Satorias Beitrag ist wohl der letzte und zugleich auch der umfangreichste des Märzthemas. An dieser Stelle jetzt eine Kurzbeschreibung zu geben, wäre ein Paradoxon, dennoch ein kleiner Hinweis: Es gibt eine gewisse Konstante, die sich durch Ihre musikalische Laufbahn zieht. Welche das ist und was ein Flug von Indien über Abu Dhabi damit zu tun hat, erfahrt ihr beim Lesen der folgenden Zeilen.
Es ist Ostermontag 2016 und das passende Lied lautet Erschießen von Ideal. Heute, hier, jetzt. Jedoch nicht aus Langeweile. Lief gestern als eines der Highlights im übervollen „Sauna“-Duncker.
Einiges in meinem Text könnte für manchen Leser etwas drastisch klingen und wäre mit einem anderen emotionalen Hintergrundrauschen auch anders. Aber ich will authentisch sein – und so empfinde ich jetzt gerade. Es gibt ein grundlegendes Problem in der Fragestellung des Monats – wie soll man denn nur Emotionales, persönliche Geschichte, Szene(rück)einstieg und Musik separieren? Das ist höchstpersönlich und kaum zu trennen. Also, ich lege den Schwerpunkt auf Musik, aber in den persönlichen Kontext gesetzt.
Ich gehöre zu den Menschen, die ganz schwer Musik-Stile auseinanderhalten können und selten Treffer landen, wenn sie anhand der ersten Sekunden Lied und Interpreten bestimmen sollen. Ich erinnere mich immer noch fasziniert an die Rückfahrt vom Breslaufestival im Oktober, als die im Auto anwesende DJane großartig und geduldig die verschiedenen Stile erklärte und Songs dazu anspielte. Hammer! Aber leider vergesse ich das umgehend.
Die Tiefe
MUSIK
Musik ist für mich Heimat. Ich habe sonst keine – worunter ich sehr leide. Wie auch? Ich lebe in Berlin, da kann man nicht wurzeln. Da ist nur Sand, Treibsand. Berlin – für mich die Hauptstadt der Heimatlosen. Da wollte ich nie hin. Trotzdem ist es passiert. Vielleicht auch, weil meine eigentlichen, jahrhundertealten Wurzeln von Berlin aus nicht so weit weg sind, noch weiter im Osten liegen, nun aber für immer ausgerissen sind. Meine Großeltern sind alles Vertriebene. Ich dachte immer, ich sei die „Einzige“ damit, doch als ich auf die Thematik der „Kriegsenkel“ stieß, wandelte sich meine Wahrnehmung grundlegend. Und wie ich das gerade schreibe, wundere ich mich plötzlich nicht mehr, warum die Schwarze Welt in Deutschland so groß ist.
Musik ist für mich eine Art „Be-Heimat-Ung“. Musik bietet mir Selbst-Erfahrungs-Räume jenseits des Sagbaren, verbleibt im Fühlbaren. In der Musik kann ich mich auflösen, eins werden. Musik kann tiefe Geborgenheit schenken, auch gute Texte können das – egal, ob in der Musik oder in der Lyrik von zum Beispiel R. M. Rilke, Hermann Hesse, Erich Fried oder Ulla Hahn. Und natürlich gibt es das auch auf vielfältige Art und Weise in der Prosa (Monika Maron, Christoph Peters). Sprache, ausgefeilte Sprache ist für mich ebenso Heimat.
TANZEN
Ich kann (bislang) irgendwie nicht gut mit jemandem tanzen, ich tanze am liebsten für mich, mit geschlossenen Augen, hingegeben an die Musik. Am leichtesten gelingt mir das bei elektronischer Musik. Das Dahinfließen, das Eins-Sein mit der Musik; wenn sich die Beine und alles wie von selbst bewegen, ohne „mein“ Zutun, ohne meinen Willen. Tanzen, so im Tanzen aufgehen, dass ich alles vergesse.
Und dann gibt es solche ganz intensiv erlebten Momente von „Dancing with tears in my eyes“ – in denen ich die Musik so innig spüre, dass ich mich an einen, den geliebten Menschen hinter mir anlehnen und mit ihm gemeinsam in der Musik aufgehen möchte um sich darin auflösen und darin zu zerfließen.
Tanzen gehe ich noch nicht so lange. Warum, folgt noch.
Getanzt habe ich immer nur auf Konzerten auf „meinen“ WGT’s 1995-2000 und höchst selten danach. In meiner Düsseldorfer Zeit um 2000/2001 rum waren wir hin und wieder noch in Bochum tanzen – sowohl im Zwischenfall als auch im Matrix. So richtig den inneren Rappel gekriegt zum Tanzen habe ich tatsächlich erst Anfang 2015. Spontis habe ich übrigens entdeckt, als ich verzweifelt danach suchte, wo man anno 2015 denn überhaupt noch schwarz tanzen kann. Früher, als es noch „richtige“ schwarze Clubs gab, stand ja alles seitenweise im Orkus. Ja, aber da habe ich keine mehr, alle 2007 beim Umzug in die Tonne gehauen, samt der seligen Zillos. Ja, ich wollte diese zig Kilo nicht weiterschleppen und bildete mir ein, dass man sich von manchen Dingen eben trennen muss. Von den Tapes schweigen wir auch, die kamen 2013 sehr schweren Herzens auch dorthin, weil ich dachte, dass ich nie mehr in meinen Leben ein Kassettenabspielgerät haben würde.
TEXTE
Ich dachte bislang nicht, dass ich viel auf Texte höre. Ja, gute deutsche Texte, gern mit Sprachwitz, die mit der Musik eine Einheit bilden, wie Malaria – Kaltes klares Wasser. Oder, frisch durch Robert & Fogger entdeckt: Großstadtgeflüster – Fickt-Euch-Allee – das habe ich erst einmal gehört und fand den hintersinnigen Betonungswitz so gelungen, da werde ich noch mal reinhören. Mein Stil ist es allerdings nicht.
