Die Historischen Friedhöfe in Görlitz: Nikolaikirchhof und Jüdischer Friedhof

Mit dem Ziel Nikolaikirchhof verbrachte ich Anfang Mai ein paar Tage in Görlitz und war sehr beeindruckt von der Pracht aus mehreren Jahrhunderten Baugeschichte. Rund 4.000 Baudenkmäler bieten eine eindrucksvolle Kulisse für historische Filme, daher wird die Stadt auch häufig als Drehort – auch für internationale Produktionen – genutzt. Görlitz war früher eine sehr reiche Stadt, vor allem durch Tuchhandel, was repräsentativ nach außen getragen wurde. Während der DDR-Periode verfielen die alten Gebäude wie vielerorts jedoch zusehend und es war bereits beschlossen, noch im Jahr 1989 die marode Altstadt komplett zu sprengen und mit sozialistischen Neubauten zu überbauen. Zum Glück kam es dank der Wende nicht mehr dazu und seit ein anonymer Spender zur Rettung der Stadt seit 1995 alljährlich eine Million DM/50.0000 Euro überweist, konnte eine Menge saniert werden. Es sollen mittlerweile ca. 80% saniert sein, aber ich fand trotzdem jede Menge alte, schöne und total marode Gebäude vor, oft sogar große prunkvolle Eckhäuser mit Erkern, Statuen und jeder Menge Fassadenschmuck. Ich habe nicht nur die Altstadt abgelaufen, in der es vor allem Renaissance- und Barockgebäude gibt, sondern auch die Gründerzeit- und Jugendstilviertel rings herum und den seit 1945 polnischen Teil der Stadt, Zgorzelec, auf der anderen Seite der Neiße.

So wie die gesamte Altstadt sehr sehenswert ist, so lohnt sich auch ein Besuch auf ihrem ältesten und schönsten Friedhof, dem Alten Nikolaifriedhof. Darüber hinaus gibt es auch einen kleinen, alten jüdischen Friedhof, der auch einen Abstecher wert ist. Der Nikolaifriedhof ist der schönste deutsche Friedhof, den ich bislang zu Gesicht bekam. Auch die Schriftstellerin Ricarda Huch bezeichnete ihn als den romantischsten Friedhof Deutschlands.

Die früheste Erwähnung des alten Nikolaikirchhofs stammt von 1305, angelegt wurde er aber wohl bereits im 12. Jahrhundert und er war bis 1847 der Hauptbegräbnisort der Stadt. Danach wurden nur noch bestehende Grabstätten erweitert, daher finden sich kaum jüngere Gräber. Besonders beeindruckend sind zahlreiche Grufthäuser, Epitaphen und andere Grabmale aus dem 17.-19. Jahrhundert der Stilrichtungen Rokoko, Barock, Klassizismus, Romantik, Historismus. Diese sind häufig sehr opulent verziert, zum Beispiel mit Vergänglichkeitssymbolen, aber auch mit Familienwappen und Darstellungen von Personen. So gibt es ein reich verziertes Grabmal eines Mannes, der seine Frau und zahlreiche Kinder verlor und einige Grabplatten, auf denen Familienmitglieder oder Paare einander zugewandt beieinander liegen. Überhaupt gibt es auffallend viele Gräber mit reich geschmückten Steinplatten, viele davon stark verwittert und mit Moos bedeckt, welches zum Teil sogar nur in den hineingemeißelten Buchstaben wächst und somit die Schriftzüge nachformt.

In den 17 erhaltenen Grufthäusern finden sich überbordend barock verzierte Grabplatten und Epitaphe und auch einige Wand- und Deckenmalereien, so dass sie fast wie Altarräume wirken.

Auch wenn der alte Teil des Friedhofs nicht sehr groß ist, kann man dort viel Zeit verbringen, weil es sehr viel zu entdecken gibt und die Anlage wunderbar romantisch ist. Der neuere Teil des Friedhofs dahinter weist zwar auch ein paar schöne Statuen auf, aber die finden sich eher vereinzelt und die gesamten Wandgräber an der Außenmauer sind inzwischen schmucklos (also enttäuschend wenn man es aus anderen Städten gewohnt ist, an den Mauern prunkvolle Grüfte und Grabmäler vorzufinden).

Nikolaikirchhof – Alter Teil des Friedhofs

Wer Görlitz besucht, sollte auf jeden Fall mehr als einen Tag einplanen. Allein auf dem Nikolaifriedhof habe ich einen halben Tag verbracht, wobei ich den neueren, hinteren Teil auch nahezu komplett abgelaufen bin. Wer die beim Friedhof gelegene Nikolaikirche besichtigt, sei gewarnt, dass sie im Innern sehr untypisch umgestaltet ist. Statt der üblichen Dekore finden sich expressionistische, grafische Malereien an Säulen und Wänden, es gibt außer im Altarbereich wenig klassische Kirchen-Ausschmückungen. Kein Vergleich mit der barocken Pracht der Friedhofsanlage.

Nikolaikirchhof – Neuerer Teil

Der jüdische Friedhof ist recht klein, wurde auch erst 1849 angelegt und 1852 für Beisetzungen freigegeben. Dennoch finden sich auf ihm ein paar sehr schöne Grabmale und die kleine Anlage wirkt dank reichlich Efeu und Moos etwas verwunschen.

Jüdischer Friedhof Görlitz

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Mandy
Mandy (@guest_55357)
Vor 7 Jahre

Danke für diesen tollen Artikel :)
Oh ja, Görlitz ist wirklich ein schönes Städtchen. Generell ist die Ecke Oberlausitz / Niederschlesien sehr sehenswert. Sowohl landschaftlich als auch kulturell gibt es hier doch vieles zu entdecken. Ich habe richtig Lust bekommen, mir auch mal die Friedhöfe anzusehen. Bisher habe ich es leider immer versäumt, einen ausgiebigen Spaziergang durch Görlitz zu unternehmen (nach getaner Arbeit fährt man doch immer gleich heim). Aber ich habe mir jetzt ganz fest vorgenommen, das diesen Sommer noch nachzuholen :)

Gruftfrosch
Gruftfrosch(@gruftfrosch)
Vor 7 Jahre

Ich liebe diese Stadt, danke, dass du sie uns in Bild und Schrift etwas näher bringst. Die Friedhöfe werden nicht so oft gezeigt, dabei sind sie wie die Stadt selbst ein großer Schatz.

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