Diana hat einen für mich faszinierenden Szeneeinstieg hingelegt. Sie trug nicht etwa die Szenezugehörigkeit in ihren Beruf, sondern der Beruf machte Sie in gewisser Weise zu dem, was Sie heute ist. In ihrem Beitrag zum Gothic Friday Thema im April gibt Sie uns einen kleinen Einblick in ihre Haltung und Lebenseinstellung, die Sie sich in ihrem Beruf als Erzieherin weitestgehendst erhalten kann.
Welchen Beruf übst du aus oder strebst du an?
Ich bin gelernte Heimerzieherin. Meine Ausbildung habe ich vor 26 Jahren gemacht, damals noch als eine der letzten speziellen Klassen, die auf den Heimbereich spezialisiert waren. Danach habe ich elf Jahre im Kinderheim gearbeitet. Während dieser Zeit wurde ich schleichend, was ich heute bin: schwarz. Durch einen Jugendlichen unserer Wohngruppe. Anfangs war es reines Interesse für den Jugendlichen. Aber sehr bald erkannte ich mich selbst in vielen „schwarzen Themen“ wieder. Durch meine drei Kinder, die ich zwischendurch bekommen habe, war ich insgesamt acht Jahre in Elternzeit. Währenddessen habe ich aber immer ein paar Stunden weiter gearbeitet. Dann merkte ich irgendwann, dass ich mich beruflich neu orientieren wollte.
Also machte ich eine Zusatzausbildung als Systemische Familien- und Sozialberaterin. Im Anschluss arbeitete ich ein halbes Jahr als Betreuerin für psychisch kranke Erwachsene. Die Arbeit war auch toll und spannend, aber sie raubte mir zuviel Energie, machte mich selber psychisch fertig. Das war eigentlich nicht das, was ich wollte. Also versuchte ich mein Glück im Elementarbereich, also in einer Kindertagesstätte (KiTa) für Null bis Dreijährige. Anfangs war es schwer für mich, aber nun, nach fünf Jahren in diesem Bereich kann ich voller Überzeugung wieder sagen: ich habe den besten Job der Welt!
(Wie) Lassen sich Gothic und Beruf verbinden und ist das überhaupt wichtig?
Eine gute Frage. Mir ist das schon wichtig, den ich BIN schwarz. Durch und durch. Ich möchte auch Kleidungsmäßig das tragen, was ich möchte. Und das ist nun mal schwarz. (Plus meine Schwäche für rote Schuhe…) Ebenso sind mir „meine wichtigen Themen“ immer wichtig, privat wie auch beruflich. Ich kann mir nicht vorstellen, meine Szenezugehörigkeit zur Gothic-Szene an einer Einrichtungstür abzulegen, innerlich wie äußerlich.
Für mich steht Gothic auch in keinster Weise meinem Beruf als KiTa-Erzieherin im Wege. Für mich ist Gothic zutiefst positiv, da ich meinen negativen Gefühlen ja Ausdruck verleihe. Ich kann die negativen Gefühle voll ausleben, frei nach dem schönen Motto: „Melancholie ist das Vergnügen, traurig zu sein.“ Und gerade dann kann ich auch all meine positive Energie authentisch nach außen tragen! Ein schönes Gleichgewicht!
Welche Abstriche nimmst du bei deinem Äußeren im Kauf oder würdest du in Kauf nehmen?
Klar trage ich bestimmten Schmuck nicht, da ich sonst damit die Kinder verletzen würde. Alles, was Nieten hat, trage ich nicht bei der Arbeit. Aber ich trage durchweg schwarz, auch viele Totenköpfe. Die älteren Kids finden das sogar cool: sie sehen es als ein Piraten-Outfit! Und meine Schwäche für die „Minions“, „Wonder Woman“ oder „Hello Kitty“ kommt mir da ja auch entgegen! (Ja, das gibt es auch in schwarz!)
Ich könnte mir nie vorstellen, jeden Tag in „Berufskleidung“ herumzulaufen. Einzige Ausnahme habe ich beim Vorstellungsgespräch gemacht: da trug ich etwas weniger schwarz, als sonst.
Welche Vorurteile oder Probleme tauchen im Umgang mit Chefs, Kollegen oder Kunden auf?
Einmal habe ich in einer KiTa schlechte Erfahrungen gemacht: die Chefin dort war früher selber mal „schwarz“. Nun war sie das aber nicht mehr und kleidete sich sehr bunt, was offensichtlich für sie ein Zeichen von „Erwachsen sein“ geworden war, was sie auch so äußerte. Dumm nur, dass ich nun also zu meinem Schwarz sein stand. Noch in der Probezeit bekam ich von heute auf morgen meine Kündigung mit dem Hinweis, ich solle meine Probleme in den Griff kriegen.
Ansonsten habe ich aber keine Probleme oder Vorurteile erlebt. Ich bin auch an mehreren Stellen tätowiert, was aber nie ein Unbehagen ausgelöst hat. Die Kinder fragen einfach oder die ganz Kleinen reißen schon mal an meinem Shirt, um die Engel auf meinem Dekolletee vollständig sehen zu können. Auch Eltern und Kollegen waren und sind mir gegenüber immer positiv aufgeschlossen gewesen. Ich denke, das liegt auch daran, dass ich ein positiver herzlicher Mensch bin und es so zweitrangig ist, welche Farbe meine Kleidung hat. In meiner derzeitigen Arbeitsstelle habe ich eine Kollegin, die auch schwarz ist, was ich logischerweise ganz toll finde!
Dein Szeneeinstieg ist überaus interessant.
Du bist vermutlich die Erzieherin, die für die Kinder am leichtesten zu malen ist und die man immer direkt erkennt.
Grins, ich arbeite auch in einer Kita, allerdings als Köchin. Aber ein bißchen hab ich mit den „Mäusen“ auch zu tun. Die gucken immer neugierig in die Küche und fragen mir Löcher in den Bauch. Und wenn ich mal etwas „Luft“ zwischendurch habe, schau ich auch mal in die Gruppenräume, was die da so veranstalten.
Allerdings könnte ich selbst nicht als Erzieherin arbeiten, das wäre mir zum einen zuviel Geräuschkulisse und zum anderen zuviel Körperkontakt. Und man muss die Augen ständig überall haben, dass nichts pasiert. Auch was ich so mitbekomme, was die Elternarbeit angeht, scheint das ja oft nicht ganz einfach zu sein. Und es gibt wohl auch immer mehr „Papierkram“, der gemacht werden muss, alles wird dokumentiert…
Wie bei der Altenpflege ein Beruf, der sicher sehr viele schöne Seiten hat, wenn man gerne eng mit Menschen in Kontakt ist. Aber auch einer, der einen sehr fordert und anstrengen kann. Also das Bild, dass Erzieher den ganzen Tag mit Kindern spielen und toben würden, stimmt natürlich so nicht. Ich hab Respekt vor der Geduld, der Stresstoleranz und dem Organisationstalent, die das ganze abverlangt.
Ich finde es super wie offen hier darüber geschrieben wird. Denn oft denkt man, dass die Gothic Szene im Alltag nicht funktioniert. Aber wie man sieht, kann es gut funktionieren, auch wenn nicht alles getragen werden kann.