So, aber vorhin sitzt der Fogger auf meinem Sofa und es läuft Depeche Modes „Delta Machine“ und ich sag‘ ständig völlig begeistert: „Hör dir den Text an, hör dir den Text an“ – und anhand seiner Reaktion wird mir klar, dass ich bei englischen Liedern eigentlich nur bei DM wirklich genau hinhöre. Ich entdecke darin so viel, oft sind es für mich quasi spirituelle Texte. Martin Gore sagte mal in einem Interview, dass er oft beim Schreiben wie in einem anderen geistigen Raum sei und sich hinterher frage, was er da eigentlich geschrieben hat. Bei mir landet er damit total!
Ansonsten hat mir immer gefallen, wie Depeche Mode mit sexuellen Inhalten und potentiellen Abgründen umgehen, großartig. Ich wollte schon mal eine passende DM-Playlist für eine Hochzeit zusammenstellen, aber es kam nicht dazu ;)
Sollte ich in diesem Leben noch heiraten, fände ich das ein Hammergeschenk für mich!
STIMME
Stimmen sind unsagbar wichtig. Eine Stimme, die mein Herz erreicht: Alexander Veljanov. Ganz oben auf meinem privaten Olymp. Diese Tiefe und diese Wärme, das schafft Geborgenheit.
Gleich danach kommen Dave Gahan und dann irgendwie auch Felix Flaucher, der so wunderbar fragil und berührbar klingt. Hohe Frauenstimmen kann ich nicht gut ertragen. – (Ich habe schon eine Nachbarin, die zu Hause ihren Sopran übt und deren Tonleitern durch jede Wand sowie Mark und Bein gehen!) – Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Qntal, Estampie, Sarband.
Und es gibt immer wieder Sänger, die nicht singen können, wie Phillip Boa und es ist komplett egal. Klingt trotzdem gut.
Die Vergangenheit
DAS DORF ÜBER-LEBEN
Au Mann, da erinnere ich mich nicht gerne dran. Keine guten Zeiten, ich war wohl die einzige Schwarze in einem Kaff im stramm katholischen Eichsfeld. Komplett in der Pampa, abgeschnitten von der Welt, kein ÖPNV, nur Schulbusse… Ich war gleichsam scheu und schüchtern, wie ich für das „Anderssein“ auch angefeindet wurde. Intrigen, Verachtung, mindestens Unverständnis – das prägt sehr tief. Ich verweise hier gern auf das neue WGT-Ausstellungsbuch S. 123f. Janine, wenn auch aus Mecklenburg, hat es so treffend beschrieben: „Als Grufti stand man einfach ganz unten in der Hackordnung.“
Leider fehlt mir komplett die Erfahrung, als schwarze Seele die schützende Geborgenheit einer ganzen Clique zu spüren, das daraus resultierende Selbstbewusstsein und Selbstverständnis oder zusammen tanzen zu fahren. Nein, das kenne ich leider nicht, mit mehreren Freunden zusammen in der Disko zu sein und Spaß zu haben, das habe ich nie erlebt, keine Ahnung, ob und wie gut sich das anfühlt. Ich war unfreiwilliger Einzelgänger und es gibt in mir viel Trauer, dass es so war, irgendwie immer so schwer war. Ich war sogar mit 16 Jahren alleine auf dem WGT und sowas von viel zu schüchtern für jedwede Kontaktaufnahme.
Eingestiegen bin ich irgendwie über Metal, denn das „hörte man damals“ dort auf dem Dorf. Dabei blieb ich aber nicht lange, vielleicht so etwa von 1993-94?
„Aufgewacht“ bin ich lange davor – über das Radio in meinem Elternhaus wohl Ende der 80er? Alles, was irgendwie „Synthie“ war, fand ich als „größeres Kind“ geil: Visage – Fade to grey, Soft Cell – Tainted Love, OMD – Electricity… Naja und Sisters of Mercy –Temple of love lief auch zuweilen im Radio – aber der Kracher war meine erste Schuldisco, so ca. 1991: Temple of love das erste Mal richtig laut – das ging mitten ins Herz. Wahnsinn. Mich konnte nichts mehr halten, ich musste tanzen, egal wie, das war so kraftvoll, so sehr ich. Was ein endloser Moment.
Danach die eiskalte Dusche: Ich wurde von einigen aus meiner Klasse lauthals für mein Tanzen ausgelacht. Ich schämte mich für meine Gefühle, war fassungslos, zutiefst verunsichert, traurig und erniedrigt. Das führte zu langjähriger größter Verunsicherung im Tanzen und hielt viele Jahre vor.
Cut.
Ich erwische mich bei dem Anspruch, einen vollständigen musikalischen Lebenslauf zu schreiben. Schwierig für eine Perfektionistin, diesen runterzuschrauben.
Ich versuche es.
EINFLÜSSE
Also, wer hat mich beeinflusst? Zuvorderst: Zillo, Ecki Stiegs Grenzwellen auf Radio FFN und Holger.
Ich war ja irgendwie einsam auf einer Insel. Immerhin erlebte ich, dass ich nicht die Einzige bin, als ich die Zillo und später den Orkus entdeckte. Die musikalischen Beschreibungen in den Zeitschriften waren jedoch wenig hilfreich. Irgendwann stieß ich auf die abendlichen Grenzwellen, vielleicht so ’94, mit 15? Die wurden zu meinem Elixier, egal wie übermüdet ich am kommenden Donnerstag (bzw. anfangs Montag) in der Schule war! Seitdem saß ich davor, lauschte Eckis hypnotischer Stimme (manchmal machte er wirklich VIEL ZU VIELE Worte – ich wollte doch Musik hören!) und schnitt mit, was das Zeug hielt: Klaus Schulze, Nico, Tangerine Dream, Project Pitchfork, Fortification 55, The Eternal Afflict, Frontline Assembly, Front 242, And One, Deine Lakaien, Estampie, Qntal, In the Nursery, Kirlian Camera, Silke Bischoff, Dead can Dance… Fasziniert war ich von den geradeaus respektlosen DAF „Der Mussolini“ – eines meiner alten Lieblingslieder, das ich dort auch das erste Mal hörte.
