppe. Da einige Gäste schon etwas alkoholisiert in den Keller wankten, um sich Getränkenachschub zu holen, war der Schädel im Laufe der Zeit so einige Male die Treppe runter gefallen und sah schon ziemlich lädiert aus.
Ich hab mich immer davor gegruselt und fand es auch äußerst pietätlos.

Letzte Bearbeitung Vor 8 Stunden von Tanzfledermaus
graveyardqueen
graveyardqueen(@graveyardqueen)
Vor 8 Stunden

Schon als Kind fand ich Skelett Gedöns toll und auch heute noch kann man als Deko oder auf Klamotten entsprechendes bei mir finden. Mir würde aber tatsächlich nie etwas echtes in die Wohnung kommen, egal ob nun von Mensch oder Tier. Schon allein aus Ekel. Wer sich einen Hühnerknochen umhängen will, soll es von mir aus machen. Landet ja eh im Müll, wenn man da sein Grillhähnchen aufgegessen hat. Aber bei menschlichen Überresten hört meine Akzeptanz dann komplett auf. Da fehlt dann in meinen Augen der Respekt vor den Toten und auch der Person gegenüber, die die Leiche bzw. das Skelett Mal war. Wobei ich wiederum aber so präparierte Ausstellungsstücke und echte Mumien total interessant und faszinierend finde. Den Unterschied sehe ich aber darin, dass solch Ausstellungsstücke wie zum Beispiel bei Körperwelten, der Bildung dienen und die Menschen vorher ihre Einwilligung gaben. Mit den Überresten wird möglichst respektvoll umgegangen. Ich war Anfang des Jahres in Leipzig in einer Ausstellung, die der Körperwelten ähnlich war, dort war fotografieren sogar offiziell verboten.
Wenn man es so nimmt ist das Thema „Menschliche Überreste“ eigentlich viel komplexer als einfach „nur“ der Aspekt, dass manche sich echte Knochen in die Wohnung holen.

Ansonsten sehe ich es aber nicht als Muss an, dass man seine Wohnung mit Kunstschädeln und ähnlichen Elementen dekorieren muss, nur weil man Goth ist. Jeder fühlt sich letztendlich mit etwas anderem wohl. Ich persönlich kriege zum Beispiel Zustände, wenn ich in einem zu dunkel gestrichenen Raum bin. Andere gehen da komplett drin auf, wenn es um sie herum düster ist.

Marquis
Marquis(@marquis)
Vor 7 Stunden

Ein Schädel wurde mir auch schon einmal angeboten. Ich mag schon keine Geweihe oder ausgestopfte Tiere. Bei Schmuck finde ich Schädel okay, da es ein Momento Mori Symbol ist, aber einen echten Schädel als Deko in der Gruftbehausung ist für mich unvorstellbar.
Der Träger war ein Mensch und auch wenn dieser nicht´s mehr mitbekommt, steht es mir nicht zu in dieser Weise mit seinem Haupt zu verfahren.
Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, daß sich eine Person wünschte in Teilen bei mir auf der Kommode zu liegen.

Letzte Bearbeitung Vor 7 Stunden von Marquis
Schwefel
Schwefel(@schwefel)
Vor 6 Stunden

Schädel sind super faszinierend. Kaum vorzustellen, dass um jeden mal eine Fleischhülle war, die sich bewegte, lebte. Und ein Gehirn drin. Tatort Szeneklischee: Gleich zwei Parteien im Bekanntenkreis haben menschliche Schädel zu Hause. Zumindest einer hat den Schädel von einer Friedhofsauslösung, die teils sehr alten Knochen wären wohl sonst alle im Müll gelandet. Da kann man sich gleich auch wieder die Frage stellen, was jetzt respektvoller ist. Die Halde oder in ’nem Wohnzimmer einstauben. Mir reichen die Künstlichen, immer wenn ich echte Schädel sehe, schwingt eine gewisse Ehrfurcht mit, die zwar ganz toll in Museen, Knochen-Kirchen oder in irgendwelchen Katakomben ist, die ich aber in den eigenen vier Wänden wirklich nicht haben muss.

Maren
Maren(@milk)
Vor 4 Stunden

Fasziniert haben auch mich Schädel und Skelette schon immer. Als Kind mochte ich Totenköpfe beispielsweise als Warnsymbole auf giftigen Stoffen oder in Pilzbüchern. Bei Kirchenbesichtigungen, die mir meine kulturbeflissenen Eltern verordneten, blieb ich andächtig vor den Reliquienschreinen stehen. Vor Ölgemälden mit Vanitas-Stillleben konnte und kann ich lange in meditativer Betrachtung versinken. Besonders begeistert hat mich die alte Wanduhr im Schloss, das Werner Herzogs Nosferatu bewohnt. Natürlich wegen des Schädels der sich zum Glockenschlag auf der Uhr öffnet. Also diese Uhr hätte ich liebend gerne in der Wohnung!
Aber einen echten menschlichen Schädel? Das halte ich wie andere hier auch dem Toten gegenüber für respektlos. Außerdem wohne ich hier nicht alleine und diese Deko würde gehöriges Konfliktpotenzial bieten. Zudem wurde die Bedeutung des Schädels als Memento- Mori Symbol von  Marquis erwähnt. Als solches ein sehr starkes Symbol, das jedoch meiner Meinung nach auf Kleidung und als Schmuck durch Stillisierung eine gewisse Abmilderung erfährt. Diese Abmilderung bleibt bei einem echten Schädel, der einen im Wohnzimmer vom Regal herunter anstarrt wohl eher aus. Dieser Konfrontation möchte ich auch niemanden in meinem Wohnzimmer aussetzen, denn viele, ich eingeschlossen, haben Verlust durch Tod schon real erlebt. Jeder reagiert darauf anders.

Letzte Bearbeitung Vor 4 Stunden von Maren

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