Der folgende Beitrag von Magister Tinte kommt nicht etwa zu spät, sondern ich brauchte eine Weile, um mich durch die Flut der vielen Beiträge zu wühlen, diese in Form zu bringen und zu veröffentlichen. Außerdem arbeitet das Gothic-Friday Team gerade am ausstehenden Resümee, was tatsächlich sehr arbeitsintensiv ist. Nichtsdestotrotz freue ich mich sehr über Magister Tinte, der völlig unverhofft in meinem Posteingang landete, nachdem er sich für den Gothic Friday zum mitmachen überredete.
Nachdem ich in letzter Zeit begeistert jeden Artikel zum Gothic Friday las, konnte ich mich endlich dazu Überreden auch etwas zu schreiben. Meinen übrigens ersten Beitrag auf Spontis. Aber wo soll ich anfangen?
Daran scheiterten meine ersten Versuche diesen Text zu verfassen. Beginnen möchte ich weder mit meiner recht frühen Vorliebe für morbide und romantische Texte von Lovecraft und Poe, die mir mein damaliger Geschichtslehrer in Form von Büchern lieh, noch mit dem etwas missglücktem Versuch einer Friseurin zu erklären was ein Sidecut ist und das ich an der Schläfe nun wirklich die einzelne Strähne stehen lassen will. An dieser Stelle möchte ich Bands wie Blutengel oder Nachtmahr eher unerwähnt lassen, womit dann auch mein erstes Konzerterlebnis in der „Szene“ irgendwie wegfällt.
Ich werde wohl damit beginnen, das ich im Internet immer nach neuer Musik suchte. Mit ungefähr 18 Jahren stieß ich auf die Sisters of Mercy, eine Band die keiner meiner Freunde kannte, und erst recht nicht hörte. Nur mit dem Wissen das die Musik etwas älter war, als all das Andere was ich kannte, stieß ich nach einiger Zeit auch auf Joy Division und Depeche Mode. Zu der Zeit begann auch mein Interesse für die Fotografie und Kunst im Allgemeinen (Übrigens eine weitere Möglichkeit diesen Text zu beginnen wäre meine Faszination für Caspar David Friedrich die bei mir im Kunstgeschichte-Unterricht geweckt wurde).
Nachdem ich langsam dahinter kam, wonach ich suchen musste, fand ich immer mehr passenderes und artverwandtes im Internet dazu. Ich fand auch Clubs in denen auf kleineren Floors Musik lief, die ich zwar nicht kannte aber die mir sofort gefiel. Über die Playlists, die manchmal veröffentlicht wurden, entdeckte ich unter anderem die Bands „Solitairen Effekten“ und „Oppenheimer Analysis“. Musik bei der Freunde eher die Augen verdrehten und lieber auf den größeren Tanzflächen blieben.
Letztes Jahr dann mein erstes Wave-Gotik-Treffen, bei der ich auch die Gothic Pogo Party im Werk II besuchte. Wir diskutierten viel über das Tagesprogramm und die Konzertplanungen. Auf Spontis stieß ich erst kurz danach und ärgerte mich natürlich erstmal um die verpasste Chance auf ein Treffen (Dieses Jahr dann!).
An meinem Kleiderschrank hat sich, auch wenn ich mich in den letzten Jahren sehr entwickelt habe, nur wenig geändert. Andere Band Shirts und eine Inzwischen etwas größere Auswahl an Jacken und Blazer mit Buttons und immer mehr selbst gezeichneten Patches. Dazu seit letztem Frühling auch meine ersten Pikes. Ansonsten sehr viele schlicht schwarze Klamotten.
Meine Unfähigkeit an der Näh-Nadel hielt mich aber nie davon ab größenwahnsinnige Projekte zu starten wie zum Beispiel ein Rucksack in Sarg-Form oder Rotes Innenfutter für ein Jackett (Wer braucht schon eine Nähmaschine wenn man auch von Hand schief und langsam Nähen kann!). Mit seit kurzem 21 liegt für mich der Einstieg auch eher kürzer zurück als für andere.
Ich blicke also nicht auf meinen Szeneeinstieg zurück sondern befinde mich gerade so an dessen gefühltem Ende. Ich finde immer noch neue und alte Musik, lese viel über die Subkultur zu ihrer Anfangszeit und stecke ungefähr 30 Jahre zu spät ein wenig in den 80ern ohne sie jemals selbst mit erlebt zu haben.
Ich bin immer wieder verblüfft, dass man so etwas einer Frisörin erklären muss. Ich hatte bei den Undercut- oder Iro-Phasen einfach die Schere, Maschine oder den Rasierhobel angesetzt und fertig. Denn nur dafür dass ein paar Haare ohne großen Übergang -an dem sich schon herangetestet werden müsste- fallen, muss man doch keinen Profie belästigen. Zwei Spiegel, ein gerader Blick; mehr braucht es nicht.
Zumal ich von anderen hörte, dass in dahingehender Dienstleistung oft auch mal gröber und damit ungenauer gearbeitet wurde, als man selbst es tun würde. Und jene diese Geschäfte mit konisch bis komischen Eierformen verließen, die alles gewesen waren, nur eben kein schneidig scharfer Undercut.
Guldhan
Bei damals haaren die mir über die schultern gingen (vom kopf aus, nicht dort wachsend versteht sich^^) wars mir schon lieber das jemand anderen machen zu lassen. Zum nachschneiden renn ich natürlich nicht jede woche zum frisör.
Außerdem war ich bis jetzt immer ziemlich zufrieden danach. Liegt vielleicht auch an der länge das es nicht auffallen würde wenn es schief wäre.
@Magister Tinte: Schöner Artikel, vielen Dank dafür. Interessant finde ich die Tatsache, das jemand das „Ende seines Einstiegs“ zu fühlen vermag. Wo liegt die Grenze zwischen Einstieg und „dabei sein“? Für mich war das erst der Fall, als ich beginn Leute zu kennen und ich beispielsweise auf dem WGT angesprochen wurde, ob ich nicht der bin, der ich bin. Die einsamen Jahre in der Disco und auf anderen Festivals fühlte ich mich eher so ein bisschen wie ein Szene-Besucher ;)
@Robert
Ich habe jetzt länger darüber nachgedacht woran es liegt das ich mich nicht mehr als „einsteiger“ fühl. Und um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung ;D
Dieses Gefühl „dabei zu sein“ ist einfach da und alles womit ich es beschreiben kann ist die Gewissheit das es früher nicht da war (und das ist noch nicht sehr lange her).