Gothic Friday Juni – Hexennächte in Duisburg

Als ich für den Gothic Friday im Juni nach meinem schönsten Live-Erlebnis in den Erinnerungen suchte, wurde mir schnell klar, dass es sich dabei nicht um ein großes Konzert oder Festival handeln würde. Konzerte in großen Stadien sind mir unsympathisch, zum einen finde ich es teilweise bedrückend zwischen tausenden von Menschen eingeengt zu werden und zum anderen kann man meiner Erfahrung nach nicht wirklich von einem Erlebnis sprechen. Der Sound ist meistens schlecht, die Performance und die Band je nach Kartenpreis kaum zu sehen. Dabei sein ist alles? Nicht mit mir.

Für Clubkonzerte konnte ich mich dagegen immer begeistern, die kleine, ja fast intime Atmosphäre, der gute Klang und der fast schon hautnahe Kontakt zur Band reizten mich besonders. So möchte ich von 2 musikalisch sehr gegensätzlichen Konzerten sprechen, die mir in Erinnerung geblieben sind. Faun und DAF im direkten Vergleich zu sehen ist vielleicht kontrastreich, doch vergleichbar sind sie allemal, denn Leidenschaft und Energie, in zwei unterschiedlichen Formen, haben mich dabei gefangengenommen.

Faun und die Hexennacht 2008

Die Gruppe Faun auf der Hexennacht Schloss Dyck 2008Etwas skeptisch war ich ja schon, denn Schloß Dyck ist trotz beeindruckender Kulisse wohl einer der spießigsten Plätze für ein Konzert, zahlreiche Preise und Gartenausstellungen und Oldtimerfestival versnobten das Gemäuer immer mehr. Anlässlich einer nicht weiter zu kommentierenden „Hexennacht“ sollten auch Faun aufspielen, die ich schon zu zahlreichen anderen Gelegenheit und hauptsächlich im Rahmen von Festivals erleben durfte. Die sollte als mein erste vollständiges Konzert werden und entsprechend groß war meine Vorfreude. Die etwas träge Vorband habe ich geschickt ausgeblendet um mich vollständig auf Faun zu konzentrieren. Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen und unzählige Fackeln und Lichter hüllten die Kulissen in eine wunderschöne, fast schon romantische Stimmung. Die überschaubare Platz war nicht überfüllt und bot genug Möglichkeiten entspannt und hautnah zu erleben.

Ich kann mir nicht helfen, aber Faun schafft es immer wieder mich in Windeseile einzufangen um mich mit ihren Klängen und ihrer Musik zu packen, sanft auf den Boden zu stellen um mich nur Minuten später in die Höhe zu heben. Auch der Tanz sollte nicht zu kurz kommen, denn obwohl das Publikum eher bunt gemischt als mittelalterlich speziell zusammengesetzt war, gab es dennoch einige – mich eingeschlossen – die die tanzbaren Klänge von Egil Saga zu schätzen wissen. Live finde ich Faun sogar noch ein Stück weit großartiger als von kleinen Silberlingen, die Stücke sind teilweise individualisiert und die Ecken und Kanten einer Live-Performance üben bei dieser Musik einen ganz besonderen Reiz aus. Wer 2 Falken in einer Live-Version hören durfte, weiß wovon ich spreche. Großartig. Passend dazu gab es eine Feuershow, die Faun respektvoll mit instrumentalen Klängen untermalte um so dem Publikum einen zusätzlichen Reiz zu bieten, bevor sie sich nach den obligatorischen Zugaben in den Schlossbereich zurückzogen. Obwohl ich Faun noch einige Male später sehen sollte, bleibt mir dieses eine Konzert im Rahmen der Hexennacht seitdem in Erinnerung.

DAF in Duisburg 2010

DAF im Pulp Duisburg während ihrer Live PerformanceGegensätze ziehen sich bekanntlich an, auch wenn sie rein musikalisch begründet sind. Als ich die Möglichkeit DAF in meiner Nähe und im Rahmen eines Clubkonzertes zu sehen erspähte, habe ich nicht lange gefackelt und mir die Karten weit im Voraus gesichert. Die Location war mir sehr vertraut, denn das Pulp in Duisburg gehört seit einigen Jahren zu den Orten, die ich immer wieder und gerne besuche um das Tanzbein zu schwingen. Die Schlossatmosphäre im alten Bahnhof direkt im Industriegebiet hat einen ganz besonderen Reiz, die Bühne im „größeren“ Saal ist überschaubar und die Akkustik ist erwartungsgemäß sehr gut, da in Diskotheken meist auf eine potente und fest installierte Musikanlage zurückgegriffen werden kann. Auch die Vorgruppe war mir wohl bekannt, No More haben sich mit „Suicide Commando“ in die schwarzen Geschichtsbücher gespielt und schickte sich an, ihren neue CD zu veröffentlichen. Nett, gelungen, rund, leider ein wenig leidenschaftslos. Die DAF konnte nur besser werden. Wer schon mal auf einem Konzert der EBM-Urgesteine war, wundert sich nicht über die 50 Flaschen Wasser, die fleißige Roadies auf der Bühne verteilen, denn die sollte Gabi Delgado im Laufe eines Konzerts in sich, über sich, die Bühne und das Publikum verteilen. Wie immer.

