Ein Gastbeitrag von Marcus Rietzsch zum Januar Thema des Gothic Friday 2011 »Wie bist du in die Szene gekommen?«. Marcus betreibt unter anderem die Internetseite T-Arts und ist Herausgeber des Pfingstgeflüsters, das seit 2005 über das WGT in Leipzig berichtet. An dieser Stelle nochmal der Hinweis das jeder mitmachen kann. Begeisterte ohne eigenen Blog wenden sich an einen der Unterstützer, die im Ausgangsartikel und in jedem Thema verlinkt sind. Der Text wurde nicht geändert, sondern lediglich mit den von Marcus genannten Videos gewürzt. Nachträglich eingefügte Absätzen und Überschriften sollen der Lesbarkeit dienen.
Auf der Suche nach dem Ich
Es ist kaum greifbar, welches Ereignis gleichbedeutend mit dem „Eintritt“ in die „Schwarze Szene“ ist. Ich musste dafür keine Prüfung mit Multiple- Choice-Fragen zu Bands wie „Siouxsie & The Banshees“ und „The Cure“ oder Schriftstellern wie H. P. Lovecraft und Edgar Allan Poe ablegen. Nachweise der Teilnahme an Kursen wie beispielweise „Teufelsanbetung für Anfänger“, „Der böse Blick 1“ oder „Drei Schritte vor, drei zurück – Tanzkurs für Gruftis“ mussten ebenfalls nicht erbracht werden. Mir wurde niemals ein subkulturelles Diplom von einem satanistischen Obergrufti in einer feierlichen Zeremonie auf dem örtlichen Friedhof mit anschließender Tieropferung verliehen. Keine Brandmarke in Form eines umgedrehten Kreuzes oder eines schicken Pentagramms auf dem Allerwertesten weisen offiziell eine Szenezugehörigkeit aus (wirklich nicht).
Welche Erlebnisse, Umstände, Eindrücke mögen also für die eigene Selbstfindung entscheidend gewesen sein? Manches habe ich vehement und nachdrücklich mit dickem, schwarzem Edding durchgestrichen und ausgelöscht – auf das es niemals zum Vorschein kommen mag. Doch gewisse „modische“ Entgleisungen wurden nicht nur gedanklich verewigt. Zeitzeugen helfen erinnerungstechnisch gerne auf die Sprünge – ob man nun mag oder nicht – und in diversen Schubladen und Schuhkartons findet sich das eine oder andere Beweisstück auf Fuji- oder Kodak-Fotopapier. Aber heben die anfänglichen „Ausflüge“ in ein farbenprächtiges Dasein nicht hervor, wie wundervoll die (Nicht)farbe Schwarz doch eigentlich ist? Anderes habe ich hingegen gerne und ohne große Anstrengungen im Gedächtnis aufbewahrt…
Die Erinnerungen an die musische Entwicklung und Förderung, welche ich in den ersten Schuljahren „genießen“ durfte (oder sollte ich sagen: musste), sind stark verblasst bis komplett ausgelöscht. Der Zwang, sich beim Singen der deutschen Nationalhymne als auch des Bayernlieds (Gott mit dir, du Land der Bayern, deutsche Erde, Vaterland! Über deinen weiten Gauen walte seine Segenshand! …) vor der ganzen Klasse in Ermangelung eines Mindestmasses an gesanglichem Talent zum Gespött zu machen, war jedenfalls nicht zuträglich, sich dem Thema „Musik“ eingehender zu widmen. Einen Lichtblick durfte ich aber trotzdem erleben.
Es muss etwa im Jahr 1982 gewesen sein, als mein Lehrer einen Tonträger mitbrachte und der versammelten Klasse vorspielte: die fünfte Sinfonie von Beethoven – modern inszeniert. Greifbare Hörgewohnheiten hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Diese dramatische Klangfolge hat mich aber unmittelbar angesprochen – es zeichneten sich deutliche Bilder vor meinem inneren Augen ab. Ein Mensch, durch enge Gassen eilend auf der Flucht vor dem Sensenmann, welchem er natürlich nicht entkommen konnte. Schon an der nächsten Ecke lauerte der Tod auf den gehetzten Menschen, der wiederholt versuchte zu fliehen. Äußerte sich hier erstmalig eine gewisse Vorliebe zum Morbiden? Rückblickend betrachtet muss ich wohl froh sein, dass der Pädagoge meiner, für einen Zehnjährigen vielleicht nicht ganz typischen Assoziation keine (negative) Bedeutung beigemessen und mich zum Seelenklempner geschickt hat. Leider ist die Aufnahme, welche der Lehrer für mich angefertigt hat, in meinen noch vorhandenen Kassettenbeständen nicht mehr auffindbar.
Ansonsten war das mir bekannte musikalische Angebot recht dürftig und von deutlich zu vielen talentlosen Tieffliegern und irgendwie oberflächlichen und nichtssagenden Musikern, welche das allgemeine Radioprogramm bestimmten, geprägt. Ausnahmen bildeten einige Songs interessanter Projekte der Neuen Deutschen Welle, wie „Ideal“, „Grauzone“ und „Fehlfarben“, welche die Zeit bis zum heutigen Tag überdauern konnten. Über andere Interpreten Worte zu verlieren, verhindert mein Schamgefühl nachdrücklich. Reden ist Silber, schweigen ist Gold!
