Gothic Friday: Selbermachen oder Kaufen?

Das Langzeitprojekt “Gothic Friday” liegt nun schon einige Jahre zurück. Ich finde die Idee dahinter jedoch großartig und spannend und habe nun schon einige Themen interessiert mitverfolgt. Da keimte in mir die Lust auf, mir diese Fragepunkte selbst einmal vorzunehmen. Ich bin nicht der einzige Nachzügler, den es angesichts der tollen Themen in den Fingern juckt und Robert erwägt nun sogar, eine Fortsetzung zu starten. Die bisherigen Themen bieten jedoch schon einmal eine Fülle an Inspiration, das Kopfkino ist mächtig in Gange und so nehme ich mir nach und nach einige der alten Themen vor – alle werde ich vermutlich nicht schaffen, aber mal sehen! Das Mai-Thema lautete: “Do Goth yourself!”.

Das Schöne an Selbstgemachtem ist ja, dass es Unikate sind, etwas Persönliches und zugleich oft auch die Erinnerung an die Zeit der Entstehung eines Werks lebendig ist. Ob nun gemeinsame Näh- und Basteltreffen mit einer Freundin, die Inspirationsquellen, oft auch Überraschungen wenn das Ergebnis vom ursprünglichen Vorhaben abweicht… Der Stolz, etwas mit eigenen Händen geschaffen zu haben, Zeit nutzbringend investiert zu haben, Freude am Gestalten zu haben. So etwas kann keine noch so aufwendig gestaltete, gekaufte Klamotte oder teures Schmuckstück bieten.

Wenn ich so nachdenke und hervorkrame, was ich früher alles selbst gemacht, abgeändert und gebastelt habe, komme ich mir heutzutage schrecklich unkreativ vor. Nur warum mache ich kaum noch etwas selbst? Das liegt sicher zum einen daran, dass meine Wohnung und mein Kleiderschrank ziemlich voll sind. So voll, dass ich eher was ausmiste, als dass ich etwas neues anschaffe oder erzeuge. Zwar sammle ich seit Jahren Bastelideen und -anleitungen, habe eine große Schublade voller Kreativkram, aber der Funke zündet selten. Nur zu besonderen Anlässen wie Weihnachten, Ostern oder passend zur Jahreszeit wird mal der Wohnzimmertisch und/oder die Balkontür dekoriert. Bei soviel Dekokram in der Wohnung fällt das aber nicht wirklich auf… Aber ehe ich weiter herumgrübel, krame ich mal lieber in Erinnerungen, was ich bisher an szenekompatiblem Krempel selbst produziert habe!

Aus der Not heraus…
Es begann damit, dass ich eine taschengeldarme Schülerin war, die unglücklich vor ihrem Kleiderschrank voll langweiliger, bunter Klamotten stand. An kultigen Einkaufsmöglichkeiten mangelte es auch – ich lebte damals auf der Insel Sylt und war nur in den Ferien in Berlin. Was also tun? Ich färbte ein paar Klamotten in der Waschmaschine schwarz, schnippelte weitere zurecht, nähte teilweise etwas um, bemalte Kleidung mit Stoffmalfarbe und strickte sogar einen Pullover selbst. So einen langen, schwarzen, grobgestrickten „Cure-Pulli“, wie Robert Smith ihn hatte. Das war wohl das zeitaufwendigste Kleidungsstück, das ich je fabrizierte. Leider hat meine Schwester ihn sich oft ausgeliehen und durch häufiges im-Sitzen-über-die-Knie-ziehen dermaßen ausgeleiert, dass er irgendwann wie ein Kartoffelsack anmutete. Meine Mutter kürzte ihn für mich, strickte dann aber auch gleich ungefragt überall engere Bündchen dran – das war das Ende „meines“ Pullis. Ich besitze ihn zwar noch, aber fühle mich nicht mehr länger als „Alleinschöpferin“.

Vom Flohmarkt erstand ich unter anderem eine leicht flippige schwarze Jacke, die ich später mit dem Schriftzug und Logo von „Love Like Blood“ verzierte.
Eine schwarze Stretchjeans versaute ich mir leider, als ich den Schriftzug von The Cure in das Hosenbein schnitt – die Schnittränder rollten sich nach außen und es sah bescheuert aus. Eine weite Stoffhose mit schwarzweißem Schlangenprint schnitt ich im Schritt weit auf und nähte ein schwarzes Spitzenband dran, so dass ein recht punkiges Oberteil draus wurde. Generell eignet sich Spitzenborte sehr gut, um ansonsten unspektakuläre Klamotten aufzuhübschen.
Ein schwarzer Samtoverall(!) wurde gekürzt und mit Resten eines weinroten Kissenbezugs an Ärmeln und Kragen umgestaltet.

