Was habe ich mich über dieses Fundstück gefreut, an dem mich Alwa Petroni jüngst teilhaben ließ. Endlich wieder ein ganzer Korb voller Klischees und Vorurteile, der dazu einlädt, sich über die Vergangenheit der deutschen Medienlandschaft zu echauffieren. Es müsste etwa 1995 gewesen sein, als die Sendung „Report aus München“ vom Bayrischen Rundfunk ausgestrahlt wird. Die moderierende Galeonsfigur der Sendung, Andreas Bönte, eröffnet den Reigen mit dem Stein des Anstoßes, die 23. Ausgabe des „Gothic“-Magazins: „Es ist eins der Szenemagazine der okkultischen Rockmusik. Am Rande der Legalität wird hier die Satansverehrung gepusht. Ein Einzelfall? Unsere Recherchen ergaben: Ein Millionenmarkt rund um den Satanskult hat sich entwickelt. Verehrung des Teufels, Bekämpfung der Christen, das ist die Botschaft.“
Erstaunlich. Da stellt sich der studierte Politikwissenschaftler, Kommunikationswissenschaftler und Soziologe Andreas Bönte vor die Kameras und behauptet, dass mit dem „Gothic“-Magazin die Satansverehrung gepusht wird und nennt es ein „Szenemagazin der okkultischen Rockmusik„. Wenn so Wissenschaft oder Journalismus aussieht, dann sehe ich schwarz. Mittlerweile ist Bönte übrigens Leiter des Programmbereichs Planung und Entwicklung beim Bayrischen Fernsehen und ist nebenbei als Honorarprofessor für Fernsehjournalismus an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt tätig. Ich sehe schon wieder schwarz.
Zurück zum Thema. Sebastian Sigler, der sich für den Bericht verantwortlich zeigt, besucht die Discothek „Totentanz“ in Sigmaringen: „Grabesstimmung, weiß geschminkte Gestalten, es riecht nach okkulter Mystik, kokettieren mit dem Satan.“ Sigler ist Journalist und studierter Historiker, vielleicht kommt daher das unterschwellige Brummen des Satanismus. Doch der Bericht hat auch Fakten zu bieten.
Silke Bischoff, seinerzeit eine prägende Ikone der Szene, steht im Fokus des Artikels. Zu Recht, denn schon allein der Name der Band erinnert an ein blutiges Geiseldrama Ende der 80er Jahre. Felix Flaucher bekleckert sich auch nicht mir Ruhm als er der Kamera offenbart, „das Sie (Silke Bischoff) es geil finden würde“ einer Band ihren Namen zu geben. Die Texte der Band, so der Bericht weiter, bergen „okkulten, ja satanischen Zündstoff“. Man nimmt Bezug auf den 1990 erschienen Song „666 Hellbound“ in dem folgende Zeile vorkommen: „Let me see your body bleed / Let me taste your flesh / Take the cross between your legs / And you’ll be a living dead / Let me hear your mortal shout / Let me drink your Blood / I’m gonna fuck you in your arse / And you’ll be a part of me.“ Die Übersetzung des vorletzten Verses spart man sich allerdings. Jugendschutz und so. Felix Flaucher räumt im weiteren Interview ein, dass er diese Symbolik ganz bewusst provokativ einsetzt, nicht zuletzt wegen dem werbenden Effekt für die Band. Schließlich ist es das, was die Szene hören will. Bis hier hin keine Satanisten zu sehen.
Es geht nach Bochum, in die verstorbene Discothek Zwischenfall, wo einige Besucher mit der Frage „Okkultismus als Religionsersatz?“ konfrontiert werden. Die Antworten sind ebenso hanebüchend wie der Tenor der Reportage, vermutlich entsprechend passend und wegen der Dramaturgie zusammengeschnitten. „Ich denk, das war mal ne Mode, aber mittlerweile ist es ne Einstellungssache.“ (2:32) – „Es würde mich nur so interessieren, was danach kommt. Also nicht ob ich zu irgendeinem Gott in den Himmel komm, oder in die Hölle, oder was weiß ich. Es ist einfach nur, ob ich wiedergeboren werde oder ob da irgendein Paradies kommt.“ (2:39) Ein blutjunger DJ Michael Zöller reißt die Sache inhaltlich herum: „Es ist aber auch eine Ablehnung gegen die Gesellschaft und natürlich die christliche Gesellschaft, wie sie von der Kirche vertreten wird. Das kann man generell so sagen. Jeder einzelne wird wohl was anderes dazu erzählen.“ (2:55)
Doch bevor es in eine konstruktive Richtung driften kann, fragt man sich: „Todesstimmung wird herbeigesehnt, das Jenseitige beschworen, was steckt hinter dem Spuk?“ – Jetzt kommt natürlich, wie konnte es anders sein, ein Experte (Professor Werner Glogauer) ins Spiel und ersinnt eine zunächst völlig sinnfreie Passage, die ich aus Gründen der Verständlichkeit auf ihren eigentlichen Sinn heruntergebrochen habe: „Diese Suche nach Sinn und nach neuen Sinnerfüllungen, muss damit zu tun haben, dass bisher gültige Sinnerfüllungen verloren gegangen sind. Das ist für mich der wesentliche Grund. Das hat bei uns damit zu tun, dass der christliche Glaube verloren geht.“ Herr Professor, völlig richtig! Mit anderen provokativen Worten: Die Kirche hat es versäumt, den Jugendlichen eine zeitgemäße Sinnerfüllung zu bieten.
„Aus Kommerzgründen wird die okkulte Musik gepusht. Musiksender blasen vor allem den Jugendlichen den Satanismus unzensiert ins Gehirn.“ Was folgt, sind völlig zusammenhanglose Videos aus dem Metal-Bereich, die mit Dark Wave und/oder Gothic nichts zu tun haben. Schlechte Recherche, plakativer Journalismus. „Dem Okkultangriff stehen Eltern und Kinder ahnungslos gegenüber.“ Der einst so eloquente Professor resümiert, dass sich die Erziehungsberechtigten überhaupt nicht damit beschäftigen und keine Ahnung von dem haben, was ihre Kinder da treiben.
Bleiben wir beim Thema Kommerz. Olli Reimann, vom Plattenladen „Gift“ in Rheine: „Die Szene wächst ganz enorm.“ – Ein Kunde zum Thema Okkultismus: „Sicherlich wird es bei einigen Gruppen benutzt um ihre Musik zu verkaufen.“ Die einzigen wahren Zeilen. Welch Entspannung. Die Death-Metal Band „Dissection“ muss im übrigen immer wieder dafür herhalten, den okkulten und satanistischen Hammer zu schwingen. Death-Metal und Gothic ist für die meisten Journalisten offensichtlich einerlei. Oder es passt wegen der Symbolik. Vielleicht klingt es auch einfach gefährlicher. Der Bericht kommt zu seinem Fazit:
Der Okkultismus verbreitet sich. Und alle schauen tatenlos zu. Was das für das spätere Leben Betroffener, vor allem Jugendlicher bedeutet, ist überhaupt nicht absehbar. Entscheidend ist, dass jetzt den Dealer des Satans das Handwerk gelegt wird.
Andreas Bönte hat das letzte Wort: „Die Rockmusik als solche ist natürlich kein Teufelszeug, es geht nur um die jeweilige Botschaft, die damit transportiert wird. Satansverehrung jedenfalls ist keine Weiterentwicklung der Rockmusik sondern…“ Leider endet der Bericht hier. Ihr könnt die Lücke jedoch mit der gleichen Beliebigkeit füllen, die in dem Bericht gezeigt wird.
Ich habe mich tatsächlich gefreut.Darüber, dass solche Berichte erhalten bleiben. Darüber, dass alle Klischees und Vorurteile über Subkulturen einen meist medialen Hintergrund haben und darüber, dass ich in einer Szene verweile, über die es solche coolen Vorurteile gibt. Ich meine: Super! Sollen doch alle glauben wir wären Satanisten und okkulte Ordensbrüder, dass verschafft im Alltag viel Ruhe. Vielleicht ein paar ungläubige Blicke und zischende Kommentare, aber sonst? „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert!„
Ich habe gestern bei FB auch das Video zum ersten Mal gesehen. Ich war entsetzt.
Relativ schnell habe ich dieses unfassbar hirnlose Gelaber ausgeblendet und mich einfach nur über einige alte Einblicke über/in das schöne alte Zwischenfall (bzw. alter bekannter Gesicher) gefreut.
Kennt eigentlich jemand von Euch diesen Olli Reimann? Gibt es den Plattenladen noch?
Den Plattenladen gibt es leider nicht mehr. Oliver Reimann macht heute in „Musik“. Zusammen mit Markus Tombült und Bernd Graf gehört ihm die Marke „Unheilig“. Er betreibt auch die Agentur Fansation:
Entsetzlich ist, das dieses „Gelaber“ zu seiner Zeit in einer anerkannten Sendung stattfand. Entsetzlich ist, welches Bild man sich machen muss, wenn man heutige „Reportagen“ verfolgt. Entsetzlich, dass Fernsehen häufig genau so funktioniert. Auch heute noch.
Ich habe mit einem Oliver Reimann, der genauso aussieht und vom Alter her auch passend wäre, quasi „im Sandkasten“ gespielt. Ich mach mich mal auf die Suche. Danke für die Infos!
Also ich muss ja sagen, ich bin lieber ein okkulter Ordensbruder oder dergleichen als ein StiNo der sich hin und wieder verkleidet um mal auf den Putz zu hauen.
Was mich zu dem Gedanken führt, damals hat man Satanismus, umgedrehte Kreuze und so Zeugs benutzt um zu provozieren und abzugrenzen, von der Spaßgesellschaft und der gutbürgerlichen Bevölkerung.
Heute könnte man das gleiche machen, aber diesmal um sich von den ganzen Kostümgrufties abzugrenzen und ebendiese zu provozieren…
Genau so ist es..wir brauchen mehr solche Berichte, um hier mal das ganze Partyvolk zu erschrecken… und so ganz aus der Luft gegriffen ist das ja auch nicht. Ich habe die Szene Anfang bis Mitte der )90ziger als occulten Underground erlebt. Natürlich ließ sich das nicht auf den orthodoxen Satanismus beschränken, der war vielen zu einfach. Es gibt nicht schwarz und weiß, jeder sah das anders so wie Herr Zöllner im Bericht schon erwähnt.
Also am schönsten finde ich ja folgende Stelle: „Garniert ist das ganze mit dem Text des Vaterunser. Der Bandleader kokettiert bewußt mit gefährlichen Symbolen.“ So viel Subversivität hätte ich dem BR gar nicht zugetraut …
Interessant, wie die Off-Sprecher und Moderatoren die ewig gleichen unreflektierten Behauptungen einfach über die Bilder legen und im Widerspruch zu den Aussagen der befragten Individuen stehen. Das ist natürlich ganz große Berichterstattung, die ich wage, Populismus zu nennen. Da wird Hass und Misstrauen gegen Menschen gesät, die einfach nur ihr Leben leben wollen und die große Satanskeule gegen sie geschwungen. Da fragt man sich doch, wer hier der eigentliche Finsterling ist… Ich frage mich manchmal, ob TV-Sender und Teile der Szene manchmal Hand in Hand gehen, um gewisse Klischees nur zu verstärken…
Das Fernsehen ist wie die Bibel, die Schafe glauben alles, ohne sich mit den Hintergründen zu befassen.
Frage: Was bringt es einen sich über fast 20 Jahre alte TV-Berichte aufzuregen und das noch vom CSU Haus und Hof-Berichterstatter BR? ;-)
Wenn wir schon bei alten TV-Berichten sind, mag ich mal einen kleinen, aber feinen Beicht aus der damals wunderbaren Sendung Polylux verlinken: http://www.youtube.com/watch?v=K9eeBrBL3ZQ
Eine Sendung, die sich sehr viel mit alternativen Jugenkulturen beschäftigt hat und siehe da: es geht auch anders. Schön süffisant wie 1999 schon die heutige Spaß-Gothic-Generation vorgezeichnet wurde. Darüber lässt sich eher mal diskutieren als haltlose Kischees
von der CSUvom BR. :DDie Wahrheit ist subjektiv! Das erkennt man schon an den verschiedenen Beiträgen aus dem ähnlichen Zeitraum.
Deicide, Kiss, Zodiac Mindwarp, Morbid Angel, King Diamond, Dissection… yeah, hier sind die Kenner unterwegs. ;-)
Die Sendung sehe ich das erste Mal. Ich kenne aber einen Bericht darüber aus dem besagten Gothic-Magazin. Als Bartscher-Kleudgen noch das Zepter in der Hand hielt, hatte ich beinahe jede Ausgabe verschlungen. Da war der Titel noch Programm. Sprissler kam dann mit diesem „Goth is what you make it“-Bullshit daher. Und kurz nach der Jahrtausendwende sah diese Zeitschrift aus wie der EMP-Katalog… Aus etwas Gutem wird eben Scheiße, sobald jemand anderes die Finger im Spiel hat.
Jedenfalls kritisierte man damals schon, dass für diese Sendung ganze Interviews stark beschnitten und Zitate aus dem Zusammhang gerissen wurden, wodurch eben obiges Bild entstanden ist.
Silke Bischoffs erste Platte (eigentlich nur ’ne Ansammlung alter Demo-Tapes, wenn ich mich recht erinnere) ist in meinen Augen übrigens immer noch kultig. So böse, wie auf diesem Stück Vinyl, waren die nie wieder. Das war noch fernab von Kuschelklampfe und Lagerfeuermusik. *g*
Axel: Kam das so rüber als würde ich mich aufregen? Nein, im Gegenteil, ich finde das befremdlich und absurd, aber irgendwie schön. Die Sendung bei Polylux hatte ich 2009 schon in der Mangel: https://www.spontis.de/schwarze-szene/dunkle-vergangenheit/the-next-generation/
Ich denke jedoch, es ist einfach nicht möglich, einen allumfassenden Bericht zu verfassen, der die schwarze Szene erklärt. Dazu ist sie viel zu unterschiedlich und vermischt.
@Death Disco: Vielleicht kannst du ja die Ausgabe datieren und so die Frage auflösen, von wann der Bericht ist. Abgesehen davon hast du natürlich Recht, viele „Szene-Zeitschriften“ blicken auf einen gelungenen Start zurück und sind heute nicht mehr in der Lage, sich zu differenzieren. Ich meine, wo ist der Unterschied zwischen den schwarzen Veröffentlichungen?
Silke Bischoff habe ich auch von Beginn an verfolgt und zunächst geliebt. Aber der Verfall der Musik war meiner Ansicht nach kontinuierlich, mit Felix in the Sky war für mich Schluss. Von Platte 1 ging es nur noch abwärts. 18 Summers schließt sich da nahtlos an.
@Ian: Mittlerweile mag ich die Klischees. Ist doch schon irgendwie besonders, wenn man so mir nichts Dir nichts für eine destruktive Macht im Staate gesehen wird :)
Ja irgendwie schon, Robert :D Wir sind die unsichtbare düstere Macht, also das Gegenteil der Illuminati :D
Ja Robert, das wirkte etwas sehr aufregend. Aber gut, das mag vielleicht nur bei mir so angekommen sein, weil sich heutzutage jeder im Netz über alles aufregt. ;-) Insofern ist da das Problem eher bei meiner Wahnehmung zu suchen. Das kann durchaus der Fall sein.
Wo Du grad Szene-Zeitschriften ansprichst: ich hatte letztens mal wieder ne Orkus in der Hand. Meine Güte, dass sin a nur noch 1:1 kopierte Pressemitteilungen. Und die Interviews erst, meine Güte: ich wusste nicht wie man soviele Seiten mit inhaltlichen Vakuum befüllen kann. Da kommt a überhaupt kein Interesse an der jeweiligen Band durch…
Ich finde eher das hier unheimlich:
Bei Silizium bin ich mir mittlerweile sicher, dass es ein satirisches und parodistisches Projekt ist. :D
Nein, leider nicht, Axel, da muss ich dich enttäuschen. Musste ihn im Rahmen einer Veranstaltung selbst erleben. Der ist so…
Gute Satire ist es dann, wenn man diese nicht als solche erkennt. Dazu gehören natürlich dementsprechende Auftritte in der Öffentlichkeit.
Wie soll ich sagen… Es ist mir nicht „gewollt ernst“ genug (wie etwa Blutengel oder Agonoize) um das als ernst zu betrachten. Das erkennst Du auch daran, wie er in diesem Vieo hier die Hip Hop Szene 1:1 kopiert und auf die schwarze Szene überträgt. Allein die Kameraeinstellungen: hätte er Hip Hop Klamotten an und würde entsprechende Musik laufen – es würde immernoch genau passen. Dann der Text: ebenfalls mit klischeehaften Hip Hop Attitüden (alle dissen mich, doch ich weiß, ich bin der coolste im Viertel) garniert. Die musikalische Untermalung ist dazu extrem einfalls- und lieblos. Wo Agonoize sich bemühen noch ein paar pseudomelodische Parts einzubauen, ist das hier komplett einfallslos, geht schon ins dadaistische.
Ich habe das selbst lange nicht gecheckt, aber Silizium ist IMO zu 100% eine reine satirische Angelegenheit. Wahscheinlich sitzt der Marco vor seinem Rechner und lacht sich dumm, dusselig und halbtot aufgrund der Reaktionen. :D
Also ich finde in Puncto Satire Soko Friedhof um Welten besser :)
Ja, und ich vermisse ja schon ein wenig die Zeiten, in denen man einen „Satan“ hinterher gerufen bekommen hat; heute reicht es alle Mal für ein halbherziges „Emoo“ oder noch schlimmer: „Och, ihr seht aber toll/lustig whatever aus“.
Was mir auch aufgefallen ist, ist dass die „Szene“ unheimlich brav geworden ist. Kaum noch Provokation, möglichst wenig oder kaum auffallen, und schön brav zugeben, dass man doch genauso ist wie Herr Müller von nebenan.
Bin ich eigentlich die einzige, die diese Denkweise für sehr widersprüchlich hält?
Sicher nicht. Aber es geht ja nicht in erster Linie um Provokation der Allgemeinheit, sondern eher darum, einen bestimmten Herrn Müller von nebenan, der einen ankotzt, zu provozieren. Wenn man dazu einen Grund hat.
Das trifft im Übrigen auch auf Individuen innerhalb der „Szene“ zu.
Vielleicht haben manche Leute einfach nichts besseres zu tun, als per se alle über einen Kamm zu scheren. Soll doch jeder nach seiner Façon glücklich werden. Wenn es dir Spaß macht, Leute zu erschrecken, dann tu es halt. Ich sehe in Gothic jedenfalls etwas anderes als das ewig gestrige Schreckgespenst.
T´schuldigung, aber die Argumentation zum Wohlwollen Siliziums leuchtet mir nicht ein. Unbeholfener Dilettantismus = Satire, am Ende noch dadaistisch? So einfach ist das demnach… Nur was nützt es der Satire, wenn diese nicht als solche erkannt wird. Zumindest wäre es dann alles andere als gute Satire.
Wo findet man bei Silizium die Überspitzung. Wo die Überidentifikation, welche die wahre Intention zu Tage fördert. Wo die Pointe, die verrät, das sie hinters Licht führte? Ich höre dabei nur Musik, die mich fragen lässt, wie diese jemals die Stufe zum Silberling schaffen konnte. Zudem kenne ich noch dessen erstes Album und dieses versuchte sich in aller Ernsthaftigkeit in den Höhepunkt der Club-Tekkerwelle einzugliedern. Das ist für meine Ohren einfach nur uninspiriertes 0-8-15 Plastik-Gedudel mit Prollparolen. Der Knabe steht auf HipHop und dieses fließt in seine Musik. Satire ist das nicht, allerhöchstens Realsatire. Und für mich schlicht und ergreifend im selben Elektro-Giftschrank wie Terrorfrequenz, Eisenfunk, [X]-Rx , Extize, oder wie sich diese ganzen Granaten noch so schimpfen, wegzuschließen.
Wenn ich dahingehend spontan mit einem Musikprojekt aufwarten darf, dem ich einen satirischen Charakter zugestehe, dann sind das »Hanzel und Gretyl«. Wobei ich doch eher glaube, dass die wirklich so fertig mit der Welt sind.
Aber zum Thema, »diese dämonischen Mächte, die können uns Christen nicht mehr erschüttern. Denn wissen um einen der sie besiegt hat: Jesus Christus.«. Als ich damals Anfang der 90´er, in einer anderen diesbezüglichen Reportage, andächtig diesen Worten lauschen durfte, da wusste ich wie ich das alles zu finden habe, nämlich ausgesprochen witzig.
Und mir ist solch´ ein Quark auch lieber, als die neumodischen Anbiederungen. Diese „Hach, was sind die alle so lieb und nett, so sympathisch und empathisch und wollen doch nur spielen, aber bitte nicht füttern“-Inszenierungen. Mir geht dieses mehr auf die Nerven, als solch´ ein demonstratives Darstellungsdesaster. Unterliegt diesem doch wenigstens ein gutes Maß an Unterhaltungswert. Und wer mag, der kann über solche albernen Attitüden und platten Possen sogar in Gelächter ausbrechen. Was ich heute nicht mehr kann. Da kann ich mich nur fremdschämen oder fragen, in welchem Paralleluniversum ich die letzten 20 Jahre gefangen gewesen war.
Idioten stellten sich einem damals schon provozierend in den Weg, so wie sie es auch heute noch tun. Doch ich habe das Gefühl, dass manche von denen früher lieber Abstand gehalten hatten. Während deren Widerwärtigkeiten heute durch neuen Mut genährt wurden. Und zwar aufgrund dessen, dass sie in den Medien ständig vom lieben, braven, putzigen Gotenmännchen hören, das so tolerant, gesellschaftskonform und friedliebend ist, dass es nicht einmal zurückschlägt und damit nach Herzenslust angepöbelt und vom Bordstein geschubst werden kann.
Zugegeben, dass mit der eignen Abneigung gegen Gewalt war auch früher schon so, aber da wusste es noch keiner, weil man eben nicht danach aussah, keine Aufklärungsagitation existierte und man somit noch einen gewissen schützenden Respekt innehatte. Aber vielleicht war das auch nur bei »Electro-Jüngern« in Ostprovinzen so.
Nö, geht mir ähnlich. Wobei ich persönlich zugegebener Maßen nicht mehr auf Provokation aus bin, das wurde mit den Jahren neutraler Stil. Aber wie reizt man innerhalb einer Szene, bzw. aus einer Szene heraus, welche die Provokation seit Jahrzehnten gepachtet und ausgeschlachtet hat. Das Volk kann man nicht mehr schockieren, dafür wurde schon zu viel gesehen sowie berichtet. Man provoziert heutzutage ungefähr genauso nachhaltig wie ein Halloweenkostüm im Supermarkt.
Und innerhalb der Szene? Wenn da mal nicht nach Soll provoziert wird, dann ruft man gleich wieder die Biedermänner, Anstandswauwaus und Gutmenschen auf den Plan. Solche, die sich mit umgedrehtem Kreuz vor dem tugendhaften Herzen über sogenannte Uniform-Nazis echauffieren; um jetzt einfach nur mal ein spontanes Beispiel zu nehmen. Jene, die mit gerümpftem Pudernäschen ein »Wie kann man nur!« in Richtung des Frevlers zischen.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass man für seine Provokation einen Darfschein beantragen muss. In dreifacher Ausführung. Geprüft auf die Anständigkeit der Inhalte, deren Wert als soziologische Kritik, Einhaltung der Statuten des gothischen Denkmalschutzes und der politischen Korrektheit. Erst dann wird die Provokation geduldet, genehmigt und als Kulturgut akzeptiert. Doch wie inhaltsleer ist eine Provokation, die schon auf dem ersten Blick als harmlos und Aussage eingestuft werden kann. Sollte sie das doch erst auf den zweiten mit Hinterfragung können und bis dahin als Anmaßung standhalten.
Diese Erklärungsversuche finde ich niedlich. Man kann ja mal, um das Eis zu brechen, in den Raum werfen, dass man auch nur innerhalb von Raufasertapete wohnt und kein Portal zur Unterwelt über dem Schlafsarg flimmern hat. Aber das sich wirklich so viele genötigt sehen, erklären zu müssen, dass sie auch das Toilettenpapier des gemeinen Volkes benutzten. Der Fan von Santiano oder begeisterter Wiesensäufer rechtfertigt seinen sonstigen Hang zur Normalität ja auch nicht. Wird auch nicht danach gefragt.
Gut möglich, dass diese Marotten von Gestalten eingeführt worden war, die sich noch immer vor sich selbst rechtfertigen mussten. Jene, die sich unentwegt fragen, ob ihr Kostümchen nicht ihren Ruf schadet. Und jene, die darauf achten, nicht ihr Gesicht zu verlieren. Weil sie sich eben in der schwarzen Meute nach Planerfüllung bewegen und nicht nach Mentalität. Eben solche, die sich fragen, ob das frisch gebügelte »Einstürzende Neubauten«-Shirt in der Bank nicht ihre Chance auf einen Bausparvertrag ruiniert. Und sich nicht wie jene, die mit diesem Männlein-Tattoo am Unterarm zu ihrem Selbst stehe, der eigenen Wahrhaftigkeit hingeben.
@ Robert:
Kann ich Dir auf die Stunde genau sagen: Die Sendung wurde am 22. Januar 1996 um 21:00 Uhr auf ARD ausgestrahlt. Dazu muss man wissen, dass das Gothic-Magazin einen TV-Redakteur suchte, der eng mit der Zeitschriftenredaktion zusammenarbeiten und die Szene ins Fernsehen bringen sollte. Herr Sigler war zum Dreh im Zwischenfall und im Club Extreme (Sigmaringen-Mengen) herzlichst eingeladen und hatte mit diesem wirr zusammengewürfelten Filmmaterial den Karren (und somit die Zusammenarbeit zwischen Fernsehen und Gothic-Magazin bzw. die Idee dazu) anschließend in den Dreck gefahren.