Natürlich war mir zu diesem Zeitpunkt die Unkreativität der wohl einzig auf hohe Verkäufe ausgelegten Titel nicht bewusst. Selbst konsumierte ich noch recht oberflächlich. Umso faszinierender war es, neue Klangwelten kennen zu lernen und tiefer in diese Welten einzutauchen. Wobei es hierbei sicherlich nicht unwesentlich um eine gewisse Rebellion ging. Nicht gegen Eltern oder Familie, hier hatte ich alle Freiheiten und keinerlei Anlässe, mich unwohl zu fühlen. Trotzdem entwickelte sich Unzufriedenheit und Wut. Verantwortlich hierfür waren u.a. erschreckende Vorfälle wie Tschernobyl, die bedrohliche Nähe der Grenze zur DDR (Wanderungen und Radtouren führten auch schon einmal an hohen Zäunen vorbei, hinter welchen bewaffnete Posten patrouillierten und im Wald stieß man auf Grenzmarkierungen, Hinweisschilder und Schlagbäume; die Kontrollen bei zwei Busfahrten nach Berlin vermochten diesen Eindruck ferner zu verstärken), das allgemeine bayerische Spießbürgertum (was sich aufgrund der generationenübergreifenden CSU-Traditionswähler zunehmend intensivierte) und das allgemeine Gefühl, dass auf dieser Welt einfach einiges schief zu laufen schien. Auch der Umstand, dass ich in meiner Klasse immer der Jüngste und Kleinste war und es ein schwieriges und bisweilen aussichtloses Unterfangen war, sich durchzusetzen, trug sein Übriges dazu bei, sich stetig Stücken mit mehr Energie und Aufbegehren zuzuwenden. Ob „Wild Boys“ von „Duran Duran“ für diese Übergangszeit exemplarisch ist, vermag ich schwer einzuordnen. Mir ist dieses Stück mit seinem aus meiner persönlichen damaligen Sicht ungezwungenen Temperament jedenfalls sehr positiv im Gedächtnis geblieben.
Und auch das kulturelle Niemandsland der fränkischen Provinz konnte den Drang nach neuen Klängen, Texten und unangepassten Künstlern nicht aufhalten. Eine Zeit des Entdeckens und Ausprobierens begann. Nach und nach nahm der Aggressionsgrad der Musik zu: Scheiben von Black Sabbath, Judas Priest und Iron Maiden landeten auf dem Plattenteller. Kirchenhüter sahen hier das Werk des Teufels und bewiesen dabei große Phantasie: Auf rückwärts abgespielten Platten sollte man deren Hinweise folgend geheime Nachrichten an den Hüter der Hölle hören. Wir – die wir damals dieser Musik lauschten – waren somit alle Teil einer raffinierten diabolischen Verschwörung. Mein individuelles Interesse an der Rückkehr des Antichrists auf die Erde hielt sich aber in Grenzen. Einzig wichtig war Provokation und Abgrenzung.
Bei den regelmäßig stattfindenden Diskotheken- und Clubbesuchen erreichten u.a. Songs von D.A.F., New Model Army, Iggy Pop und zahlreiche weitere außerordentliche Künstler meine dadurch erfreuten Gehörgänge. Die Selbstfindung konnte nicht mehr gestoppt werden. Besondere Befriedigung empfand ich, wenn dadurch anderen Mitmenschen eine „Freude“ bereitet werden konnte. So bat eines Tages ein Kunde in dem Plattenladen meines Vertrauens darum, eine Scheibe von „New Kids On The Block“ anhören zu dürfen. Es gab nur einen Plattenspieler und keine Kopfhörer. Jeder Anwesende kam also ebenfalls in den „Genuss“ dieser Platte. Ich stöberte gerade im Bereich „Punk/Rock“ und so kam es, dass als Gegenreaktion die „Dead Kennedys“, welche ich zu diesem Zeitpunkt einzig namentlich kannte, zufällig auf dem Plattenspieler des Ladens landeten. Waren die „Dead Kennedys“ nicht auch eine Boygroup? Schließlich bestand die Gruppe aus vier männlichen Wesen. Die entgleitenden Gesichtszüge des Boygroup-Jüngers, der sich weiterhin im Geschäft aufhielt, wären mir schon Lohn genug gewesen, doch unabhängig von der Beglückung meiner Umwelt begeisterten mich darüber hinaus diese bisher unbekannten Klänge, welche fortan meine Vinyl-Sammlung bereicherten. Zornig und zügellos. Ein perfekter Gegenpol zu den weichgespülten, dauergrinsenden, die Heile-Welt-verkündenden Bands, deren Veröffentlichungen von der Masse konsumiert wurden.