Über die Zillo-Rosa-Seiten bin ich wohl auf Lacrimosa gestoßen, deren Texte für mich in meiner gefühlten und faktischen Einsamkeit und Pubertät sehr hilfreich und unterstützend waren. Naja, und ohne meine Brieffreundschaften wäre es wohl unerträglich gewesen. Auch das Mozartrequiem habe ich zu der Zeit rauf und runter gehört, es ist so wunderschön.
Ab ’95 durfte ich hin und wieder alleine nach Erfurt fahren, der Enge des Dorfes entfliehen und ein Workshopwochenende im katholischen Jugendhaus verbringen. Motto: Hauptsache raus. So schlimm, wie das jetzt klingt, war es nicht, so lange dieses Haus von Gregor geleitet wurde, der empathisch, freigeistig und klug war. Über seinen Nachfolger schweigen wir lieber. Ich fuhr immer gleich freitags nach der Schule hin, damit ich genug Zeit bei WOM und Müller in der Musikabteilung hatte. Leisten konnte ich mir trotzdem fast nichts.
Im Leistungskurs hatte ich dann einen Mitschüler, der mir erstmals was von London After Midnight mitbrachte – wow!! Und irgendwie landete ich so ’95 rum auf dem WGT zufällig auf einer Cold Meat Industry Party, wow, Ambient… Raison d’etre. Festivals habe ich geliebt, bin ab 1995 auf das WGT und ab 1996 aufs Zillo und Konzerte – was so ging. Als eines der Highlights habe ich das 2000er Konzert von The Cure in Berlin in Erinnerung, ich meine, es waren 11 Zugaben? Leider habe ich kaum Eintrittskarten aufgehoben.
Über eine bis ins Heute und mehrfach bedeutsame Orkusanzeige im September 1997 lernte ich unter anderem Holger kennen, der aus mir die tiefe Liebe für Depeche Mode herausschälte, mir viele Tapes zusammenstellte und CDs schenkte (siehe die folgenden beiden Photos). Das wird sich sicher nie wieder ändern.
Um 2000 rum entdeckte ich Die Form, VNV Nation, Covenant, Apoptygma Berzerk, Icon of Coil und hatte eine recht intensive Futurepopzeit – und mein vorerst letztes WGT.
FREMDE UFER
Ab 2004 änderte sich Einiges in meinem Leben, ich entwickelte mich in eine andere Richtung und viel Schwarzes flog aus dem Kleiderschrank (hach, auch so schöne Dinge, die ich heute bereue, weggeworfen zu haben) und neue Musik zog ein: Weltmusik, Singer Songwriter in Deutsch und Englisch, aber auch Belle & Sebastian, Franz Ferdinand, Moby, Element of Crime, Silly, Leonard Cohen, Mumford & Sons, Klaus Hoffmann… allerdings hat keine der alten CDs je mein Regal verlassen, ich habe sie nur nicht gehört – meine schwarze Musik blieb mir heilig. Durch meine Indienreisen entdeckte ich noch den Amerikaner Krishna Das und seine Interpretationen uralter indischer Bhajans (diese Stimme, so warm und weich – diese auf dem Mount Kailash…;), das passt ja nun überhaupt nicht mehr rein ins schwarze Klischee. Aber ich bin ja auch ich. Ein Konzert mit ihm 2014 war die pure Trance, das Totalverlieren im Sein. Durch die Zeit in Australien kam noch dortige Musik dazu, wie zum Beispiel Midnight Oil und Xavier Rudd (Achtung: Naturfreak, Surfer, Singer, Songwriter).
Dazu liebe ich die Musik von Johann Sebastian Bach aus tiefstem Herzen, vor allem seine Orgelwerke. Ich besaß zwei mir wichtige Platten: Closer von Joy Division und eine mit Orgelstücken von Bach – beide haben leider einen Umzug nicht überstanden. ;(
Die Gegenwart
UNERWARTETE BERÜHRUNG
Ich war bestimmt 10 Jahre aus der schwarzen Musik draußen, aber nie aus der dazugehörigen inneren Welt. „Rein“ bin ich wieder mit Karacho – vor einem Jahr, Anfang 2015. Zum einen tauchte urplötzlich meine alte schwarze Jugendliebe wieder auf und zum Anderen gab es einen verkorksten Rückflug aus Indien beziehungsweise Abu Dhabi, der damit in Verbindung steht. Die Hintergründe der sehr intensiv erlebten Indienreise wiederum haben genau genommen mit jener Orkusanzeige aus dem September 1997 zu tun…
Ich wurde unfreiwillig von Etihad auf Air Berlin und einen anderen Tag umgebucht und saß in einem überbuchten Flieger in der Mitte der Mittelreihe (!!) – sonst umgeben von zu vielen Menschen auf zu engem Raum, mißlaunigen Stewardessen und abwechselnd ohrenbetäubend laut schreienden Babys. Ich hasse es, Langstrecke fliegen zu müssen und ich hasse diese „Bordunterhaltungsprogramme“ – was dort angeboten wird, halte ich für ein Sammelsurium an Geschmacklosigkeiten und Entsetzlichkeiten – schlimmste Zumutung. Nun, dieser Flug war so schrecklich, dass ich mich aus purer Verzweiflung eben diesem Unterhaltungsprogramm widmete und plötzlich unter „Musik“ Depeche Mode mit ihrem Album „Delta Machine“ entdeckte. Depeche Mode im Bordprogramm? Ich war komplett verstört. Meine alten Mode hatten also eine neue Platte draußen. Moment! schon zwei Jahre alt und ich hatte davon nichts gemerkt? Au weia. Also, zwei der unbekannten Titel vorausgewählt – und nach wenigen Takten war sie wieder da, „meine Welt“ und die Tränen liefen hemmungslos das Gesicht runter. Die restlichen vier oder fünf Stunden Flug habe ich also diese ganze Platte noch ein paar Mal gehört und einfach nur noch geweint… Es war schon immer praktisch, lange Haare zu haben…
Ich war zutiefst berührt – und ich war wieder zu Hause.