Eigentlich müsste man Sigler dafür dankbar sein. Denn was einige Jahre später mit dieser Ausgeburt des Sonic Seducers, namentlich SchattenreichTV („reich an Schatten“… so herum könnt’s passen), auf Sendung ging, fand ich einfach nur … So blieb man wenigstens noch Mitte der 90er davon verschont.
@Death Disco: Ich hätte auch nicht damit gerechnet, dass du es nicht weißt ;) SchattenreichTV habe ich seinerzeit ein paar mal auf Onyx ein paar Folgen gesehen (2001/2002?) aber nicht viel Beachtung verschenkt.
@Grabesmond + Guldhan: In der Tat. Ich finde die Bravheit der Szene auch wirklich erschreckend. In gewisser Weise habe ich meine eigene Ansicht dazu auch ein wenig geändert, kämpfte ich doch mit Beginn des Bloggens für Akzeptanz und Verständnis. Ich denke, der Kampf um Anerkennung und Offenheit hat etwas wichtiges gekostet: Das elitäre. Damals (um davon nochmal anzufangen) kannte man „Gothic“ nicht, wusste nichts über Musik, hatte keine Ahnung von dem, was dahintersteckte und hat wirklich angenommen, wir würden auf Gräbern tanzen. Irgendwa hat das „besonders“ gemacht. Man musste sich entscheiden, lebt man dieses Klischee oder möchte man so akzeptiert werden wie man ist?
Ich glaube man hat sich für die falsche Richtung entschieden. Mittlerweile sind wir so anerkannt, so „normal“ und so unbissig, dass es keinerlei Berühungsängste mehr gibt. Das sorgt im Umkehrschluss dafür, dass seit 10 Jahren die neuen Szenemitglieder häufig genau diese Haltung verinnerlicht haben, weil sie die Szene so kennengelernt haben.
Das „wahre“ Szeneleben macht den meisten Neu-Einsteigern doch mittlerweile Angst. Morbide Phantasien? Todesromantik? Friedhöfe? Totenschädel, Fledermäuse und Spinnweben? Nur zu Halloween. Interesse für Mystik und Okkultismus? Fehlanzeigen. Alte, verfallene Gebäude besuchen, nachts umherschleichen und in alten Gemäuern bei Kerzenschein lesen? Zu aufwendig. Und überhaupt, auch bestimmt verboten!
Und ja, ich denke, ich habe meine Meinung dahingehend geändert. Ich muss nicht immer alles erklären und Wogen, die sich auftürmen, glätten. Ich mag solche alten Berichte und werde auch weiterhin darüber „herziehen“, aber vielleicht gehe ich dazu über, weniger zu glätten und Vorurteile auch einfach mal im Raum stehen zu lassen ;)
Auf der einen Seite stellst Du zurecht fest, dass die Szene erwachsen geworden ist und nun findest Du selbiges erscheckend? ;-) Wenn man erwachsen wird, wird man nunmal ruhiger, gelassener. Das ist der Lauf der Dinge. Und ich denke zwischen Kindererziehung, Job und solche Dinge bleibt dann nicht mehr viel um zu provozieren ohne zumindest den Job zu gefährden. ;-) Also ich kann mit meinen fast 30 Jahren mittlerweile auf Provokation gut verzichten. Zumindest auf die kindische Art wie ich es vor 15 Jahren betrieben habe…
Darauf kann ich auch weiterhin gut und gerne verzichten! Wohin krasser Elitarismus führt, konnte man in den 90ern sehr schön in der Black Metal Szene beobachten. Elitarismus ist der Tod jeder Bewegung!
Axel: gruftie warst und biste nicht .. aber wenigstens bleibst du deiner linie treu :)
Axel Seh ich anders. Du bist ausgesprochen provozierend. Wenn ich mich aufregen will, lese ich Deine Kommentare.
Wir sind lediglich unterschiedlicher Meinung. Das hat aber mit Provokation wenig zu tun. :-)
Provozierend ist man ja nur, wenn man jemand anderes aus der Reserve locken, bewusst auffallen will. Und beides will ich garnicht mal. Ich kommentiere einfach nur wie jeder andere auch.
Seien wir mal ehrlich: wie öde wäre es hier, wenn sich jeder einig wäre? Trotz unterschiedlicher Ansichten der Diskussionsteilnehmer, ist das Diskussionsniveau für Internetverhältnisse hier ausgesprochen hoch. Das ist doch auch was wert, oder?
Wenn ich mich über alles aufregen würde, was irgendjemand ins Netz reinschreibt, hätte ich schon lange nen Herzinfarkt. :D Jeder hat halt seine Meinung und das ist doch auch gut so!
In diesem Fall stimme ich Dir ausnahmsweise mal zu ;-)
Siehste? Tut nicht mal weh. ;-) :-)
Habt ihr Sorgen :) Ich versuche gerade vergeblich, meine schwarzen Socken nach dem Waschen der Länge nach zu ordnen. DAS sind Probleme :D
Versuche mal aus einem schwarzen Wäschepuff sämtliche schwarze Wäsche heraus zu fischen. Ich behaupte, dass dies schier unmöglich ist, ohne eine Taschenlampe zu benutzen oder den Wäschepuff einfach umzudrehen. Zumindest ich finde, nachdem ich die Waschmaschine angestellt habe, noch immer mindestens eine schwarze Socke im Wäschepuff *grummel*
et ego.
Korrekt. Der Mensch braucht Ecken, Kanten und Reibungspunkte, um sich seines Platzes, seiner Stellung innerhalb eines Raumes bewusst sein zu können. Denn ohne dieses bewegt er sich nur im Kreise, erfährt keine Grenzen und irrt ins Leere. Und so, wie es dem Individuum ergeht, so ergeht es auch einer Gruppierung.
Zudem ist es verleugnend. Warum wird sich dadurch in eine Gesellschaft eingeschmeichelt, von der man sich eigentlich abzuwenden gedenkt, bzw. gedachte. Entweder ich sympathisiere mit dem Unkonformen oder eben nicht. Ich kann mich nicht im geistigen wie körperlichen Kontra vom Mainstream abwenden und diesem zeitgleich die Hand reichen. Zugegeben, das könnte man schon, aber dann lässt man eben zu, dass alles weitere hinter dem eigenen Rücken geschied.
Inwiefern? Je weniger traditionell agiert wird, desto stärker muss ein elitärer Gedanke ausgeprägt sein, sonst kann sich dieses geistige Konstrukt nicht erhalten. Und eine Szene kann weniger auf Tradition denn auf einen allgemein gültigen Charakterzug bauen.
Wenn somit einerseits auf Ideale und Grundsätze beharrt bzw. dafür plädiert wird, wie es hier nun einmal der Fall ist, aber andererseits keine Elite zugelassen werde würde, dann ist dieses Denken nicht nur allzu naiv, sondern es darf sich im Endeffekt auch nicht über das Resultat beschwert werden.
»Elitär« bedeutet im neutralen Sinne Auslese, Abstand, Exklusivität und damit sagt man nichts weiter aus, als dass nicht jeder Dödel in der Szene herumpupen darf, der bei seinen schwarzen Socken gerade einmal bis drei zählen kann (keine Ahnung, wie ich jetzt auf Socken komme…). Denn dadurch kommt das zustande, was wir heute erleben; eben das, was wirklich den Tod einer Bewegung bedeutet. Dass diese verwässert und deren Inhalte, Ideen, Ideale und deren Wesen durch die verpufft, die damit absolut nichts im Sinn haben. Diejeniger, die einzig die ganze oberflächliche Erscheinung für cool genug halten, um sich einmal im Leben in einen modischen Ausrutscher zu wagen. Dann nach fünf Jahren das Thema für sich mit: „War nur eine Phase.“, abhacken, während deren Getue innerhalb der Szene weitere solcher Gestalten angelockt hat.
Dann verhält sich das Gotentum der schwarzen Meute eben nicht elitär, liest nicht aus, legt vor jeden Club und jeden Friedhof den »Jeder ist Willkommen«-Fußabtreter und sagt: „Strömt nur hinein; wir lieben euch doch alle.“, und darf dann Kleingeistern, Partyäffchen, Prolls (als die Personifizierung des Stereotypen des Proleten), Spießbürgern, politisch wie religiös Radikalen, Hip-Hopsern, Chartschauvinisten, Sexisten, Tekkern oder Karnevalisten noch lächelnder die Hand schütteln, als es ohnehin schon der Fall ist.
Natürlich darf jetzt mit: „Aber Elitär ist Machtdiktatur, ist Faschismus.“, gekontert werden. Man darf es aber auch lassen. Da selbst eine dunkelbunte Szene im Rahmen von Schwarz und Weiß auch Grautöne beachten sollte. Nur eben beige, Neon- oder Pastelltöne waren nie im Wesen verankert. Und deshalb bedarf er der Elite als Türsteher, die dafür sorgt, dass man den Kern der Szene auch noch später erkennen kann. Als Gemälde expressionistischer Romantik, oder, was mir lieber wäre, romantischem Expressionismus, und nicht bloß als Fingerfarbenbild.
Naja, ich habe mehr als drei paar Socken, so ist das nicht…
Guldhan: Mit Elitarismus meine ich u.a. die sog. „Szenepolizei“. Leute, die nicht wahrhaben wollen, dass Musik und Kunst in Wandlug ist. Die Gothic-Szene ist nunmal in erster Linie eine Szene, die sich nun doch über die Musik zum großen Teil bildet. Dann kommen natürlich noch andere Interessen, aber am Anfang steht ja fast immer die Musik.
Natürlich sind Traditionen wichtig und ich denke, dass es hier wichtig wäre einen gesunden Konsens zu finden zwischen Tradition und neuen Elementen.
Ich denke „die Szene“ ist garnicht so schuldig daran, dass sich das alles so ausgeweitet hat. Es waren ja eher wenige Leute, bestehend aus Manager von Zeitschriften, Clubs und Labels, die die große Masse angezogen haben um so mehr Geld zu verdienen. Das hat man in den 90ern gut gesehen. Die „Traditionalisten“ haben vielleicht indem Maße schuld an der Entwicklung, dass sie leise neben dem ganzen standen und nicht laut wurden. Und auch keine Alternative anboten.
Dass man jahrelang um Akzeptanz gekämpft hat, war ja eigentlich menschlich. Ich kenne ja noch die Zeiten wo man mich als Satanist beschimpfte und man hier manchmal Spießroutenlauf machen musste um nicht totgeprügelt zu werden. Das war damals in der Zeit des Ruda-Mords ganz besonders schlimm. Vielleicht ist das alles schon zu lang her, aber einnert Euch mal zurück wie heftig die Hetze seitens der Medien damals war UND wie sehr das von vielen Menschen auch noch geglaubt wurde. Wie oft man sich immer und immer wieder für das, was man ist, rechtfertigen musste, man fast schon unter Generalverdacht stand nicht auch irgendwann mal emanden umzubringen (!!!) und ähnliches – das auch noch vor den eigenen Eltern usw. Und wieviel Kraft das im Endeffekt gekostet hat. Ich hatte damals Freunde, das war noch in Jugendjahren, die wurden von deren Eltern zu Psychologen geschleppt – einfach weil sie schwarz trugen und sich für Dunelromantik interessierten! Das muss man sich heute mal vor Augen führen!!!
Ich bin eigentlich ganz froh, dass das heute anders ist. Man auch mit schwarzen Mantel draußen rumlaufen kann ohne die Angst zu haben, dass man von medien aufgehetzten Jugendlichen und dummen „Erwachsenen“ die Fresse poliert bekommt.
Zudem finde ich persönlich Elitarismus als das falscheste Weltbild, was man überhaupt haben kann. Getoppt nur noch vom Faschismus. (Beides zieht sich ja auch an, wie man in den 90ern im Black Metal sehen konnte.)
Wen man Elitarismus konsequent lebt, dann darf man ja überhaupt keine „Normalo“-Freunde mehr haben, weil diese dem eigenen Elitedenken nicht genügen. Man darf auch keine Musik hören, die nicht dem eigenen Eliteanspruch genügt. Das ist konsequenter Elitarismus. Und das zieht dann erst recht falsche Leute an!
Genauso sehe ich das auch – ich weine den Zeiten der übelst reißerischen Medienberichte und Vorurteile über angebliche okkulte Praktiken innerhalb der Szene nebst darauf folgendem Spießrutenlaufen keine Träne nach. Ich bin heilfroh, mittlerweile in Ruhe gelassen zu werden, selbst wenn ich ausschließlich Schwarz trage und mich dabei auch keinen Deut um aktuelle Moden schere. Heutzutage wird eher interessiert nachgefragt statt vorverurteilt.
Wir sollten nicht unser Weltbild anderen aufdrängen, nur um „unsere“ kleine finstere Welt vor der „bösen Außenwelt“ retten, sondern einfach das GENIESSEN, was wir haben. Manchmal habe ich den Eindruck, das Hauptthema der Szene sei nur das Gemeckere, wie schlimm sich alles um sie herum entwickelt hat, bzw. entwickelt. Vielleicht gefällt dem einen oder anderen das vielleicht sogar und es steht uns nicht zu, die Szene deswegen zu verteufeln. Im Gegenteil: Das ist doch das schöne, dass jeder seine Nische finden kann, sei es in der Batcave-Ecke oder bei den Romantikern – oder bei den Cybern. Und der ein oder andere springt halt auch von A nach B, weil Geschmäcker fließend sind. Es gibt keine „reine“ Szene und das ist auch gut so. Die Frage, was Elitarismus ist, kann man eigentlich nicht ganz so einfach definieren. Dennoch darf man nicht immer alles verbissen bierernst nehmen und sollte auch mal ein bisschen lockerer nehmen. Ich kann am ehesten Künstler ernst nehmen, die sich auch mal selbst auf die Schippe nehmen als diejenigen, die verbissen versuchen, alles in enge Sargwände zu pressen. So etwas scheitert früher oder später. Ich hoffe, der ein oder andere kann mein Geschreibsel verstehen :)
Man sollte vielleicht mal den Studiengang „Gruftologie“ einführen.
Warum das denn nicht? Dieses Konstrukt ist nun einmal das, was es ist… ein medial herangezüchteter Goldesel. Und dabei sollte es einem völlig egal sein, ob die Leute daran Gefallen finden, sich in dieser scheinkulturellen Pfütze zu suhlen. Das darf und sollte ruhig auch weiterhin kritisiert werden.
Wie soll man sich ohne Medien auf irgendwelchen Kuh-Käffern, wo es keine Grufties gibt, an denen man sich orientieren könnte, zu eben solchen entwickeln? Schlicht und ergreifend gar nicht.
Der Schlaf der Vernunft mag Ungeheuer gebären, aber die Kehrseite der Medaille ist doch, dass die Medien eigentlich auch einen guten Beitrag leisten. Also selbst die BILD mit ihren unterirdischen WGT-Beiträgen. Es gibt so viele Leute, die erst durch komische Bands wie Blutstängel mit diesem „Gossick“ Berührungen gemacht haben, nur um irgendwann festzustellen, dass es da auch anderes gibt als Kirmestechno. Es ist doch ganz einfach: Wenn du auf’m Dorf aufwächst, wirst du über Helene Fischer nicht wirklich zum Gruftie werden :)
Ich denke, jeder weiß, welche Medien hier gemeint sind… Diese Neuszene entwickelte sich bestimmt nicht in irgendwelchen Kuhkäffern, sondern in Großstädten und Ballungsräumen wie NRW. Provinz zieht doch meistens hinterher. Wenn Dir jahrelang „szeneferne“ Musik als die richtige vorgegaukelt wird, entsteht nun einmal eine vom Ursprung losgelöste „Neukultur“. Ich hatte das über die Jahrzehnte auch eher wie einen Stafettenlauf empfunden, nie als „Weiterentwicklung“. Etiketten wurden einfach nur weitergereicht, wie ein Stab zwischen zwei Staffelläufern. Von natürlicher Entwicklung kaum eine Spur.
Wieviel Prozent machen wohl die Leute aus, die Du beschreibst? Ich behaupte das Gegenteil. Die meisten werden nie mit traditioneller Gothic-Wave-Musik in Berührung kommen, solange die „Szeneindustrie“ auch weiterhin das unter falschen Bezeichnungen präsentiert, was die meiste Kohle bringt. Und das sind nun einmal nicht Gothic und Wave, sondern Tekkno, Schlager, Dudelsack- und Weibchenträller-Metal.
Wobei der „Weibchenträller-Metal“ noch das handwelich anspuchvollste der genannten Genres ist. :D
@ Axel:
Da kann ich Dir nicht ganz zustimmen. Auch viele „Dudelsack“-Metalbands, die ich bisher eigentlich nur auf Mittelaltermärkten wahrgenommen habe, haben durchaus Potential und können mehr als drei Akkorde hintereinander schalten.
Zumal die Qualität der Musik auch immer subjektiv wahrgenommen wird. Natürlich wirkt ein Techno-Track nicht so anspruchsvoll wie ein raffiniert komponiertes und arrangiertes Metal-Stück. Trotzdem steckt eine gewisse Arbeit und Auseinandersetzung mit der Materie dahinter. Diese ist durchaus leichter zu erlernen als eine vom Metal geprägte Gitarre, aber genauso kann jeder Dummkopf drei Akkorde schreddern und das als Punk abstempeln. Da seh ich zum Beispiel keinen großen Unterschied.
Trotzdem findet, was die Qualität der Musik angeht, Punk mehr Zustimmung als Techno in den „technoverachtenden“ Kreisen.
Mich persönlich stört ja nach wie vor die zunehmende Veronkelung von Freiwild und Deutschrock hörenden Gestalten, die sich in einem Atemzug zur Gothic-Szene dazu zählen.
Würde ich nicht einmal behaupten. Es gibt durchaus interessant gestalteten, progressiven Techno-Sound. Wenn man die ganzen IDM-Geschichten à la Autechre oder Atom Heart mit reinrechnet, die anfangs noch „Intelligent Techno“ hießen, ist obige Behauptung eh hinfällig. Dieser Sound ist der Szene aber offenbar völlig fremd. Man wird permanent mit derselben Billig-Trance-Soße zugeschüttet,… ’ne öde verzerrte Bassdrum, die ewig selben Supersägezähne… Aktuelle „Electro“-Bands (würde ich nicht mal wirklich so bezeichnen) zwischen Agonoize und Noisuf-X haben von anspruchsvoller Techno-Musik keinen blassen Schimmer.
Andersherum nutzen Metaller längst herkömmliche Produktionsmethoden aus dem elektronischen Bereich. Da wird aus einem Riff oder aus diversen Perkussionkomponenten ein Loop geschaffen, das sich durch den halben Song zieht. Frei nach Ministry, KMFDM und Co.
Haben wir mMn der NDH zu verdanken. Hör Dir doch mal Eisbrecher und Co an. Wie stark unterscheiden sich solche Bands noch stilistisch oder optisch? Diese Art der Rockmusik ist so typisch deutsch. Und das Auftreten? Ein Mix aus „Landserkappe“ und EMP-Fashion-Style… Prollogehabe einer Szene, die in ihrem Ursprung nie etwas Proletenhaftes in sich trug.
oder du wirst es gerade deshalb! So geschehen bei mir, jetzt nicht mit Helene Fischer, die hat damals noch nicht existiert, dafür gab es andere….
Vor der Zeit mit Internet hattest du ja wirklich nur die Chance in die nächste Stadt zu fahren und Plattenläden zu durchforsten oder auf Geburtstagen oder Party`s (spreche wieder aus Erfahrung) irgendwelche Lieder zu hören die dich total geflasht haben, von denen du gedacht hast, ja, das ist es , genau darauf hast du gewartet! Um sich dann die Kopie von der Kopie von der Kopie für den Walkman zu besorgen.
Bei mir wars z.B. auch so, dass ich mit 14, 15 Jahren einfach angefangen habe immer mehr schwarz zu tragen ohne jemals den Begriff Waver, Grufti oder gar Gothic gehört zu haben. Es war einfach so. Dann kam die besagte Party und kurz darauf ein Artikel in der Bravo und da dachte ich „Ach kuck mal, die sehen ja aus wie du! 2Tage später wurde ich von jemandem gefragt „Bist du ein Waver?“ Und ich habe geantwortet „Wird wohl so sein“ ;-)
Okay, ich habe mich nicht ganz klar ausgedrückt, mein Fehler.
Ich gebe Dir Recht, Death Disco, dass es durchaus elektronische Musik, auch im Bereich Techno gibt, die anspruchsvoll daher kommt.
Ich bezog mich hier auf den in der „Gothic-Szene“ beliebten Aggrotech, oder wie sich diese Musikrichtung genau benennt. Ich muss gestehen, mit der Klassifizierung dieser Musik habe ich mich nie richtig auseinander gesetzt, da ich arge Probleme habe dort große Unterschiede rauszuhören (was an meiner subjektiven Wahrnehmung liegt).
Ich hoffe Du verstehst, was ich meine.
Aggrotech ist wirklich furchtbar. Wobei – kann man „Das Ich“ oder „Grausame Töchter“ dazuzählen? Dann wäre es für meinen Geschmack eine Ausnahme.
Wie geil. Hier fällt mir grad eine kleine Anekdote ein. Ihr könnts weglöschen, wenns nicht zum Thema passt! ;-) Allerdings passts zum Thema „alte Zeiten“ und ein bisschen zu der Entwicklung von Dorf-und Stadtgrufties …..
Ich glaub bei mir war es nämlich auch (mit) der oben erwähnte Bravo-Artikel! Ratte macht die Fliege oder so? Zu diesem Zeitpunkt trug ich einen Wuschelkopf, die Haare in alle Richtungen abstehend aber noch nichts abrasiert. Musiktechnisch war ich auf dem Adam and the Ants-Trip. :-) Ein kleiner Rebell. Im ständigen Zoff mit Mutti und der Oma, die wollten, daß ich mich hübsch anziehe.
Ich war aus Duisburg, also Städterin. In den Schulen sah man hier und da die ersten „Waver“.
Dann erschien mir ein ganz besonderer „Waver“, er war nämlich deutlich älter, ca. 5 Jahre mehr auf dem Buckel hatte er. Ganz in schwarz lief er rum, er wohnte gegenüber. Er, mit rundherum Glatze und 25 cm-Turm, gerade in der Ausbildung als Friseur. Hui, fand ich den toll. Ich war gleich verliebt. (Er war schwul, aber das wußte ich damals noch nicht. Ich saß also umsonst Stunden hinter der Gardine und habe gelauert, ihn zu sehen… ;-) ) Unsere Mütter waren befreundet. Er sollte mir die Haare mal schneiden. War die Idee von meiner Mutter. Sie hoffte auf eine Beendigung meines Wuschelkopfes. Ich also rüber. Mit ganz eigenen Vorstellungen eines neuen Haarschnittes… ;-)
Nun, er machte mir einen wunderschönen „Pagen-Schnitt“. Alle Haare gleichlang. Dabei rundherum Glatze/Schachbrettmuster. Ich war begeistert!!!
Parallel dazu bekam ich meine ersten The Cure-Cassetten von ihm zugeschoben mit dem Vermerk, daß ich da mal reinhören solle. Das erste was ich von Cure hörte war Boys don’t cry… boah fand ich die Musik doof. Nach mehrmaligem Hören fand ich die immer besser und dann ging nix mehr ohne! ;-)
Als ich nach Hause kam, war meine Mutter auch begeistert von meinem Pagen-Schnitt. Bis ich die Haare mal anhob…. *grins*. Nach dem ersten Ohnmachtsanfall – sie konnte ja eh nix mehr dran ändern – tröstete sie sich damit, daß ich die Haare ja offen lassen könnte. Was ich aber nicht tat. :-P
Nun und nach dem oben erwähnten Bravo-Artikel wurden die ersten Pikes (6 Schnaller) gekauft, hart und selbst erarbeitet mit dem Verkauf von gebrauchten Sachen und Spielzeug auf dem Trödelmarkt.
So liefs also damals bei mir, also in der Stadt.
Ich denke, die „Szene“ auf dem Land hat sich erst mit zunehmenden „eigenem“ Alter entwickelt. Internet gabs ja noch nicht. Zu der Zeit, wo ich im Zwischenfall war (Ende 80-er, Anfang 90-er), kamen die „extremsten“ Leute eigentlich eher vom Lande…. (ok, Land heißt jetzt bei mir 30 – 40 km von der nächsten Stadt entfernt).
Ich für meinen Teil wohne jetzt auf dem Land.
Aber wir haben Internet und Autos. :-)
Von meiner Seite ein paar Gedanken zum Thema „Bravheit“ der Szene und Elitarismus:
Hier wurden verschiedene Aspekte der „braven“ Szene betrachtet – Aussehen der Mitglieder, Verhalten gegenüber „Außenstehenden“ sowie die tatsächlichen Inhalte, wenn ich das mal grob so einteilen darf. Das sind für mich alles verschiedene Paar Schuhe (oder Pikes, wem es beliebt).
Mit Aussehen wirklich zu schockieren halte ich schon für einigermaßen schwierig. Es geht sicherlich, aber man läuft Gefahr, für einen Ganzjahreshalloweenscherz gehalten oder auf Äußerlichkeiten reduziert zu werden. Sicher, damit muss man kein Problem haben, aber meistens sind das die Leute doch zumindest kurzfristig mehr oder weniger gewöhnt. Anders schockieren mag sicher gehen, aber irgendwann nutzt sich so etwas ab. Abgrenzen dagegen fällt gar nicht so schwer, selbst bei meiner sehr unauffälligen, aber eben monochromen Kleidung bemerken Kollegen das schon. Und ehrlich gesagt: Das reicht mir auch, bzw. ich bräuchte eigentlich nicht mal das. Ein paar dezente Hinweise für Eingeweihte, der Laie muss ja nicht darauf gestoßen werden (umso schöner sind Momente wie heute, als jemand auf mich zuging, auf mich zeigte und sagte: „Winterkälte! Sehr schön!“ Auch, wenn ich etwas verwirrt war, was der von mir wollte. Das war das erste Mal, dass mich jemand auf eine „getragene“ Band ansprach…). Das hilft auch beim Elitarismus (siehe unten). Ob das „brav“ macht? Ich weiß ja nicht. Vielleicht schon. Ich habe aber nie die Veranlassung gesehen, deutlich auf mich hinzuweisen. Ich will das niemandem absprechen und finde das bei entsprechendem Aufwand auch absolut begrüßenswert, es ist eben nichts für mich.