DAF ist Energie, ganz so wie es Electronic-Body-Music verheißt, doch da ist mehr. Eingängige und nicht selten Bedeutungsoffene Texte fordern das Publikum heraus, so gibt es auch heute noch immer Menschen die beim Stück „Mussolini“ den entsprechenden Anweisungen des Textes unreflektiert Folge leisten. „Verschwende deine Jugend“ ist die Hymne der Urzeit, die heute ebenso zeitlos erscheint wie die meisten anderen alten Stücke. Viel neues war nicht dabei, schließlich ist ja auch kam etwas vorhanden, aber das ist auch gut so. Viel zu viele Künstler sehen ein Live-Konzert als Möglichkeit sich und ihre „neues“ Album zu promoten, dabei sollte ein Konzert in erster Linie ein Geschenk an die Fans sein und in dieser Disziplin macht den beiden niemand etwas vor. Damals wie heute trieft die Energie aus den Lautsprechern, ergießt sich über ein williges Publikum und hüllt es in einen wohlig prickelnden Mix aus Rhythmus und Melodie. Unverkennbar, unvergleichbar. Das Zahlenlied als krönender Abschluss eine schweißtreibenden Abends, bei dem ich kaum Gelegenheit hatte Bilder zu machen, sondern von dem ich mit glühenden Pikes und völlig erschöpft zurückgekehrt bin. Wann gehts weiter?

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shan_dark
shan_dark (@guest_15597)
Vor 13 Jahre

Ich kann dir nur recht geben was Stadienkonzerte vs. Clubkonzerte angeht. Ich hab auch schon Konzerte mit 60.000 Leuten erlebt (u.a. Depeche Mode) – es ist einfach ätzend. Videoleinwände zu betrachten bringt mir am Ende gar nix, zudem ist ‚viel Proll‘ unterwegs im Publikum und auch wenn es natürlich enorm beeindruckend ist, wenn 60.000 Menschen jubeln und applaudieren und die Kulisse einfach größer ist, der Künstler oder die Band dahinter verblassen für mich jedesmal. Ganz anders bei Clubkonzerten „zum Anfassen“. DAF habe ich ja letztes Jahr auch live gesehen beim BIM-Fest 2010 – sie waren, sind und werden wohl live immer genial bleiben. Damals hat mich das Zahlenlied und ihre Kraft des Minimalismus auch nachhaltig beeinflusst.

Marcus
Marcus (@guest_15610)
Vor 13 Jahre

Kleine Clubkonzerte mag ich eigentlich auch recht gern. Doch DAF haben mir bei Festivals immer mehr Spaß bereitet (da freue ich mich doch mal spontan auf das NCN-Festival). Ein übervoller Club in Kombination mit einer Pogo tanzenden Meute und einem nicht mehr so ganz jugendlichen Alter ist einfach nicht die perfekte Voraussetzung für einen unvergesslichen Konzerthöhepunkt ;-)

Marcus
Marcus (@guest_15623)
Vor 13 Jahre

@Robert: Jetzt lässt Du mich wieder einmal gedanklich in der Zeit zurückreisen. Dafür hast Du wirklich ein großes Talent. Die Zeiten, in denen ich mich pogend über Tanzflächen oder vor Konzertbühnen bewegt habe, sind schon ein Weilchen vorbei. Aber ja, es war einmal eine regelmäßige Freizeitbeschäftigungen. DAF düfte hier sogar der Einstieg gewesen sein. Und zwar in einer Diskothek, in welcher es – rückblickend betrachtet irgendwie seltsamerweise – eine Art „Pogorunde“ gab. Der Höhepunkt des Abends. So konnte man die Aggressionen über den Rest der dargebotenen Musik ungezwungen herauslassen ;-) Tja, so war das in den 80ern. Ansonsten wurde dieser Art der (un)rhythmischen Bewegung auf diversen Punk- und Hardcorekonzerten gefrönt. Aber man wird älter oder was auch immer – jedenfalls verspüre ich schon lange keinen Drang mehr, mich gegen andere Menschen zu werfen… zumindest weitestgehend und dann hat dies für gewöhnlich andere Gründe ;-) Deshalb schaue ich mir DAF auch lieber auf Festivals an. Da ist im Normalfall der Platz vorhanden, um sich nicht dem Bewegungsdrang anderer unterwerfen zu müssen und sich am Rand eingequetscht wie eine Sardine unkontrolliert hin- und herbewegen zu müssen.

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