Wirklich gut nähen kann ich nicht, ich hab auch zu wenig Geduld und pfusche daher manchmal ein bisschen rum. Später habe ich aus Pannesamt Oberteile mit zipfeligen Ärmeln und Säumen geschnitten und ohne ein Umnähen der Ränder zusammengenäht. Manchmal habe ich auch einfach fertige Oberteile zerschnitten oder Stoff-Fetzen mit Sicherheitsnadeln zusammengesteckt. Alles sehr simpel, daher bin ich auch nicht sonderlich stolz drauf ;-)

Ein rot-schwarzes Pannesamt-Oberteil jedoch hat mehr Aufmerksamkeit bekommen, da habe ich lange dran gesessen, damit die Übergänge zwischen den Farben schön wurden.

Samt-Lappen

Selbstgenaehtes

Besser als mit dem Nähen klappte es mit dem Bemalen mit Stoff-Farbe. Da ich eine recht ruhige Hand habe und gerne etwas abzeichne, habe ich etliche Kleidungsstücke bemalt, auch als „Auftragsarbeiten“ oder Geschenk. Meist waren es Shirts mit Bandlogos, aber auch mal ein Hemd eines Freundes mit seinem Familienwappen.

bemalteKlamotten

Im Batiken versuchte ich mich vergleichsweise kurz. Um schön ungewöhnliche Muster zu erzeugen, habe ich alle möglichen interessant geformten Gegenstände eingewickelt, z.B. Zinnfiguren aus einem Setzkasten, kleine metallene Kerzenständer, Schrauben und Werkzeug. Beim Batiken werden ja nur die Bereiche eingefärbt, die Kontakt zur Färbeflüssigkeit haben. Indem ich Gegenstände in den Stoff einwickelte und einknotete und alles dicht mit Gummibändern abband, zeichnete sich die Form des Eingewickelten später als bizarres Muster ab. Leider blichen die Farben mit dem Waschen schnell aus und von meinen Batikwerken existiert heute nichts mehr. Überhaupt haben nur wenige selbstgemachte Klamotten überdauert.

Lauter Kleinigkeiten
An Accessoires habe ich außer Schmuck nur wenig gebastelt. Während meiner schwarzen Stilfindungsphase schlitzte ich einen schwarzen Spitzenrock längs auf und befestigte ihn als langen Schleier im Haar, gehalten von einem samtenen Stirnband.

Schmuck

Eine Samtlegging, deren Beine ich durch ein in-Streifen-Schneiden leider verhunzt hatte, schnitt ich unterhalb der Knie ab. Ein Reststück mit den „Fransen“ dran wurde mit kleinen Glöckchen und anderen Metallteile verziert. Das „Werk“ konnte wie ein breites Haargummi ums Haar gewickelt werden und sah ein bissen wie ein Zopf aus schwarzen Samt-Dreads aus. Später, als ich von längeren Haaren absah, funktionierte ich es dann als Halsband um.

Zum Ausgehen knotete ich mir lange Streifen von schwarzem Stoff um die Handgelenke und dünne schwarze Handschuhe, die an den Fingern kaputt waren, dienten als wavig-punkige Fingerlinge.

Schmuck hingegen habe ich sehr viel gestaltet. Es fing damit an, dass ich lange Zeit kein Kreuz als Kettenanhänger fand und mir dieses kurzerhand aus Fimo formte. Das war ziemlich stümperhaft, wirklich nicht vorzeigbar. Erst später begann ich aus dieser Modelliermasse aufwendigere Anhänger und Broschen zu basteln, mit Abdrücken von filigranen (Schmuck-)Gegenständen, kleinen Steinchen und Metallteilen sowie Silberpuder. Besonders stolz bin ich auf meinen Drachenanhänger mit grünem Stein. Auch aus Perlen kreierte ich einige Ketten, manche davon wurden mit Fimo-Anhängern kombiniert. Das ungewöhnlichste Schmuckstück, das ich gebastelt habe, war ein fingerlanges und -dickes Stück von einer zerborstenen Sicherheitsglas-Scheibe, die ich mit Lederband umwickelte und die dann wie ein geborstener Eiszapfen-Anhänger aussah (leider verschollen).

Es gab ein kleines Büchlein, in das ich Ideen einmalte, die mir in Bezug auf Augen-Makeup kamen. Als ich noch in der Schule war, vertrieb ich mir langweilige Schulstunden damit, meinen Handrücken mit Spinnennetzen aus schwarzem Kuli-Linien zu verzieren. Auch Feder- und Schultasche mussten dran glauben, die wurden mit Bandlogos und -schriftzügen versehen.