Beim Verhalten gegenüber Außenstehenden ist das Klischee vom freundlichen und höflichen Goten vermutlich genauso verbreitet wie das Klischee des abweisenden Menschen mit akuter Misanthropie, vielleicht sogar noch weiter. Darin sehe ich auch erst mal nichts Schlechtes und nichts, was einen „brav“ erscheinen lässt. Wenn es aber in Gesprächen mit Außenstehenden um Inhalte geht – nicht explizit à la „Ich bin hier der Mustergote“ (warum kennt meine Rechtschreibprüfung dieses Wort?), sondern z. B. durch den üblichen Austausch der Wochenendbeschäftigungen, Interessen oder Sonstigem im Kollegenkreis – kann man sich schon ganz gut absetzen und auch weniger brav wirken, so man denn möchte. Gut, vielleicht ist das auch nur Kompensation für das recht schlichte Aussehen, aber ich bin doch tatsächlich schon mit relativ harmlosem „schwarzem“ Humor angeeckt. Seitdem genieße ich das natürlich. Genauso, meinen Kollegen scherzhaft keinen Musikgeschmack vorzuwerfen (allerdings haben sie wirklich keinen nennenswerten). Ist das jetzt Elitarismus, böse tun, oder doch nur der kleine Spaß den Spießbürger-Goten? Vielleicht ja doch einfach nur Letzteres und ich sollte das gar nicht aufführen, weil es nurmehr die Bravheit unterstreicht, wenn man glaubt, damit nicht brav zu sein. Wie dem auch sei, ich denke, an der Stelle kann man schnell die Spreu vom Weizen trennen. Okay, das klingt jetzt vielleicht zu hart, denn schließlich gibt es keine „Trveness-Checkliste“ (gut, gibt es vermutlich schon…), auf der man mindestens 66,6% der gelisteten Kriterien erfüllen muss. Was ich damit meine, ist, dass, wer sowieso alles gleich wie der Rest macht, zwecks Effizienz doch einfach dazugezählt werden kann. Das klingt jetzt wieder nicht nett, aber gut, das war ja auch Ziel der Übung.
Was mich zum Elitarismus bringt: Elitarismus gleich Tod der Szene und damit schlecht? Nein, dem widerspreche ich. Ganz explizit auch mit Blick auf Black Metal. Ja, da gibt es genug Leute, die immer und immer wieder das Gleiche hören wollen und der Meinung sind, Black Metal dürfe keinen Millimeter von einem der bevorzugten Stile (gerne der Norwegische Black Metal Anfang der 1990er oder so etwas) abweichen. Und dann gibt es die, das auch immer und immer wieder liefern. Und das läuft sich langsam, aber sicher tot. Stimmt alles. Aber wer da aufhört, begeht den gleichen Fehler, den er anderen vorwirft, er betrachtet nämlich nicht die Alternativen, und davon gibt es reichlich. Die spielen zum Teil mit dem Genre, mit anderen Genres oder machen einfach nur etwas noch nie Dagewesenes. Klar, man kann sagen, dafür hätte man den Elitarismus aufgegeben. Das sehe ich allerdings anders; von Mainstream-„Black Metal“ à la Dimmu Borgir oder den neueren Darkthrone-Alben ist das weit entfernt, zudem meistens alles andere als zugänglich. Und das ist nun mal in sich elitär. Wenn man die Musik nicht so einfach „versteht“, kann man sich so wenig elitär geben wie man will, andere Leute wird man trotzdem nicht dafür begeistern können.
Um mal einen bekannten Politiker zu zitieren: „Und das ist auch gut so“. Wenn ich einen Musikgeschmack oder Hobbys für jeden wollte, würde ich Mainstream-Kram hören. Will ich aber nicht. Ja, das muss nicht Teil des eigenen Selbstverständnisses sein, kann es aber. Warum auch nicht? Elitarismus heißt für mich nicht, dass ich jemand Konkretes ausschließe. Ganz im Gegenteil, von Mal zu Mal versuche ich mein Glück, es ist ja nicht falsch, mit anderen Leuten über gleiche Dinge reden zu können. Ich schließe allerdings „die Masse“ aus, und die Individuen dieser Masse schließen sich schon von selbst aus, wenn ich mich denn mal vorwage. Wenn nicht, umso besser – aber das kommt eben nicht so oft vor. Das kann man von der Musik dann erweitern – und ja, dann kann man sich schon gerne etwas unnahbar geben. Warum denn nicht? Man ist es ja de facto. An die eigenen Interessen / den Musikgeschmack / … kommen die anderen nun mal nicht heran bzw. sie verstehen sie nicht. Da kämpfe ich nicht gegen an, und ja, ich kultiviere es auch ein wenig. So lange man nicht zu arrogant wirkt, finde ich das absolut angebracht.
Es ist ja nun nicht so, dass das ganze Leben aus Musik und anderen gotischen Aktivitäten besteht. Wenn mir z. B. jemand etwas von großartigen Whiskys erzählt und warum dieser leicht anders schmeckende Whisky so viel besser als der andere ist, könnte ich absolut nicht mithalten. Und wenn sich dann jemand bezüglich dieses Themas elitär gibt, finde ich das ebenfalls vollkommen angebracht.
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Und jetzt zu etwas ganz Anderem:
@Ian: Die frühen oder die späten Werke von Das Ich? ;-) Ich persönlich würde beides nicht zu Aggrotech zählen, weil auch die Spätwerke schon noch hörbar sind und Aggrotech in der Tat nur furchtbar ist. Das alte Zeug gefällt mir aber besser.
Nachtrag: Silizium habe ich mir dann auch mal gegeben. Mehr als „Meine Fresse“ fällt mir dazu aber nicht ein.
Nachtrag 2: Zum Thema Satire-Bands:
„Hanzel und Gretyl“, von Guldhan erwähnt, sind in der Tat zu empfehlen, besonders das Album „Uber Alles“. Wer schon immer mal eine satirische Version von Rammstein (ja) hören wollte. „Third Reich from the Sun“:
Wer lieber rein Elektronisches will, dem sei „Sturm Café“ ans Herz gelegt. So ganz weiß ich nicht, wie ernst die sich selbst nehmen, aber wer als Schwede Deutsch singt, ohne es zu können… nun ja, hier eine Empfehlung:
@Irmin: Ganz kurz zum Black Metal. Es war ja schon so, dass das Genre über Jahre quasi in die Bedeutungslosigkeit verschwunden ist. Gerade der nordische Black Metal ist es bis heute. Stattdessen haben in den letzten Jahren Amerikaner das Genre für sich entdeckt und vom ewig kleischen Satan-Klischee befreit. Beispiele wären da Liturgy, die GRANDIOSEN Moss Of Moonlight oder die noch genialeren Panopticon. Da gibt es mittlerweile echt viele kreative Neuinterpretationen des Genres. Und wie das so ist: die europäischen Traditionalisten Marke „Black Metal ist Krieg“-Fraktion laufen geradezu Sturm gegen diese Bands. Das ist nochmal ein Zacken schärfer wie Altgrufties sich übe Kirmestechno aufregen. Beim Black Metal gibt es seit Jahren einen Umsturz weg von satanischen Klischees hin zu Naturverbundenheit, ökologischen Themen und solche Dinge. Komplett konträr zu dem elitaristischen Bild der 90er. Dies zu beobachten ist sehr interessant. Ich find’s gut, wie sich das Genre weiterentwickelt!
Pfui Deivel. Inwiefern trifft denn dann die Genrebezeichnung noch zu? Der schwarzmagische, satanische Bezug ist doch kein Klischee, sondern Hauptcharakteristikum des Genres.
Lustig übrigens, dass Du ausgerechnet den Panopticum-Track verlinkst. Wenn der Black Metal ist, sind es Slowdive oder Sigur Rós wahrscheinlich auch… Das hat nichts mit Weiterentwicklung oder Neuinterpretation zu tun. Das ist blanker Shoegaze/Post-Rock mit ’ner Doublebass. Folglich besteht hier offenkundig dieselbe Etikettenschieberei wie in der Schwarzen Szene.
Ich frage mich, was die Leute heutzutage unter Weiterentwicklung verstehen. Wandel bis zur Unkenntlichkeit? Komplette Hinwendung zu einem anderen Genre unter Beibehaltung alter Etiketten?
He he, dasselbe könnte man auch über die Feuerleger anfang der 90er sagen. Als Begründer der ersten Black Metal Welle in den 80ern gelten allgemeinhin Venom, die aber musikalisch 1a Thrash Metal spielten und deren Texte hauptsächlich Partytexte waren („lay down your soul to the gods rock `n‘ roll“). Die haben zwar mit satanischen Klischees gespielt, aber eher als reine Provokation und Show, im Gegensatz zu Kristian Vikernes (ja, der Mann wurde auf Kristian GETAUFT und nicht auf Varg) und seine Mannen später. :D
Das stimmt so nicht! Wir hätten da schon in den 90ern Bands wie Crimson Moonlight, die sich aufgrund der ganzen Anschläge auf Kirchen und Morde gegründet haben und ganz provokant Black Metal mit christlichen Texten vermischt haben. :D Nur mal so als anderes radikales Beispiel. Es gab aber damals schon zig Bands, die haben sich was diese Religiösität betrifft nie geäußert. Hier könnte man Ved Buens Ende als schönes Beispiel nehmen, die für ihre Zeit extrem experimentell waren und mit Religionen an sich nun nix zu schaffen hatten. Bands wie Forgotten Woods haben dann sehr depressive Texte eingebracht und sich in Interviews geichzeitig vom Satanismus distanziert. Daraus entstand dann in der Folge der Doom Metal.
Es ist falsch anzunehmen, bei Black Metal als Musikgenre würde Satanismus im Vordergrund stehen. Black Metal beschreibt lediglich eine sehr raue Spielform des Metals mit einem großen Stück Lo-Fi-Hintergrund. Das haben dann halt nur die bekannten Idioten ausgenutzt um ihre Spinnereien auszuleben. An sich ist Black Metal, genauso wie jede andere Musikrichtung, erstmal unpolitisch und frei von Dogmen. Das trifft auf jede Kunstform zu. Es liegt an den Menschen, wie sie das dann nutzen. Im nahen Osten, also die Gegend um Irak beispielsweise, dient Black Metal seit Jahren als Protestmusik. Die haben in den Songs komplett andere Themen als die Amerikaner oder die Europäer. Black Metal als Musikform findest Du überall auf der Welt und je nach Kulturhintergrund sind die Themen ganz andere. In den USA hat sich in den letzten Jahren der sog. Cascadian Black Metal herauskristallisiert (beispiele habe ich oben im vorherigen Beitrag schon gepostet), die sich inhaltlich stark auf Henry David Thoreau oder Walt Whitman beziehen. Das hat viel mit der Geschichte Amerikas zu tun, dass sich heute einige Menschen dort ein einfaches Leben im Einklang mit der Natur wünschen und damit extremst die amerikanische Gesellschaft provozieren. Bands aus dem Umkreis der Kaskadenkette haben dann die Musikform Black Metal für sich entdeckt und dies mit diesen Wünschen sowie den These von Thoreau und Whitman verbunden. Das ist dort eine Protestbewegung, die mehr beinhaltet als Musik. Deswegen kann man auch nicht von Etikettenschwindel reden, weil viele Bands kommerziell nicht so erfolgreich sind.
Nicht dass diese Latecomer-Bands historisch sonderlich was ändern könnten. Black Metal entstand in Anlehnung an satanische Texte, die es, wie Du vermutlich selbst schon erkannt hast, auch im Thrash Metal der 80er gab.
Na, Deine Geschichtskenntnisse diesbezüglich werden Black Sabbath, Candlemass oder Cathedral aber gar nicht gefallen…
Das möchte ich bitte einwandfrei belegt haben, wie ein Fischbrötchen. Dass der traditionelle Black Metal vom Kellersound lebt, ist zwar richtig, aber dass sich die Bezeichnung davon ableitet, halte ich für falsch (mir ist dabei wohl bewusst, dass es auch eine Zweitbedeutung für „Roh-Eisen“ gibt). Die Einordnung christlicher Bands als „White Metal“ sollte das eigentlich deutlich machen.
Falsch mein lieber! „White Metal“ beschreibt christliche Bands in den „normalen“ Metal-Genres. Veni Domine als Beispiel. Das geht auf die christliche Hard Rock und Heavy Metal Bewegung in den USA zurück. In diesem Kreis hat sich dann der Begriff „White Metal“ irgendwann anfang der 90er herauskristallisiert, da war an christlichen Black Metal Bands noch garnicht zu denken. Oder genauer „Unblack Metal“ Bands, wie sich Bands wie Crimson Moonlight selbst benennen. Aber: das steckt „Black Metal“ dennoch drin, weil es rein musikalisch nunmal BM ist.
Es kann sein, dass es auch da schon einige Elemente gab, aber der eigentliche Doom Metal entstand doch eher aus dem Black Metal, genauso wie Viking Metal.
Die bezeichnung leitet sich nicht davon ab, sondern vom gleichnamigen Venom-Song. Das sollte ja klar sein. Aber zu sagen Black Metal wäre zu 100% satanisch ist ebenso falsch. Denn schon Anfang der 90er gab es da ja Gegenbeispiele. Un Musik selbst kann garnicht politisch oder religiöse aufgeladen sein. Das sind immer die Menschen dahinter, nie die Musik als solches!
Zu dem ganzen Thema mache ich derzeit übrigens ein langes Interview mit dem Dr. Sascha Pöhlmann von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Wird noch ne Weile brauchen, da er viel zu tun hat. Aber ich hoffe noch dieses Jahr im Sakona Webzine veröffentlichen zu können.
Und Black Metal wohl die in den unnormalen, was? ;-) Fragt sich halt, wie man Bands von Mercyful Fate bis Abruptum da unterbringt. Oder wie ist’s mit dem Samael-Debüt? Worship Him war ja nun nicht gerad von der flotten Sorte.
Soll heißen: im engeren Sinn bezeichnet Black Metal sicher den norwegischen Sound. Bezüglich der Texte schließt das aber noch eine Reihe anderer Bands mit ein.
Das kann doch nicht Dein Ernst sein?! Das ist etwa so, als würde man behaupten, dass Siouxsie und Cure zwar schon Gothic-Elemente in der Musik hatten, das Genre selbst aber erst durch die Fields definiert wurde. Nein, wir schreiben die Geschichte bestimmt nicht neu. Doom Metal ist uralt und wurde ganz sicher nicht von irgendeiner 90er Newcomer-Band begründet.
Ich lese immer „schon“. Das sind alles Bands, die nach der ersten und zweiten Welle nach oben kamen.
Jetzt schweife ma aber arg vom Thema ab :D Hatten wir es net ursprünglich von der schwarzen Szene? :)
In der Tat… Doom Metal gibt es seit den 70ern, wenn nicht gar schon 60ern, Black Sabbath sind ja wohl DIE Hauptvertreter des Genres.
So sehr wollte ich eigentlich gar nicht auf Black Metal eingehen, darum auch nur kurz was dazu von mir:
Ich finde es ja schon erstaunlich, Axel, dass du erst etwas vom quasi-toten Genre Black Metal erzählst, dann aber bei den von mir nur generisch genannten neuen Ideen ausgerechnet Blackened Shoegaze, Post-Black Metal oder wie auch immer man das bezeichnen will, vermutest. Gerade diese Spielart war doch bloß ein paar Jahre en vogue und spielt jetzt keine wirkliche Rolle mehr. Verstehe mich nicht falsch, ein paar der Dinge aus der Ecke gefallen mir durchaus, aber darauf wollte ich nun wirklich nicht anspielen, weil das nun mal kein Black Metal ist. Es ist sicher davon beeinflusst, ja, mehr aber auch nicht.
Was den Inhalt angeht: Es gibt sicher nicht nur „satanisches“ im Black Metal, aber auch da gefällt mir diese Eingrenzung auf ein Nischenthema, das dann auch noch der de-facto-Standard sein soll, nicht. Es gibt immer noch sehr guten aktuellen Black Metal mit „klassischen“ Texten. Ich spreche dir gar nicht ab, dass die von dir genannten Themen vorkommen, aber wie gesagt: Erstens sind das Nischenthemen, das heißt, sie sind allenfalls zum Aufzeigen der Breite des Spektrums zu gebrauchen. Was ja absolut legitim ist. Aber man sollte nicht so tun, als gehe es nur noch um Naturthemen, denn das stimmt einfach nicht.
Zum Thema „Doom Metal entstand aus depressivem Black Metal“ haben ja schon genügend Leute etwas gesagt. Der depressive Black Metal ist viel jünger. Manche aktuellen Werke beider Genres können ein wenig ähnlich klingen (insbesondere, wenn man zu Nischennischendingen wie Funeral Doom greift), aber das ist eben konvergente Evolution, nicht das Vorhandensein eines recht jungen gemeinsamen Vorfahren ;) Der meiste Doom Metal von damals und heute klingt doch nun wirklich nicht wie Black Metal.
Tja, scheinbar zeichnet sich da auch im BM-Bereich ein Trend zum „brav sein“ ab, sehr schade.
Ich denke, „brav“ ist der falsche Begriff. Tante Wikipedia beschreibt es folgendermaßen:
[1] lieb, gut, gehorsam (z.B. Ehemann, Kind, Hund)
[2] ehrlich, rechtschaffen, verlässlich, aufrichtig
[3] konservativ im Stil
[4] veraltet: richtig, recht
[5] veraltet: tüchtig, ehrenhaft (z. B. Bürger, Freund, Soldat)
[6] “ veraltet:“ sittsam, der Moral folgend,
Wenn wir ehrlich sind, gibt es schon viele, auf die das zutrifft. Allerdings bestimmt nicht auf die besoffene Party-Kultur so mancher StiNo- und Mainstream-„Agonoize-Gossick“-Gesellschaft. Da klingen doch Begriffe wie „konservativ“, „sittsam“, „ehrlich“ für mich wesentlich verführerischer. Ja, vielleicht hat sich die Szene zum Spießertum entwickelt. Aber gerade das grenzt sie ja wiederum von vielen „Normalos“ und Prolls ab, finde ich.
Ian, ich denke, Du sprichst da etwas sehr interessantes an. Mir kam da bezüglich deiner Aussage der Entwicklung zum Spießertum ein Gedanke …
Meine folgenden Aussagen sind bitte als Thesen zu verstehen, nicht als Tatsachen!
Die Szene hat sich zum Spießertum entwickelt. Wenn dem so ist, hat sie das, da der Mainstream immer offenherziger wurde. (Auch) hier wird (mittlerweile) ausgiebig gefeiert, gesoffen und rumgehurt (entschuldigt den Begriff).
So zumindest ist meine Empfindung. Der Spießbürgerlichekleingartenvereinsbesitzer-schieß-mich-tot existiert zwar immer noch, ist mittlerweile jedoch oftmals Rentner oder im weiter fortgeschrittenen Arbeitsalter und nicht wirklich in unserem Wahrnehmungsbereich, während genau dieser es zur Zeit der ersten Gruftis genau das war, nämlich präsent, und irgendwie auch das „eingeschworene Feindbild“. Er ist aus dem Wahrnehmungsbereich entschwunden im Laufe der Zeit.
Ergo findet ein Wandel innerhalb der Szene statt. Statt im Gegensatz zur allgemeinen Gesellschaft spießig und langweilig zu sein, waren wir in den 80ern aus(ge)fallen(d), kontrovers und offen gegenüber andersartigem.
Der Mainstream hat diese Position, die wir einst inne hatten, längst übernommen (nicht nur durch Kommerzialisierung der Grufti-Szene, sondern auch durch das enttabuisieren vieler Modestile etc.).
Was ist dann folgerichtig der einzig logische Umkehrschluss?
Wir werden spießig. Die einzige Möglichkeit, uns vom Mainstream abzugrenzen. Was bleibt uns denn noch übrig, in einer Gesellschaft, in der jedes Jahr ein neues Handy für 650 € fällig ist, in der man innerhalb eines Jahres mehrere Jobs in den verschiedensten Städten aufgrund befristeter Verträge annehmen muss …?
Ich für meinen Teil möchte in dieser schnelllebigen Welt eine feste Konstante, die mir einen gewissen Rückhalt gibt. Dies war bisher für mich die Subkultur, die sich entweder nicht oder nur langsam „ändert“, wenn man nicht sogar eher sagen sollte, erweitert. Mittlerweile hat sich auch dies geändert, die Trends kommen im Halbjahresrhythmus und um einigermaßen informiert zu bleiben ist einiges an Arbeit nötig.
Könnt Ihr mir folgen?
Flauers: Genau so sehe ich das!
Nee. *g*
Ja klar, bei einigen Sachen kann ich durchaus zustimmen. Ich sehe da aber noch einen anderen Punkt: Nämlich den Verlust der Punk-Wurzeln im Verlauf der 90er. Das wirkte sich eben nicht nur auf die Frisuren aus.
Von Unheilig-Fans erwartet man letztlich keine Aufmüpfigkeit. Was haben wir aktuell denn noch für Zugpferde dieser „Szene“? Mono Inc.? Lausiger Pop-Rock. Faun? Wurden hier vor einiger Zeit mal erwähnt… das ist alles so punk-loses Zeug. Da schunkelt sogar Papi mit.
Also ich sehe das ganz klar auch mit dem Wandel der Musik verbunden.
Tsss, den Punk, die Aufmüpfigkeit, findet man interessanterweise doch mittlerweile außerhalb der „Szenen“. Habe mal von einer, die auf einem Unheilig-Konzert war erzählt bekommen, dass da so eine olle Tante ganz empört zu ihrem Mann gesagt hat: „Horst, jetzt schnappen sich noch die Subkulturen unsere Bands weg!“ :D
Ian: genau da wären wir wieder bei dem Verrutschen der Mentalitäten … (;
Death Disco: ja, der punkige Ursprung fehlt mir tatsächlich heutzutage auch … wobei es natürlich immer noch einige neue Bands gibt, die diesen zu würdigen wissen. Im großen Spektrum der Szene sind diese jedoch nicht bekannt, Ecken erst gar nicht an durch diese Nichtbeachtung und verlieren dadurch schon wieder ihren Punkcharakter (abgesehen vom Underground-Feeling). Komisch, oder?
Dass die Szene im Gesamten sich so von ihren Wurzeln im Punk gelöst hat, ist sicherlich bedauerlich. Auf der anderen Seite scheint mir aber das Verständnis von „Punk“, wie es manchen Subszenen (Batcave/Deathrock) vorherrscht, auch ziemlich inhaltslos und stromlinienförmig zu sein. Da mag ich zwar die Musik, aber die Leute sprechen mich oft nicht an, da habe ich bei den meisten nicht das Gefühl, dass ich mit denen viel gemeinsam hätte. Ähnlich wie z.B. beim Psychobilly, wo es für mich als Außenstehenden auch immer so aussieht, als ginge es in dieser Szene nur darum, bestimmten Styling-Standards und irgendeinem Bild von „Coolness“ zu entsprechen. Wenn sich „Punk“ nur auf schnellen Rhythmus, drei Akkorde und hochgestellte bunte Haare reduziert, hat das vielleicht vor 30 Jahren genügt, um als aufmüpfig zu gelten, ist auf lange Sicht aber einfach nur lahm und langweilig.
Ein wichtiger Aspekt am Punk, der heute (meist) fehlt, ist sicherlich der Do-It-Yourself-Gedanke und die entsprechende Praxis. Das hat ziemlich weitreichende Folgen, dahingehend, dass in der schwarzen Szene einfach die nötige Infrastruktur für eine lebendige Subkultur fehlt (meine Einschätzung, ich kann mich da auch irren…). Dass sich z.B. die Berichterstattung beim Gothic-Magazin (und nicht nur da) mittlerweile auf das Abtippen von Promotexten beschränkt, wurde ja weiter oben schon beklagt. In der HC/Punk-Szene gibt´s dagegen auch heute noch haufenweise Fanzines, wo mensch auch problemlos schreiben kann, dass die kommerziell erfolgreiche Band XY einfach nur gequirlte Grütze fabriziert – das sorgt dafür, dass bestimmte „Fehlentwicklungen“ (ich nenn´s mal so) korrigiert oder ausgeglichen werden. Und im Gothic-Bereich? Da gab es zwar in den letzten 15 Jahren ein paar deutschsprachige Printzines (Strobelight, Interzone, Transmission…), aber momentan sieht´s dahingehend eher mau aus – wobei ich mich sehr drüber freuen würde, wenn mir da jemand widersprechen und ein Gegenbeispiel nennen könnte ;)
Okay, langer Rede kurzer Sinn: Wenn Bands sich auf die Punk- und sonstigen musikalischen Wurzeln des Goth zurückbesinnen, ist das schön und gut – aber es gibt auch noch andere Aspekte am Punk, die mindestens genauso wichtig sind wie die drei Akkorde und die bunten Haaren…
Ich kann ein wenig nachvollziehen, was Justus meint. Ebenso stimme ich dieser Tabuisierung der eigenen Meinung zu, die in der Szene herrscht. Ja, die Magazine gleichen sich allesamt – das einzige Heft, was aus dem Orkus- und Zillo-Dschungel ein wenig heraussticht, ist der Sonic Seducer, dem meiner Meinung nach aber der Gothic-Anteil fehlt. Leider.
Dark Feather… :D Wir hatten damals mal 3 Printausgaben versucht. Ging schief, hat sich nicht gerechnet! Und das ist auch der Grun, warum es solche Versuche nicht gibt: ist zu teuer, kauft niemand! Aber es gibt ja Blogs… Blogs sind die modernen Fanzines!
@ Axel: Zu teuer wohl eher nicht – Kopieren ist ja recht billig und liefert heutzutage auch qualitativ annehmbare Ergebnisse. Und verkaufen tun sich solche Hefte in manchen Kreisen doch recht gut. Beim Transmission, wo ich früher mal mitgewirkt habe, war´s auf Dauer wohl eher der Arbeitsaufwand und nachlassendes Interesse, was zum Ende des Heftes führte.