Gerne hätte ich die Anfänge dieser Strömung in England selbst miterlebt, aber auch am Bildschirm war die Geburt des Punk eine mitreißende Angelegenheit. Aggressiv, schnell, laut, chaotisch und kein Blatt vor den Mund nehmend. Es faszinierte, wie die hässliche Fratze einer konservativen Gesellschaft entlarvt und vorgeführt wurde. Eindrucksvoll und prägend war hierbei vor allen Dingen der halbdokumentarische Film über die „Sex Pistols“: „The Great Rock´n´Roll Swindle“. Diese unbändige Wut, welche durch die Originalaufnahmen beinahe greifbar waren… und die Erkenntnis, wie leicht es damals doch war, die Öffentlichkeit zu provozieren – überaus spannend. Das Bewusstsein, dass sich auch der Punk – zumindest zu einem großen Teil – verkauft hat, kam wohl erst später, obwohl im Laufe des Films schon gezeigt wurde, wie sich die Musikindustrie auf alles stürzt, mit dem Umsatz zu machen ist und damit maßgeblich den Untergang von ganzen Subkulturen auslöste. Wobei die beteiligten Manager und Bands selbst durchaus nicht unschuldig waren.
Das in den Augen der Presse und dem erzkonservativen England skandalöse Interview von Bill Grundy mit den Sex Pistols, welches die Band über Nacht schlagartig landesweit bekannt machte und in welchem Siouxsie Sioux, die spätere „Gothic-Ikone“ schlechthin, eine wesentliche Rolle spielte:
(Es sollte vielleicht darauf hingewiesen werden, dass das – durchaus geschmacklose – Tragen von Swastikas zu dieser Zeit unter englischen Punks üblich war, lediglich der Provokation diente und keinesfalls von einer rechte Gesinnung zeugte.)
Selbstverständlich ging die musikalische Bereicherung einher mit äußerlichen Veränderungen. Nach und nach wurden Metal-Textilien gegen Sicherheitsnadeln, Aufnäher, Ansteckbuttons, eine lila gefärbte Jacke und löchrige Hosen getauscht. Klobige Springerstiefel (noch keine Doc Martens) durften nicht fehlen (ebenso wenig der nicht wirklich ernst gemeinte Hinweis meiner Mutter, ich solle aufpassen, mit diesen riesigen Teilen an den Füssen nicht irrtümlich und unkontrolliert Kellerfenster einzutreten). Genauso kam Haarspray erstmals zum Einsatz. Frisurentechnische Vergleiche zum kleinen Vampir, denen ich so gar nicht beipflichten wollte, waren die Folge. Im Laufe dieser Selbstfindung sollte neben fragwürdigen Kleidungsstücken auch der eine oder andere „Unfall“ verzeichnet werden. Versehentlich abrasierte Stellen am Hinterkopf (wenn man 3 mm stehen lassen möchte, sollte man eben den Aufsatz zur Einhaltung eines Abstands vor dem Haarschneider nicht vergessen) konnten ebenso wenig begeistern wie rostbraun gefärbte Haare (Rot habe ich mir jedenfalls anders vorgestellt).
1990 weckte das Bizarre Festival meine bis heute andauernde Festival-Leidenschaft. Das Allerlei an unterschiedlichen Subkulturen, die sich gegenseitig „befruchteten“, war ungewöhnlich und spannend. Gruftis blieben aber trotz Auftritten von Bands wie „Fields Of The Nephilim“ oder „The Mission“ in der Minderheit.
Ich entdeckte die verstörende Atmosphäre der „Neurosis“, ebenso wie den politischen Crossover von „Rage Against The Machine“ als auch die zügellose Aggressivität des Hardcore-Punks von Bands wie „Agnostic Front“ und „Sick Of It All“. Das Repertoire wurde mittels Tonträgern von Therapy?, Joy Division, The Sisters Of Mercy, The (Southern Death) Cult, The Pixies, Bad Religion, Killing Joke und diversen anderen zum „alternativen“ Sammelsurium abseits des allgemein-gültigen Mainstreams Zählendem erweitert. Independent war fortan DAS Schlagwort.
Erst um 1994 herum besuchte ich erstmalig eine rein schwarzen Party. Der legendäre Club „Die Etage“ in Bayreuth war über einen dunklen Hinterhof und anschließenden Treppenaufgang erreichbar. Es gab Zeiten, an denen Stefan Ackermann von „Das Ich“ an der Kasse saß. Links die Bar, ein paar Sitzgelegenheiten, viel Nebel, einige Kerzen. Klein und unmodern. Hin und wieder beschalte Oswald Henke von „Goethes Erben“ die kleine Tanzfläche, auf welche er einmal zornig den CD-Player geschleudert haben soll. Schemenhafte Gestalten bewegten sich im Einklang zu dunklen Klängen. Eine atemberaubende Atmosphäre. „Black Death“ von „:Wumpscut:“ hat sich durch diesen und weitere Besuche besonders in mein Gedächtnis gebrannt. Sanfte sphärische Klänge, ein ruhiger Rhythmus und anschließend das sich finster ankündigende Unheil, welches in einem brachialen Gitarrengewitter im Geschwindigkeitsrausch und einem schneller werdenden Beat gipfelte, um danach wieder urplötzlich in sanfte Tonfolgen überzugehen. Eine Offenbarung. Mich würde es nicht wundern, wenn ich mit offenem Mund am Rand der Tanzfläche stand. Ich fühlte mich irgendwie „verzaubert“.