IM JETZT
Ich holte meine alten CDs wieder aus dem Schrank, entdeckte einschlägige Gruppen auf Facebook mit haufenweise Musikpostings und Links zu Youtube. Wow! Was erschloss sich mir plötzlich für ein Universum. Eine Entdeckungsreise zurück in die Szene startete! Im Netz war plötzlich alles verfügbar – was für eine unglaublich komfortable Situation! Musik, die ich nie kannte, nie hörte, weil ich früher nie in Diskos war. Zum einen enthielt der auf Youtube ebenfalls zufällig entdeckte „PC 69-Simulator” dort irgendwie alle meine alten Hits und gleichzeitig kam ich durch die Vorschläge zu so viel „neuer“, nein, „alter“, aber mir zuvor nicht bekannter Musik: Xmal Deutschland, Ideal, Pink Turns Blue, Boytronic, The Invincible Spirit/Invisible Limits, Red Zebra, Trisomie 21, The Chameleons etc. Zur neu entdeckten und auch tatsächlich neuen Musik zählen She Past Away, Brandenburg, Ash Code, Lebanon Hanover, Geometric Vision, Human Tetris.
Das Festival in Breslau im Oktober, das ich eingangs erwähnt habe, hat meinen Horizont noch einmal schön erweitert. Und aus anders gelagerten Gründen kam ich nicht drumherum, Welle:Erdball anzutesten – mit der Musik kann ich durchaus was anfangen, bei den Texten habe ich noch keine abschließende Meinung, kann nicht trennen, was da Ironie und Ernst ist. Ich kann ja Musikrichtungen schwer angeben, aber heute bewege ich mich im Dark/Cold/Elektro Wave, Minimal, Synth & Post Punk und gehe zeitlich wohl eher rückwärts. Dass ich die „alte“ Musik nicht schon eher kennenlernen konnte, lag wohl an meiner isolierten Situation damals. Aber: JETZE!!
Manchmal hoffe ich, dass ich trotz Allem einfach nur ein Spätstarter bin – egal, bei was.
Aktuelle Top 7
- No More – Turnaround
- The Invincible Spirit – A Nation / Anyway
- She Past Away – Kasvetli Kutlama
- Brandenburg – Mouthpiece
- The Chameleons – Second Skin
- Dorsetshire – Straße der Verdammnis
Soundtrack für die Ewigkeit
- The Cure – A Forest – das geht immer, egal wie es mir geht
- Depeche Mode – Waiting for the night / Enjoy The Silence
- Deine Lakaien – Love to me to the end / Reincarnation / Dark Star
- Silke Bischoff – Northern Lights / Under your skin / No paradise (Silke Bischoff-Cover waren die Schönsten, immer.)
- Phillip Boa & The Voodoo Club – And then she kissed her / Fine Art In Silver
- Estampie – Palästinalied
- Red Zebra – Can‘t Live In A Livingroom
- The Invincible Spirit – Provoke You
Kategorie – „Kann man wieder hören“
- The Eternal Afflict – San Diego
- Das Ich – Destillat (VNV Nation Remix)
Kann ich nicht mehr hören
- No More – Suicide Commando
- Shock Therapy – Hate is just….
- L’ame immortelle – Bitterkeit
- Wolfsheim – The sparrows and the nightingales
- Bauhaus – She’s in parties
Will ich echt nicht hören (wollen)
- Pseudomittelalterkram mit Dudelsackdominanz und einfältigen Texten – oh nein, bitte verschont mich.
- Umbra et Imago
- Neumodisches Industrial, oder wie heißt das heute?
Es gibt Dinge, da sagt mein zuverlässiges Bauchgefühl: Finger weg, egal, warum.
- Chris Pohl, egal wie seine Projekte heißen. Ich glaube, er hat einen ausgeprägten Narzismus. Wenigstens wird er mit Musik keinem wirklich gefährlich.
- Sinnfreies Porno Bum-Bum Rums-Rums á la „Nimm meinen Schwanz“-Mist!
(Das Ganze dann noch verzerrt und /oder formuliert in völliger Unkenntnis der deutschen Sprache! Nee!)
Interessante Sichtweise, so hatte ich das noch gar nicht in Verbindung gebracht.
Die Bücher von Sabine Bode hatte ich auch gelesen, was soll ich sagen, mir gingen da einige Lichter auf….
Musik als Heimat, ja. Zum mitnehmen.
Spricht mir aus dem Herzen. Ja.
Aber wesentlich schlimmer ist „Wir-sind-doch-keine-Nazis“-Nazikram von Nachtmahr und Konsorten.
Interessant auch, dass die Szene bei stilistischen Unpässlichkeiten schneller aufschreit als bei inhaltlichen. Es gibt mehr Leute, die sich über „Knicklichtgrufties“ erregen als Leute anzuprangern, die sich die Schwarze Sonne – immerhin ein eindeutiges SS-Symbol – umschnallen. Da wird immer gern Toleranz verlangt. Aber wehe, irgendwer hat eine Schweißerbrille im Kunsthaar :-(
Klaus Hoffmann , Leonard Cohen , Silly ( mit Tamara ! ) echt top !!!
Es gibt auch Abseits der „schwarzen Musik “ , noch andere Musik zum hören und genießen .
Und danke für den Tipp “ Krishna Das “ – sehr angenehme warme Stimme.
Ansonsten habe ich deine Zeilen mit viel Erinnerungen – teilweise erkannte ich mich darin wieder – gelesen.
@ Federflausch: Ja, genau. Musik als Heimat zum Mitnehmen. Wenn ich Deine Kommentare recht deute, dann lebst du ja auch fernab von hier. Ich hatte auch folgende Überschrift überlegt: „Musik als Heimat für Heimatlose“, aber das habe ich mir dann nicht getraut.
Mir gingen auch so einige Lichter auf, als ich auf die Thematik stieß, v.a. in einem Forum. Es war der letzte Freitag im März 2013, meine Erinnerung an diesen Tag ist so glasklar.
Berlin: Wenn man gefühlsmäßig kein allzu grober Knochen ist, dann hat man in Berlin komische Empfindungen an so manchen Orten. Eine Erleuchtung hatte ich bei mir um die Ecke in Schöneberg, ein Ort, den ich meide wie die Pest, obwohl da „meine“ Bushaltestelle wäre: Da stand der frühere Sportpalast, Ihr wisst schon, Göbbels hat dort den totalen… ausgerufen. *Schüttel*
@ Ronny:Echt, Du hast Dir Krishna Das angehört. Wow. Klasse! Seine Stimme ist pure Devotion. Und sein nächstes Berlinkonzert wird auch meines.