Und klar, nix gegen Blogs – aber Print ist schon noch was anderes, allein schon wegen der Haptik ;)
Nix geht über Print!!!
Also Du redest jetzt von selbst kopierten Heften? Das ist doch quaitativ schon noch weit unter einer Produktion im Duckwerk. Und hie bist Du mit ner vierstelligen Summe locker dabei. Ich schreibe ja auch nebenbei für die Lotek 64 und die gibt es ja als Print. Aber auch nur deswegen, weil Georg sehr, sehr gute Verhältnisse zum Werk hat, da er dort mal gearbeitet hat. Die machen ihm nen Freundschaftspreis, ansonsten hätte er auch schon lange die Segel streichen müssen.
Das Ding ist, wenn Du viele Stunden an Artikel, Layout und sowas sitzt, dann willst Du as nicht mit dem heimischen Ducker herstellen. Sondern dann schon richtig. Entweder ganz oder garnicht, bzw. dann wirklich nur online. Das ann sich dann jeder selbst ausdrucken, wer möchte.
Hier wäre ich interessiert in welchen Kreisen genau. Meine Erfahrung ist, dass erst alle sagen „Ja, macht mal Print“ und wenn man es dann macht, kommt dann „Och, füher habt ihr das aber kostenlos angeboten“… *rolleyes*
Punk-, Indie-, EBM- und Goten-Fanzines waren qualitativ nie hochwertig. Dafür sind es ja Fanzines, eben mit Trash-Charakter, samt Tippfehler und teils entsetzlichem Deutsch. Hattest Du schon einmal eine der ersten Glasnost-Ausgaben von anno ’87 in der Hand? Den Hofkurier? Oder das Zone-Magazin? Du würdest schreiend davonlaufen. Manche dieser Dinger waren nicht einmal geklammert, sondern wurden einfach durch Zwirn zusammengehalten.
Dieser kunterbunte Hochglanzkram kam erst in der zweiten Hälfte der 90er auf.
Death Disco, schade, dass man auf Spontis nicht „Gefällt mir“ drücken kann, aber das gefällt mir sehr :D
Wir sind aber nicht mehr in den 80ern, sondern 25 Jahre später wo jede Unergrounband, die was auf sich hält, sehr viel Zeit in ihre Außendarstellung legt (Genreübergreifend). Da kann man doch nicht mit Fanzines wie früher ankommen, das nimmt doch dann erst recht niemand ernst!
Nimmt den Orkus und all die anderen schwarzen „Brigitten“ irgendjemand ernst? ;) Ich finde, wir brauchen gerade den Trash.
Als ob es zwischen abgeschriebenen Pressetexten und Interviews, wo nach der Farbe des Covers gefragt wird, und gerade so zusammengekittete Blätter mit schlechtem Deutsch nicht auch auch noch einen grooooßen Raum dazwischen gäbe…
Doch, letztere sind zumindest kultig.
Und damals hätte auch kein Mensch einen Lack- und Latex- Playmate-Kalender ins Heft gestopft, noch dazu jedes Heft in Plastikfolie eingeschweißt.
@ Axel:
Okay, mit „gut verkaufen“ meinte ich so Auflagen im dreistelligen Bereich. Wir haben vom Transmission wohl von jeder Ausgabe so ca. 200 Stück verkauft, viel über Versand, bei Konzerten und in drei-vier Läden. Das Trust hat eine Auflage von 1500-3000 Stück – gibt´s mittlerweile auch an Bahnhöfen zu kaufen, hat sich aber als eins von wenigen Heften seinen Fanzine-Charakter bewahrt.
Da gibt´s schon ´ne entsprechende Subkultur und Vertriebswege dafür, also z.B. Austausch zwischen den Fanzine-MacherInnen, die dann in ihren Heften andere Zines rezensieren und so die Leute drauf aufmerksam machen, extra Zine-Distros wie z.B. diesen hier, oder Fanzine-Treffen… Wie gesagt, in der HC/Punk-Szene läuft da viel, aber es gibt auch so ´ne eigene Zine-Subkultur von Leuten, die jetzt keine Punks sind, aber einfach diese Hefte mögen oder selbst produzieren.
Bei so kleinen Auflagen lohnt sich Hochglanz-Papier und Offset-Druck natürlich nicht wirklich. Aber die Kopierertechnik hat sich seit den 90ern auch enorm weiterentwickelt, die Graustufen sehen heute viel, viel besser aus ;) Man kann ja auch kombinieren, also z.B. Umschlag in Offset drucken, den Innenteil kopieren. Schlechte Rechtschreibung und Heftung sind auch keine Grundvoraussetzung, damit´s ein „echtes“ Fanzine ist – mit beschränkten Mitteln was zu machen, läuft also nicht notwendig auf „Trash“ hinaus.
Na, ziemlich spezielle Richtung, in welche ich die Debatte hier mit meinem Fanzine-Beispiel gedreht habe… Aber ein bisschen hat´s doch noch mit dem Ausgangspunkt zu tun: Auch der professionelle Journalismus produziert ja nicht unbedingt hohe Qualität.
Hui, nun sind wir also beim Spießbürgertum angelangt. Sehr interesssant! :D Was mir dazu erstmal spontan einfällt: Mein Freund, der nur „Teilzeitgruftie“ ist, wirft mir manchmal vor, ich sei konservativ in meinem Musikgeschmack – weil ich eben nur Dunkelzeug höre (was sich aber schon über verschiedene Genres erstreckt, ich höre Elektronisches zB genauso gerne wie Gitarriges, mag Industrial und Noise genauso wie Mittelalter-Crossover…) und mir zB Radiogedudel ein absoluter Graus ist und ich da permanent das Gefühl habe, man vergewaltige meine zarten Gehörgänge… Im Mai habe ich zB mal ein Praktikum gemacht. Was da in der Firma manchmal so lief… UHUHUUUUUUU… O.o Okay – und wo genau ist jetzt der nächste Baum, an dem ich mich aufhängen kann? ;) Wenn mein Freund mal einen normalen Radiosender anstellt, dann kriege ich sehr schnell die Vollkrise, das ist für mich kaum auszuhalten. Ok, manchmal laufen da auch Sachen, die man sich durchaus anhören kann, ohne gleich Ohrenkrebs zu kriegen. Wie REM zum Beispiel, von mir aus auch irgendwas von Nickleback… Aber auf dieses ganze Pop- und Chartsgedudel reagiere ich meist höchst allergisch…
Wenn das konservativ ist – bitteschön… o.O
Die Szene selbst würde ich jetzt eher nicht als konservativ bezeichnen. Vieles ist evtl aus unserer Sicht nur normal geworden. Wenn ich mir hier spießige Normalo-Nachbarn anschaue und diese mit Leuten aus der Szene vergleiche, dann sehe ich doch noch ein paar Unterschiede… ;) Furchtbar finde ich auch den aktuellen Trend, dass Jugendliche offenbar wieder zunehmend konservativer ticken sollen. Pfui bäh… :P Ich selbst würde mich eher als unkonventionellen Menschen bezeichnen. Ist die Szene brav? Schwer zu sagen – schwarze Leute verhalten sich auf jeden Fall weitgehend FRIEDLICH, was ich persönlich sehr schätze. Und ich selbst sage auch immer wieder Aussenstehenden, dass Gothics im Grunde genommen auch nur normaleMenschen sind – mit ganz normalen Alltagssorgen usw. Allerdings haben wir halt einen anderen Lifestyle und betrachten manche Dinge im Leben evtl anders. Und ich finde es auch gut, dass Schwarzröcke heutzutage nicht mehr auf ganz so viel Unverständniskeit stoßen wie früher und dass man sich nicht mehr SO viele hohle Sprüche auf der Straße anhören muss. Die Geschichte mit den Rudas ist auch mir noch in guter Erinnerung, die haben der Szene damals mal echt einen Bärendienst erwiesen… *grummel*… :(
Ich selbst muss als Szenemitglied auch nicht pausenlos provozieren. Ich will die meiste Zeit über eigentlich nur in Ruhe meinem dunklen Lebensstil frönen. Natürlich habe ich auch mal Posertage, an denen ich sehr gerne die Leute provoziere und ganz bewusst anecke und auffalle, im Sommer renne ich auch gern in völlig zerfetzten Strümpfen durch die Gegend, selbstverständlich macht das in solchen Momenten echt Laune. :D Witzig ist es dann aber auch, wenn man mal mit jemandem ins Gespräch kommt und der dann merkt: Ach, so böse ist die ja eigentlich gar nicht. :D Und ich quatsche wirklich mit vielen über Gott und die Welt, für einen guten Schnack bin ich (fast) immer zu haben. ;)
Von elitärem Denken halte ich nicht allzu viel. Es gibt ja auch in der Szene Leute, die unglaublich elitär tun (nur sie sind die WAHREN Grufties, bla bla bla…). Das finde ich eher lächerlich. Gegen Ecken und Kanten und dagegen dass man sich ein Stück weit bewusst von der „normalen Bevölkerung“ abgrenzt, ist ja nix zu sagen. Das tue ich selbst ja auch. Allein schon durch meinen Kleidungsstil. Und ich finde es sehr befremdlich, auf dem Arbeitsamt gefragt zu werden, ob ich denn auch generell dazu bereit sei, obenherum mehr Buntes zu tragen – nur weil ich zufällig mal ein lila Halstuch anhabe… Ganz klar NEIN!!! O.o… Schwarzes gehört nunmal zu mir wie der Käse auf die Pizza. In Clubs bin ich sehr gern in schwarzbunt unterwegs aber im Alltag trage ich in den meisten Fällen ausschließlich schwarz.
Ich gehe übrigens auch nicht mit der Meinung konform, dass Leute, die zuerst Blurengel usw hören, nicht auch andere Bands entdecken können und sich später tiefgreifender mit der Szene beschäftigen können. In meiner Gruftanfangszeit war ich auch nicht gerade tiefsinnig, da ging es mir noch sehr viel ums Auffallen und um Provokation. Viele Sachen habe ich erst viel später für mich entdeckt und so manches auch erst mit der Zeit näher hinterfragt. Musikalisch habe ich in den letzten 10 Jahren eine Reise rückwärts durch die Zeit gemacht und seit etwa einem Jahr mag ich nun auch Postpunk und Batcave (davor konnte man mich damit eher jagen). Das ganze neuere Zeug mag ich aber nach wie vor auch noch. Und ich mag sogar immernoch so manches Lied von Blutengel sehr gern, die machen ja nicht nur Mist. Die haben auch richtig gute Stücke.
Das Ich gehört übrigens zum Genre „Neue deutsche Todeskunst“. Die mochte ich schon immer, die alten Sachen genauso wie die neuen. :)
Dunkle Grüße! :)
Melle
„Das Ich“ mag ich auch, allerdings streube ich mich gegen den Begriff NDT, weil man das eigentlich nicht als Genre bezeichnen kann. So wurden mal eine Zeit lang Bands um das Label Danse Macabre Anfang der 90er bezeichnet, die deutschsprachige Texte in „schwarzem“ Kontext verfasst haben, Goethes Erben, Relatives Menschsein, Das Ich, aber auch Lacrimosa – heute würde man sogar Henke an sich dazuzählen, auch wenn das mittlerweile eher Indie-Rock im typischen Goethes-Erben-Stil ist. Bei Lacrimosa, die allerspätestens seit Satura zum „Trällerelfen-Metal“ gezählt werden, kann man das „NDT“-mäßige vor allem auf dem Album „Schattenspiele“ heraushören, auf dem viele Rohversionen der späteren Lieder enthalten sind. Da sieht man, dass „NDT“ im Grunde in kein wirkliches musikalisches Genre passt, da es unterschiedliche Musikrichtungen enthält, egal ob „düstere“ Minimal-Elektronik, Kammermusik wie Sopor Aeternus, oder auch Goth-Rock unter der Voraussetzung, dass da zumindest ansatzweise deutschsprachige Texte verwendet wurden – „Marian“ von den Sisters könnte man demnach spaßeshalber auch als NDT bezeichnen, wenn man es sich sehr leicht machen wollte, auch wenn das Stück natürlich wesentlich älter ist.
Letztlich ist NDT ein Begriff, den szenefremde Medien schufen, um der Musik der schwarzen Szene einen Oberbegriff zu geben, lapidar gesagt, ein Synonym für deutschsprachigen „Dark Wave“. Wobei es mir schwer fällt, Lacrimosa als Wave zu bezeichnen. Aber wie gesagt, „Medien“ halt…
Nihilistische oder religionskritische Texte hatten schließlich schon Xmal Deutschland oder gar The Cure ( -> Pornography :) ).
Lacrimosa würde ich nu auch nicht als Wave bezeichnen. Die Frage ist: Wo ordnet man Sachen wie Das Ich dann am ehesten ein? Die NDT hab ich bislang auch definitiv NICHT mit Darkwave gleichgesetzt, auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen. Und Goth Rock würde ich nie und nimmer in die NDT-Ecke schieben. :D Verrückte Geschichte…
Das Interessante ist, dass laut Wikiblödia die NDT gar keinem musikalischen Genre zugeodnet wird. Da wird lediglich gesagt, dass es sich um eine „Musikströmung aus dem Gothic- und Dark-Wave-Umfeld“ handelt – also dem Umfeld, was bedeutet, dass die NDT von Musikern geschaffen wurde, die lediglich aus jener Szene stammten, aber nicht die dort übliche Musikrichtung spielten. Das ist in etwa so, als würde jemand, der eigentlich eher im Hip Hop – Bereich unterwegs ist, im klassischen Chor singen. So könnte man sich das eventuell erklären. Dass in der NDT Themen wie „Vergänglichkeit, Weltschmerz, Nihilismus, Surrealismus, Existenzphilosophie, Religionskritik, Gewalt, Wahnsinn und Isolation“ behandelt werden, gibt ihr den Namen, macht sie jedoch nicht zu einem eigenständigen Genre wie z.B. Goth-Rock, wo ganz klar definiert wird, was für Instrumente (und am Beispiel von „The Mission“ zusätzlich ausschmückende) benutzt werden. Das ist zwar alles kein Muss, aber ein Erkennungsmerkmal, was wir bei der NDT nicht haben. Und eben alle aufgezählten Themen finden wir auch überall sonst in „schwarzen“ Musikgenres.
Letztlich könnte man die NDT als einziges Klischee bezeichnen, was Außenstehende über „Gothic“ oder gar „Black Metal“ denken, um den Begriff von vorhin wieder rauszukramen und zum Hauptthema zurückzugehen :)
Also die NDT war natürlich eine Art Wave-Musik, daran gibt es gar keinen Zweifel. Der Unterschied zu anderen Substilen ist der, dass die NDT sich verschiedener Wave-Stile bediente, also alles in den Mixer schmiss und auf Power drückte.
Das Ich in ihrer Frühzeit passen da sehr gut rein. Die machten so eine Art Elektronik-Wave mit (neo-)klassischen Anleihen. Wurden ja auch oft mit den Neubauten verglichen. Relatives Menschsein genauso… „Androiden“ oder die Original-Version von „Verflucht“… das ist elektronischer Wave-Sound mit teils (post-)punkiger Klampfe. Mental Inqusition waren ebenfalls eine Wave-Band, davon habe ich sogar eine Kassette da. Und natürlich Endraum. Die frühen Demos/das Morgenröte-Album waren ganz klar Wave mit Joy-Division-Bass. Auch mit dazurechnen könnte man Lore of Asmoday, irgendwo zwischen Electro-Wave und Gotengitarre.
Damit lässt sich die NDT auch gut von aktuellen deutschsprachigen Bands der Schwarzen Szene unterscheiden. ASP zum Beispiel. Das ist definitiv keine Wave-Band und damit auch nicht NDT. Oder sowas wie Mantus. Da trifft Schlager auf Metal-Gitarre. Keine NDT.
War ein Mitarbeiter von Danse Macabre. Das Etikett stammte zwar nicht von Herrn Kramm persönlich, soweit ich weiß, aber es ist sicher nicht szenefremd.
Goethes Erben schoben es Sven Freuen in die Schuhe. Aber der war’s bestimmt nicht. Und selbst wenn es auf sein Konto ginge, war er nicht szenefremd, sondern seit den 80s für das New-Life-Magazin tätig.
Wieso zum Geier immer ASP als Beispiel nehmen? Gibt es denn nichts unbeliebteres? Das ist NDH, genauso wie Rammstein, Samsas Traum oder Eisbrecher. Außerdem ist das alles Metal mit Synthesizern und daher sowieso kein Wave… muss man ja wohl niemandem erklären.
In einer Ära, in der der Durchschnittsschwarze Tekkno nicht von Industrial oder Schlager und Metal von Gothic unterscheiden kann, muss man das wohl…
„Illuminate“ finde ich persönlich noch viel viel schlimmer, wenn du auf die Schlagersache ansprichst :P
End-90er halt. Da war musikalisch (und szenemäßig) sowieso alles am Arsch. So sehr, dass ich zu dieser Zeit kaum noch Alben aus der Düsterecke kaufte. Eine der wenigen Bands, die mir wirklich gut gefiel, war Lady Besery’s Garden. Völlig unterbewertete Combo, was wohl daran liegen mag, dass die Szene zu dieser Zeit schon nichts mehr mit solcher Musik anzufangen wusste.
Wie hast du das ausgehalten, so ohne Nachschub möglicher guter aktueller Sachen? :)
Lady Besery’s Garden klingen gut. Von wann stammen die?
Ihr redet hier schamlos über schlimme Dinge… Illuminate, das war eine furchtbare, aber immerhin kurze Erfahrung…
Nebenbei bemerkt, nutzte ich den Begriff NDT so wenig wie möglich. Ich finde ihn ehrlich gesagt eher albern.
Irmin: In der Tat :D Verdammt, ich schaue zu viele Alpecin-Werbespots :P
NDT klingt irgendwie nach einem ziemlich trockenen Brotaufstrich.
@ Death: Nuja, ich war Ende der 90er Neugruftie… ;D Zu den wirklich musikalischen Ursprüngen der Szene finde ich, wie gesagt, erst seit etwa einem Jahr bzw finde erst seit letztem Jahr so richtig Gefallen daran. Vor einigen Jahren entdeckte ich zunächst das ganze Zeug aus der EBM-Ära für mich und viele alte Sachen aus den 80ern. Mein musikalischer Geschmack hat sich immer mehr erweitert – und das eben irgendwie rückwärts durch die Zeit. ;) Wobei ich auch immernoch viele Sachen liebe, die vor 10-15 Jahren in den Clubs gespielt wurden usw… Mit dem ganzen neuen Zeug habe ich mich bislang weniger intensiv beschäftigt, es gefällt mir aber auch (Agonoize zB oder Eisenfunks „PONG“)… Auch da höre ich mich zuweilen ganz gern durch. ;)
NDT war auch gar nicht so populär als Musikbezeichnung. Die tauchte zwischen ’92 und ’96 immer wieder einmal vereinzelt auf. Ich würde sogar behaupten, dass sie erst mit dem Internet in den vergangenen 15 Jahren so richtig breitgetreten wurde.
Ganz einfach: mit einem Fuß hing ich schon immer über’m Tellerrand. Man hörte halt viel Indie-Rock, auch noch in den frühen 90ern. Indie-Rock im Sinne von Shoegazing, Noise Pop oder eben diese Manchester-Sachen à la Stone Roses. Das waren meistens Bands, die noch einen gewissen Post-Punk-Sound in der Musik trugen.
Als da nix mehr ging, hörte man Electronic Listening Music from WARP (sic!)… später auch IDM genannt. Mit den frühen Alben von Aphex Twin und Autechre war man gut bedient. Ein paar Seefeel-Platten waren da sicher auch dabei.
Mitte/Ende der 90s, als sowieso schon ein kollektives Abwenden vieler Waver von der Szene einsetzte, war bei mir Trip Hop angesagt. Und darauf konzentrierte ich mich dann auch zu einem großen Teil. Massive Attack, Portishead, Sneaker Pimps, Hooverphonic, Crustation, Lamb oder Laika… all so Zeug. Sogar Morcheeba… und natürlich Björk. In diesem Soundgemenge fand ich viel interessantere Elemente als sie Schwarze Musik der End-90er jemals hätte bieten können. Von dort kam doch beinahe nur noch gequirlte Kacke.
Ein paar Drum & Bass-Geschichten mochte ich natürlich auch. Omni Trio, Alex Reece, Adam F, Photek… das kennt heute zwar kein Mensch mehr, aber damals fand ich das wirklich gut.
Ansonsten beschränkte man sich auf alte Platten, die man sowieso schon jahrelang im Schrank stehen hatte. Verhungern konnte ich nicht. Anders als andere Waver hatte ich mit Goa Trance übrigens nie etwas am Hut. Es gab damals ja etliche Grufties, die in die Goa-Szene abgerutscht sind. Das war nie mein Ding.
@Death Disco: wir hatten ja kurz das Thema Black Metal. Jetzt ist mein bereits erwähntes Gespäch mit Sascha Pöhlmann fertig geworden und kann hier nachgeelsen werden:
Hier geht es explizit um die Entwicklung des Genres um mit dem Vorurteil „Black Metal = Satanismus & Okkulte Themen“ ein Stück weit aufzuräumen. Falls Du inhaltlich zum Artikel antworten willst, nutze bitte die Kommentarfunktion dort und nicht hier, damit das hier nicht noch weiter OT wird. ^^
lächerlich..jetzt bekommen auch die black metaler ihren occulten kern von „antifa-gutmenschen experten“ wegdiskutiert.
der echte bm ist zum glück im kern noch sehr vital, da werden sich die herren „experten“ noch paar jährchen dran reiben müssen und das ist auch gut so!!!
Wie sehr Du gerade das Klischee bestätigst. :D „Echter BM“ oder „Antifa-Gutmenschen Experten“. Grandios, wirklich grandios.
Ähm, Du hast Dich doch hoffentlich mal mit Bands wie Panopticon, Wolves in the Throne Room, Skagos, etc. sowie deren Inhalten und Forderungen auseinandergesetzt? ;-) Dann würdest Du merken, dass kein „occulter Kern“ wegdiskutiert werden muss, weil… Überraschung! … dieser in dieser Musik nämlich nicht existiert!
Und vielleicht hättest Du Dir mal den Artikel durchlesen sollen, da werden nämlich die kulturellen Hintergünde des Cascadian Black Metals erläutert und somit aufgezeigt, dass sich das Genre von seinem „occulten Kern“ ganz automatisch emanzipiert hat.
für manche sind deine „vorurteile , klischees“ halt keine, das trifft auf sogenannte gruftie-klischees genauso zu.
black metal!!! der titel sagt alles…(nicht green- oder tierschutzmetal)
nur weil man ne gitarre zupft wie ein norweger, ist man nicht gleich ein black metaler. wie schon gesagt diese szene ist zum glück sehr aktiv und weiß sich abzugrenzen. aber das gutmenschen versuchen black metal zu erklären ist irgendwie schon wieder cool…
na dann mach mal … hail satan :)
ps..falls man sich fragt wieso axel auf dieses thema kommt, findet man auf den seiten des linksradikalen ajz chemnitz antworten: http://bildungskollektiv.blogsport.de/2013/09/18/play-with-fire-ii-veranstaltungreihe-zu-pop-und-politik/
Das Wort „Gutmensch“ sollte man mit Vorsicht gebrauchen und wenn möglich gar nicht!
oh ich meine mich zu erinnern, das axel in einem älteren thread schrieb gerne eine gut(er) mensch zu sein.
also ein richtiger experte um bm zu beurteilen.
ps. nr.7
Das Wort ist in jedweder Hinsicht diskriminierend und sollte nicht salonfähig gemacht werden. Man kann nicht auf der einen Seite rechtsextreme Braunkappen kritisieren und sich dann im selben Atemzug ihrem Vokabular bedienen, auch wenn sich bereits Nitzsche lange vorher dieses „Wort“ reserviert hat. Es sei denn, man möchte bitterbösen Sarkasmus walten lassen, auch Schwarzer Humor genannt.
Und dann „Gutmensch“ in den Konsens einer Szene und deren Künstler zu setzen, das ist abartig. Ich verweise nur auf „Unheilig“ (auch wenn das natürlich ein plakatives Beispiel ist) und deren „Gutmenschen-Musik“, wie manche beleidigten „Ex-Fans“ dazu sagen. Man darf ja gerne provozieren, muss aber seine Worte mit Bedacht wählen.
wie jetzt? wenn „braunkappen“ ein wort benutzen, dürfen wir es dann nicht mehr?
wieso muss man immer die nazis aus dem hut zaubern?
aber gut ich ziehe den gutmensch zurück und ändere es in anhänger der sed-nachfolge partei „die linke“ und christen axel…
Ich muss ehrlich gesagt eher schmunzeln, wenn mich jemand als „Gutmensch“ bezeichnet und offenbar meint, das wäre eine Beleidigung. Aber gut.
Wörter aufgrund ihrer Nutzung durch die Nazis zu verurteilen gefällt mir aber genauso wenig, sofern die Nazis diese Wörter nicht erfunden haben. Das gilt für den Gutmenschen wie „Jedem das Seine“.
Das ist allerdings richtig, ebenso wie die Begriffe „Rassismus“ und „Rechts“, die es lange vor den Nazis gab. Das fängt ja bereits bei Haustieren an, die durch Züchtungen in bestimmte Klassen gepackt werden. Wenn man eine Spezies züchtet, in die Natur eingreift und sie mutieren, nach seinen Vorstellungen verändert, ist man automatisch Rassist. So etwas haben die Nazis ja mit ihren Zucht-Ordensburgen auch an Menschen verübt.
In der Natur gibt es keine „Rassen“, nur Anpassungen an herrschende Umweltbedingungen oder Mutationen, oder züchten sich Schmetterlinge selbst? . Der Begriff „Rasse“ ist ganz und gar menschgemacht und menschen- wie auch tierverachtend. Ein Wort kann nichts dafür, dass es existiert, aber man kann als vernünftig denkender Mensch schon etwas dafür, wenn man dieses Wort unüberlegt oder wertend verwendet.