Aber nicht nur das schwarze Ambiente und die dunkle Stimmung zogen mich an – ebenso die Einstellung, die ich dahinter zu spürten meinte. Ein farbloser Gegenpol zur bunten Spaß- und Konsumgesellschaft, der keine gekünstelte Fröhlichkeit mit blödsinnigem Dauergrinsen erforderte. Eine Szene, welche sich nicht auf Musik reduzieren ließ, sondern in der vielfältige Interesse außerhalb der Norm aufblühen konnten. Ein Hang zur Melancholie, ästhetisch gekleidete Menschen mit einer geheimnisvollen Ausstrahlung, ein deutlich eingeschränkter Alkoholkonsum (meine Toleranzgrenze bzgl. Alkoholexzessen und dem damit einhergehenden Ausfallerscheinungen vieler „Individuen“ schwand von Jahr zu Jahr) und ein nicht vorhandenes Gewaltpotential – war das nicht meine Welt?
Eher unbewusst und in einem schleichenden Prozess wurde der Kleiderschrank in den folgenden Jahren einer Farbreduktion unterzogen. Unabhängig davon entwickelte sich eine Vorliebe für dunkle, morbide Orte und Kunst jenseits der Musik. Das Bild „Klosterfriedhof im Schnee“ (das Bild zum Eingang des Artikels, anm. Spontis) von Caspar David Friedrich dürfte dafür ebenso beispielhaft stehen, wie diverse Werke des Fotografen Simon Marsden – mystisch, farblos, düster, bedrohlich und mit einer magischen und berauschenden Anziehungskraft.
Der Drang, selbst kreativ zu sein, war schon als Jugendlicher groß. Doch der Versuch, sich mit Trommelstöcken (und der damit wohl verbundenen Terrorisierung der Nachbarschaft) und dem Schreiben von Songtexten über das Szenarium eines dritten Weltkriegs oder geldgierigen, gewissenlosen Subjekten zu verwirklichen, war realistisch betrachtet eher von mäßigem Erfolg gekennzeichnet. Auch der einmalige Einsatz als „Trompeter“ (wenige Töne auf dem Musikinstrument meines Vaters reichten) bei dem „Projekt“ eines Nachbarn, der in seinem Zimmer mittels eines Kassettenrekorders Unikate erschuf, welche auf dem Schulhof verkauft wurden, hatte keinen nachhaltigen Einfluss. Trotzdem denke ich gerne an diese aberwitzigen Aufnahmen, für welche der Nachbarsjunge Texte von Nena umschrieb, zurück. Zum Einsatz kamen u.a. eine Bassgitarre, eine Bohrmaschine, eine Regentonne. War das nicht Industrial? Doch zurück in die Mitte der 90er Jahre. Das Schlagzeug, welches bereits eingemottet war und zu Teilen mittlerweile als Auflage für Stereoanlage und Plattenspieler dient, wurde gegen eine Spiegelreflexkamera getauscht. Ein Faible für schwarz-weiße Porträt- und Aktaufnahmen entstand. Anfänglich skeptisch – kannte ich doch nur die geordneten und aufgeräumten „normalen“ Gottesacker der Umgebung – erlag ich später auch dem Reiz der Friedhöfe (Klischee hin oder her); erschlossen sich mir hier doch zahlreiche spannende Motive, welche ich erfreulicherweise später im Rahmen einiger Festivals und inzwischen auch in einem eigenen Bildband einem größeren Publikum zeigen konnte. Eine Subkultur nicht nur passiv zu erleben, sondern auch aktiv zu einem klitzekleinen Teil mitzugestalten, war und ist ein großes Glück und Vergnügen, welches hoffentlich noch lange anhält.
Etwa zur selben Zeit schilderte mir ein Freund seine Eindrücke vom Wave- Gotik-Treffen, welche bei mir eher negative Assoziationen weckten: große Menschenmassen und ein gewisses Chaos. Was mich vorerst von einem Besuch abhielt – welch Fehlentscheidung. Doch die Möglichkeit, meine Fotografien einem breiten Publikum zu präsentieren, brachte mich glücklicherweise doch noch nach Leipzig. Mich erwartete ein atemberaubender Anblick: eine Stadt voller Schwarzgekleideter. Trotzdem alle auf ihre Art und Weise einzigartig. Staunend erfuhren die oben genannten Wahrnehmungen uneingeschränkt Bestätigung. Eine imponierende Atmosphäre und ein scheinbar grenzenloses Angebot, welches eindrucksvoll die Vielfalt dieser Subkultur wiederspiegelte. Und obwohl ich ohne Begleitung durch Leipzig streifte (wahrscheinlich mit riesigen Augen), kam zu keinem Moment Langeweile oder Einsamkeit auf. Die Faszination für dieses friedliche Mit- und Durcheinander nahm mich schlagartig gefangen.
Der Drang zur Mitgestaltung, die Begeisterung für diese Subkultur mit seiner Vielfältigkeit, Melancholie, finsterem Humor und den facettenreichen Menschen und der Wunsch, dieses festzuhalten und greifbar zu machen, sollte sich später in Form des Pfingstgeflüsters (einem umfangreichen Rückblick auf des WGT) äußern. Aber das ist eine andere Geschichte…
Interessant mal den Werdegang von jemandem zu lesen, der das WGT wie ich es aus der Ferne optisch erlebe mitgestaltet (der erste Eindruck, den ich wirklich davon hatte, war in der Tat ein Pfingstbote, den ich interessiert durchgestöbert habe).