Cohen und Hoffmann hatte ich bei Dir auch gelesen, das hatte mich sehr gefreut! Ja, genau, ich meine die alten Silly, parallel dazu habe ich damals noch den irgendwie sehr knorrig-spröden und doch so wunderbar weichen Gundermann entdeckt, der ein paar gute Texte hatte – wenn man genau hinhört: „… und musst du weinen, dann liebe….“, „Vater“ usw.
Naja, und zu „Sisters of Mercy“ muss man ja auch wissen, wo der Bandname herstammt:)
@ Tim: Ich teile Deine Einschätzung nicht. Seit ich Teil der Szene bin, also über 20 Jahre, ist das ein Thema – live erlebt auf so manchen WGTs und im neuen WGT-Ausstellungsbuch nimmt das Thema gleich mehrere Seiten ein.
Weder das Swastika noch die Schwarze Sonne sind originäre Zeichen der Nazis, sondern es sind uralte Symbole, die propagandistisch von diesen auf das Schlimmste mißbraucht worden sind. Und es ist wichtig zu sehen, dass diese Symbole eine entsetzliche Dreckschicht bekommen haben durch das 3. Reich. In Indien hängt das Swastika über jedem Hauseingang, dann gern noch mal über jeder Wohnungstür und zusätzlich als Deko am Balkon.
Warum: Es ist ein uraltes Symbol, das Glück und Wohlstand einladen soll. So ist es auch auf der 5.Rs-Münze drauf.
@Satoria: Es geht mir um die Proportion. Ich sage nicht, dass es gar keine Auseinandersetzung gibt, das wäre ja auch def. falsch! Aber sie ist doch vergleichsweise selten und leise – über unwichtigere, eher oberflächliche Dinge wird sich da viel mehr aufgeregt.
Zur Schwarzen Sonne (und zwar der hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_Sonne: Es IST ein originäres Symbol der SS. Daran ist gar nichts „uralt“, tut mir leid. (In dem Zusammenhang und darüber hinaus ist das Buch „Schwarze Sonne. Entfesselung und Missbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik.“ von Rüdiger Sünner sehr lesenswert)
Zum Hakenkreuz: Ja, das war einmal ein uraltes Glückssymbol. Nur: Die grafische Gestalt macht ein Symbol nicht aus, sondern seine ideelle Aufladung. Dass, wofür es steht. Das ist ein gesellschaftliches Mem, welches man nicht einfach beliebig umdefinieren kann. Dass die Nazis das Hakenkreuz nicht erfunden haben, kann man bewerten wie man will – sie haben es aber unstrittig geschafft, es weltweit und nachdrücklich zu einem Nazi-Symbol zu machen. Diese Aufladung lässt sich leider nicht mit dem Asien-Verweis rückgängig machen. Vielleicht hatten vorchristliche Völker ja ein Symbol, dass so aussah wie heute das christliche Kreuz, dass ihre Toiletten markierte. Nur wäre das eben egal: Kreuz ist Kreuz und steht hierzulande für Kirche. Und wenn man in Mitteleuropa den Kopf schüttelt, bedeutet das nunmal „NEIN“. Dass es in Bulgarien „Ja“ heißt, spielt bei uns keine Rolle…
Darf ich vorsichtig fragen, welche Lieder das waren? Ich werd mit Delta Machine nicht warm. Ich mag dann doch mehr das alte „Zeusch“, Ausnahmen bilden „Broken“ und „Alone“. Da packt’s mich schon auch, wie ich schon mal unter einem anderen Beitrag schrieb.
tja, Berlin ist schon ein Kapitel für sich. Man kann versuchen sich in seinem Kiez ein Refugium zu schaffen, aber Berlin an sich zu lieben und als Heimat begreifen? Schafft das wer, außer die Ur-Berliner? Ich habe kapituliert, pflege eine Co-Existenz mit zeitweilig hochgezogener Augenbraue und sage mir „Dit is eben Berlin“ ;)
In der Buchhandlung bin ich neulich über dieses Buch von einem Ur-Berliner (sic!) gestolpert und musste es nach Durchlesen des Klappentextes einfach haben. Über den ein oder anderen Lacher meinerseits freue mich schon. Und keine Sorge liebe Berliner, als Sachse weiß ich zu gut wie es ist, gebasht und ausgelacht zu werden. PEACE B-)
@ Gruftfrosch: DM sind jetzt 35 Jahre (!!) musikalisch unterwegs, das ist schon fast unglaublich.
Und: sie sind unverkennbar, sobald man sie hört, auch bei Unbekanntem weiß man: „Ah, DM!“ Ich finde, die musikalische Grundlinie bleibt erhalten und sie entwickeln sich weiter, während sie sich treu bleiben. Es gibt parallel dazu ja auch eine große persönliche Entwicklung, wobei die „Höhepunkte“ da durch sein mögen.
Meine „Krachersongs“ waren „Angel“ und „Heaven“, dazu dann der Text, der da zu meiner topaktuellen Lebenssituation passte: „The angel of love was upon me and Lord I felt so small (…) confused and contented (…) with feelings beyond me I was lost, I was FOUND (…) I found the peace I’ve been searching for“.
Wow, und dann das Intro von „Heaven“, oh halleluja ;), das klingt doch fast wie von „Violator“ (1993), ja und dann geht der Text „I dissolve in trust, I will sing with joy, I will end up dust, I’m in heaven“. Oh Mann, Du siehst, meine Begeisterung ist grenzenlos. Könnte gleich mit „Slow“ und „Soothe my soul“ weitermachen.
Total cool finde ich, dass der erste Song „Welcome to my world“ heißt, das passt doch sowas von hervorragend zu meiner Story, das fällt mir ja gerade erst auf.
