Gothic Friday Januar: Alleine auf die Tanzfläche gehen

Einer meiner liebsten Frühmorgens-Lektüre-Blogs hat die Aktion „Gothic Friday“ in’s Leben gerufen. Am ersten Freitag gibt es ein Thema, bis zum dritten Freitag des Monats darf man schreiben. Na dann mal los. Wie bin ich denn in die Szene gerutscht?

Klare Sache: über Mittelalter und über ein kleines Onlineradio. Ungefähr 2003 muss das angefangen sein. Das erste Mal auf einem Ritterturnier und dort spielten Corvus Corax. Später dann im Onlineradio einfach mal geblieben, wenn es hieß „Gothic, Mittelalter & Metal“. Irgendwann dann fing ich auch an zu bloggen. Die Designs mussten einfach schwarz sein, sonst gefiel es nicht. Was ich dann so kennenlernte, waren die ersten Bands aus der Richtung. ASP und die Mittelalter/Metal Bands. Subway to Sally. Samsas Traum. Janus. Oomph. Megaherz. Schandmaul. In der Zeit war vieles nicht so einfach. Dickes Mädchen, das überhaupt nicht wusste, wer sie denn war. Dazu kamen langsame Aufarbeitung von Dingen, die lange zurücklagen. Meine Flucht ging in die Musik. Zuerst noch für mich allein, bis ich feststellte, wer aus meinem damaligen Freundeskreis ähnlich tickte.

Ganz einfach war und ist es bei uns nicht. Einschlägige Gothicpartys sind generell 100 km weg. Durch ganz großes Glück erfuhr ich 2005 von einer kleinen Gothicparty im Clubhaus des Motorradclubs eines Dörfchens ungefähr 8km von uns entfernt. Letzter Samstag im Monat, kleines Lagerfeuer, aufs Alter wurde nicht so geachtet, laute Musik, Zeit zum Reden & Freunde kennenlernen und dann treffen. In den vergangenen 6 Jahren habe ich dort meine inzwischen besten Freunde kennengelernt. Einmal im Jahr gibt es dort ein kleines Open Air, bei dem ich seit zwei Jahren helfe. 2009 war Welle:Erdball bei uns, 2010 Sara Noxx und dieses Jahr kommt Crematory. Leider, leider sind nie viele Besucher da gewesen. Die Tickets sind nicht teuer, aber die Werbung erreicht bedauerlicherweise nicht genug Menschen. Es ist der Traum von unserem Samson, dass das Festival vielleicht irgendwann aus den Miesen kommt. Wir sprechen quasi bei jeder unserer Gothicnights über Verbesserungen, Bands und Änderungen im Ablauf. Der Großteil der Gäste ist Feuer & Flamme und vielleicht erreiche ich hiermit ja auch den ein oder anderen.

2008 war ich dann das erste Mal auf einem Festival. Mera Luna. Wow. Ich war beeindruckt von den Menschen, die dort zu sehen waren. Lief Schwarz, aber relativ normal rum. Lernte viele neue Bands kennen, ich kannte nur einen Bruchteil. Ich war mit zwei Mädels dort, die eine wollte ja nur ASP sehen, alles andere kannte sie nicht. Was mich dazu brachte, den größten Teil des Festivals allein zu verbringen. Als ich dann wieder zu Hause war, war meine Begeisterung für Festivals quasi gen Null gesunken. Nie wieder. Tja, kommt zum Glück alles anders. 2009 waren es dann schon Hörnerfest & Mera Luna und das Wissen: Festivals machen mit den richtigen Menschen einfach verdammt viel Spaß! 2010 habe ich dann dank meines damaligen Freundes sehr viel miterlebt. Das erste Mal WGT. Wow, das hat mich sehr lange absolut gefesselt. Vorher war ich skeptisch, weil nur wenige Bands überhaupt mir bekannt waren. Aber Leipzig in Schwarz war einfach nur traumhaft. Die verschiedensten Stile der Besucher dort und die absolut angenehme Atmosphäre. Viele Bands neu lieben gelernt und bei dem damaligen Tweetup die ersten Twitterer kennengelernt. Tja, dieses Jahr ist dann die Pension, in der wir wohnen, voll mit Twitterern. Es sind noch sechs Monate, aber ich freue mich schon jetzt. Auf alle. Auf alles.

Warum bin ich in der Szene geblieben?

Ich ergänze das jetzt einfach mal. Geblieben bin ich wohl deswegen, weil ich einfach so sein kann, wie ich möchte. Meine Haare waren eine Zeit lang komplett schwarz. Zuerst waren vor allem die Omas geschockt, aber das gab sich schnell. Inzwischen bin ich halbwegs in meinem Stil angekommen. Ich lege mich nicht auf eine Richtung fest, variiere gerne. Tanze unheimlich gerne im Reifrock zu „alter“ Musik wie Depeche Mode, Sisters Of Mery oder The Cure. Aber ich feiere genauso gerne mit Grafikkarte im Haar und USB-Kabeln am Handgelenk zu Combichrist. Meine Klamotten sind schlicht schwarz im Alltag, wenn ich weggehe, gibt’s dann halt auch mal Lack und viel Haut. In der Szene habe ich wahnsinnig gute Freunde kennengelernt. Bei denen man einfach nicht immer alles Sonnenschein spielen muss. Es wird aber nicht abgeblockt, sondern darüber geredet. Es wird gemeinsam gelacht und gemeinsam gelästert. Wie immer halt. Da sind Grufties auch nicht anders. Aber auch die Mittelalterszene ist nie völlig verschwunden. Zwei-drei Mal im Jahr brauche ich auch das.

Was ich noch entdeckt habe, ist meine Liebe zu Korsetts. Das erste billige Korsett, was eine Corsage mit Plastikstäbchen war. Das erste richtige Korsett ein Jahr später, inzwischen sind es fünf. Röcke, die ich kaufte und nicht trug, weil sie mir zu kurz vorkamen. Bis ich andere auf Festivals und Partys sah und sie mit Stolz ausführte, konnte. Meine Vorliebe für auffallendes Make-up, besonders die Augen. Alles ist erlaubt. Der Pony hat quasi jede Woche eine andere Farbe. Die Nähmaschine entdecken und benutzen lernen. Sich vom ersten Freund zu trennen, weil man zu „schwarz“ war. Wir lernen uns über schwarzes Glück kennen.

Mir selbst hat es unheimlich gutgetan, diese Szene zu finden. Reinzurutschen. Ein Teil davon zu werden. Mein Selbstvertrauen ist mit der Zeit stark gewachsen, nachdem es zwischenzeitlich kaum vorhanden war. Allein auf eine Tanzfläche gehen und als Erste einfach tanzen – hätte ich früher nie getan. Jetzt schon. Auch mal auffallen – bunte Haare, kreischende Fingernägel, ansonsten schwarz – toll!

Aber alles ganz schwarz sehen? Niemals. Ich brauche Farbe im Leben. Um mich herum muss es stilvoll bunt sein. Glitzer darf bitte auch immer dabei sein.

Also bin ich dann wohl als normales Mädchen in die Szene gestrauchelt und jetzt die glitzernde Gruftschnecke, die ich auch gerne bleiben mag.

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