C.D. Friedrich und Beethoven… die Kombination macht Lust auf einen Rotwein – vielen Dank :)
Durch diese Aktion hier stolpere ich von einem Nostalgie-Anfall zum nächsten… die Sex Pistols…seufz. Ich weiß nicht, ob ich das alles gerne vor Ort in England mitbekommen hätte, aber Johnny Rottens Stimme, die Musik und die Bilder holen die (durchaus schöne)Vergangenheit wieder hoch. Irgendwie schaut man sich das ohne Grund ja nicht nach Jahren nochmal an. Sollte man vielleicht doch öfter machen, um seine „Wurzeln“ nicht zu vergessen.
Bezüglich des Alkoholkonsums: Mittlerweile sieht es auf schwarzen Festivals aber auch anders aus. Da fließt der Alk in Strömen.
Interessanter Werdegang und was ich nie geglaubt hätte: dass das Bild am Anfang von C.D.Friedrich ist. Es sieht zwar wirklich faszinierend aus, aber könnte auch von Luis Rojo oder Victoria Frances… ich fand Caspar D. Friedrich schon immer klasse. Das Bild kannte ich jedoch noch nicht.
„they are as drunk as I am…“ Bill Grundy…hihi…
Orphi: Aber ich kann nicht bestätigen, dass der Alk in Strömen fließt. Jedenfalls nicht vergleichbar zu irgendeiner anderen Szene. Keine zig Alkoholleichen. Nee, echt nicht.
@von Karnstein: Nun ja, bis auf ein paar Ausstellungen im Rahmen des Wave Gotik Treffens, welche dabei ja auch nur einen wirklich klitzekleinen Teil des Ganzen ausmachten, würde ich nicht von einer Mitgestaltung sprechen. Das Pfingstgeflüster ist ein umfangreicher Rückblick auf das WGT und erscheint deshalb – anders als das offizielle Programmbuch (Pfingstbote) – auch immer erst nach dem Treffen in Leipzig.
Orphi: Wahrscheinlich würde mir auch eine Zeitmaschine reichen, um mich mal eine kurze Dauer in das England der End-70er zu beamen.
Der Alkoholkonsum hat zugegebenermaßen auf dem einen oder anderen schwarzen Festival zugenommen. Sicherlich einer der Gründe, weshalb es Festivals gibt, auf denen ich mich nicht mehr so wohl fühle, wie noch vor einem Jahrzehnt. Doch wenn ich einen Vergleich zu meinem letzten Besuch eines größeren Festivals mit vorwiegend „buntem“ Publikum ziehe (müsste etwa 1998 gewesen sein), halten diesem sogar heutige „schwarze“ Festivals eindeutig stand. Auf besagtem Festival hatten gefühlte 80 % nicht unwesentlich über den eigenen Durst getrunken und sich dann auch dem entsprechend verhalten.
Das Netz ist klein – wir beide hatten schon das Vergnügen, am WGT 2007 war ich fürs Pfingstgeflüster vor Deine Linse „geraten“ – die elizabethanische Dame im schwarzweißen Samtkleid :D
Umso interessierter habe ich Deine Geschichte gelesen, ich hätte die Etage in Bayreuth auch gerne live erlebt, nur bin ich erst da hin gezogen als es die schon nicht mehr gab …
@Rosa: Natürlich kann ich mich noch gut an die Fotoaufnahmen in Leipzig und den Beitrag über die tapferen Schneiderlein der schwarzen Szene erinnern. Ach, wie die Zeit vergeht…
Die Etage habe ich leider viel zu spät entdeckt. Fahrtechnisch war es nach Bayreuth für mich schon etwas bequemer als beispielsweise zum Top Act nach Zapfendorf. In Bayreuth ging nach der Schließung der Etage ja seltsamerweise kaum noch etwas. Es wurden zwar noch Anstrengungen unternommen, aber die wurden nicht so recht angenommen (ich denke da an das ID² von Tom Manegold). Schade. Aber es befindet sich eben alles im Wandel.
Musste grade das Heft wieder rausziehen aus dem Bücherregal *gg* ich finde das Pfingstgeflüster ist und bleibt eine tolle Sache die am Flair des WGTs und vor allem Leipzigs weit näher dran ist als die ganzen Briefmarkenphotoberichte einschlägiger Musikmagazine, und edler ists allemal!
Das ID² kannte ich, war da gerne, zu schade daß es nicht mal ein Jahr überlebt hat. Irgendwo hab ich sogar noch alte Flyer, ich glaub ich such die mal …
Die Ausläufer des Absterbens der schwarzen Clubs direkt in Bayreuth hab ich noch mitbekommen, samstäglichen Ausflügen, etliche Jahre bevor ich dahin umgezogen bin, war mir die Stadt neben Nürnberg als ziemlich schwarzbevölkert aufgefallen, aber so richtig aufgerappelt hat sich die Szene da wirklich nicht mehr, nach dem ID2 hat der Mann der in dem Club an der Bar stand zuerst die Fledermaus übernommen (und wir waren hie und da bis früh um 5-6in der früh drin nachdem die anderen Gäste längst rausgefegt wurden und haben noch das tanzbein geschwungen *lach*, war witzig) und sich dann die ehemalige Lennox Lounge geschnappt als die Fledermaus gut lief, und sich da mit einem kleinen schwarzen Club, namens „Batcave“ versucht, nach den ersten 2-3 Monaten war ich dann meist allein auf der Tanzfläche.