Zum Thema „SED“: Die war vielleicht „links“, aber garantiert nicht antifaschistisch, wenn man alleine die frühen Wahlsprüche betrachtet, getreu dem Motto „Wer Hitler toll fand, der soll jetzt SED wählen“. Ist doch eindeutig uneindeutig. Zumindest ist es ein Beispiel dafür, dass man Wörter oder Personengruppierungen nicht schwarz-weiß betrachten kann und die Welt aus gottverdammten Grauzonen besteht (Nazis bestätigen jedoch diese Regel, die Arschlöcher kann und sollte man bitte alle in einen Topf werfen). Was jedoch eine Tatsache ist, dass Kinderbücher etc. neu übersetzt werden, weil sie in der heutigen Zeit verletzende Ausdrücke enthalten könnten. Aber ich finde das absolut nicht in Ordnung. Ein Buch spiegelt die Zeit und Situation wieder, in der es entstand. Wir können nicht plötzlich das Grundgesetz ändern, nur weil es nicht mehr dem Zeitgeist entspricht. In dieser Welt herrscht so viel Irrsinn, dass man sich manchmal fragt, ob die Menschen zufällig noch eine zweite in der Abstellkammer verstecken. Das einzige, was Menschen voneinander erwarten sollten, ist ein wenig Respekt und Aufrichtigkeit voreinander.
zucht-ordensburgen? rasse, schmetterlinge. sed wahlspruch.. darum geht doch gar nicht, zumal historisch falsch.
mein zusatz gutmensch (christ, pdsler) kam nur um herauszustellen das hier keine neutrale bewertung des black metals stattfinden kann. ein bigotter, christelnder linker menschenfreund kann black metal nicht bewerten, geschweige dem eine angebliche emanzipation des selben herbei fabulieren.
ich finde es auch bedenklich wenn uns hier das der linksradikalen rosa luxembug stiftung nahe stehende „bildungskollektiv chemnitz“ szenethemen vorgibt. wir brauchen keine bewertungen(belehrungen) von außen. subkultur muß sich nicht rechtfertigen.
mag von mir aus ne neue metalrichtung entstehen, das hat alles seine berechtigung, aber ist kein black metal!!!
Ja, sehr geil. Kommt jetzt noch irgendwas inhaltliches oder soll es bei persönlichen Attacken bleiben?
Übrigens: nicht ich stehe im Artikel im Vordergrund, auch nicht der Gast – sondern das Thema, welches wir zum Teil objektiv und zum Teil wertend angegangen sind. Daraus kann sich dann jeder selbst ein Bild machen. Der allgemeine Tenor bisher ist, dass im Artikel viele Infomationen verarbeitet sind, die unterhaltsam rübergebracht werden. Und wir haben ja auch drauf geachtet Information und Meinung zu trennen durch die jeweilige Formulierung.
Und das AJZ als linksradikal zu bezeichnen. Oh jemine… Da war wohl auch das Doom Over Leipzig linksradikal, oder die erwähnte Metal Matters Konferenz, an dem Herr Pöhlmann ebenfalls teilnahm. Übrigens habe ich dieses Video schon vor ein paar Monaten zufälliger Weise entdeckt und bin aufgrund des Videos zu seinem Vortrag gegangen, weil ich sowieso schon lange was zum Thema machen wollte, was über Bandvorstellungen hinaus geht. Das hat sich nun so angeboten. Herr Pöhlmann war sehr angenehm und zuvorkommend in der Zusammenarbeit. Vorher habe ich das AJZ übrigens seit 8 Jahren nicht mehr von innen gesehen. Früher war ich da durchaus häufiger, aber was tut das zur Sache?
Hier wird sich was zusammenphantasiert. Aber gut, die Reaktion zeigt mir eigentlich nur: „Mission accomplished“. Über solche Anfeindungen stehe ich dann doch, zumal nix zur eigentlichen Sache geschrieben wird.
(Und nochmal was zum Thema „Gutmensch“. Natürlich bezeichne ich mich so, nämlich im wörtlichen Sinne: als guter Mensch. Ist mir doch egal was der #Neusprech darunter versteht. Wenn ihr es als schlimm empfindet gut zu sein, von mir aus…)
Übrigens plane ich für nächstes Jahr wieder eine ähnliche Ausarbeitung: dann zum Thema „Genderaspekte im Heavy Metal“. Zusammen mit einer Univeritäts-Dozentin die zum Thema schon seit Jahren forscht und publiziert. Da wird mir dann von anderer Seite sicherlich Kampffeminismus vorgeworfen werden. Ich freu mich schon drauf! :D
na aber …
ich schrieb doch das der trve black metal sehr vital ist und das ich da keine „emanzipierung“ wie du sie ansprachst erkennen kann. für mich sind das 2 verschiedene richtungen. gerade beim black metal zählt auch inhalt und nicht nur spielart. das thema kennen wir ja auch im gruftietum. nicht alles was unter unserem etikett läuft ist wirklich gruftie.
da du dich ja in deinen vergangenen beiträgen eindeutig positioniert hast, wirst du auch verstehen müssen, das man deine kritik an „okkultismus“ in dieser oder in der metalszene dahingehenden bewertet.
wenn mr. vikernes nun ein buch über eine angeblich dämonische emanzupation des vatikans schreibt, wird der rezenzent auch auf die beweggründe des autors eingehen…
bitte sehe es jetzt auch nicht als persönlichen angriff auf dich, mir geht s nur um die sache. und wir sind vermutlich nur anderer meinung..
carpe noctem
ps. gender im metal..na das wird was werden :)
Also Axel deine Ausführungen zum Thema BM finde ich gelinde gesagt, sehr sehr gewagt.
Hinzu kommt, dass es ein himmelweiter Unterschied ist, ob ich die ganzen Geschichten über BM, seinen Werdegang etc. nur vom Hörensagen (oder schlecht recherchierten Büchern wie „Unheilige Allianzen“) kenne, oder ob ich selbst mal involviert war. Bei letzterem glaube ich nicht, dass das auf dich zutrifft.
@Kara: Na also, es geht doch. So kann man doch diskutieren. ;-)
Natürlich habe ich mich u.a. auch hier in den Kommentaren eindeutig positioniert. Das ist aber in meinen Hobby „Journalismus“ eher nebenrangig. Wenn Du Dir meine Artikel aus den letzten Jahren durchliest, wirst Du merken, dass man nur selten Rückschlüsse auf meine politische Meinung oder ähnliches schließen kann. Durchaus kann man Haltungen erkennen, aber das ist ja was anderes. Es liegt mir fern für irgendeine politische Richtung Propaganda zu machen. Wäre es so, hätte ich beispielsweise viele Bands garnicht interviewt, weil sie dahingehend andere Ansichten haben als ich. Aber das ist mir nicht wichtig, wenn ich an ein Thema herangehe. Schau Dir mal wirkliche linksextreme Plattformen wie Indymedia an. Dort wird u.a. Neofolk und Black Metal kategorisch als Nazischeiße verunglimpft. Sowas wirst Du bei mir nie lesen, da ich sehr wohl unterscheiden kann. Gerade Neofolk kommt bei mir immer wieder vor. Und auch jetzt in dem Black Metal Artikel: darin wird ausdrücklich gesagt, dass heidnische Strömungen für eine Rechte Politisierung herhalten kann aber nicht muss. Solche Differenzierungen wirst Du im linksradikalen Sektor nie finden. Dass das Ganze sich streckenweise so liest wie „von Außen betrachtet“ bringt die Tatsache mit sich, wenn man sich einem Thema auch ein Stück aus akademischer Sicht nähern will. Da muss man das von Außen betrachten.
Und mit dem Argument „es zählt auch der Inhalt“ machen es sich die Szene-Polizisten natürlich sehr leicht, da man so einfach alles wegwischen kann „was nicht sein darf“. Wie aber auch im Artikel erwähnt, haben ja selbst Bands der zweiten Welle auf ihre Art gegen ihre eigenen Regeln rebelliert. Etwa wenn eine Band sich öffentlich vom Satanismus distanziert hat u.ä. Du vergisst in Deiner Fixierung auf Okkultismus zudem folgendes: wichtiger Faktor ist der Bezug auf die Romantik des 19. Jahrhunderts. Ich würde sagen dass ist DER Kern des Black Metals. Denn wo immer Du auf der Welt Black Metal Bands hast: dieser Bezug ist immer irgendwo vorhanden. Ganz unabhängig ob die sonst über Satanismus, Apokalypse, Depressionen (siehe die Stile Suicidal Black Metal oder Depressive Black Metal), Natur, Vikinger oder was weiß ich nicht alles singen. Die Romantik ist eines der zentalen Elemente. Daher ist natürlich auch CBM Black Metal, weil hier die Romantik explizit in den Vordergrund gestellt wird. Wie ja herausgearbeitet unterscheidet sich die amerikanische und die europäische Romantik. Würden Bands wie Wolves in the Throne Room sich dagegen auf Theodor Kittelsen oder Caspar David Friedrich beziehen, würde Dir wahrscheinlich garkein Unterschied zu europäischen Bands auffallen. Apokalyptische Symbole und Themen lassen sich auch im CBM finden, aber mit einer anderen Schlussfolgerung. Auch innere Zerissenheit, Wut, Depressionen und solche Dinge lassen sich dort finden und sind weitere inhaltliche Gemeinsamkeiten zum europ. Black Metal. Aber: eben auch die Auseinandersetzung mit der amerikanischen Gesellschaft und der Vergangenheit. Im Gegensatz zu Europa, wo Kritik ans Christentum ins Leere verläuft, ist der Protest der CBM aber einer, der sich dort extrem an der Gesellschaft reibt. Denn ökologische Themen sind dort beispielsweise wenig vertreten in der Gesellschaft, trotz der Romantikbewegung im 19. Jahrhundert und dass ein Walt Whitman zu den bedeutendsten Schriftstellern dieser Zeit gehört. Man muss das Ganze aus amerikanischer Sicht sehen um es nachvollziehen zu können.
@Grabesmond: Da muss ich Dich berichtigen: zwischen 1998 un 2003 habe ich sehr intensiv Black Metal gehört (sei es Siebenbürgen, Eminenz oder Catamenia. Letztere sind interessant, da würde niemand auf die Idee kommen die alten VÖs nicht als BM anzusehen, obwohl es dort um andere Themen als Okkultismus geht). In der Tat war Black Metal eines meiner damals favorisierten Genres. Darkwave habe ich in meiner Jugend weniger gehört, damals brauchte ich schreddernde Gitarren und knüppelnde Drums. Der Sascha ist, wenn ich mich jetzt nicht irre, seit Anfang der 90er in der Metal- und Black-Metal-Szene. Hat also auch einen entsprechenden Background; was ja logisch ist, sonst hätte er ja auch kein Interesse dieses Thema in seiner akademischen Arbeit einfließen zu lassen.
Auf jeden Fall: würde ich zu dem Thema keinerlei Wissen und Hintergrund haben, hätte ich dazu auch nix gemacht. Ich finde auch Blues, Noise oder Country als Musik sehr spannend, könnte aber dazu nix machen, weil mir da vieles an Hintergrundwissen fehlt. Soviel Selbstreflektion kann man mir schon zugestehen.
hmm..
schriebst oben(nr.91) nicht irgendwas von „um mit dem Vorurteil “Black Metal = Satanismus & Okkulte Themen” ein Stück weit aufzuräumen.“???
genau auf diesen Satz hab ich geantwortet.. weil es nunmal Tatsache ist das echter Black Metal sich mit diesen Themen befasst, da muss kein „Vorurteil“ ausgeräumt werden.
alles andere was du in Sachen Romantik, Viking usw. anführst sind Strömungen..der Kern aber ist Satanisch
dein Interwiewpartner tritt auf linksradikalen Veranstaltungen auf, das Bildungskollektive Chemnitz ist eine Untergruppe der Rosa Luxemburg Stiftung.. Linksradikale SEDler.. du machst ständig Werbung für die Linke und versucht hier in fast jedem deiner Beiträge die Szene politisch zu beeinflussen.. Böse Kapitalisten, Böser Wagner , Böse Veranstalter, Labels, PrintMedien, böse OldschoolGrufties,Festival alle ist böse… außer die Linke
jemand der sich in Jesus Freak Foren rumtreibt und nach Verstärkung heult um hier Diskussionen zu kippen ist ganz raus… Jesus Black Metal?? Groschen gefallen?
du kommst daher und willst den Black Metal durchgendern und ihn ein menschenfreundliches Ökolärvchen aufziehen, nur das er in diese krude kommunistische wir sind alle gleich und auch ein stückweit angagiert Sparte passt. Nee es gibt Kunstrichtungen und Szenen die einfach nicht GUT(!!!)und Gleich sein wollen und das ist GUT so!!!
ps,,, und lass endlich mal die nazis draußen, der adolf hat keinen bm gehört!!!!
Cyber Body Music? Was für ein Zufall. Aus Kamloops (British Columbia) hatte mir erst vor wenigen Wochen jemand das Traumatic-Voyage-Debüt für rund 20 Euronen abgekauft. Letztlich war’s mir egal, wo’s hingeht, aber ich hatte schon länger mal gegrübelt, was der Hillbilly damit will. Nun kann ich’s zumindest nachvollziehen…
Ich hatte heute zum ersten Mal in das „Lava“-Album von 2004 reingehört und war doch ziemlich entsetzt. Überwiegend Future-Pop-artiges Unz-Unz-Gedöns, während Ackermann sich offenbar an Till Lindemann versucht. Das sind dann so Leute, die die Entwicklung der Schwarzen Szene kritisieren, aber letztlich selbst Anteil an ihrer Vermurksung hatten.
Ich will mal versuchen, die Debatte zum Thema des Artikels zurückzuführen, wenn`s recht ist;)
Bis vor kurzem hätte ich das verlinkte Video noch als Beleg dafür genommen, dass es in der schwarzen Szene früher wenigstens noch Inhalte gab, und darüber eine Klage über ihren Verfall angestimmt. Heute sehe ich das Ganze nüchterner. Wenn ich mir das, was vor allem Death Disco hier so schreibt, mal gründlich durch den Kopf gehen lasse, komme ich zum Schluss, dass die schwarze Szene (NICHT zu verwechseln mit der Gothic-Szene!) gar nicht verfallen kann, weil sie nie existiert hat. Jedenfalls ist sie nichts, was man als Subkultur im eigentlichen Sinne bezeichnen könnte. Sie ist im Grunde überhaupt kein eindeutig identifizierbares soziales Gebilde, sondern lediglich ein Konstrukt, das Mitte der 90er aus ganz verschiedenen Szenen, die ursprünglich gar nichts miteinander zu tun hatten und auch nicht recht zusammenpassen, zusammengeschustert wurde, wobei nicht einmal klar ist, was überhaupt dazugehört und was nicht. Damit verschob sich der Fokus von der Musik auf den Look. Wenn aber schwarze Kleidung die einzige Gemeinsamkeit ist (wobei nicht einmal das wirklich stimmt, denn die Cyber z.B. bevorzugen ja eher neonbunte Klamotten), ist die Verflachung ja vorprogrammiert.
Wenn das alles stimmt, dann ist die schwarze Szene von vornherein nichts anderes gewesen als eine Illusion. Abgesehen von der beschämenden Einsicht, dass ich jahrelang einer Illusion nachgelaufen bin, wirft das bei mir auch eine Frage auf. Sie betrifft den Zeitpunkt der Entstehung des illusionären Konstrukts „Schwarze Szene“. Warum war das ausgerechnet Mitte der 90er? Und stehen dahinter nur kommerzielle Interessen, oder ist die Öffnung der Grenzen zwischen Subkulturen nicht insgesamt eine Tendenz der 90er? (Ich erinnere mich dunkel an ein Interview mit Markus Kavka, in dem er meinte, dass heutzutage im Unterschied zu den 80ern die einzelnen Szenen nicht mehr klar voneinander abgrenzbar seien)
Ich wage mich mal mit der These vor, dass das mit dem Internet zusammenhängt. 1993 wurde das Internet als Massenmedium eingeführt. Und ca. 1995 entstand die schwarze Szene. Zufall? Ich glaube kaum. Wer das für allzuweit hergeholt hält, mag sich vergegenwärtigen, welchen Einfluss das Internet auf unseren Musikkonsum hat. Heute ist faktisch jede Art von Musik nur ein paar Klicks entfernt, ganz egal wie ‚underground‘ sie sein mag. Das sind vollkommen andere Bedingungen als die, unter denen die traditionellen Subkulturen entstanden. Vor dem digitalen Zeitalter war es oft mit erheblichen Anstrengungen verbunden, an alternative Musik heranzukommen, sofern man denn überhaupt etwas von alternativen Musikstilen wusste. Diese Anstrengung musste zu einer starken Loyalität eines Szeneanhängers zu seiner jeweiligen Subkultur führen, das verschworene Austauschen von Tonträgern brachte einen ganz anderen Zusammenhalt mit sich usw. Heute hingegen wird man im Netz mit allen möglichen Musikrichtungen zugeballert, ein Klick auf Youtube genügt. Es ist heute einfach nicht mehr möglich, sich so auf einen bestimmten Musikstil zu kaprizieren, wie es zur Aufrechterhaltung einer subkulturellen Identität erforderlich ist.
Der Gedanke spinnt sich weiter. Angenommen, es verhielte sich tatsächlich so, wie ich es eben geschildert habe. Dann ist damit zugleich zugestanden, dass die Subkulturen, die im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden sind, Produkte einer klar definierten medialen Situation waren/sind. Subkultur entsteht also nicht aus dem Nichts, sondern ist auf ganz bestimmte historische Bedingungen angewiesen. Dann kann man auch weiterfragen, ob diese Bedingungen nur medialer Natur sind. Ich meine, noch eine zweite, ästhetische oder genauer kunsthistorische Bedingung ausmachen zu können. Um das nachzuvollziehen, muss man sich mal die Entwicklungsdynamik der Szenen anschauen. Hier herrscht eine Überbietungsdynamik vor, die dazu führt, dass jede Szene noch härter, extremer, provokanter sein will als die jeweils vorhergehende. Diese Dynamik stößt aber irgendwann an eine Grenze, denn ab einem bestimmten Punkt geht es einfach nicht mehr noch extremer. Verglichen mit Black Metal ist der Rock ’n Roll der 50er ja wirklich Kindergeburtstag, aber es fällt schwer, sich etwas vorzustellen, was Black Metal noch überbieten könnte. Diese Entwicklungsdynamik erinnert mich stark an die der Avantgardekunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Auch hier herrscht eine mehr oder weniger stetige Entwicklung hin zum unüberbietbaren Extrem: Das ging Ende des 19. Jahrhunderts mit Impressionismus und Symbolismus los, erreichte dann bereits in den 1910ern mit Futurismus und Dadaismus einen ersten Höhepunkt, aber da sich inzwischen so etwas wie eine Tradition der Avantgarde gebildet hatte, kam die Bewegung noch nicht zum Erliegen, sondern setzte sich in den 20ern mit dem Surrealismus fort bis zu den Nachkriegsavantgarden (Fluxus, konkrete Poesie, absurdes Theater usw.). Die Entwicklungskurve der Subkulturen verläuft nahezu identisch: Mit Rock ’n Roll fing es in den 50ern an, dann kam in den 70ern mit Punk und Industrial ein erster Höhepunkt und danach ging es noch eine Weile weiter bis zu Black Metal und Noise (damit will ich nicht behaupten, dass diese Strömungen in ihrem Ursprung etwas miteinender zu tun hatten, im Gegenteil, es geht ja gerade um die Dynamik, in der sie sich gegenseitig abgelöst und auch voneinander abgegrenzt haben). Ja man kann angesichts dieser Parallelen sowie der Tatsache, dass die Subkulturen gerade dann ihre Entwicklung aufnahmen, als die der Avantgarden erlahmte, sich sogar fragen, ob die Subkulturen nicht so etwas wie der massenkulturelle Zweig der Avantgardekunst waren, der deren Impuls aus der E- in die U-Kultur hinüberrettete. Aber wie dem auch sei, auf jeden Fall gilt, dass der Underground mit der zweiten Welle des Black Metal in den frühen 90ern an eine Grenze gelangt ist, won der aus keine weitere Steigerung mehr möglich ist. Und wie geht es nach dem Erreichen der Grenze weiter? Nun, wahrscheinlich genau so, wie die Kunst es nach dem Ende der Avantgarden vorgemacht hat: Die Avantgardekunst hat im Laufe ihrer Entwicklung einen gigantischen Fundus an Ausdrucksmöglichkeiten geschaffen, aus dem sich heute jeder Künstler seinen persönlichen Stil zusammenbastelt. Es gibt keine überindividuellen Stilrichtungen mehr, sondern nur noch das Nebeneinander von persönlichen Optionen. So wird es auch bei den Subkulturen (oder dem, was von ihnen übrig ist) verlaufen, oder besser gesagt ist es ja heute schon so, wie das oben erwähnte Beispiel des zeitgenössischen Musikhörers, der sich seinen persönlichen Geschmack auf Youtube & Co. zusammensucht, zeigt. Die beiden Aspekte, die ich zu erläutern versucht habe, der medien- und der kunsthistorische, stehen also nicht unverbunden nebeneinander, sondern verursachen und beeinflussen sich gegenseitig.
Wenn das alles zutrifft, dann bedeutet das, dass all die Klagen über Szeneverfall null und nichtig sind. Denn dann hätten wir es nicht mit einem Wertewandel resp. -verfall zu tun, sondern mit einem tiefgreifenden Strukturwandel. Letztlich wäre dann das Konzept Subkultur am Ende, da seine historischen Existenzbedingungen erodiert sind.
Vielleicht ist das alles auch nur Spinnerei eines Typen, der besser schlafen sollte anstatt mitten in der Nacht wirre Gedanken ins Netz zu stellen. Nichtsdestotrotz würde ich mich über Feedback freuen:)
Versponnene Grüße,
Yorick
Yorick, das ist ein wirklich interessanter und gerechtfertigter Gedanke. Es ist wie in der Kunst, denn Musik IST Kunst. Lasst uns diese Überlegungen mal weiter spinnen!
„Ich wage mich mal mit der These vor, dass das mit dem Internet zusammenhängt. 1993 wurde das Internet als Massenmedium eingeführt. Und ca. 1995 entstand die schwarze Szene. Zufall?“
Vertust Du Dich da jetzt nicht ein bisschen um ein paar Jahre??? 1995 gings doch optisch-schwarztechnisch schon wieder „bergab“. :-/
Meiner Meinung nach „blühte“ die schwarze Szene Ende der 80ger, Anfang der 90ger. Wie weit es da mit dem Internet war, weiß ich nicht mehr.
Ich denke, Ende der 80er oder Anfang der 90er lag die Szene im Sterben, jedenfalls in Westdeutschland. Die Maueröffnung brachte einen großen Schub Grufties und sorgte für neuen Aufwind. Das Internet sorgte meiner Ansicht nach erst um 2000 herum für einen neuen Zulauf und ein breiteres Interesse. Aber das sind auch nur Schätzungen. 1995 hat es sich „optisch“ verändert, für manchen „bergauf“ für andere „bergab“ – Ich glaube einfach, dass hier die Erste Generation bereits erwachsen geworden war und mit dem „Nachwuchs“ nicht viel anfangen konnte.
Der Grundgedanke ist aber richtig, Yorick. „Schwarze Szene“ ist meiner Ansicht nach ein Namenskonstrukt für ein immer breiter aufgestelltes musikalisches Spektrum. Eine tatsächliche Szene hat so nie existiert. Die Gemeinsamkeiten wurden immer von außen aufgedrückt und durch Festivals, Veranstaltung und Magazine künstlich erzeugt. Jede einzelne Subkultur (Grufties, Waver, EBMler, …) war für sich genommen zu klein um lukrativ zu sein, zu zersplittert, zu „individuell“. Als hat man die schwarze Szene hergenommen und sie alle vereint. Zwangsweise.
Der mediale Einfluss ist wichtig, aber nicht unabdingbarer Bestandteil einer Subkultur. Im Gegenteil. Ich würde behaupten, solange Szene ohne medialen Einfluss existieren, sind es Subkulturen. Das Medium Musik ist allerdings die Initialzündung. Nur eine These: Jeder Szene entsteht aus musikalischen Ideen, in inhaltlicher oder klanglicher Hinsicht, auch visuell treten Bands als Vorbilder auf. Doch die Fans machen aus der Darbietung, dem Inhalt und dem ganzen Drumherum eine Lebensweise. Sie greifen auf und treiben einzelne Facetten in ihr Extrem. Wenn die Medien (also Verbreitungsmedien) die Subkultur aufgreifen, wird es in der Regel wässrig, weil Mitläufer die Lebensweise adaptieren ohne Bezug zum Inhalt herzustellen.
Ich glaube das mit den Extremen erfasst du schon ganz richtig. Sobald eine Szene eine gewissen Exklusivität verlässt und zu groß wird, beginnt ein Individualisierungsprozess. Wenn auch die musikalische Kern gleich bleibt, verlagert sich das Interesse in ein Randgebiet. Man möchte sich vom „Rest“ unterscheiden, entweder durch weglassen oder hinzunehmen. Je nach dem. 2013 ist es aber aufgrund allumfassender Verfügbarkeit von Informationen und auch Extremen unmöglich geworden, sich zu individualisieren, alles ist schon mal so dagewesen.
Das finde ich gut in Worte gefasst!
Nachtrag Axel: Auch wenn sich mir bei Deiner Argumentation zu Black Metal die Haare sträuben, finde ich den Artikel – oder das Interview – sehr gelungen. Provokanter als jeder satanistische Bezug. Wie dem auch sei, meine Meinung ist klar. Black Metal ist im Kern heidnisch, okkult, satanistisch und furchtbar misanthropisch. Für mich. Romantik ist eher eine unterschwelliger Tenor im Sinne von Weltflucht oder Sehnsucht, jedoch sicher kein wichtiger Bestandteil dieser Musikrichtung. Meine Meinung. Ich werde aber in einer Wochenschau auf deinen Artikel verweisen, vielleicht entsteht dort auch eine anregende Diskussion.