„Broken“ klingt sehr nach „früher“, fast nach 80er DM. Ich liebe alte DM, ohne Frage, v.a. dieser herrlich minimalistisch-verspielt-harmonische Sound („Photografic“, „Ice Machine“)
Zu Berlin: Am Montag entdeckte ich beim Vorbeigehen in einer Buchhandlung in Mitte den Buchtitel „Tot in Mitte“ – was ich sofort mit „Tot überm Gartenzaun hängen“ und mit der Lebensfeindlichkeit von Berlin-Mitte assoziierte – ein heftiger Lachkrampf war die Folge. Es ging um, na: Friedhöfe ;)))
Na, bis demnächst vorm Sachsenhof! Oder gleich in Sachsen.
@ Tim: Ich stelle die Diskussion an dieser Stelle ein, da ich nicht das Gefühl habe, dass meine Inhalte ankommen. Ich mag diese Polemik nicht, die im letzten Posting enthalten war. Und grundsätzlich hat mein musikalischer Beitrag inhaltlich nichts mit Nazikram zu tun – ich möchte nicht, dass diese Kommentare das Schlachtfeld eines inhaltsfremden und polemischen Schlagabtauschs werden.
@Satoria Es ist natürlich dein gutes Recht, eine Diskussion einzustellen. ich antworte trotzdem nochmal, weil ich genau das leider mittlerweile für recht Szene-typisch halte. Weil es das ist, was mir immer öfter den schwarzen Familiensinn zerstört.
Du hast behauptet, die „Schwarze Sonne“ sei ein uraltes Symbol – ich hab das mit einem Verweis auf die aktuelle Kenntnislage widerlegt. Und ich finde, ich habe auch ein paar sachliche, unaufgeregte Argumente gebracht, warum man ein Hakenkreuz hierzulande nicht einfach als „Glückssymbol“ über den Balkon hängen kann.
Das „polemisch“ zu nennen ist genau das: reine Polemik. Weil es dem Inhalt ausweicht. War ich stilistisch ausfallend, unsachlich, bösartig? Hab ich jemand ersönlich angegriffen oder sonst irgendwie die guten Gepflogenheiten einer Debatte verletzt? Ich kann da in meinen Zeilen nichts finden… Da stehen einfach ein paar Fakten und darauf basierend ein paar Schlussfolgerungen. Das nennst du „Schlachtfeld“?
Dass eine Diskussion sich etwas vom Ursprungsthema wegbewegt – nun, so verlaufen sie mitunter. Finde ich eigentlich eher fruchtbar.
Aber gut. Debattenkultur ist eben eine komplizierte Sache. Nur fände ich es eben schön, wenn es in unserer Szenefamilie nicht zugehen würde wie am Kaffeetisch, an dem sich alle um alle etwas heikleren Themen drücken, nur damit die Stimmung nicht in Gefahr gerät …
@((tim)): Völlig richtig. Style wird in der Regel viel schneller abgeurteilt und nicht toleriert als die Inhalte. Das liegt aber in der Natur der Sache. Es ist eben das Offensichtliche und das deutlichste Zeichen der Abgrenzung und Individualität. Ein nicht zu unterschätzender Anteil von Szene-Besuchern fröhnt darüber hinaus der Oberflächlichkeit und hat überhaupt keinen Lust, sich mit Inhalten auseinanderzusetzen. Denen ist es schlichtweg egal, wozu sie tanzen und was sie hören, teilweise sogar was sie anhaben. Hauptsache sie sehen „cool“ aus.
Zu den Symbolen habe ich ebenfalls eine Meinung, die ich teilen möchte. Zum einen, das weiß auch ((tim)), interessiert sich dieser Teil der Szene hier auf Spontis sehr wohl über schwarze Sonnen und sonstige Symbole die einen eindeutigen Hintergrund haben. In unzähligen Artikel wird sich immer wieder mit dem Thema auseinandergesetzt.
Die Bewertung der Symbolik ist komplex und leider nicht in „schwarz/weiß“ abzuhandeln. Es reicht leider nicht, liebe Satoria, sich auf die Ursprünge der Symbole zu berufen, denn Symbolik lebt von geschichtlicher, traditioneller, religiöser oder sonstiger Aufladung. Die schwarze Sonne (ohne die Herkunft auseinanderzuklamüsern) ist eindeutig dem dritten Reich zuzuordnen, ebenso wie die Swastika, auch wenn die Ursprünge sehr viel älter sind. Die Nazis haben das Symbol für immer ruiniert. Leben wir damit. Es gibt unzählige andere Symbole aus tausenden Kulturen, die ähnliches ausdrücken. Wir sind Deutsche und dürfen diesen Teil unserer geschichtlichen Vergangenheit nicht entziehen, auch wenn wir nicht daran partizipiert haben.
Warum druckt man nicht Ankhs auf die Obsorgekarten, sind Kleeblätter oder Hufeisen zu kindisch?
Der Grund für die Verwendung beim WGT ist klar. Das balancieren auf Messers Schneide. Provozieren, Anstoßen oder meinetwegen auch zum nachdenken anregen. Dem Designer ist es doch völlig egal wo die Ursprünge eines Symbols lagen. Das Spielen mit Nazi-Ästhetik ist offenbar zu einem Teil der Szene mutiert, dessen Tumore immer krankhafter werden. Komplette SS-Uniformen auf dem WGT wurden auch schon gesichtet. Okkultismus schön und gut, Mythologie, prima!
@Satoria: Ich finde die Diskussion in Deinem Artikel nun auch nicht wirklich negativ, sondern erfrischend anregend. Gerade im Hinblick auf das Thema „Kriegsenkel“ finde ich eine Auseinandersetzung mit diesem Thema mehr als sinnvoll. Ich finde nicht, dass das Deinen Beitrag in irgendeiner Form „schlechter“ macht. Im Gegenteil! Mich würde beispielsweise interessieren, was die beiden Themen für Dich bedeuten.
Man erlaube mir dahingehend die harsche Wortwahl: Aber die Nazis haben einen Scheiß.
Wieviel Macht will man denn rückwirkend diesem Pack noch zugestehen. Genügt es nicht, dass sie Deutschland und mindestens noch ganz Europa für eine Epoche in den Abgrund gerissen haben.
Die letzten Altnazis dieser Zeit treten nun nach und nach ab. Und mit ihren all dieser ideologische Spuk. Schlimm genug, dass noch immer dahingehende Erben herangezogen werden, aber muss man das mit solchen resignierten Phrasen unterstützen. Damit deren Autorität weiter aufrechterhalten.
