Die ist ein Gastbeitrag von +VLFBERH+T zum Gothic Friday 2016.
Um meinen musikalischen Weg irgendwie darzustellen, versuche ich es hierüber: Ich verteile ’ne Menge YouTube- und Bandcamp-Links im Text zu Bands die irgendwie meinen Weg beeinflusst haben. Die Reihenfolge ist durcheinander gewürfelt, aber das passt irgendwie zu meinem Musikgeschmack…
Kann man in meinem Fall überhaupt davon sprechen, dass ich „in” der Szene bin? Drumherum orbitierend trifft es wohl eher, mal näher, mal ferner.
Und welche Szene? Irgendwie ist ja „meine” Szene eher irgendwo im Feld (Harsh) Noise/Industrial/Dark Ambient/Neofolk zu verorten. Drauf gebracht wurde ich von einem Protagonisten der deutschen Neofolk-Szene, mit dem meine musikalische Überschneidung bis dato vor allem obskurer Black Metal war. Zwar waren mir vorher schon die wohl bekanntesten Vertreter des Neofolk (Death in June) ein Begriff, aber so wirklich reingehört hatte ich nie.
Was mich sofort ansprach war weniger die Szene (ich weiß bis heute nicht, was genau jetzt eigentlich die verbindenden Elemente der Gemengelage von Neofolk und Artverwandtem sein sollten) denn die Musik. Von bewusstem Pop-Appeal über abgedrehten Ambient bis hin zu purer Verachtung gegenüber der Welt und aller ihrer Bewohner umfasst diese Subkultur der Subkultur einen ganz eigenen Horizont an Themen.
Meine musikalische Entwicklung ist und war immer eher das: Eine musikalische Entwicklung. Bevor ich zum Neofolk kam war meine präferierte Musik der Black Metal, eine Musikrichtung die ich immer noch wahnsinnig gerne höre. Interessanterweise gibt’s grob aus der Richtung da auch musikalische Überschneidungen, siehe die Zusammenarbeit von zwei Agalloch-Mitgliedern bei Sol Invictus, Agallochs Cover von „Kneel to the Cross”, oder das äußerst empfehlenswerte Sideproject von Thomas Bøjden (Die Weiße Rose) „Procession of Headless Angels”.
Jedoch war das nie die einzige Richtung, für die ich mich begeistern konnte und kann. Beispielsweise habe ich schnellere elektronische Musik damals schon gerne gehört oder audiophile Gitarrenmusik. Ein Album, welches mich zum Erscheinen 1998 wahnsinnig interessiert hat war Marilyn Mansons „Mechanical Animals“, alle voran ein Song. In diese Zeit fällt auch meine Begeisterung für progressiven Metal und Hardcore. Hardcore stellte sich als das heraus, was dann meinen sonstigen Musikgeschmack massiv beeinflusste. Zu verdanken war das dem HydraHead-Label unter Führung von Aaron Turner, dem Frontmann von Isis. Auf dem Label erschienen mehrere Künstler, die meinen Geschmack nachhaltig prägten: Converge, The Dillinger Escape Plan, Cave In sowie die phänomenalen Neurosis.
Aus meiner Metal-Zeit ist mir vor allem die szenetypische Bekleidung, oder eher der Mangel daran geblieben. Ein Bandshirt und wenn’s hoch kommt ein Erbstarn-Blouson mit ein paar Patches und Buttons sind das Höchste der Gefühle was die semiotische Leistung meiner Klamotten angeht; eine gewisse Biederkeit dort kann ja auch ihren Reiz haben.
Was als konstituierendes Element der Neofolk-Szene gilt könnte ich nicht mal sagen. Im Zweifel ist es der (auch politische) Obskurantismus, das Spiel mit dem Spiel mit Symbol. Diese Vorliebe dürfte ich aus der Plattensammlung meines Vaters haben, da die Gegenüberstellung von Text und musikalischer Darbietung nichts Neues ist. Ich kann mich noch daran erinnern, dass meine Eltern sich darüber gefreut haben, dass ich den Text nicht verstanden habe.
Zum (meta)politischen Aspekt des Neofolk möchte ich eigentlich nur sagen: Ich finde die Politisierung schade. Dadurch wird aus dem bewussten Spiel mit dem Unklaren ein trauriger politischer Grabenkampf, der meiner Meinung nach in der Szene nichts verloren hat. Was mich bis heute in der Szene hält – so weit ich überhaupt davon sprechen kann, in der Szene zu sein – ist die Fähigkeit der Szene, immer wieder Großartiges hervor zu bringen. Es war, ist und wird immer die Musik sein.