Zur politischen Gesinnung: Deine Kommentare zu deinen und anderen Artikeln sind durchaus politisch eindeutig. Das ist aber völlig okay, solange das für das Kommentar nötig erscheint. Bei der Einschätzung deiner Artikel muss ich Dir aber widersprechen, denn deine politische Orientierung schwebt für meine Begriffe immer mit, es sei denn es handelt sich um eine Rezension. Womöglich kannst du nicht anders, genauso wie ich. Wir Blogger sind und werden nie Journalisten werden, weil unsere Ansprüche einfach anders sind. Bloggen ist subjektiv und das ist gut so. Ich kann keine glattgezogenen und meinungsleeren Texte mehr sehen. Ehrlich.
Wo wir schon bei Meinung sind. Ein bisschen weniger Politik würde nicht schaden. Wenn es um Musik oder die Szene geht, geht es um Musik oder die Szene, nicht um die Politik. In diesem Punkt stimme ich Kara Ben Nemsi zu: „du machst ständig Werbung für die Linke und versucht hier in fast jedem deiner Beiträge die Szene politisch zu beeinflussen.. Böse Kapitalisten, Böser Wagner , Böse Veranstalter, Labels, PrintMedien, böse OldschoolGrufties,Festival alle ist böse… außer die Linke“ – Obwohl ich das nicht ganz so extrem sehe, nervt es mich manchmal gewaltig.
Einen Aspekt, den sowohl Yorick als auch Robert angesprochen haben, möchte ich mir aus der Diskussion gerne mal herausgreifen. Er steckt in beiden folgenden Zitaten:
Zunächst einmal nur eine Randbemerkung: Irgendetwas, und sei es noch so oberflächlich, muss sich ja als Gemeinsamkeit zwischen den verschiedenen Subkulturen gefunden haben. Selbst, wenn das alles durch kommerzielle Interessen oktroyiert wurde – es lässt sich ja nicht Beliebiges auf Beliebiges aufpfropfen. Ansonsten hätte man ja auch einfach Schlagermusik… Moment, falsches Thema… Aber ernsthaft, irgendwer muss ja mal auf die Idee gekommen sein, bestimmte Dinge zu mischen. Nur, weil die Herren und Damen alle schwarz trugen? Gut, ist auch ein Ansatzpunkt…
Was aber ja, wie von Yorick erwähnt, viel wichtiger ist, ist die Musik. Und gerade den Teil sehe ich ganz anders. Ich gehe dabei nicht davon aus, was „die Subkultur“ hört (Wave, EBM, Black Metal, …), sondern, was das Individuum hört. Und individuell gibt es doch denke ich schon Überschneidungen zwischen den bestimmten Musikstilen. Damit meine ich keinesfalls, dass man Nightwish nimmt, sie als „Gothic Metal“ abstempelt und dann seine „Musik der Schwarzen Szene“ hat. Ganz im Gegenteil. Ich meine, dass sich doch die meisten der Diskutanten hier musikalisch nicht in exakt einer Subkultur bewegen dürften, also etwa nur Wave oder EBM hören. Dabei ist nicht von Belang, wie toll man sich mit einem breitgefächerten Musikgeschmack vorkommen darf – ich halte das nur für üblich. Allein, wenn ich mir das Publikum bei den verschiedenen Konzerten beim WGT ansah: Ja, man erkannte immer, welche Musikrichtung gerade gespielt wurde, und Leute aufgrund ihres Äußeren in eine Schublade zu stecken, ist auch furchtbar furchtbar, aber dennoch – da waren doch bei quasi jedem Konzert Leute ziemlich vieler „schwarzer“ Subkulturen zu sehen. Passt also ja irgendwie doch.
Gut, viele Individuen sind noch keine Subkultur oder Szene, richtig. Aber wenn sich viele Individuen mit überlappendem Musikgeschmack zusammentun, kann man darauf etwas aufbauen. Das Ganze geht auch andersherum, und genau so ist es – meine ich – auch passiert: Man nimmt eben ein paar „verwandte“ Musikstile mit auf. „Verwandt“ hier absolut nicht im Sinne der musikalischen Verwandtschaft, sondern im Sinne einer ähnlichen oder gleichen Hörerschaft. Klar muss man sich irgendwo abgrenzen, weil man sonst nach und nach quasi sämtliche Musik unter einem Dach vereinigen kann. Und bei manchem hätte man sich besser früher als später abgegrenzt. Aber das regelt sich dann von selbst, weil bestimmte „Musikgeschmackkombinationen“ häufiger sind als andere.
Mag sein, dass Yorick recht hat und es für die Szene tatsächlich nur noch wichtig war, die richtigen Klamotten im richtigen Schwarz zu tragen. Das kann ich nur schwer beurteilen. Allerdings meine ich, dass das nicht zwangsläufig so sein muss und es zudem eben doch Überschneidungen gibt. Wohlgemerkt gerade außerhalb der eigentlichen Szene, aber definitiv über die Musik. Wenn auch nicht direkt.
Falls das denn überhaupt Sinn ergibt, was ich da schreibe. Und man muss sich natürlich fragen, was denn die
WeltSzene im Innersten zusammenhält, wenn Teile davon doch so grundverschieden sind. Für mich ist das eigentlich ganz einfach: Ich kann mich mit Leuten in einem Umfang über Musik und andere Interessen austauschen, in dem ich das mit „anderen“ Leuten nicht kann. Nicht immer mit denselben Leuten über unterschiedliche Musikrichtungen oder Interessen, aber das wäre auch etwas viel verlangt. ich will ja nicht mit meinen Klonen diskutieren (das wäre auch eher anstrengend). Ob man das nun „Schwarze Szene“ oder „Gruppe, die die Wahrscheinlichkeit erhöht, Leute mit vernünftigem Musikgeschmack zu treffen“ nennt, ist mir eigentlich recht egal. Wahrscheinlich würden sich auch einige der Leute, die ich meine, nur äußerst selten selbst als Teil irgendeiner Szene bezeichnen. Aber das sehe ich selbst auch nicht so anders, wie ich bezüglich der Selbstbezeichnung als „Goth“ ja schon mal ausführte.Vielleicht ist das alles aber auch nur der von Robert formulierte Drang in mir, mich möglichst stark zu individualisieren und bloß nicht in irgendeine größere Gruppe gesteckt zu werden. Ich selbst sehe das nicht so, weil ich mich ja durchaus stecken lasse, nur ungern selbst stecke. Ich möchte auch keinesfalls Unterschiede zwischen verschiedenen Subkulturen wegdiskutieren, denn selbstverständlich gibt es die. Ich halte die meisten Menschen nur für fähig und willig, gerade im Rahmen bspw. des WGTs, sich aus ehrlichem Interesse (und nicht bloß aus Neugier) in „anderen“ Gefilden zu bewegen und Spaß daran zu haben.
Ja, das was Du schreibst kann ich auch sehr nachvollziehen. Vermutlich ist es auch gerade die Vielfalt der „verwandten“ Musikstile, die sich dennoch genug unterscheiden, damit auf die Dauer keine Langeweile aufkommt und für jede Stimmung das Passende liefern, die den musikalischen Reiz der Szene ausmacht. Sonst könnte man nach 5 Jahren schnell gelangweilt sein, wenn alles nur dieselbe „Soße“ ist. Und ebenso finden sich aufgrund einer wie auch immer gearteten Überschneidung von Musik und Themen Leute zusammen, die ähnlich ticken und mit denen sich ein Gemeinschaftgefühl aufbauen kann. Nicht erst in den 90ern flossen verschiedene Stile in die Szene ein, auch schon früher gab es nicht nur Leute die ausschließlich Punk, Wave, Gothic oder EBM hörten, sondern diese Gruppen trafen immer wieder aufeinander, sei es in Clubs oder auf privaten Parties, und es gab eine Verzahnung, Ko-Existenz und Beeinflussung. Erst später, ca. Mitte der 90er, wurde das mit der zunehmenden Vereinnahmung von diversen Mittelalter(rock)-, Metal- und Techno-Stilen bis hin zu später auf einmal unübersichtlicher und verwässerter.
Ich kann hier nicht überall zustimmen, besonders was die „Schwarze Szene“ anbelangt.
Da muss man unterscheiden. „Schwarze Szene“ als Bezeichnung ist ja deutlich älter und war ganz klar auf die Waver- und Gotenszene bezogen. Anno ’89 gab es die definitiv schon, das kann ich sogar einscannen.
Erst seit Mitte der 90er, also ca. 1996, trennt man das nachweislich (die direkte Unterscheidung zwischen Gothic-Szene und Schwarzer Szene las ich zum ersten Mal in einem Saviour-Machine-Interview im „Die Pest“-Fanzine). Das ist übrigens auch die Zeit, in der man regelmäßig über den „Tod der Szene“ sprach. Es lag also nicht nur eine subjektive Niedergangsstimung in der Luft, sondern eine „kollektiv“ empfundene. Mir kam z.B. das Publikum in den Clubs immer total ausgetauscht vor. Mit der neuen Musik waren die neuen Hörer da. Und zwischen alt und neu eine riesige Wurzel-/Kultur- und Wissensspalte… Zeit, zu verschwinden. So erging es vielen Wavern, Goten, EBMlern. Ich muss dazu auch sagen, dass wir z.B. diese ganzen Rammstein-Fans nie als Grufties wahrgenommen hatten. Ich war einige Jahre später doch recht erstaunt darüber, als diese Musik als Szenemusik verbraten wurde.
Ich kann’s ja nur aus meiner Sicht schildern. Die frühere Wave-Szene (falls man die Bezeichnung als Dachbegriff nehmen kann) pendelte musikkulturell zwischen New Wave/Post-Punk einerseits und (Post-)Industrial/Experimental auf der anderen Seite. Man muss sich den Aufbau eines Punk-Fanzines der 80er (eigene Medien gab’s ja noch nicht in dem Umfang) ungefähr so vorstellen:
► Punk (und zwar reichlich davon; logisch)
► Punk-Ausläufer, d.h. Goth/Post-Punk/Death Rock (manchmal machte dieser Teil 25 % des Hefts aus)
► Industrie-/Experimental-Elektronik/punkiger Minimal-Kram (Throbbing Gristle, Cab. Volt., P16.D4, Pyrolator, Malaria!)
► Indie-Rock, d.h. post-punk-orientierter Alternative Rock (Mitte der 80s noch seltener, aber das häufte sich mit den End-80ern und dem Boom der Indie-Fanzines)
Alles eingebunden im punk-typischen Trash-Style (Schreibmaschine, überpinselte Tippfehler, hoch kontrastierte Fotos usw.). Dieses Konglomerat war die Basis der Wave-Szene. Dort sehe ich sie verankert.
Anfang bis Mitte der 90er sprießten dann zig neue Fanzines aus dem Boden, darunter auch vermehrt szene-eigene (ich würde sogar behaupten, dass die große Zeit der Wave-Fanzines in der ersten Hälfte der 90s liegt).
Inhalt/abgedeckte Stile: Goth/Wave/EBM/Industrial, oder genauer: Goth Rock, Death Rock, Electro Wave, Electronic-Industrial, Ambient Industrial, Ritual-Musik, Neofolk, Neoklassik, Ethereal, NDT usw.
Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine großartigen inhaltlichen Veränderungen, mit der Ausnahme, dass es nun keine Punk-Zines mehr waren, sondern eben „reine“ Wave-Zines, die sich intensiv mit der „eigenen“ Musik beschäftigten. Es lässt sich also durchaus ein roter Faden in musikalischer und kultureller Hinsicht von den frühen 80ern bis in die 90er hinein ziehen.
Es ist auffällig, dass der Generationswechsel in solchen Überlegungen oft unberücksichtigt bleibt. Man liest öfters, die „Szene“ habe sich anderen Richtungen geöffnet. Ist das wirklich so? Ich nehme das, wie gesagt, anders wahr. Viele der alten Waver sind schlicht abgewandert, die neuen brachten ihr eigenes Musikverständnis mit. Damit hatte sich nicht wirklich die Szene gewandelt, sondern es wurde die Entstehung einer neuen, schwer zu definierenden Szene forciert – unter alten Etiketten. Es fand doch mehr ein Wechsel statt, wie zwischen zwei Hochkulturen im Altertum, wobei die neue auf den Trümmern der alten fußt.
Ich denke einfach, dass Wave und 80er Musik im Allgemeinen zu dieser Zeit als „out of date“ betrachtet wurden. House-Musik und der daraus entstandene Tekkno (Techno House) walzten alles platt („Generation Techno“). Interessant dabei ist, dass auch viele Bands zu dieser Zeit verschwanden. Alles, was einmal Rang und Namen hatte, war plötzlich verschwunden, darunter auch zahlreiche Spartenveranstaltungen und Kleinfestivals für Goth/Wave und EBM. Man muss wissen, dass zur Hochzeit von EBM separate Konzertveranstaltungen existierten. Das funktionierte einfach (und funktioniert heute wieder), weil genügend Sparten-Bands vorhanden waren.
All das kippte Mitte der 90er, dieselbe Zeit, in der uns dann Weichspül-Metal, Neue Härte und Dudelsack-Rock als neuartige Szenetrends präsentiert wurden, obwohl die ganz andere Wurzeln haben. Dieselbe Zeit, in der HIM, Rammstein und Marilyn Manson boomten, die uns dann als „Quasi-Goth“ angedreht wurden. Selbst ein Schwerhöriger hätte da doch mitbekommen müssen, dass sowas nicht die Fortsetzung von Wave sein kann. Aber falsch gedacht. Ein paar Musikmagazine namens Orkus oder Sonic Seducer, die eigentlich nie als Sprachrohre der Wave- und Goth-Szene dienen konnten, da sie erst ab 1995/96 ihre ersten Ausgaben auf den Markt warfen, füllten ihre Seiten genau mit dieser Art von Musik als Hauptthemenschwerpunkt. Wen wundert dann noch diese Entwicklung? Printmedien, die sich „gotisch“ präsentieren und statt Gothic irgendein szenefremdes Zeug auf ihre Hochglanzseiten drucken. Was soll auf dieser Basis denn auch entstehen, wenn damit eine ganz andere Zielgruppe angesprochen wird?
Die Schwarze Szene der letzten 15 Jahre ist also nicht nur aufgrund der unterschiedlichen musikalischen Wurzeln schwer definierbar, sie basiert auch noch auf falscher Vermarktung. Und daraus lässt sich auch der Boom ableiten, den sie Ende der 90er erlebte: da sowieso niemand mehr wusste, was eigentlich dazugehört, konnte und durfte jeder „schwarz“ sein. Aus Großveranstaltungen mit höchstens 5.000 Schwarzen wurden Mega-Events mit 20.000 Besuchern. Alle waren sie plötzlich „Goth“, obwohl viele von ihnen nie auch nur eine Gothic-Gitarre gehört hatten.
Bis sich das Internet durchsetzte, dürfte es Ende der 90er gewesen sein. Das hatte ja nicht jeder im Haushalt. Es war nicht einmal üblich, dass jeder einen Computer hatte, so wie es heute der Fall ist. Laptops? Damals arschlahm und unbezahlbar teuer. Ich denke aber, dass das Internet einer der Faktoren ist, die das Ende der Printmedien einleiteten. 1.) gab es weniger Bands, über die man berichten konnte, da Wave praktisch tot war. 2.) Der Siegeszug der Hochglanzmedien dürfte einen Teil der kleinen Heftchen aus dem Weg geräumt haben. 3.) Das Internet… Es verschwanden auch etablierte Spartenmagazine wie das New Life. Die letzte Ausgabe, die ich habe, stammt von 1998.
Wusste man schon. Es gab ja genügend Lesestoff. Die Vielzahl von Musikbezeichnungen, mit denen die 90er hantierten, entstammte überwiegend den Printmedien der 80er.
Ich sehe da eher das Problem der mangelnden Beschäftigung mit den Musikstilen. In einem anderen Forum war ich ganz erstaunt darüber, dass manche junge Menschen es nicht fertigbringen, Punk von Heavy Metal zu unterscheiden. Hat halt Gitarre und so… Mit diesem Desinteresse und mangelndem Wissen kann man gar keine Zuordnungen mehr tätigen, die auf stilistischen Merkmalen beruhen. Folglich ordnet man aktuelle Bands anhand irgendwelcher Klamotten ein. Oder man nutzt die Möglichkeit, die man als junger Naivling für die einzig richtige hält: die Printmedien („die und die Band ist Gothic… ich hab’s in dem und dem Magazin gelesen“).
Die letzten Deiner Abschnitte muss ich mir erst einmal in Ruhe durchlesen. Ein paar Leerzeilen wären von Vorteil gewesen. ;)
Vielen Dank für eure Antworten. So ganz aus der Luft gegriffen scheint mein obiges Geschreibsel also doch nicht zu sein^^
@Mone vom Rabenhorst:
Wie und wann es genau abgelaufen ist, kann ich nicht sagen, denn ich bin selbst erst seit 2001 in der Szene unterwegs. Auf 1995 bin ich dadurch gekommen, dass DD hie immer wieder schreibt, dass der besagte Umschwung sich Mitte der 90er ereignet hat. Aber das können die Leute, die es miterlebt haben, sicher genauer datieren.
@Robert:
Was ich oben über mediale Bedingungen schrieb, war natürlich auf musikbezogene Medien gemünzt, nicht auf Presse usw. Es ging mir darum, dass ich den Eindruck habe, dass materielle Tonträger ein anderes Verhältnis zu Musik und folglich auch zu einer Szene begünstigen als es heute üblich ist. Es ist m.E. ein wichtiger Unterschied, ob man untereinander Vinylplatten und Tapes teilt oder ob man sich im Internet Musik runterlädt. Abgesehen davon war alternative Musik früher wohl auch nicht überall erhältlich, man musste entsprechende Underground-Plattenläden kennen und evtl. die richtigen Leute, um sich eine bestimmte Band anzuhören oder Neuentdeckungen zu machen. Das heißt, dass es früher gar nicht so einfach war, sich eine subkulturelle Identität aufzubauen, man musste noch richtige Widerstände überwinden, auch gesellschaftlich, denn damals war die Toleranz noch nicht so groß wie heute. All das muss zu einer wesentlich intensiveren Verbundenheit eines Szeneanhängers zu seiner Subkultur geführt haben als wir es heute kennen.
@Irmin:
Selbstverständlich hast du recht, was das Hören verschiedener Musikstile angeht. Ich habe auch nicht behauptet, dass man sich auf einen und nur einen Stil beschränken SOLL. Damit würde ich mir ja ins eigene Fleisch schneiden, denn ich höre selbst ganz unterschiedliches von Untoten über London after Midnight, Moonspell und Qntal bis Ice Ages. Ich bin also selbst durch und durch ein Kind der neuen Zeit. Und wie es früher war, kann ich wie gesagt nur vermuten.
Mir ging es aber um etwas anderes. Ich frage mich einfach, ob dieses aus unzähligen Musikrichtungen zusammengestückelte Irgendwas sich überhaupt noch als Subkultur bezeichnen lässt. Da habe ich wie gesagt große Zweifel, und daher sollte man es, wie ich finde, auch lassen. Ich für meinen Teil betrachte mich jedenfalls nicht länger als Anhänger einer Subkultur.
@Death Disco:
Hmm… Also ich habe es so gelernt, dass „Schwarze Szene“ in den frühen 90ern einfach eine Alternativbezeichnung für die Darkwave-Szene war. Schwarze Szene war eine Alternativbezeichnung, Doom&Gloom eine weitere. Das, was heute unter diesem Begriff bekannt ist, ist aber eine komplett andere Struktur. Was ich mich allerdings frage, ist, warum dieses Gebilde ausgerechnet diesen Namen verpasst bekommen hat. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Bezeichnung aus dem Darkwave-Kontext sich einfach anbot, da die Darkwave-Szene zwar eine klare musikalische Grundlage hat, aber dennoch in sich sehr differenziert ist (Gothic ist ja nur ein Teil davon). Oder es war tatsächlich der Bezug auf die Farbe Schwarz ausschlaggebend, was wiederum meine These bestätigen würde, dass die schwarze Szene vor allem auf das Aussehen ausgerichtet ist.
@all:
Es mag vielleicht so rübergekommen sein, als sei ich vor allem an der Vergangenheit der ‚Szene‘ interessiert. Das wäre ein Missverständnis. Wenn ich zu verstehen suche, wie die schwarze Szene sich entwickelt hat, dann um zu verstehen, was jetzt gerade passiert, und vor allem was noch passieren wird. Es geht mir um die Zukunft. Ich habe nämlich schon seit geraumer Zeit das Gefühl, dass die schwarze Szene vor dem Kollaps steht. Eine Bewegung, die nur auf Mode aufgebaut ist, ist selbst nichts weiter als eine Mode. Das Problem mit Moden ist aber, dass sie äußerst vergänglich sind. Irgendwann ist der Drops einfach gelutscht. Was wird wohl passieren, wenn Festivals wie das Amphi oder das M’era Luna nicht mehr genug abwerfen? Da deren Veranstalter rein kommerzielle Interessen verfolgen, ist es am wahrscheinlichsten, dass sie dann einfach eingestampft werden. Und irgendjemand hat hier mal das Gerücht gestreut, dass eines der drei großen ‚Szene‘-Magazine demnächst den Betrieb einstellen soll. Machen wir uns nichts vor: Dieses Konstrukt bröckelt bereits an allen Ecken und Enden. Der Crash kommt, und dann könnte es ganz schnell gehen. Nur wie geht es dann weiter? Stehen wir dann vor dem Nichts?
Man könnte vielleicht meinen, dass es dann einfach zu einer Rückkehr zum Zustand vor Mitte der 90er kommt. Ich halte das jedoch nicht für einen gangbaren Weg, aus den Gründen, die ich oben erläutert habe. Das Konzept Subkultur als solches ist einfach überholt. Das Problem mit der schwarzen Szene ist ja gerade, dass uns hier etwas als Szene verkauft wird (im wahrsten Sinne des Wortes), was faktisch keine ist.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir brauchen neue Konzepte. Nur woher nehmen und nicht stehlen? Da ist guter Rat teuer.
@ Yorick
„Wie und wann es genau abgelaufen ist, kann ich nicht sagen, denn ich bin selbst erst seit 2001 in der Szene unterwegs. Auf 1995 bin ich dadurch gekommen, dass DD hie immer wieder schreibt, dass der besagte Umschwung sich Mitte der 90er ereignet hat. Aber das können die Leute, die es miterlebt haben, sicher genauer datieren.“
Also wir haben das „schwarze“ Leben von 1986 (belegt) bis ca. 1993 (bin noch bei mir selbst am recherchieren) miterlebt.
Aus meiner Sicht „blühte“ – wie ich schon schrieb – das „schwarze“ Leben im Ruhrgebiet und die angesagten Clubs hatten Hochkonjunktur. Man reiste durch ganz Deutschland und auch ins benachbarte Ausland für ne Party oder für Treffen.
Als ich mich damals entschied, mich von „heute auf morgen“ optisch einzuschränken, hörten wohl sehr viele Leute ebenfalls auf, sowohl mit Weggehen, als auch mit den Outfits. Wieso das so war, konnte ich bei den anderen nicht herausfinden, fast alle Kontakte waren abgebrochen. (Bei mir hatte das persönliche Gründe.)
Viele sind auch zu dieser Zeit dann Richtung EBM abgedriftet. Da machte wohl irgendsoein Techno-Club in Frankfurt (?) auf, zu dem wurde dann auch gereist.
Das ist halt nur ein persönlicher Erfahrungsbericht. Mehr kann ich dazu auch nicht schreiben.
Aber zum Thema Musik noch was. Es war eigentlich gar kein Problem, auch ohne Internet an Musik und Leute zu kommen. Es gab nämlich die Post. Jawohl! Ich hatte in ganz Deutschland verteilt Grufties am Start, mit denen ich Musiktapes hin und herschickte. Es gab Listen und man nahm sich die Mucke einfach gegenseitig auf. :-) So hatte ich binnen kürzester Zeit hunderte (!!) Musik-Casetten aller möglichen Musikstile :-). Ging damals alles! Und bevor jetzt wieder einer mit den Genre-Beschreibungen anfängt…. es hieß damals einfach: Gitarre, Elektronik/Industrial, Mittelalter oder Neo-Klassik. Punkt. Ich werde niemals ein Genre-Diskutierer. Und die Schwarzen hiessen alle erst Waver und dann Grufties. Gelegentlich noch Gothics. Alles weitere, was es so noch gibt, kam wohl später.
Glaub mir, die gab es schon vorher. Ich kann mich z.B. an einen Bericht zur Landtagswahl im Oktober ’89 erinnern, als dem Zwischenfall die Nachtkonzession entzogen werden sollte. Dort war ganz klar von der „Schwarzen Szene“ die Rede, die von der Westdeutschen Allgemeinen nicht gerade rühmlich dargestellt wurde.
Die andere sagt mir als Szenebezeichnung nichts. Doom vielleicht… aber damit bezeichnete man die Musik, nicht die Szene.
So sollte es gewesen sein.
Der dicke Talla… Das war das Dorian Gray. Nitzer Ebb spielten dort. F242 und Klinik (?) waren auch da.
Man könnte es ja mal anhand von Bandbeispielen erläutern. Vielleicht wird das dann offensichtlicher. Bleiben wir doch gleich im Elektronik-Bereich (>>> Elektro-Muffel bitte scrollen). Es sah ja nicht nur in der Gotenecke so lausig aus. Diese Periode Mitte/Ende der 90s war meiner Ansicht nach eine Zeit des totalen Umkrempelns. Ich erinnere mich gerade an das Neurostyle-Magazin, das ca. 1997 schrieb, dass es kaum noch interessante Veröffentlichungen im EBM-/Electro-Bereich gäbe und man sich deshalb auf Goa-Trance spezialisieren wolle (zu dieser Zeit war die „Goa-Head“-Samplerreihe schon voll am Laufen). Die wenigen Bands, die noch übrig blieben, machten entweder ganz andere Musik oder hatten es schlicht verdient, ignoriert zu werden (ich sage nur Terminal Choice, Lâme Immortelle und ähnliche Lachnummern).