Deren Herrschaft ist gebrochen worden. Und somit heißt es aufräumen sowie aufarbeiten und diese nicht noch über denen Tod hinaus aufrechterhalten.
Dutzende altehrwürdige Kulturkreise benutzen die Swastika als heiliges Symbol. Als gutmütiges Sinnbild über Jahrhunderte, gar Jahrtausende. Und ich soll akzeptieren, dass dieses nun außerhalb dieses Kontextes steht, nur weil ein Rudel Adolf-Arschkriecher dieses für knapp drei Jahrzehnte missbrauchten? Mich schuldig fühlen, weil irgend so eine Braunbirne das als Hackenkreuz an die Hauswand pisst.
Nein. Das ist ersten unwürdig, zweitens vermessen und drittens unangebracht.
Unwürdig, weil weder der Inder, noch der Grieche oder der Asiate etwas dafür kann, dass dieser kleine Haufen germanenkultige Pseudoarier ihr Symbol in die dreckige Hände bekam. Unangemessen, weil ich damit jedem dahingehend kritischen sowie satirischen Gedanken das Leben schwer machen. Und es zudem jedem anderen unmöglich mache, sich auf diese Symbole außerhalb des faschistischen Gedanken zu berufen. Und unangebracht, weil 30 Jahre Unkultur in keinem Verhältnis zu 4.000 Jahre Kulturgeschichte stehen.
So unantastbar die Brandrodung aus der NS-Zeit angesehen wird, könnte man glatt meinen, diese sei gottesgleich. Bloß nicht das Land betreten. Bloß nicht darauf neues anpflanzen oder das wiederaufbauen, was vorher dort stand. Und damit fundamentiert man dem Neonazitum doch das Ego. Genau wegen dieser Verlegenheit bekommen die Höhe, stärken ihr Selbstbewusstsein. Werden in ihrer Rebellion bestätigt, in ihrem Kontra und Anti. Aber vielleicht irre ich mich und es stellt für jeden Jugendlichen mit Verlustängsten keinen Reiz dar, seinen Trotz mittels verbotener Dinger zum Ausdruck zu bringen.
Ich will damit nicht sagen, dass jetzt jeder wieder seine Reichsflagge aus dem Fenster hängen sollte. Wobei es jenen, die das wollen, eh egal ist; die machen das einfach wenn niemand hinschaut. Und ob mir nun jemand mit Reichsadler-Armbinde in der Tram begegnet oder mit Division-Thüringen-Shirt… ganz ehrlich, wo ist der Unterschied. Das Verbot des einen hält nicht die Nutzung des anderen auf.
Man braucht Aufklärung, Entschärfung, Entmystifizierung, Entglorifizierung. Man muss diesen Symbolen endlich ihren Bann nehmen, ihre Macht und Ausstrahlung. Diese vom Abbild des Schreckens zum bloßen nüchternen Sinnbild der Geschichte werden lassen. Denn dann werden diese dafür gebraucht, um der Zeit zu gedenken. Ruhig und nüchtern. Im Sinne des ehrlichen Gedenkens.
Und dadurch werden diese nicht Einstiegsdroge für halbstarke Möchtegernteutonen.
Denn wer das voller Überzeugung an die großartigen Leistungen von Holocaust und Kriegsmaschinerie trägt, dem ist erstens ohnehin nicht mehr zu helfen und zweitens scheren sich derjenige ohnehin nicht um Verbote. Die kleben einfach ein Pflaster über das Tattoo oder lassen den Anhänger in der Jackentasche. Das einzige, was wir erreichen, ist, dass der Hindu damit in Deutschland Spießroten läuft. Oder sich der Satiriker in die Nesseln setzt.
Und kurz zur schwarzen Sonne. Es ist ein Unterschied, ob man sich bei deren Gestalt einzig auf das Mosaik der Wewelsburg beruft oder den Begriff in seinem esoterischen Wesen sieht. Denn dahingehend existierte die Schwarze Sonne schon bevor jene Burg überhaupt erbaut worden war.
Beispielsweise hier, als Alemannische Brosche.
Aber ich kann mich auch täuschen, und die Alemannen der Antike besaßen schon eine grundlegende Abneigung gegen Juden und nannten sich selbst Arier. Zugegeben, das war polemisch.
Ich finde nur dass blindes Entsetzen, und das Festnagel auf eine einzige zeitgeschichtliche Relevanz, Ignoranz gegenüber dem komplexen geschichtlichen Zusammenhang mit einschließt; wenn auch ungewollte bzw. unbewusst. Doch dieses erachte ich als schlichtweg falsche Herangehensweise.
Das ist ein ebensolcher ideologisch verblendeter Schachzug, wie beim Anblick des christlichen Kreuzes nur an die Kreuzzüge und die Hexenverbrennungen zu denken. Oder beim Anch zu ignorieren, dass Ägypten auch gerne mal seinen Nachbarländern mit Streitwagen »Einen Gruß vom Pharao« erbrachte und die dahingehenden Soldaten mit Sklaven bezahlte.
Alles das gleiche, im Guten wie im Schlechten. Jedes Symbol wird von Blut überzogen. Weil es in der Natur des Menschen liegt, gutes zu schaffen, um es dann zum Niederträchtigen zu nutzen. Warum somit ein Symbol somit verteufeln und ein anderes weiterhin heilig sprechen. Es sei denn, man möchte Menschenleben quantitativ gegenwerten…
Das nur mal kurz als Gedanke, ohne Intension für eine Debatte.
Ohne Intention für eine Debatte? Zu spät, wir sind mittendrin, mitten im „Schlachtfeld“, was Satoria vermeiden wollte, weil es mit ihrem schönen Beitrag absolut nichts mehr zu tun hat. Sie wollte keine Symboldebatte, die ((tim)) ohne Zusammenhang hier hereingetragen hat. Da wir nun aber dabei sind, möchte ich auch dazu beitragen und mich erst einmal bei Guldhan bedanken.