An die letzte Nacht des ID2 erinner ich mich aber noch sehr gut, war ein arg emotionsgeladener Abend, der dauerte ebenfalls bis 6 Uhr früh, im kleinen Kreis zu der Stunde, irgendwer hat die Doors aufgelegt, ein Sektglas rauschte an mir vorbei und knallte an die Wand, so fertig hab ich den Tom nie mehr wieder gesehen.
Danke Rosa. Positive Reaktionen bzgl. des Pfingstgeflüsters erfreuen mich immer wieder außerordentlich.
Einige Flyer und Bons von der Etage fristeten jahrelang ihr Dasein in irgendeiner Kiste. Leider scheine ich diese mittlerweile entsorgt zu haben.
An meinen letzten Besuch im ID² kann ich mich noch gut erinnern. Es war fast leer. In einer dunklen Ecke „versteckte“ sich – wenn ich mich richtig erinnere – Oswald Henke. Nicht einmal seine Anwesenheit konnte Gäste anlocken ;-) Warum der Club nicht angenommen wurde, ist mir unklar. Tom hat sich aber ja glücklicherweise aufgerappelt und sich anderen Projekten gewidmet.
War die Fledermaus der kleine Club in der Fußgängerzone? Neben oder über einer Pizzeria?
Mist, beim obigen Post ging was schief …
Die Fledermaus ist ne ganz großartige Kneipe in der Bayreuther Innenstadt, ein Kellergewölbe, soweit ich weiß das älteste das es dort noch gibt, war immer ein schöner stilvoller Treffpunkt, aber irgendwie scheint keiner so recht Glück mit dem Laden gehabt zu haben, der hat so oft den Pächter gewechselt … weiß garnicht ob aktuell wieder jemand drauf ist.
Die Lennox Longe, bzw danach kurzzeitig „Batcave“ getauft ist das Ding über der Pizzeria, ja :) wär ich da damals mit Reifrock aufgeschlagen hätte sonst keiner mehr reingepasst *lach*
Warum das ID2 leer bleib hab ich auch nicht ganz verstanden, wir mutmaßten damals daß es an der mangelnden Eigenwerbung lag, aber das allein kanns nicht gewesen sein. In den letzten Monaten konnte man aber auch wirklich von „voller Bude“ sprechen wenn 5 Leute auf der Tanzfläche waren, seltsamerweise war der Abschiedsabend dann wirklich nochmal rappelvoll, bis gegen frühen morgen in gewissem Sinne nur noch der „harte Kern“ übrig geblieben ist, der dann in Zapfendorf als Dank ne Zeitlang auf der Gästeliste einer Party landete.
Verflixt, ich werd hier noch sentimental *gg*
Hi!
Auch ich war mal im Pfingstgeflüster,
das muß so 2005 herum gewesen sein… :)
Toll geschriebener Artikel, gibt einen
sehr schönen Einblick in Deinen
schwarzen Werdegang! :)
Dunkle Grüße
Melle
Auch von mir nochmal vielen Dank für den Artikel, zu dessen Kommentierung ich leider erst jetzt komme. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur vorbringen, das ich Deinen Artikel einige male gelesen habe, weil ich darin einige wirklich interessante Gedanken finde. Gerade dein musikalischer Einstieg 1982 klingt zunächst befremdlich und ergibt aber nach und nach einen Sinn.
Durchaus teile ich viele Deiner Erinnerungen, so wie die Katastrophe von Tschernobyl die mich damals verwirrt und sehr verstört hat, vor allem weil auch das Umfeld darauf völlig irrational reagierte. Du erinnerst Dich sicherlich.
Ich schätze, das Thema „Alkohol“ hat mich bei meinem Wiedereintritt bestärkt, denn auch ich habe immer den eher mageren Alkoholkonsum der Szene geschätzt. Ich trinke seit Jahren keinen Alkohol mehr und habe es als sehr angenehm empfunden mit gleichgesinnten zu feiern, die nicht nur „Druckbetankung“ im Kopf haben, sondern am tanzen, dahinschmelzen, reden und philosophieren interessiert sind. Eine Eigenschaft, die ich übrigens heute wieder vermisse, denn es fühlt sich so an, als wäre eben das in der allgemeinen Party-Laune untergegangen.
Ich bin mir unsicher, aber ich denke es war „früher“ leichter Szene-Menschen kennenzulernen. Heute wirken viele meist sehr isoliert, auch auf typischen Szeneveranstaltungen, was meinst du?
Zum Thema Tschernobyl habe ich auch
ganz eigene Erinnerungen…
Anfang der 90er war ich im Harz in Kur.
Einige Wochen lang. Eines Tages wurden im
Nachbarhaus von uns Kinder aus
Tschernobyl einquartiert. Alle hatten keine
Haare mehr auf dem Kopf. Und doch haben
sie fröhlich gespielt und auch gelacht.