Mal ein paar Beispiele herausgegriffen: Armageddon Dildos (ja, die heißen wirklich so). Das war mal ’ne deutsche EBM-Vorzeige-Band („East West“ usw.). Mitte der 90s keinen Bock mehr auf EBM… X Marks the Pedwalk. Einst als deutsche Skinny Puppy gefeiert. Mitte der 90er mutiert zu einer Art Dance-Pop-Group… And One… sind irgendwann im Verlauf der 90er im Schlager-Pop gelandet. Project Pitchfork… Heiligtum des ’90er Electronic-Wavers – es gab sogar Peter-Spilles-Lookalikes mit verlängertem Strähnchen im Gesicht (pfff)… Mitte der 90s totaler Stilwechsel. Irgendwie ist „Alpha Omega“ (das in der Blechbox) auch das letzte Album, das ich mir intensiv von denen anhörte (es geht halt nichts über den kantigen ’80er Wave-Sound von „Dhyani“ und „Lam-‚bras“).
Die meisten Bands verschwanden aber einfach. Invincible Spirit? Nach dem doch recht kraftvollen „Can Sex Be Sin“ verschwunden. The Fair Sex? Verschwunden. Second Voice… Gott, was mochte ich die… Mitte der 90s „auseinanderfrustriert“. Vomito Negro und Insekt. Letzte Alben 1992/93. Clock DVA… seit ’94 nix mehr erschienen. Cassandra Complex genauso. Force Dimension mit ihren lustigen, knalligen Sequenzen… da kam nur noch ’ne Raritäten-Best-Of nach.The Klinik? Split und anschließend der Weg in die Bedeutungslosigkeit. Front 242? Da wusste jahrelang niemand Bescheid… galten aber anno ’93/94 als aufgelöst. Psychic Force? Verschwunden (nicht dass ich jemals Fan war). Lost Image (Desperate Tries etc.). Verschwunden. Fortification 55? Verschwunden, aber nicht ohne vorher ihren Status mit billiger Dance-Trance-Mucke kräftig zu versauen. Bigod 20… ’94 verschwunden. A Split-Second und Data-Bank-A …1995 vorläufig letzte Alben. Pouppée Fabrikk? 4 Jahre lang verschollen, nachdem sie sich wohl am Death Metal versuchten. Inside Treatment und Scapa Flow… ebenfalls ’94 verschwunden. Plastic Noise Experience… seit anno ’93 jahrelang kein Lebenszeichen (bzw. mit Nebenprojekten beschäftigt). Als 1997 ein neues Album rauskam, war kaum noch jemand da, der es hören wollte. Kannte ja von den Neulingen niemand. Skinny Puppy… 1995/96 vorerst bzw. erneut aufgelöst (zu Download mutiert). Placebo Effect, yelworC, Trial, amGod… alles Düster-Elektronik-Speerspitzen, die anno ’94/’95 mehr oder weniger von der Bildfläche verschwanden. Die ewig abgefeierten Paracont? Ein Album ’94 mit unverschämter Spiellänge. Danach 4 Jahre lang nix mehr. Was dann noch kam, hätte man besser in der Schublade lassen sollen. Pankow… letztes Album ’96… und das wurde nicht mal von Alex Spalck eingesungen. Putrefy Factor 7… umstrittenes Projekt, keine Frage… aber die gehörten mMn noch zu den besseren Skinny-Puppy-Epigonen. Letztes Album 1997. Leæther Strip… hat sich seit ’93 stufenweise seinen Status „kaputtgespielt“ und ’97 letzlich den musikalischen Löffel abgegeben. Mit Psychopomps sah’s ganz ähnlich aus. Click Click… ’97 ausge“click“t. Evils Toy… der Wandel dieser Band… Ohne Worte. So könnte man ewig weitermachen (Borghesia, Lassigue Bendthaus, Advanced Art, Panic on the Titanic, Numb, Kalte Farben etc.)
Was gab es Ende der 90er für erwähnenswerte Elektro-Bands? Die konnte man doch beinahe an fünf Fingern abzählen. Calva Y Nada gab ’98 den letzten Piepser von sich. Schade drum. In Strict Confidence… zugegeben, „Cryogenix“ und „Face the Fear“ fand ich persönlich nicht einmal schlecht… aber irgendwie blieb es auch dabei. Suicide Commando – haargenau dasselbe. Zwei frühe „gute“ Alben… den Rest spart man sich besser. Wumpscut, mit dem es seit dem Debüt stetig bergab ging (wahrscheinlich legt Rudy das „Tribe“-Album deshalb ständig neu auf *g*). Hocico, die ich schon immer für lauwarme Soße hielt. E-Craft… ach Gott, der Titten-Song. Verschont mich damit. VNV Nation… hatten mich auf Anhieb zu Tode gelangweilt. Covenant dasselbe. Funker Vogt und Feindflug konnte ich auch nie etwas abgewinnen. Deren Musik ging immer zu einem Ohr rein und zum anderen wieder raus. Decoded Feedback …, na ja, ein paar einzelne Songs. Sonst irgendwas Bedeutsames? Aghast View? Wohl kaum… Abscess vielleicht noch, die hatten wenigstens ein Gespür für Melodien, wenn auch keine großartigen Hits. Blieben eventuell noch Pulse Legion…
Grob überblickt: End-90er = Zeit des Leerlaufs. Und das wurde mit der Jahrtausendwende kaum besser… Eher im Gegenteil. Es gibt zwar wieder mehr Bands, jedoch höre ich keinen Unterschied mehr, wenn mich jemand fragt, ob gerade Agonoize, Grendel oder X-Fusion läuft. Für mich ist das alles „Trancewhackedgoregalore“ ohne besondere Eigenheiten in der Stilistik.
Ich dachte, das hatte längst stattgefunden. Es gab doch mehrere (regionale) Sparten-Revivals!? Die EBM-Leute machen ihr Old-School-Ding, auch wenn sie optisch irgendwie anders aussehen als damalige EBMler; die Batcaver/Death-Rocker buddeln immer noch alte Schätze aus, viele Bands darunter, von denen ich selbst noch nie etwas zuvor gehört hab. Minimal-Electro dasselbe. Das ist der positive Effekt des Internets. Ohne den gäbe es diese Revivals gar nicht.
Oh ja, das sind fast alles ausschließlich Bands, die ich auch schon sehr lange kenne und deren Entwicklungen/Verschwinden ich zum großen Teil auch bedauere. Mit der Ausnahme, dass ich zumindest den früheren VNV Nation- und Covenant-Veröffentlichungen durchaus was abgewinnen kann ;-) Auch wenn ich nicht allzu häufig EBM und Artverwandtes höre, so stelle ich gerade bei Deiner Aufzählung fest, dass da doch ne ganze Menge an Bands aus diesen Bereichen in meiner Musiksammlung zu finden sind. The Invincible Spirit zumindest haben 2015 mit „Anyway“ nochmal ein geniales Album im alten Stil abgeliefert!
@Yorick:
Ich wollte dir gar nicht unterstellen, behauptet zu haben, jeder solle nur einen Musikstil hören. Es ging mir mehr darum, dass, wenn ich sowieso verschiedene Musikrichtungen höre, es doch irgendwie verständlich ist, dass mir Veranstaltungen / Magazine / … mehr zusagen, die meinen eigenen Musikgeschmack möglichst weitgehend abdecken und eben nicht nur teilweise. Eine Veranstaltung, die das bietet, muss also gar nicht mal notwendigerweise darauf bedacht sein, möglichst viele Leute zu erreichen, sondern könnte auch ganz einfach den Musikgeschmack Einzelner abdecken und damit Leute locken. Für mich ist es bspw. durchaus ein Argument für das WGT, dass ich an verschiedenen Abenden ein schön breites Spektrum abdecken kann. An einem Abend Neofolk, am nächsten Metal, dann etwas Minimal Electro und zum Abschluss Dark Ambient sorgt für eine schöne Abwechslung. Sicherlich könnte ich auch mit einer „eingeschränkteren“ Auswahl an Genres leben, und selbstverständlich ist die Auswahl der Bands bedeutend wichtiger als die Genrevielfalt. Zumindest in diesem Jahr sah ich da aber keinen Grund zur Klage.
Was das Ganze für die Szene (oder eben Nicht-Szene) bedeutet? Gar nicht mal so viel, finde ich. Zunächst einmal aber eben doch, dass es um die Musik, nicht die Mode geht. Weil es meiner Meinung nach deutlich einfacher ist, mehrere Genres zu mögen, als die anderen Elemente der jeweiligen Subkultur zu kombinieren – zumal es ja auch bei den Genres gar nicht mal ums Kombinieren, sondern mehr ums Nebeneinander-Existieren geht. Ob das dann reicht, um es „Szene“ oder „Subkultur“ zu nennen? Nun ja. Wie ich in meinem vorherigen Beitrag schon schrieb:
Sicherlich kann man an eine Subkultur auch striktere Anforderungen stellen als ich das tue.
Gerade deswegen denke ich aber auch nicht, dass es einen Untergang
des Abendlandesder Szene geben wird. Was man dafür aus meiner Sicht hauptsächlich braucht, ist gute Musik und Leute, die sie hören. An der Stelle sehe ich eigentlich keine rückläufige Entwicklung, so oft die Szene, Teile davon oder Genres schon totgesagt wurden ;)An das „Dorian Grey“ erinnere ich mich. Aber waren das nicht „die anderen“? XD Das „Omen“ war auch so eine Techno-Keimzelle ^^ Ich erinnere mich, dass man damals in meiner Teenie-Zeit als Dissen-Gänger-von-Welt galt, wenn man dort hin fuhr. Bei uns war das nächste das „Ausweg“ in Gießen, kennt das jemand?
@Mone vom Rabenhorst:
Eine feine Sache, das mit der Tape-Schickerei!:D Das scheint mir zu bestätigen, dass der Zusammenhalt früher größer war, oder ist das nur eine rückblickende Idealisierung?
@Death Disco:
Das mag ja sein, und im Internet sind heute auch wesentlich bessere Informationen verfügbar als noch vor fünf bis zehn Jahren. Aber man kann doch auch nicht ewig Revival machen. Subkultur bedeutete bislang immer auch Innovation, deshalb habe ich oben auch die Parallele zu den Avantgarden gezogen.
@Irmin:
Ich stimme dir vollkommen zu. Ich wäre der letzte, der etwas gegen musikalische Vielfalt hat. Ganz im Gegenteil, ich könnte mir sogar vorstellen, dass eine Musikveranstaltung einfach mal komplett auf Genrebezeichnungen verzichtet. Statt Genrebegriffe auf den Flyer zu schreiben, könnte man die zu spielende Musik mit Eigenschaftswörtern beschreiben, wie z.B. „Romantisches“, „Synthetisches“, „Experimentelles“ usw. Nach diesem Prinzip ließe sich vielleicht sogar eine ganze Veranstaltungsreihe aufbauen, bei der verschiedene musikalische Grundstimmungen sich abwechseln. Die obengenannten Wörter sind natürlich nur ganz grob, das kann man bis zu regelrecht ‚poetischen‘ Beschreibungen ausweiten. Verbunden mit einem markanten ästhetischen Aufhänger (wie etwa bei den Circle-Veranstaltungen im TIC-Club), der der Veranstaltungsreihe eine unverwechselbare Note verleiht, könnte sowas vielleicht sogar recht erfolgreich werden.
Das WGT ist übrigens ein ganz hervorragendes Beispiel für ein innovatives Festivalkonzept. Das Besondere daran ist, dass es völlig dezentral organisiert ist. Andere Festivals wie das Amphi oder das M’era Luna sind zentralistisch, d.h. der Veranstalter mietet ein Festivalgelände und organisiert alles selbst. Das macht die Festivalleitung sehr mächtig, nicht zuletzt deshalb, weil sie während der Dauer des Festivals das Hausrecht auf dem Gelände besitzt. Welche Auswirkungen eine solche Struktur haben kann, sieht man an Aktionen wie dem hier bereits diskutierten ‚Kinderverbot‘ auf dem Amphi und M’era (das nur als Beispiel, ich will keine erneute Debatte darüber lostreten). Auf dem WGT wäre es gar nicht möglich, auf diese Weise per Ordre de Grufti etwas von oben zu diktieren. Denn es gibt ja gar kein abgegrenztes Festivalgelände, sondern unzählige Veranstaltungsorte, die alle mehr oder weniger ihr eigenes Süppchen kochen, ganz zu schweigen von den Veranstaltungen, die gar nicht zum offiziellen WGT-Programm gehören wie die blaue Stunde oder das Spontis-Treffen. Ich halte dieses Konzept für absolut wegweisend.
Und überhaupt. Dass die ‚Schwarzen‘ auf dem WGT nicht in ein abgesperrtes Festivalgelände gepfercht werden, sondern inmitten des öffentlichen Raums sichtbar präsent sind, und dass das so gut funktioniert, sollte zu denken geben. Zum Konzept Subkultur hat es immer gehört, sich aus Selbstschutz vor der Öffentlichkeit abzuschotten. Ich war vor kurzem selbst noch vehementer Verfechter dieser ‚Abschottungspolitik‘, mittlerweile frage ich mich aber, ob das noch zeitgemäß ist. Die ‚Szene‘ sollte ruhig mehr das Licht der Öffentlichkeit suchen. Damit meine ich wohlgemerkt nicht, dass man einfach besinnungslos seine Nase in jede Kamera weit und breit hält wie die WGT-Schauläufer, sondern dass man Veranstaltungen im öffentlichen Raum organisiert, bei denen man sichtbar ist. Sicher, Musikveranstaltungen sind dafür eher weniger geeignet, aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Der gemeinsame Museumsbesuch, den ihr letztes Jahr veranstaltet habt, wäre z.B. so etwas. Das geht auf jeden Fall in die richtige Richtung und gibt ein gutes Beispiel.
Ich merke gerade, dass sehr wohl Ansätze zu neuen Konzepten vorhanden sind, man muss sie nur erkennen. Es besteht also durchaus Anlass zu Optimismus:)
Versponnene Grüße
Yorick
Also erst mal hat das alles nichts mit Subkultur zu tun. Es sind Szenen, sprich „Geschmacksvereinigungen“, die auf gemeinsamer Musik beruh(t)en. Nichts anderes. Ich sehe kein Problem damit, sich auf das zu konzentrieren, was mal Szene war. Solange es Leute gibt, die Geschmäcker teilen, wird es wohl auch Spartenrevivals und Spartenszenen geben. Und das zeigt mir, dass Szenen nicht gänzlich obsolet sind, wie Du behauptest.
Neue Konzepte? Innovation kann man nicht herbeizaubern oder aufpropfen. Ich stimme insofern zu, dass die Grenzen der musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten und damit auch der Szene-Entwicklungen irgendwann erreicht sind. Black- und Death Metal sind die extremsten Spielarten des Metal, so wie Crust- und Grindcore die des Punk sind. Eine ähnliche Entwicklung gab es aber auch in der Düsterecke. Dark Electro der frühen 90er oder das, was Skinny Puppy Mitte/Ende der 80er machten, würde man wohl als extremste Spielform von Wave-Musik bezeichnen, denn viele dieser Musiker hatten ursprünglich einen eher seichten New-Wave-/Synthpop-Background (Leæther Strip zum Beispiel oder Skinny Puppy und Numb mit Images in Vogue usw.), den sie als Grundlage für ihre härtere Gangart nahmen. Selbst Dive und The Klinik fingen irgendwann mal mit lockerer Minimal-Elektronik an, ehe sie diesen kalten, „klinischen“, industrial-beeinflussten Stil nach außen trugen (Anfang der 90s auch vielfach nachgeahmt von Mortal Constraint, Suicide Commando und Co.).
Was dann passierte, dürfte klar sein. Death Metal und Grindcore wurden Mitte der 90s für tot erklärt, Black Metal verwässert, nur um einige Jahre später zu bemerken, dass es ohne ja auch nicht geht und sich langsam Revivals herausbildeten (Dark Electro betrifft das übrigens auch, siehe Electro Aggression Records). Dabei lassen sich nuancenartige Stilerweiterungen erkennen, eine Art „Modernisierung des Sounds“. Wie 80er New Wave in den 90ern hätte klingen können, sieht man vermutlich an den eigenartigen „Indie“-Produktionen der letzten Zeit (mir ist leider keine geeignete Bezeichnung bekannt, um das besser zu umschreiben), die allesamt außerhalb der „Schwarzen Szene“ stattfanden (Young Galaxy mal als Beispiel herausgegriffen). Hier wird, vermutlich eher unbewusst, etwas „nachgeholt“, das man in der Musikwelt der 90er dringend vermisste.
Damit kannst Du in eine herkömmliche Diskothek gehen. Von Pop über R&B bis Body & Soul läuft dort doch häufig alles recht etikettenfrei ab. Die Besucher werden sich auf dieser Ebene jedoch auch kaum miteinander verbunden fühlen. Was daran nun innovativ ist, erschließt sich mir gerade nicht.
Leider hast Du dabei vergessen, dass das subjektive Einschätzungen sind, während Genrebezeichungen immer noch auf Stilmerkmalen beruhen (sollten). Für einen VNV-Nation-Hörer, der nichts anderes kennt, als Tekkno-Beat und Trance-Gate/-Hooklines, ist ja schon ein älteres Front-242-Stück „experimentell“. Und dann die Romantik… Ist ein Death-Rock-Stück weniger romantisch als ein Neoklassik-Stück? Woher soll der Besucher denn wissen, dass hier Kitsch- und Kuschelromantik gemeint ist und nicht Düsterromantik im historischen, literarischen Kontext?
Death Disco,
bei Deiner ganzen Aufzählung mußte ich echt gaaaanz tief seufzen. :-/
Bezüglich meiner Lieblingsband Skinny Puppy solltest Du Deine Kenntnisse aktualisieren. :-) Die Musik hat sich zwar etwas (zum Nachteil) verändert, aber sie sind weiter am Start, mit neuer CD und auch die Tour für nächstes Jahr steht schon. :-)
Yorick, die Tape-Hin- und Herschickerei hatte nichts mit „Zusammenhalt“ zu tun. Das waren ganz normale Brieffreundschaften mit wenig Text aber viel Musik im Gepäck.
Zum Thema Zusammenhalt (früher) kann ich auch nicht viel beisteuern, da ich schon immer Einzelgänger war.
Als die ersten Waver im Viertel bei uns auftauchten und ich die toll fand und auch angefangen habe, so rumzulaufen, wurde ich bitterböse von denen angesehen. Kein „Hey cool, gesell Dich zu uns“ sondern eher ein „wenn Blicke töten könnten“. Also mußte ich mich selbst durchwuseln, als schwarzes Schaf der Klasse, teilweise der Schule. Privat (gegen Oma und anfangs Mutter) sowieso.
Als ich älter war, war das genauso. Ich lernte die „Szene“ bei uns im Ruhrgebiet vordergründig als Schaulaufen kennen. Bleicher, Höher, gruftiger. Nicht, daß mir das nicht auch einen Riesenspaß gemacht hätte…. ;-)
Zusammenhalt gab es mit Sicherheit immer innerhalb von Cliquen, wie im normalen Leben auch. Ich hatte aber nie eine wirkliche. Ich hatte immer nur einzelne Bekannte, mit denen man dann mal weg gegangen ist oder sich mal getroffen hat. Das war aber alles oberflächlich.
So ist das auch bis heute geblieben. (U. a. weil schon immer ein sehr zeitaufwendiges Hobby gepflegt habe und weiter pflege.)
Aber ich fühl mich wohl so, wie es ist. :-)
Robert:
Vielen Dank! :-)
War aber nicht als Provokation gemeint. Sondern wirklich als objektive Betrachtung und Einblick in die ideologische Entwicklung des Genres. Dass das natürlich der Szene-Polizei nicht schmeckt, war uns von vornherein klar. Aber gut, damit muss man umgehen, wenn man Texte publiziert.
Das haben wir uns ja nicht aus den Fingern gezogen, das ist in den letzten Jahren immer wieder die Grundessenz veschiedenster kulturwissenschaftlicher Analysen und Publikationen.
Und: die Romantik im 19. Jahhundert war alles andere als weltflüchtig. Das war ja die Zeit, wo wirklich gegen das bis dahin etablierte Herrschaftsprinzip rebelliert wurde.
1. Ich habe in den letzten Jahren vielleicht insgesamt fünf Rezensionen geschrieben. Ansonsten mache ich ja hauptsächich Bandinterviews und die sind in der Tat unpolitisch! Dass Du einen anderen Eindruck hast, kommt durch meine rege Beteiligung hier in den Kommentaren. Ich hatte auch schon, dass Leute sehr überrascht waren, dass ich im gemäßigten linken Lager anzutreffen bin, bei der Schlagzahl an Folkbands die ich in den letzten Jahren so interviewt und mit denen ich auch anderweitig zusammengearbeitet habe. Ist ja gleich das Nächste: vielen ist garnicht klar, weit weit entfernt die meisten Folkmusiker vom rechten Gedankengut sind. Die haben immer diesen Mist in den Köpfen, was von den Linksextremen so erzählt wird.
2. Ich finde das immer klasse, dass ich mit diesen Idioten in eine Schublade gesteckt werde. Und das, obwohl ich nur ur-sozialdemokratische Ansichten vertrete. (Was kann ich dafür, dass die SPD mit der Agenda 2010 weit ins neoliberale Lager abgedriftet ist? Und die ganze Gesellschaft gleich mit?) Mein politisches Vorbild, wenn man es so nennen kann, ist Willy Brandt und nicht Erich Honecker – um das mal an dieser Stelle ein für alle Mal klar zu stellen!
Da bin ich anderer Meinung. Journalismus muss wertend sein. Objektiv, aber wertend. Schau Dir mal Formate wie Panorama, Monitor oder Zapp an. Die sind alle in ihrer Art wertend, bleiben aber häufig objektiv. Dass ist eigentlich auch das, was man im Journalismus im theoretischen Teil lernt: interessiert sein, obektiv berichten und einordnen. Letzteres bedingt immer auch eine Wertung, die ganz nach persönlichen Background unterschiedlich ausfalen kann. Deswegen schreiben ja auch viele Journalisten mittlerweile Bücher, weil sie hier noch investigativ sein können. Was in den Tageszeitungen oder deren Online-Pendanten steht, sind ja – salopp formuliert – Copy & Paste Texte von der dpa. ;-)
Auch das können sehr politische Themen sein, gerade soetwas wie Subkulturen. Ich gebe aber zu, dass ich hier und da mal übertreibe. Aber mal ehrlich: ist jetzt auch nicht so, dass ich hier in jedem 2. Kommentar „Werbung für die Linke“ mache. Ich würde schätzen: von den über 250 Kommentare hier, sind vielleicht ein Drittel etwas mehr oder weniger politisch gefärbt. Was, wohl bemerkt, für mich als nunmal politischer Mensch, ein sehr guter Schnitt ist. Schau mal ins Fernsehkritik.tv-Forum… :D ;-)
@ Mone vom Rabenhorst
Ich habe einige ihrer neuen Alben im Schrank. So fernab vom Geschehen lebe ich dann doch nicht. *g*
Es hatten aber noch einige andere eine Reunion hinter sich, z.B. Pankow, Front 242, der olle Lederstrumpf etc. (ich hatte mir sogar erst vor kurzem eine 3CD-Box von Leæther Strip besorgt). Aber Mitte der ’90s konnte das natürlich keiner vorausahnen. Damals kam das Verschwinden vieler Bands einem Todesstoß nahe. ;)
Kennt eigentlich jemand PP? (Permanently Perfect?)? Musikalisch einfach unterirdisch, aber auf eine Art, die man fast schon wieder amüsant finden konnte.
@Yorick:
Das ist eigentlich ne gute Frage. Was würde passieren, wenn das derzeitige Konstrukt zusammenfällt? Es würde sich einfach mal wieder gesundschrumpfen und es würde Raum und Luft frei werden, sich weiter zu entwickeln. Revivals sind ja schön und gut (hey, ich will nächstes Jahr ne Revival-Compilation organisieren, mit aktuellen Undergroundbands, die so klingen als ob die Aufnahmen aus den 80ern kommen. Mal gucken ob was draus wird). Aber von Revivals allein kann nix überleben, dann ist ganz schnell Schluss. Man kann ja mal schauen was weltweit so gemacht wird mit dem Darkwave. Da findest Du die witzigsten Spielarten und Kombinationen. Aber solange natürlich Teile der Szene so verbrettert (oder sollte ich sagen: verbittert?) sind und das alles nicht tolerieren und mal über ihren Horizont hinaus schauen, wird das nix mehr. Man kann sich ja der Tradition bewusst sein und diese pflegen, aber deswegen muss man sich noch lange nicht daran aufhängen.
Kleines Beispiel: bei der letzten Blauen Stunde in Leipzig (dürfte den einen oder anderen bekannt sein durch das WGT) lief gegen 4 Uhr morgens „Albatros“ von Karat. Das war richtig magisch. Zum einen weil ich den Song noch nie im Zusammenhang mit einer Veranstaltung der schwarzen Szene gehört habe, aber auch weil es toll war zu sehen, dass ich nicht der einzige war der (verwundert, aber glücklich) drauf getanzt und geträumt hat. Das war einfach toll. So einen Song würdest Du aber auch nie in einer kommerziellen, modernen „Gothic-Disco“ hören, weil das nicht „gruftig genug“ ist (was ich übrigens vollkommen anders sehe, gerade dieser Song hat so einige Elemente, den man auch in der Goth-Rock Musik findet).