Ich als Uniformliebhaber werde auch oft gleich in die Nazischublade gesteckt. Irgendwelche Dumpfbacken stellen den Dreisatz auf: Uniform = Militär = Nazi und zack, ist der Stempel „Böse!“ aufgedrückt. Nur, weil mir der enge, kurze Schnitt gefällt, zweireihig geknöpft und hey, was kann es für einen alten Grufti schöneres geben als eine schwarze Jacke mit Totenköpfen auf den Kragenspiegeln? Dass es sich dabei um ein Traditionssymbol der ersten deutschen Panzerfahrer handelt und auf die Husaren unter Friedrich den Großen zurückgeht, außerdem verfassungs- und strafrechtlich einwandfrei ist, wissen die sich historisch auf 1923 bis 1945 Beschränkenden nicht. Sie sehen nur den Totenkopf, der leider später in ähnlicher Form missbraucht wurde, und ziehen ihre voreiligen und falschen Schlüsse.
Soll ich mir nun durch solche Ignoranten meinen Spaß verderben lassen? Nein! Andere Beispiele sind die Fahne des Deutschen Kaiserreichs in schwarz-weiß-rot und auch das Eiserne Kreuz. Soll ich auf die Symbolik verzichten, nur weil einige Einfältige in Ermangelung erlaubter eigener Symbole darauf zurückgreifen? Im Gegenteil, hier ist Aufklärung für die Unbedarften angebracht!
Allerdings denke ich schon, dass wir uns ans deutsche Recht halten müssen und bei den bekannten Symbolen des Dritten Reichs die erlaubten Grenzen beachten. Bei allen anderen Symbolen schaden wir ja niemanden, wenn wir sie nutzen oder tragen, und dann sollte das doch auch in Ordnung sein.
@Malte: Das Wesen eines Symbols ist nunmal, dass es seiner Aufladung wegen etwas bedeutet, dass dann Andere eben darin sehen. Das ist ja der Sinn eines Symbols, dass man wortlos kapiert, was der Träger damit ausdrücken möchte. Das funktioniert unabhängig von dem, was Du gern möchtest, dass es bedeutet. Wenn Du nicht willst, dass man Dich mit der Bedeutung des Symbols in Verbindung bringst, darfst du es nicht einfach so zur Schau stellen. Wer SS-Kragenspiegel trägt, muss sich daher zumindest fragen lassen, ob er eine SS-Gesinnung zum Ausdruck bringen will?
Ich habe nie gesagt, dass jeder, der eine Uniform trägt, ein Nazi ist. Das glaube ich nicht. Aber auch eine Uniform hat eine gewisse Bedeutung. Daher verstehe diese ständigen Klagen nicht: Da zieht jemand eine Uniform an und wundert sich, dass man ihm Affinität zum Militär unterstellt? Wenn ich mir ein SED-Parteiabzeichen anstecke, muss ich mich doch auch fragen lassen müssen, ob ich die SED gut finde?
Natürlich kann man diese Bedeutungen von Symbolen und Uniformen brechen und umdeuten. Der Betrachter muss dann aber schon erkennen, was gemeint ist – etwa, wenn die Bedeutung einer Uniform optisch konterkariert wird. Das ist bei vielen „Uniform-Freunden“ leider nicht gegeben. Was ich insofern nicht verstehe, weil es in der Szene ja auch hervorragend gelingt, christliche Symbole zu konterkarieren: Da werden Priesergewänder oder Kreuze sehr geschickt so getragen, dass kein Mensch auf die Idee kommt, das könnte prokirchlich gemeint sein.
Nazi-Zeichen und Nazi-Uniformen dagegen will man sich einfach so als „schickes Design“ umhängen, um dann zu beklagen, dass man für einen Nazi gehalten wird? Entschuldigung, aber das ist zumindest dämlich.
Und es hat nichts mit „verboten“ oder „erlaubt“ zu tun – sondern ganz schlicht mit Symbolen und ihrer Wirkung. Das Eiserne Kreuz ist das am meisten vergeben Ehrenzeichen im Zweiten Weltkrieg. Ja, ich bin so ignorant, dass ich das nicht für ein „cooles Emblem“ einer Subkultur halte. (Dass das von Rockerklubs in Amerika zeilweise mittlerweile als Freiheitssymbol aufgeladen wurde, steht etwas auf einem anderen Blatt. Die tragen es aber auch zu zerrissenen Jeans und nicht an einer schwarzen SS-Jacke). Neonazis schaffen es ja auch ganz hervorragend, ihrer Außenwelt ihre Gesinnung mehr oder weniger subtil mit Kleidung und Symbolen mitzuteilen – und zwar mit erlaubten Mitteln. Uniformteilen etwa, die denen der Nazis nur zum Verwechseln ähnlich sehen. Und warum? Weil sie wollen, dass man weiß, dass sie Nazis sind.
Guldhan: Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass man das Hakenkreuz mal eben durch freudvolle Weiterbenutzung „entglorifizieren“ kann. Die Nazis haben leider nicht nur „einen Scheiß“ damit gemacht. Das war dann schon wesentlich drastischer und historisch tiefgreifender…
@Satoria: Tut mir leid, das nimmt jetzt wirklich eine eigene Dimension an. Das ist wohl der Punkt, an dem man in einem Forum einen neuen Diskussions-Thread aufmachen würde… @Robert?
„Au weia. Also, zwei der unbekannten Titel vorausgewählt – und nach wenigen Takten war sie wieder da, “meine Welt” und die Tränen liefen hemmungslos das Gesicht runter. Die restlichen vier oder fünf Stunden Flug habe ich also diese ganze Platte noch ein paar Mal gehört und einfach nur noch geweint… Es war schon immer praktisch, lange Haare zu haben…“
Du wirst lachen mir ging es dieses Jahr auf dem WGT ähnlich – und ich habe mir nun fest vorgenommen mir meine Szene wiederzusuchen. Von den alten Gesichtern ist nämlich keines mehr übrig geblieben. Und ich habe keine Lust mehr mir mein „schwarzes Leben“ wieder entgleiten zu lassen, mehr und mehr in bunte Depression abzugleiten, aus der ich nur in stillen Momenten und auf meinem geliebten WGT ausbreche, diesmal hat es mich so erschlagen…