Wahrscheinlich lebt von ihnen heute niemand
mehr. Werde ich nie vergessen…
Alkohol trinke ich übrigens gar keinen.
Denn ich kriege den Kater direkt beim Trinken.
Das macht so keinen Spaß. ;)
@Robert: Hm, ich bin mir nicht sicher, ob es früher wirklich leichter war, Menschen aus der Szene kennen zu lernen. Aufgrund diverser Interessensüberschneidungen kommt man wohl auch heute – sobald einmal der Anfang getan ist – ganz gut ins Gespräch. Ob sich daraus ein wirkliches Kennenlernen ergibt, ist sicherlich eine andere Frage. Aber hier unterscheidet sich die Szene wohl nicht vom Rest der Gesellschaft.
@Melle Noire: Die meisten in diesem Land haben Tschernobyl nicht als greifbar wahrgenommen. Es war eine gegenstandslose Angst. Die wenigsten haben – im Gegensatz zu Dir – die Folgen gesehen. Und somit ist die Angst mit den Jahren verschwunden. Würde man Radioaktivität sehen, riechen oder schmecken, wäre der Atomausstieg in diesem Land wohl schon vollzogen und man müsste sich nicht über eine von den vier großen Energiekonzernen gesteuerte Regierung ärgern.
@Robert und Marcus
Vielleicht kommt man nicht mehr so mit Menschen aus der Szene ins Gespräch, weil man auch selber etwas isoliert ist. Früher sind wir immer in Gruppen zu Veranstaltungen gefahren. Heute gehe ich – bis auf wenige Ausnahmen – als einsames Überbleibsel alleine zu Festivals oder Konzerten. Da ist ja die Grundstimmung schon eher „isoliert“.
Ich stimme Robert voll und ganz zu und ich bleibe auch dabei. Der Alkoholkonsum hat zugenommen bei Veranstaltungen und mich stört das. Ich trinke zwar auch ab und zu mal ein Glas Wein, aber eher beim gemütlichen Beisammensitzen und nicht, wenn ich mir eine Band anhöre oder tanzen gehe.
Zu Tschernobyl: Das war ein Schock, der mir noch immer in den Knochen sitzt. Wenn ich daran denke, wird mir kotzübel.
@ Marcus & Orphi: Mir wird schlecht,
wenn ich an all die alten und maroden AKWs
in meiner unmittelbaren Nähe denke –
Biblis, Neckarwestheim, Philippsburg…
Da kann sich einem schonmal der Magen
umdrehen. Ja, die Kinder aus Tschernobyl –
das war schon kraß… Ich hab sie immernoch
vor Augen… Wobei ich auch nicht realisiert
habe, was da nun in Tschernobyl passiert ist,
als es damals in den Nachrichten kam. Ich war
zu dem Zeitpunkt erst 6 Jahre alt und in der
Grundschule. Da ist sowas alles noch ganz weit
weg und ich hatte meinen Fokus noch völlig
woanders.
Was das Kennenlernen anderer Leute aus
der Szene angeht: Da habe ich jetzt nicht so
arg große Probleme. Hilfreich ist dabei aber auch
das Internet. Schwarze Foren und so.
Orphi: Kommt es nicht eigentlich zwischen „Einzelpersonen“ eher zu einem Kontakt? Grüppchen bleiben ja doch – bewusst oder auch unbewusst – oft eher unter sich. Zumindest habe ich diesen Eindruck gewonnen.
@Marcus Wenn man mit mehreren Leuten unterwegs ist, dann kennt jeder aus der Gruppe am Veranstaltungsort noch andere Leute und so kommt man schnell ins Gespräch mit „Unbekannten“. Wenn man alleine irgendwo in der Ecke steht, muss man schon gezielt irgendwen ansprechen. Das mache ich eher selten.
@Marcus: Das stimmt natürlich, aber auch zu Einzelpersonen finde ich es schwieriger, zumal sich auch die Treffpunkte und Veranstaltungsorte im Sinne einer schwarzen Konsum und Spaß-Gemeinde gewandelt haben.
@Melle Noire: Das Netz ist Segen und Fluch zugleich. Zum einen hilft es bei Aufbau eines Netzwerkes aus Bekannten und fördert die Kommunikation, leider (?!) spielen dabei Entfernungen keine Rolle mehr, so dass es schwierig, ja fast unmöglich ist, daraus einen reellen Freundeskreis zu generieren. Denn seien wir ehrlich, wir kennen viele Leute im Netz, aus dem Netz, aber wieviele davon trifft man von Angesicht zu Angesicht, aus wie vielen entwickelt sich ein wirkliche Freundschaft?
Orphi: Das mache ich auch nicht. Gerade auf Veranstaltungen trifft man als Einzelperson ja hautpsächlich auf Grüppchen, ich tue mich da auch schwer. Hilfreich ist es da, sich über das Netz kennenzulernen um dann in einer tatsächliche Bekanntschaft schon voneinander zu wissen. Leider ist das, wie du sicherlich nachvollziehen kannst, nicht immer einfach – allein wegen der Entfernungnen.