Trautes HeimWindlichter
Mein Zuhause wurde ebenfalls verziert. Neben selbstgemachten Bildern an den Wänden hatte ich auch viele selbst gesammelte Trockenblumenstäuße, z.T. mit Farbe angesprüht. Stoff-Fetzen dien(t)en als Wandbehang oder Bordüren. Noch zu Schulzeiten spannte ich ein großes Spinnenetz aus Wolle geknüpft in eine Zimmerecke. Kerzen wurden auf Flaschen gesteckt und mit Unmengen an Wachs übertropft. Vieles davon wurde mir jedoch irgendwann zuviel und flog wieder raus. Was an Selbstgemachtem geblieben ist, sind mit Spitzenborte beklebte oder mitMustern aus Window Color verzierte Windlichter und ein paar gemalte Bilder an der Wand. Generell habe ich meinen Dekokram vor Jahren mal radikal ausgedünnt, ohne dass es danach wirklich viel leerer aussah… Vieles wurde auf Flohmärkten veräußert oder liegt heute noch in diversen Tüten und Kisten im Keller. Ich mag es verkramt, aber erschlagen sollte einen die Masse an Krempel optisch auch nicht. Daher mache ich seit Langem einen weiten Bogen um Flohmärkte ;-)

meinZimmer

Wohnzimmer

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Alicia
Alicia (@guest_51248)
Vor 8 Jahre

Hallo Tanzfledermaus,

ich muss sagen, ich bin echt beeindruckt von deiner Kreativität! Wie es aussieht hast du schon so einiges geschaffen auf das du stolz sein kannst. Wow!
Ich habe meistens relativ kreative Ideen, bin dabei aber auch sehr perfektionistisch und natürlich sieht das Ergebnis immer anders aus als das Bild in meinem Kopf.. Ab und zu gibt es dann mal einen Glückstreffer, aber das war´s dann auch^^
Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, wenn ich mir bei dir ein bisschen was abgucke ;)
Cheers,
Alicia

Nighttears
Nighttears (@guest_51253)
Vor 8 Jahre

Hallo Tanzfledermaus,

danke für den beeindruckenden Einblick in deine Wohnung und in deinen Kleiderschrank! Da kannst du in der Tat stolz sein auf dich und deine Kreativität.

Das mit Spitze beklebte Windlicht hat meine Frau gleich inspiriert. Sie wird die Spitze wohl selber klöppeln. Mal sehen, ob sie sich dann irgendwann auch an so ein großes Windlicht trauen wird.

Liebe Grüße
Nighttears

Ronny Rabe
Ronny Rabe (@guest_51254)
Vor 8 Jahre

WoW – wirklich sehr kreativ und geschmackvoll eingerichtet !
Was meine Wohnung betrifft bin ich kreativ … was bei der Kleidung schon wieder anders ausschaut. Leider kann ich nicht mit der Nähmaschine umgehen , ich kaufe mir meist Basic´s von H&M , Zara ect . und pimp mir diese mit Schere und Buttons ect. auf.

Shan Dark
Shan Dark (@guest_51256)
Vor 8 Jahre

Bin großer Fan Deines Leo-Fetzenshirts (und des dazugehörigen Bildes ;)) und von Flohmärkten, denn es muss nicht heißen, dass man sich mit den dort erstandenen Dingen die Wohnung zumüllt. Das passiert eh nicht, weil ich recht wählerisch bin und selten etwas finde, selbst auf Antikmärkten. Skurrilitäten sind auch da sehr rar gesäht, Morbides noch viel mehr.

Aristides Steele
Aristides Steele (@guest_51267)
Vor 8 Jahre

Schön einen kompletten Beitrag von Dir zu lesen – finde den nämlich ausgesprochen sympathisch!
Pannesamt war auch eines meiner ersten Materialien, weils das günstigste war, und trotzdem sowas wie Samt, inzwischen hasse ich den Kram leidenschaftlich, muss aber gestehen daß Deine Oberteile richtig gut aussehen.

Und Deine Inneneinrichtung gefällt mir auch ziemlich gut, den Hang zum „Kram“ kann ich auch gut nachvollziehen – muss auch so ein Faktor sein, der bei Schwarzkitteln relativ häufig anzutreffen ist, eine meiner besten Freundinnen macht das auch ausgiebigst, da stehen haufenweise tolle alte Sachen vom Flohmarkt rum – eine der schönsten und wohnlichsten vier Wände die ich kenne.

BTW, der rote Papierfächer mit dem schwarzen Rahmen – den hatte ich auch, hing auch bei mir an der Wand – und er existiert auch heute noch ;)

Svartur Nott
Svartur Nott (@guest_51269)
Vor 8 Jahre

Mal ganz abgesehen von dem Schwall an Kreativität, der mir hier entgegenkommt finde ich die Zimmergestaltung sehr beeindruckend, sowohl jene von 1994, als auch die aktuelle. Es ist so stimmig, so… harmonisch, aufeinander abgestimmt. Einfach wunderschön. Ich würde mich da ebenfalls wohlfühlen ^^.

Meine Kreativität schlummert derzeit noch ein wenig. Da meine Nähkünste extrem bescheiden sind, nutze ich grundsätzlich kleidungstechnische Basics und verändere sie nach meinem Gusto. geplant ist derzeit, meine Lederjacke zu verschönern. Mal schauen, ob ich in absehbarer Zeit dazu komme.

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