Faszinierend, solche Beschreibungen der Szene(un)zugehörigkeit eines Menschen zu lesen und dabei so oft zustimmend zu nicken, nur, um an einer Stelle erleichtert(?) festzustellen, dass da doch keiner unheimlicherweise einen selbst beschrieben hat. Nicken konnte ich bei den favorisierten Genres Neofolk, Dark Ambient, Black und Progressive Metal, Industrial und (Harsh) Noise (ja, die Änderung der Reihenfolge sagt etwas aus, aber das ist auch nicht in Stein gemeißelt… und andere Genres vielleicht noch dazwischen). Und auch, dass mir im Wesentlichen die Musik wichtig ist. Man verstehe mich nicht falsch, vieles aus dem „Drumherum“ gefällt mir und ich fühle mich da wohler als in der „normalen“ Welt, aber das ist mehr ein netter Bonus als alles andere. Ach ja, und die Kleidung, die ist bei mir auch ganz ganz selten mehr als ein Bandshirt. Ein Mantel mit Schulterklappen und schwarze Lederhandschuhe mit Schnallen müssen es bei entsprechendem Wetter dann aber schon sein.
Den beiden letzten Absätzen kann ich auch viel abgewinnen. Nur Hardcore, das ist wirklich nicht meines. Also so gar nicht. Eventuell noch Anaal Nathrakh, wenn ich mich etwas abreagieren möchte, aber mehr nicht.
Vielleicht schreibe ich das alles auch noch etwas umfassender und inklusive meines Weges in die Dunkelheit auf. Ist ja noch etwas Zeit…
Endlich na‘ normale Leute.
Die Reihenfolge ist bei mir eher willkürlich; wobei es derzeit doch viel noise ist. Bei den komplett szenefremden Musikstilen käme bei mir noch einiges dazu. ;)
Mit dem Drumherum geht’s mir ganz genau so, gelegentliches abtauchen ist prima. Ich bin bin in Münster aufgewachsen, der Herkunftsstadt von Leuten wie Titus (ja, der mit den Skateboards), die Mitglieder von Neaera gingen in die gleichen Clubs wie man selbst, ebenso der Labelchef von Viva Hate Records (Der Weg einer Freiheit). Da war es, wenn man nicht grad nur Charts gehört hat unmöglich dem Einfluß zu entkommen.
Münster? Ha. Dass wir uns da nicht mal über den Weg gelaufen sind… Ist ja, wenn man die richtige Musik hört, eigentlich recht überschaubar da. Ich habe in Münster studiert, aber ich muss ehrlich sagen, dass ich irgendwie nie so richtig in die lokale Musikszene „eingetaucht“ bin. Klar, Titus und Viva Hate Records sind mir ein Begriff, viel mehr aber auch nicht. Scheine ich ja doch was verpasst zu haben… (Das mag wohl ein Grund für meine erste Bemerkung sein.) Mittlerweile bin ich aber doch ein ganzes Stück weg ;)
Großartig! Ich bin quasi in der Sputnikhalle aufgewachsen, so ab 2000 war ich da regelmäßig. Die waren damals so untergrundig (und die Gegend so zwielichtig) dass man ohne Perso rein kam. Hach. O wonnevolle Jugendzeit.
Ah, die Sputnikhalle. Die Gegend ist auch immer noch zwielichtig, wie ich finde, wobei ich natürlich nicht weiß, ob es da sieben Jahre, bevor ich angefangen habe, zu studieren, nicht noch zwielichtiger war ;) Ein großer Clubmensch war ich nie, und irgendwie war ich wohl zu Konzerten immer woanders oder hab nicht regelmäßig nachgeschaut, darum war ich da tatsächlich nie drin. Fast schon seltsam, so im Nachhinein…
Da haste was verpasst. Der ganze Hawerkamp ist super. Als ich anfing da hin zu gehen konnte man in der Sputze noch über alte Gleise stolpern… Das hat sich in den letzten Jahren schon gemacht. Hatte viel mit der Pacht zu tun. Ewig lang wollte die Stadt die Verträge maximal für 1-2 Jahre ausstellen, daher gab’s regelmäßig das „Erhaltet en Hawerkamp“. Mit dem Vainstream und vorher Münster Metal Mayhem kam laaaaangsam etwas Konsistenz dahinter…