(In der Tat habe ich mir mal vor Jahren in einer normalen Gothic-Disco was von City gewünscht. Die hatten ja in den 80ern und 90ern richtig traurige Songs. Heute haben die auch Folkelemente in ihrer Musik. Naja, was denkste wie ich da vom DJ angeguckt wurde? Aber gut, ich habe sowieso nie Gück mit meinen Wünschen. Ich bin ja mal froh, wenn ein DJ überhaupt den Namen Paul Roland kennt. Oder versuche dir mal was von In My Rosary / IMR zu wünschen. Da wirste in der Regel auch ziemlich entgeistert angeguckt…)
Genau solche Dinge brauchen wir mehr. Den Mut auszubrechen aus Regeln. Frei sein, wirklich individuell sein! Was hat die heutige Szene denn mit all ihren Regeln und Konformitäten noch mit luftdurchlässiger Individualität zu tun? Wo kann man sich denn noch ausdrücken, wenn der nächste mit der Keule „ist nicht Gothic“ daherkommt? Schublade hier, Schublade dort. Und dabei wird nur allzugern vergessen, was Musik eigentlich ist: Emotion! Nichts anderes. Keine Wissenschaft, keine Religion. Sondern einfach nur Emotion. Wenn sich diese Erkenntnis wieder mehr duchsetzen würde, dann könnte es auch wieder mehr Zusammenhalt in der Szene geben. Weil man sich dann über Emotionen definiert, statt Schubladen und man sich so schon automatisch viel näher ist. Wer mal abseits vom WGT bei der Blauen Stunde war, wird nachvollziehen was ich aussagen möchte. Keine festen Regeln, jeder wird so genommen wie er ist. Inividuell. Frei. Voller Emotionen.
„jeder wird genommen wie er ist“ eben nicht! wo bleibt die subkultur wenn jeder darf.
es braucht einen kleinsten gemeinsamen nenner und der ist schwarz, düster, mystisch und nicht karat oder city.
dieses jeder darf ist das hauptproblem, dieses jeder darf erzeugt ein wischiwaschi mittelmaß und drückt die extreme aus den clubs. toleranz bis zur selbstaufgabe brauchen wir nicht..
Man darf ja privat auch hören, was einem gefällt. Aber ein schwarzer Tanzabend sollte eben „schwarze“, düstere, wavige Sachen bereitstellen. Ich kann ja auch nicht den DJ bitten, mir irgendwas von Lady Gaga zu spielen, nur weil mir da zufällig ein bestimmter Song gefällt. Das ist einfach nicht der Rahmen für so etwas. Dafür kann man ja gerne eine Bad Taste – Party veranstalten – im düsteren Bereich könnte man spaßeshalber auch „Triller“ von Jackson, oder wie der Typ hieß, laufen lassen.
Weißte, was ich meine? Ich kann nicht nackt in die Kirche und da auf einer Klarinette spielen, genauso wenig kann ich im Flugzeug rufen: „Bombe an Bord“. Und nur, weil der Graf mit Helene Fischer ein Duett gesungen hat, gehört die jetzt nicht auch zur Szene. So was ist eher ein Rausschmeißer. Ne. Das passt nicht in den Kontext. Sowas ärgert mich einfach. Demnächst vermarktet der Orkus uns solche Andrea Berg-Verschnitte noch als „Gossick“… Aktuelles Beispiel: Marianne Rosenberg mit „Schattenherz“… ich könnte kotzen.
Na dann, juchhe auf die Guppenbildung und das gegenseitige rumgehate…
Der kleinste gemeinsame Nenner ist für mich: magische Momente per Musik erzeugen. Und ja, das kann dann auch mit Karat geschehen wenn es passt. Wie an diesem einen Abend in Leipzig bei der Blauen Stunde, wo Mila Mar, Nick Cave, Karat, Deine Lakaien, Backworld und Katharina Nuttall gespielt wurde. Und jeden hat es gefallen ohne rumzumoßern oder sich anzugiften oder Grüppchen zu bilden. So muss für mich Szene sein, denn die Magie kommt durch das Beisammensein und nicht durch Griesgrämigkeit!
Du bist bestimmt das weibliche Gegenstück zu Ebenezer Scrooge. :D
Es ist einfach nur noch ermüdend wenn jemand bestimmt „was zur Szene“ gehört. In diesem Moment gehörte nunmal „Albatros“ von Karat zur Szene. Einfach weil es gepasst hat.
Ich finde es übrigens bedenklich wenn man verdiente und gute Musiker wie Karat oder City mit Helene Fischer vergleicht. Das zeigt mir, dass Du, Ian, von beiden Bands nicht den Hauch einer Ahnung hast.
Entschuldige, ich habe die Worte Karat oder City gar nicht erwähnt, sondern es ging einzig um die Sache. Du legst mir hier etwas in den Mund, was ich nicht gesagt habe.
Außerdem finde ich die gar nicht mal schlecht, aber ich würde sie mir nicht unbedingt als Musikwunsch äußern, weil ich andere Lieder lieber hören würde. Am Ende entscheidet sowieso der DJ und nicht ich, was gespielt wird.
Außerdem habe ich gar keinen Grund, zu haten.
das nun grad ne ddr-systemband bringst ist wieder bezeichnend.. karat warn staatstragend und grausamer schlagerschwulst…
kein gruftie damals hätte das gehört!
unsere bands hatten spielverbot das ging nur im untergrund..und untergrund funktionierte nur, weil wir ne eingeschworene gruppe waren..wo halt nicht jeder mal mitmachen durfte…
axel du bist kein grufti und auch nicht jeder der in der blauen stunde hockt ist einer
Aber Du… :D
Ich bin raus. Wenn Grufti sein heißt, nur Hass, Gift und Galle um sich zu spucken, dann bin ich in der Tat keiner. Hier, hast Du das schöne Wort „Grufti“ zum spielen. Werde glücklich, ich lege auf diese Schublade seit Jahren keinen Wert. Kannste alles haben. Bitteschön.
Ich geh dann mal weiter gute Musik hören. Davon gibt es nämlich gottlob noch einiges in der schönen weiten ungruftigen Welt da draußen!
P.S.: Spielverbot konnte man bekommen, wenn man kein ausgebildeter Musiker war. Frag mal den Vicki Vomit. Die haben damals amtlichen Heavy Metal gespielt und konnten nicht verboten werden! Und wie war das noch mit em Parocktikum beim DT64? Waren jetzt The Cure auch Systembands, weil sie im DDR-Radio liefen?
gruftisein heißt schwarz sein.. schlager, ddr-nostalgie, politisieren, ständiges belehren gehört nicht dazu.
du kannst trotzdem ein netter mensch sein, aber bist halt kein gruftie und deshalb eckts du mit deinen szenefernen aussagen immer an.
Also ich kenne ja durchaus einige Altgrufties hier, die auch noch die DDR voll mitgemacht haben. Was denkst Du, warum gerade Karat bei denen so beliebt ist? Weil die in ihren Texten sehr wohl das System kritisiert haben!
Wüsste ich jetzt nicht wo, wenn man jetzt alte französische chansons nicht mit dazu zählt.
Nicht mehr als jeder anderer Ostdeutscher. Ich finde das wichtig die guten Seiten zu bewahren ohne die schechten Seiten kleinzureden. Und was an der DDR gut war, das waren die Bands. Ob nun Karat, Freygang, Die Vision oder Death Joy ist mir da ziemlich schnuppe, solange die Musik gut ist.
Auch nicht mehr als jeder andere Politik-interessierte Mensch. Übrigens bist DU es die ständig alles politisch auflädt was ich in unpolitischen scheibe.
Gebe ich gern zurück. ^^
jetzt wirds albern
ddr grufties die karat gehört haben ok. :( fdj kultur preisträger ddr staatspreis.. ddr plattenvertrag durften sogar in den westen reisen…wieso wohl?
keiner sagt das alle bands aus der zone schlecht waren. aber karat waren ne systemband und auf keinen fall schwarz!
während die im ddr fernsehen liefen saßen echte gruftis im jugendwerkhof oder wurden von vopos gegängelt.
das heutzutage welche aus nostalgie zu ostmusik schunkeln kann schon sein, aber damals?? niemals!
Tststs… ich weiß nur, dass in den 80ern die Musik in den „Underground“-Dissen wesentlich breiter gestreut war. Die Schubladen und Teller (-Ränder, über die man mal blicken sollte – tut ja nicht weh) kamen erst später. Das hat vielleicht auch was mit Kanon-Bildung zu tun.
Wer sich wirklich mal eingehender mit subkultureller Entwicklung befassen möchte, dem empfehle ich das Magazin „Testcard“
Ansonsten soll jede(r) hören was er/sie möchte
(Ich, z.B. höre gerade Capt. Beefheart)
LG Jörg
Ich warte schon sehnsüchtig darauf, dass Axel uns ein paar Gerhard-Schöne-Songs vorträllert…
Wenn Du schon in Muttis ORWO-Kassettenschrank wühlst, such doch gleich mal nach Untergrund-Sachen wie Sandow, Happy Straps, Die Vision, Die Art oder Rosengarten. Irgendwas mit szene-naher Geschichte. Das dürfte sicher mehr Leute ansprechen als Stern-Combo Meißen oder Olaf Berger.
Btw: Waren And One nicht mal bei Elf 99?
Da muss ich schon wieder schmunzeln, weil Szenebösling J.K. die gute Marianne damals auf einen der „Godfathers of German Gothic“-Sampler mitten hineingequetscht hatte. Ich weiß jetzt gar nicht, ob das jemals irgendwer bemängelt hatte.
Ich wusste das bisher nur von so einem Vampir-B-Movie-Soundtrack, der größtenteils Musik der aktuellen „Szene“-Künstler enthält und so ganz beiläufig Tante Janne mit drauf gewurstelt hat. Interessant…
wir haben damals ostmucke völlig verschmäht..teilweise auch zu unrecht
gab schon perlen: verweise da auf: „wartburgs für walther“, vision und rosengarden habt ja schon genannt..
ausnahme war für uns die „ag geige“ die waren so bizarr das wir das wieder knorke fanden.. grad life ein ereignis
so jetzt verabschiede ich mich mal zu echten occulten goth…heute spielt der carl in lpz..die ganze alte garde tritt geschlossen an..nebel, mehl und hüte
Irgendwo gab es eine Seite, die sich auf diese Underground-Tape-Szene spezialisierte. Da waren auch Sachen von Die Firma und Freunde der italienischen Oper dabei – frei zum Download. Ich muss mal schauen, ob ich sie noch finde.
Ich weiß, die Reportage ist alt…aber ja…für so was zahlt man noch Rundfunktbeitrag…
http://tapeattack.blogspot.com/
Ganz genau! Dort finden sich so einige Schätze, teils sogar in besserer Qualität (diverse Kopien kursierten ja schon vorher im Netz in eher grausigem Soundgewand).
Death Disco,
erst so eine „Gibts nicht mehr-Aussage“ über Skinny Puppy, dann aufgrund meines Einwandes Deine Revision, daß Du doch einige neuere Alben im Schrank hast???
Bei manchen Deiner doch leicht überheblich klingenden (man könnte auch sagen fast allwissenden ;-) ) Postings wünschte ich mir dann doch etwas genauere Recherchen.
Bei der Stichpunktkontrolle biste jetzt aber erst mal voll durchgefallen. ;-)
Na aber, liebe Frau B, da haste bei der Kontrolle wohl das Adverb „vorerst“ übersehen… Es hat schon alles seine Richtigkeit.
Revision gibt es keine. Mitte der 90s gab es SP definitiv nicht mehr (wurden sogar Anfang der 90s schon einmal totgesagt). Um diese Zeit des Niedergangs ging es in der Diskussion. Wie ich bereits schrieb, hatten andere Bands und Projekte ebenfalls „Neugründungen“ hinter sich, die in meinem Beitrag unbeachtet bleiben, da sie für die Mitt-90er keinerlei Bedeutung hatten (und Zukunftsvisionen hatte man damals leider keine).
Dass Skinny Puppy aktiv sind, kann man doch eigentlich gar nicht übersehen (!?). Dafür muss man nicht einmal recherchiert haben.
Hattest Du die Musik eigentlich weiterhin gehört oder endete das bei Dir alles ca. ’93?
Ne, hab ich nicht übersehen.
Ich find aber, daß die weiter/wieder (was auch immer) aktiv sind, hätte da mit
reingemusst! So! Nach Deiner Aufzählung hörte es sich so an als gäbs die nich mehr… ;-)
Zu Deinem Nachtrag:
Musik war immer da und blieb auch. So manche Gäste bei Partys in die Flucht gejagt haben wir… :P
Ne im Ernst, wer zu uns zum Grillen oder was auch immer kam… mußte die Musik „ertragen“.
Da gabs NULL Kompromisse ;-)
Sorry dass ich das Thema nochmal rauskrame, aber ich muss einfach noch etwas auf das seit meinem letzten Post geschriebene antworten.
Death Disco, wenn eine Musikveranstaltung auf Genrebezeichnungen verzichtet, muss das nicht zwangsläufig heißen, dass dort nur seichter Mainstream-Pop läuft. Die genannten Eigenschaftswörter waren nur als grobe Beispiele gedacht, ich schieb ja extra dazu, dass man das zu genaueren Beschreibungen erweitern kann, die ein adäquates Bild von der zu spielenden Musik vermitteln. Zudem ist es heutzutage nicht unüblich, dass DJs ihre Playlisten ins Netz stellen. Da kann man sich dann im Vorhinein ein Bild davon machen, was einen erwartet.
Aber so eine Veranstaltung müsste sich tatsächlich nicht auf Bands und Stile beschränken, die der ‚Szene‘ zugerechnet werden. Von einer Band wie Massive Attack habe ich z.B. schon Lieder gehört, die an Düsternis und Atmosphäre einen Großteil der heutigen ‚Szenemusik‘ locker übertreffen. Wenn sich sowas in den einschlägigen Clubs etablieren würde, wäre das ein echter Qualitätsgewinn.
Es täte der ‚Szene‘ m.E. gut, sich zu öffnen. Das gilt im wörtlichen (wie ich oben in Bezug auf Veranstaltungen im öffentlichen Raum schrieb), aber auch im übertragenen Sinne. Die ‚Schwarzen‘ sollten mehr ‚rausgehen‘ in jedem Sinne des Wortes.
Den Mainstream/Underground-Dualismus finde ich übrigens auch nicht mehr unhinterfragbar. Der Mainstream als Feindbild ist auch nicht mehr das, was er mal war. Die Zeiten, in denen nur gecastete Hampelmänner in den Charts eine Chance hatten, sind vorbei. In letzter Zeit findet man dort sogar wieder richtig interessante Bands wie z.B. Of Monsters and Men oder Caligola. Deren Musik ist zwar nicht nach meinem persönlichen Geschmack mangels Düsternis, hat aber objektiv betrachtet definitiv Qualität. Oder nehmen wir die von Ian erwähnte Lady Gaga. Das ist keineswegs so eine ferngesteuerte Goldkuh wie z.B. Britney Spears, sondern eine richtige Künstlerin. Was die macht, hat aus meiner Sicht mehr Substanz als das, was aktuell angesagte ‚Szenebands‘ wie Unheilig oder Eisenfunk so fabrizieren. Der Mainstream ist gerade dabei, die ‚Szene‘ qualitativ auf der rechten Spur zu überholen.
Den Unterschied zwischen Subkultur und Szene, den du zu machen scheinst, DD, verstehe ich nicht. Für mich waren das immer Synonyme.
Axel, was du über Musik schreibst, hat meine Zustimmung. Ich würde dabei jedoch den Emotionsbegriff außen vor lassen und stattdessen den Begriff „Stimmung“ verwenden. Der Grund dafür ist, dass „Emotion“ eine gerichtete Bewegung (E-Motion), also letztlich Linearität und Eindimensionalität impliziert, wohingegen bei „Stimmung“ eine Konnotation dreidimensionaler Räumlichkeit mitschwingt (deutlicher noch beim verwandten Begriff „Atmosphäre“, die Erdatmosphäre z.B. ist ein Raum, der den Planeten umhüllt), die m.E. dem Charakter der Musik eher gerecht wird. Denn Musik hat stets eine räumliche Qualität, allein schon deshalb, weil Schall sich dreidimensional ausbreitet. Musik ist tönender Raum, ein Raum, in dem man in gewisser Weise ‚zuhause‘ sein kann. Das mag jetzt sehr abgehoben klingen, ich denke mir aber, dass jeder, dem Musik wirklich etwas bedeutet, das nachvollziehen kann.
Auch was du über Individualität schreibst, Axel, unterschreibe ich. Subkultur beinhaltete bislang immer die Vorstellung eines homogenen Kollektivs. Dieses Konzept halte ich nicht mehr für zeitgemäß (man kann sich sogar rückblickend fragen, ob es überhaupt jemals der Realität entsprach, denn wenn ich Mone vom Rabenhorst folge, war es mit dem Zusammenhalt früher auch nicht so weit her – wahrscheinlich war das auch regional unterschiedlich). Ich schrieb bereits, dass ich mich nicht mehr als ‚Szeneanhänger‘ sehe, sondern einfach als Individuum, das dunkle Musik hört, (wenn mich einer fragt, was für Musik ich höre, sage ich tatsächlich „Dunkle Musik“, bei genauerer Nachfrage nenne ich Bands), meistens schwarz trägt und allgemein Interessen, Vorlieben und Überzeugungen hat, die ’normalen‘ Leuten unverständlich bis fremd erscheinen mögen. Die Frage ist aber, wenn wir alle Individuen sind, ob es dann noch eine Gemeinsamkeit geben kann. Ich meine, dass das durchaus möglich ist, wenn man ein anderes Konzept von sozialem Zusammenhang zugrundelegt: Netzwerk statt Kollektiv. Nicht mehr die Vorstellung eines abgegrenzten homogenen Kollektivs, sondern eine offene Struktur miteinander vernetzter Individuen. Der Vorteil von Netzwerken gegenüber Kollektiven besteht darin, dass sie den Einzelnen ihre Individualität lassen und dennoch Verbindung schaffen. Dieser Blog ist ein schönes Beispiel dafür, er ist mit anderen Blogs vernetzt, die wiederum mit anderen vernetzt sind usw. Diese Art von Struktur ist es, was wir heute brauchen.
Es wird ohnehin kein Weg daran vorbeiführen. Ich habe oben ein paar Vorschläge für neue Veranstaltungskonzepte unterbreitet. Neue Veranstaltungskonzepte sind jedoch zum Scheitern verurteilt, wenn sie nicht auch auf einem neuen Selbstverständnis und einer neuen Idee von sozialem Zusammenhang aufbauen. Genau das ist die Innovationsleistung, die heute zu erbringen ist. Das ist vielleicht gar nicht so eine gravierende Veränderung, wie es den Anschein hat. Es geht ja nicht darum die Inhalte abzuschaffen, also die verschiedenen Musikstile usw. – ich wäre ganz sicher der letzte, der etwa die Endzeitromantik würde abschaffen wollen – sondern neue Strukturen für das Vorhandene zu schaffen (den alten Wein in neue Schläuche zu füllen sozusagen), weil die alten nicht mehr funktionieren. Der Subkulturalismus hatte wie alles in der Geschichte seine Zeit, diese ist nun vorüber, ebenso wie der Avantgardismus in der E-Kunst. Was sich seit Mitte der 90er entwickelt hat, ist bereits eine völlig andere Struktur, die uns aber immer noch als Szene alten Stils (auch noch unter dem irreführenden Titel „Gothic“) untergejubelt wird, weil es Leute gibt, namentlich Betreiber von Zeitschriften, Modeketten, Labels, Festivals und Clubs, die davon profitieren. Und das kann nicht ewig so weitergehen. Es geht also vielleicht einfach nur darum, den ohnehin eingetretenen Wandel endlich auch gedanklich nachzuvollziehen.
Versponnene Grüße
Yorick
Da rollt man mit seinem Koffer durch die Hildesheim und die Omma aner Bushalte wünscht einem ein schönes Festival… man tankt voll für die Disco aufgebrezelt nach Zehn und hält nen Smaltalk mit der Tankwartin… Touristinfo Hameln wirbt auf seiner Page mit Bildern von Gruft Gästen und Co vom und fürs Gruft Autumn Moon Festival… Wen wollen wir heute noch womit schocken? Einerseits schön, anderer Seits kann ich mich einem gewissen Wehmutsgefühl nicht ganz erwehren. Mag der Bilck von außen nach innen einigen Zeitgenossen noch Seltsames zeigen, setsamer ist es doch von innen nach innen zu schauen, positiv wie negativ.
Ach du liebe Güte, @Wiener Blut, die Welt hat im Moment andere Sorgen, als sich um mittlerweile (bzw. bereits seit Jahrzehnten) zum gewohnten Bild von „Jugendkulturen“ (höhö…) gehörende ach-so-provokante Mitglieder von „Subkulturen“ a la Gothic grossartig zu scheren. Man schaue nur mal z.B. nach Russland, in die USA oder in die Türkei, da werden nicht unwichtige Staaten von richtigen Freaks sogar regiert, vor denen man wirklich Angst haben kann… (und ich rede hierbei noch nicht einmal von solchen üblich-verdächtigen „Schurkenstaaten“ a la Nordkorea, Syrien, Irak oder Kuba…). Und sogar vor irgendwelchen ausrastefreudigen testosterongeschwängerten, ähem, „nationalen“ Hohlrollern im Osten unserer eigenen schönen Republik kann man sich richtig fürchten…
Also, Subkulturen aller Art, irgendwelche melodramatischen Christentumverweigerer und deren treudoofe (pseudo-)angeschlossenen „eeevil“ Antis, Schwule, Lesben, Transgender, Hipster, etc. – alles kalter Kaffee. Und wollten so manche von denen nicht schon immer dahin, wo sie heute schon (fast) angekommen sind: in einen Zustand der weitgehenden Akzeptanz (um nicht zu sagen „Normalität“…)? Beispiel: ein hier stadtbekannter Transvestit wird vornehmlich von in Ehren ergrauten älteren Damen gerne zum Kaffeeklatsch öffentlich hofiert. So what?
Aber immer wieder paradox, wenn man nach Jahren des Ringens um Toleranz und Akzeptanz dann schlussendlich diese erlangt, als weitgehend harmlos, nett und sympathisch erkannt und eingestuft wird – und dann plötzlich den „Kampfjahren“ im „Untergrund“ hinterher jammert und nostalgiert…
Ach ja, Lebbe ist halt kein Ponyhof, gell?
Yep, sehr gut!
@Wiener Blut: Das hast Du schön gesagt: „Mag der Bilck von außen nach innen einigen Zeitgenossen noch Seltsames zeigen, seltsamer ist es doch von innen nach innen zu schauen, positiv wie negativ.“ Der Blick nach Innen ist manchmal wirklich traurig. Ich meine, tatsächlich gäbe es aktuell 1000x Gründe das eigene Schwarz zu rechtfertigen (siehe das Kommentar von TS) – Doch leider finde ich davon innerhalb der Szene immer weniger.
@T.S.: Nun, einen Rückblick auf „Kampfjahre“ kann ich nicht vorweisen. Sowieso halte ich das für einen Mythos. Rebellion war nie Teil unserer dieser Jugendkultur. Vielleicht eine stille, visuelle und passive Rebellion? Ich weiß es nicht. Nostalgisch werde ich aber auch, wenn ich die Zeit in der Kölner-Ubahn zurückdenken, wo man sich wegsetzte, tuschelte und die Nase rümpfte. Hier merke ich manchmal die Nachteile des Erklär-Bären und ja, hier und da bereue ich das auch ein wenig ;)
Robert, freilich kann auch ich mit keinen „Kampfjahren“ prahlen (mir fiele auf Anhieb sogar kein einziger Tag ein…) – und sowas wie eine Art, bzw. Titulierung „Rebellion einer Jugendkultur“ (besonders hierzulande und in der „schwarzen Szene“ speziell als Beispiel) kam mir schon immer holzschnittartig und irgendwie naiv romantisierend vor, ganz zu schweigen vom Umstand, daß das Ganze hart an der Realität vorbeigeht. Oder was glaubst Du, weshalb ich diesen Begriff in Anführungszeichen setzte? Ich meinte damit auch nicht mich, sondern all die ach-so-undergroundig-rebellischen Zeitgenossen, die immer mal wieder ihre Jahre der ach-so-aufmüpfigen Adoleszenz mythenhaft verklären – und mit Heldentaten aufrüschen, die eher Peinlichkeiten waren wenn man genau hinsieht (wenn sie denn überhaupt stattgefunden haben, wohlgemerkt…). Aber man möge mir meinen Anflug von Sarkasmus in meinem vorigen Beitrag verzeihen, der vielleicht meinem mittlerweile allzu kritischen Blick auf gewisse „Subkulturen“ geschuldet ist…
Daß offensichtliche Rebellion keinen großen Anteil an gerade „unserer dieser“ Jugendkultur hatte, haben wir ja auch schon öfters festgestellt und erörtert. Wozu auch, wenn man sich auch genau die x1000 Gründe exakt ausmalen könnte (und oft auch kann), was das „schwarz“ letztendlich (eher nicht) bedeutet, das der eine oder die andere aufträgt. Und da liegst Du ganz sicher nicht ganz falsch, wenn ich mir den ersten Absatz Deines vorhergehenden Kommentars vergegenwärtige – der, mit Verlaub, doch etwas „kulturpessimistisch“ zu deuten ist, wenn ich mich nicht ganz irren sollte. Und wenn dem so ist, dann immerhin mit vollem Recht…
Letztendlich war „mein“ Schwarz nicht immer das Schwarz mancher anderen. Und wenn es ein Schwarz gäbe, das sich ganz bewusst von dem Schwarz mancher anderen deutlich (und ernsthaft in gewissem Maße) absetzen würde, so wäre es auch für mich eine Überlegung wert, Schwarz mal wieder zu tragen. Oder wie es mal ein Bekannter relativ nüchtern und resignierend ausdrückte: „und wegen solchen Leuten (damit meinte er gewisse Ausprägungen der „Goth-Szene“) hat man eigentlich mal angefangen, sich schwarz anzuziehen…“ (womit sehr wohl eine gewisse „visuelle Rebellion“ ausgedrückt werden sollte, nach allzu traurigen Blicken nach „Innen“…)
Ich finde es im allgemeinen sehr schade, kaum noch Gruftis im Alltag zu sehen! Noch nicht einmal in Großstädten sehe ich vielmehr als kaputte ausgewaschene Jeans und Band Shirts. So eindeutige Erkennungszeichen kann ich gar nicht mehr ausmachen (mittlerweile gibt es sogar schon Ramones T-SHIRT für Kinder) ohne Zweifel zu haben. Es wäre schön, wenn etwas weniger WGT zu Pfingsten vertreten wäre und dafür mehr Zeigewilligkeit im kulturellen Alltag unserer H& M Welt.