@ Robert: Ja, bei weiteren Entfernungen
wirds schwierig. Aber es gibt auch Leute
aus der Nähe, die man online kennenlernen
und dann real treffen kann. Hatte ich
neulich erst wieder. ;)
@Melle Noire: Auch ich muss zugeben, das erst neulich eine interessante Begegnung anbahnt. Vielleicht muss man nur den Mut aufbringen auch über den Tellerrand seiner Umgebung zu schauen und mal wieder ein paar km Anreise in Kauf nehmen.
Na siehste! :)
Das trifft natürlich eher auf uns zu, als auf potentiellen Szenenachwuchs. Geld macht uns unabhängig, Mobilität macht flexibel – ein Privileg das nicht jedem vergönnt ist ;)
@Robert
Schade nur, dass man nicht mal eben auf nen Kaffee „rübergehen“ kann, bei den Entfernungen. Wir sollten ein schwarzes Dorf gründen. Gallien ist besetzt, Britannien soll erobert werden und nur ein kleines, schwarzes gallisches Dorf leistet dem Imperium Widerstand. Die seltsamen Bewohner halten sich Fledermäuse, baden in rotem Zaubertrank und… äh, ich weiche vom Thema ab. :-)
Orphi: Ein Idealzustand :) Solange verlassen wir uns darauf, das uns das Netz verbindet und Menschen genug Mut aufbringen über den Tellerrand zu blicken und Gelegenheiten am Schopfe ergreifen. Ich bin jedenfalls sehr froh, das ich selbst das getan habe :)
@Robert
Das Netz ist auf jeden Fall eine Alternative. Eine virtuelle Verbindung ist ganz sicher besser als keine Verbindung, wenn die Entfernung zu groß ist. Und es gibt ja noch Festivals, auf denen man sich dann auch mal „in echt“ treffen kann. Das Dorf wäre mir trotzdem lieber. ;-)
Das Netz ist voller Gefahren. Mißverständnisse lauern wie Tretminen zwischen den Zeilen. Wie du schon sagst, eine virtuelle Verbindung ist besser als keine Verbindung. Vielleicht wäre das Dorf dann doch eine längerfristige, planbare Alternative.
Nachdem ich jetzt den gesamten Beitrag und alle Kommentare gelesen habe, kommen mir auch eine Menge Gedanken… *sortier*.
Das Pfingstgeflüster kenne ich leider noch nicht, habe aber schon davon gehört und finde die Idee einer Nachbetrachtung sehr schön. Sicherlich besonders, wenn man in dem betreffenden Jahr beim WGT dabei war.
Caspar David Friedrich… ein großartiger Maler, zumal er seine Werke oft fernab der Kulisse schuf. Er muss ein großartiges fotografisches Gedächtnis gehabt haben. Und ein sicheres Gespür für Stimmungen und zugleich die Fähigkeit, diese zu transportieren. Innerhalb meiner Familie sind alle große Verehrer dieses Künstlers – so unterschiedlich wir sonst in unseren Geschmäckern sind. Ich mag auch seine Art, Menschen als klein und unbedeutend innerhalb der Umgebung darzustellen, ganz entgegen der christlichen Annahme, der Mensch sei die Krone der Schöpfung (die der meinen Ansicht so sehr widerspricht).
Die Faszination, mit der Kamera unterwegs zu sein, teile ich auch – Friedhöfe sind sowieso lohnende Motive, sofern sie alt und prunkvoll sind. Mit der Kamera unterwegs zu sein, bewirkt bei mir eine Wahrnehmungserweiterung für kleine Dinge, für Stimmungen, für Schönes wie Hässliches. Menschen fotografiere ich allerdings seltener, bei mir sind es vor allem Landschaften, Lost Places, Architektur, Flora & Fauna. Die Bilder von Markus kenne ich soweit ich weiß noch nicht, vielleicht schon mal gesehen ohne sie mit ihm in Verbindung zu bringen.
Tschernobyl… als es geschah, war ich elf, fast zwölf Jahre alt und bekam von meinen Eltern erzählt, es wäre jetzt gefährlich, viel draußen zu sein. Es gäbe eine gefährliche Wolke, die alle krank machen könnte. Immer wenn ich draußen war, schaute ich zum Himmel und suchte nach einer dunklen bedrohlichen Wolke.
Und ich fand es schade, dass wir im Herbst keine Pilze mehr gesammelt haben, was wir immer sehr gerne gemacht haben. Es gab im Fernsehen Berichte von missgebildeten Lebenwesen, die mich sehr schockierten und zu schlechten Träumen führten. Als das mit Fukushima geschah, kehrten einige Erinnerungen zurück. Und als ich meine Tante in der Nähe von Heidelberg besuchte, fuhren wir an einem nahen AKW vorbei. Mir wurde da sehr anders, ich würde nicht so dicht an einem AKW wohnen wollen! Obwohl man dort vermutlich durch den schnellen Tod im Falle eines Gaus wohl besser dran wäre, als lange mit den Folgeschäden zu kämpfen.
@Tanzfledermaus:
Danke für das Teilen Deiner Gedanken. Fukushima hat auch bei mir die beklemmenden Erinnerungen an Tschernobyl zurückgebracht.
Zumindest eines meiner Bilder kennst Du. Dieses hast Du nämlich vor einiger Zeit mit einem positiven Kommentar bedacht (Fotocommunity).