Mit ihrem mittlerweile dritten Beitrag zum Gothic Friday gehört Katharina schon fest zum Kreis der etablierten Teilnehmer, die sich darüber hinaus auch kniffligen Themen, wie der November-Frage „Woran glaubst du?„, widmen. Den Text habe ich per E-Mail zugeschickt bekommen, das Foto im Artikel habe ich auf Ihren Wunsch hin ausgesucht. Ich bin gespannt, was ihr zu Katharinas Zeilen zu sagen habt.
Was soll ich darauf antworten? Nichts? Wissenschaft? Spaghettimonster?
Ich wurde nicht getauft, weil uns Mama die Wahl zwischen Religion oder Atheismus lassen wollte, was ja in der DDR auch vom Vorteil war. Trotzdem besuchte ich die Christenlehre jeden Freitag Nachmittag im Nachbardorf und ich muss sagen, das habe ich nicht bereut. Wir hatten zwar keine Disko wie Robert, aber auch Spaziergänge, Zelten, ganz viel Basteln und sowas wie Religionsunterricht, wodurch ich einiges über die christliche Mythologie, welche in der Grundschule nicht behandelt wurde, lernen konnte. Das mit dem Glauben habe ich versucht und es ist mir nicht gelungen. Wie auch? Bei der Geschichte mit dem Gott, der irgendwo oder doch überall ist, alles sieht und auf uns aufpasst, und das der Jesus wiederkommt. Da fehlten mir die Beweise und die Vorstellungskraft. Also habe ich mich mit 13 beschlossen, die Versuche des Glaubens an den Protestantismus zu lassen und mich mit der Aufklärung beschäftigt, besonders mit der Vernunft. Jedoch konnten und können, die meisten Menschen, mit den ich zu tun hatte, diesen Anspruch der Vernunft auch nicht erfüllen oder wenigstens vortäuschen. So habe ich mich auch von dieser Idee entfernt.
Woran glaube ich dann?
An das, was uns als wissenschaftlich bewiesen verkauft wird, was ich auch nicht gerade der Garant für Wahrheit ist, aber wie soll ich es mir sonst erklären ohne Gott und Vorsehung? Ich sehe in allem einen Zufall ohne Ziel: Der Lebensraum Erde ist einfach für eine vorübergehende Zeit im Universum vorhanden und in einer unbedeutenden Zeitspanne bin ich, ich und hier und muss mich damit arrangieren. Das ist wirklich nicht einfach für mich und ich kenne ja nichts anderes als meine Existenz. Mit dem Trieb zum Leben und Überleben ausgestattet, versuche mir mein Hiersein so angenehm wie möglich unter den mir vorgegebenen Umständen zu gestalten. So plage ich mich mit Prüfungen, Arbeit, Hobbies und Mitmenschen rum, erlebe Freud und -noch öfter- Leid. Und es alles bedeutet mir viel. Alles eigentlich, weil ich auch nicht an Seelenwanderung glaube. Wobei mich aber der Blick in den Sternenhimmel wieder beruhigt, indem er mich zeigt, wie klein und unbedeutend alles ist. Ich und meine Probleme sind nichtig. Bis wieder irgendjemand ein Theater veranstaltet oder ich anders ins mental in meinen Alltag zurückgeworfen werde.
Und meine Beschäftigung mit Symbolen und Mysterien?
In meiner „aufgeklärten“ Zeit habe ich mich natürlich auch dem „bösen“ Aberglauben beschäftigt, was ich immer noch mache, aber verbissen anderen erzählen zu wollen, dass mir ihr Glaubenssystem nicht zusagt, brauche ich nicht mehr, klar so etwas bringt nichts und ich habe auch nicht „die Wahrheit“ erkannt: sie sollen ihr Ding glauben, solang ich dadurch nicht eingeschränkt werde. Heute habe ich eher ein Interesse an verschiedene Theorien und Glaubenssysteme, aus vielerlei Gründen: Neugier, andere Interpretationen als bisher zu erfahren, als Inspiration und auch in Anbetracht der verschiedensten Möglichkeiten der Auslegung einzelner Phänomene wieder zu meinem Nihilismus (ich denke, das könnte ich sein) zurückzukommen. Außerdem bin ich doch(!) sehr leichtgläubig und mich nützt doch die einfache Information über Alltagsmythen, die man mir auftischen könnte.
Lange habe ich nach Mitteln gesucht, mich auszudrücken und nicht nur schönes zu schaffen, ob Bilder, Schmuck oder Basteleien: mein Talent liegt in Künsten, in welchen es schwer ist Worte zu gebrauchen, so war ich früher oft sprachlos aufgrund fehlender Metaphern und Symbole. Spätestens seit der Vorbereitung zu meiner letzten Gesellenprüfung beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema. Nicht nur für die Konzentration bei der Prüfung auf Symbole bin ich meinen Kunstgeschichtslehrer dankbar (ich sage nur „the Castle of Otranto“). Metaphern, Prototypen, Systeme aus Glaubenssystemen, die ich immer noch als menschlich und nicht göttlich oder übersinnlich betrachte, sind für mich Menschen (auch wenn ich mich oft eher wie ein Außerirdischer fühle) ein angemessenes Mittel des Ausdruckes, der Konstruktion meines künstlerischen Kosmos und zu Grübeleien über Gesellschaft und Kultur. Es ist für mich wie ein Spiel. Mein Spiel mit dem, woran andere glauben.
Schlusswort
Wenn man wie ich eher glaubt, an Nichts zu glauben, gibt es doch im Gegensatz zu festgelegten Glaubenssystemen wie Religionen beschränkten Möglichkeiten der Lebensführung, des Glückes u.s.w. unzählbar viele Wege mit sich und der Welt klarzukommen. Im “Glauben” an die Sinnlosigkeit muss keiner resignieren, man könnte auch alles entspannt sehen und offen an Neues und Anderes herangehen. Aber ich habe ja meine Ziele, zum Beispiel bin ich hier wegen … *zöger* … Goth!
Hi !
Ein sehr interessant geschriebener Beitrag! :)
Ist alles tatsächlich nur purer Zufall?
Man weiß es nicht!
Dunkle Grüße! :)
Melle